Language of document : ECLI:EU:C:2018:55

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MACIEJ SZPUNAR

vom 1. Februar 2018(1)

Rechtssache C325/16

Industrias Químicas del Vallés SA

gegen

Administración General del Estado,

Sapec Agro SA

(Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal Supremo [Oberster Gerichtshof, Spanien])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Landwirtschaft – Rechtsangleichung – Richtlinie 91/414/EWG – Richtlinie 2010/28/EU – Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln – Verfahren zur Neubewertung zugelassener Pflanzenschutzmittel durch die Mitgliedstaaten – Frist – Verlängerung“






I.      Einleitung

1.        Pflanzenschutzmittel, die zur Gattung der Pestizide gehören, sind nach der Richtlinie 91/414/EWG(2) Wirkstoffe und Zubereitungen, die einen oder mehrere Wirkstoffe enthalten, die insbesondere dazu bestimmt sind, Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse vor Schadorganismen zu schützen oder deren Einwirkung vorzubeugen oder Pflanzenerzeugnisse zu konservieren. Anhang I dieser Richtlinie bezeichnet die Wirkstoffe, die für die Anwendung in im Gebiet der Europäischen Union vermarkteten Pflanzenschutzmitteln zulässig sind(3). Metalaxyl, dessen Anwendungen namentlich als Fungizid zugelassen werden dürfen, ist einer der in diesen Anhang I aufgenommenen Stoffe.

2.        Nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 dürfen Pflanzenschutzmittel nur dann in einem Mitgliedstaat in den Verkehr gebracht und angewendet werden, wenn sie von den zuständigen Behörden dieses Mitgliedstaats gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen wurden. Für diese Zulassung sah Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28/EU(4) eine Frist bis zum 31. Dezember 2010 vor, um den Mitgliedstaaten zu ermöglichen, geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Metalaxyl als Wirkstoff enthalten, gegebenenfalls nach Maßgabe der Richtlinie 91/414 zu ändern oder zu widerrufen.

3.        Mit der vorliegenden Vorlage zur Vorabentscheidung ersucht das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) den Gerichtshof erstmals um Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 und fragt ihn insbesondere nach der genauen Rechtsnatur der in diesem Artikel vorgesehenen Frist.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

1.      Richtlinie 91/414

4.        Art. 6 Abs. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„Ein Mitgliedstaat trägt nach Eingang eines Antrags auf Aufnahme eines Wirkstoffes in Anhang I unverzüglich dafür Sorge, dass der Antragsteller den anderen Mitgliedstaaten und der Kommission Unterlagen, von denen anzunehmen ist, dass sie den Anforderungen von Anhang II genügen, sowie zu mindestens einer Zubereitung, die diesen Wirkstoff enthält, Unterlagen gemäß Anhang III übermittelt. Die Kommission befasst den in Artikel 19 genannten Ständigen Ausschuss für Pflanzenschutz mit der Prüfung der Unterlagen.“

5.        In Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414 heißt es:

„Abweichend von Artikel 4 kann ein Mitgliedstaat unbeschadet des Absatzes 3 und der Richtlinie 79/117/EWG während eines Zeitraums von zwölf Jahren vom Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie an zulassen, dass in seinem Gebiet Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, die nicht in Anhang I aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Handel sind.

…“

6.        Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 3 dieser Richtlinie lautet:

„Nach der Prüfung eines Wirkstoffs durch den in Artikel 19 genannten Ausschuss kann innerhalb des im ersten Unterabsatz genannten Zeitraums von zwölf Jahren nach dem Verfahren desselben Artikels entschieden werden, dass und unter welchen Voraussetzungen der Wirkstoff in Anhang I aufgenommen werden kann bzw. dass er, wenn die Anforderungen des Artikels 5 nicht erfüllt oder die angeforderten Informationen und Angaben nicht fristgerecht vorgelegt worden sind, nicht in Anhang I aufgenommen wird. Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreffenden Zulassungen in einem vorgeschriebenen Zeitraum erteilt, widerrufen bzw. geändert werden.“

7.        Art. 13 Abs. 1 Buchst. a und b, Art. 13 Abs. 3 Buchst. d und Art. 13 Abs. 6 der Richtlinie 91/414 bestimmen:

„(1)      Die Mitgliedstaaten schreiben unbeschadet des Artikels 10 vor, dass einem Antrag auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels Folgendes beizufügen ist:

a)      Unterlagen, die nach dem Stand der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse die Anforderungen von Anhang III erfüllen [im Folgenden: Unterlagen nach Anhang III], und

b)      für jeden Wirkstoff in einem Pflanzenschutzmittel Unterlagen, die nach dem Stand der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse die Anforderungen von Anhang II erfüllen [im Folgenden: Unterlagen nach Anhang II].

(3)      Bei der Gewährung von Zulassungen greifen die Mitgliedstaaten nicht zugunsten anderer Antragsteller auf die Angaben nach Anhang II zurück:

d)      während eines Zeitraums von fünf Jahren nach dem Zeitpunkt der Entscheidung im Anschluss an den Eingang weiterer Angaben, die für die erste Aufnahme in Anhang I oder für die Änderung der Bedingungen für die Aufnahme bzw. die Beibehaltung eines Wirkstoffs in Anhang I erforderlich sind, es sei denn, dass der Fünfjahreszeitraum früher endet als der Zeitraum nach Absatz 3 Buchstaben b) und c): in diesem Fall wird der Fünfjahreszeitraum in der Weise ausgedehnt, dass er am selben Tag wie die genannten Zeiträume endet.

(6)      Unbeschadet des Absatzes 1 können die Mitgliedstaaten auf Wirkstoffe, die sich zwei Jahre nach der Bekanntgabe dieser Richtlinie bereits im Verkehr befinden, unter Einhaltung der Bestimmungen des Vertrages weiterhin die bisherigen innerstaatlichen Anforderungen für die Vorlage von Angaben anwenden, solange diese Stoffe nicht in Anhang I aufgenommen worden sind.“

2.      Richtlinie 2010/28

8.        Die Erwägungsgründe 7 bis 9 der Richtlinie 2010/28 lauten:

„(7)      Vor der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I ist eine angemessene Frist einzuräumen, um es den Mitgliedstaaten und den Betroffenen zu ermöglichen, sich auf die sich daraus ergebenden neuen Anforderungen vorzubereiten.

(8)      Unbeschadet der in der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten Verpflichtungen, die sich aus der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I ergeben, sollte den Mitgliedstaaten nach der Aufnahme ein Zeitraum von sechs Monaten eingeräumt werden, um die geltenden Zulassungen von metalaxylhaltigen Pflanzenschutzmitteln zu überprüfen und so zu gewährleisten, dass die in der Richtlinie 91/414/EWG, insbesondere in Artikel 13, festgelegten Anforderungen sowie die in Anhang I enthaltenen relevanten Bedingungen erfüllt sind. Die Mitgliedstaaten sollten geltende Zulassungen gegebenenfalls gemäß den Bestimmungen der Richtlinie 91/414/EWG ändern, ersetzen oder widerrufen. Abweichend von der obengenannten Frist sollte für die Übermittlung und Bewertung der vollständigen Unterlagen nach Anhang III für jedes Pflanzenschutzmittel und für jede vorgesehene Anwendung gemäß den in der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten einheitlichen Grundsätzen ein längerer Zeitraum vorgesehen werden.

(9)      Die Erfahrungen, die mit der Aufnahme von im Rahmen der Verordnung (EWG) Nr. 3600/92[(5)] bewerteten Wirkstoffen in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG bereits gemacht wurden, haben gezeigt, dass bei der Auslegung der Pflichten von Inhabern geltender Zulassungen hinsichtlich des Zugangs zu Daten Probleme auftreten können. Um weitere Schwierigkeiten zu vermeiden, erscheint es notwendig, die Pflichten der Mitgliedstaaten zu klären, insbesondere die Pflicht, zu überprüfen, ob der Inhaber einer Zulassung den Zugang zu Unterlagen nachweisen kann, die die Anforderungen des Anhangs II dieser Richtlinie erfüllen. Diese Klärung hat jedoch nicht zur Folge, dass den Mitgliedstaaten oder den Zulassungsinhabern neue Pflichten gegenüber den bis dato angenommenen Richtlinien zur Änderung des Anhangs I auferlegt werden.“

9.        Art. 3 der Richtlinie 2010/28 sieht vor:

„(1)      Gemäß der Richtlinie 91/414/EWG ändern oder widerrufen die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls bis 31. Dezember 2010 geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Metalaxyl als Wirkstoff enthalten.

Bis zu diesem Datum prüfen sie insbesondere, ob die Bedingungen des Anhangs I der genannten Richtlinie in Bezug auf Metalaxyl erfüllt sind, mit Ausnahme der Bedingungen im Teil B des Eintrags zu diesem Wirkstoff, und ob der Zulassungsinhaber Unterlagen besitzt, die gemäß Artikel 13 den Anforderungen des Anhangs II der genannten Richtlinie entsprechen, oder ob er Zugang zu solchen Unterlagen hat.

(2)      Abweichend von Absatz 1 unterziehen die Mitgliedstaaten jedes zugelassene Pflanzenschutzmittel, das Metalaxyl entweder als einzigen Wirkstoff oder als einen von mehreren Wirkstoffen enthält, die bis spätestens 30. Juni 2010 in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG aufgeführt sind, einer Neubewertung nach den einheitlichen Grundsätzen gemäß Anhang VI der Richtlinie 91/414/EWG, basierend auf Unterlagen, die den Anforderungen von Anhang III der Richtlinie genügen, und unter Berücksichtigung des Eintrags in Anhang I Teil B der Richtlinie in Bezug auf Metalaxyl. Anhand dieser Bewertung entscheiden sie, ob das Pflanzenschutzmittel die Bedingungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b, c, d und e der Richtlinie 91/414/EWG erfüllt.

…“

10.      Art. 4 der Richtlinie 2010/28 lautet:

„Diese Richtlinie tritt am 1. Juli 2010 in Kraft.“

3.      Spanisches Recht

11.      Die Ley 30/1992 de Régimen Jurídico de las Administraciones Públicas y del Procedimiento Administrativo Común (Gesetz 30/1992 über die rechtliche Regelung der öffentlichen Verwaltungen und das gemeinsame Verwaltungsverfahren) vom 26. November 1992(6) bestimmt in Art. 49 Abs. 3:

„Der Antrag der Betroffenen auf Fristverlängerung sowie die Entscheidung über diesen Antrag sind jedenfalls vor Ablauf der fraglichen Frist zu stellen bzw. zu erlassen. Eine bereits abgelaufene Frist kann in keinem Fall verlängert werden. …“

III. Sachverhalt des Ausgangsverfahrens, Vorlagefragen und Verfahren vor dem Gerichtshof

12.      Die Industrias Químicas del Vallés SA (im Folgenden: IQV) ist eine Gesellschaft spanischen Rechts, deren Tätigkeit in der Herstellung und Vermarktung von Chemikalien und Pflanzenschutzmitteln besteht. Sie führt u. a. Metalaxyl nach Spanien ein und vermarktet Erzeugnisse, die diesen Wirkstoff enthalten, in mehreren Mitgliedstaaten.

13.      Die Sapec Agro SA, eine Gesellschaft portugiesischen Rechts, befasst sich mit der Entwicklung von Pflanzenschutzmitteln und ‑lösungen sowie von Phytonährstoffen. Sie ist Inhaberin von Zulassungen für die Entwicklung von metalaxylhaltigen Pflanzenschutzmitteln.

14.      Am 2. Mai 2003 erließ die Europäische Kommission die Entscheidung 2003/308/EG über die Nichtaufnahme von Metalaxyl in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates und den Widerruf der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff(7).

15.      Diese Entscheidung wurde vom Gerichtshof in der Rechtssache Industrias Químicas del Vallés/Kommission(8) für nichtig erklärt. Infolge dieser Nichtigerklärung erließ die Kommission die Richtlinie 2010/28 zur Änderung der Richtlinie 91/414 zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Metalaxyl.

16.      Am 30. April 2010 wurde in Spanien gemäß Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 ein Verfahren zur Überprüfung der Zulassungen für das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln, die als Wirkstoff Metalaxyl enthalten, eingeleitet.

17.      In diesem Zusammenhang stellte IQV bei den spanischen Behörden einen Antrag auf Neueintragung ihrer Metalaxyl enthaltenden Pflanzenschutzmittel, dem sie Unterlagen beifügte, die von diesen Behörden in Bezug auf die Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 91/414 für vollständig erklärt wurden.

18.      Am 29. Juni 2010 beantragte auch Sapec Agro die Neueintragung ihrer metalaxylhaltigen Pflanzenschutzmittel(9).

19.      Am 30. Dezember 2010, also einen Tag vor Ablauf der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 bis 31. Dezember 2010 gesetzten Frist, beantragte Sapec Agro bei der spanischen Verwaltung, ihr eine zusätzliche Frist einzuräumen, damit sie die von ihr im Hinblick auf die Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 91/414 eingereichten Unterlagen vervollständigen könne. Sie begründete ihren Antrag mit den Schwierigkeiten im Zusammenhang mit den Unterlagen des in der Portugiesischen Republik als dem berichterstattenden Mitgliedstaat eingereichten Dossiers.

20.      Am 3. März 2011 gewährte die spanische Verwaltung Sapec Agro die beantragte Fristverlängerung.

21.      Mit Entscheidung vom 5. April 2011 erklärte die Dirección General de Recursos Agrícolas y Ganaderos (Generaldirektion für Ressourcen der Landwirtschaft und Viehzucht, Spanien) die von Sapec Agro zum Wirkstoff Metalaxyl eingereichten Unterlagen in Bezug auf die Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 91/414 für vollständig.

22.      Gegen diese Entscheidung legte IQV am 9. Mai 2011 einen Rechtsbehelf bei der Secretaría General de Medio Rural del Ministerio de Medio Ambiente, y Medio Rural y Marino (Generalsekretariat für den ländlichen Raum des Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Meeresumwelt, Spanien) ein. Dieser Rechtsbehelf wurde durch Entscheidung vom 7. November 2011 wegen mangelnder Rechtsbehelfsbefugnismit der Begründung zurückgewiesen, dass das Interesse von IQV ausschließlich wettbewerbsrechtlicher Natur sei.

23.      Gegen diese zurückweisende Entscheidung erhob IQV eine verwaltungsgerichtliche Klage, die am 22. Januar 2014 vom Tribunal Superior de Justicia de Madrid (Oberster Gerichtshof von Madrid, Spanien) wegen fehlender Klagebefugnis ebenfalls abgewiesen wurde.

24.      IQV legte Kassationsbeschwerde beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ein, mit der sie insbesondere geltend machte, dass sich die Nichtverlängerbarkeit der am 31. Dezember 2010 abgelaufenen Frist nicht nur aus dem Wortlaut der Richtlinie 2010/28 ergebe, sondern auch auf der Notwendigkeit beruhe, zur Erhebung von Daten gemachte Aufwendungen zu schützen, die für die Bewertung des Wirkstoffs durch die Kommission oder des Pflanzenschutzmittels durch den Mitgliedstaat beizubringen seien.

25.      Nach Ansicht von Sapec Agro und der zuständigen Verwaltung ist die fragliche Frist verlängerungsfähig, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Industrias Químicas del Vallés/Kommission(10) ergebe.

26.      Das vorlegende Gericht stellt fest, dass es für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits erforderlich sei, Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 im Licht ihres achten Erwägungsgrundes auszulegen. Das Urteil in der Rechtssache Industrias Químicas del Vallés/Kommission(11) sei die nächstliegende Präzedenzentscheidung, und aus ihm lasse sich ein Gesichtspunkt zugunsten der Verlängerung ableiten.

27.      Anders als in jener Rechtssache betreffe der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens jedoch kein widersprüchliches Verhalten der Behörden, das zu einer verworrenen Situation für die betroffene Partei geführt habe, sondern eine Frist, die, wie in der Richtlinie 2010/28 mehrmals klargestellt werde, am 31. Dezember 2010 ablaufe.

28.      Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) mit Beschluss vom 6. Mai 2016, der am 9. Juni 2016 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, das Verfahren ausgesetzt und folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist die in der Richtlinie 2010/28 durch die Wendung „bis 31. Dezember 2010“ in ihrem Art. 3 Abs. 1 oder die Wendung „bis zu diesem Datum“ in ihrem Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 2, die sich ebenfalls auf den 31. Dezember 2010 bezieht, gesetzte Frist in Verbindung mit dem Zeitraum von sechs Monaten, der im achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/28 genannt wird, wegen des Ziels, das mit der sich aus der Richtlinie 91/414 ergebenden Systematik verfolgt wird, eine Ausschlussfrist und darf sie von den Mitgliedstaaten nicht verlängert werden, so dass sie in dieser Richtlinie abschließend festgelegt wird?

2.      Für den Fall, dass die Frist verlängert werden darf: Ist die Entscheidung über die Fristverlängerung ohne Beachtung spezieller Verfahrensvorschriften für die Beantragung und die Gewährung der Frist zu treffen, oder müssen die Mitgliedstaaten wegen ihrer hierfür bestehenden Zuständigkeit dies in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften regeln, weil die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie vorgesehenen Verfahrensvorschriften an sie gerichtet sind?

29.      Schriftliche Erklärungen sind von IQV, der spanischen Regierung und der Kommission eingereicht worden.

30.      IQV, Sapec Agro, die spanische Regierung und die Kommission haben sich in der Sitzung vom 9. November 2017 mündlich geäußert.

IV.    Beurteilung

A.      Zulässigkeit

31.      Die vorliegende Rechtssache wirft zunächst die Frage nach der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens auf. Das vorlegende Gericht weist nämlich darauf hin, dass sowohl die zuständige Verwaltungsbehörde als auch das Gericht des ersten Rechtszugs die Klagebefugnis von IQV verneint hätten und dass es selbst diese Frage noch nicht geprüft habe, da die Vorlagefragen nur für den Fall der Bejahung eines solchen Rechtsschutzinteresses gestellt worden seien. Das vorlegende Gericht macht jedoch geltend, dass es für die Vorlage zur Vorabentscheidung auf das von der Verwaltung geltend gemachte Fehlen einer Rechtsbehelfsbefugnis nicht ankomme.

32.      Dazu ist zu sagen, dass es Sache des vorlegenden Gerichts ist, im Licht seines innerstaatlichen Rechts zu entscheiden, ob im Ausgangsverfahren ein Rechtsschutzinteresse besteht oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage obliegt nicht dem Gerichtshof. Der Gerichtshof kann es nur dann ablehnen, über eine Vorlagefrage eines nationalen Gerichts zu befinden, wenn diese offensichtlich hypothetischer Natur ist(12).

33.      In der vorliegenden Rechtssache besteht ein hinreichender Zusammenhang zum Gegenstand des Ausgangsverfahrens, da sich IQV in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen vor dem Gerichtshof auf in den Vorlagefragen angeführte Bestimmungen des Unionsrechts berufen hat und Sapec Agro diesem Vorbringen in ihren mündlichen Erklärungen entgegengetreten ist. Eine Prüfung der aufgeworfenen Rechtsfragen ist anhand der Hinweise des vorlegenden Gerichts zum Sachverhalt und zur Rechtslage möglich.

34.      Ich halte daher das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig.

B.      Zur Beantwortung der Fragen

1.      Vorbemerkungen

35.      Aufgrund des schriftlichen und des mündlichen Verfahrens können alle Gesichtspunkte dieser Rechtssache eingehend untersucht werden. Vor einer Prüfung des Wesens der in der Richtlinie 2010/28 gesetzten fraglichen Frist erscheint es mir daher zweckmäßig, auf die Richtlinie 91/414 und – allgemeiner – auf die Richtlinien über die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I dieser Richtlinie näher einzugehen.

a)      Richtlinie 91/414

36.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie 2010/28 eine Richtlinie zur Durchführung der Richtlinie 91/414 darstellt. Letztere betrifft die Zulassung, das Inverkehrbringen, die Anwendung und die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln in handelsüblicher Form innerhalb der Union. Sie bezweckt zu verhindern, dass Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, die unannehmbare schädliche Auswirkungen auf Pflanzen und Pflanzenerzeugnisse, die Umwelt, die Gesundheit von Mensch und Tier sowie das Grundwasser haben.

37.      Zur Erreichung dieses Ziels sind in der Richtlinie 91/414 namentlich zwei verschiedene Arten von Zulassungen geregelt: zum einen die Zulassung und Anwendung von Wirkstoffen, wie diese in Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie definiert sind, und zum anderen die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, die diese Stoffe enthalten.

38.      Was die Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I der Richtlinie 91/414 angeht, so ist diese in Art. 6 der Richtlinie geregelt. Zuständig für diese Aufnahme ist die Kommission anhand von „Aufnahmerichtlinien“ zur Änderung dieses Anhangs I (wie im vorliegenden Fall der Richtlinie 2010/28). Erforderlichenfalls sieht die Kommission gemäß Art. 5 Abs. 4 der Richtlinie 91/414 Anforderungen hinsichtlich der Anwendung des betreffenden Stoffes vor. Den Anträgen auf Aufnahme von Wirkstoffen in Anhang I sind zwei verschiedene technische Dossiers beizufügen: ein sehr detailliertes Dossier, das die Bedingungendes Anhangs II der Richtlinie 91/414(13) erfüllen muss und notwendig ist, um vorhersehbare Risiken des Stoffes für Mensch, Tier und Umwelt bewerten zu können, und eines, das mindestens eine diesen Wirkstoff enthaltende Zubereitung betreffen muss, die den in Anhang III dieser Richtlinie aufgeführten Voraussetzungen genügt(14).

39.      Was die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, die diese Wirkstoffe enthalten, betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 4 der Richtlinie 91/414 die Mitgliedstaaten nur die Vermarktung derjenigen Pflanzenschutzmittel zulassen, deren „Wirkstoffe in Anhang I aufgeführt“ sind und die den in diesem Anhang aufgeführten Bedingungengenügen(15). Ist dies nicht der Fall, dürfen diese Erzeugnisse nicht von den Mitgliedstaaten zugelassen werden. Nach Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 sind jedem Antrag auf Zulassung dieser Erzeugnisse Unterlagen nach Anhang III und für jeden im Pflanzenschutzmittel enthaltenen Wirkstoff Unterlagen nach Anhang II beizufügen.

40.      Die Richtlinie 91/414 sieht zudem eine Reihe Übergangsmaßnahmen vor. So erlaubt ihr Art. 8 Abs. 2 den Mitgliedstaaten, das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln zuzulassen, die in Anhang I nicht aufgeführte Wirkstoffe enthalten und zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie bereits im Handel sind, was auf Metalaxyl zutrifft(16). Genauer gesagt sieht Art. 13 Abs. 6 der Richtlinie 91/414 eine Abweichung von der Verpflichtung aus ihrem Art. 13 Abs. 1 vor, wonach den Anträgen auf Zulassung eines Pflanzenschutzmittels die Unterlagen nach den Anhängen II und III der Richtlinie beizufügen sind (es sei denn, die Unterlagen sind über den Inhaber vorhandener Zulassungen zugänglich). Diese Abweichung gilt, solange der Wirkstoff, der zwei Jahre nach dem Zeitpunkt der Bekanntgabe der Richtlinie bereits im Handel ist, nicht in Anhang I aufgenommen worden ist.

41.      Diese Übergangsmaßnahmen sind dann nicht mehr anwendbar, wenn eine Richtlinie über die Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I in Kraft tritt, so dass dann wieder die Regel des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 gilt. Von diesem Zeitpunkt an sind die Mitgliedstaaten zum einen verpflichtet sicherzustellen, dass den Anträgen auf neue Zulassungen die Unterlagen nach den Anhängen II und III beigefügt sind, und zum anderen zu überprüfen, dass die Inhaber der geltenden Zulassungen über diese Unterlagen verfügen oder Zugang zu ihnen haben.

b)      Aufnahmerichtlinien und Richtlinie 2010/28

42.      Wie die Kommission zu Recht in ihren schriftlichen Erklärungen ausgeführt hat, würde durch die unmittelbare Anwendung einer Aufnahmerichtlinie die Rechtsstellung der Inhaber geltender Zulassungen von einem Tag auf den anderen radikal geändert. Deshalb legen die Aufnahmerichtlinien eine Reihe Fristen fest, um den Mitgliedstaaten und den Wirtschaftsteilnehmern zu ermöglichen, die erforderlichen Maßnahmen in Bezug auf die geltenden Zulassungen zu ergreifen.

43.      Zunächst tritt eine Aufnahmerichtlinie erst mehrere Monate nach ihrer Veröffentlichung in Kraft(17). Die Richtlinie 2010/28 etwa ist am 24. April 2010 veröffentlicht worden und am 1. Juli 2010 in Kraft getreten(18).

44.      Sodann verfügen die Mitgliedstaaten über eine Frist von sechs Monaten ab Inkrafttreten der Aufnahmerichtlinie, um diese in nationales Recht umzusetzen. Was die Richtlinie 2010/28 angeht, so waren die Mitgliedstaaten nach ihrem Art. 2 verpflichtet, spätestens bis 31. Dezember 2010 die erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, um ihr nachzukommen. Der Erlass dieser nationalen Bestimmungen bedingt eine vollständige Erfüllung der Verpflichtungen aus der Richtlinie 91/414, nachdem ein Wirkstoff in Anhang I aufgenommen wurde, und insbesondere die Einhaltung dieser Richtlinie durch die den betreffenden Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel.

45.      Die Überprüfung der Konformität der den Wirkstoff enthaltenden Pflanzenschutzmittel mit der Richtlinie 91/414 setzt erstens die Überprüfung voraus, dass die verwendete Variante des fraglichen Stoffes den Bedingungen des Anhangs I entspricht, d. h. denjenigen, die sich auf die Reinheit beziehen, und denjenigen, die in Teil A (Chemische Stoffe) des entsprechenden Eintrags niedergelegt sind(19). Demgemäß ist die in den Aufnahmerichtlinien – im Allgemeinen in deren Art. 2 – festgelegte Frist zu ihrer Umsetzung in nationales Recht die gleiche wie die Frist, die sie – im Allgemeinen in Art. 3 Abs. 1 – für die Überprüfung festlegen, dass die im Erzeugnis enthaltene spezifische Variante des Wirkstoffs (im vorliegenden Fall: Metalaxyl) den Bedingungendes Anhangs I der Richtlinie 91/414 genügt.

46.      Hierzu erläutert die Kommission, die Mitgliedstaaten könnten spezifische Verwendungen des Wirkstoffs kontrollieren, indem sie sich auf für sie bereits verfügbare Daten betreffend die Zulassungen stützten, die sie vor der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 auf der Grundlage ihres Art. 8 Abs. 2 erteilt hätten(20). Die Kontrolle des Reinheitsniveaus des Wirkstoffs könne jedoch nur auf der Grundlage von Unterlagen nach Anhang II erfolgen(21). Demgemäß schreiben Art. 6 Abs. 2 bzw. Art. 13 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 91/414 die Vorlage dieser Unterlagen für die Zulassung sowohl eines Wirkstoffs als auch der diesen enthaltenden Pflanzenschutzmittel vor. Die Aufnahmerichtlinien legen deshalb dieselbe Frist für die Vorlage der Unterlagen nach Anhang II und für die Überprüfung der Erfüllung der Bedingungen nach Anhang I fest, nämlich, wie ich bereits ausgeführt habe, die bis 31. Dezember 2010 gesetzte Frist für die Umsetzung der Aufnahmerichtlinie(22).

47.      Zweitens erfordert die genannte Überprüfung, dass nachgeprüft wird, dass das Pflanzenschutzmittel selbst und nicht nur der in ihm enthaltene Wirkstoff der Richtlinie 91/414 entspricht, und insbesondere, dass es nach den einheitlichen Grundsätzen gemäß Anhang VI dieser Richtlinie bewertet worden ist und die Bedingungen des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und e der Richtlinie erfüllt.

48.      Nach Ansicht der Kommission muss diese „Neubewertung“ theoretisch zum Zeitpunkt der Umsetzung der Aufnahmerichtlinie vorliegen. In der Praxis kann jedoch wegen der Zahl der neu zu bewertenden Pflanzenschutzmittel und der Arbeitsbelastung aufgrund dieser Neubewertung vernünftigerweise nicht erwartet werden, dass die Mitgliedstaaten die Bewertung innerhalb der Umsetzungsfrist zum Abschluss bringen (außer wenn eine extrem lange Umsetzungsfrist vorgesehen ist). Daher ist es nach den Angaben in den Erwägungsgründen der Aufnahmerichtlinien – konkret, im achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/28 – notwendig, den Wirtschaftsteilnehmern und den Mitgliedstaaten eine längere Frist für die Vorlage bzw. die Bewertung der vollständigen Unterlagen nach Anhang III für jedes Pflanzenschutzmittel und jede für dieses vorgeschlagene Anwendung einzuräumen. In der Regel läuft diese Frist vier Jahre nach Inkrafttreten der Aufnahmerichtlinie ab. Für die Richtlinie 2010/28 ist die bis 30. Juni 2014 gesetzte Frist in Art. 3 Abs. 2 niedergelegt.

2.      Zu den Vorlagefragen

49.      Mit seinen Vorlagefragen möchte das Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) wissen, wie Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 im Licht ihres achten Erwägungsgrundes auszulegen ist.

50.      Im Einzelnen wünscht das vorlegende Gericht mit seiner ersten Frage im Wesentlichen Aufschluss darüber, ob die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 bis 31. Dezember 2010 gesetzte Frist zwingend ist oder ob sie von den Mitgliedstaaten verlängert werden kann. Im Rahmen seiner zweiten Frage begehrt es eine Klärung der Voraussetzungen, unter denen eine solche Verlängerung zu gewähren ist. Diese zweite Frage wird jedoch nur für den Fall einer Verlängerbarkeit der fraglichen Frist gestellt.

51.      Zunächst ist zu beachten, dass IQV und die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht haben, die Frist des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 sei zwingend und könne von den Mitgliedstaaten nicht verlängert werden, während Sapec Agro und die spanische Regierung übereinstimmend die Ansicht vertreten, dass die in dieser Richtlinie vorgesehene Frist nicht zwingend sei. Demgemäß hält die spanische Regierung die Frist für nach den verfahrensrechtlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten verlängerbar, jedenfalls sofern dafür unter Berücksichtigung der Umstände jedes Einzelfalls und unter Beachtung der Grundsätze der Richtlinie 91/414 ordnungsgemäß nachgewiesene Gründe angeführt würden.

3.      Beurteilung der in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 vorgesehenen Frist

52.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist bei der Auslegung einer Vorschrift des Unionsrechts nicht nur deren Wortlaut zu berücksichtigen, sondern auch ihr Zusammenhang und die Ziele, die mit der Regelung, zu der sie gehört, verfolgt werden(23).

a)      Zur wörtlichen Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28

53.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 enthält die klare Bestimmung: „Gemäß der Richtlinie [91/414] ändern oder widerrufen die Mitgliedstaaten … bis 31. Dezember 2010 geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel, die Metalaxyl als Wirkstoff enthalten.“ Außerdem sieht Unterabs. 2 dieser Bestimmung vor: „Bis zu diesem Datum [31. Dezember 2010] prüfen [die Mitgliedstaaten] insbesondere, ob die Bedingungen des Anhangs I der genannten Richtlinie in Bezug auf Metalaxyl erfüllt sind, mit Ausnahme der Bedingungen im Teil B des Eintrags zu diesem Wirkstoff, und ob der Zulassungsinhaber Unterlagen besitzt, die gemäß Artikel 13 den Anforderungen des Anhangs II der genannten Richtlinie entsprechen, oder ob er Zugang zu solchen Unterlagen hat.“

54.      Der Wortlaut dieser Bestimmung genügt im Grunde für die Feststellung, dass das Datum 31. Dezember 2010 eine zwingende Frist ausdrückt, die von den Mitgliedstaaten nicht verlängert werden kann. Gleichwohl stellt sich die Frage, ob die Systematik, der Zweck und der Regelungszusammenhang der Richtlinie 2010/28 diese Auslegung stützen oder nicht.

b)      Zur kontextbezogenen Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28

55.      Die Frist des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 ist auch im Hinblick auf die allgemeine Systematik dieser Richtlinie auszulegen.

56.      Als Erstes ist, worauf in Nr. 43 der vorliegenden Schlussanträge hingewiesen worden ist, zu beachten, dass die Richtlinie 2010/28 am 1. Juli 2010 in Kraft trat. Nach ihrem Art. 2 hatten die Mitgliedstaaten sie bis spätestens 31. Dezember 2010 in ihr jeweiliges nationales Recht umzusetzen. Dieses Datum war zugleich das Fristende, das die Kommission in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 vorgesehen hatte, um den Mitgliedstaaten eine erneute Prüfung der geltenden Zulassungen für Pflanzenschutzmittel mit Metalaxyl als Wirkstoff zu ermöglichen. Somit setzt die Richtlinie 2010/28, wie aus den Nrn. 45 und 46 der vorliegenden Schlussanträge hervorgeht, die gleiche Frist, nämlich bis 31. Dezember 2010, für ihre Umsetzung (Art. 2) und für die Änderung oder den Widerruf der geltenden Zulassungen für Metalaxyl als Wirkstoff enthaltende Pflanzenschutzmittel durch die Mitgliedstaaten, nachdem diese die Unterlagen gemäß Anhang II vorgelegt und die Erfüllung der Bedingungen des Anhangs I geprüft haben (Art. 3 Abs. 1).

57.      Für mich ist daher klar, dass es gegen die der Richtlinie 2010/28 zugrunde liegende Logik – wonach die Frist für ihre Umsetzung mit der Frist, die sie den Mitgliedstaaten für die Änderung oder den Widerruf der geltenden Zulassungen für Metalaxyl enthaltende Pflanzenschutzmittel setzt, zusammenfällt – selbst verstieße, wenn den Mitgliedstaaten gestattet würde, die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie festgelegte Frist nicht einzuhalten.

58.      Als Zweites ist sodann daran zu erinnern, dass es zur Änderung oder zum Widerruf einer geltenden Zulassung für ein metalaxylhaltiges Pflanzenschutzmittel führen würde, wenn es dem Inhaber dieser Zulassung bei Ende dieser Frist nicht gelänge, nachzuweisen, dass er die Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 erfüllt, und zwar insbesondere diejenige, dass er über die Unterlagen nach Anhang II verfügt oder Zugang zu ihnen hat. Der mit dieser Bestimmung der Richtlinie 2010/28 in der gesamten Union geschaffene einheitliche Rahmen, der die Bedingungen, unter denen die Mitgliedstaaten Zulassungen für metalaxylhaltige Pflanzenschutzmittel ändern oder widerrufen, sowie die den Inhabern dieser Zulassungen hinsichtlich der Vorlage der Unterlagen zu diesen Erzeugnissen auferlegten Verpflichtungen umfasst, wäre in schwerwiegender Weise beeinträchtigt, wenn die Mitgliedstaaten die bis zum 31. Dezember 2010 geltende Frist verlängern könnten.

59.      Als Drittes ist der Standpunkt der spanischen Regierung zu prüfen. Ihrer Ansicht nach war die Frist des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 in allen Fällen durch die Mitgliedstaaten verlängerbar, in denen ordnungsgemäß nachgewiesene Gründe vorlagen.

60.      Diese Auffassung überzeugt mich nicht.

61.      Wie sich aus den Nrn. 47 und 48 der vorliegenden Schlussanträge ergibt, sieht Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2010/28 ein Verfahren zur Neubewertung zugelassener Pflanzenschutzmittel vor, die Metalaxyl als Wirkstoff enthalten. Für dieses Verfahren legt diese Bestimmung „[a]bweichend von Absatz 1“ eine längere Frist vor, die vier Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Richtlinie, d. h. am 30. Juni 2014, abläuft.

62.      Es scheint mir daher legitim, folgende Frage zu stellen: Wäre diese Abweichung von Relevanz, wenn die Frist des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28, wie die spanische Regierung meint, in all den Fällen von den Mitgliedstaaten verlängert werden könnte, in denen ordnungsgemäß nachgewiesene Gründe vorliegen?

63.      Die Antwort auf diese Frage scheint mir evident zu sein, zumal diese Frist, ich darf daran erinnern, die gleiche ist wie die, die für die Umsetzung der Richtlinie 2010/28 vorgesehen ist.

64.      Diese Auffassung wird durch den achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/28 untermauert, wonach „[u]nbeschadet der in der Richtlinie 91/414/EWG festgelegten Verpflichtungen, die sich aus der Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I ergeben, … den Mitgliedstaaten nach der Aufnahme ein Zeitraum von sechs Monaten eingeräumt werden [sollte], um die geltenden Zulassungen von metalaxylhaltigen Pflanzenschutzmitteln zu überprüfen und so zu gewährleisten, dass die in der Richtlinie 91/414/EWG, insbesondere in Artikel 13, festgelegten Anforderungen sowie die in Anhang I enthaltenen relevanten Bedingungen erfüllt sind. …“(24).

65.      Als Viertes und Letztes ist auch Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 3 der Richtlinie 91/414 zu berücksichtigen, der bestimmt, dass, nachdem die Kommission die Entscheidung erlassen hat, einen dieser Wirkstoffe in Anhang I aufzunehmen oder nicht aufzunehmen, „die Mitgliedstaaten … sicher[stellen], dass die betreffenden Zulassungen in einem vorgeschriebenen Zeitraum erteilt, widerrufen bzw. geändert werden“(25).

66.      Die Verpflichtungen des Mitgliedstaats und insbesondere die Folgen des Umstands, dass der Inhaber der Zulassung erklärt, vor Ablauf der Frist, die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 im Hinblick auf den Erlass der Entscheidung durch den Mitgliedstaat festgelegt worden sei, stünden ihm die Unterlagen nach Anhang II der Richtlinie 91/414 nicht zur Verfügung oder er habe zu ihnen keinen Zugang, folgen nämlich klar aus den genannten Bestimmungen und Erwägungsgründen der Richtlinie 2010/28 sowie den Art. 4 und 13 der Richtlinie 91/414.

67.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 ist daher, in seinem Zusammenhang betrachtet, dahin auszulegen, dass das in ihm vorgesehene Datum 31. Dezember 2010 eine zwingende Frist ausdrückt, die von den Mitgliedstaaten nicht verlängert werden kann. Angesichts der Systematik der Richtlinien 91/414 und 2010/28 ist es nicht Sache der Mitgliedstaaten zu entscheiden, dass weniger restriktive Maßnahmen als der Widerruf einer Zulassung des Inverkehrbringens eines Erzeugnisses zu ergreifen seien.

68.      Diese Auslegung ermöglicht auch die Erreichung des mit der Richtlinie 2010/28 verfolgten Ziels, wie ich nachstehend darlegen werde.

c)      Zur teleologischen Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28

69.      Zunächst erinnere ich daran, dass eine auslegungsbedürftige Durchführungsrichtlinie, wie die Richtlinie 2010/28, nach Möglichkeit so auszulegen ist, dass sie mit den Vorschriften der Grundrichtlinie vereinbar ist(26).

70.      Insoweit weisen die Erwägungsgründe 5, 6 und 9 der Richtlinie 91/414 darauf hin, dass diese Richtlinie bezweckt, die Hindernisse für den Handel zwischen den Mitgliedstaaten der Union mit Pflanzenschutzmitteln unter Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt sowie für die Gesundheit von Mensch und Tier zu beseitigen(27).

71.      Dieser Zweck wird, wie bereits dargelegt worden ist, zum einen durch die in der Richtlinie 91/414 aufgestellte Anforderung gesichert, dass der Antragsteller sowohl zur Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I als auch zur Zulassung von Pflanzenschutzmitteln die Unterlagen nach Anhang II vorlegt(28), und zum anderen durch die Möglichkeit der Kommission, die Bedingungen für die Anwendung eines in Anhang I aufgenommenen Wirkstoffs festzulegen, um dessen Anwendungssicherheit zu gewährleisten(29). Daher würde es gegen diesen Zweck verstoßen, wenn die Frist des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 – und, was besonders zu beachten ist, weiterer Aufnahmerichtlinien – nicht eingehalten würde, da Pflanzenschutzmittel, die Wirkstoffe enthalten, welche nicht die Anforderungen des Anhangs I der Richtlinie 91/414 erfüllen und insbesondere toxische Verunreinigungen, die über den von der Kommission festgelegten Schwellenwert hinausgehen, enthalten könnten, nach Ablauf der Frist für die Umsetzung der Richtlinie 2010/28 in nationales Recht auf dem Markt verbleiben könnten.

72.      Somit ist klar, dass die Mitgliedstaaten weder befugt sind, diese Frist zu verlängern, noch, an ihren Ablauf eine andere Folge als die zu knüpfen, die der Unionsgesetzgeber einheitlich für alle Mitgliedstaaten vorgesehen hat(30). Folglich läuft es meines Erachtens dem mit der Richtlinie 91/414 verfolgten Ziel zuwider, den Mitgliedstaaten zu gestatten, die in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 vorgesehene Überprüfungsfrist zu verlängern.

73.      Hinzu kommt, dass, wie die Kommission in ihren Erklärungen zu Recht geltend gemacht hat, zwischen dem Erlass der Richtlinie 2010/28 und dem Ende der in Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie gesetzten Frist über acht Monate verstrichen sind, was dem Zeitraum entspricht, der es den Zulassungsinhabern gerade ermöglichen sollte, die notwendigen Informationen zusammenzutragen, und den Mitgliedstaaten, eine Entscheidung zu treffen. Ist die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2010/28 in nationales Recht aber abgelaufen, muss jedes Erzeugnis, für das kein Dossier nach Anhang II vorgelegt worden ist, mit Blick auf den Erlass der Entscheidung über die Überprüfung der geltenden Zulassungen vom Markt genommen werden(31).

74.      Entgegen der Ansicht der spanischen Regierung bin ich der Auffassung, dass diese Auslegung dem Ziel der Richtlinie 91/414 keineswegs zuwiderläuft, da die Richtlinie sowohl ermöglicht, die Rechte des Anmelders zu wahren, als auch sicherzustellen, dass keine Pflanzenschutzmittel in den Verkehr gebracht werden, in Bezug auf die die erforderlichen Unterlagen nicht eingereicht wurden.

75.      Somit ergibt sich aus den Nrn. 69 bis 74 der vorliegenden Schlussanträge, dass eine Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 dahin, dass die Mitgliedstaaten berechtigt wären, die in diesem Artikel vorgesehene Frist nicht einzuhalten, dem vom Unionsgesetzgeber verfolgten Regelungsziel zuwiderliefe.

4.      Zu den Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Rahmen des Verfahrens zur Neubewertung zugelassener Pflanzenschutzmittel

76.      Der Gerichtshof hat bereits mehrmals Gelegenheit gehabt, sich zur Frage zu äußern, welche Verpflichtungen den Mitgliedstaaten in Bezug auf geltende Zulassungen für Pflanzenschutzmittel nach Aufnahme eines Stoffes in Anhang I der Richtlinie 91/414 obliegen(32). Die bisher ergangenen Urteile des Gerichtshofs können uns einige nützliche Hinweise für die Auslegung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 geben.

77.      Im ersten Urteil in der Rechtssache Industrias Químicas del Vallés/Kommission(33) hat der Gerichtshof die Entscheidung 2003/308 für nichtig erklärt.

78.      Im vorliegenden Fall hat Sapec Agro im Gegensatz zu IQV und zur Kommission in der mündlichen Verhandlung geltend gemacht, der Gerichtshof habe sich in jenem Urteil zu der Möglichkeit einer Verlängerung der fraglichen Frist unter Berücksichtigung der Umstände des dortigen Falles, nämlich des widersprüchlichen Verhaltens der zuständigen Behörden, geäußert.

79.      Dazu ist zu sagen, dass dieses Vorbringen auf einem irrigen Verständnis des genannten Urteils zu beruhen scheint.

80.      Erstens betraf das Urteil in der Rechtssache Industrias Químicas del Vallés/Kommission eine Frist, die von der Kommission in dem bei ihr anhängigen Verfahren zur Aufnahme eines Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414 gesetzt worden war(34), sowie die für die Kommission und nicht etwa die Mitgliedstaaten bestehende Möglichkeit, diese Frist zu ändern(35). Dagegen geht es im Ausgangsverfahren, das das Verfahren auf der Ebene der Mitgliedstaaten betrifft, darum, ob die Mitgliedstaaten eine von der Kommission festgelegte Frist einseitig verlängern können(36).

81.      Zweitens hat der Gerichtshof im Urteil Industrias Químicas del Vallés/Kommission darauf abgestellt, dass die zuständigen Behörden den Antragsteller in eine unvorhergesehene und komplexe Lage gebracht und ein widersprüchliches Verhalten an den Tag gelegt hatten, was nach Ansicht des Gerichtshofs einen Umstand darstellte, der beim Beschluss der Kommission, die streitige Entscheidung zu erlassen und eine Verlängerung dieser Frist abzulehnen, nicht berücksichtigt worden war(37). Demgegenüber beruft sich die Rechtsmittelführerin im Ausgangsverfahren auf eine behauptete Schwierigkeit bei der Beschaffung der vollständigen Unterlagen, während aber die Verpflichtung zur Vorlage vollständiger Unterlagen von Beginn des Verfahrens an feststand.

82.      Zu erinnern ist zudem daran, dass das vorlegende Gericht betont, in der bei ihm anhängigen Rechtssache sei Sapec Agro nicht wegen eines widersprüchlichen Verhaltens in eine irgendwie geartete verworrene Situation geraten(38).

83.      In der zweiten Rechtssache, in der das Urteil Feinchemie Schwebda und Bayer CropScience(39) ergangen ist, die die Richtlinie 91/414 und eine Aufnahmerichtlinie(40) betraf, durch deren Art. 1 der Wirkstoff Ethofumesat in Anhang I der Richtlinie 91/414 aufgenommen wurde, ging es um die Frage, ob die Mitgliedstaaten verpflichtet waren, innerhalb der in der Aufnahmerichtlinie vorgesehenen Frist die geltende Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel, das diesen Wirkstoff enthielt, deshalb zu beenden, weil der Inhaber dieser Zulassung im Hinblick auf deren Überprüfung nicht im Besitz von Unterlagen nach Anhang II war oder keinen Zugang zu solchen Unterlagen hatte.

84.      Konkret hat der Gerichtshof unter Zugrundelegung des Wortlauts der betreffenden Vorschrift(41), die nicht die Bestimmung enthielt, dass die Mitgliedstaaten innerhalb der für die Überprüfung der geltenden Zulassungen für Pflanzenschutzmittel vorgesehenen Frist zu prüfen hatten, ob die Zulassungsinhaber über die Unterlagen nach Anhang II verfügten oder Zugang zu ihnen hatten(42), für Recht erkannt, dass Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/37 so auszulegen sei, dass er die Mitgliedstaaten nicht dazu verpflichtet, eine bestehende Zulassung für ein Pflanzenschutzmittel, das Ethofumesat enthält, vor Ablauf der vorgesehenen Frist aus dem Grund zu beenden, dass der Inhaber dieser Zulassung nicht im Besitz von Unterlagen nach Anhang II ist oder keinen Zugang zu solchen Unterlagen hat(43).

85.      In jener Rechtssache war jedoch nicht, wie im vorliegenden Fall, streitig, ob die in der Aufnahmerichtlinie gesetzte Frist für die Mitgliedstaaten zwingend war, innerhalb deren sie zu überprüfen hatten, dass die den Inhabern der geltenden Zulassungen obliegenden Verpflichtungen, im Besitz der Unterlagen nach Anhang II zu sein oder Zugang zu diesen Unterlagen zu haben, erfüllt worden waren, sondern, welche Handlungen die Mitgliedstaaten innerhalb dieser Frist vorzunehmen hatten.

86.      Im vorliegenden Fall schreibt die Richtlinie 2010/28, die die genannten Unterlagen in Art. 3 Abs. 1 und ihrem neunten Erwägungsgrund nennt, ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten zu überprüfen haben, dass die Zulassungsinhaber über solche Unterlagen verfügen.

87.      Zwei letzte relevante Punkte, die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung geklärt worden sind, sind meiner Ansicht nach erwähnenswert: Zum einen handelt es sich um die Verpflichtungen des berichterstattenden Mitgliedstaats und zum anderen um die von Sapec Agro und der spanischen Regierung angeführte Möglichkeit, die Wirkungen der Zulassungen für in den Verkehr gebrachte Pflanzenschutzmittel auszusetzen.

88.      Zu den Verpflichtungen des berichterstattenden Mitgliedstaats, der Portugiesischen Republik, haben Sapec Agro und die spanische Regierung geltend gemacht, dieser Mitgliedstaat habe selbst verspätet gehandelt(44).

89.      Dazu erläutert die Kommission, in der Phase der Wirkstoffzulassung werde für jeden einzelnen Stoff ein berichterstattender Mitgliedstaat eingeschaltet, der einen ersten Bericht erstelle. In der Phase der Überprüfung der Zulassungen durch die Mitgliedstaaten weise die Richtlinie 2010/28 hingegen dem berichterstattenden Mitgliedstaatkeine Rolle zu. Da dieser berichterstattende Mitgliedstaat jedoch den betreffenden Stoff gut kenne, werde den Mitgliedstaaten in den Leitlinien der Kommission eine informelle Vereinbarung angeboten, wonach die Äquivalenzprüfung für alle Stoffe auf dem Markt von dem genannten berichterstattenden Mitgliedstaat durchgeführt werden könne, obwohl diese Verpflichtung formell jedem einzelnen Mitgliedstaat obliege(45).

90.      Diese – in der Richtlinie 2010/28 nicht vorgesehene – informelle Vereinbarung, die zwischen den Mitgliedstaaten getroffen wurde, um ihnen die Arbeit zu erleichtern, ist daher nicht einer förmlichen Verpflichtung des berichterstattenden Mitgliedstaats gleichzusetzen. Daher oblagen der Portugiesischen Republik keine anderen Verpflichtungen als die in der vorigen Randnummer genannten, die die Zulassungsphase betreffen.

91.      Zur Möglichkeit, die Wirkungen der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel auszusetzen, hat die spanische Regierung in ihren schriftlichen und mündlichen Erklärungen die Ansicht vertreten, dass eine Aussetzung der Zulassung für Sapec Agro eine gegenüber dem Widerruf dieser Zulassung alternative Maßnahme sein könnte.

92.      Ich erinnere jedoch daran, dass eine solche Aussetzung weder in der Richtlinie 2010/28 noch in der Richtlinie 91/414 vorgesehen ist. Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/414, der die insoweit einschlägige Vorschrift ist, bestimmt nämlich, dass die Mitgliedstaaten „sicher[stellen], dass die betreffenden Zulassungen in einem vorgeschriebenen Zeitraum erteilt, widerrufen bzw. geändert werden“, und sieht keineswegs die Aussetzung der Wirkungen der Zulassungen vor(46).

93.      Für mich folgt aus den Nrn. 52 bis 75 der vorliegenden Schlussanträge klar, dass es den Mitgliedstaaten verwehrt ist, eine Frist zu verlängern, die von der Kommission für alle Mitgliedstaaten festgelegt wurde und für alle Zulassungen für Pflanzenschutzmittel gilt.

94.      Daher ist meines Erachtens auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28 vorgesehene Datum 31. Dezember 2010 eine zwingende Frist ausdrückt, die als solche nicht von den Mitgliedstaaten verlängert werden kann.

95.      In Anbetracht meines Vorschlags zur Beantwortung dieser ersten Frage ist die zweite Frage nicht zu beantworten.

V.      Ergebnis

96.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, die Vorlagefragen des Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof, Spanien) wie folgt zu beantworten:

Das Datum 31. Dezember 2010, das in Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2010/28/EU der Kommission vom 23. April 2010 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Metalaxyl vorgesehen ist, ist dahin auszulegen, dass es eine zwingende Frist ausdrückt, die als solche nicht von den Mitgliedstaaten verlängert werden kann.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Richtlinie des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. 1991, L 230, S. 1). Diese Richtlinie wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1107/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Oktober 2009 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln und zur Aufhebung der Richtlinien 79/117/EWG und 91/414/EWG des Rates (ABl. 2009, L 309, S. 1) aufgehoben.


3      Nach Art. 2 Nrn. 3 und 4 der Richtlinie 91/414 sind Wirkstoffe chemische Elemente, deren Verbindungen sowie Mikroorganismen und Viren mit allgemeiner oder spezifischer Wirkung gegen Schadorganismen oder auf Pflanzen, Pflanzenteile oder Pflanzenerzeugnisse.


4      Richtlinie der Kommission vom 23. April 2010 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zwecks Aufnahme des Wirkstoffs Metalaxyl (ABl. 2010, L 104, S. 57).


5      Verordnung der Kommission vom 11. Dezember 1992 mit Durchführungsbestimmungen für die erste Stufe des Arbeitsprogramms gemäß Artikel 8 Absatz 2 der Richtlinie 91/414/EWG (ABl. 1992, L 366, S. 10).


6      Ley 30/1992 de Régimen Jurídico de las Administraciones Públicas y del Procedimiento Administrativo Común (Gesetz 30/1992 über die rechtliche Regelung der öffentlichen Verwaltungen und das gemeinsame Verwaltungsverfahren) vom 26. November 1992 (BOE Nr. 285 vom 27. November 1992, S. 40300) in der durch Art. 1.14 der Ley 4/1999 (Gesetz 4/1999) vom 13. Januar 1999 (BOE Nr. 12 vom 14. Januar 1999, S. 1739) geänderten Fassung.


7      ABl. 2003, L 113, S. 8.


8      Urteil vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, EU:C:2007:443).


9      Zu beachten ist, dass die Parteien, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung zu bedenken gegeben hat, zwar in ihren schriftlichen Erklärungen den Ausdruck „Neueintragung“ verwenden, dass es sich hierbei jedoch nicht um eine Neueintragung handelt, sondern um die Bewertung der Äquivalenz des Stoffes im Hinblick auf die Anforderungen des Anhangs II der Richtlinie 91/414. Die Mitgliedstaaten haben demnach die Zulassungen entweder zu ändern oder zu widerrufen.


10      Urteil vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, EU:C:2007:443).


11      Urteil vom 18. Juli 2007 (C‑326/05 P, EU:C:2007:443).


12      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 25).


13      Anhang II enthält die Anforderungen hinsichtlich der Erteilung detaillierter Informationen über den Wirkstoff.


14      Anhang III enthält die Bedingungen in Bezug auf das Pflanzenschutzmittel.


15      Vgl. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414.


16      Übergangsbestimmung betreffend die allgemeinen Vorschriften des Art. 4 der Richtlinie 91/414, der sich auf die Gewährung, die Überprüfung und den Widerruf von Zulassungen für Pflanzenschutzmittel durch die Mitgliedstaaten bezieht.


17      Bei Inkrafttreten einer Aufnahmerichtlinie ändert die Kommission Anhang I der Richtlinie 91/414, um den betreffenden Stoff dort aufzunehmen.


18      Ich weise darauf hin, dass nach dem siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/28 diese Frist den Mitgliedstaaten und den Betroffenen ermöglichen soll, die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.


19      Ausgenommen sind die Bedingungendes Teils B (Mikroorganismen und Viren) des entsprechenden Eintrags. Die Kommission weist in ihren schriftlichen Erklärungen darauf hin, dass sie, um den Text nicht schwerfälliger zu machen, bei der Bezugnahme auf die Überprüfung der für den fraglichen Stoff in Anhang I festgelegten Bedingungen nicht systematisch in den nachfolgenden Nummern die Klarstellung „mit Ausnahme derjenigen des Teils B des entsprechenden Eintrags“ hinzufüge. Die Bezugnahme auf diese Bedingungen sei jedoch so zu verstehen, dass sie diese Klarstellung einschließe.


20      Vgl. Nrn. 5 und 40 der vorliegenden Schlussanträge.


21      Unterlagen, die erforderlich sind, um vorhersehbare Risiken des Stoffes für Mensch, Tier und Umwelt bewerten zu können (vgl. Nr. 38 der vorliegenden Schlussanträge).


22      Vgl. den achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2010/28.


23      Vgl. u. a. Urteil vom 16. Juli 2015, Lanigan (C‑237/15 PPU, EU:C:2015:474, Rn. 35).


24      Hervorhebung nur hier.


25      Hervorhebung nur hier.


26      Urteil vom 22. Mai 2008, Feinchemie Schwebda und Bayer CropScience (C‑361/06, EU:C:2008:296, Rn. 49).


27      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, EU:C:2007:443, Rn. 74), und vom 14. September 2006, Stichting Zuid-Hollandse Milieufederatie (C‑138/05, EU:C:2006:577, Rn. 43).


28      Nach den Erklärungen der Kommission sind die in den Unterlagen nach Anhang II enthaltenen Informationen erforderlich, um die Unschädlichkeit des Wirkstoffs und des diesen enthaltenden Pflanzenschutzmittels nachzuweisen.


29      Vgl. Nrn. 36 bis 39 der vorliegenden Schlussanträge.


30      Vgl. Nrn. 67 und 72 der vorliegenden Schlussanträge.


31      Unbeschadet der Möglichkeit, ein neues Zulassungsverfahren anzustrengen.


32      Es ist festzustellen, dass im Ausgangsverfahren die Frage, welche Folgen es möglicherweise für die Mitgliedstaaten hätte, wenn sie die Zulassungen für metalaxylhaltige Pflanzenschutzmittel, die nicht den Anforderungen der Richtlinie 91/414 genügen, nicht innerhalb der in der Richtlinie 2010/28 vorgesehenen Frist änderten oder widerriefen, weder vom vorlegenden Gericht noch von den Beteiligten aufgeworfen worden ist, so dass sie nicht zu behandeln ist.


33      Urteil vom 18. Juli 2007 (C‑326/05 P, EU:C:2007:443).


34      Vgl. Nr. 38 der vorliegenden Schlussanträge.


35      Urteil vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, EU:C:2007:443).


36      Vgl. Nr. 39 der vorliegenden Schlussanträge.


37      Urteil vom 18. Juli 2007, Industrias Químicas del Vallés/Kommission (C‑326/05 P, EU:C:2007:443, Rn. 79 bis 86).


38      Vgl. Nr. 27 der vorliegenden Schlussanträge.


39      Urteil vom 22. Mai 2008 (C‑361/06, EU:C:2008:296).


40      Richtlinie 2002/37/EG der Kommission vom 3. Mai 2002 zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates zur Aufnahme des Wirkstoffs Ethofumesat (ABl. 2002, L 117, S. 10).


41      Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/37. Vgl. Urteil vom 22. Mai 2008, Feinchemie Schwebda und Bayer CropScience (C‑361/06, EU:C:2008:296, Rn. 44 und 45).


42      Die Kommission hat nämlich erst 2005 den Wortlaut der Aufnahmerichtlinien geändert. Seitdem schreiben diese die Verpflichtung der Mitgliedstaaten fest, innerhalb der in den Aufnahmerichtlinien für das Verfahren der Überprüfung der Zulassungen für Pflanzenschutzmittel vorgeschriebenen Frist zu prüfen, dass die Zulassungsinhaber über die Unterlagen nach Anhang II der Richtlinie 91/414 verfügen oder zu ihnen Zugang haben. Urteil vom 22. Mai 2008, Feinchemie Schwebda und Bayer CropScience (C‑361/06, EU:C:2008:296, Rn. 53 und 54).


43      Urteil vom 22. Mai 2008, Feinchemie Schwebda und Bayer CropScience (C‑361/06, EU:C:2008:296, Rn. 55).


44      Vgl. Nr. 19 der vorliegenden Schlussanträge.


45      Leitlinien für die Verfahren der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln nach Aufnahme eines existierenden Wirkstoffs in Anhang I der Richtlinie 91/414/EWG des Rates (Dok. Sanco/10796/2003 – Rev. 10.4 vom 2. Oktober 2009).


46      Hervorhebung nur hier.