Language of document : ECLI:EU:F:2011:16

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Zweite Kammer)

17. Februar 2011(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Mediationsverfahren – Beschwerende Maßnahme – Art. 73 des Statuts – Konsolidierung – Vorschuss“

In der Rechtssache F‑119/07

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Guido Strack, ehemaliger Beamter der Europäischen Kommission, wohnhaft in Köln (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Tettenborn,

Kläger,

gegen

Europäische Kommission, Prozessbevollmächtigte: J. Currall und B. Eggers,

Beklagte,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten H. Tagaras, des Richters S. Van Raepenbusch (Berichterstatter) und der Richterin M. I. Rofes i Pujol,

Kanzlerin: W. Hakenberg,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Mai 2010

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 22. Oktober 2007 mit Fernkopie bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 30. Oktober 2007 eingegangen), beantragt Herr Strack,

–        die Entscheidungen der Europäischen Kommission, die Durchführung eines Mediationsverfahrens abzulehnen und ihm die Zahlung eines Vorschusses nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung zur Sicherung der Beamten der Europäischen Gemeinschaften bei Unfällen und Berufskrankheiten zu versagen, sowie die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 20. Juli 2007, mit der seine Beschwerde zurückgewiesen wurde, aufzuheben;

–        die Kommission zu verurteilen, an ihn eine Schadensersatzzahlung für den ihm entstandenen moralischen, immateriellen und gesundheitlichen Schaden zuzüglich Verzugszinsen zu leisten.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 73 Abs. 1 und 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) bestimmt:

„(1)      Der Beamte wird vom Tage seines Dienstantritts an gemäß einer von den Organen der [Europäischen Union] im gegenseitigen Einvernehmen nach Stellungnahme des Statutsbeirats beschlossenen Regelung für den Fall von Berufskrankheiten und Unfällen gesichert. …

(2)      Als Leistungen werden garantiert:

b)      bei dauernder Vollinvalidität:

Zahlung eines Kapitalbetrags in achtfacher Höhe des jährlichen Grundgehalts, bemessen nach den Monatsgrundgehältern des Beamten in den letzten zwölf Monaten vor dem Unfall;

c)      im Falle bleibender Teilinvalidität:

Zahlung eines Teils des unter Buchstabe b) vorgesehenen Betrages, berechnet nach der Tabelle der in Absatz 1 genannten Regelung.

…“

3        In Art. 78 des Statuts heißt es:

„Ein Beamter, der dauernd voll dienstunfähig geworden ist und deshalb einen Dienstposten seiner Funktionsgruppe nicht wahrnehmen kann, hat unter den in Anhang VIII Artikel 13 bis 16 [des Statuts] vorgesehenen Bedingungen Anspruch auf Invalidengeld.

Das Invalidengeld wird auf 70 % des letzten Grundgehalts des Beamten festgesetzt. Es darf jedoch nicht unter dem Existenzminimum liegen.

Entsteht die Dienstunfähigkeit durch einen Unfall in Ausübung oder anlässlich der Ausübung des Dienstes, durch eine Berufskrankheit oder durch eine aufopfernde Tat im Interesse des Gemeinwohls oder dadurch, dass der Beamte sein Leben eingesetzt hat, um ein Menschenleben zu retten, so beläuft sich das Invalidengeld auf mindestens 120 % des Existenzminimums. Außerdem wird in diesem Fall der Beitrag zur Versorgung in voller Höhe aus dem Haushalt des Organs oder der Einrichtung im Sinne von Artikel 1b [des Statuts] gezahlt.“

4        Am 13. Dezember 2005 haben die europäischen Organe eine Gemeinsame Regelung zur Sicherung bei Unfällen und Berufskrankheiten (im Folgenden: Gemeinsame Regelung) erlassen, die am 1. Januar 2006 in Kraft getreten ist.

5        Art. 18 der Gemeinsamen Regelung sieht vor, dass die Anstellungsbehörde die Entscheidung über das Vorliegen eines Unfalls oder die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit oder den Grad einer dauernden Invalidität nach dem Verfahren des Art. 20 dieser Regelung aufgrund der Stellungnahme des oder der von den Organen bestellten Ärzte und, falls der Versicherte dies verlangt, nach Einholung des Gutachtens des Ärzteausschusses nach Art. 22 der Regelung trifft.

6        Art. 19 der Gemeinsamen Regelung („Konsolidierung des Zustands“) lautet:

„(1)      Der Versicherte hat die Verwaltung von sich aus über die Entwicklung seines Gesundheitszustands durch Vorlage ärztlicher Bescheinigungen zu unterrichten.

(2)      Gibt der Versicherte innerhalb von mehr als sechs Monaten keine Informationen im Sinne des Absatzes 1 des vorliegenden Artikels, so gilt er als geheilt und die Akte wird geschlossen, unbeschadet der Anwendung des Artikels 21.

(3)      Die Entscheidung über den Invaliditätsgrad ergeht nach der Konsolidierung der Verletzungen des Versicherten. Die Folgen des Unfalles oder der Berufskrankheit sind konsolidiert, wenn sie sich stabilisiert haben oder abzusehen ist, dass sie sich nur noch sehr langsam und in sehr begrenztem Umfang abschwächen werden. Zu diesem Zweck hat der Versicherte einen ärztlichen Bericht vorzulegen, in dem die Konsolidierung seines Zustandes festgestellt und die Art der Verletzungen angegeben wird. Der oder die vom Organ bestellten Ärzte oder der Ärzteausschuss nach Artikel 22 können jedoch auch ohne Vorliegen dieses ärztlichen Berichts über die Konsolidierung befinden.

Kann bei Beendigung der ärztlichen Heilbehandlung der Invaliditätsgrad noch nicht endgültig bestimmt werden, so ist in der Stellungnahme des oder der in Artikel 18 genannten Ärzte oder gegebenenfalls im Bericht des Ärzteausschusses nach Artikel 22 der Zeitpunkt anzugeben, zu dem der Fall des Versicherten spätestens erneut zu prüfen ist.

(4)      Bei einer anerkannten Berufskrankheit gewährt die Anstellungsbehörde einen Vorschuss, dessen Höhe dem unstreitigen Grad der dauernden Dienstunfähigkeit entspricht. Dieser Vorschuss wird nach der endgültigen Feststellung der Leistungen auf diese angerechnet.

(5)      Absatz 4 findet auf Entscheidungen im Zusammenhang mit Unfällen Anwendung, wenn der Invaliditätsgrad mindestens 20 % beträgt.“

7        Art. 20 der Gemeinsamen Regelung sieht vor:

„(1)      Bevor die Anstellungsbehörde eine Entscheidung gemäß Artikel 18 trifft, stellt sie dem Versicherten oder den sonstigen Anspruchsberechtigten einen Entscheidungsentwurf zu, dem sie die Stellungnahme des oder der von dem Organ bestellten Ärzte beifügt. Der Versicherte oder die sonstigen Anspruchsberechtigten können beantragen, dass der vollständige ärztliche Bericht einem Arzt ihrer Wahl übersandt oder ihm bzw. ihnen mitgeteilt wird.

(2)      Der Versicherte oder die sonstigen Anspruchsberechtigten können binnen 60 Tagen beantragen, das Gutachten des Ärzteausschusses nach Artikel 22 einzuholen. Im Antrag auf Befassung des Ärzteausschusses ist der Name des Arztes anzugeben, der den Versicherten oder die sonstigen Anspruchsberechtigten vertritt; dem Antrag ist ein Bericht dieses Arztes beizufügen, in welchem angegeben wird, in welchen medizinischen Fragen die Stellungnahme des oder der im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Regelung vom Organ bestellten Ärzte bestritten werden.

(3)      Geht bis zum Ablauf dieser Frist kein Antrag auf Einholung eines Gutachtens des Ärzteausschusses ein, so trifft die Anstellungsbehörde ihre Entscheidung entsprechend dem übermittelten Entwurf.“

8        Art. 25 der Gemeinsamen Regelung bestimmt:

„Die Anerkennung einer dauernden Voll- oder Teilinvalidität gemäß Artikel 73 des Statuts und dieser Regelung greift der Anwendung von Artikel 78 des Statuts in keiner Weise vor; das Gleiche gilt umgekehrt.“

9        Art. 20 der Gemeinsamen Regelung in seiner vor dem 1. Januar 2006 geltenden Fassung lautete:

„Die Entscheidung über den Invaliditätsgrad ergeht nach der Konsolidierung der Verletzungen des Beamten. Zu diesem Zweck hat der Beamte einen ärztlichen Bericht vorzulegen, in dem die Konsolidierung seines Zustandes festgestellt und die Art der Verletzungen angegeben wird.

Kann bei Beendigung der ärztlichen Heilbehandlung der Invaliditätsgrad noch nicht endgültig bestimmt werden, so ist in der Stellungnahme des oder der in Artikel 19 genannten Ärzte oder gegebenenfalls im Bericht des in Artikel 23 genannten Ärzteausschusses der Zeitpunkt anzugeben, in dem der Fall des Beamten spätestens erneut zu prüfen ist.

Besteht Grund zu der Annahme, dass der Invaliditätsgrad mindestens 20 v. H. beträgt, so gewährt die Anstellungsbehörde einen Vorschuss, dessen Höhe dem unstreitigen Grad der dauernden Erwerbsunfähigkeit entspricht. Dieser Vorschuss wird auf die endgültig festgestellten Leistungen angerechnet.“

 Sachverhalt

10      Der Kläger trat am 1. September 1995 in den Dienst der Kommission. Vom 1. September 1995 bis 31. März 2002 versah er seinen Dienst beim Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften (Amt für Veröffentlichungen) und war dort für die Neukonzeption der Massenproduktion konsolidierter Rechtstexte zuständig. Am 1. Januar 2001 wurde er nach Besoldungsgruppe A 6 befördert. Vom 1. April 2002 bis 15. Februar 2003 war er in der Generaldirektion (GD) „Unternehmen“ der Kommission beschäftigt und ab 16. Februar 2003 bei Eurostat.

 Verhaltensweisen, die Beamten des Amts für Veröffentlichungen und einem externen Dienstleister zur Last gelegt wurden

11      Am 15. Juni 2000 schloss das Amt für Veröffentlichungen einen Vertrag mit einem externen Dienstleister über Arbeiten zur Konsolidierung der Gemeinschaftsgesetzgebung. Nach Auffassung des Klägers wurden diese Arbeiten nicht zufriedenstellend ausgeführt.

12      Am 2. Mai 2001 wurde nach einer Diskussion über die Auslegung dieses Vertrags zwischen dem Amt für Veröffentlichungen und dem externen Dienstleister ein Kompromiss über die Klärung bestimmter Vertragsklauseln vereinbart. Der Kläger war der Ansicht, dass der Dienstleister auch weiterhin die Klauseln des Vertrags nicht eingehalten habe, und schlug seinen Vorgesetzten daher vor, zur Verhängung der vertraglich vorgesehenen Sanktionen überzugehen, was aber nicht geschah.

13      Sodann wurde eine Vertragsergänzung zwischen dem Amt für Veröffentlichungen und dem Dienstleister über die Änderung des Preissystems vereinbart. Diese führte nach Auffassung des Klägers zu einer unbegründeten Gewinnsteigerung für den Dienstleister. Die Vorgesetzten des Klägers teilten seine Kritik an der Vertragserfüllung durch den Dienstleister jedoch nicht.

14      Nachdem der Kläger am 1. April 2002 das Amt für Veröffentlichungen verlassen hatte und zur GD „Unternehmen“ der Kommission gewechselt war, unterrichtete er den Generaldirektor des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) mit E‑Mail vom 30. Juli 2002 über seine Version des Sachverhalts im Hinblick auf bestimmte Verhaltensweisen von Beamten des Amts für Veröffentlichungen und des externen Dienstleisters, die ihm unter Art. 1 des Beschlusses K(2002) 845 der Kommission vom 4. April 2002 über die Meldung schwerwiegender Missstände (im Wesentlichen übernommen in Art. 22a Abs. 1 des Statuts) zu fallen schienen.

15      Das OLAF leitete am 18. Oktober 2002 eine interne Untersuchung ein und informierte den Kläger darüber am 11. November 2002.

16      Am 7. Januar 2004 übermittelte der Kläger dem Europäischen Bürgerbeauftragten die Informationen, die er an das OLAF weitergeleitet hatte. Der Bürgerbeauftragte leitete ein Beschwerdeverfahren ein, das er am 6. Juni 2005 abschloss, indem er seine Zuständigkeit für eine Entscheidung über die Beschwerdepunkte, die auch Gegenstand eines noch beim Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften anhängigen Verfahrens waren, verneinte. Er stellte jedoch fest, dass die Tatsache, dass das OLAF den Kläger nicht nach Art. 2 des Beschlusses K(2002) 845 der Kommission (dessen Inhalt im Wesentlichen in Art. 22b des Statuts übernommen wurde) über die vom OLAF für das Ergreifen der erforderlichen Maßnahmen gesetzte Frist unterrichtet habe, einen Missstand darstelle.

17      Mit Schreiben vom 5. Februar 2004 teilte das OLAF dem Kläger mit, dass es beschlossen habe, die Untersuchung einzustellen.

18      Am 19. Mai 2004 reichte der Kläger beim Direktor des OLAF nach Art. 90a des Statuts eine Beschwerde gegen die Entscheidung des OLAF vom 5. Februar 2004 über die Einstellung des Untersuchungsverfahrens und gegen den Final Case Report ein. Er beantragte die Aufhebung dieser Maßnahmen und die Wiederaufnahme der Untersuchung.

19      Mit Schreiben vom 4. Oktober 2004 wies der Direktor des OLAF die Beschwerde als unzulässig zurück, da die Entscheidung des OLAF in Bezug auf diese Untersuchung den Kläger nicht im Sinne von Art. 90a Satz 2 des Statuts beschweren könne, weil er sich als Informant an das OLAF gewandt habe und nicht selbst Gegenstand einer Untersuchung des OLAF sei.

20      Die Klage, die der Kläger am 4. Januar 2005 gegen die Entscheidung des OLAF vom 5. Februar 2004, die Untersuchung einzustellen, und gegen den entsprechenden Final Case Report erhoben hat, wurde vom Gericht erster Instanz als unzulässig abgewiesen (Beschluss vom 22. März 2006, Strack/Kommission, T‑4/05, bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 8. März 2007, Strack/Kommission, C‑237/06 P). Das Gericht erster Instanz war im Wesentlichen der Auffassung, dass die angefochtenen Maßnahmen, die dem Kläger kein rechtswidriges Verhalten zur Last legten, ihm gegenüber keine verbindlichen Rechtswirkungen entfaltet hätten und daher keine ihn beschwerenden Maßnahmen im Sinne der Art. 90 Abs. 2 und 91 Abs. 1 des Statuts darstellten. In Randnr. 36 seines Beschlusses hat das Gericht erster Instanz ferner ausgeführt, dass der Kläger als jemand, der ein etwaiges Fehlverhalten angezeigt habe, lediglich Informationen an das OLAF weitergegeben habe, die die Einleitung einer Untersuchung ermöglicht hätten, was bedeute, dass diese Maßnahmen in keiner Weise seine persönliche Rechtsstellung beeinträchtigten.

 Beurteilungsverfahren 2001/2002 und Beförderungsverfahren 2003

21      Für den Beurteilungszeitraum 2001/2002 wurden dem Kläger in seiner Beurteilung der beruflichen Entwicklung (im Folgenden: Beurteilung), die am 2. Mai 2003 abgeschlossen wurde, nach Befassung des Paritätischen Evaluierungsausschusses insgesamt 13 Punkte zugeteilt, und zwar 6 von 10 Punkten für den Bereich „Leistung“, 4 von 6 Punkten für den Bereich „Befähigung“ und 3 von 4 Punkten für den Bereich „dienstliche Führung“.

22      Nach Zurückweisung seiner Beschwerde beanstandete der Kläger vor dem Gericht erster Instanz zum einen das Beurteilungsverfahren 2001/2002, soweit es ihn betrifft, und zum anderen die Entscheidung über die Erstellung seiner Beurteilung für diesen Zeitraum. Mit Urteil vom 30. Januar 2008 (Strack/Kommission, T‑85/04) bejahte das Gericht erster Instanz die Zulässigkeit der Klage nur insoweit, als sie sich gegen die Entscheidung der Kommission über die Verabschiedung der streitigen Beurteilung richtete; diese Entscheidung hob es sodann mit der Begründung auf, dass die Kommission dadurch gegen die von ihr am 26. April 2002 erlassenen Allgemeinen Durchführungsbestimmungen zu Art. 43 des Statuts (im Folgenden: ADB 43) verstoßen habe, dass sie für die Zwecke der Erstellung der Beurteilung lediglich die Anhörung des früheren Vorgesetzten des Klägers beim Amt für Veröffentlichungen vorgesehen habe, da es an einer Teilbeurteilung und einer Gewichtung der Ansichten der jeweiligen Vorgesetzten des Klägers gefehlt habe. Eine solche Unregelmäßigkeit habe sich auf den Ablauf des Beurteilungsverfahrens in Bezug auf den Kläger und den Inhalt seiner Beurteilung entscheidend auswirken müssen.

23      Mit Urteil vom 30. Januar 2008 (Strack/Kommission, T‑394/04) hob das Gericht erster Instanz infolgedessen die Entscheidung über die Vergabe prioritärer Punkte an den Kläger für das Beförderungsverfahren 2003 und die Entscheidung, ihn in diesem Verfahren nicht zu befördern, auf. Da nämlich die Nichteinhaltung der ADB 43 im Beurteilungsverfahren für den Zeitraum 2001/2002 zur Aufhebung der Beurteilung des Klägers und somit zur Aufhebung der Vergabe der Verdienstpunkte für diesen Zeitraum geführt habe, habe sich diese Unregelmäßigkeit auf die Entscheidung über die Vergabe von prioritären Punkten an den Kläger und die darauf ergangene Entscheidung, ihn nicht zu befördern, maßgebend auswirken müssen.

 Ablehnung der Bewerbung des Klägers um die Stelle eines Referatsleiters im Amt für Veröffentlichungen

24      Am 15. April 2004 bewarb sich der Kläger um die Stelle eines Leiters des Referats „Ausschreibungen und Verträge“ beim Amt für Veröffentlichungen. Seine Bewerbung, die nicht in der vom Auswahlgremium erstellten „Shortlist“ enthalten war, wurde nicht angenommen, da der Generaldirektor des Amts für Veröffentlichungen in seiner Eigenschaft als Anstellungsbehörde Herrn A für die Besetzung der in Rede stehenden Stelle auswählte. Mit Urteil vom 25. September 2008 (Strack/Kommission, F‑44/05) wies das Gericht die Klage als unzulässig ab, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Ernennung von Herrn A richtete, und hob die Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung des Klägers gestützt auf einen der fünf Klagegründe – Verstoß gegen Art. 2 Abs. 3 des Beschlusses K(2004) 1597 der Kommission vom 28. April 2004 betreffend die mittlere Führungsebene, veröffentlicht in den Verwaltungsmitteilungen Nr. 73‑2004 vom 23. Juni 2004 – auf, da das Vorauswahlgremium nicht mit einem Mitglied aus einer anderen Generaldirektion besetzt gewesen sei. Darüber hinaus verurteilte es die Kommission, dem Kläger 2 000 Euro als Ersatz des immateriellen Schadens zu zahlen, der darin bestehe, dass ihm das Recht auf eine unter rechtmäßigen Umständen vorgenommene Prüfung seiner Bewerbung genommen worden sei.

25      Mit Urteil vom 9. Dezember 2010 hob das Gericht der Europäischen Union das Urteil vom 25. September 2008 teilweise auf und verwies die Sache zur Entscheidung u. a. über die Anträge auf Aufhebung der Entscheidung, Herrn A auf die Stelle eines Leiters des Referats „Ausschreibungen und Verträge“ des Amts für Veröffentlichungen zu ernennen, und der Entscheidung, die Bewerbung des Klägers auf diese Stelle abzulehnen, sowie über den Antrag auf Ersatz des vom Kläger geltend gemachten immateriellen Schadens in Höhe von 2 000 Euro zurück an das Gericht für den öffentlichen Dienst. Diese Sache ist noch beim Gericht anhängig.

 Versetzung des Klägers in den Ruhestand und Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit gemäß den Art. 73 und 78 des Statuts

26      Am 14. März 2005 stellte der in Art. 53 des Statuts genannte Invaliditätsausschuss fest, dass der Kläger dauernd voll dienstunfähig geworden sei und deshalb einen Dienstposten seiner Funktionsgruppe nicht wahrnehmen könne und dass er aus diesem Grund gezwungen sei, seinen Dienst bei der Kommission einzustellen. Der Invaliditätsausschuss stellte außerdem klar, dass ein möglicher Zusammenhang zwischen der Dienstunfähigkeit und der vorherigen beruflichen Tätigkeit des Klägers noch von ihm erörtert werden müsse, sobald die einschlägigen Unterlagen verfügbar seien.

27      Inzwischen hatte der Kläger mit E‑Mail vom 7. März 2005 an die Kommission die Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit gemäß Art. 73 des Statuts beantragt. Zur Begründung seines Antrags berief er sich insbesondere auf das Mobbing, dem er durch seine Vorgesetzten ausgesetzt gewesen sei.

28      Mit Schreiben vom 21. März 2005 informierte die Kommission den Kläger über die wesentlichen Abschnitte des eingeleiteten Verfahrens nach Art. 73 des Statuts. Sie teilte ihm insbesondere mit, dass eine Untersuchung zunächst vom Medizinischen Dienst und sodann vom Untersuchungs- und Disziplinaramt (IDOC) vorgenommen werde, in Anbetracht seiner Behauptung, dass seine Krankheit auf das Mobbing zurückzuführen sei, dem er bei seiner Arbeit ausgesetzt gewesen sei.

29      Mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 31. März 2005, die am selben Tag wirksam wurde, wurde der Kläger in den Ruhestand versetzt, und ihm wurde ein Invalidengeld gemäß Art. 78 Abs. 3 des Statuts bewilligt.

30      Am 1. Juli 2005 beantragte die Kommission beim IDOC die Einleitung einer Verwaltungsuntersuchung.

31      Am 12. Oktober 2005 teilte die Kommission dem Kläger mit, dass der von der Anstellungsbehörde benannte Arzt ihn zu untersuchen wünsche. Diese Untersuchung fand am 14. Dezember 2005 statt.

32      Am 6. Februar 2006 wurde der Bericht des IDOC über die Arbeitsbedingungen des Klägers der Kommission übermittelt.

33      Am 23. Februar 2006 teilte der von der Anstellungsbehörde benannte Arzt, der eine psychiatrische Begutachtung des Klägers für notwendig befand, der Kommission mit, dass der Kläger von einem Psychiater für den 14. April 2006 einbestellt worden sei.

34      Am 16. Oktober 2006 stellte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 1 des Statuts einen Antrag auf Zahlung eines Vorschusses im Rahmen des Verfahrens zur Anerkennung seiner Krankheit als Berufskrankheit.

35      Mit Schreiben vom 8. November 2006 teilte ihm die Kommission mit, sie erkenne an, dass sich sein Gesundheitszustand seit der ärztlichen Untersuchung, der er sich unterzogen habe, verschlechtert habe und dass ihm infolgedessen die unmittelbar mit der Verschlimmerung zusammenhängenden Kosten für ärztliche Behandlung gemäß Art. 73 des Statuts bis zum Zeitpunkt der Konsolidierung erstattet würden. Aus den Schlussfolgerungen des von der Kommission benannten Arztes, die diesem Schreiben beigefügt waren, ergab sich außerdem, dass noch keine Konsolidierung eingetreten sei und eine neue Beurteilung dieser Frage erst nach Ablauf von zwei Jahren erfolgen könne. In dem Schreiben wurde zudem darauf hingewiesen, dass der Kläger die Verwaltung gemäß Art. 19 der Gemeinsamen Regelung über die Entwicklung seines Gesundheitszustands unterrichten müsse.

36      Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 beantragte der Kläger erneut die Zahlung eines Vorschusses nach Art. 19 der Gemeinsamen Regelung. Er begründete diesen Antrag wie folgt: „Im Hinblick auf meine Invalidisierung und auf die vorliegenden Gutachten liegen die Voraussetzungen für die Gewährung dieses Vorschusses unzweifelhaft vor. Hiermit könnten außerdem die Auswirkungen der derzeit bestehenden Verfahrensverzögerungen zumindest abgemindert und so eine Konsolidierungsentwicklung begünstigt werden“.

37      Mit Schreiben vom 12. Januar 2007 antwortete der Direktor der Direktion „Statut: Politik, Verwaltung und Beratung“ der GD „Personal und Verwaltung“, dass dieser Antrag bereits im Zusammenhang mit dem anhängigen Verfahren auf Anerkennung der Berufsbedingtheit der Erkrankung am 16. Oktober 2006 gestellt worden sei, und stellte eine Entscheidung des Amts für die Feststellung und Abwicklung individueller Ansprüche (PMO) vor dem 26. Februar 2007 in Aussicht (im Folgenden: Schreiben vom 12. Januar 2007).

38      Mit Schreiben vom 26. Februar 2007 erinnerte die Anstellungsbehörde unter Bezugnahme auf das Schreiben des Klägers vom 16. Oktober 2006 daran, dass eine Zahlung aufgrund des Art. 73 Abs. 2 des Statuts nur nach der Konsolidierung erfolgen könne und dass eine erneute Prüfung des Zustands um einen Zeitraum von zwei Jahren hinausgeschoben worden sei. Folglich lehnte sie die Zahlung einer Entschädigung vor Abschluss des Verfahrens zur Anerkennung einer Berufskrankheit ab (im Folgenden: Entscheidung vom 26. Februar 2007).

39      Nachdem schließlich der Invaliditätsausschuss am 23. Mai 2007 zu dem Ergebnis gelangt war, dass die Dienstunfähigkeit des Klägers auf einer Berufskrankheit beruhe, erließ die Anstellungsbehörde am 3. August 2007 eine neue Entscheidung, mit der die Entscheidung vom 31. März 2005 aufgehoben und ersetzt wurde, und gewährte dem Kläger ein Invalidengeld nach Art. 78 Abs. 5 des Statuts.

 Zum Antrag auf Mediation

40      Am 21. November 2006 wandte sich der Kläger per E‑Mail an den Präsidenten der Kommission mit dem Antrag, ein Mediationsverfahren durchzuführen. Er bezog sich in dieser E‑Mail auf die Gerichtsverfahren, die er bereits eingeleitet hatte, auf die Beschwerden, die er eingelegt hatte, auf die Beschwerden, die er dem Bürgerbeauftragten übermittelt hatte, sowie auf seine erfolglosen Anträge auf Zugang zu Dokumenten und Schadensersatz. Er erklärte seine Entschlossenheit, die Vorverfahren und streitigen Verfahren noch zehn Jahre oder länger weiterzubetreiben, und ermutigte die Kommission, sich für den Weg der Mediation zu entscheiden, um zu einer fairen und gerechten Einigung zu gelangen. Der Kläger sandte eine Kopie seiner E‑Mail an den Bürgerbeauftragten und forderte ihn auf, in dieser Streitigkeit eine aktive Rolle zu übernehmen.

41      Der stellvertretende Kabinettschef des Präsidenten der Kommission antwortete dem Kläger mit Schreiben vom 19. Dezember 2006, dass seine Forderung nach Mediation etwas im Widerspruch zu den von ihm angestrengten Gerichtsverfahren und der Drohung mit weiteren Gerichtsverfahren stehe.

42      Mit Schreiben vom 22. Dezember 2006 stellte der Kläger einen förmlichen Antrag auf Mediation nach den Art. 24 und 90 Abs. 1 des Statuts „zur Lösung und Beendigung der mit [ihm] bestehenden Konflikte und [zur] Ergreifung diesbezüglicher Maßnahmen zur Konfliktlösung“. Er fügte diesem Schreiben ein ärztliches Gutachten von Dr. P. bei, in dem dieser eine umfassende und schnellstmögliche Lösung der Konflikte für geboten hielt, um eine Stabilisierung des Gesundheitszustands des Klägers herbeizuführen, der sich ständig verschlechtere.

43      Mit Schreiben vom 12. Januar 2007 beschränkte sich der Leiter der Direktion „Statut: Politik, Verwaltung und Beratung“ der GD „Personal und Verwaltung“ darauf, den Kläger auf die Antwort des stellvertretenden Kabinettchefs des Präsidenten der Kommission vom 19. Dezember 2006 zu verweisen.

44      Am 9. April 2007 legte der Kläger gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde gegen die Entscheidungen vom 19. Dezember 2006 und 12. Januar 2007 betreffend den Komplex „Mediation“ und gegen die Entscheidungen vom 12. Januar und 26. Februar 2007 betreffend den Komplex „Vorschuss nach Art. 73 des Statuts“ ein.

45      Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 20. Juli 2007, die dem Kläger mit E‑Mail vom 23. Juli 2007 bekannt gegeben wurde (im Folgenden: Entscheidung vom 20. Juli 2007), zurückgewiesen. Auf diese Zurückweisungsentscheidung folgten erläuternde E‑Mails vom 24. Juli und 3. September 2007.

 Anträge der Parteien und Verfahren

46      Der Kläger beantragt,

–        die Entscheidungen der Kommission vom 30. Mai 2005, 19. Dezember 2006, 12. Januar 2007 und 20. Juli 2007 insoweit aufzuheben, als darin die Durchführung eines unabhängigen Mediationsverfahrens über sämtliche zwischen ihm und der Beklagten bestehenden Konflikte sowie eine unverzügliche Intervention der Beklagten und die Ergreifung von Konfliktlösungsmaßnahmen abgelehnt wurden;

–        die Entscheidungen der Kommission vom 26. Februar 2007 und 20. Juli 2007 insoweit aufzuheben, als darin die Zahlung eines Vorschusses nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung abgelehnt wurde;

–        die Kommission zu verurteilen, an ihn eine Schadensersatzzahlung in angemessener Höhe, mindestens jedoch 15 000 Euro, für den durch die auf die vorstehenden Anträge hin aufzuhebenden Entscheidungen bei ihm entstandenen moralischen, immateriellen und gesundheitlichen Schaden zu leisten, zuzüglich Verzugszinsen in Höhe von 2 Prozentpunkten pro Jahr über dem für den betreffenden Zeitraum für Hauptrefinanzierungsgeschäfte durch die Europäische Zentralbank festgesetzten Zinssatz ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

47      Die Kommission beantragt,

–        die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;

–        jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.

48      Mit gesondertem Schriftsatz, der am 22. Oktober 2007 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat der Kläger einen Antrag auf beschleunigtes Verfahren nach Art. 76a der zu diesem Zeitpunkt noch anwendbaren Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz gestellt. Das Gericht hat diesem Antrag nicht stattgegeben.

49      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 16. November 2007 ist die vorliegende Rechtssache der Ersten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

50      Mit Schreiben vom 16. November 2007 hat die Kanzlei die Parteien zu einer Güteverhandlung am 4. Dezember 2007 geladen, um eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits herbeizuführen, wofür das Gericht das Erscheinen des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten sowie eines Vertreters der Anstellungsbehörde und des Bevollmächtigten der Kommission, die beide mit einer Vollmacht zum Abschluss eines Vergleichs ausgestattet sein sollten, für wünschenswert hielt.

51      Nach der Güteverhandlung vom 4. Dezember 2007 haben die Parteien zu dem im Protokoll der Güteverhandlung enthaltenen Entwurf einer Einigung Stellung genommen, ohne sich jedoch auf den Wortlaut dieses Entwurfs einigen zu können.

52      Die Parteien sind zu einer zweiten Güteverhandlung geladen worden, die für den 6. März 2008, nach Rückkehr des Klägers aus dem Urlaub, anberaumt war. Der Kläger hat jedoch die Teilnahme abgesagt, da er in Anbetracht des Standpunkts der Kommission in einer erneuten Güteverhandlung keinen Sinn sah. Die Kommission hat bedauert, dass die Güteverhandlung wegen des Ausbleibens des Klägers nicht habe stattfinden können; gleichzeitig hat sie die Hoffnung geäußert, dass es zu einer Einigung komme, und sich bereit erklärt, an einer gütlichen Einigung mitzuwirken.

53      Mit Schreiben vom 5. Juni 2008 hat das Gericht den Parteien mitgeteilt, dass das schriftliche Verfahren mit der Einreichung der Klagebeantwortung am 29. Mai 2008 beendet war. Am 11. Juni 2008 hat der Kläger dennoch die Zulassung eines zweiten Schriftsatzwechsels beantragt. Das Gericht hat diesen Antrag am 1. Juli 2008 zurückgewiesen.

54      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichts vom 8. Oktober 2008 ist die Rechtssache der Zweiten Kammer des Gerichts zugewiesen worden.

55      Mit Schreiben vom 22. Oktober 2008 hat der Kläger das Gericht zur Zuweisung der vorliegenden Rechtssache an die Zweite Kammer befragt. Mit Schreiben vom 17. November 2008 hat ihm die Kanzlei mitgeteilt, dass diese Zuweisung auf einer am 30. September 2008 beschlossenen Neuorganisation des Gerichts beruhte.

56      Mit Schreiben vom 19. Dezember 2009 hat der Kläger insbesondere die Zuweisung der vorliegenden Rechtssache an die Zweite Kammer des Gerichts beanstandet und zu dem vorbereitenden Sitzungsbericht, der ihm am 7. Dezember 2009 übermittelt worden war, Stellung genommen. Die Kanzlei hat am 23. Dezember 2009 im Wesentlichen geantwortet, dass diese Stellungnahme bei der Abfassung des Urteils berücksichtigt werde.

57      Mit Schreiben vom 15. Januar 2010 hat der Kläger die Verbindung der vorliegenden Rechtssache mit seinen zu diesem Zeitpunkt anhängigen Klagen, eingetragen unter den Aktenzeichen F‑118/07, F‑120/07, F‑121/07, F‑132/07 und F‑62/09, beantragt. Mit gesondertem Schreiben vom selben Tag hat er in Bezug auf den Berichterstatter ein Ablehnungsgesuch eingereicht. Das Gericht hat den Verbindungsantrag mit Entscheidung vom 26. Januar 2010 zurückgewiesen und dies dem Kläger am 18. März 2010 mitgeteilt. Das Ablehnungsgesuch ist mit Entscheidung des Präsidenten des Gerichts vom 10. März 2010, die den Parteien mit Schreiben der Kanzlei vom 11. März 2010 zugestellt worden ist, zurückgewiesen worden.

58      Mit Schreiben vom 9. Februar 2010 hat der Kläger um Erläuterungen zur Zusammensetzung des Spruchkörpers und zur Ersetzung eines Richters, der dem Spruchkörper angehören sollte, gebeten. Die Kanzlei hat ihm diese Erläuterungen mit Schreiben vom 12. März 2010 erteilt.

 Rechtliche Würdigung

 Zur Klage, soweit sie gegen die Weigerung der Kommission, ein Mediationsverfahren einzuleiten, gerichtet ist

 Vorbringen der Parteien

59      Nach Ansicht der Kommission ist die Klage unzulässig, soweit sie die Ablehnung des Antrags betrifft, ein Mediationsverfahren einzuleiten.

60      Erstens enthalte das Schreiben vom 12. Januar 2007 keine eigenständige Entscheidung, weil es lediglich auf das Schreiben des stellvertretenden Kabinettschefs des Präsidenten der Kommission vom 19. Dezember 2006 Bezug nehme, ohne im Geringsten ein neues Element zu enthalten. Es stelle hinsichtlich des Antrags des Klägers auf Mediation daher keine beschwerende Maßnahme dar.

61      Das Schreiben des stellvertretenden Kabinettschefs des Präsidenten der Kommission vom 19. Dezember 2006 könne die Rechtsstellung des Klägers nicht beeinträchtigen. Der Kläger habe keinerlei Recht auf die Durchführung einer Mediation, die nach der Rechtsprechung gerade Sinn und Zweck des Beschwerdeverfahrens sei. Die vom Kläger vertretene Auslegung der Fürsorgepflicht, wonach die Beklagte zu einer Mediation verpflichtet sei, um die ursprünglich vom Kläger eingeleiteten Konflikte zu regeln, würde das Gleichgewicht der Rechte und Pflichten, wie es in Art. 90 des Statuts niedergelegt sei, zugunsten der Beamten verschieben.

62      Ferner beruhe eine Mediation auf Freiwilligkeit und der Bereitschaft beider Seiten, eine außergerichtliche Lösung ihrer Streitigkeit zu finden. In einer Situation, in der der Kläger eine „Lawine von Prozessen und Beschwerden“ gegen mehrere Beamte der Kommission anstrenge, mit Anträgen auf Zugang zu Dokumenten und der Drohung mit der Einreichung weiterer Klagen, sofern die Kommission nicht einer Mediation zustimme, wäre eine Mediation aussichtslos.

63      Jedenfalls habe es der Kläger versäumt, gegen das Schreiben des stellvertretenden Kabinettschefs des Präsidenten der Kommission vom 19. Dezember 2006 gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts innerhalb von drei Monaten Beschwerde einzulegen. Der Kläger habe sich mit keinem Wort dazu geäußert, dass ihm dieses Schreiben erst am 9. Januar 2007 zugegangen sei, während alle anderen Schreiben, die die Kommission an ihn gesandt habe, innerhalb von wenigen Tagen umgehend zugegangen seien.

64      In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger erwidert, dass ein Aufhebungsurteil in der vorliegenden Rechtssache die Kommission dazu veranlassen könnte, in einen konstruktiven Dialog mit ihm einzutreten, um eine umfassende außergerichtliche Lösung für die verschiedenen zwischen den Parteien bestehenden Rechtsstreitigkeiten herbeizuführen.

 Würdigung durch das Gericht

65      Es ist darauf hinzuweisen, dass die Mediation ein freiwilliges Verfahren zur Konfliktregelung ist und dass der vorliegenden Klage ein erfolgloses Beschwerdeverfahren vorausgegangen ist, bei dem es gerade darum ging, den Parteien eine außergerichtliche Beilegung des Streits zu ermöglichen. Auch wenn die Weigerung einer Partei, sich an einem solchen Verfahren zu beteiligen, die Gegenseite beschweren könnte, wäre daher die Aufhebung der Weigerung der Kommission nur von hypothetischem Interesse, da diese Aufhebung, wie der Kläger im Übrigen eingeräumt hat, die Kommission nicht dazu zwingen könnte, einer Mediation zuzustimmen.

66      Daher ist die Aufhebungsklage unzulässig, soweit sie gegen die Weigerung der Kommission, ein Mediationsverfahren einzuleiten, gerichtet ist.

 Zur Klage, soweit sie gegen die Weigerung der Kommission, einen Vorschuss zu zahlen, gerichtet ist

 Vorbringen der Parteien

67      Der Kläger ist der Ansicht, die Kommission habe dadurch, dass sie es abgelehnt habe, einen Vorschuss nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung zu zahlen, nicht nur gegen diese Bestimmung verstoßen, sondern auch gegen den Art. 73 des Statuts und die Art. 15 ff. der Gemeinsamen Regelung, gegen die ihr obliegende Fürsorgepflicht, den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und das Verbot des Ermessensmissbrauchs sowie gegen mehrere Grundrechte, nämlich das Recht auf körperliche Unversehrtheit, das Recht auf Achtung des Privatlebens und das Recht auf effektiven Rechtsschutz, die alle in Art. 3 Abs. 1 und den Art. 7, 41 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union sowie den Art. 8 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten verbrieft seien. Der Kläger beruft sich zudem auf eine gegen Art. 25 des Statuts verstoßende Unzulänglichkeit der Begründung.

68      Entgegen der Auffassung der Kommission sei der Vorschuss auch bei noch nicht eingetretener Konsolidierung zu zahlen. Der Kläger fügt hinzu, dass er am 26. Februar 2007 bereits seit 1 091 Tagen nicht mehr im Dienst gewesen sei, dass ihm die Kommission selbst die vollständige und dauerhafte Dienstunfähigkeit nach Art. 78 des Statuts bescheinigt habe und dass sein Gesundheitszustand und dessen Prognose im zu jenem Zeitpunkt aktuellsten Gutachten wie folgt beschrieben worden sei: „Angesichts der, durch den seit mehreren Jahren andauernden starken Konflikt bei [dem Kläger] entstandenen, psychischen und psychosomatischen Schädigungen ist eine Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Patienten auch langfristig allerdings als äußerst unwahrscheinlich einzustufen.“

69      Der Kläger widerspricht auch der Aussage in der Entscheidung vom 20. Juli 2007, wonach durch seine Versetzung in den Ruhestand nach der Stellungnahme des Ärzteausschusses eine Verbesserung seines Zustands und ein berufsbedingter Invaliditätsgrad von weniger als 20 % zu erwarten seien. Diese Aussage sei unwahr und stehe im Widerspruch zur Entscheidung der Kommission vom 8. November 2006, zur Entscheidung des Invaliditätsausschusses vom 23. März 2007 und zur Entscheidung der Kommission vom 3. August 2007, in denen ihm die Berufsbedingtheit seiner Erkrankung bestätigt worden sei, ohne dass hieran irgendwelche prozentualen oder sonstigen Einschränkungen geknüpft worden seien. Der Gerichtshof habe im Urteil vom 4. Oktober 1991 (Kommission/Gill, C‑185/90 P) entschieden, dass der Begriff der Berufskrankheit im Sinne der Art. 73 und 78 des Statuts einheitlich sei (Randnr. 16) und dass die Entscheidung über das Vorliegen einer Berufskrankheit und die Krankheitsursache medizinische Fragen seien, hinsichtlich deren Gericht und Kommission an die Entscheidung der Invaliditätskommission gebunden seien (Randnr. 25). In der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde habe sich die Kommission aber eine eigene medizinische Beurteilung angemaßt.

70      Zudem habe es im vorliegenden Fall keine Stellungnahme des Ärzteausschusses gegeben. Die Kommission habe dem Kläger nämlich nie, zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens, einen Entscheidungsentwurf zugestellt, gegen den er den Ärzteausschuss hätte anrufen können. Nach der Rechtsprechung sei es aber der Zweck der Regelung, den Beamten eine doppelte Untersuchung zu garantieren, zunächst durch einen Vertrauensarzt des Organs und sodann, wenn keine Einigung erzielt werde, durch einen Ärzteausschuss, für den jede der Parteien einen Arzt ihres Vertrauens benenne; die Interessen des Beamten würden dadurch gewahrt, dass dem Ärzteausschuss ein Arzt seines Vertrauens angehöre und der dritte Arzt von den beiden jeweils von einer Partei benannten Ärzten einvernehmlich oder, wenn keine Einigung erzielt werde, durch den Präsidenten des Gerichtshofs benannt werde (Urteile des Gerichtshofs vom 14. Juli 1981, Suss/Kommission, C‑186/80, Randnrn. 8 und 9, und vom 19. Januar 1988, Biedermann/Rechnungshof, 2/87, Randnr. 10). Der Zweck der Regelung bestehe darin, die endgültige Beurteilung aller medizinischen Fragen, die sich im Rahmen des Funktionierens des Versicherungssystems stellten, medizinischen Sachverständigen zu übertragen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 9. Juli 1997, S/Gerichtshof, T‑4/96, Randnr. 40). Dieser Zweck müsse auch auf die Frage der Konsolidierung und der Einschätzung des Invaliditätsgrads durchschlagen, da die Kommission, wie das Gericht erster Instanz festgestellt habe (Urteil vom 26. September 1990, F/Kommission, T‑122/89, Randnrn. 31 ff.), an ärztlichen Sachverstand gebunden sei. Die Kommission hätte daher auf den Antrag des Klägers auf Bewilligung des Vorschusses hin nach ärztlicher Stellungnahme einen Entscheidungsentwurf verfassen müssen, gegen den der Kläger den Ärzteausschuss hätte anrufen können.

71      Die Gutachten der von der Kommission beauftragten Ärzte hätten keinerlei Aussagen darüber enthalten, dass der Invaliditätsgrad des Klägers unter 20 % liege oder seine völlige Heilung zu erwarten sei.

72      Die Kommission trägt vor, Voraussetzung für die Zahlung eines Vorschusses gemäß Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung sei ein „unstreitiger Grad dauernder Dienstunfähigkeit“. Der Wortlaut und der Zusammenhang der Bestimmung zeigten, dass es sich hierbei um eine nach Abschluss der Heilbehandlung dauerhaft verbleibende Teilinvalidität in Form einer Berufsunfähigkeit handeln müsse.

73      Nach Art. 73 Abs. 2 des Statuts komme es nur „bei dauernder Teilinvalidität“ zu einer Auszahlung der Kapitalsumme. Dies bedeute, dass es sich bei dem Grad der Dienstunfähigkeit um einen dauernden Invaliditätsgrad handeln müsse, der sich infolge von Heilbehandlungen nicht mehr wesentlich verringern könne.

74      Mit der Kapitalsumme nach Art. 73 Abs. 2 des Statuts sollten dauerhafte Schädigungen der Gesundheit entschädigt werden, selbst wenn der betroffene Beamte wieder voll dienstfähig sein sollte, während Art. 78 des Statuts vor allem den Zweck habe, bei nicht nur vorübergehender Krankheit eines Beamten den Dienstposten neu zu besetzen, um die Kontinuität der Verwaltung sicherzustellen und zugleich die finanziellen Interessen des Beamten zu schützen, indem ein Invalidengeld gezahlt werde. Art. 25 der Gemeinsamen Regelung stelle entsprechend klar, dass die beiden Regelungen der Art. 73 und 78 des Statuts vollkommen unabhängig voneinander seien.

75      Aus der in der vorstehenden Randnummer dargestellten Unterscheidung ergebe sich, dass gemäß Art. 19 Abs. 3 der Gemeinsamen Regelung die Entscheidung nach Art. 73 Abs. 2 über die Auszahlung der Kapitalsumme erst getroffen werden könne, wenn die Folgen des Unfalls oder der Berufskrankheit konsolidiert seien, d. h., dass sie sich stabilisiert hätten oder abzusehen sei, dass sie sich nur noch sehr langsam und in sehr begrenztem Umfang abschwächen würden. Dies habe das Gericht erster Instanz im Urteil vom 21. Mai 1996, W/Kommission (T‑148/95, Randnrn. 36 und 37), entschieden.

76      Die Vorschussregelung nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung sei eine Abmilderung der Konsolidierungsregel: In Fällen, in denen bereits sehr früh feststehe, dass der Beamte in jedem Fall zu einem bestimmten Grad dauerhaft beeinträchtigt sei, könne bereits ein Teil der Kapitalsumme ausgezahlt werden, auch wenn sein Gesamtzustand noch nicht konsolidiert sei. Ein Vorschuss nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung könne daher nur gewährt werden, wenn ein „unstreitiger Grad dauernder Dienstunfähigkeit“ bestehe. Dies sei in der Rechtssache, in der das Urteil Suss/Kommission (oben in Randnr. 69 angeführt) ergangen sei, gerade der Fall gewesen.

77      Im vorliegenden Fall habe der Kläger aber weder mit der Stellung seines Antrags auf Zahlung des Vorschusses noch später geltend gemacht, dass ein solcher „unstreitiger Grad dauernder Dienstunfähigkeit“ vorgelegen habe.

78      Die Entscheidung vom 20. Juli 2007 stelle hinreichend klar, dass mangels Konsolidierung des psychischen Zustands des Klägers keine dauernde Dienstunfähigkeit vorliege. Auch im Nachgang zu dieser Entscheidung sei die Rechtslage durch einen E‑Mail-Wechsel ausreichend geklärt worden.

79      Mangels jeglicher Anhaltspunkte für einen dauernden Grad der Invalidität des Klägers bzw. die Konsolidierung seines Zustands habe die Anstellungsbehörde daher nicht das Verfahren nach den Art. 18 bis 20 der Gemeinsamen Regelung einzuhalten brauchen. Vielmehr habe sie den Kläger korrekt auf ihr Schreiben vom 8. November 2006 verwiesen, wonach bei Wegfall der beruflichen Situation eine Heilung hin zum vorbestehenden Zustand zu erwarten sei und derzeit noch keine Konsolidierung vorliege.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sie gegen die Entscheidung der Anstellungsbehörde vom 20. Juli 2007 gerichtet ist

80      Der Kläger beantragt zum einen die Aufhebung der Entscheidung vom 26. Februar 2007, mit der abgelehnt wurde, ihm einen Vorschuss nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung zu zahlen, und zum anderen die Aufhebung der Entscheidung vom 20. Juli 2007, mit der seine Beschwerde zurückgewiesen wurde.

81      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass formal gegen die Zurückweisung einer Beschwerde gerichtete Aufhebungsanträge bewirken, dass das Gericht mit der Handlung befasst wird, gegen die die Beschwerde gerichtet ist, wenn diese Anträge als solche keinen eigenständigen Gehalt haben (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofs vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Randnr. 8; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. April 2006, Camόs Grau/Kommission, T‑309/03, Randnr. 43, und Urteil des Gerichts vom 11. Dezember 2008, Reali/Kommission, F‑136/06, Randnr. 37).

82      Auch wenn dem Kläger ein Interesse daran, gleichzeitig mit der Aufhebung der ihn beschwerenden Entscheidung auch die Aufhebung der Entscheidung über die Zurückweisung seiner Beschwerde zu beantragen, nicht abgesprochen werden kann, ist daher davon auszugehen, dass sich die Klage gegen die Entscheidung vom 26. Februar 2007 richtet.

–       Zur Begründetheit der Klage, soweit sie gegen die Entscheidung vom 26. Februar 2007 gerichtet ist

83      Die Kommission hat im Wesentlichen entschieden, dem Kläger die Gewährung eines Vorschusses nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung mit der Begründung zu versagen, dass er zum einen nicht geltend gemacht habe, dass ein „unstreitiger Grad dauernder Dienstunfähigkeit“ im Sinne von Art. 73 des Statuts vorgelegen habe, und zum anderen die Folgen der fraglichen Berufskrankheit nicht konsolidiert seien.

84      Wie die Kommission vorgetragen hat, hat der Kläger in seinem Antrag vom 22. Dezember 2006 (Randnr. 36 des vorliegenden Urteils) tatsächlich nicht ausdrücklich vorgetragen, dass ein „unstreitiger Grad dauernder Dienstunfähigkeit“ vorgelegen habe, der die Zahlung eines Vorschusses nach der Gemeinsamen Regelung rechtfertige. Jedoch wollte der Kläger mit diesem Antrag notwendigerweise geltend machen, dass ein solcher Grad gegeben war. Außerdem hat er in seinem Schreiben vom 22. Dezember 2006 angegeben, dass die Voraussetzungen für die Gewährung des Vorschusses angesichts der zu seinem Gesundheitszustand bereits erstellten Gutachten erfüllt seien.

85      Zudem sind die Verpflichtungen, die sich aus der Fürsorgepflicht ergeben, erheblich strenger, wenn es um die Situation eines Beamten geht, dessen psychische Gesundheit erwiesenermaßen beeinträchtigt ist. In einem solchen Fall muss die Verwaltung die Anträge des betreffenden Beamten mit besonderer Offenheit prüfen. Hierzu war sie im vorliegenden Fall umso mehr verpflichtet, als die Verschlechterung des Gesundheitszustands des Klägers nicht bestritten wurde und ein Psychiater, der ihn behandelte, am 19. Dezember 2006 darauf aufmerksam gemacht hatte, dass „[m]edizinisch … daher eine sofortige Intervention zur Lösung und Beendigung der zu Grunde liegenden Konflikte geboten ist“.

86      Daher durfte sich die Kommission nicht darauf zurückziehen, dass der Kläger in seinem Antrag vom 22. Dezember 2006 einen „unstreitigen Grad dauernder Dienstunfähigkeit“ nicht förmlich geltend gemacht hatte.

87      Die Kommission trägt jedoch vor, sie habe in ihrem Schreiben vom 8. November 2006, dem der Kläger nicht widersprochen habe, klargestellt, dass eine Konsolidierung noch nicht eingetreten sei und dass eine erneute Beurteilung seines Gesundheitszustands erst nach Ablauf von zwei Jahren erfolgen könne.

88      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der Anspruch auf Zahlung einer Leistung im Sinne des Art. 73 Abs. 2 Buchst. c des Statuts nach Art. 19 der Gemeinsamen Regelung erst mit der Konsolidierung der Verletzungen entsteht, wobei Konsolidierung den Zustand eines Verletzten beschreibt, dessen körperliche Verletzungen sich so stabilisiert haben, dass eine Heilung oder Besserung nicht mehr möglich erscheint und eine Behandlung grundsätzlich nicht mehr angezeigt ist, außer um eine Verschlechterung zu verhindern (Urteil W/Kommission, oben in Randnr. 75 angeführt, Randnr. 36).

89      Gerade weil die Leistung nach Art. 73 Abs. 2 Buchst. c des Statuts erst nach dieser Konsolidierung gezahlt werden kann, eröffnet Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung jedoch einen Anspruch auf Gewährung eines Vorschusses. Wie jedoch die Kommission betont, setzt die Gewährung eines Vorschusses das Vorliegen eines „unstreitigen Grads dauernder Dienstunfähigkeit“ voraus.

90      Im vorliegenden Fall lässt sich weder dem Schreiben vom 8. November 2006 noch seiner Anlage entnehmen, dass es unmöglich war, vor der Gesamtkonsolidierung des Gesundheitszustands des Klägers einen „unstreitigen Grad“ seiner dauernden Dienstunfähigkeit festzustellen. Dies gilt umso mehr, als die Kommission nicht nachgewiesen hat, dass sie die Ärzte, die sie hinzugezogen hatte, bevor sie den im oben genannten Schreiben zum Ausdruck gebrachten Standpunkt eingenommen hat, eindeutig um eine Stellungnahme zum Vorliegen eines solchen „unstreitigen Grads dauernder Dienstunfähigkeit“ gebeten hat.

91      Die Kommission hat sich in der mündlichen Verhandlung allerdings auf die gängige medizinische Praxis berufen, wonach psychische Probleme infolge von Mobbing grundsätzlich als heilbar anzusehen seien. Die Entwicklung psychischer Probleme, die nicht mit einer physischen Beeinträchtigung zusammenhingen, sei jedoch in sehr geringem Umfang vorhersehbar, weshalb die Kommission für Probleme dieser Art in der Praxis nie einen Vorschuss gewährt habe; die gängige medizinische Praxis sehe vielmehr einen Konsolidierungszeitraum von mindestens zwei Jahren vor, auch wenn häufig mit einer viel längeren Dauer zu rechnen sei.

92      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Frage, die durch den Antrag des Klägers vom 22. Dezember 2006 auf Vorschusszahlung aufgeworfen wurde, keine rechtliche oder administrative, sondern eine medizinische war. Im Übrigen begründet die Kommission selbst ihre Antwort bezüglich der fehlenden Konsolidierung mit der medizinischen Praxis, die in Anbetracht der vorstehenden Erläuterungen überdies nicht zwingend erscheint.

93      Aus der Systematik der Gemeinsamen Regelung, insbesondere ihren Art. 19 Abs. 3 und Art. 20, folgt aber, dass eine medizinische Beurteilung ausschließlich von Medizinern vorzunehmen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Gill, oben in Randnr. 69 angeführt, Randnr. 24). Folglich hätten die Verwaltung und insbesondere die Anstellungsbehörde vor Ablehnung des Antrags des Klägers in entsprechender Anwendung der Art. 18 bis 20 der Gemeinsamen Regelung medizinische Sachverständige, den Vertrauensarzt und gegebenenfalls den Ärzteausschuss hinzuziehen müssen.

94      Die Kommission hat allerdings in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, dass der Kläger die Verwaltung in unannehmbarer Weise mit Anträgen überhäufe, und sie deshalb keine neue Stellungnahme eines Arztes eingeholt habe. Auch wenn der Verwaltung zugestanden werden kann, dass sie versucht, einen Beamten von missbräuchlichen Eingaben abzubringen, durfte die Kommission im vorliegenden Fall jedoch weder den Gesundheitszustand des Klägers außer Acht lassen, der sich unstreitig verschlechterte, noch die Tatsache, dass der Psychiater, der den Kläger behandelte, es für unerlässlich hielt, die zu diesem Zeitpunkt bestehende Konfrontationssituation in eine Kooperationssituation umzuwandeln; die Kommission durfte schließlich auch den Umstand, dass, da sich der streitige Antrag auf die Dienstunfähigkeit des Betroffenen bezog, seine Art, hierauf zu reagieren, gerade unter Berücksichtigung seiner psychologischen Verfassung umsichtig geprüft werden musste, nicht außer Acht lassen.

95      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Kommission die Systematik von Art. 19 Abs. 4 und Art. 20 der Gemeinsamen Regelung sowie ihre Fürsorgepflicht dadurch missachtet hat, dass sie den Antrag des Klägers auf Zahlung eines Vorschusses abgelehnt hat, ohne einen Arzt hinzuzuziehen.

96      Der Klagegrund, der gegen die Entscheidung vom 26. Februar 2007 geltend gemacht wird, ist somit begründet. Daher ist diese Entscheidung aufzuheben.

 Zum Schadensersatzantrag

 Vorbringen der Parteien

97      Nach Ansicht des Klägers begründen die oben festgestellten Rechtsverstöße einen Amtsfehler, der die Haftung der Kommission auslösen kann. Sein Schaden bestehe in der aufgeschobenen Konsolidierung und der Verschärfung seiner Erkrankung. Auch materiell sei ihm mit der damit verbundenen Nichtauszahlung der nach Art. 73 des Statuts geschuldeten Beträge, einschließlich des nach Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung geschuldeten Vorschusses, ein Schaden entstanden, wobei eine Bezifferung der Schadenshöhe wegen des Verhaltens der Kommission und der Nichtbeachtung der Vorgaben der Gemeinsamen Regelung schwierig sei. Der immaterielle und gesundheitliche Schaden wird vom Kläger auf 1 500 Euro monatlich veranschlagt; er sei ab dem Zeitpunkt des Erlasses der ersten Entscheidung zu berechnen, mit der sein Antrag auf Regelung des Konflikts im Wege der Mediation abgelehnt worden sei. Bis zum Zeitpunkt der Klageerhebung habe sich dieser Schaden demnach auf 15 000 Euro belaufen.

98      Außerdem könnte das Gericht dem Kläger ermöglichen, sein Beamtenverhältnis „im Gegenzug“ mit einer Zubilligung von Schadensersatz aufzulösen, ohne finanzielle Einbußen für sich und seine Kranken- und Altersversorgung sowie die Versorgung seiner Kinder hinnehmen zu müssen.

99      Nach Ansicht der Kommission ist der Schadensersatzantrag wegen Rechtshängigkeit unzulässig, da er bereits Gegenstand der noch anhängigen Klage F‑118/07, Strack/Kommission, sei.

100    Im Übrigen seien die Unionsgerichte nicht befugt, über einen Antrag auf Ersatz eines Schadens zu entscheiden, der Folge einer Berufskrankheit sei, sofern dieser Schaden zugleich Gegenstand eines Verfahrens nach Art. 73 des Statuts sei oder grundsätzlich Gegenstand eines solchen Verfahrens sein könnte (Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2007, Giraudy/Kommission, F‑23/05, Randnr. 200).

101    Jedenfalls sei der Schadensersatzantrag aber unzulässig und unbegründet, weil der Kläger es in seiner Klageschrift unterlassen habe, gemäß Art. 44 Abs. 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts erster Instanz, der auf die vorliegende Klage noch anwendbar sei, die Gesamtheit der Anspruchsvoraussetzungen des Schadensersatzanspruchs mit hinreichender Genauigkeit darzulegen. Insbesondere werde nicht einmal ansatzweise begründet, warum die angegriffenen Entscheidungen kausal für die Fortführung des Beamtenverhältnisses seien und warum die Fortführung des Beamtenverhältnisses als Schaden zu bewerten sei.

 Würdigung durch das Gericht

102    Sofern die Argumentation des Klägers in Bezug auf den Schadensersatzantrag so verstanden werden könnte, dass er beantragt, das Beamtenverhältnis, soweit es zwischen ihm – als wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetztem Beamten – und der Kommission besteht, auflösen zu dürfen, ist zunächst festzustellen, dass dieser Antrag über die Zuständigkeit des Gerichts hinausgeht, das nach Art. 91 Abs. 1 des Statuts nur zur Aufhebung beschwerender Maßnahmen und zur Entscheidung vermögensrechtlicher Streitsachen befugt ist.

103    Was außerdem die von der Kommission erhobene Einrede der Rechtshängigkeit angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger in der beim Gericht anhängigen Rechtssache F‑118/07, Strack/Kommission, im Wesentlichen beantragt hat, die Kommission zum Ersatz des Schadens zu verurteilen,

–        den er in der Zeit vom 8. September 2006 bis 7. Oktober 2006 dadurch erlitten haben soll, dass die Kommission bis zu diesem Zeitpunkt keine rechtmäßige Entscheidung über seinen Antrag vom 7. März 2005 auf Anerkennung der Berufsbedingtheit seiner Erkrankung getroffen hat,

–        der ihm in der Zeit vom 1. November 2006 bis 31. Dezember 2006 durch rechtswidrige Handlungen der Kommission entstanden sein soll,

–        der ihm durch den Verzug der Zahlung der als Ersatz der oben genannten Schäden geschuldeten Beträge entstanden sein soll.

104    Es ist festzustellen, dass diese Schadensersatzanträge nicht denselben Gegenstand haben wie der vorliegende Schadensersatzantrag, der naturgemäß nur den Schaden betreffen kann, der aus der Entscheidung vom 26. Februar 2007 folgt, da ein Schaden nicht vor der Handlung, die ihn hervorgerufen hat, entstehen und einen Ersatzanspruch auslösen kann und diese Entscheidung nach den Zeiträumen erlassen wurde, auf die sich der Schadensersatzantrag der Klage F‑118/07 bezieht.

105    Außerdem ist zu bemerken, dass der in Randnr. 95 des vorliegenden Urteils festgestellte Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung und die Fürsorgepflicht nach dem Vorbringen des Klägers zwar dazu beigetragen hat, seine Krankheit zu verschlimmern und ihre Konsolidierung hinauszuzögern, Ersatz für diesen Schaden ist jedoch im Rahmen des Verfahrens nach Art. 73 des Statuts zu leisten (Urteil Giraudy/Kommission, oben in Randnr. 100 angeführt, Randnr. 200).

106    Im Übrigen kann der Kläger jedenfalls keine Verzugszinsen für die Verzögerung bei der Zahlung des von ihm beantragten Vorschusses beanspruchen, da sich aus der Prüfung des Klagegrundes, der zur Aufhebung der Entscheidung vom 26. Februar 2007 führt, nur ergibt, dass die Kommission vor Beantwortung des Antrags vom 22. Dezember 2006 einen Arzt hätte hinzuziehen müssen, und da den Schlussfolgerungen, zu denen dieser gelangt wäre, nicht vorgegriffen werden kann.

107    Soweit erforderlich, ist schließlich festzustellen, dass der vorliegende Schadensersatzantrag eng mit dem Aufhebungsantrag zusammenhängt. Daher kann der Kläger hinsichtlich der Weigerung der Kommission, ein Mediationsverfahren einzuleiten, keinen Schadensersatz beanspruchen, da die Anträge auf Aufhebung dieser Weigerung für unzulässig erklärt worden sind.

108    Folglich ist der Antrag auf Schadensersatz zurückzuweisen.

 Kosten

109    Der Kläger beantragt, die Kommission in jedem Fall auch dann zur Tragung sämtlicher Kosten zu verurteilen, wenn seine Klage als teilweise unzulässig oder unbegründet abgewiesen werde, da die Kommission ihm fürsorgepflichtwidrig trotz seines Antrags nicht eindeutig über die Bedeutung ihres Schreibens vom 8. November 2006 und den weiteren Gang des Verfahrens informiert und die vorliegende Klage durch die unwahren Aussagen in ihrer Entscheidung vom 20. Juli 2007 hinsichtlich der angeblichen Stellungnahme des Ärzteausschusses provoziert habe.

110    Nach Art. 122 der Verfahrensordnung finden die Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung über die Prozesskosten und Gerichtskosten nur auf die Rechtssachen Anwendung, die ab dem Inkrafttreten dieser Verfahrensordnung, d. h. ab 1. November 2007, beim Gericht anhängig gemacht worden sind. Die insoweit geltenden Bestimmungen der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union finden weiterhin entsprechende Anwendung auf die Rechtssachen, die beim Gericht vor diesem Zeitpunkt anhängig waren.

111    Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 88 der Verfahrensordnung tragen jedoch in den Streitsachen zwischen der Union und deren Bediensteten die Organe ihre Kosten selbst. Nach Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.

112    Da der Kläger mit seinen Anträgen teils unterlegen ist, soweit sein Antrag auf Aufhebung der Weigerung der Kommission, ein Mediationsverfahren einzuleiten, und sein Antrag auf Schadensersatz zurückgewiesen worden sind, ist zu prüfen, ob die Kosten zu teilen sind oder ob Gründe vorliegen, die es rechtfertigen, dem Antrag des Klägers gemäß den Bestimmungen des Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung des Gerichts der Europäischen Union stattzugeben.

113    Im vorliegenden Fall hat das Gericht entschieden, dass die Kommission dadurch u. a. gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen hat, dass sie den Antrag des Klägers auf Zahlung eines Vorschusses nicht einem Arzt zur Stellungnahme vorgelegt hat; es hat jedoch nicht festgestellt, dass sie dadurch gegen ihre Fürsorgepflicht verstoßen hat, dass sie, wie behauptet, nicht eindeutig über die Bedeutung ihres Schreibens vom 8. November 2006 informiert hat, in dem festgestellt wurde, dass eine Konsolidierung noch nicht eingetreten sei und eine erneute Beurteilung dieser Frage erst wieder nach Ablauf einer Frist von zwei Jahren erfolgen könne. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Kommission die vorliegende Klage durch unwahre Aussagen provoziert hat.

114    Das Gericht entscheidet daher aufgrund einer angemessenen Beurteilung der Umstände des Falles, dass die Kosten nicht in vollem Umfang der Kommission aufzuerlegen sind, sondern dass die Kommission neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Kosten des Klägers und der Kläger die andere Hälfte seiner Kosten zu tragen hat.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Zweite Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung der Europäischen Kommission vom 26. Februar 2007, mit der abgelehnt wurde, Herrn Strack einen Vorschuss im Sinne von Art. 19 Abs. 4 der Gemeinsamen Regelung zu zahlen, wird aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Kommission trägt neben ihren eigenen Kosten die Hälfte der Herrn Strack entstandenen Kosten.

4.      Herr Strack trägt die Hälfte seiner eigenen Kosten.

Tagaras

Van Raepenbusch

Rofes i Pujol

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. Februar 2011.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      H. Tagaras


* Verfahrenssprache: Deutsch.