Language of document : ECLI:EU:C:2019:177

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

7. März 2019(*)

„Rechtsmittel – Institutionelles Recht – Bürgerinitiative – Verordnung (EU) Nr. 211/2011 – Registrierung der geplanten Bürgerinitiative – Art. 4 Abs. 2 Buchst. b – Bedingung, dass die Bürgerinitiative nicht offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Europäische Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, um die Verträge umzusetzen – Beweislast – Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt – Art. 174 AEUV – Bürgerinitiative ‚Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen‘ – Anmeldung – Ablehnung der Kommission“

In der Rechtssache C‑420/16 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. Juli 2016,

Balázs-Árpád Izsák, wohnhaft in Târgu Mureş (Rumänien),

Attila Dabis, wohnhaft in Budapest (Ungarn),

Prozessbevollmächtigter: D. Sobor, ügyvéd,

Rechtsmittelführer,

andere Parteien des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch K. Banks, K. Talabér-Ritz, H. Krämer und B.‑R. Killmann als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Ungarn, vertreten durch M. Z. Fehér als Bevollmächtigten,

Hellenische Republik,

Rumänien, vertreten durch R. H. Radu, C. R. Canţăr, C.‑M. Florescu, L. Liţu und E. Gane als Bevollmächtigte,

Slowakische Republik, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev, E. Regan und S. Rodin (Berichterstatter),

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 3. Mai 2018,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Oktober 2018

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Herren Balázs-Árpád Izsák und Attila Dabis die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 10. Mai 2016, Izsák und Dabis/Kommission (T‑529/13, EU:T:2016:282, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C (2013) 4975 final der Europäischen Kommission vom 25. Juli 2013 über die ihr am 18. Juni 2013 vorgelegte Anmeldung der europäischen Bürgerinitiative „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ (im Folgenden: streitiger Beschluss) abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Erwägungsgründe 1, 2, 4 und 10 der Verordnung (EU) Nr. 211/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 über die Bürgerinitiative (ABl. 2011, L 65, S. 1, und Berichtigung ABl. 2012, L 94, S. 49) lauten:

„(1)      Der Vertrag über die Europäische Union (EUV) stärkt die Unionsbürgerschaft und führt zu einer weiteren Verbesserung der demokratischen Funktionsweise der Union, indem unter anderem festgelegt wird, dass jeder Bürger das Recht hat, sich über eine europäische Bürgerinitiative am demokratischen Leben der Union zu beteiligen. Ähnlich wie das Recht, das dem Europäischen Parlament gemäß Artikel 225 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) und dem Rat gemäß Artikel 241 AEUV eingeräumt wird, bietet dieses Verfahren den Bürgern die Möglichkeit, sich direkt mit der Aufforderung an die Europäische Kommission zu wenden, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union zur Umsetzung der Verträge zu unterbreiten.

(2)      Die für die Bürgerinitiative erforderlichen Verfahren und Bedingungen sollten klar, einfach, benutzerfreundlich und dem Wesen der Bürgerinitiative angemessen sein, um die Bürger zur Teilnahme zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen. Sie sollten einen vernünftigen Ausgleich zwischen Rechten und Pflichten schaffen.

(4)      Die Kommission sollte den Bürgern auf Antrag Informationen und informelle Beratung zu Bürgerinitiativen bereitstellen, insbesondere was die Kriterien der Registrierung betrifft.

(10)      Um bei geplanten Bürgerinitiativen Kohärenz und Transparenz zu gewährleisten und eine Situation zu vermeiden, in der Unterschriften für eine geplante Bürgerinitiative gesammelt werden, die nicht den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entspricht, sollte es verpflichtend sein, diese Initiativen auf einer von der Kommission zur Verfügung gestellten Website vor Sammlung der notwendigen Unterstützungsbekundungen von Bürgern zu registrieren. Alle geplanten Bürgerinitiativen, die den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen entsprechen, sollten von der Kommission registriert werden. Die Kommission sollte die Registrierung gemäß den allgemeinen Grundsätzen guter Verwaltungspraxis vornehmen.“

3        Art. 1 der Verordnung Nr. 211/2011 bestimmt:

„Diese Verordnung legt die Verfahren und Bedingungen für eine Bürgerinitiative gemäß Artikel 11 EUV und Artikel 24 AEUV fest.“

4        In Art. 2 dieser Verordnung heißt es:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

1.      ‚Bürgerinitiative‘ eine Initiative, die der Kommission gemäß dieser Verordnung vorgelegt wird und in der die Kommission aufgefordert wird, im Rahmen ihrer Befugnisse geeignete Vorschläge zu Themen zu unterbreiten, zu denen es nach Ansicht von Bürgern eines Rechtsakts der Union bedarf, um die Verträge umzusetzen, und die die Unterstützung von mindestens einer Million teilnahmeberechtigten Unterzeichnern aus mindestens einem Viertel aller Mitgliedstaaten erhalten hat;

3.      ‚Organisatoren‘ natürliche Personen, die einen Bürgerausschuss bilden, der für die Vorbereitung einer Bürgerinitiative sowie ihre Einreichung bei der Kommission verantwortlich ist.“

5        Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Verordnung sieht vor:

„(1)      Bevor sie mit der Sammlung von Unterstützungsbekundungen bei Unterzeichnern für eine geplante Bürgerinitiative beginnen, sind die Organisatoren verpflichtet, sie bei der Kommission anzumelden, wobei sie die in Anhang II genannten Informationen, insbesondere zum Gegenstand und zu den Zielen der geplanten Bürgerinitiative, bereitstellen.

Diese Informationen sind in einer der Amtssprachen der Union in einem zu diesem Zweck von der Kommission zur Verfügung gestellten Online-Register (nachstehend ‚Register‘ genannt) bereitzustellen.

Die Organisatoren stellen für das Register und – soweit zweckmäßig – auf ihrer Website regelmäßig aktualisierte Informationen über die Quellen der Unterstützung und Finanzierung für die geplante Bürgerinitiative bereit.

Nach Bestätigung der Registrierung gemäß Absatz 2 können die Organisatoren die geplante Bürgerinitiative zur Aufnahme in das Register in anderen Amtssprachen der Union bereitstellen. Die Übersetzung der geplanten Bürgerinitiative in andere Amtssprachen der Union fällt in die Verantwortung der Organisatoren.

Die Kommission richtet eine Kontaktstelle ein, die Informationen und Hilfe anbietet.

(2)      Binnen zwei Monaten nach Eingang der in Anhang II genannten Informationen registriert die Kommission eine geplante Bürgerinitiative unter einer eindeutigen Identifikationsnummer und sendet eine entsprechende Bestätigung an die Organisatoren, sofern die folgenden Bedingungen erfüllt sind:

b)      die geplante Bürgerinitiative liegt nicht offenkundig außerhalb des Rahmens, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen;

(3)      Die Kommission verweigert die Registrierung, wenn die in Absatz 2 festgelegten Bedingungen nicht erfüllt sind.

Wenn die Kommission es ablehnt, eine geplante Bürgerinitiative zu registrieren, unterrichtet sie die Organisatoren über die Gründe der Ablehnung und alle möglichen gerichtlichen und außergerichtlichen Rechtsbehelfe, die ihnen zur Verfügung stehen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

6        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits, wie sie sich aus dem angefochtenen Urteil ergibt, lässt sich wie folgt zusammenfassen.

7        Am 18. Juni 2013 übermittelten die Rechtsmittelführer, zusammen mit fünf weiteren Personen, der Kommission einen Vorschlag für eine Europäische Bürgerinitiative (im Folgenden: EBI) mit der Bezeichnung „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ (im Folgenden: geplante EBI).

8        Die Rechtsmittelführer stellten in dem zu diesem Zweck von der Kommission zur Verfügung gestellten Online-Register gemäß Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 211/2011 die in Anhang II dieser Verordnung genannten Mindestinformationen (im Folgenden: erforderliche Informationen), insbesondere eine kurze Darstellung des Gegenstands und der Ziele der geplanten EBI, bereit.

9        Nach den von den Rechtsmittelführern im Rahmen der erforderlichen Informationen gemachten Angaben sollte mit der geplanten EBI erreicht werden, dass die Union im Rahmen der Kohäsionspolitik denjenigen Regionen besondere Aufmerksamkeit widmet, deren ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Besonderheiten von denjenigen der angrenzenden Regionen abweichen.

10      In einem Anhang zu den im Rahmen der erforderlichen Informationen gemachten Angaben stellten die Rechtsmittelführer gemäß Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011 genauere Informationen zum Gegenstand, zu den Zielen und zum Hintergrund der geplanten EBI zur Verfügung (im Folgenden: Zusatzinformationen).

11      Die Rechtsmittelführer sind der Ansicht, die in den Art. 174 bis 178 AEUV geregelte Kohäsionspolitik müsse, um im Einklang mit den in den Art. 2 und 3 EUV niedergelegten grundlegenden Werten zu sein, dazu beitragen, die den Regionen mit einer nationalen Minderheit eigenen ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten, die durch die wirtschaftliche Integration Europas bedroht seien, zu erhalten und die Hindernisse und die Diskriminierungen, die die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen beeinträchtigten, zu beseitigen. Der vorgeschlagene Rechtsakt müsse den Regionen mit einer nationalen Minderheit daher die gleiche Zugangsmöglichkeit zu Fonds, Mitteln und Programmen der Kohäsionspolitik der Union gewähren wie den derzeit förderfähigen Regionen, die in Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1059/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Schaffung einer gemeinsamen Klassifikation der Gebietseinheiten für die Statistik (NUTS [Nomenclature des unités territoriales statistiques]) (ABl. 2003, L 154, S. 1) aufgeführt seien. Diese Garantien könnten die Schaffung regionaler autonomer Institutionen umfassen, die mit ausreichenden Befugnissen ausgestattet seien, um den Regionen mit einer nationalen Minderheit zu helfen, ihre nationalen, sprachlichen und kulturellen Besonderheiten sowie ihre Identität zu bewahren.

12      Mit dem streitigen Beschluss lehnte die Kommission die Registrierung der geplanten EBI ab, weil aus einer eingehenden Prüfung der in dieser geplanten Bürgerinitiative angeführten Vertragsbestimmungen sowie aller anderen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen hervorgehe, dass sie offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem die Kommission befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13      Mit Klageschrift, die am 27. September 2013 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhoben die Rechtsmittelführer Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses.

14      Zur Stützung ihrer Klage brachten sie einen einzigen Klagegrund vor, mit dem sie rügten, der Kommission seien Rechtsfehler unterlaufen, als sie die Registrierung der geplanten EBI auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 abgelehnt habe.

15      Mit dem angefochtenen Urteil stellte das Gericht im Wesentlichen fest, dass der Kommission kein Rechtsfehler unterlaufen sei, als sie der Ansicht gewesen sei, dass die geplante EBI offenkundig außerhalb der Befugnisse liege, aufgrund deren sie einen entsprechenden Rechtsakt vorschlagen könne.

16      Demzufolge hat es die Klage als unbegründet abgewiesen.

 Anträge der Parteien

17      Die Rechtsmittelführer beantragen,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben und den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären,

–        hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, und

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

18      Ungarn beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und in der Sache zu entscheiden oder sie an das Gericht zurückzuverweisen.

19      Die Kommission, Rumänien und die Slowakische Republik beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und den Rechtsmittelführern die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Antrag auf Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens

20      Das mündliche Verfahren ist nach Stellung der Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi am 4. Oktober 2018 gemäß Art. 82 Abs. 2 der Verfahrensordnung abgeschlossen worden.

21      Mit Schreiben vom 1. November 2018 hat Rumänien beantragt, die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens anzuordnen.

22      Dieser Mitgliedstaat, der die Ausführungen des Generalanwalts in den Nrn. 51 bis 55 seiner Schlussanträge in Frage stellt, macht im Wesentlichen geltend, dass dieser zwei Argumente vorgebracht habe, die zwischen den Parteien nicht erörtert worden seien. Erstens habe er die Regionen mit einer nationalen Minderheit in die in Art. 174 Abs. 3 AEUV genannte Kategorie der Grenzregionen einbezogen. Zweitens habe er ausgeführt, dass die Bezugnahme auf die Grenzregionen in Art. 174 AEUV geeignet sei, die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass dieser Artikel entsprechend den politischen, administrativen und institutionellen Gegebenheiten in den Mitgliedstaaten und daher gemäß Art. 4 Abs. 2 EUV anzuwenden sei.

23      Nach Art. 252 Abs. 2 AEUV hat der Generalanwalt die Aufgabe, zu den Rechtssachen, in denen nach der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seine Mitwirkung erforderlich ist, öffentlich in völliger Unparteilichkeit und Unabhängigkeit begründete Schlussanträge zu stellen, die den Gerichtshof natürlich nicht binden, was auch für die Begründung der Schlussanträge gilt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2013, Kommission u. a./Kadi, C‑584/10 P, C‑593/10 P und C‑595/10 P, EU:C:2013:518, Rn. 57, und vom 6. Oktober 2015, Kommission/Andersen, C‑303/13 P, EU:C:2015:647, Rn. 33).

24      Dass eine Partei mit den Schlussanträgen nicht einverstanden ist, kann folglich unabhängig von den darin untersuchten Fragen für sich genommen kein Grund sein, der die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens rechtfertigt (Urteile vom 22. November 2012, E.ON Energie/Kommission, C‑89/11 P, EU:C:2012:738, Rn. 62, und vom 17. September 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, EU:C:2015:609, Rn. 26).

25      Nach Art. 83 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof aber jederzeit nach Anhörung des Generalanwalts die Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens beschließen, insbesondere wenn ein zwischen den Beteiligten nicht erörtertes Vorbringen entscheidungserheblich ist (Urteil vom 21. Dezember 2016, Rat/Front Polisario, C‑104/16 P, EU:C:2016:973, Rn. 62).

26      Dies ist aber vorliegend nicht der Fall.

27      Insoweit ist festzustellen, dass Rumänien die Schlussanträge teilweise falsch versteht. Die Argumentation des Generalanwalts in den Nrn. 51 bis 55 seiner Schlussanträge betrifft die Frage, ob die Regionen mit einer nationalen Minderheit als Regionen im Sinne von Art. 174 Abs. 3 AEUV, insbesondere als Gebiete mit schweren und dauerhaften demografischen Nachteilen, eingestuft werden können, und in diesem Zusammenhang, ob die in dieser Bestimmung enthaltene Liste der Nachteile nur Beispiele enthält oder abschließend ist. Diese Frage, insbesondere nach dem Charakter dieser Liste, die die Rechtsmittelführer in ihrem Rechtsmittel aufgeworfen haben, ist jedoch zwischen den Parteien umfassend erörtert worden.

28      Demnach hält der Gerichtshof nach Anhörung des Generalanwalts eine Wiedereröffnung des mündlichen Verfahrens nicht für angebracht.

 Zum Rechtsmittel

29      Die Rechtsmittelführer stützen ihr Rechtsmittel auf fünf Gründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund wird ein Verstoß gegen Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 92 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts geltend gemacht. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund rügen sie einen Verstoß gegen Art. 11 Abs. 4 EUV und Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011. Der dritte Rechtsmittelgrund bezieht sich auf einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 und Art. 174 AEUV. Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft einen Verstoß gegen die Art. 7 und 167 AEUV, Art. 3 Abs. 3 EUV, Art. 22 der Charta und die Bestimmungen der Verträge über das Verbot der Diskriminierung. Mit dem fünften Rechtsmittelgrund rügen sie eine fehlerhafte Auslegung des Begriffs „Rechtsmissbrauch“ bei der Kostenentscheidung.

30      Darüber hinaus haben die Rechtsmittelführer in ihrem Antrag auf mündliche Verhandlung auf der Grundlage von Art. 127 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs darum ersucht, drei neue Angriffsmittel vorbringen zu dürfen, mit denen ein Verstoß gegen den Grundsatz der guten Verwaltung, die teilweise Nichtregistrierung der geplanten EBI und ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz gerügt wird.

31      Zunächst sind die Rechtsmittelgründe 1 bis 3 zusammen zu prüfen, soweit die Rechtsmittelführer mit diesen dem Gericht im Wesentlichen vorwerfen, ihm seien insbesondere in den Rn. 72 bis 74, 81 und 85 bis 87 des angefochtenen Urteils Fehler unterlaufen, indem es angenommen habe, dass die Art. 174 bis 178 AEUV über die Kohäsionspolitik der Union keine Rechtsgrundlage für den Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts darstellen könnten.

 Vorbringen der Parteien

32      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund tragen die Rechtsmittelführer vor, das Gericht habe ihre Verfahrensrechte, wie sie sich aus Art. 47 der Charta und Art. 92 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ergeben, verletzt, indem es in den Rn. 81 und 85 des angefochtenen Urteils festgestellt habe, dass sie weder nachgewiesen hätten, dass die Umsetzung der Kohäsionspolitik der Union, sowohl durch die Union als auch durch die Mitgliedstaaten, die Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit bedrohe, noch, dass die ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit als schwerer und dauerhafter demografischer Nachteil im Sinne von Art. 174 Abs. 3 AEUV betrachtet werden könnten. Vor einer solchen Feststellung hätte das Gericht sie nämlich informieren müssen, dass ihnen der Nachweis solcher Tatsachen obliege.

33      Daher habe das Gericht auf der Grundlage reiner Mutmaßungen entschieden, wie im Übrigen auch aus der Formulierung von Rn. 87 des angefochtenen Urteils hervorgehe.

34      Nach Ansicht der Kommission und der Slowakischen Republik ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

35      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführer, unterstützt durch Ungarn, dem Gericht im Wesentlichen vor, gegen Art. 11 Abs. 4 EUV verstoßen und die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 genannte Bedingung verkannt zu haben, indem es in den Rn. 72 bis 74 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, dass die Art. 174, 176, 177 und 178 AEUV keine Rechtsgrundlage für den Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts darstellen könnten und dass die geplante EBI daher diese Bedingung nicht erfüllte.

36      Insoweit führen sie zunächst aus, dass die einschlägigen Bestimmungen des EU-Vertrags und des AEU-Vertrags das Recht, eine EBI vorzuschlagen, nicht auf die Bereiche beschränkten, in denen die Union ausschließlich zuständig sei. Dieses Recht könne auch in den Bereichen mit geteilten Zuständigkeiten, somit auch im Bereich der Kohäsionspolitik, ausgeübt werden. Die geplante EBI, die auf der Grundlage der Art. 174 bis 178 AEUV vorgelegt worden sei, setze ein auf geteilte Zuständigkeiten anwendbares Gesetzgebungsverfahren voraus.

37      Das Gericht habe in den Rn. 73 und 74 des angefochtenen Urteils indes die Zusatzinformationen fehlerhaft zusammengefasst und somit der geplanten EBI einen Inhalt beigemessen, der aus den von den Organisatoren übermittelten Unterlagen nicht abgeleitet werden könne. Diese erwarteten nämlich von dem vorgeschlagenen Rechtsakt eindeutig erstens eine Definition des Begriffs „Region mit einer nationalen Minderheit“ und die Schaffung des gesetzlichen und institutionellen Rahmens für ein solches Gebiet und zweitens in einem Anhang die namentliche Bezeichnung der bestehenden Regionen mit einer nationalen Minderheit. Hingegen hätten die Organisatoren nicht beabsichtigt, dass der vorgeschlagene Rechtsakt die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, diesen Begriff zu definieren oder die Liste der Regionen zu erstellen. Der Umstand, dass die Organisatoren das beim Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts anzuwendende Verfahren nicht näher festgelegt haben, könne keine Auswirkungen auf die Registrierung der geplanten EBI haben, da die Art. 174 bis 178 AEUV der Kommission ermöglichten, einen Vorschlag für einen solchen Rechtsakt vorzulegen.

38      Sodann machen die Rechtsmittelführer und Ungarn geltend, das Gericht habe jedenfalls gegen Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 verstoßen, indem es angenommen habe, dass die darin genannte Bedingung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei. Aus einer grammatikalischen Auslegung dieser Bestimmung ergebe sich nämlich, dass die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI nur ablehnen könne, wenn diese offenkundig außerhalb des Rahmens liege, in dem die Kommission befugt sei, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen. Abgesehen davon, dass die Kommission bei der Registrierung der geplanten EBI ihr Ermessen überschritten habe, falle diese eindeutig in den Rahmen der Kohäsionspolitik und diene dazu, den bestehenden Rechtsrahmen zu verbessern, um die verfolgten Ziele und die von der Union anerkannten Werte zu erreichen. Daher habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es eine derartige fehlerhafte Schlussfolgerung der Kommission bestätigt habe.

39      Schließlich werfen die Rechtsmittelführer dem Gericht vor, im angefochtenen Urteil nicht über die Frage der Auslegung von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 im Hinblick auf die Offenkundigkeit des Fehlens der Befugnisse der Kommission entschieden zu haben. Das Gericht habe somit die ihm obliegende Begründungspflicht verletzt, und dieser Begründungsmangel rechtfertige schon für sich genommen die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

40      Nach Ansicht der Kommission, deren Standpunkt sich Rumänien und die Slowakische Republik anschließen, ist der zweite Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen, da die Rechtsmittelführer mit diesem Rechtsmittelgrund die Feststellungen des Gerichts zum Ziel der geplanten EBI in Frage stellten, die eine Tatsachenwürdigung enthielten, die in dessen alleinige Zuständigkeit falle. Jedenfalls gehe dieser Rechtsmittelgrund entweder ins Leere, oder er sei unbegründet. Das Gericht sei in den Rn. 66 bis 90 des angefochtenen Urteils zu Recht der Auffassung gewesen, dass die Kommission im Hinblick auf die geplante EBI im Rahmen einer ersten Prüfung der Informationen, über die sie verfügt habe, offenkundig nicht den Erlass eines dem vorgeschlagenen Rechtsakt entsprechenden Rechtsakts der Union auf der Grundlage der Art. 174, 176, 177 und 178 AEUV habe vorschlagen können.

41      Rumänien hebt insbesondere den Umstand hervor, dass die Union auf der Grundlage der Verträge keine ausdrückliche Gesetzgebungszuständigkeit im Bereich des Schutzes von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, besitze. Die Union dürfe außerdem in diesem Bereich nicht handeln, indem sie den Zweck der Befugnisse, über die sie in anderen Bereichen wie etwa der Kultur, der Bildung oder der Regionalpolitik verfüge, umgehe. Schließlich könne die Union selbstverständlich keine neuen Zuständigkeiten im Bereich des Schutzes von Personen, die nationalen Minderheiten angehören, über eine EBI erwerben.

42      Die Slowakische Republik ergänzt insbesondere, dass Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführer nicht allein aufgrund des Adverbs „offenkundig“ in dieser Bestimmung dahin ausgelegt werden könne, dass sich die Kommission während der Phase der Registrierung einer geplanten EBI auf eine Prima-facie-Prüfung beschränken müsse. Es sei im vorliegenden Fall nicht notwendig gewesen, dass das Gericht im angefochtenen Urteil zur Bedeutung dieses Begriffs Stellung bezieht.

43      Zudem gehe die Kritik, die die Rechtsmittelführer an der Feststellung des Gerichts in Rn. 73 des angefochtenen Urteils übten, wonach der vorgeschlagene Rechtsakt die Mitgliedstaaten dazu zwingen sollte, den Begriff „Region mit nationaler Minderheit“ zu definieren und eine Liste dieser Regionen zu erstellen, auf einen Fehler in der ungarischen Fassung dieses Punktes zurück.

44      Die Rechtsmittelführer erwidern hierzu, dass der ungarischen Fassung des angefochtenen Urteils jedenfalls Vorrang zukomme, da Ungarisch im vorliegenden Fall Verfahrenssprache sei.

45      Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführer dem Gericht, unterstützt durch Ungarn, im Wesentlichen eine fehlerhafte Auslegung von Art. 174 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 AEUV vor, da es der Liste der „Nachteile“ in Art. 174 Abs. 3 AEUV offenbar abschließenden Charakter zuerkannt habe.

46      Insoweit gehe u. a. aus der ungarischen und der englischen Fassung dieser Bestimmung eindeutig hervor, dass diese Liste nur Beispiele enthalte. Auch wenn es sich nicht ausdrücklich zu diesem Punkt geäußert habe, könne aus der Feststellung des Gerichts in Rn. 86 des angefochtenen Urteils geschlossen werden, dass es davon ausgegangen sei, dass diese Liste abschließend sei. Wenn das Gericht so zu verstehen sei, dass es in Rn. 87 des angefochtenen Urteils die Möglichkeit implizit anerkannt habe, dass diese Liste erweitert werden könne, so sei jedenfalls daraus zu folgern, dass es durch diese widersprüchliche Begründung seine Begründungspflicht verletzt habe.

47      Indem es in derselben Rn. 87 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt sei, dass nicht erwiesen sei, dass die ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit für die wirtschaftliche Entwicklung dieser Regionen im Vergleich zu den angrenzenden Regionen zwingend einen Nachteil darstellten, habe das Gericht außerdem gegen Art. 174 Abs. 3 AEUV verstoßen, da zahlreiche Argumente und statistische Daten, die in das Verfahren vor dem Gericht einbezogen worden seien, belegten, dass die Regionen mit einer nationalen Minderheit unter einem schweren und dauerhaften demografischen Nachteil litten.

48      Die Rechtsmittelführer machen auch geltend, dass bereits Art. 3 Abs. 5 der Verordnung Nr. 1059/2003 die Berücksichtigung bestimmter Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit im Rahmen der Kohäsionspolitik erlaube.

49      Ungarn, das sich dieser Begründung im Wesentlichen anschließt, weist insbesondere darauf hin, dass im Unionsrecht bereits Rechtsakte existierten, die im Rahmen der Kohäsionspolitik die in der geplanten EBI genannten Besonderheiten berücksichtigten.

50      Die Kommission, Rumänien und die Slowakische Republik pflichten der mit dem dritten Rechtsmittelgrund beanstandeten Begründung des Gerichts bei und vertreten die Auffassung, dass dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

51      Eingangs ist, was das Verfahren der Registrierung einer geplanten EBI betrifft, darauf hinzuweisen, dass die Kommission nach der Verordnung Nr. 211/2011 zu prüfen hat, ob eine geplante EBI die Bedingungen für die Registrierung erfüllt, die u. a. in Abs. 2 Buchst. b dieses Artikels genannt werden. Dabei sind nach Art. 4 Abs. 1 und 2 dieser Verordnung die Informationen zum Gegenstand und zu den Zielen der geplanten EBI zu berücksichtigen, die von deren Organisatoren gemäß Anhang II der Verordnung Nr. 211/2011 entweder obligatorisch oder fakultativ bereitgestellt werden (Urteil vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 45).

52      Entsprechend dem Hinweis im zehnten Erwägungsgrund dieser Verordnung hat der Beschluss über die Registrierung einer geplanten EBI im Sinne des Art. 4 dieser Verordnung gemäß dem Grundsatz guter Verwaltungspraxis zu ergehen, der insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs zu einer sorgfältigen und unparteiischen Untersuchung umfasst, die außerdem alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls berücksichtigt (Urteil vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 47).

53      Außerdem muss im Einklang mit den mit der EBI verfolgten Zielen, wie sie in den Erwägungsgründen 1 und 2 der Verordnung Nr. 211/2011 angeführt werden und die insbesondere darin bestehen, die Bürger zur Teilnahme zu ermutigen und die Union zugänglicher zu machen, die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung vorgesehene Bedingung für die Registrierung von der Kommission, an die eine geplante EBI herangetragen wird, so ausgelegt und angewandt werden, dass eine leichte Zugänglichkeit der EBI sichergestellt ist (Urteil vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 49).

54      Somit darf die Kommission die Registrierung einer geplanten EBI nach Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 nur dann ablehnen, wenn die geplante EBI in Anbetracht ihres Gegenstands und ihrer Ziele, wie sie aus den obligatorischen und gegebenenfalls den zusätzlichen Informationen hervorgehen, die von den Organisatoren gemäß Anhang II dieser Verordnung bereitgestellt worden sind, offenkundig außerhalb des Rahmens liegt, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen (Urteil vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 50).

55      Somit sind diese Grundsätze der Maßstab für die Prüfung, ob das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es auf der Grundlage der Würdigung in den Rn. 72 bis 89 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen ist, dass die Kommission zu Recht die Auffassung vertreten durfte, dass weder die Art. 174 bis 178 AEUV noch die anderen Bestimmungen dieses Vertrags den Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts erlaubten und dass dieses Organ daher befugt gewesen sei, die Registrierung dieser geplanten EBI abzulehnen.

56      Insoweit ist zunächst festzustellen, dass aus der geplanten EBI, wie sie insbesondere in den Rn. 3 und 5 bis 8 des angefochtenen Urteils näher beschrieben ist, hervorgeht, dass ihr Ziel darin bestand, dass die Union im Rahmen ihrer Kohäsionspolitik durch den Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts den „Regionen mit einer nationalen Minderheit“ besondere Aufmerksamkeit widmet, d. h. den Regionen, deren ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Besonderheiten von denjenigen der angrenzenden Regionen abweichen. Von der Union wurde daher insbesondere verlangt, u. a. auf der Grundlage der Art. 174 bis 178 AEUV Maßnahmen zur Förderung, der Erhaltung oder der Entwicklung zugunsten solcher Regionen zu treffen oder solche Regionen zumindest besser zu berücksichtigen, da diese nach Ansicht der Organisatoren im Vergleich zu den angrenzenden Regionen häufig benachteiligt sind.

57      Zur Prüfung, die das Gericht im vorliegenden Fall vorgenommen hat, um zu ermitteln, ob die Art. 174 bis 178 AEUV eine Rechtsgrundlage zu diesem Zweck darstellen konnten, ist erstens festzustellen, dass es diese Frage insbesondere in den vom ersten Rechtsmittelgrund erfassten Rn. 81, 85 und 87 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen als Tatsachen- und Beweiswürdigung behandelt und die Beweislast insoweit den Rechtsmittelführern auferlegt hat.

58      So hat das Gericht zunächst in Rn. 80 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführer hierzu auf Behauptungen beruhe, die durch nichts gestützt würden oder gar bewiesen seien, und weiter zum einen in Rn. 81 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass diese nicht nachgewiesen hätten, dass die Umsetzung der Kohäsionspolitik der Union, sowohl durch die Union als auch durch die Mitgliedstaaten, die Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit bedrohe.

59      Zum anderen hat das Gericht in Rn. 85 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Rechtsmittelführer auch nicht nachgewiesen hätten, dass die ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit als schwerer und dauerhafter demografischer Nachteil im Sinne von Art. 174 Abs. 3 AEUV angesehen werden können.

60      Mit dieser Begründung hat das Gericht jedoch einen Rechtsfehler begangen.

61      Zunächst ist festzustellen, dass die Frage, ob die im Kontext einer EBI vorgeschlagene Maßnahme in den Rahmen fällt, in dem die Kommission im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen, auf den ersten Blick keine Tatsachenfrage oder Beweiswürdigung darstellt, und als solche den Beweislastregeln unterworfen ist, sondern im Wesentlichen eine Frage der Auslegung und der Anwendung der in Rede stehenden Bestimmungen der Verträge.

62      Wenn an die Kommission eine Anmeldung einer geplanten EBI herangetragen wird, obliegt es ihr in diesem Stadium weder zu prüfen, ob der Nachweis für alle vorgebrachten tatsächlichen Gesichtspunkte erbracht ist, noch, ob die Begründung der geplanten EBI und der vorgeschlagenen Maßnahmen ausreichend ist. Sie hat sich zum Zweck der Beurteilung der Einhaltung der in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehenen Bedingung für die Registrierung auf die Prüfung zu beschränken, ob aus objektiver Sicht solche abstrakt beabsichtigten Maßnahmen auf der Grundlage der Verträge getroffen werden könnten.

63      Folglich hat das Gericht, indem es davon ausgegangen ist, dass die Rechtsmittelführer verpflichtet seien, den Nachweis zu erbringen, dass die Voraussetzungen für den Erlass des vorgeschlagenen Rechtsakts auf der Grundlage der Art. 174, 176, 177 und 178 AEUV im vorliegenden Fall erfüllt sind, – wie der Generalanwalt in den Nrn. 35 bis 38 und 57 bis 61 seiner Schlussanträge im Wesentlichen ausgeführt hat – die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehene Bedingung für die Registrierung und die sich daraus ergebende Aufgabenverteilung zwischen den Organisatoren einer EBI und der Kommission im Rahmen des Registrierungsverfahrens falsch verstanden.

64      Eine solche Prämisse kann nämlich nicht mit den in den Rn. 53 und 54 des vorliegenden Urteils genannten Grundsätzen vereinbar sein, wonach die Kommission, an die eine geplante EBI herangetragen wird, verpflichtet ist, diese Bedingung für die Registrierung so auszulegen und anzuwenden, dass eine leichte Zugänglichkeit der EBI sichergestellt ist und dass sie die Registrierung dieser geplanten EBI nur ablehnen darf, wenn diese offenkundig außerhalb des Rahmens ihrer Befugnisse liegt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2017, Anagnostakis/Kommission, C‑589/15 P, EU:C:2017:663, Rn. 49 und 50).

65      Soweit die Rechtsmittelführer dem Gericht insbesondere vorwerfen, Art. 174 AEUV in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 Buchst. c AEUV u. a. in Rn. 86 des angefochtenen Urteils falsch ausgelegt zu haben, ist zweitens darauf hinzuweisen, dass das Gericht in den Rn 85 bis 89 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen eine Prüfung der Frage vorgenommen hat, ob Regionen, die von der geplanten EBI ins Auge gefasst werden, d. h. Regionen mit einer nationalen Minderheit, im Hinblick auf ihre Besonderheiten als Regionen im Sinne von Art. 174 AEUV angesehen werden können und somit Gegenstand von aufgrund dieser Bestimmung getroffenen Maßnahmen im Rahmen der Kohäsionspolitik der Union sein können.

66      In diesem Zusammenhang hat das Gericht in Rn. 89 des angefochtenen Urteils diese Frage verneint, nachdem es insbesondere geprüft hatte, ob diese ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten unter den Begriff „schwerer und dauerhafter demografischer Nachteil“ im Sinne von Art. 174 Abs. 3 AEUV fallen.

67      Das Gericht hat in Rn. 86 des angefochtenen Urteils u. a. ausgeführt, dass sich aus dem Wortlaut des Art. 174 Abs. 3 AEUV oder dem Sekundärrecht nicht ableiten lasse, dass dieser Begriff „die ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten von Regionen mit einer nationalen Minderheit einschließen kann“.

68      Insoweit trifft es zwar zu, dass Art. 174 AEUV die Ziele der Kohäsionspolitik der Union allgemein beschreibt und der Union einen weiten Spielraum im Hinblick auf die Handlungen einräumt, die sie im Bereich des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts unter Berücksichtigung eines weiten Verständnisses der Regionen, die von diesen Handlungen betroffen sein können, setzen kann.

69      Insbesondere enthält die Liste in Art. 174 Abs. 3 AEUV von Gebieten „mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen“ nur Beispiele und ist nicht abschließend, wie die Verwendung der Begriffe „unter den betreffenden Gebieten“ und „wie“ in dieser Bestimmung deutlich macht.

70      Wie das Gericht in den Rn. 87 und 89 seines Urteils ausgeführt hat, können die ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten der Regionen mit einer nationalen Minderheit jedoch nicht so gesehen werden, dass sie für die wirtschaftliche Entwicklung im Vergleich zu den angrenzenden Regionen zwingend einen Nachteil darstellen.

71      Folglich hat das Gericht, indem es in den Rn. 85 bis 89 des angefochtenen Urteils ausgeschlossen hat, dass eine Region mit einer nationalen Minderheit im Hinblick auf ihre ethnischen, kulturellen, religiösen oder sprachlichen Besonderheiten zwingend Teil der „Gebiete mit schweren und dauerhaften natürlichen oder demografischen Nachteilen“ im Sinne von Art. 174 Abs. 3 AEUV sein könne, den Begriff „betreffendes Gebiet“ in dieser Bestimmung zutreffend ausgelegt und daher in dieser Hinsicht keinen Rechtsfehler begangen.

72      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es davon ausgegangen ist, dass die Rechtsmittelführer verpflichtet gewesen seien, für die Registrierung der geplanten EBI den Nachweis zu erbringen, dass die in Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 vorgesehene Bedingung erfüllt sei.

73      Dem Rechtsmittel ist daher stattzugeben und folglich das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass darüber hinaus die weiteren zur Stützung der Rechtsmittelgründe 1 bis 3 vorgebrachten Argumente oder die anderen Rechtsmittelgründe geprüft zu werden brauchen. Ebenso braucht über die Zulässigkeit oder die Begründetheit der neuen Angriffsmittel, deren Geltendmachung die Rechtsmittelführer beantragt haben, nicht entschieden zu werden.

 Zum Rechtsstreit im ersten Rechtszug

74      Nach Art. 61 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union kann der Gerichtshof, wenn er die Entscheidung des Gerichts aufhebt, den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

75      Im vorliegenden Fall ist die Rechtssache zur Entscheidung reif.

76      Es ergibt sich insbesondere aus der Feststellung in Rn. 72 des vorliegenden Urteils, dass der Rechtsmittelgrund der Rechtsmittelführer, mit dem sie geltend machen, dass die Kommission gegen Art. 4 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 211/2011 verstoßen habe, indem sie die Eintragung der geplanten EBI abgelehnt hat, begründet ist.

77      Der streitige Beschluss ist daher für nichtig zu erklären.

 Kosten

78      Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel begründet ist und er den Rechtsstreit selbst endgültig entscheidet.

79      Gemäß Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

80      Da die Rechtsmittelführer beantragt haben, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, und die Kommission unterlegen ist, sind ihr die im Verfahren im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten aufzuerlegen.

81      Gemäß Art. 184 Abs. 4 der Verfahrensordnung haben die Streithelfer ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 10. Mai 2016, Izsák und Dabis/Kommission (T529/13, EU:T:2016:282), wird aufgehoben.

2.      Der Beschluss C (2013) 4975 final der Kommission vom 25. Juli 2013 über die Anmeldung der Europäischen Bürgerinitiative „Kohäsionspolitik für die Gleichstellung der Regionen und die Erhaltung der regionalen Kulturen“ wird für nichtig erklärt.

3.      Die Europäische Kommission trägt die im Verfahren im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten.

4.      Ungarn, Rumänien und die Slowakische Republik tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Ungarisch.