Language of document :

Vorabentscheidungsersuchen des Tallinna Ringkonnakohus (Estland), eingereicht am 7. Januar 2020 – Sotsiaalministeerium/Innove SA

(Rechtssache C-6/20)

Verfahrenssprache: Estnisch

Vorlegendes Gericht

Tallinna Ringkonnakohus

Parteien des Ausgangsverfahrens

Berufungskläger: Sotsiaalministeerium

Berufungsbeklagte: Innove SA

Vorlagefragen

Sind die Art. 2 und 46 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge1 dahin auszulegen, dass sie nationalen Rechtsvorschriften – wie § 41 Abs. 3 des Riigihangete seadus (RHS) (Gesetz über das öffentliche Beschaffungswesen) – entgegenstehen, wonach der öffentliche Auftraggeber, wenn gesetzlich spezifische Anforderungen für die auf der Grundlage eines öffentlichen Auftrags auszuführenden Tätigkeiten festgelegt sind, in der Ausschreibungsbekanntmachung angeben muss, welche Registrierungen oder Tätigkeitserlaubnisse für die Qualifikation des Bieters erforderlich sind, zur Überprüfung der Erfüllung der besonderen gesetzlichen Anforderungen in der Ausschreibungsbekanntmachung die Vorlage eines Nachweises der Tätigkeitserlaubnis oder der Registrierung verlangen muss und den Bieter, wenn er nicht über die entsprechende Tätigkeitserlaubnis oder Registrierung verfügt, als nicht qualifiziert ablehnen muss?

Sind die Art. 2 und 46 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge zusammen dahin auszulegen, dass sie dem entgegenstehen, dass der öffentliche Auftraggeber bei einem den internationalen Schwellenwert überschreitenden Auftrag über die Beschaffung von Nahrungsmittelhilfe für die Bieter ein Auswahlkriterium festlegt, wonach alle Bieter unabhängig von ihrem bisherigen Tätigkeitsort bereits bei der Einreichung der Angebote über eine Tätigkeitserlaubnis oder eine Registrierung in dem Land verfügen müssen, in dem die Nahrungsmittelhilfe gewährt wird, selbst wenn der Bieter bisher nicht in diesem Mitgliedstaat tätig gewesen ist?

Bei Bejahung der vorstehenden Frage:

Sind die Art. 2 und 46 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge als Bestimmungen anzusehen, die so klar sind, dass der Grundsatz des Vertrauensschutzes dagegen nicht geltend gemacht werden kann?

Sind die Art. 2 und 46 der Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge dahin auszulegen, dass eine Situation, in der der öffentliche Auftraggeber bei einer öffentlichen Ausschreibung über Nahrungsmittelhilfe von den Bietern gemäß dem Lebensmittelgesetz verlangt, dass sie bereits zum Zeitpunkt der Einreichung des Angebots über eine Tätigkeitserlaubnis verfügen, als offensichtliche Verletzung der geltenden Bestimmungen, als Fahrlässigkeit oder als Unregelmäßigkeit angesehen werden kann, die der Geltendmachung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes entgegensteht?

____________

1 Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge (ABl. 2004, L 134, S. 114).