Language of document : ECLI:EU:C:2010:620

Rechtssache C‑467/08

Padawan SL

gegen

Sociedad General de Autores y Editores de España (SGAE)

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Barcelona)

„Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29/EG – Vervielfältigungsrecht – Ausnahmen und Beschränkungen – Ausnahme für Vervielfältigung zu privaten Zwecken – Begriff ‚gerechter Ausgleich‘ – Einheitliche Auslegung – Umsetzung durch die Mitgliedstaaten – Kriterien – Grenzen – Abgabe für Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung“

Leitsätze des Urteils

1.        Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht

(Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b)

2.        Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht

(Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, Erwägungsgründe 35 und 38 sowie Art. 5 Abs. 2 Buchst. b)

3.        Rechtsangleichung – Urheberrecht und verwandte Schutzrechte – Richtlinie 2001/29 – Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft – Vervielfältigungsrecht

(Richtlinie 2001/29 des Europäischen Parlaments und des Rates, Art. 5 Abs. 2 Buchst. b)

1.        Der Begriff „gerechter Ausgleich“ in Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist ein autonomer Begriff des Unionsrechts, der in allen Mitgliedstaaten, die eine Ausnahme für Privatkopien eingeführt haben, einheitlich auszulegen ist, unabhängig von deren Befugnis, innerhalb der vom Unionsrecht, insbesondere von dieser Richtlinie, auferlegten Grenzen die Form, die Art und Weise der Zahlung und Erhebung sowie die Höhe dieses gerechten Ausgleichs festzulegen.

(vgl. Randnr. 37, Tenor 1)

2.        Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass die zwischen den Beteiligten herbeizuführende Ausgewogenheit (der „angemessene Ausgleich“) bedeutet, dass der gerechte Ausgleich notwendigerweise auf der Grundlage des Schadens zu berechnen ist, der den Urhebern geschützter Werke infolge der Einführung der Ausnahme für Privatkopien entstanden ist. Es entspricht den Anforderungen dieses „angemessenen Ausgleichs“, wenn vorgesehen wird, dass die Personen, die über Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung verfügen und sie zu diesem Zweck privaten Nutzern rechtlich oder tatsächlich zur Verfügung stellen oder den Nutzern eine Vervielfältigungsdienstleistung erbringen, Schuldner der Finanzierung des gerechten Ausgleichs sind, da sie die Möglichkeit haben, die tatsächliche Belastung dieser Finanzierung auf die privaten Nutzer abzuwälzen.

Unter Berücksichtigung der praktischen Schwierigkeiten, die privaten Nutzer zu identifizieren und sie zu verpflichten, den Rechtsinhabern den ihnen zugefügten Nachteil zu vergüten, sowie des Umstands, dass sich dieser Nachteil, der sich aus jeder privaten Nutzung ergeben kann, einzeln betrachtet möglicherweise als geringfügig erweist und deshalb, wie der letzte Satz des 35. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2001/29 ausführt, keine Zahlungsverpflichtung begründet, steht es den Mitgliedstaaten insoweit frei, zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs eine „Abgabe für Privatkopien“ einzuführen, die nicht die betroffenen Privatpersonen, sondern diejenigen belastet, die über Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung verfügen.

(vgl. Randnrn. 46, 50, Tenor 2)

3.        Art. 5 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/29 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft ist dahin auszulegen, dass ein Zusammenhang zwischen der Anwendung der zur Finanzierung des gerechten Ausgleichs bestimmten Abgabe auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung und dem mutmaßlichen Gebrauch dieser Anlagen zum Zweck privater Vervielfältigungen notwendig ist. Folglich ist die unterschiedslose Anwendung der Abgabe für Privatkopien auf Anlagen, Geräte und Medien zur digitalen Vervielfältigung, die nicht privaten Nutzern überlassen werden und eindeutig anderen Verwendungen als der Anfertigung von Privatkopien vorbehalten sind, nicht mit der Richtlinie 2001/29 vereinbar.

Wenn dagegen die fraglichen Anlagen natürlichen Personen zu privaten Zwecken überlassen worden sind, ist es nicht erforderlich, nachzuweisen, dass diese mit Hilfe dieser Geräte tatsächlich Privatkopien angefertigt und somit dem Urheber des geschützten Werks tatsächlich einen Nachteil zugefügt haben. Bei diesen natürlichen Personen wird nämlich rechtmäßig vermutet, dass sie diese Überlassung vollständig ausschöpfen, d. h., es wird davon ausgegangen, dass sie sämtliche mit diesen Anlagen verbundenen Funktionen, einschließlich der Vervielfältigungsfunktion, nutzen.

(vgl. Randnrn. 54-55, 59, Tenor 3)