Language of document : ECLI:EU:C:2012:585

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 20. September 2012(1)

Rechtssache C‑394/11

Valeri Hariev Belov

(Vorabentscheidungsersuchen der Komisia za zashtita ot diskriminatsia, Bulgarien)

„Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens – ‚Gericht eines Mitgliedstaats‘ im Sinne von Art. 267 AEUV – Richtlinie 2000/43/EG – Grundsatz der Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft – Mittelbare Diskriminierung – Stadtteile, die mehrheitlich von Angehörigen der Bevölkerungsgruppe der Roma bewohnt werden – Anbringung von Stromzählern in für Verbraucher nicht zugänglicher Höhe – Rechtfertigung – Bekämpfung von Betrug und Missbräuchen – Richtlinien 2006/32/EG und 2009/72/EG – Möglichkeit der Ablesung des individuellen Elektrizitätsverbrauchs durch den jeweiligen Verbraucher“





I –    Einleitung

1.        Ist es diskriminierend, wenn Stromzähler in Stadtteilen, die überwiegend von einer bestimmten ethnischen Gruppe bewohnt werden, erheblich höher aufgehängt werden als anderswo? Dies ist im Kern die Frage, mit der sich der Gerichtshof im vorliegenden Fall auf Ersuchen der bulgarischen Kommission für den Schutz vor Diskriminierung (KZD)(2) zu befassen hat. Sie bietet dem Gerichtshof Gelegenheit, seine Rechtsprechung zu den sogenannten „Antidiskriminierungsrichtlinien“ – im vorliegenden Fall zur Richtlinie 2000/43/EG(3) – zu verfeinern(4), wobei er sich erstmalig der Problematik der mittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft sowie den Möglichkeiten der Rechtfertigung einer solchen Diskriminierung zuzuwenden hat. Als Vorfrage wird der Gerichtshof überdies zu klären haben, ob die KZD überhaupt befugt ist, ihm nach Art. 267 AEUV Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen.

2.        Auslöser des Rechtsstreits ist die in zwei Stadtteilen der bulgarischen Stadt Montana herrschende Praxis, Stromzähler an Strommasten in einer Höhe von 7 m anzubringen, während die Stromzähler anderswo in einer für die Verbraucher zugänglichen Art und Weise auf einer Höhe von bis zu 1,70 m befestigt sind. In den betroffenen Stadtteilen leben hauptsächlich Menschen, die der Bevölkerungsgruppe der Roma angehören(5), so dass sich die Frage stellt, ob es sich bei der beschriebenen Vorgehensweise um eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft handelt.

3.        Angesichts des Umstands, dass von der etwaigen Diskriminierung Roma betroffen sind, weist der vorliegende Fall eine besondere Sensibilität auf. Die Lage der Roma als Europas größter Minderheitengruppe ist in den letzten Jahren immer stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt. Viele der rund zehn bis zwölf Millionen in Europa lebenden Roma sind tagtäglich mit Vorurteilen, Intoleranz, Diskriminierung und sozialer Ausgrenzung konfrontiert. Sie leben häufig als Randgruppe unter äußerst prekären sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen(6). Die soziale und wirtschaftliche Integration der Roma ist deshalb eines der erklärten Ziele der Europäischen Union wie auch der Republik Bulgarien(7). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte sich ebenfalls bereits mehrfach mit Fällen von Diskriminierungen gegen Roma zu befassen(8).

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

4.        Der unionsrechtliche Rahmen dieses Falles wird durch die Richtlinie 2000/43/EG bestimmt. Ergänzend ist auf die Richtlinien 2006/32/EG(9) und 2009/72/EG(10) hinzuweisen, die Regeln über den Elektrizitätsbinnenmarkt bzw. über die Endenergieeffizienz beinhalten.

1.      Die Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/43

5.        Art. 2 der Richtlinie 2000/43 enthält u. a. diese Begriffsbestimmung:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet „Gleichbehandlungsgrundsatz“, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft geben darf.

(2)      Im Sinne von Absatz 1

a)      liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)      liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

…“

6.        Den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/43 legt deren Art. 3 wie folgt fest:

„(1)      Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf:

h)      den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.

…“

7.        Art. 7 der Richtlinie 2000/43, der Regelungen zum Rechtsschutz trifft, bestimmt in seinem Abs. 1:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus dieser Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg sowie, wenn die Mitgliedstaaten es für angezeigt halten, in Schlichtungsverfahren geltend machen können, selbst wenn das Verhältnis, während dessen die Diskriminierung vorgekommen sein soll, bereits beendet ist.“

8.        In Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 ist zur Beweislast Folgendes vorgesehen:

„Die Mitgliedstaaten ergreifen im Einklang mit ihrem nationalen Gerichtswesen die erforderlichen Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass immer dann, wenn Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten und bei einem Gericht oder einer anderen zuständigen Stelle Tatsachen glaubhaft machen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat.“

9.        Schließlich ist auf Art. 13 der Richtlinie 2000/43 hinzuweisen, der den mit der Förderung der Gleichbehandlung befassten Stellen gewidmet ist:

„(1)      Jeder Mitgliedstaat bezeichnet eine oder mehrere Stellen, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung aller Personen ohne Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft zu fördern. Diese Stellen können Teil einer Einrichtung sein, die auf nationaler Ebene für den Schutz der Menschenrechte oder der Rechte des einzelnen zuständig ist.

(2)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass es zu den Zuständigkeiten dieser Stellen gehört,

–        unbeschadet der Rechte der Opfer und der Verbände, der Organisationen oder anderer juristischer Personen nach Artikel 7 Abs. 2 die Opfer von Diskriminierungen auf unabhängige Weise dabei zu unterstützen, ihrer Beschwerde wegen Diskriminierung nachzugehen;

–        unabhängige Untersuchungen zum Thema der Diskriminierung durchzuführen;

–        unabhängige Berichte zu veröffentlichen und Empfehlungen zu allen Aspekten vorzulegen, die mit diesen Diskriminierungen in Zusammenhang stehen.“

2.      Die Richtlinien über den Elektrizitätsbinnenmarkt und die Endenergieeffizienz

10.      Die Richtlinie 2006/32 bezweckt die Steigerung der Effizienz der Endenergienutzung in den Mitgliedstaaten durch verschiedene Maßnahmen, u. a. Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz für die Endverbraucher. In ihrem 29. Erwägungsgrund findet sich u. a. folgende Formulierung:

„Damit die Endverbraucher besser fundierte Entscheidungen in Bezug auf ihren individuellen Energieverbrauch treffen können, sollten sie mit ausreichenden Informationen über diesen Verbrauch und mit weiteren zweckdienlichen Informationen versorgt werden … Die Verbraucher sollten zusätzlich aktiv ermutigt werden, ihre Zählerstände regelmäßig zu überprüfen.“

11.      Außerdem ist in Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2006/32 bestimmt:

„Soweit es technisch machbar, finanziell vertretbar und im Vergleich zu den potenziellen Energieeinsparungen angemessen ist, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass alle Endkunden in den Bereichen Strom, Erdgas, Fernheizung und/oder ‑kühlung und Warmbrauchwasser individuelle Zähler zu wettbewerbsorientierten Preisen erhalten, die den tatsächlichen Energieverbrauch des Endkunden und die tatsächliche Nutzungszeit widerspiegeln.

…“

12.      Die Richtlinie 2009/72 enthält gemeinsame Vorschriften für die Elektrizitätserzeugung, ‑übertragung, ‑verteilung und ‑versorgung und regelt die Organisation und Funktionsweise des Elektrizitätssektors(11). Gemäß Art. 3 Abs. 7 dieser Richtlinie ergreifen die Mitgliedstaaten „geeignete Maßnahmen zum Schutz der Endkunden“, die zumindest im Fall der Haushalts-Kunden die in Anhang I jener Richtlinie aufgeführten Maßnahmen einschließen.

13.      Ausweislich von Anhang I Abs. 1 der Richtlinie 2009/72, der unter der Überschrift „Maßnahmen zum Schutz der Kunden“ steht, „soll mit den in Art. 3 [der Richtlinie] genannten Maßnahmen sichergestellt werden, dass Kunden

h)      über ihre Verbrauchsdaten verfügen können …; [und]

i)      häufig genug in angemessener Form über ihren tatsächlichen Stromverbrauch und ihre Stromkosten informiert werden, um ihren eigenen Stromverbrauch regulieren zu können. … Die Kostenwirksamkeit dieser Maßnahmen wird gebührend berücksichtigt. Den Kunden dürfen dafür keine zusätzlichen Kosten in Rechnung gestellt werden;

…“

B –    Bulgarisches Recht

14.      In Umsetzung einer Reihe von Richtlinien und anderer Rechtsakte der Europäischen Union, einschließlich der Richtlinie 2000/43, wurde in Bulgarien das Gesetz zum Schutz vor Diskriminierungen(12) (ZZD) erlassen, das neben Bestimmungen zum Diskriminierungsverbot auch Regelungen über die Kommission für den Schutz vor Diskriminierung (KZD) enthält. Das Vorabentscheidungsersuchen bezieht sich darüber hinaus auf zahlreiche weitere nationale Vorschriften wie das Energiewirtschaftsgesetz, die Verordnung über den Anschluss der Elektrizitätserzeuger und ‑verbraucher an die Netze für die Übertragung und Verteilung von Elektrizität sowie die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Elektrizitätsversorgungs- und ‑verteilungsunternehmen.

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

15.      Das Ausgangsverfahren geht auf eine Beschwerde von Herrn Belov an die KZD zurück. Herr Belov lebt in der bulgarischen Stadt Montana, genauer gesagt in einem von zwei Bezirken dieser Stadt, die nach den Angaben im Vorabentscheidungsersuchen aufgrund ihrer überwiegend aus Roma bestehenden Bevölkerung als „Roma-Bezirke“ bekannt sind.

16.      Die Versorgung mit elektrischer Energie in der Gemeinde Montana erfolgt durch die ChEZ Elektro Balgaria AD (CEB), die Verteilung des Stroms wird durch die ChEZ Raspredelenie Balgaria AD (CRB) vorgenommen, jeweils unter der Aufsicht der staatlichen Regulierungskommission für Energie und Wasser(13) (DKEVR). Im gesamten Stadtgebiet von Montana befinden sich Stromzähler, die im Eigentum der CRB stehen.

17.      In den Jahren 1998 und 1999 wurden die Stromzähler in den beiden in der Gemeinde Montana belegenen Roma-Bezirken „Ogosta“ und „Kosharnik“, wie auch in einigen anderen Städten des Landes, an Strommasten in einer Höhe von 7 m angebracht. Außerhalb dieser Bezirke sind die Stromzähler in einer Höhe von bis zu 1,70 m Höhe befestigt, meist in den Wohnungen der Verbraucher oder an Außenwänden von Gebäuden bzw. an Umzäunungen.

18.      Um auch bei den in 7 m Höhe angebrachten Stromzählern den Verbrauchern eine zumindest indirekte Sichtkontrolle zu ermöglichen, hat sich die CRB in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen dazu verpflichtet, auf schriftliche Anfrage eines Verbrauchers binnen drei Tagen ein Spezialfahrzeug mit Hebebühne kostenlos bereitzustellen, mittels dessen Mitarbeiter der CRB die Stromzähler ablesen können. Dieses Angebot wurde allerdings bisher von keinem Verbraucher in Anspruch genommen. Alternativ kann der Verbraucher einen kostenpflichtigen Kontrollstromzähler in seiner Wohnung anbringen lassen. Eine andere Möglichkeit der Sichtkontrolle besteht für die Verbraucher in diesen Stadtteilen nicht.

19.      Im Beschwerdeverfahren vor der KZD macht Herr Belov geltend, die Anbringung der Stromzähler in einer Höhe von 7 m diskriminiere ihn aufgrund seiner ethnischen Herkunft. Gleichzeitig beruft er sich darauf, dass alle Personen der ethnischen Herkunft Roma aus den beiden betroffenen Bezirken einer Diskriminierung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit ausgesetzt seien.

20.      Die Beschwerde von Herrn Belov richtet sich gegen die CEB. Die CRB, die jeweiligen gesetzlichen Vertreter und Vorstände der beiden Unternehmen sowie die DKEVR wurden von der KZD zum Ausgangsverfahren beigeladen.

IV – Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

21.      Im Rahmen des Ausgangsverfahrens hat die KZD den Gerichtshof angerufen und ihm folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1)      Fällt der zu untersuchende Fall in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43/EG (hier hinsichtlich Art. 3 Abs. 1 Buchst. h)?

2)      Was ist unter einer „weniger günstigen Behandlung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43 und unter [der Formulierung] „Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 zu verstehen:

2.1)      Ist zur Qualifizierung einer weniger günstigen Behandlung als unmittelbare Diskriminierung unbedingt erforderlich, dass die Behandlung ungünstiger ist und dass sie unmittelbar oder mittelbar gesetzlich ausdrücklich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt oder ist sie als jedwede Form eines Verhaltens (einer Beziehung) im weiteren Sinne des Wortes zu verstehen, das im Vergleich mit dem Verhalten in einer ähnlichen Situation weniger vorteilhaft ist?

2.2)      Ist zur Qualifizierung der Versetzung in eine besondere ungünstige Lage als mittelbare Diskriminierung auch erforderlich, dass sie unmittelbar oder mittelbar gesetzlich ausdrücklich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt oder ist sie im weiteren Sinne als jede Form der Versetzung in eine besondere ungünstige/unvorteilhafte Lage zu verstehen?

3)      In Abhängigkeit von der Antwort auf die zweite Frage:

Wenn zur Qualifizierung als unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 erforderlich ist, dass die weniger günstige Behandlung oder die Versetzung in eine besondere ungünstige Lage unmittelbar oder mittelbar ein gesetzlich festgelegtes Recht oder Interesse verletzt,

3.1)      legen die Bestimmungen des Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, die Richtlinie 2006/32/EG (29. Erwägungsgrund, Art. 1, Art. 13 Abs. 1), die Richtlinie 2003/54/EG (Art. 3 Abs. 5) [und] die Richtlinie 2009/72/EG (Art. 3 Abs. 7) zugunsten des Endverbrauchers des Stroms ein Recht oder Interesse fest, regelmäßig die Anzeigen des Stromzählers überprüfen zu können, das vor den nationalen Gerichten in einem Verfahren wie dem des Ausgangsverfahrens geltend gemacht werden kann,

und

3.2)      sind mit diesen Bestimmungen nationale Rechtsvorschriften und/oder eine mit Genehmigung der staatlichen Regulierungsbehörde für Energie durchgeführte Verwaltungspraxis vereinbar, wonach einem Verteilungsunternehmen die Freiheit eingeräumt wird, die Stromzähler an schwer oder nicht zugänglichen Orten anzubringen, was es den Verbrauchern unmöglich macht, persönlich und regelmäßig die Anzeigen des Stromzählers zu überprüfen und zu verfolgen?

4)      In Abhängigkeit von der Antwort auf die zweite Frage:

Wenn zur Qualifizierung als unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung nicht unbedingt erforderlich ist, dass ein gesetzlich festgelegtes Recht oder Interesse unmittelbar oder mittelbar verletzt ist,

4.1)      sind nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 nationale Rechtsvorschriften oder [eine] Rechtsprechung, wie sie im Ausgangsverfahren in Rede stehen, zulässig, wonach für die Qualifizierung als Diskriminierung verlangt wird, dass die ungünstigere Behandlung und die Versetzung in eine ungünstigere Lage unmittelbar oder mittelbar gesetzlich festgelegte Rechte oder Interessen verletzen?

4.2)      ist das nationale Gericht, wenn sie nicht zulässig sind, dann verpflichtet, sie unangewendet zu lassen und die in der Richtlinie geregelten Begriffsbestimmungen heranzuziehen?

5)      Wie ist Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 auszulegen,

5.1)      dahin, dass er verlangt, dass das Opfer Tatsachen beweist, anhand deren sich ein eindeutiger, unbestreitbarer und sicherer Rückschluss oder eine solche Schlussfolgerung auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aufdrängt, oder reicht es aus, dass die Tatsachen nur die Annahme/Vermutung einer solchen begründen?

5.2)      Führen die Tatsachen, dass

a)      nur in den beiden in der Stadt als Roma-Bezirke bekannten Stadtteilen Stromzähler in den Straßen an Strommasten in einer für eine Sichtkontrolle der Zähleranzeigen durch die Verbraucher nicht zugänglichen Höhe angebracht sind, mit bekannten Ausnahmen innerhalb einiger Teile dieser beiden Stadtbezirke und

b)      in allen übrigen Bezirken der Stadt die Stromzähler in einer anderen, für eine Sichtkontrolle zugänglichen Höhe (bis 1,70 m), meist in der Wohnung der Verbraucher oder an der Fassade des Gebäudes oder an der Umzäunung angebracht sind,

zu einer Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei?

5.3)      Schließen die Umstände, dass

a)      in den beiden in der Stadt als Roma-Bezirke bekannten Stadtteilen nicht nur Roma leben, sondern auch Personen anderer ethnischer Herkunft und/oder

b)      entsprechend, welcher Anteil der Bevölkerung in diesen beiden Bezirken sich tatsächlich selbst als Roma bezeichnet, und/oder

c)      vom Verteilungsunternehmen die Ursachen für eine Umsetzung der Stromzähler in diesen beiden Stadtbezirken auf diese Höhe von 7 m als allgemein bekannt bezeichnet werden,

die Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei aus?

6)      In Abhängigkeit von der Antwort auf Frage 5:

6.1)      Wenn Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 dahin auszulegen ist, dass eine Annahme/Vermutung für das Vorliegen einer Diskriminierung erforderlich ist, und wenn die vorgenannten Tatsachen zu einer Verlagerung der Beweislast auf die beklagte Partei führen, welche Form einer Diskriminierung lassen dann diese Tatsachen vermuten – eine unmittelbare, eine mittelbare Diskriminierung und/oder eine Belästigung?

6.2)      Erlauben es die Bestimmungen der Richtlinie 2000/43, dass die unmittelbare Diskriminierung und/oder die Belästigung mit der Verfolgung eines gesetzlichen Ziels durch erforderliche und geeignete Mittel gerechtfertigt wird?

6.3)      Kann unter Berücksichtigung der von dem Verteilungsunternehmen hervorgehobenen gesetzlichen Ziele, die es verfolgt, die in den beiden Stadtbezirken angewandte Maßnahme in einer Situation gerechtfertigt werden, in der

а)      die Maßnahme wegen unbezahlter Rechnungen, die sich in den beiden Stadtbezirken angehäuft haben, wegen häufiger Zuwiderhandlungen der Verbraucher, die die Sicherheit, die Qualität, das fortlaufende und gefahrlose Funktionieren der Elektrizitätsanlagen beeinträchtigen oder gefährden, angewandt wird

und

die Maßnahme kollektiv angewandt wird, unabhängig davon, ob der konkrete Verbraucher seine Rechnungen für die Verteilung und für die Lieferung von Strom bezahlt oder nicht, und unabhängig davon, ob feststeht, dass der konkrete Verbraucher irgendeine Zuwiderhandlung (eine Manipulation der Anzeigen des Stromzählers, einen unrechtmäßigen Anschluss und/oder eine unrechtmäßige Entnahme/einen unrechtmäßigen Verbrauch von Strom ohne Zählung und Zahlung oder irgendwelche anderen Eingriffe in das Netz, die dessen sicheres, qualitatives, fortlaufendes und gefahrloses Funktionieren beeinträchtigen oder gefährden) begangen hat;

b)      für jede vergleichbare Zuwiderhandlung in Rechtsvorschriften und in den Allgemeinen Bedingungen des Verteilungsvertrags Verantwortlichkeiten vorgesehen sind, und zwar zivilrechtliche, verwaltungsrechtliche sowie strafrechtliche;

c)      die in Art. 27 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen des Verteilungsvertrags vorgesehene Klausel – das Verteilungsunternehmen stellt auf ausdrückliches schriftliches Verlangen des Verbrauchers die Möglichkeit einer Sichtkontrolle der Anzeigen des Stromzählers sicher – es dem Verbraucher tatsächlich nicht ermöglicht, persönlich und regelmäßig die ihn betreffenden Anzeigen zu überprüfen;

d)      eine Möglichkeit besteht, aufgrund eines ausdrücklichen schriftlichen Ersuchens einen Kontrollstromzähler in der Wohnung des Verbrauchers zu installieren, wofür dieser eine Gebühr entrichten muss;

e)      die Maßnahme ein eigenartiges und sichtbares Kennzeichen für die Unlauterkeit des Verbrauchers in der einen oder anderen Form aufgrund des von dem Verteilungsunternehmen behaupteten allgemein bekannten Charakters der Ursachen für die Anwendung dieser Maßnahme ist;

f)      andere technische Methoden und Mittel zum Schutz vor Eingriffen in die Stromzähler bestehen;

g)      der Prozessbevollmächtigte des Verteilungsunternehmens ausführt, dass die in einem Roma-Stadtbezirk in einer anderen Stadt angewandte ähnliche Maßnahme Eingriffe tatsächlich nicht habe verhindern können;

h)      von der in einem dieser Stadtbezirke aufgestellten elektrischen Anlage, einer Trafostation, nicht angenommen wird, dass sie zur Sicherheit ähnlichen Maßnahmen wie die Stromzähler zu unterziehen ist?

22.      Am Verfahren vor dem Gerichtshof haben sich CEB und CRB(14), die bulgarische Regierung und die Europäische Kommission schriftlich und mündlich beteiligt. Herr Belov war in der mündlichen Verhandlung vom 11. Juli 2012 vor dem Gerichtshof vertreten.

V –    Rechtliche Würdigung

A –    Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

23.      Einige Verfahrensbeteiligte hinterfragen die Zulässigkeit des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens. Hauptsächlich rügen diese Beteiligten die ihrer Meinung nach fehlende Gerichtseigenschaft der KZD. Am Rande bringen sie überdies vor, einzelne dem Gerichtshof vorgelegte Fragen seien hypothetisch.

1.      Zur Vorlageberechtigung der KZD

24.      Angesichts der Vielzahl unabhängiger Behörden, die in den letzten Jahren – nicht zuletzt in Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben – in den Mitgliedstaaten geschaffen wurden, verwundert es nicht, dass der Gerichtshof immer wieder mit der Frage konfrontiert wird, ob derartige Stellen Vorabentscheidungsersuchen initiieren können(15).

25.      Zur Feststellung der Vorlageberechtigung einer unabhängigen Behörde wie der KZD ist zu prüfen, ob diese Einrichtung als „Gericht eines Mitgliedstaats“ im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden kann. Während die Europäische Kommission und die bulgarische Regierung dies bejahen, vertreten CEB und CRB den entgegengesetzten Standpunkt.

26.      Die Beurteilung der Vorlageberechtigung ist nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine rein unionsrechtliche Frage. Ob es sich bei der vorlegenden Stelle um ein Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV handelt, wird dabei anhand einer Reihe von Merkmalen bestimmt, wie der gesetzlichen Grundlage der Einrichtung, ihrem ständigen Charakter, der obligatorischen Gerichtsbarkeit, dem streitigen Verfahren, der Anwendung von Rechtsnormen durch die Einrichtung sowie deren Unabhängigkeit(16). Außerdem können nationale Stellen den Gerichtshof nur dann anrufen, wenn bei ihnen ein Rechtsstreit anhängig ist und sie im Rahmen eines Verfahrens zu entscheiden haben, das auf eine Entscheidung mit Rechtsprechungscharakter abzielt(17). Daher ist im Folgenden anhand der konkreten Regelungen über das Verfahren und die Struktur der KDZ zu erörtern, ob sie diesen Kriterien gerecht wird.

27.      Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang, dass die Gerichtseigenschaft der KZD nicht kurzerhand unter Verweis auf ihren unionsrechtlichen Auftrag als eine zur Förderung der Gleichbehandlung und zur Gewährung von Rechtsschutz für Diskriminierungsopfer geschaffene Stelle (Art. 7 und 13 der Richtlinie 2000/43) bejaht werden kann. Denn der Rechtsschutz, den die Richtlinie 2000/43 verlangt, betrifft den „Gerichts- und/oder Verwaltungsweg“ (Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43), wird also nicht notwendigerweise nur vor Gerichten erlangt. Folglich ist es erforderlich, im Einzelnen zu prüfen, ob die KZD die Anforderungen erfüllt, die das Unionsrecht nach Art. 267 AEUV an die Gerichte der Mitgliedstaaten stellt.

28.      Unproblematisch sind die gesetzliche Grundlage, der ständige Charakter dieser Einrichtung sowie die Anwendung von Rechtsnormen durch die KZD(18). Auch das Kriterium des streitigen Verfahrens wird im Fall der KZD gewahrt(19). Höchst umstritten sind demgegenüber im vorliegenden Fall die Unabhängigkeit der KZD, der obligatorische Charakter ihrer Zuständigkeit sowie der Rechtsprechungscharakter ihrer Entscheidungen.

a)      Unabhängigkeit

29.      Der Begriff der richterlichen Unabhängigkeit umfasst nach gefestigter Rechtsprechung zwei Aspekte: einen externen und einen internen.

30.      Der externe Aspekt der Unabhängigkeit setzt voraus, dass die Stelle, die zur Entscheidung berufen ist, vor Interventionen oder Druck von außen geschützt ist, welche die Unabhängigkeit des Urteils ihrer Mitglieder im Hinblick auf die ihnen unterbreiteten Streitigkeiten gefährden könnten(20). Im vorliegenden Fall bestehen keine Zweifel an der externen Unabhängigkeit der Mitglieder des Entscheidungsgremiums der KZD. Auf sie finden die Regeln über die Unabhängigkeit der Richter in der bulgarischen Zivilprozessordnung entsprechend Anwendung(21). Damit genießen sie vergleichbare Garantien wie Richter an den ordentlichen bulgarischen Gerichten.

31.      Was den internen Aspekt der Unabhängigkeit anbelangt, so steht er mit dem Begriff der Unparteilichkeit im Zusammenhang und bezieht sich darauf, dass hinsichtlich der Parteien des Rechtsstreits und ihren jeweiligen Interessen an dessen Gegenstand ein gleicher Abstand gewahrt wird(22).

32.      CEB und CRB sind der Auffassung, dass die KZD nicht objektiv unparteilich sei(23). Sie begründen dies mit dem Aufbau der KZD, insbesondere mit der Verbindung zwischen dem Entscheidungsgremium innerhalb der KZD und dem ihm untergeordneten Verwaltungsapparat, sowie den von der KZD wahrgenommenen Aufgaben.

33.      Diese Einwände sind jedoch wenig überzeugend.

34.      In funktionaler Hinsicht besteht nämlich eine klare Trennung zwischen dem Entscheidungsgremium der KZD und der diesem Gremium untergeordneten Verwaltungsstelle. Zwar kann diese Verwaltungsstelle juristische Gutachten zu Diskriminierungsfragen auch für die Kommissionsmitglieder erstellen. Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen ist jedoch nicht ersichtlich, dass die Verwaltungsstelle selbst an der Entscheidungsfindung der Kommissionsmitglieder beteiligt wäre(24). Auch die Gewährung von Rechtshilfe für vermeintliche Diskriminierungsopfer, die zu den Aufgaben der KZD als Organ gehört(25), erfolgt nur durch die Verwaltungsstelle, nicht aber durch die Kommissionsmitglieder selbst. Darüber hinaus hat die bulgarische Regierung in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass eine Beratung und Unterstützung von Diskriminierungsopfern nur außerhalb anhängiger Verfahren stattfindet. Weder die Kommissionsmitglieder noch die Verwaltungsstelle stehen also im Rahmen eines anhängigen Beschwerdeverfahrens auf der Seite einer der Parteien. Vielmehr entscheiden die Kommissionsmitglieder objektiv und unabhängig über Verstöße gegen das ZZD(26).

35.      Der bloße Umstand, dass die KZD als Stelle zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung geschaffen wurde(27), führt nicht etwa dazu, dass sie automatisch auf Seiten der Opfer stünde und deswegen parteilich wäre. Zwar hat die KZD über die Wahrung der gesetzlichen Regelungen des ZZD zu wachen. Wie ein Gericht erfüllt sie diese Aufgabe jedoch als objektive und unabhängige staatliche Stelle, die in einem Beschwerdeverfahren nicht nur das Vorliegen, sondern auch das etwaige Nichtvorliegen einer Diskriminierung festzustellen hat.

36.      Aus alledem ergibt sich, dass die KZD hinreichend unabhängig ist, um als Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen zu werden.

b)      Rechtsprechungstätigkeit

37.      CEB und CRB machen darüber hinaus geltend, die KZD übe keine Rechtsprechungstätigkeit aus. Bei der KDZ handle es sich nicht um ein Organ der Judikative, sondern vielmehr um eine Verwaltungsbehörde. Dies folge aus den ihr zugewiesenen Aufgaben sowie aus der Tatsache, dass die KZD in einem späteren Rechtsbehelfsverfahren gegen ihre eigenen Entscheidungen als Partei auftrete(28), dass sie von Amts wegen gegen Diskriminierungen einschreiten könne(29), dass sie ihre eigenen Entscheidungen mit Zustimmung der Parteien aufheben könne und dass die Verfahren vor Zivilgerichten Vorrang vor jenen vor der KZD genössen(30).

38.      Dazu ist erstens anzumerken, dass die Wahrnehmung bestimmter administrativer Aufgaben durch die KZD deren Gerichtseigenschaft nicht von vornherein ausschließt. Der Gerichtshof hat nämlich bereits mehrfach entschieden, dass die Vorlageberechtigung einer Einrichtung sowohl anhand struktureller als auch anhand funktioneller Kriterien zu prüfen ist. Auf dieser Grundlage kann ein und dieselbe nationale Einrichtung teils als Gericht, teils als Verwaltungsbehörde einzustufen sein, je nachdem, ob sie im konkreten Einzelfall gerichtliche Funktionen ausübt oder Aufgaben administrativer Art wahrnimmt(31). Es ist daher erforderlich, die spezifische Natur der Aufgaben zu prüfen, die die KZD in dem konkreten normativen Kontext ausübt, in dem sie sich im vorliegenden Fall zur Anrufung des Gerichtshofs veranlasst sah(32).

39.      Hier hat sich das unabhängige Entscheidungsgremium der KZD im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens an den Gerichtshof gewandt. In diesem Verfahren wird auf Antrag eines vermeintlichen Diskriminierungsopfers die Vereinbarkeit der streitgegenständlichen Maßnahmen mit dem ZZD unparteiisch geprüft. Diese Tätigkeit kann daher als Rechtsprechungstätigkeit qualifiziert werden. Die in anderem Zusammenhang von der den Kommissionsmitgliedern untergeordneten Verwaltungsstelle wahrgenommenen administrativen Aufgaben wie die Beratung von Opfern oder die Vertretung der KZD in der nächsthöheren Instanz sind für die Beurteilung des Rechtsprechungscharakters eines Beschwerdeverfahrens wie des vorliegenden ohne Belang.

40.      Zweitens spielt es keine Rolle, dass das Entscheidungsgremium der KZD theoretisch auch von Amts wegen ein Verfahren einleiten kann(33). Denn jedenfalls im vorliegenden Fall ist die KZD nicht aus eigener Initiative, sondern auf Beschwerde eines vermeintlichen Diskriminierungsopfers tätig geworden. Für die Beurteilung ihrer Vorlageberechtigung ist es unerheblich, ob die vorlegende Stelle bei Erledigung anderer Aufgaben als derjenigen, die zur Vorlage an den Gerichtshof geführt haben, als Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV zu qualifizieren wäre(34).

41.      Drittens spricht der Umstand, dass die KZD andere Parteien im Wege der Beiladung in das Beschwerdeverfahren vor den Kommissionsmitgliedern einbeziehen kann, ebenfalls nicht gegen ihre Gerichtseigenschaft. Vielmehr handelt es sich dabei um einen Vorgang, der auch in Verfahren vor klassischen Verwaltungsgerichten durchaus üblich ist(35).

42.      Ebenso wenig sprechen viertens die Regelungen zum Verhältnis zwischen dem Verfahren vor der KZD und Verfahren vor den bulgarischen Zivilgerichten gegen die Gerichtseigenschaft der KZD. Anders als CEB und CRB sehe ich vielmehr in diesen Regelungen, die Gegenstand ausführlicher Erörterung in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof waren, eher ein Argument für als gegen die Vorlageberechtigung der KZD.

43.      Zwar darf die KZD dann nicht über eine Beschwerde entscheiden, wenn dieselbe Rechtssache bereits vor einem bulgarischen Zivilgericht anhängig ist(36). Darin kommt jedoch nur der allgemeine prozessrechtliche Grundsatz der Litispendenz zum Ausdruck, wonach ein Gerichtsverfahren unzulässig ist, wenn derselbe Streitgegenstand bereits anderweitig rechtshängig ist(37). Dass eine solche Regelung auch auf die KZD anwendbar ist, spricht für ihre Gerichtseigenschaft im Sinne von Art. 267 AEUV. Würde es sich bei einem Verfahren wie dem Ausgangsverfahren nicht um ein Verfahren mit Rechtsprechungscharakter handeln, wäre es nämlich von vornherein nicht erforderlich, eine Regelung zur entgegenstehenden Rechtshängigkeit vor den Zivilgerichten zu schaffen – ein Problem der Litispendenz könnte dann ohnehin nicht auftreten.

44.      Dass die KZD ihre Zuständigkeit auch durch ein später eingeleitetes zivilgerichtliches Verfahren verlieren würde, die Rechtshängigkeit vor der KZD also „weniger wert“ sein könnte als die Rechtshängigkeit vor den Zivilgerichten, ist – jedenfalls nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen – nicht ersichtlich. CEB und CRB haben zwar in diese Richtung argumentiert, ihr Vorbringen in diesem Punkt blieb jedoch selbst auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung äußerst vage, insbesondere konnten CEB und CRB keine konkret einschlägige Rechtsvorschrift zur Untermauerung ihrer These zitieren. In Ermangelung gegenteiliger Anhaltspunkte ist deshalb davon auszugehen, dass die Regel der Litispendenz stets in gleicher Weise zur Anwendung kommt, gleichviel, ob in einem konkreten Fall zuerst ein bulgarisches Zivilgericht oder zuerst die KZD angerufen wurde. Dies spricht für die Gerichtseigenschaft der KZD.

45.      Schließlich spricht auch der Umstand, dass die KZD ihre eigenen Urteile mit Zustimmung der Parteien aufheben oder abändern kann(38), nicht gegen ihre Gerichtseigenschaft. Verwaltungsbehörden können ihre Entscheidungen in der Regel ohne Zustimmung der Parteien aufheben; nach den übereinstimmenden Angaben der Verfahrensbeteiligten gilt dies auch im bulgarischen Recht. Gerichtliche Entscheidungen können hingegen bis zum Eintritt ihrer Rechtskraft üblicherweise in einem Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden, nach Eintritt der Rechtskraft nur höchst ausnahmsweise im Wege der Wiederaufnahme des Verfahrens. Dass die Abänderung von Entscheidungen der KZD scheinbar unter erleichterten Voraussetzungen möglich ist, mag man zwar als Ausdruck einer Art „Zwitterstellung“ des KZD-Entscheidungsgremiums zwischen einer klassischen Verwaltungsbehörde und einem klassischen Gericht sehen. Entscheidend ist jedoch, dass eine Abänderung der im Beschwerdeverfahren ergangenen Entscheidungen der KZD nur mit Zustimmung beider Parteien möglich ist. Damit kann diese Abänderungsmöglichkeit letztlich als Ausdruck eines – weit verstandenen – Dispositionsprinzips im Gerichtsverfahren gesehen werden(39).

c)      Obligatorische Gerichtsbarkeit

46.      Des Weiteren machen CEB und CRB noch geltend, dass es sich bei den Beschwerdeverfahren vor der KZD nicht um eine obligatorische Gerichtsbarkeit handle. Sie begründen dies mit Art. 71 ZZD, der dem Betroffenen die Wahl eröffnet, sich im Falle einer Diskriminierung auch an ein Zivilgericht zu wenden. Da die Anrufung der KZD somit nicht der einzig mögliche Rechtsbehelf sei, um gegen eine Diskriminierung vorzugehen, sei das Kriterium der obligatorischen Gerichtsbarkeit nicht erfüllt.

47.      Im Urteil Dorsch Consult hatte sich der Gerichtshof u. a. mit dem Begriff der obligatorischen Gerichtsbarkeit zu befassen. Er hat darin differenziert zwischen „obligatorisch“ im Sinne einer einzigen Möglichkeit, um Rechtsschutz zu erlangen, und „obligatorisch“ im Sinne einer bindenden, verpflichtenden Entscheidung(40). Eine klare Festlegung dahin gehend, dass der einen oder der anderen dieser Auslegungsalternativen der Vorzug zu geben wäre, brauchte der Gerichtshof in jenem Fall nicht zu treffen, da die Rechtsprechung der seinerzeit betroffenen Einrichtung in beiderlei Hinsicht „obligatorisch“ war. Insofern bietet der vorliegende Fall dem Gerichtshof Gelegenheit, seine Rechtsprechung in diesem Punkt weiter zu präzisieren.

48.      Wie die Europäische Kommission in der Rechtssache Dorsch Consult(41) sowie in der mündlichen Verhandlung zum vorliegenden Fall, so neige auch ich dazu, unter „obligatorisch“ lediglich den bindenden Charakter der Entscheidungen der vorlegenden Stelle zu verstehen. Würde man nämlich schon beim bloßen Bestehen alternativer Rechtsschutzmöglichkeiten das Vorliegen einer obligatorischen Gerichtsbarkeit ablehnen, so könnte streng genommen selbst ein klassisches Zivilgericht in einem Fall wie dem vorliegenden den Gerichtshof nicht um Vorabentscheidung ersuchen, da es auch zu seinem Verfahren eine alternative Rechtsschutzmöglichkeit gäbe, nämlich das Beschwerdeverfahren vor der KZD(42). Dies hätte die widersinnige Konsequenz, dass beide mit der Behandlung von Rechtsbehelfen nach dem ZZD betrauten bulgarischen Organe nicht befugt wären, dem Gerichtshof Fragen zur Auslegung der Richtlinie 2000/43 vorzulegen.

49.      Maßgeblich kann demzufolge sinnvollerweise nur sein, ob eine von der KZD im Beschwerdeverfahren erlassene Entscheidung von den Parteien zwingend zu beachten ist. Dies ist hier der Fall. Wie die bulgarische Regierung ausführt und wie sich im Übrigen aus Art. 69 und 82 ZZD ergibt, erwachsen die Entscheidungen der KZD in Rechtskraft, sie sind für die Parteien bindend, und Verstöße gegen sie können mit einer Geldbuße geahndet werden.

50.      Zusammenfassend bin ich daher der Meinung, dass die KZD im konkreten Fall als Gericht im Sinne von Art. 267 AEUV angesehen werden sollte.

2.      Zum vermeintlich hypothetischen Charakter der Vorlagefragen

51.      CEB und CRB machen schließlich noch geltend, die zweite und sechste Vorlagefrage seien insoweit hypothetischer Natur, als sie sich auf eine unmittelbare Diskriminierung bzw. Belästigung beziehen. Da es sich im vorliegenden Fall allenfalls um eine mittelbare Diskriminierung handle, seien die Vorlagefragen lediglich in Bezug auf diese Form der Diskriminierung zulässig.

52.      Zutreffend ist, dass es sich bei der streitgegenständlichen Maßnahme nicht zugleich um eine unmittelbare und um eine mittelbare Diskriminierung handeln kann. Welche Form der Diskriminierung vorliegt, hat die KZD als vorlegendes Gericht anhand der Umstände des Einzelfalls und unter Würdigung aller Tatsachen zu ermitteln. Die KZD erbittet jedoch gerade eine Auslegung der jeweiligen Diskriminierungsform, um feststellen zu können, um welche es sich im vorliegenden Fall handelt. Wollte man das Vorabentscheidungsersuchen lediglich in Bezug auf eine einzige Form der Diskriminierung für zulässig erklären, würde der Gerichtshof zum einen der Tatsachenwürdigung der KZD vorgreifen und zum anderen der KZD möglicherweise eine unsachdienliche Antwort geben.

53.      Soweit sich einzelne Fragen oder Teile von ihnen jedoch im Rahmen der rechtlichen Würdigung tatsächlich als hypothetisch oder überflüssig erweisen sollten, werde ich auf diese in meinem Antwortvorschlag nicht eingehen.

3.      Zwischenergebnis

54.      Das Vorabentscheidungsersuchen ist somit vollumfänglich zulässig.

B –    Inhaltliche Würdigung der Vorlagefragen

55.      Mit ihrem äußerst detaillierten Fragenkatalog erbittet die KZD Auskunft darüber, welche Tragweite der Grundsatz der Gleichbehandlung im Hinblick auf die ethnische Herkunft von Personen hat und welche Anforderungen in diesem Zusammenhang an den Beweis einer Diskriminierung zu stellen sind. Es bietet sich an, bestimmte von der KZD aufgeworfene Teilfragen bei der Beantwortung dieses Vorabentscheidungsersuchens zusammenzufassen.

1.      Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43 (erste Vorlagefrage)

56.      Mit ihrer ersten Frage möchte die KZD wissen, ob ein Sacherverhalt wie der des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43 fällt. Konkret fragt die KZD nach der Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie, der den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen betrifft, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Ob darunter neben der Elektrizitätsversorgung als solcher auch die Versorgung mit Stromzählern fällt, ist zwischen den Beteiligten streitig.

57.      Die bulgarische Regierung, CEB und CRB vertreten eine enge Auslegung des Anwendungsbereichs der Richtlinie. Die Union sei für Regelungen bezüglich der Stromzähler nicht zuständig. Ihrer Ansicht nach fallen lediglich die Schaffung eines Elektrizitätsbinnenmarkts und die Verbesserung der Funktionsweise dieses Marktes in den Anwendungsbereich des Unionsrechts. Die Versorgung mit Stromzählern sei jedoch keine Maßnahme, die hierfür erforderlich wäre, so dass der vorliegende Fall aufgrund der in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2000/43 enthaltenen Beschränkung auf Sachverhalte „im Rahmen der auf die [Union] übertragenen Zuständigkeiten“ nicht von der Richtlinie umfasst sei. Darüber hinaus handle es sich bei kostenlosen Stromzählern nicht um eine Dienstleistung im Sinne der Richtlinie, da hierfür kein Entgelt erbracht werde. Der Zugang zu Stromzählern sei zudem, so CEB und CRB, nicht mit der Versorgung mit Strom gleichzusetzen. Art. 3 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2000/43 erfasse nur die Elektrizitätsversorgung an sich, nicht hingegen das Zurverfügungstellen von Stromzählern.

58.      Diese Argumentation geht fehl.

59.      Unstreitig gehört die Elektrizitätsversorgung als solche als Dienstleistung gemäß Art. 3 Abs. 1 Buchst. h der Richtlinie 2000/43 zu den Bereichen, in denen eine Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft untersagt ist. Fest steht auch, dass CRB ihren Verbrauchern Stromzähler zur Verfügung gestellt hat und die Stromzähler somit faktisch Teil der Gesamtbedingungen sind, zu denen der Strom im vorliegenden Fall von den Verbrauchern bezogen wird.

60.      Gerade diese Gesamtbedingungen sind es aber, die die Dienstleistung „Elektrizitätsversorgung“ im konkreten Fall ausmachen. Ihre Einzelbestandteile können nicht getrennt voneinander betrachtet werden. Eine Berufung darauf, dass nur die Versorgung mit Elektrizität an sich diskriminierungsfrei zur Verfügung gestellt werden müsse und alles, was darüber hinausgeht, insbesondere die nähere Ausgestaltung der Versorgungsbedingungen, nicht vom Anwendungsbereich der Richtlinie umfasst werde, überzeugt nicht.

61.      Man stelle sich vor, ein öffentlicher Verkehrsbetrieb würde in Bussen unterschiedliche Sitzplätze je nach Geschlecht, Hautfarbe oder ethnischer Herkunft der Passagiere vorsehen. Selbst wenn alle Fahrgäste befördert würden und damit zweifellos in den Genuss der Transportdienstleistung als solcher kämen, läge doch auf der Hand, dass die konkreten Bedingungen, zu denen sie befördert werden, nicht die gleichen sind.

62.      Ziel der Richtlinie 2000/43 ist es gerade, den Schutz vor Diskriminierung in bestmöglicher Weise sicherzustellen und dabei ein möglichst hohes Schutzniveau zu erreichen(43). Die praktische Wirksamkeit des Diskriminierungsverbots wäre gefährdet, wenn man die geschützten Bereiche nur auf ihren Kern reduzieren wollte. Legte man die in Art. 3 der Richtlinie aufgezählten Materien eng aus, so würde dies zu einer Verringerung des Diskriminierungsschutzes auf ein absolutes Mindestmaß führen, was mit dem soeben erwähnten Richtlinienziel unvereinbar wäre.

63.      Letztlich ist die Richtlinie 2000/43 eine besondere Konkretisierung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes, der einer der tragenden Grundsätze des Unionsrechts ist und gemäß Art. 20 und 21 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union grundrechtlichen Schutz genießt. Auch aus diesem Grund darf ihr Geltungsbereich nicht eng definiert werden(44).

64.      Deshalb wird in einem Fall wie dem vorliegenden nicht nur die Elektrizitätsversorgung an sich vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43 erfasst, sondern auch die Bedingungen, zu denen diese Elektrizitätsversorgung gewährt wird, einschließlich des Zurverfügungstellens von Stromzählern(45).

65.      Dagegen lässt sich nicht einwenden, die Stromzähler würden von den Verbrauchern kostenlos genutzt, wohingegen die Richtlinie sich nur auf entgeltliche Dienstleistungen beziehe. Denn jedenfalls die Stromlieferung als Hauptgegenstand des Dienstleistungsvertrags erfolgt gegen Entgelt, und es ist davon auszugehen, dass die Kosten für die Stromzähler im Strompreis enthalten sind und auf diese Weise jedenfalls indirekt auf die Verbraucher umgelegt werden. Wie bereits oben ausgeführt, lassen sich die Elektrizitätsversorgung und das Zurverfügungstellen eines Zählers nicht trennen. Insbesondere wäre ein Stromzähler ohne entsprechende Elektrizitätsversorgung nutzlos. Der Stromzähler ist deshalb keine eigenständige Dienstleistung, sondern vielmehr Teil der Gesamtdienstleistung „Elektrizitätsversorgung“.

66.      Was schließlich die Zuständigkeiten der Union anbelangt, auf die Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 einleitend Bezug nimmt, so genügt der Hinweis, dass der Unionsgesetzgeber für die Regelung des Elektrizitätsbinnenmarkts zuständig ist(46). Von dieser Zuständigkeit hat er im Übrigen – ohne dass dies entscheidend wäre – bereits mehrfach Gebrauch gemacht, wobei er nicht zuletzt Regelungen zur Information der Endverbraucher über ihren Elektrizitätsverbrauch getroffen und dabei auch Stromzähler ausdrücklich erwähnt hat(47).

67.      Alles in allem schlage ich daher dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43 fällt.

2.      Kein Erfordernis der Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen (zweite bis vierte Vorlagefrage)

68.      Mit ihrer zweiten und vierten Vorlagefrage möchte die KZD wissen, ob eine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/43 nur dann gegeben ist, wenn gesetzlich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt werden, oder ob eine Diskriminierung auch unabhängig davon angenommen werden kann. Sollte diese Richtlinie keine Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen voraussetzen, stellt sich die Folgefrage, ob eine nationale Vorschrift, die ein solches Erfordernis vorsieht, mit der Richtlinie vereinbar ist.

69.      Hintergrund dieser Fragen ist, dass nach der Begriffsbestimmung im bulgarischen Recht, genauer gesagt gemäß § 1 Nr. 7 der Zusatzbestimmungen zum ZZD(48), eine „weniger günstige Behandlung“ nur dann vorliegen soll, wenn unmittelbar oder mittelbar gesetzlich festgelegte Rechte oder Interessen verletzt werden. CEB beruft sich auf diese Vorschrift und argumentiert, dass Verbraucher keinen Anspruch auf Installation eines kostenlosen Stromzählers hätten. Mangels Rechtsverletzung könne deshalb auch nicht von einer Diskriminierung ausgegangen werden.

70.      Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Diskriminierung regelt Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43. Von einer unmittelbaren Diskriminierung ist nach Buchst. a dann auszugehen, „wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.“ Die zugrunde liegende Ungleichbehandlung knüpft also direkt an die Rasse oder ethnische Herkunft an. Eine mittelbare Diskriminierung liegt hingegen nach Buchst. b vor, „wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können“.

71.      Beide Formen der Diskriminierung setzen nach dem Wortlaut der Richtlinie 2000/43 keine Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen voraus. Vielmehr kommt es allein darauf an, dass eine weniger günstige Behandlung oder eine Benachteiligung vorliegt, unabhängig davon, in Bezug worauf diese Behandlung oder Benachteiligung erfolgt, ob dabei Rechte oder Interessen verletzt werden, und wenn ja, welche. Mehr noch, nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs setzt eine Diskriminierung noch nicht einmal ein konkretes Diskriminierungsopfer voraus(49).

72.      Für die Annahme einer Diskriminierung reicht somit jegliche Behandlung einer Person oder Personengruppe aus, die weniger vorteilhaft ist als die Behandlung, die eine andere Person oder Personengruppe erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die Aufstellung zusätzlicher, in der Richtlinie 2000/43 nicht vorgesehener Voraussetzungen ließe sich mit dem vom Unionsgesetzgeber angestrebten hohen Schutzniveau nicht vereinbaren.

73.      Im Übrigen ist davon auszugehen, dass die Richtlinie 2000/43, wenn sie eine Rechtsverletzung voraussetzen würde, dies ausdrücklich festgelegt hätte, wie dies beispielsweise für die Frage des Rechtsschutzes in ihrem Art. 7 Abs. 1 geschehen ist. Im Umkehrschluss lässt sich folgern, dass für das Vorhandensein einer Diskriminierung eine irgendwie geartete Verletzung von Rechten oder Interessen nicht erforderlich ist.

74.      Da die Richtlinie 2000/43 somit keine Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen verlangt, kommt es nicht darauf an, ob Verbraucher einen Anspruch bzw. ein Recht auf Zugang zu kostenlosen Stromzählern haben – sei es aus dem nationalen Recht oder aus dem Unionsrecht.

75.      Vor diesem Hintergrund stellt sich allerdings die Folgefrage, ob nationale Vorschriften, die eine solche Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen zur Voraussetzung für die Annahme einer Diskriminierung machen, unionsrechtskonform sind.

76.      Diese Frage ist zu verneinen. Die Richtlinie 2000/43 zielt nämlich darauf ab, Mindestanforderungen zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und zur Verhinderung von Diskriminierungen festzulegen. Zwar stellt sie es den Mitgliedstaaten ausdrücklich frei, Vorschriften zu erlassen bzw. beizubehalten, die für die Betroffenen günstiger sind als die unionsrechtlichen Vorgaben(50). Unvereinbar mit der Richtlinie sind jedoch nationale Bestimmungen, die für die Betroffenen weniger günstig sind und die somit hinter den unionsrechtlichen Mindestanforderungen zurückbleiben. Genau dies würde aber das Erfordernis der Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen als zusätzliche innerstaatliche Voraussetzung für die Annahme einer Diskriminierung bewirken.

77.      In Bezug auf den letzten Teil der vierten Vorlagefrage, mit dem die KZD wissen möchte, wie das nationale Gericht im Falle einer Unvereinbarkeit der bulgarischen Bestimmungen mit der Richtlinie 2000/43 vorzugehen hat, genügt ein Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Gerichtshofs: Soweit möglich, sind im Ausgangsverfahren die nationalen Vorschriften richtlinienkonform auszulegen und anzuwenden. Die nationalen Gerichte müssen also das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auslegen, um das mit der Richtlinie angestrebte Ergebnis zu erreichen(51). Sie müssen unter Berücksichtigung des gesamten nationalen Rechts und unter Anwendung ihrer Auslegungsmethoden alles tun, was in ihrer Zuständigkeit liegt, um die volle Wirksamkeit der fraglichen Richtlinie zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem von der Richtlinie verfolgten Ziel übereinstimmt(52).

78.      Auf der Grundlage der dem Gerichtshof vorliegenden Informationen deutet nichts darauf hin, dass es im Ausgangsverfahren ausgeschlossen wäre, die einschlägigen Vorschriften des bulgarischen Rechts, namentlich die des ZZD, im Einklang mit der Richtlinie 2000/43 auszulegen und anzuwenden.

79.      Sollte die KZD gleichwohl zu dem Schluss kommen, dass eine richtlinienkonforme Auslegung und Anwendung des bulgarischen Rechts nicht möglich ist, so wäre Folgendes zu bedenken: Zwar kann Herr Belov gegenüber den Unternehmen CEB und CRB nicht unmittelbar aus der Richtlinie 2000/43 Ansprüche herleiten. Denn eine Richtlinie kann nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist(53).

80.      Das Verbot der Diskriminierung wegen der Rasse und der ethnischen Herkunft ist aber ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts, der in Art. 21 der Charta der Grundrechte primärrechtlich verankert ist und in der Richtlinie 2000/43 lediglich konkretisiert wird(54) – genauso wie etwa das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in der Richtlinie 2000/78(55) und anders als beispielsweise der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub(56).

81.      In Rechtsverhältnissen wie dem vorliegenden, in denen sich auf der einen Seite Verbraucher und auf der anderen Seite Dienstleister der Daseinsvorsorge gegenüber stehen, kommt dem Grundsatz der Gleichbehandlung besondere Bedeutung zu. Ähnlich einem Arbeitsverhältnis sind solche Rechtsverhältnisse nämlich durch ein strukturelles Ungleichgewicht der Beteiligten gekennzeichnet.

82.      Zumindest in einer derartigen Situation erscheint es gerechtfertigt, die dem grundrechtlich verankerten Diskriminierungsverbot entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften auch zwischen Privaten unangewendet zu lassen. Dies gilt umso mehr, als in einem Fall wie dem vorliegenden der Private nicht unmittelbar zum Grundrechtsadressaten wird, sondern das Grundrecht lediglich als Kontrollmaßstab für die Rechtmäßigkeit des innerstaatlichen Rechts angewandt wird.

83.      Zusammenfassend gilt somit, dass die Annahme einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43 keine Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen voraussetzt. Vielmehr ist jedwedes Verhalten ausreichend, das eine weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft darstellt oder durch das Personen, die einer bestimmten Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligt werden können. Nationale Vorschriften, die die Annahme einer Diskriminierung von der Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen abhängig machen, sind mit der Richtlinie 2000/43 unvereinbar. Der nationale Richter hat insoweit eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen, und, falls diese nicht möglich ist, die dem grundrechtlich verankerten Diskriminierungsverbot entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen.

84.      Vor diesem Hintergrund erübrigt sich eine inhaltliche Erörterung der dritten Vorlagefrage.

3.      Anforderungen an den Nachweis und an die etwaige Rechtfertigung einer Diskriminierung (fünfte und sechste Vorlagefrage)

85.      Die fünfte und sechste Vorlagefrage betreffen zum einen die in Art. 8 der Richtlinie 2000/43 geregelte Beweislast für das Vorliegen einer Diskriminierung. Zum anderen möchte die KZD im Wesentlichen wissen, ob es sich bei der geschilderten Anbringung der Stromzähler in den beiden Roma-Bezirken unter den konkreten Umständen des Ausgangsverfahrens um eine Diskriminierung im Sinne der Richtlinie handelt und gegebenenfalls um welche Art der Diskriminierung, sowie ob eine etwaige Diskriminierung gerechtfertigt ist.

a)      Beweislastumkehr (Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43)

86.      Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 bestimmt, dass „immer dann, wenn Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten, … Tatsachen glaubhaft gemacht haben, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung vermuten lassen, es dem Beklagten obliegt zu beweisen, dass keine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgelegen hat“.

87.      In diesem Zusammenhang möchte die KZD wissen, inwieweit die glaubhaft gemachten Tatsachen den „Schluss“ auf das Vorliegen einer Diskriminierung ermöglichen müssen bzw. ob die bloße Vermutung des Vorliegens einer Diskriminierung ausreichend ist. Nach den Ausführungen der KZD bestehen Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachfassungen der Richtlinie 2000/43. Die bulgarische Fassung fordere die Darlegung von Tatsachen, „aus denen der Schluss gezogen werden kann“, es handle sich um eine Diskriminierung, während die deutsche und englische Sprachfassung lediglich die „Annahme“ oder „Vermutung“ einer Diskriminierung forderten. Ein „Schluss“ auf das Vorliegen einer Diskriminierung könne jedoch nur bei einem – im Vergleich zur „Annahme“ oder „Vermutung“ – höheren Grad an Sicherheit gezogen werden. In der innerstaatlichen Praxis sei die entsprechende Vorschrift des ZZD bisher dergestalt als Beweismaßstab herangezogen worden, dass ein besonders hoher Grad an Sicherheit verlangt wird. Es sei ein über den Bereich der bloßen Vermutung und des Zweifels hinausgehender Grad an Sicherheit verlangt worden, der einem vollständigen Beweis der Diskriminierung sehr nahe komme. Die Frage der KZD geht also dahin, wie hoch der Grad der Genauigkeit sein muss, mit dem eine Diskriminierung vom Beschwerdeführer darzulegen ist.

88.      Die von mir verglichenen Sprachfassungen von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43(57) fordern übereinstimmend nur eine „Vermutung“ für das Vorliegen einer Diskriminierung(58), keinen sicheren „Schluss“ auf eine solche. Auch der 21. Erwägungsgrund der Richtlinie bestimmt, dass die Beweislastumkehr bereits dann eintritt, wenn „ein glaubhafter Anschein einer Diskriminierung“(59) besteht. Überdies führt die Europäische Kommission in ihrer Stellungnahme aus, dass sich selbst aus der bulgarischen Version der Richtlinie 2000/43 kein zwingendes Erfordernis eines höheren Grades an Sicherheit ergebe, da auch diese Sprachfassung nur Tatsachen verlange, die „die Schlussfolgerung erlauben können“, dass eine Diskriminierung vorliegt.

89.      Dies entspricht auch der Rechtslage in Fällen der Diskriminierung wegen des Geschlechts. Zu Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 97/80/EG(60), der mit Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 – wie auch mit Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 – nahezu wortlautgleich ist(61), hat der Gerichtshof entschieden, dass immer schon dann eine Beweislastumkehr eintritt, wenn der Anschein einer Diskriminierung glaubhaft gemacht wird(62).

90.      Jene Rechtsprechung lässt sich problemlos auf die hier interessierende Regelung übertragen(63). Jede andere, restriktivere Auslegung von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 würde dessen praktische Wirksamkeit gefährden und dazu führen, dass die Vorschrift zur Beweislastumkehr praktisch leer liefe. Ohne eine solche Beweislastumkehr würden jedoch letztlich die regulären Beweislastregeln greifen, so dass derjenige, der meint, Opfer einer Diskriminierung zu sein, alle erforderlichen Tatsachen darlegen und beweisen müsste, die seine Behauptung stützen und eine Diskriminierung mit ausreichender Sicherheit feststellen lassen.

91.      Gerade um solche Schwierigkeiten zu vermeiden und die Situation des potenziellen Diskriminierungsopfers zu verbessern, wurde die Beweislastumkehr jedoch eingeführt. Sie dient der Stärkung der Position der vermeintlichen Opfer. Eine innerstaatliche Praxis, wie sie von der KZD geschildert wird, würde diesem Zweck diametral zuwiderlaufen, da ein Erfordernis der Darlegung und des Beweises von Tatsachen, die den sicheren Schluss auf eine Diskriminierung zulassen, letztlich mit der normalen Beweislastverteilung übereinstimmt. Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 würde dann keinerlei Verbesserung der prozessualen Lage vermeintlicher Diskriminierungsopfer bewirken.

92.      Das von mir zugrunde gelegte Verständnis von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 stellt auch keinen Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens zulasten von CEB und CRB dar. Vielmehr hat der Gesetzgeber mit der Regelung zur Beweislastumkehr in allen Antidiskriminierungsrichtlinien eine Lösung gewählt, die zu einem gerechten Ausgleich zwischen den Interessen des Diskriminierungsopfers und denen seines jeweiligen prozessualen Gegners führt(64). Insbesondere wird durch diese Regelung die Beweislast des vermeintlichen Diskriminierungsopfers nicht vollständig beseitigt, sondern nur modifiziert.

93.      Sicherlich mag die Beweislastumkehr im vorliegenden Fall dazu führen, dass CEB und CRB im Ausgangsverfahren Ausführungen zur Rechtfertigung einer möglicherweise schon längere Zeit zurückliegenden geschäftspolitischen Entscheidung machen müssen, die Stromzähler in den Roma-Bezirken anders zu befestigen als normalerweise in Bulgarien üblich. Eine solche Darlegungslast ist aber nur sachgerecht, weil die diesbezüglichen Informationen aus der Sphäre und dem Verantwortungsbereich eben dieser Unternehmen bzw. ihrer Rechtsvorgänger stammen. Im Übrigen hat das Verteilungsunternehmen im Ausgangsverfahren die Ursachen für die besondere Art der Befestigung der Stromzähler in den beiden betroffenen Stadtteilen als „allgemein bekannt“ bezeichnet(65), so dass es ihm nicht schwer fallen dürfte, Ausführungen zur Rechtfertigung dieser Maßnahmen zu machen.

94.      Insgesamt reicht es somit für eine Beweislastumkehr nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 aus, dass Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten, Tatsachen glaubhaft machen, die den ersten Anschein einer Diskriminierung begründen.

b)      Art der Diskriminierung (Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43)

95.      Ob Umstände, wie sie im zweiten Teil der fünften Vorlagefrage geschildert werden, geeignet sind, einen solchen ersten Anschein für das Vorliegen einer Diskriminierung zu begründen, hat die KZD selbst zu beurteilen, denn ihr allein obliegt die Feststellung und Würdigung der Tatsachen sowie die Anwendung des Rechts auf den konkreten Einzelfall(66). Der Gerichtshof kann der KZD jedoch alle sachdienlichen Hinweise geben, die ihr die Lösung des Ausgangsrechtsstreits erleichtern(67). In Anbetracht der Zweifel, die von der KZD diesbezüglich im Vorlagebeschluss geäußert werden, und angesichts der von der KZD geschilderten restriktiven Rechtsprechung des obersten bulgarischen Verwaltungsgerichts in vergleichbaren Fällen, sollte der Gerichtshof auf derartige Hinweise nicht verzichten, wobei v. a. die folgenden Erwägungen Beachtung verdienen.

96.      In den beiden als Roma-Bezirke bezeichneten Stadtteilen von Montana sind die Stromzähler – von vereinzelten Ausnahmen abgesehen – an Strommasten in einer nicht zugänglichen Höhe von 7 m angebracht, wohingegen anderswo die Stromzähler in einer für Sichtkontrollen zugänglichen Höhe befestigt sind.

97.      Weder aus dem Vorlagebeschluss noch aus den Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten ergeben sich irgendwelche konkreten Anhaltspunkte, die darauf hindeuten würden, dass diese besondere Art der Anbringung von Stromzählern in den beiden Roma-Bezirken aufgrund der ethnischen Herkunft der Bewohner dieser Stadteile gewählt wurde oder an einen Umstand anknüpft, der untrennbar mit deren ethnischer Herkunft verbunden ist. Vielmehr betrifft diese Maßnahme die dortigen Verbraucher, soweit ersichtlich, allein aufgrund ihrer Anwohnereigenschaft. Somit bestehen für eine unmittelbare Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft (Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43) nach den hier vorliegenden Informationen keine Anhaltspunkte.

98.      Mangels konkreter Anhaltspunkte kann die Praxis der Anbringung von Stromzählern in einer Höhe von 7 m des Weiteren nicht als Verhaltensweise angesehen werden, die „im Zusammenhang mit der ethnischen Herkunft“ der Anwohner der beiden Roma-Bezirke steht und bezweckt oder bewirkt, deren Würde zu verletzen sowie ein entwürdigendes Wohnumfeld für sie zu schaffen. Dementsprechend ist auf der Grundlage der vorliegenden Informationen auch nicht von einer „Belästigung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43 auszugehen.

99.      Es steht jedoch fest, dass die beiden betroffenen Stadteile überwiegend von Personen bewohnt sind, die der Bevölkerungsgruppe der Roma angehören(68). Damit ist die Praxis der Anbringung von Stromzählern in einer Höhe von 7 m grundsätzlich geeignet, sich in besonderer Weise auf Angehörige dieser ethnischen Gruppe auszuwirken und diese zu benachteiligen, werden ihnen doch Sichtkontrollen an den für sie maßgeblichen Stromzählern praktisch unmöglich gemacht oder zumindest übermäßig erschwert. Unter diesen Umständen ist anzunehmen, dass in einem Fall wie dem vorliegenden der erste Anschein einer mittelbaren Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43) besteht.

c)      Rechtfertigung (Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43)

100. Im Gegensatz zur unmittelbaren Diskriminierung wegen der Rasse oder der ethnischen Herkunft, die mangels einer diesbezüglichen Regelung in der Richtlinie 2000/43 grundsätzlich keiner Rechtfertigung zugänglich ist(69), bestimmt Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 in Bezug auf die mittelbare Diskriminierung, dass die in Frage stehenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren dann zulässig sind, wenn sie durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles angemessen und erforderlich, also letztlich verhältnismäßig sind(70). Diese Formulierung entspricht den im Unionsrecht allgemein anerkannten Anforderungen an die Rechtfertigung einer mittelbaren Ungleichbehandlung.

i)      Rechtmäßiges Ziel

101. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen sowie aus den schriftlichen und mündlichen Stellungnahmen von CEB und CRB ergibt sich, dass die Maßnahme der Befestigung von Stromzählern in einer Höhe von 7 m wegen einer Vielzahl unbezahlter Stromrechnungen und als Reaktion auf zahlreiche illegale Eingriffe in die Infrastruktur der Elektrizitätsversorgung sowie auf Manipulationen und unrechtmäßige Stromentnahmen in den betreffenden Stadtteilen getroffen wurden. Die Maßnahme dient dazu, künftig Betrug und Missbrauch zu verhindern sowie zu einer Sicherung der Qualität einer finanziell tragbaren Elektrizitätsversorgung im Interesse aller Verbraucher beizutragen.

102. Die Verhinderung und Bekämpfung von Betrug und Missbrauch sowie die Gewährleistung der Sicherheit und Qualität der Energieversorgung in den Mitgliedstaaten sind vom Unionsrecht anerkannte, legitime Ziele(71).

ii)    Verhältnismäßigkeitsprüfung

103. Zu prüfen bleibt jedoch, ob es zur Erreichung dieser Ziele verhältnismäßig war, die Stromzähler in den beiden betroffenen Stadtteilen in einer Höhe von 7 m anzubringen. Dies würde nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 voraussetzen, dass jene Maßnahme zur Erreichung der verfolgten legitimen Ziele „angemessen und erforderlich“ ist.

104. Dass CEB und CRB behaupten, die Gründe für die streitgegenständliche Maßnahme seien „allgemein bekannt“(72), entbindet diese beiden Unternehmen nicht davon, nachzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt ist (Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43). Denn der Grad der Bekanntheit der Beweggründe für eine bestimmte Vorgehensweise von Unternehmen sagt noch nichts über deren Rechtfertigung, insbesondere über deren Verhältnismäßigkeit aus.

–       „Angemessenheit“ (Eignung) der Maßnahme

105. „Angemessen“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 ist eine Maßnahme, wenn sie geeignet ist, das erstrebte legitime Ziel zu erreichen(73), was im vorliegenden Fall bedeutet, dass die Maßnahme Betrug und Missbrauch tatsächlich verhindern sowie zur Sicherung der Qualität der Elektrizitätsversorgung beitragen kann.

106. Zweifelsohne werden Manipulationen und unberechtigte Stromentnahmen erschwert, wenn Stromzähler und ‑verteilerkästen in einer für Verbraucher normalerweise nicht zugänglichen Höhe von 7 m angebracht sind. Überdies wirkt sich die Verhinderung illegaler Eingriffe Einzelner in das Elektrizitätsnetz tendenziell positiv auf die Gesamtheit der Elektrizitätsverbraucher aus, weil dadurch Schäden an der Infrastruktur verhindert werden und einer etwa zu befürchtenden allgemeinen Erhöhung der Elektrizitätspreise zum Ausgleich für solche Schäden vorgebeugt werden kann.

107. Im Vorabentscheidungsersuchen wird gleichwohl angedeutet, dass in einem Roma-Bezirk einer anderen bulgarischen Stadt illegale Eingriffe in die Elektrizitätsversorgung trotz der Anwendung vergleichbarer Maßnahmen wie der hier streitigen tatsächlich nicht verhindert werden konnten(74). Diesbezüglich führen allerdings CEB und CRB in ihrer Stellungnahme vor dem Gerichtshof aus, dass die getroffenen Maßnahmen illegale Eingriffe jedenfalls auf ein Mindestmaß beschränkt hätten, weshalb sie diese Maßnahmen insgesamt als erfolgreich bewerten.

108. Dazu ist anzumerken, dass die Eignung einer Maßnahme stets mit Blick auf das mit ihr verfolgte Ziel zu beurteilen ist. Soll mit einer Maßnahme, wie hier, auf zahlreiche illegale Eingriffe in die Elektrizitätsversorgung in einem bestimmten Gebiet reagiert werden, so wird man die Eignung dieser Maßnahme schwerlich davon abhängig machen können, dass fortan überhaupt keine Fälle von Betrug und Missbrauch und überhaupt keine Beeinträchtigung der Qualität der Elektrizitätsversorgung mehr vorkommen. Vielmehr wird man eine solche Maßnahme bereits dann als geeignet zur Erreichung ihrer legitimen Ziele ansehen müssen, wenn sie zu einer spürbaren Verringerung der Zahl illegaler Eingriffe in die Elektrizitätsversorgung beiträgt. Ob dies im vorliegenden Fall zutrifft, wird die KZD zu prüfen haben.

–       Erforderlichkeit

109. Unterstellt man, dass die streitgegenständliche Maßnahme zur Verhinderung von Betrug und Missbrauch sowie zur Sicherung der Qualität der Elektrizitätsversorgung geeignet ist, stellt sich weiter die Frage, ob sie zu diesem Zweck auch erforderlich ist. Erforderlich ist eine Maßnahme dann, wenn das erstrebte legitime Ziel nicht durch ein milderes, gleich geeignetes Mittel hätte erreicht werden können. Zu erörtern ist also, ob es nicht weniger einschneidende Mittel gegeben hätte, um in den betreffenden Stadtteilen die Manipulation der Stromzähler und illegale Stromentnahmen zu verhindern.

110. Erstens erwägt die KZD in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, Stromzähler in normaler Höhe anzubringen und durch besondere technische Vorrichtungen gegen illegale Eingriffe zu sichern(75).

111. Zweifelsohne würde es sich bei einer solchen Vorgehensweise um eine weniger einschneidende Maßnahme gegenüber den Elektrizitätsverbrauchern in den betroffenen Stadtteilen handeln. Insbesondere wäre auf diese Weise sichergestellt, dass dort alle Verbraucher ihre jeweiligen Stromzähler weiterhin regelmäßig einer Sichtkontrolle unterziehen könnten, wie dies auch anderswo in Bulgarien üblich zu sein scheint.

112. Zu bedenken ist allerdings, dass die Sicherung von Stromzählern durch besondere technische Vorrichtungen aller Voraussicht nach für die betroffenen Unternehmen zu erheblichen Mehrkosten führen würde, die möglicherweise auf die Gesamtheit der Elektrizitätsverbraucher umgelegt werden müssten. Darauf haben nicht zuletzt CEB und CRB im Verfahren vor dem Gerichtshof mehrfach hingewiesen. Vorbehaltlich einer näheren Untersuchung dieser Problematik durch die KZD erscheint deshalb die bloße Sicherung der Stromzähler durch besondere technische Vorrichtungen nicht als ein gleich geeignetes Mittel zur Erreichung der angestrebten legitimen Ziele. Sie kann folglich nicht als Argument gegen die Erforderlichkeit der derzeit angewandten, streitgegenständlichen Maßnahme – d. h. Anbringung der Stromzähler in 7 m Höhe – ins Feld geführt werden.

113. Zweitens führt die KZD aus, CEB und CRB stehe es offen, etwaige Beschädigungen oder Missbräuche an den Stromzählern und der Infrastruktur nachträglich zu ahnden. Diesbezüglich stünden ihnen sowohl der Zivilrechtsweg als auch die Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung.

114. Dazu haben CEB und CRB zu Recht angemerkt, dass ein nachträgliches Vorgehen gegen Störer oftmals mit erheblichen Unsicherheiten und Kosten befrachtet ist, was einerseits an Beweisschwierigkeiten liegt und andererseits an dem zu erwartenden Zeitverlust sowie an der mangelnden Effizienz der zuständigen Stellen und Verfahren. Zudem berufen sich CEB und CRB auf die mit der Manipulation von Stromzählern verbundenen Gefahren für Leib und Leben von Personen, die durch ein nachträgliches Einschreiten ebenfalls nicht wirksam gebannt werden könnten. Vorbehaltlich einer näheren Prüfung dieser Problematik durch die KZD kann deshalb nicht ohne Weiteres angenommen werden, dass der bloße nachträgliche Rückgriff auf zivil- und strafrechtliche Maßnahmen ein gleich geeignetes Mittel wäre, um die im vorliegenden Fall verfolgten legitimen Ziele zu erreichen(76).

115. Drittens käme noch in Betracht, lediglich diejenigen Stromzähler erhöht anzubringen, an denen tatsächlich Manipulationen stattgefunden haben. Eine solche Vorgehensweise wäre jedoch mit ähnlichen Unsicherheiten befrachtet wie das Beschreiten des Zivil‑ oder Strafrechtswegs im Fall von illegalen Eingriffen in die Elektrizitätsversorgung. Vorbehaltlich einer näheren Prüfung durch die KZD kann diese Möglichkeit somit ebenfalls nicht als gleich geeignetes Mittel zur Verwirklichung der angestrebten legitimen Ziele angesehen werden.

116. Beim jetzigen Stand erscheint es folglich zumindest zweifelhaft, ob CEB und CRB mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand auf andere, gleich geeignete Mittel zurückgreifen könnten, welche sich weniger nachteilig auf die Bevölkerung in den betroffenen Stadtteilen auswirken würden.

–       Keine übermäßige Beeinträchtigung der Bewohner der betroffenen Stadtteile

117. Erweisen sich die getroffenen Maßnahmen als geeignet und erforderlich zur Erreichung der angestrebten legitimen Ziele, so bleibt noch zu prüfen, ob sie nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der Bewohner der betroffenen Stadtteile führen(77). Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt nämlich, dass Maßnahmen, die ein unionsrechtlich garantiertes Recht beeinträchtigen – hier das Verbot der Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft – für den Einzelnen keine Nachteile verursachen dürfen, die außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen(78). Anders ausgedrückt, muss das verfolgte legitime Ziel mit den Erfordernissen des Gleichbehandlungsgrundsatzes so weit wie möglich in Einklang gebracht werden und ein gerechter Ausgleich zwischen den verschiedenen widerstreitenden Interessen gefunden werden(79).

118. Zunächst ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Anbringung der Stromzähler in 7 m Höhe eine vergleichsweise drastische Maßnahme ist, von der pauschal („kollektiv“(80)) alle Anwohner der beiden in Rede stehenden Stadtteile betroffen sind, auch wenn diese sich keiner illegalen Eingriffe in die Elektrizitätsversorgung schuldig gemacht und keine Zahlungsrückstände angehäuft haben sollten. Damit kann der Eindruck entstehen, alle oder jedenfalls zahlreiche Bewohner der betroffenen Stadtteile seien in Bezug auf ihre Elektrizitätsversorgung in Betrügereien, Manipulationen oder sonstige Unregelmäßigkeiten verstrickt, was letztlich einer Stigmatisierung der Bevölkerung dieser Gebiete Vorschub leisten kann(81).

119. Darüber hinaus – und unabhängig von einer etwaigen Stigmatisierung der lokalen Bevölkerung – ist in Erinnerung zu rufen, dass der Unionsgesetzgeber in den Richtlinien 2006/32 und 2009/72 ausdrücklich das Interesse der Verbraucher hervorhebt, regelmäßig über ihren individuellen Elektrizitätsverbrauch informiert zu werden. Insbesondere sollen die Verbraucher aktiv ermutigt werden, ihre Zählerstände regelmäßig zu überprüfen(82). Dieser unionsrechtlichen Zielvorgabe widerspricht es, Haushalte zwar mit Stromzählern auszustatten, diese aber in einer für Sichtkontrollen nicht zugänglichen Höhe von 7 m anzubringen.

120. Zugegebenermaßen bieten CEB und CRB an, den Verbrauchern in den betroffenen Gebieten auf individuelle Anfrage eine Sichtkontrolle mittels einer kostenlosen Hebebühne zu ermöglichen. Jedoch erscheint es mehr als zweifelhaft, ob durch dieses vergleichsweise aufwändige und umständliche Verfahren dem erwähnten unionsrechtlichen Ziel entsprochen werden kann, die Verbraucher zu einer regelmäßigen(83) Überprüfung ihrer Zählerstände zu ermutigen(84). Denn der Einsatz eines Spezialfahrzeugs mit Hebebühne, das vor jeder Benutzung eigens angefordert werden muss, dürfte realistischerweise kaum öfter als ein- oder zweimal pro Jahr in Betracht kommen.

121. Die KZD wird allerdings zu prüfen haben, ob das Angebot von CEB und CRB, den Verbrauchern auf ihren Wunsch einen kostenpflichtigen Kontrollstromzähler in ihren jeweiligen Haushalten zur Verfügung zu stellen(85), einen angemessenen Ausgleich für die fehlende Zugänglichkeit ihrer in 7 m Höhe angebrachten regulären Stromzähler darstellen kann. Dabei wird insbesondere zu bedenken sein, dass die Kostenpflichtigkeit eines Kontrollstromzählers manchen Verbraucher vor dem Einbau desselben zurückschrecken lassen könnte.

122. Sicherlich schreibt das Unionsrecht den Mitgliedstaaten nicht zwingend vor, jedem Verbraucher einen kostenlosen Stromzähler zur Verfügung zu stellen (vgl. insbesondere Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/32). Gerade in einem Versorgungsgebiet, in dem in der Vergangenheit häufig Betrügereien und Manipulationen im Zusammenhang mit der Elektrizitätsversorgung festgestellt wurden, besteht aber ein besonderes Interesse der Verbraucher daran, ihren individuellen Elektrizitätsverbrauch regelmäßig überprüfen und verfolgen zu können.

123. Letztlich wird es der KZD obliegen, unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles sorgsam abzuwägen, ob einerseits die Gefahr der Stigmatisierung einer ethnischen Gruppe in den beiden betroffenen Stadtteilen besteht und ob andererseits die Interessen der betroffenen Elektrizitätsverbraucher angemessen berücksichtigt werden.

iii) Zwischenergebnis

124. Zusammenfassend gilt, dass eine Maßnahme wie die im vorliegenden Fall streitige gerechtfertigt sein kann, sofern sie dazu dient, Betrug und Missbrauch zu verhindern sowie zu einer Sicherung der Qualität der Elektrizitätsversorgung im Interesse aller Verbraucher beizutragen, vorausgesetzt dass

–        mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand keine anderen, gleich geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele ergriffen werden können, welche sich weniger nachteilig auf die Bevölkerung in den betroffenen Stadtteilen auswirken würden, und

–        die getroffene Maßnahme zu keiner übermäßigen Beeinträchtigung der Bewohner der betroffenen Stadtteile führt, wobei die Gefahr der Stigmatisierung einer ethnischen Gruppe wie auch das Interesse der Verbraucher, ihren individuellen Elektrizitätsverbrauch durch eine regelmäßige Sichtkontrolle ihrer Stromzähler zu verfolgen, gebührend zu berücksichtigen sind.

VI – Ergebnis

125. Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Fragen der Komisia za zashtita ot diskriminatsia (KZD) wie folgt zu antworten:

1)      Ein Sachverhalt wie der des Ausgangsverfahrens fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/43/EG.

2)      Die Annahme einer unmittelbaren oder mittelbaren Diskriminierung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43 setzt keine Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen voraus. Vielmehr ist jedwedes Verhalten ausreichend, das eine weniger günstige Behandlung einer Person gegenüber einer anderen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft darstellt oder durch das Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligt werden können.

3)      Nationale Vorschriften, die die Annahme einer Diskriminierung von der Verletzung gesetzlich festgelegter Rechte oder Interessen abhängig machen, sind mit der Richtlinie 2000/43 unvereinbar. Der nationale Richter hat insoweit eine unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts vorzunehmen, und, falls diese nicht möglich ist, die dem grundrechtlich verankerten Diskriminierungsverbot entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften unangewendet zu lassen.

4)      Für eine Beweislastumkehr nach Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43 reicht es aus, dass Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für verletzt halten, Tatsachen glaubhaft machen, die den ersten Anschein einer Diskriminierung begründen.

5)      Werden Verbrauchern im Normalfall kostenlose Stromzähler zur Verfügung gestellt, die in einer für Sichtkontrollen zugänglichen Art und Weise in oder an Gebäuden angebracht sind, wohingegen solche Stromzähler in Gebieten, in denen hauptsächlich Menschen der Bevölkerungsgruppe der Roma leben, an Strommasten in einer nicht zugänglichen Höhe von 7 m befestigt sind, so besteht der erste Anschein einer mittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43.

6)      Eine solche Maßnahme kann gerechtfertigt sein, sofern sie dazu dient, Betrug und Missbrauch zu verhindern sowie zu einer Sicherung der Qualität der Elektrizitätsversorgung im Interesse aller Verbraucher beizutragen, vorausgesetzt dass

–        mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand keine anderen, gleich geeigneten Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele ergriffen werden können, welche sich weniger nachteilig auf die Bevölkerung in den betroffenen Stadtteilen auswirken würden, und

–        die getroffene Maßnahme zu keiner übermäßigen Beeinträchtigung der Bewohner der betroffenen Stadtteile führt, wobei die Gefahr der Stigmatisierung einer ethnischen Gruppe wie auch das Interesse der Verbraucher, ihren individuellen Elektrizitätsverbrauch durch eine regelmäßige Sichtkontrolle ihrer Stromzähler zu verfolgen, gebührend zu berücksichtigen sind.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Komisia za zashtita ot diskriminatsi.


3 – Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. L 180, S. 22).


4 – Zu den Antidiskriminierungsrichtlinien gehören außerdem die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16), die Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen (ABl. L 373, S. 37) und die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23).


5 – Der Begriff „Roma“ wird häufig als Oberbegriff für Gruppen von Menschen mit mehr oder weniger ähnlichen kulturellen Besonderheiten verwendet (wie z. B. Roma, Sinti, Zigeuner, Fahrende, Kalé, „Gens du voyage“), egal ob diese sesshaft sind oder nicht; vgl. dazu insbesondere die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 5. April 2011, „EU-Rahmen für nationale Strategien zur Integration der Roma bis 2020“ [KOM(2011) 173 endg.] und die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 21. Mai 2012, „Nationale Strategien zur Integration der Roma: erster Schritt zur Umsetzung des EU-Rahmens“ [KOM(2012) 226 endg.], dort jeweils Fn. 1.


6 – Vgl. die Mitteilung der Kommission vom 5. April 2011 (zitiert in Fn. 5, S. 2).


7 – Vgl. hierzu nochmals die Mitteilungen der Europäischen Kommission vom 5. April 2011 und vom 21. Mai 2012 (zitiert in Fn. 5) sowie die im Vorabentscheidungsersuchen genannten Maßnahmen Bulgariens wie das Rahmenprogramm zur Integration der Roma in der bulgarischen Gesellschaft, das nationale Programm zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Roma in Bulgarien und den nationalen Aktionsplan im Rahmen der Initiative „Jahrzehnt der Integration der Roma 2005-2015“.


8 – Vgl. beispielhaft die Urteile des EGMR (Große Kammer) D. H. u. a./Tschechische Republik vom 13. November 2007 (Beschwerde-Nr. 57325/00, Recueil des arrêts et décisions 2007-IV) und Oršuš u. a./Kroatien vom 16. März 2010 (Beschwerde-Nr. 15766/03, noch nicht im Recueil des arrêts et décisions veröffentlicht).


9 – Richtlinie 2006/32/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2006 über Endenergieeffizienz und Energiedienstleistungen und zur Aufhebung der Richtlinie 93/76/EWG des Rates (ABl. L 114, S. 64).


10 – Richtlinie 2009/72/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 2003/54/EG (ABl. L 211, S. 55).


11 – Die Richtlinie 2009/72, welche bis spätestens 3. März 2011 umzusetzen war, hat die Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2003 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 96/92/EG (ABl. L 176, S. 37) aufgehoben und ersetzt. Deswegen beziehe ich mich im Folgenden allein auf die Vorschriften der Richtlinie 2009/72 und nicht auf die von der KZD zitierten Vorschriften der Richtlinie 2003/54.


12 – Zakon za zashtita ot diskriminatstia.


13 – Darzhavna Komisia po energiyno i vodno regulirane.


14 – CEB und CRB waren vor dem Gerichtshof gemeinsam vertreten und haben gemeinsame schriftliche und mündliche Erklärungen abgegeben.


15 – Vgl. statt vieler die Urteile vom 6. Juli 2000, Abrahamsson und Anderson (C‑407/98, Slg. 2000 I‑5539), vom 31. Mai 2005, Syfait u. a. („Syfait“, C-53/03, Slg. 2005, I-4609, Randnr. 29), vom 18. Oktober 2007, Österreichischer Rundfunk (C‑195/06, Slg. 2007, I‑8817), und vom 22. Dezember 2010, RTL Belgium (C‑517/09, Slg. 2010, I-14093), sowie zuletzt die Schlussanträge des Generalanwalts Jääskinen vom 7. Juni 2012 in der Rechtssache Westbahn Management (C‑136/11, Nrn. 26 bis 30).


16 – Vgl. u. a. Urteile vom 30. Juni 1966, Vaassen-Göbbels (61/65, Slg. 1966, 584), vom 17. September 1997, Dorsch Consult (C-54/96, Slg. 1997, I-4961, Randnr. 23), vom 21. März 2000, Gabalfrisa u. a. (C-110/98 bis 147/98, Slg. 2000, I-1577, Randnr. 33), Syfait (zitiert in Fn. 15, Randnr. 29), Österreichischer Rundfunk (zitiert in Fn. 15, Randnr. 19), RTL Belgium (zitiert in Fn. 15, Randnr. 36) und vom 14. Juni 2011, Miles u. a. (C‑196/09, Slg. 2011, I‑5105, Randnr. 37).


17 – Vgl. u. a. Urteile vom 19. Oktober 1995, Job Centre (C‑111/94, Slg. 1995, I‑3361, Randnr. 9), vom 30. November 2000, Österreichischer Gewerkschaftsbund (C-195/98 Slg. 2000, I-10497, Randnr. 25), Syfait (zitiert in Fn. 15, Randnr. 29), vom 30. Juni 2005, Längst (C‑165/03, Slg. 2005, I‑5637, Randnr. 25), und vom 27. April 2006, Standesamt Stadt Niebüll (C‑96/04, Slg. 2006, I‑3561, Randnrn. 13 und 14), sowie Beschlüsse vom 18. Juni 1980, Borker (138/80, Slg. 1980, 1975, Randnr. 4), vom 5. März 1986, Greis Unterweger (318/85, Slg. 1986, 955, Randnr. 4), vom 26. November 1999, ANAS (C‑192/98, Slg. 1999, I-8583, Randnr. 21), und vom 24. März 2011, Bengtsson (C‑344/09, Slg. 2011, I‑1999, Randnrn. 18 und 19).


18 – Vgl. zur gesetzlichen Grundlage Art. 40 Abs. 1 ZZD sowie Art. 2 und 3 der Übergangs- und Schlussbestimmungen des ZZD, zum ständigen Charakter Art. 48 ZZD und Art. 5 der KZD-Geschäftsordnung sowie zur Anwendung von Rechtsnormen Art. 47 Nrn. 1, 2 und 3 ZZD.


19 – Unabhängig davon handelt es sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs bei dem Kriterium des streitigen Verfahrens nicht um ein absolutes Kriterium (vgl. Urteile vom 17. Mai 1994 Corsica Ferries, C‑18/93, Slg. 1994, I‑1783, Randnr. 12, Dorsch Consult, zitiert in Fn. 16, Randnr. 31, und Standesamt Stadt Niebüll, zitiert in Fn. 17, Randnr. 13).


20 – Urteile vom 19. September 2006, Wilson (C‑506/04, Slg. 2006, I‑8613, Randnrn. 50 und 51), und RTL Belgium (zitiert in Fn. 15, Randnr. 39), sowie Beschluss vom 14. Mai 2008, Pilato (C‑109/07, Slg. 2008, I‑3503, Randnr. 23); ähnlich Urteil Abrahamsson und Anderson (zitiert in Fn. 15, Randnr. 34).


21 – Vgl. Art. 61 Abs. 3 ZZD, der auf die Art. 22 bis 24 der bulgarischen Zivilprozessordnung verweist.


22 – Urteile Wilson (zitiert in Fn. 20, Randnr. 52) und RTL Belgium (zitiert in Fn. 15, Randnr. 40); ähnlich Urteil Abrahamsson und Anderson (zitiert in Fn. 15, Randnrn. 34 bis 37) und Beschluss Pilato (zitiert in Fn. 20, Randnr. 24).


23 – Zur Unterscheidung zwischen objektiver und subjektiver Unparteilichkeit vgl. das Urteil vom 19. Februar 2009, Koldo Gorostiaga Atxalandabaso/Europäisches Parlament (C‑308/07 P, Slg. 2009, I‑1059, Randnr. 46).


24 – Im Gegensatz zu der in den Rechtssachen Syfait und RTL Belgium (jeweils zitiert in Fn. 15) bestehenden Sachlage ist bei der KZD gerade keine „funktionale Verbindung“ zwischen dem Entscheidungsgremium einerseits und der untergeordneten Verwaltungsstelle andererseits zu verzeichnen. Die Kommissionsmitglieder der KZD entscheiden nämlich, anders als in den Rechtssachen Syfait und RTL Belgium, nicht auf Vorschlag der ihnen untergeordneten Verwaltungsstelle, sondern unabhängig von dieser.


25 – Vgl. Art. 47 Nr. 9 ZZD.


26 – Vgl. Art. 40 Abs. 1 ZZD sowie Satzung und Geschäftsordnung der KZD.


27 – Vgl. Art. 7 und 13 der Richtlinie 2000/43.


28 – Vgl. Art. 153 Abs. 1 der bulgarischen Verwaltungsgerichtsordnung.


29 – Vgl. Art. 50 Nr. 2 ZZD.


30 – Aus Art. 52 Abs. 2 ZZD ergibt sich, dass die KZD kein Verfahren einleitet, wenn sie feststellt, dass in derselben Sache bereits ein Rechtsbehelf vor einem Gericht eingelegt worden ist.


31 – Beschlüsse vom 26. November 1999, ANAS (zitiert in Fn. 17, Randnr. 22) und RAI (C-440/98, Slg. I‑8597, Randnr. 13), betreffend den italienischen Rechnungshof (Corte dei conti). Ähnlich ist z. B. die Rechtslage in Bezug auf deutsche Amtsgerichte, vgl. einerseits das Urteil Längst (zitiert in Fn. 17), und andererseits das Urteil Standesamt Stadt Niebüll (zitiert in Fn. 17) sowie den Beschluss vom 12. Januar 2010, Amiraike Berlin (C‑497/08, Slg. 2010, I‑101).


32 – Beschluss ANAS (zitiert in Fn. 17, Randnr. 23).


33 – Vgl. Art. 50 Nr. 2 ZZD; nach den Ausführungen der Europäischen Kommission in der mündlichen Verhandlung gehen nur 1 % der Verfahren vor der KZD auf eine Ermittlung von Amts wegen zurück.


34 – Vgl. Beschluss ANAS (zitiert in Fn. 17, Randnr. 23).


35 – Vgl. dazu etwa § 65 der deutschen Verwaltungsgerichtsordnung.


36 – Vgl. Art. 52 Abs. 2 ZZD.


37 – Vgl. dazu aus der Rechtsprechung der Unionsgerichte Urteile vom 22. September 1988, Frankreich/Parlament (358/85 und 51/86, Slg. 1988, 4821, Randnr. 12), vom 24. November 2005, Italien/Kommission (C‑138/03, C‑324/03 und C‑431/03, Slg. 2005, I‑10043, Randnr. 64), und vom 9. Juni 2011, Diputación Foral de Vizcaya/Kommission (C‑465/09 P bis C‑470/09 P, Randnr. 58).


38 – Vgl. Art. 62 Abs. 2 ZZD.


39 – Die Dispositionsmaxime, nach der die Einleitung, Beendigung und Ausgestaltung eines Verfahrens in den Händen der Parteien liegt, gilt in vielen mitgliedstaatlichen (Zivil‑) Verfahrensordnungen und ermöglicht es den Parteien beispielsweise, einen Rechtsstreit unter Verzicht auf ein Urteil durch Vergleich zu beenden. Die Möglichkeit des gemeinsamen Verzichts der Parteien auf ein Urteil auch nach Erlass desselben beruht letztlich auf derselben Überlegung.


40 – Urteil Dorsch Consult (zitiert in Fn. 16, Randnr. 28 und 29).


41 – Urteil Dorsch Consult (zitiert in Fn. 16, Randnr. 27).


42 – CEB und CRB beziehen sich in ihrer schriftlichen Stellungnahme auf eine Entscheidung des Varhoven administrativen sad vom 27. Oktober 2010, in der dieser die Gleichwertigkeit beider Alternativen betone. Allerdings kann ein Zivilgericht, anders als die KZD, Schadensersatz zusprechen.


43 – Vgl. nur den 28. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43; danach ist das Ziel dieser Richtlinie, „… ein einheitliches, hohes Niveau des Schutzes vor Diskriminierungen in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten …“


44 – In diesem Sinne Urteil vom 12. Mai 2011, Runevič-Vardyn und Wardyn (C-391/09, Slg. 2011, I‑3787, Randnr. 43).


45 – Vgl. auch die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der CEB, die in Art. 3 Abs. 2 bestimmen, dass die Elektrizitätsversorgung unter Beachtung u. a. des Grundsatzes der Gleichbehandlung erfolgt, und in Art. 10 Nr. 1 regeln, dass die Elektrizitätsversorgung an jeden Verbraucher im abgedeckten Gebiet erfolgt, unter gleichen Bedingungen und ohne Diskriminierung. Auch in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der CRB findet sich in Art. 3 eine Regelung betreffend die Elektrizitätsversorgung, die „unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichheit“ zu erfolgen hat.


46 – Art. 53 Abs. 2 AEUV, 62 AEUV und 114 AEUV (ehemals Art. 47 Abs. 2 EG, 55 EG und 95 EG).


47 – Art. 3 Abs. 7 in Verbindung mit Anhang I Abs. 1 Buchst. h und i der Richtlinie 2009/72 sowie Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 und 29. Erwägungsgrund, letzter Satz, der Richtlinie 2006/32.


48 – Dopalnitelni razporedbi.


49 – Urteil vom 10. Juli 2008, Feryn (C-54/07, Slg. 2008, I-5187, Randnr. 25).


50 – Vgl. Art. 6 Abs. 1 sowie den 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43.


51 –      Ständige Rechtsprechung; vgl. statt vieler Urteile vom 13. November 1990, Marleasing (C‑106/89, Slg. 1990, I‑4135, Randnr. 8), vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a. (C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I-8835, Randnr. 113), vom 15. April 2008, Impact (C‑268/06, Slg. 2008, I‑2483, Randnr. 98), vom 19. Januar 2010, Kücükdeveci (C‑555/07, Slg. 2010, I‑365, Randnr. 48), und vom 24. Januar 2012, Dominguez (C‑282/10, Randnr. 24).


52 – Vgl. dazu die in Fn. 51 angeführten Urteile Pfeiffer u. a. (Randnrn. 115 bis 119), Impact (Randnr. 101) und Dominguez (Randnr. 27); ähnlich bereits das Urteil vom 10. April 1984, Von Colson und Kamann (14/83, Slg. 1984, 1891, Randnr. 28: „unter voller Ausschöpfung des Beurteilungsspielraums, den ihm das nationale Recht einräumt“).


53 – Urteil vom 14. Juli 1994, Faccini Dori (C‑91/92, Slg. 1994, I‑3325, Randnr. 20), vgl. außerdem die in Fn. 51 angeführten Urteile Pfeiffer (Randnr. 108), Kücükdeveci (Randnr. 46) und Dominguez (Randnr. 37).


54 – In diesem Sinne Urteil Runevič-Vardyn und Wardyn (zitiert in Fn. 44, Randnr. 43).


55 – Die zur Richtlinie 2000/78 ergangene Rechtsprechung ist somit ohne Weiteres auf die Richtlinie 2000/43 übertragbar; vgl. Urteile vom 22. November 2005, Mangold (C‑144/04, Slg. 2005, I‑9981, Randnrn. 74 und 75), Kücükdeveci (zitiert in Fn. 51, Randnrn. 51 und 53) und vom 10. Mai 2011, Römer (C‑147/08, Slg. 2011, I‑3791, insbesondere Randnr. 59).


56 – In dem zum bezahlten Jahresurlaub ergangenen Urteil Dominguez (zitiert in Fn. 51) drehte es sich nicht um eine Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Gleichbehandlung im Sinne von Art. 21 der Charta der Grundrechte, sondern vielmehr um ein Recht, das in Art. 31 Abs. 2 im Titel „Solidarität“ der Charta der Grundrechte seinen Niederschlag findet.


57 – Vgl. dazu die deutsche („Tatsachen glaubhaft machen, die … vermuten lassen“), griechische („προσάγει ... πραγματικά περιστατικά, από τα οποία τεκμαίρεται“), englische („establish … facts from which it may be presumed“), spanische („alegue … hechos que permitan presumir“), französische („établit … des faits qui permettent de présumer“), italienische („espongono … fatti dai quali si può presumere“), niederländische („feiten aanvoeren die … kunnen doen vermoeden“), polnische („przedstawia... fakty, z których można domniemywać“), portugiesische („apresentar … elementos de facto constitutivos da presunção“) und schwedische Sprachfassung („lägger fram fakta som ger anledning att anta“) von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43.


58 – Im selben Sinne Urteil Feryn (zitiert in Fn. 49, Randnr. 30).


59 – Im selben Sinne sind zahlreiche andere Sprachfassungen des 21. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/43 abgefasst: „a prima facie case of discrimination“ (Englisch), „Όταν πιθανολογείται διακριτική μεταχείριση“ (Griechisch), „una presunta discriminacion“ (Spanisch), „une présomption de discrimination“ (Französisch), „una presunzione di discriminazione“ (Italienisch), „domniemani[e] dyskryminacji“ (Polnisch), „presumível discriminação“ (Portugiesisch) und „ett prima facie-fall av diskriminering“ (Schwedisch).


60 – Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (ABl. 1998, L 14, S. 6).


61 – Urteil vom 19. April 2012, Meister (C‑415/10, Randnr. 35); vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Poiares Maduro vom 12. März 2008 in der Rechtssache Feryn (zitiert in Fn. 49, Nr. 22).


62 – Urteil vom 10. März 2005, Nikoloudi (C-196/02, Slg. 2005, I-1789, Randnr. 74 in Verbindung mit Randnr. 68); im selben Sinne Urteil vom 21. Juli 2011, Kelly (C‑104/10, Slg. 2011, I‑6813, Randnr. 30). Ähnlich bereits zuvor – zur Rechtslage vor der Richtlinie 97/80 – das Urteil vom 30. März 2000, JämO (C-236/98, Slg. 2000, I‑2189, Randnr. 53): „Wenn der erste Anschein für eine Diskriminierung spricht …“


63 – In diesem Sinne Urteil Meister (zitiert in Fn. 61, Randnrn. 34 bis 40).


64 – In diesem Sinne die Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi vom 12. Januar 2012 in der Rechtssache Meister (zitiert in Fn. 61, Nr. 22).


65 – Vgl. Vorlagefrage 5.3, Buchst. c.


66 – Vgl. den 15. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43: „Die Beurteilung von Tatbeständen, die auf eine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung schließen lassen, obliegt den einzelstaatlichen gerichtlichen Instanzen oder anderen zuständigen Stellen nach den nationalen Rechtsvorschriften oder Gepflogenheiten.“ Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung zum Vorabentscheidungsverfahren, vgl. statt vieler die Urteile vom 1. Juli 2008, MOTOE (C‑49/07, Slg. 2008, I‑4863, Randnr. 30), vom 8. September 2010, Winner Wetten (C‑409/06, Slg. 2010, I‑8015, Randnr. 49), und Kelly (zitiert in Fn. 62, Randnr. 31).


67 – Ständige Rechtsprechung; vgl. Urteil Feryn (zitiert in Fn. 49, Randnr. 19) und MOTOE (zitiert in Fn. 66, Randnr. 30), ferner Urteile vom 2. Dezember 2009, Aventis Pasteur (C‑358/08, Slg. 2009, I‑11305, Randnr. 50), und vom 6. September 2011, Patriciello (C‑163/10, Slg. 2011, I‑7565, Randnr. 21).


68 – Angesichts dieser Sachlage erübrigt sich im vorliegenden Fall ein näheres Eingehen auf die in Vorlagefrage 5.3, Buchst. a und b, erwähnten Umstände.


69 – Eine unterschiedliche Behandlung von Personen aufgrund ihrer Rasse oder ihrer ethnischen Herkunft ist nur möglich, soweit sich diese Personen nicht in einer vergleichbaren Situation befinden (vgl. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43).


70 – Vgl. dazu – bezogen auf die Rechtfertigung einer Altersdiskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78 – meine Schlussanträge vom 6. Mai 2010 in der Rechtssache Andersen (C-499/08, Slg. 2010, I-9343, Nrn. 46 und 47).


71 – Zur Bekämpfung von Betrug und Missbrauch durch innerstaatliche Stellen vgl. Urteile vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., (C‑255/02, Slg. 2006, I‑1609, Randnrn. 68 und 69), vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes und Cadbury Schweppes Overseas (C‑196/04, Slg. 2006, I‑7995, Randnr. 35), und vom 5. Juli 2007, Kofoed (C‑321/05, Slg. 2007, I‑5795, Randnr. 38); zur Gewährleistung der Sicherheit und Qualität der Energieversorgung in den Mitgliedstaaten vgl. Urteile vom 10. Juli 1984, Campus Oil (72/83, Slg 1984, 2727, Randnrn. 34 und 35), vom 4. Juni 2002, Kommission/Belgien (C‑503/99, Slg. 2002, I‑4809, insbesondere Randnr. 55), und vom 11. November 2010, Kommission/Portugal (C‑543/08, Slg. 2010, I-11241, Randnr. 84).


72 – Vgl. Vorlagefrage 5.3, Buchst. c.


73 – Vgl. dazu – bezogen auf die Rechtfertigung einer Altersdiskriminierung im Sinne der Richtlinie 2000/78 – meine Schlussanträge in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 70, Nr. 53). Der Schlussteil von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78 entspricht dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43, weshalb meine Ausführungen in der Rechtssache Andersen auf den vorliegenden Fall übertragbar sind.


74 – Vgl. dazu Vorlagefrage 6.3, Buchst. g.


75 – Vgl. dazu Vorlagefrage 6.3, Buchst. f.


76 – Ähnlich die Urteile vom 10. Februar 2009, Kommission/Italien (C‑110/05, Slg. 2009, I‑519, Randnr. 67), vom 16. Dezember 2010, Josemans (C‑137/09, Slg. 2010, I-13019, Randnr. 82), und vom 24. März 2011, Kommission/Spanien (C‑400/08, Slg. 2011, I‑1915, Randnr. 124), in denen in den verschiedensten Zusammenhängen betont wird, dass den zuständigen nationalen Stellen nicht die Möglichkeit abgesprochen werden kann, Maßnahmen zu ergreifen, die einfach gehandhabt und kontrolliert werden können.


77 – Im selben Sinne – bezogen auf die Richtlinie 2000/78 – Urteil vom 12. Oktober 2010, Andersen (C‑499/08, Slg. 2010, I‑9343, Randnrn. 41 bis 48, insbesondere Randnr. 47), sowie meine Schlussanträge in jener Rechtssache (zitiert in Fn. 70, Nr. 67).


78 – Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder (265/87, Slg. 1989, 2237, Randnr. 21), vom 10. März 2005, Tempelman und van Schaijk (C-96/03 und C-97/03, Slg. 2005, I-1895, Randnr. 47), und vom 9. März 2010, ERG u. a. (C-379/08 und C-380/08, Slg. 2010, I-2007, Randnr. 86).


79 – Vgl. hierzu meine Schlussanträge in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 70, Nr. 68).


80 – Vgl. Vorlagefrage 6.3, Buchst. a.


81 – In diesem Sinne äußert sich auch die KZD in ihrer Vorlagefrage 6.4, Buchst. e.


82 – 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/32, letzter Satz.


83 – Art. 3 Abs. 7 in Verbindung mit Anhang I Abs. 1 Buchst. i der Richtlinie 2009/72 sowie 29. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/32, letzter Satz.


84 – Diese Zweifel werden auch in der Vorlagefrage 6.3, Buchst. c, der KZD laut.


85 – Vorlagefrage 6.3, Buchst. d.