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SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 11. September 2019(1)

Rechtssache C175/18 P

PTC Therapeutics International Ltd

gegen

Europäische Arzneimittelagentur (EMA)

„Rechtsmittel – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Zugang zu Dokumenten der Organe – Dokumente im Besitz der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), die von der Rechtsmittelführerin im Rahmen eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Humanarzneimittels vorgelegte Informationen enthalten – Beschluss, einem Dritten Zugang zu dem Dokument zu gewähren – Allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit – Art. 4 Abs. 2 – Ausnahme zum Schutz geschäftlicher Interessen – Art. 4 Abs. 3 – Schutz des Entscheidungsprozesses“






I.      Einleitung

1.        Das vorliegende Rechtsmittel betrifft einen von – bisher – drei Fällen(2), in denen eine Partei gegen einen Beschluss vorgeht, mit dem ein Organ oder eine Einrichtung der Europäischen Union Zugang zu Dokumenten gewährt hat. Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die PTC Therapeutics International Ltd (im Folgenden: Rechtsmittelführerin) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Februar 2018, PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15, EU:T:2018:66, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Klage der Rechtsmittelführerin auf Nichtigerklärung des Beschlusses EMA/722323/2015 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) abgewiesen hat. Mit diesem Beschluss hatte die EMA einem gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission(3) gestellten Antrag auf Zugang zu einem von der Rechtsmittelführerin bei der EMA vorgelegten Bericht über die klinische Prüfung stattgegeben. Der Antragsteller ist ein anderer Arzneimittelhersteller, der ein tatsächlicher oder potenzieller Wettbewerber der Rechtsmittelführerin ist.

2.        Das Gericht hat den Beschluss der EMA, Zugang zu dem von der Rechtsmittelführerin vorgelegten Bericht über die klinische Prüfung zu gewähren, mit Urteil vom 5. Februar 2018(4) bestätigt, in dem es u. a. befand, dass Berichte über die klinische Prüfung nicht in eine der Dokumentenkategorien fielen, für die eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit gelte.

3.        Der Gerichtshof muss nun entscheiden, ob die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin an dem Bericht über die klinische Prüfung durch eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung geschützt sind. Weitere Fragen stellen sich hinsichtlich der Auslegung des Begriffs „geschäftliche Interessen“ im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 und in Bezug darauf, ob ein Entscheidungsprozess mit der Gewährung einer bedingten Genehmigung für das Inverkehrbringen beendet ist oder ob er für die Zwecke von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 als noch im Gang befindlich anzusehen ist.

4.        Die zentrale Frage in dieser Rechtssache ist jedoch, ob derartige Berichte über die klinische Prüfung, die als Bestandteil eines Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden auch: Zulassung) eines neuen Arzneimittels bei der EMA vorgelegt worden sind, durch Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützte vertrauliche geschäftliche Informationen darstellen. Dies ist das erste Rechtsmittel, mit dem diese Frage dem Gerichtshof zur Prüfung unterbreitet wird, so dass seine Bedeutung für die Bestimmungen über das Recht auf Zugang zu Dokumenten und seine Anwendung auf die Arzneimittelindustrie meines Erachtens gar nicht hoch genug eingeschätzt werden können.

5.        Bevor ich mich mit diesen einzelnen Rechtsfragen befasse, sind die einschlägigen Rechtsvorschriften darzulegen.

II.    Rechtlicher Rahmen

 Internationales Recht

Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS-Übereinkommen)

6.        Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens, das Teil des von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichneten und mit Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994(5) genehmigten WTO-Übereinkommens ist, lautet:

„(2)      Natürliche und juristische Personen haben die Möglichkeit, zu verhindern, dass Informationen, die rechtmäßig unter ihrer Kontrolle stehen, ohne ihre Zustimmung auf eine Weise, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft, Dritten offenbart, von diesen erworben oder benutzt werden, solange diese Informationen

a)      in dem Sinne geheim sind, dass sie entweder in ihrer Gesamtheit oder in der genauen Anordnung und Zusammenstellung ihrer Bestandteile Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit den fraglichen Informationen zu tun haben, nicht allgemein bekannt oder leicht zugänglich sind,

b)      wirtschaftlichen Wert haben, weil sie geheim sind, und

c)      Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen seitens der Person waren, unter deren Kontrolle sie rechtmäßig stehen.

(3)      Mitglieder, in denen die Vorlage nicht offenbarter Test- oder sonstiger Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, Voraussetzung für die Marktzulassung pharmazeutischer oder agrochemischer Erzeugnisse ist, in denen neue chemische Stoffe verwendet werden, schützen diese Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch. Darüber hinaus schützen die Mitglieder solche Daten vor Offenbarung, es sei denn, dass diese zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist oder dass Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch geschützt werden.“

 Unionsrecht

A – Verordnung Nr. 1049/2001

7.        Die Erwägungsgründe 2 und 11 lauten:

„(2)      Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System. Transparenz trägt zur Stärkung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Grundrechte bei, die in Artikel 6 des EU-Vertrags und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankert sind.

(11)      Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen.“

8.        Art. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 legt deren Zweck fest. Er lautet:

„Zweck dieser Verordnung ist es:

a)      die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des in Artikel 255 des EG-Vertrags niedergelegten Rechts auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (nachstehend ,Organe‘ genannt) so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet ist,

b)      Regeln zur Sicherstellung einer möglichst einfachen Ausübung dieses Rechts aufzustellen und

c)      eine gute Verwaltungspraxis im Hinblick auf den Zugang zu Dokumenten zu fördern.“

9.        In Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 sind Ausnahmen vom Zugang zu Dokumenten vorgesehen. Relevant sind hier die Abs. 2, 3 und 6. Sie lauten:

„(2)      Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde:

–        der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums,

–        der Schutz von Gerichtsverfahren und der Rechtsberatung,

–        der Schutz des Zwecks von Inspektions‑, Untersuchungs- und Audittätigkeiten,

es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

(3)      Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung.

(6)      Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben.“

10.      Art. 6 Abs. 1, der Anträge auf Zugang zu Dokumenten betrifft, lautet:

„(1)      Anträge auf Zugang zu einem Dokument sind in schriftlicher, einschließlich elektronischer, Form in einer der in Artikel 314 des EG-Vertrags aufgeführten Sprachen zu stellen und müssen so präzise formuliert sein, dass das Organ das betreffende Dokument ermitteln kann. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben.“

B – Verordnung (EG) Nr. 726/2004(6)

11.      Art. 14 Abs. 11, der den „Datenschutz“ und das „Marktexklusivitätsrecht“ im Bereich der Zulassung von Arzneimitteln durch die EMA betrifft, lautet:

„Humanarzneimittel, die gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung genehmigt worden sind, unterliegen unbeschadet des Rechts über den Schutz gewerblichen und kommerziellen Eigentums einem Datenschutz von acht Jahren und einem Vermarktungsschutz von zehn Jahren, wobei letzterer auf höchstens elf Jahre verlängert wird, wenn der Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen innerhalb der ersten acht Jahre dieser zehn Jahre die Genehmigung eines oder mehrerer neuer Anwendungsgebiete erwirkt, die bei der wissenschaftlichen Bewertung vor ihrer Genehmigung als von bedeutendem klinischen Nutzen im Vergleich zu den bestehenden Therapien betrachtet werden.“

12.      In Art. 73 heißt es:

„Die Verordnung … Nr. 1049/2001 … findet Anwendung auf die Dokumente der Agentur.

Die Agentur richtet ein Register gemäß Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung … Nr. 1049/2001 ein, um alle Dokumente zugänglich zu machen, die gemäß dieser Verordnung öffentlich zugänglich sind.

Der Verwaltungsrat erlässt innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der vorliegenden Verordnung die Durchführungsbestimmungen für die Verordnung … Nr. 1049/2001.

…“

C – Verordnung (EG) Nr. 141/2000(7)

13.      Der Begriff der Arzneimittel für seltene Leiden [im Englischen „orphan medicinal products“] wird in den Erwägungsgründen 1 und 2 der Verordnung Nr. 141/2000 wie folgt erläutert:

„in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)      Bestimmte Leiden treten so selten auf, dass die Kosten für die Entwicklung und das Inverkehrbringen eines Arzneimittels für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung des Leidens durch den zu erwartenden Umsatz des Mittels nicht gedeckt werden würden. Die pharmazeutische Industrie wäre deshalb nicht bereit, das Arzneimittel unter normalen Marktbedingungen zu entwickeln. Diese Arzneimittel werden im englischen Sprachraum als ,Orphan medicinal products‘ … bezeichnet.

(2)      Patienten mit seltenen Leiden müssen dasselbe Recht auf gute Behandlung haben wie andere Patienten. Daher müssen Erforschung, Entwicklung und Inverkehrbringen geeigneter Arzneimittel durch die pharmazeutische Industrie gefördert werden. Anreize für die Entwicklung von Arzneimitteln für seltene Leiden bestehen in den USA seit 1983 und in Japan seit 1993.“

14.      Dem achten Erwägungsgrund der Verordnung zufolge haben die Erfahrungen in den Vereinigten Staaten und Japan gezeigt, dass „für die Industrie der stärkste Anreiz zu Investitionen in die Entwicklung und das Inverkehrbringen von Arzneimitteln für seltene Leiden die Aussicht auf ein mehrjähriges Marktexklusivitätsrecht ist, wodurch sich die Investitionen möglicherweise teilweise decken lassen“.

15.      Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Verordnung kann ein Arzneimittel als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesen werden, wenn es „für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung eines Leidens bestimmt ist, das lebensbedrohend ist oder eine chronische Invalidität nach sich zieht und von dem zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinschaft nicht mehr als fünf von zehntausend Personen betroffen sind“, oder wenn „das Inverkehrbringen des Arzneimittels in der Gemeinschaft ohne Anreize vermutlich nicht genügend Gewinn bringen würde, um die notwendigen Investitionen zu rechtfertigen“, und „in der Gemeinschaft noch keine zufriedenstellende Methode für die Diagnose, Verhütung oder Behandlung des betreffenden Leidens zugelassen wurde“.

16.      In Art. 8 („Marktexklusivitätsrecht“) heißt es:

„(1)      Wurde nach der Verordnung (EWG) Nr. 2309/93[(8)] eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels für seltene Leiden erteilt oder haben alle Mitgliedstaaten eine Genehmigung für das Inverkehrbringen dieses Arzneimittels nach den … Verfahren für die gegenseitige Anerkennung – unbeschadet der Vorschriften über geistiges Eigentum oder anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts – erteilt, so werden die Gemeinschaft und die Mitgliedstaaten während der nächsten zehn Jahre weder einen anderen Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen eines ähnlichen Arzneimittels für dasselbe therapeutische Anwendungsgebiet annehmen noch eine entsprechende Genehmigung erteilen noch einem Antrag auf Erweiterung einer bestehenden Genehmigung stattgeben.

(2)      Dieser Zeitraum kann jedoch auf sechs Jahre verkürzt werden, wenn am Ende des fünften Jahres in Bezug auf das betreffende Arzneimittel feststeht, dass die in Artikel 3 festgelegten Kriterien nicht mehr erfüllt sind, wenn nämlich unter anderem anhand der vorliegenden Daten nachgewiesen wird, dass die Rentabilität so ausreichend ist, dass die Aufrechterhaltung des Marktexklusivitätsrechts nicht gerechtfertigt ist.

…“

III. Sachverhalt

17.      Die Rechtsmittelführerin entwickelte das Arzneimittel Translarna zur Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne bei Patienten, deren Krankheit durch eine sogenannte Nonsense-Mutation ausgelöst worden ist. Bei der Muskeldystrophie Duchenne handelt es sich um eine erbliche genetische Erkrankung, die gewöhnlich vor dem Alter von sechs Jahren auftritt und durch fortschreitenden Muskelschwund und Muskelschwäche mit im Allgemeinen schweren und lebensbedrohenden Folgen gekennzeichnet ist. Die Rechtsmittelführerin äußerte die Hoffnung, dass das Arzneimittel auch zur Behandlung anderer, in ähnlicher Weise durch andere Nonsense-Mutationen verursachte Krankheiten eingesetzt werden würde.

18.      Im Oktober 2012 beantragte die Rechtsmittelführerin bei der EMA nach der Verordnung Nr. 726/2004 eine Genehmigung für das Inverkehrbringen von Translarna zur Behandlung der Muskeldystrophie Duchenne. Nach einer ersten Ablehnung und einem daraufhin gestellten Antrag auf Überprüfung wurde der Rechtsmittelführerin am 31. Juli 2014 eine bedingte Zulassung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Kommission(9) erteilt. Nach Art. 5 dieser Verordnung ist der Inhaber einer solchen Zulassung verpflichtet, „laufende Studien abzuschließen oder neue Studien einzuleiten, um das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis zu bestätigen“, bevor ihm gemäß Art. 7 dieser Verordnung und Art. 14 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 eine Zulassung für fünf Jahre erteilt wird.

19.      Am 13. Oktober 2015 teilte die EMA der Klägerin mit, dass ein anderer Arzneimittelhersteller bei ihr nach der Verordnung Nr. 1049/2001 einen Antrag auf Zugang zu einem in der Akte des Antrags auf Zulassung von Translarna enthaltenen Bericht über die klinische Prüfung (im Folgenden: streitiger Bericht) gestellt habe. Es ist unstreitig, dass dieser Bericht die Wirksamkeit und die Sicherheit des Wirkstoffs von Translarna betrifft(10).

20.      Die Rechtsmittelführerin beantragte, den streitigen Bericht in seiner Gesamtheit als vertraulich zu behandeln. Dies lehnte die EMA schließlich am 25. November 2015 mit dem angefochtenen Beschluss ab, mit dem sie Zugang zu dem gesamten streitigen Bericht(11) gewährte, vorbehaltlich gewisser Schwärzungen, die sie aus eigener Initiative vorgenommen hatte, da die Rechtsmittelführerin es abgelehnt hatte, hierzu Vorschläge zu machen.

21.      Die EMA begründete ihren Beschluss, grundsätzlich Zugang zu gewähren – wobei sie zugleich auch auf die Stellungnahme der Klägerin im Rahmen der Konsultation nach Art. 4 Abs. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 einging –, wie folgt:

–        Nach Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001 könne der Zugang zur Gesamtheit eines beantragten Dokuments nur verweigert werden, wenn eine oder mehrere der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 oder 3 der Verordnung für dessen gesamten Inhalt gelten. Dies habe die Rechtsmittelführerin aber nicht nachgewiesen. Zudem sei ein Teil des Inhalts des streitigen Berichts bereits öffentlich zugänglich.

–        Die Offenlegung verstoße nicht gegen Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens. Den Anforderungen dieser Bestimmung sei durch die Ausschließlichkeitsfristen für die Daten nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 und dadurch genügt, dass gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 1049/2001 das Urheberrecht unberührt bleibe.

–        Das Risiko der missbräuchlichen Verwendung des Dokuments durch einen Wettbewerber stelle für sich genommen keinen Grund für die Annahme dar, dass eine Information eine vertrauliche geschäftliche Information nach der Verordnung Nr. 1049/2001 sei.

–        Die Ausnahme von der Zugangsgewährung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 sei nicht anwendbar, da der Entscheidungsprozess der EMA mit der Erteilung der bedingten Zulassung geendet habe.

22.      Die Rechtsmittelführerin, unterstützt von der European Confederation of Pharmaceutical Entrepreneurs AISBL (Eucope), focht diesen Beschluss mit einer Nichtigkeitsklage vor dem Gericht an. Daneben beantragte sie vorläufigen Rechtsschutz. Diesem Antrag gab der Präsident des Gerichts mit Beschluss vom 20. Juli 2016(12) statt. Das gegen diesen Beschluss von der EMA eingelegte Rechtsmittel wies der Vizepräsident des Gerichts mit Beschluss vom 1. März 2017(13) zurück.

IV.    Angefochtenes Urteil

23.      Mit ihrer Klage vor dem Gericht machte die Rechtsmittelführerin fünf Klagegründe geltend: 1. Bei richtigem Verständnis des Verhältnisses zwischen der Verordnung Nr. 726/2004 und der Verordnung Nr. 1049/2001 gelte für den streitigen Beschluss in seiner Gesamtheit eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit; 2. jedenfalls stelle der streitige Beschluss in seiner Gesamtheit eine vertrauliche geschäftliche Information dar, die durch Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt sei; 3. die Freigabe des streitigen Berichts in seiner Gesamtheit würde den Entscheidungsprozess der EMA ernstlich beeinträchtigen, so dass dieser Bericht nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gegen eine Freigabe geschützt sei; 4. die EMA habe es unterlassen, die rechtlich gebotene Abwägung vorzunehmen; 5. nach einer ordnungsgemäßen Abwägung hätte ein Beschluss ergehen müssen, keinen einzigen Teil des streitigen Berichts zu veröffentlichen. Das Gericht hat die Klage mit folgender Begründung in vollem Umfang abgewiesen.

Allgemeine Vertraulichkeitsvermutung

24.      Das Gericht hat festgestellt, dass für Berichte über die klinische Prüfung keine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich oder Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 bestehe. Es hat dies wie folgt begründet.

25.      In der Rechtsprechung würden vier Kriterien für die Anerkennung einer solchen Vermutung herangezogen(14). Diese seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der streitige Bericht habe nicht zu einem laufenden Verwaltungsverfahren gehört wie in den Fällen, in denen eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung als durch die zwingende Notwendigkeit bestimmt anerkannt worden sei, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt werde(15). Die anwendbaren Verordnungen Nrn. 141/2000, 726/2004 und 507/2006 enthielten auch keine Sonderbestimmungen zum Verfahren und zur Beschränkung des Zugangs zu Dokumenten(16).

26.      Das Gericht hat zudem das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, es sei der Wesensgehalt der Zulassungsregelung, dass alle als Verfahrensstücke einer Akte zu einem Zulassungsantrag vorgelegten Dokumente als vertraulich geschützt seien, mit der Begründung zurückgewiesen, dass diese möglicherweise kein neuartiges Element enthielten(17). Hierfür hat es auch darauf hingewiesen, dass die EMA nach Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 die Durchführungsbestimmungen zu der Verordnung Nr. 1049/2001, die „Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 über den Zugang zu den Dokumenten der EMA“, sowie das Dokument EMA/110196/2006 („Politik der [EMA] hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten [betreffend Human- und Tierarzneimittel]“) erlassen hat, in denen diese Position zum Ausdruck komme.

27.      Das Gericht hat ferner befunden, dass die Belastung, die für die EMA und den Urheber des Dokuments mit der Vornahme der Schwärzungen in den Dokumenten im Hinblick auf den Zugang verbunden sei, nicht als Argument für eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung angesehen werden könne, da dies dem Wortlaut und dem Geist der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwiderlaufe, nach der der Zugang zu Dokumenten die Regel, seine Verweigerung aber die Ausnahme sei(18).

28.      Eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung könne auch nicht auf Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens gestützt werden, da diese Bestimmungen den Rechten des geistigen Eigentums keinen absoluten Vorrang vor dem Grundsatz der Offenlegung einräumten. Der in Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 vorgesehene Schutz der Daten und die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 normierten Ausnahmen zum Schutz vertraulicher geschäftlicher Informationen, die in einer Akte der EMA enthalten seien, genügten zudem den Anforderungen des Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens. In dieser Hinsicht hat das Gericht insbesondere das Vorbringen zurückgewiesen, dass Daten, die auf unlautere Weise verwertet werden können, als vertraulich angesehen werden müssten.

29.      Selbst wenn eine allgemeine Vermutung bestehe, sei im Übrigen das betreffende Organ nicht verpflichtet, seinen Beschluss auf diese zu stützen. Es könne vielmehr jederzeit die von einem Antrag auf Zugang erfassten Dokumente konkret prüfen(19).

Die vom Gericht vorgenommene Prüfung der Anwendung von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 im vorliegenden Fall

30.      Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 strikt auszulegen sei, da er eine Ausnahme vom Grundsatz der Zugangsgewährung vorsehe. Folglich komme die Ausnahme zum Schutz vertraulicher geschäftlicher Informationen nach Art. 4 Abs. 2 nur ins Spiel, wenn dargetan werden könne, dass die Offenlegung eines bestimmten Dokuments die geschäftlichen Interessen des Betroffenen „ernstlich“ beeinträchtigen könnte, und wenn diese Gefahr bei vernünftiger Betrachtung vorhersehbar und nicht rein hypothetisch sei(20).

31.      Das Gericht hat zudem befunden, dass der streitige Bericht nicht in seiner Gesamtheit unter die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 falle, da dies voraussetzen würde, dass sämtliche in ihm enthaltenen Daten vertrauliche geschäftliche Informationen darstellten. Das sei nicht der Fall, da Teile davon bereits gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 im Europäischen Öffentlichen Beurteilungsbericht (im Folgenden: EPAR) – wenn auch nach Tilgung aller vertraulichen Angaben geschäftlicher Art – veröffentlicht worden seien.

V.      Zum Rechtsmittel

32.      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf fünf Rechtsmittelgründe. Mit dem ersten Rechtsmittelgrund macht sie geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung zugunsten des streitigen Berichts verneint. Mit dem zweiten Rechtsmittelgrund wird ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 gerügt. Mit dem dritten Rechtsmittelgrund wird ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 beanstandet. Mit dem vierten und dem fünften Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, indem das Gericht es unterlassen habe, eine Abwägung zwischen dem Interesse am Schutz der Vertraulichkeit des streitigen Berichts und einem eventuell überwiegenden öffentlichen Interesse an seiner Offenlegung vorzunehmen, habe es einen Rechtsfehler begangen, da mit den Klagegründen 1, 2 und 3 dargetan worden sei, dass ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 gerügt werde. Hätte das Gericht diese Abwägung vorgenommen, hätte es festgestellt, dass ein solches überwiegendes öffentliches Interesse nicht bestehe.

33.      Dem Wunsch des Gerichtshofs entsprechend werde ich meine Schlussanträge auf den ersten, den zweiten und den dritten Rechtsmittelgrund beschränken.

VI.    Würdigung

A.      Vorbemerkungen

1.      Verordnung Nr. 536/2014(21)

34.      Vorab sollte ich vielleicht darauf hinweisen, dass ich selbstverständlich nicht übersehen habe, dass die Verordnung (EU) Nr. 536/2014 zwar neue Bestimmungen über die Genehmigung, die Durchführung und die Ergebnisse klinischer Prüfungen enthält, dass sie aber noch nicht gilt. Diese Verordnung bringt möglicherweise mehr Transparenz bezüglich der Offenlegung von Berichten über die klinische Prüfung, nicht zuletzt, weil sie die Errichtung einer Datenbank vorsieht, die grundsätzlich – wiederum vorbehaltlich bestimmter vertraulichkeitsbedingter Ausnahmen – der Öffentlichkeit zugänglich sein wird.

35.      Meines Erachtens bedarf es jedoch keiner abschließenden Stellungnahme zu den potenziellen Wirkungen der Verordnung Nr. 536/2014 hinsichtlich des Zugangs der Öffentlichkeit zu Informationen über die klinische Prüfung, sei es für den vorliegenden Fall oder in anderem Zusammenhang. Denn diese Verordnung gilt noch nicht, solange EU-Portal und -Datenbank nicht wie in ihr vorgesehen entwickelt und voll funktionsfähig sind. Das vorliegende Rechtsmittel ist daher nach dem zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses anwendbaren Recht zu beurteilen. Über die Erwähnung des Bestehens dieser Verordnung und ihrer potenziellen Relevanz für künftige Fälle dieser Art hinaus werde ich mich für die Beurteilung des vorliegenden Rechtsmittels nicht auf sie stützen.

2.      Allgemeine Grundsätze der Regelung des Zugangs zu Dokumenten

36.      Vor der Befassung mit den sich hier stellenden Fragen sollen zunächst einige allgemeine Grundsätze betreffend die Wirkungsweise der Regelung des Zugangs zu Dokumenten nach der Verordnung Nr. 1049/2001 dargestellt werden. Die insoweit geltenden Rechtsgrundsätze sind klar und vom Gericht zutreffend angeführt worden. Beginnen wir mit der Frage, welches diese Grundsätze tatsächlich sind. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen.

37.      Erstens sollen mit der Verordnung Nr. 1049/2001 die in Art. 15 Abs. 3 AEUV niedergelegten Grundsätze legislativ umgesetzt werden, wonach jeder Unionsbürger (also jede natürliche oder juristische Person) mit Wohnsitz oder satzungsgemäßem Sitz in einem Mitgliedstaat das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe vorbehaltlich der allgemeinen Grundsätze und der „aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen“, die vom Europäischen Parlament und vom Rat durch Verordnungen „gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ festgelegt werden.

38.      Zweitens basiert die Verordnung Nr. 1049/2001 auf dem Grundsatz, dass die Öffentlichkeit weitestmöglichen Zugang zu solchen Dokumenten haben soll(22), vorbehaltlich der Ausnahmen, die zum Schutz der im elften Erwägungsgrund genannten öffentlichen und privaten Interessen erforderlich und in Art. 4 Abs. 1 bis 3 normiert sind. Da jedoch diese Ausnahmen von dem in der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgestellten allgemeinen Grundsatz der weitestmöglichen Offenlegung abweichen, müssen sie strikt ausgelegt und angewandt werden(23). Folglich sind daher grundsätzlich alle Dokumente der Organe und Einrichtungen der EU wie der EMA der Öffentlichkeit zugänglich. Jedenfalls sieht Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 – eben des Rechtsetzungsakts, der das gesamte Verfahren vor der EMA selbst regelt – ausdrücklich vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 „auf die Dokumente der Agentur Anwendung [findet]“.

39.      Drittens reicht der bloße Umstand, dass ein bestimmtes Dokument ein Interesse berührt, das durch eine Ausnahme vom Recht auf Zugang nach Art. 4 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt ist, selbstverständlich nicht aus. Vielmehr muss das betreffende Organ erläutern, inwiefern die Offenlegung dieses Dokuments – nach den Worten des Gerichts – „das Interesse, das durch [die] Ausnahme … geschützt wird, konkret und tatsächlich beeinträchtigen könnte“(24).

40.      Viertens ist nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 der Antragsteller nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben. Das bedeutet, dass seine Motive für den Antrag grundsätzlich irrelevant sind.

41.      Ich komme nun zur Prüfung des ersten Rechtsmittelgrundes, nämlich der Frage der allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung.

B.      Erster Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 wegen Nichtanerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung für Berichte über die klinische Prüfung

42.      Mit dem ersten Rechtsmittel macht die Rechtsmittelführerin geltend, das Gericht habe mit der Zurückweisung des Vorbringens, dass Berichte über die klinische Prüfung durch eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung geschützt seien, einen Rechtsfehler begangen.

1.      Vorbringen der Parteien

43.      Die Rechtsmittelführerin macht mit Unterstützung durch die Eucope geltend, das Gericht habe rechtsfehlerhaft nicht anerkannt, dass in einem Verfahren über die Erteilung einer Zulassung vorgelegte Dokumente, insbesondere Berichte über die klinische Prüfung, durch eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung geschützt seien.

44.      Mit der Regelung der Datenausschließlichkeit zugunsten der Inhaber einer Zulassung auf der einen Seite und den nach den Verordnungen Nrn. 726/2004, 507/2006 und 141/2000 bestehenden Erfordernissen, wonach die EMA bestimmte Informationen von sich aus öffentlich zugänglich machen müsse, auf der anderen Seite werde ein sorgfältiges Gleichgewicht zwischen den Rechten des Innovationsunternehmens, der Notwendigkeit einer Stimulierung des Wettbewerbs durch generische Arzneimittel und dem Recht der Öffentlichkeit auf angemessene Information über die auf dem Markt verfügbaren Arzneimittel hergestellt. Zur Wahrung dieses Gleichgewichts müssten Dokumente, die mit einem Zulassungsantrag vorgelegt würden, den Schutz durch eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung genießen.

45.      Die Rechtsmittelführerin, unterstützt durch die Eucope, trägt weiter vor, die Feststellung des Gerichts, dass in allen früheren Fällen die Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung auf das Kriterium eines „noch laufenden Verwaltungs- oder anhängigen Gerichtsverfahrens“ gestützt gewesen sei, sei in tatsächlicher Hinsicht falsch, und es handele sich dabei nicht um ein notwendiges Kriterium für eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung. Dies gelte insbesondere für die Ausnahme zum Schutz vertraulicher geschäftlicher Informationen, da diese sogar über das Ende des betreffenden Verfahrens hinaus gegen Offenlegung geschützt werden müssten, was das Gericht zu Unrecht außer Betracht gelassen habe. Zudem sei die Anwendung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung nicht nur eine Option. Diese Vermutung gelte von Gesetzes wegen und müsse von der EMA berücksichtigt werden.

46.      Die Eucope führt aus, im vorliegenden Fall seien die einzig relevanten Kriterien für das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung, i) dass es ein wesensmäßiges Merkmal der Zulassungsregelung sei, dass für als Teil eines Dossiers eingereichte Dokumente Schutz durch eine solche Vermutung beansprucht werden könne, oder ii) dass Berichte über die klinische Prüfung ihrem Wesen nach vertrauliche Informationen enthalten könnten(25). Mit der Anführung zusätzlicher Kriterien für das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung habe das Gericht verkannt, dass diese Kriterien lediglich Fälle seien, in denen eine Vermutung bestehen könne; keines von ihnen sei jedoch wesentlich(26).

47.      Sowohl die Rechtsmittelführerin als auch die Eucope machen weiter geltend, die Behandlung des TRIPS-Übereinkommens durch das Gericht sei fehlerhaft, weil dieses sich nur mit dem ersten Teil von Art. 39 Abs. 3 dieses Übereinkommens betreffend unlauteren gewerblichen Gebrauch und nicht mit dessen zweitem Teil befasst habe, nach dem die Daten des Dossiers der EMA vor Offenlegung zu schützen seien, es sei denn, es bestehe ein überwiegendes öffentliches Interesse oder es würden Maßnahmen ergriffen, um Schutz vor unlauterem gewerblichen Gebrauch sicherzustellen.

48.      Die Rechtsmittelführerin und die Eucope rügen auch, dass das Gericht die Orientierungsdokumente der EMA sowie die Verordnung Nr. 536/2014 als Rechtsquellen herangezogen habe, insbesondere weil Letztere noch nicht gelte. Der 68. Erwägungsgrund der Verordnung spreche für eine allgemeine Vermutung, da aus ihm hervorgehe, dass eine Änderung des Rechts beabsichtigt gewesen sei.

49.      Die EMA macht geltend, die drei folgenden Kriterien seien für die Anwendung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung relevant: i) Die angeforderten Dokumente gehörten zu derselben Kategorie oder seien von der gleichen Art wie Dokumente, für die die Unionsgerichte bereits das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung anerkannt hätten, ii) der Zugang zu den angeforderten Dokumenten würde den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens beeinträchtigen, und iii) es gebe Rechtsvorschriften, die den Zugang zu den angeforderten Dokumente besonders regelten(27).

50.      Nach Ansicht der EMA ist im vorliegenden Fall keine dieser Voraussetzungen erfüllt. Erstens gehörten die Dokumente nicht zu den Kategorien, für die bisher eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung anerkannt worden sei, zweitens sei das Verfahren nicht mehr im Gang, und drittens gebe es keine besondere Offenlegungsregelung, vielmehr sehe Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 vor, dass die EMA die Verordnung Nr. 1049/2001 auf alle Dokumente in ihrem Besitz anzuwenden habe. Im Übrigen komme in der – wenn auch noch nicht geltenden – Verordnung Nr. 536/2014 eine klare normative Entscheidung zugunsten von Transparenz zum Ausdruck. Ferner seien Datenschutzfristen der in Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens vorgesehene Weg zum Schutz von Daten vor unlauterem Gebrauch, und die Schwärzungen, die sie gemäß Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 in Berichten über die klinische Prüfung vornehme, seien ein weiteres Mittel zum Schutz solcher Daten.

2.      Würdigung des Vorbringens zu einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung

a)      Vermeintliche Heranziehung der internen Orientierungsdokumente der EMA und der Verordnung Nr. 536/2014

51.      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin und der Eucope, das Gericht habe die Orientierungsdokumente der EMA herangezogen, namentlich die „Bestimmungen zur Durchführung der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang zu den Dokumenten der EMA“ und ihr Dokument „Politik der Europäischen Arzneimittelagentur hinsichtlich des Zugangs zu Dokumenten (betreffend Human- und Tierarzneimittel)“, geht meines Erachtens zumindest insoweit fehl, als damit geltend gemacht wird, dass das Gericht das angefochtene Urteil auf diese Quellen gestützt habe.

52.      Nach ständiger Rechtsprechung können Rügen, die gegen nicht tragende Gründe einer Entscheidung des Gerichts gerichtet sind, nicht zur Aufhebung dieser Entscheidung führen und gehen daher ins Leere(28). Der Gebrauch des Wortes „Außerdem“ am Anfang von Rn. 54 zeigt, dass das Gericht seine Begründung nicht auf die Orientierungsregeln der EMA gestützt hat. Nach sorgfältiger Würdigung der Frage im Licht der Verordnungen Nrn. 1049/2001, 114/2000, 726/2004 und 507/2006 in den Rn. 45 bis 52 gelangt das Gericht in Rn. 53 „[n]ach alledem“ zu dem Schluss, dass keine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung für Berichte über die klinische Prüfung besteht. Daher ist klar, dass die Rn. 54 und 55 nur der Vollständigkeit dienen und für die Begründung der Entscheidung des Gerichts nicht zentral sind.

53.      Gleiches gilt für den Vorwurf, das Gericht habe sich auf die Verordnung Nr. 536/2014(29) gestützt. Wie bereits dargelegt, gilt diese Verordnung gegenwärtig nicht, da EU-Portal und -Datenbank noch nicht wie in ihr vorgesehen entwickelt und voll funktionsfähig sind. Das Gericht erwähnt in Rn. 56 des angefochtenen Urteils ausdrücklich, dass diese Verordnung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Allerdings weist es im Sinne eines ergänzenden Arguments gegen das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung darauf hin, dass diese Verordnung ihrem 68. Erwägungsgrund zufolge davon ausgehe, dass Berichte über die klinische Prüfung nicht als geschäftlich vertraulich angesehen werden sollten, sobald eine Zulassung erteilt oder entzogen worden sei. Dies sei ein Indiz dafür, dass eine allgemeine Vermutung der Vertraulichkeit vom Gesetzgeber nicht gewollt sei.

54.      Wenn die Ausführungen des Gerichts zu den Wirkungen der EMA-Regeln oder der möglichen Wirkung der Verordnung Nr. 536/2014 zentral für seine Entscheidung gewesen wären, hätte dies auch aus meiner Sicht in beiden Fällen einen Rechtsfehler dargestellt. Es versteht sich von selbst, dass in einer auf dem Gedanken des Rechtsstaats und auf demokratischen Institutionen gegründeten Union das Recht nur in dem in den Verträgen vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren geändert werden kann. Die von der EMA erlassenen Leitlinien können zweifellos dazu beitragen, zu verstehen, wie die Verordnung Nr. 1049/2001 von der EMA in der Praxis angewandt wird, sie können aber nicht das Recht ändern. Die Verordnung Nr. 1049/2001 kann auch nicht anhand dieser Leitlinien ausgelegt werden, da dies der im Unionsrecht festgelegten Normenhierarchie zuwiderliefe. Ebenso ist klar, dass das vorliegende Verfahren auf der Grundlage der Rechtsvorschriften zu entscheiden ist, die bei Erlass des Beschlusses der EMA galten, und nicht einer Verordnung, die zu jenem Zeitpunkt noch nicht galt – und bis heute nicht gilt.

55.      Auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, der 68. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 536/2014 sei als eine bewusste Änderung der zuvor bestehenden Rechtslage zu verstehen, erscheint mir nicht überzeugend. Es legt ein stillschweigendes Anerkenntnis des Gesetzgebers nahe, dass nach der vorherigen Rechtslage eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung für Berichte über die klinische Prüfung bestanden hätte.

56.      Dem kann ich mich nicht anschließen. Erstens bedeutet die bloße Erwähnung einer Frage in einem Erwägungsgrund einer Verordnung nicht notwendig, dass es in dieser Frage eine Rechtsänderung gegeben hat. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, bedeutet das zweitens nicht notwendig, dass nach der vorherigen Rechtslage eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung bestand. Grundlegend ist hier aber vor allem drittens, dass ganz so, wie sich die EMA nicht zu ihren Gunsten auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 536/2014 berufen kann, dasselbe auch für die Rechtsmittelführerin gelten muss.

b)      Allgemeine Vertraulichkeitsvermutung

57.      An dieser Stelle mag es angezeigt sein, daran zu erinnern, wann eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung in Bezug auf die oben in den Nrn. 37 bis 40 dargestellten allgemeinen Grundsätze relevant wird.

58.      Ein Unionsorgan, bei dem ein Antrag auf Zugang zu Informationen nach der Verordnung Nr. 1049/2001 gestellt worden ist, muss, wenn es den Zugang verweigern will, erläutern, inwiefern der Zugang zu diesem Dokument das durch eine solche Ausnahme nach Art. 4 dieser Verordnung geschützte Interesse konkret und gegenwärtig beeinträchtigen könnte.

59.      Hier kommt die allgemeine Vertraulichkeitsvermutung ins Spiel, da der Gerichtshof entschieden hat, dass es dem betreffenden Unionsorgan freisteht, seine Entscheidungen auf allgemeine Vermutungen zu stützen, die für bestimmte Kategorien von Dokumenten gelten, da für Anträge auf Verbreitung von Dokumenten gleicher Art vergleichbare allgemeine Erwägungen gelten können(30). In diesen Fällen muss sich das Organ jedoch vergewissern, ob die allgemeinen Erwägungen, die normalerweise für einen bestimmten Dokumententypus gelten, tatsächlich auf das betreffende Dokument Anwendung finden, dessen Verbreitung beantragt wird(31).

60.      Es sei hier darauf hingewiesen, dass die EMA tatsächlich nicht in Abrede stellt, dass für Dokumente in ihrem Besitz solange eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung besteht, wie das Zulassungsverfahren noch im Gang und noch kein Beschluss gefasst worden ist (Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001). Die Verfahrensbeteiligten streiten darüber, ob das Verfahren im Sinne von Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 noch im Gang ist, wenn eine bedingte – im Unterschied zu einer endgültigen – Zulassung erteilt worden ist. Ist jedoch – wie ich meine(32) – das Verfahren nicht mehr im Gang, spricht nach Ansicht der EMA der legislative Kontext des gesamten Zulassungsverfahrens gegen das Bestehen einer solchen allgemeinen Vermutung.

61.      Da die Verfahrensbeteiligten darüber uneins sind, anhand welcher Kriterien das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung festzustellen ist, wenn kein Zulassungsverfahren im Gang ist, werde ich zunächst darlegen, was das Gericht hierzu gesagt hat, und dann prüfen, ob seine Würdigung zutreffend ist.

62.      Der Gerichtshof hat bisher eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung für mehrere Kategorien von Dokumenten anerkannt(33). Weder die Berichte über die klinische Prüfung im Einzelnen noch alle in einem Zulassungsverfahren vorgelegten Dokumente gehören zu einer dieser Kategorien, obwohl natürlich anzumerken ist, dass diese Frage vor dem Gerichtshof bisher noch nicht aufgeworfen worden ist.

Die Prüfung des Bestehens einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung, wenn ein Zulassungsverfahren nicht im Gang ist, durch das Gericht

63.      Das Gericht hat im Wesentlichen drei Gründe dafür angeführt, dass es das Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung betreffend ein laufendes Zulassungsverfahren verneint hat. Erstens sei die Anwendung einer solchen Vermutung wesentlich „durch die zwingende Notwendigkeit bestimmt, das ordnungsgemäße Funktionieren der fraglichen Verfahren sicherzustellen und zu gewährleisten, dass deren Zweck nicht beeinträchtigt wird“(34). Zweitens habe in allen Rechtssachen, in denen die Entscheidungen, in denen allgemeine Vermutungen der Vertraulichkeit aufgestellt wurden, ergangen seien, „die betreffende Verweigerung des Zugangs eine Gesamtheit von Dokumenten [betroffen], die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte eines noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens klar umschrieben waren“(35). Drittens sei nach der bisherigen Rechtsprechung „die Anwendung von speziellen Regeln, die in einem Rechtsakt über ein vor einem Unionsorgan durchgeführtes Verfahren vorgesehen sind“, eines der Kriterien, die die Anerkennung einer allgemeinen Vermutung rechtfertigen könnten(36).

64.      Diese Begründung der Ablehnung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung für Berichte über die klinische Prüfung überzeugt mich nicht.

65.      Erstens betrafen zwar alle bisherigen Urteile ein laufendes Verwaltungs- oder anhängiges Gerichtsverfahren, doch ist dies nicht entscheidend für die Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung im vorliegenden (und völlig anders gelagerten) Fall. Die Kategorien von allgemeinen Vermutungen, die für diesen Zweck anerkannt werden könnten, stehen nicht abschließend fest.

66.      Auch wenn, zweitens, keine Sonderbestimmungen erlassen worden sind, ist dies kein entscheidender Faktor für die Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung(37).

67.      Während, drittens, allgemeine Vertraulichkeitsvermutungen gewiss sicherstellen sollen, dass bestehende Verfahren störungsfrei ablaufen, bedeutet das nicht, dass es in Fällen wie dem hier vorliegenden keine Vermutung geben kann(38).

68.      Der Gerichtshof hat die Grundsätze, die der Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung zugrunde liegen, im Urteil ClientEarth(39) wie folgt zusammengefasst.

Der ClientEarth-Maßstab

69.      Die Leiterwägungen in Bezug auf die Anerkennung einer neuen Kategorie von Dokumenten(40), wie sie der Gerichtshof der früheren Rechtsprechung entnimmt, hat dieser im Urteil ClientEarth dargelegt, das nach dem Erlass des hier angefochtenen Urteils, aber vor der mündlichen Verhandlung über das vorliegende Rechtsmittel ergangen ist(41).

70.      In Rn. 80 des Urteils vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission (C‑57/16 P, EU:C:2018:660), hat der Gerichtshof ausgeführt:

„[D]ie Anerkennung einer allgemeinen Vermutung zugunsten einer neuen Kategorie von Dokumenten [setzt] voraus, dass zunächst dargetan wird, dass die Verbreitung der Art von Dokumenten, die in diese Kategorie fallen, bei vernünftiger Betrachtung das durch die betreffende Ausnahme geschützte Interesse tatsächlich beeinträchtigen könnte. Außerdem sind allgemeine Vermutungen, da sie eine Ausnahme von der Verpflichtung des betreffenden Unionsorgans, jedes Dokument, auf das sich ein Antrag auf Zugang bezieht, konkret und individuell zu prüfen, und ganz allgemein von dem Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu im Besitz der Unionsorgane befindlichen Dokumenten darstellen, eng auszulegen und anzuwenden.“(42)

71.      Wie sollten also diese Grundsätze im vorliegenden Fall angewandt werden?

Anwendung des ClientEarth-Maßstabs im Kontext eines nicht laufenden Zulassungsverfahrens

Regelungsziele im Arzneimittelbereich

72.      Regelungen im Arzneimittelbereich sind auf die Abstimmung zwischen verschiedenen Zielen gerichtet. Das erste dieser Ziele ist offenkundig der Schutz der öffentlichen Gesundheit, wichtig ist aber auch die Schaffung von Anreizen für die Arzneimittelhersteller, die so sehr benötigte Forschung an neuen Arzneimitteln voranzutreiben. Andere öffentliche Interessen kommen ebenso offensichtlich ins Spiel. Öffentliche Gesundheitssysteme sollten selbstverständlich mit nicht überteuerten Arzneimitteln versorgt werden, und Versuche an Menschen oder Tieren sollten vermieden werden, sofern sie nicht erforderlich sind(43). Die für klinische Prüfungen geltende Regelung stellt sicher, dass ethische Standards beachtet werden und dass die Person und die körperliche Integrität der Teilnehmer an klinischen Prüfungen angemessen geschützt werden.

73.      Zur Förderung dieser allgemeinen Ziele wird mit Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2001/83, einer Bestimmung, die gemäß Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 auch im zentralisierten Verfahren anwendbar ist, der „Weg der generischen Zulassung“ eingerichtet. Danach genügen für einen Antrag auf Zulassung eines Generikums wesentlich weniger Unterlagen, so dass der Antragsteller nicht die Ergebnisse der toxikologischen und pharmakologischen Versuche oder die Ergebnisse der klinischen Versuche vorzulegen braucht(44). In diesem Fall stützt sich die EMA auf die Ergebnisse, die der Antragsteller für die erste Zulassung (im Folgenden: erster Antragsteller) mit seinem früheren Antrag vorgelegt hat. Datenausschließlichkeit ist ein gesetzgeberisches Instrument, das den Weg der generischen Zulassung dadurch eingrenzt, dass die Berufung auf die Ergebnisse des ersten Antragstellers erst nach einem bestimmten, gesetzlich festgelegten Zeitraum erlaubt ist(45).

74.      Das Markenexklusivitätsrecht geht über die Datenausschließlichkeit hinaus und gewährt einem ersten Antragsteller Schutz vor Wettbewerb während dieses Zeitraums der Exklusivität(46). Das Marktexklusivitätsrecht bedeutet auch, dass während dieses Zeitraums für kein Arzneimittel, das im Wesentlichen einem zugelassenen Arzneimittel ähnlich ist, eine Zulassung erteilt wird. Damit soll einem ersten Antragsteller ermöglicht werden, einen höheren Gewinn als Belohnung dafür zu erzielen, dass er die Kosten der Entwicklung und Erprobung eines neuen Arzneimittels getragen hat(47).

Anwendung des ClientEarth-Maßstabs im Licht der Ziele des Arzneimittelrechts

75.      Diese Bestimmungen zur Gewährung sowohl von Datenausschließlichkeit als auch eines Marktexklusivitätsrechts sollen somit einem ersten Antragsteller – wie der Rechtsmittelführerin – einen starken Schutz gewähren. Meines Erachtens wäre es jedoch unter Anwendung des ClientEarth-Kriteriums bei vernünftiger Betrachtung vorhersehbar, dass die Offenlegung eines Berichts über die klinische Prüfung „das durch die … Ausnahme [nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001] geschützte Interesse tatsächlich beeinträchtigen könnte“. Dieses Interesse ist schließlich das geschäftliche Interesse des Zulassungsantragstellers. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Erstellung eines Berichts über die klinische Prüfung sehr hohe Kosten verursachen und eine Reihe komplexer klinischer Prüfungen erfordern kann. In Berichten über die klinische Prüfung werden wahrscheinlich Forschungs- und Arbeitsmethoden, Prüfung und Irrtum, statistische Analysen mit detaillierter Synthese und Analyse des Ausgangs der klinischen Prüfung und zweifellos mehr dargelegt.

76.      Unter diesen Umständen ist kaum zu erkennen, dass die Offenlegung eines Berichts über die klinische Prüfung nicht von beträchtlichem Vorteil für jeden potenziellen Wettbewerber wäre, ungeachtet der Bestimmungen über Datenausschließlichkeit und Marktexklusivitätsrecht. Würde ein solcher Bericht über die klinische Prüfung offengelegt, könnte schließlich jeder Wettbewerber nach der Erteilung einer auch nur bedingten Zulassung zugunsten des ersten Antragstellers unschwer seinen eigenen Bericht über die klinische Prüfung an den früheren (und nun offengelegten) Bericht anpassen. Ein derartiger Einblick in die Arbeits- und Forschungsmethoden usw. des ersten Antragstellers wäre wahrscheinlich von beträchtlichem Wert für diesen Wettbewerber – und würde ihm vielleicht sogar einen „Fahrplan“ für künftige Zulassungsanträge liefern –, insbesondere in einem geschäftlichen Umfeld, das durch einen außerordentlich intensiven Wettbewerb gekennzeichnet ist.

77.      Die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Rechten des geistigen Eigentums ist selbst ein lebendes Zeugnis dafür, dass große Arzneimittelhersteller nicht zögern, jeden strategischen Vorteil, den sie auf legitime und rechtmäßige Weise erlangen können, nutzen werden, um ihren Wettbewerbern in ihrem Bemühen um einen größeren Marktanteil und höhere Gewinne zuvorzukommen. Dies würde offensichtlich eine Berufung auf die Bestimmungen der Verordnung Nr. 1049/2001 über den Zugang zu Dokumenten – wenn dies rechtlich möglich wäre – einschließen, um herauszufinden, was sie aus einem Einblick in einen Bericht über die klinische Prüfung eines Wettbewerbers lernen könnten. Altruisten und Idealisten mögen über ein solches Vorgehen bestürzt sein, doch hat niemand je behauptet, Arzneimittelhersteller würden ausschließlich von den Prinzipien der Bergpredigt geleitet.

78.      Demgemäß bin ich zwar ein ebenso großer Befürworter von Informationsfreiheit und Transparenz öffentlicher Dokumente wie nur irgendjemand, ich sehe mich aber gezwungen, einzuräumen, dass es unter Anwendung des ClientEarth-Kriteriums vorhersehbar ist, dass die Offenlegung eines Berichts über die klinische Prüfung das durch die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützte geschäftliche Interesse eines Zulassungsantragstellers tatsächlich beeinträchtigen könnte.

79.      Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof – im Licht des in Rn. 80 des Urteils ClientEarth aufgestellten Maßstabs – eine allgemeine Vermutung zugunsten der Nichtoffenlegung derartiger Unterlagen anerkennen sollte.

80.      Meines Erachtens genügt der ClientEarth-Maßstab, um eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung nach der Verordnung Nr. 1049/2001 festzustellen. Für den Fall, dass der Gerichtshof diese Sichtweise nicht teilen sollte, schlage ich dennoch vor, das vom Gericht eingehend behandelte Vorbringen der Parteien zu prüfen, dass Sonderbestimmungen betreffend den Zugang zu Dokumenten für die Feststellung zu berücksichtigen seien, ob auf dieser Grundlage eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung gelte(48).

Abstimmung zwischen der Verordnung Nr. 1049/2001 und Sonderregelungen betreffend den Zugang zu Dokumenten

81.      Der Gerichtshof hat eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung in einer Reihe von Rechtssachen anerkannt, in denen die Grundsätze der Verordnung Nr. 1049/2001 und die für das jeweilige Verfahren geltenden Sonderbestimmungen miteinander in Einklang gebracht und somit kohärent ausgelegt werden mussten. Demgemäß hat er eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung auf der Grundlage einer Auslegung der Verordnung Nr. 1049/2001 im Licht der Verordnungen (EG) Nr. 1/2003(49) und (EG) Nr. 773/2004(50) in Fällen staatlicher Beihilfen(51) und für in einem Fusionsverfahren gesammelte Informationen(52) anerkannt.

82.      Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Bestehen von Sonderbestimmungen für den Zugang zu den Dokumenten der Akte, obwohl es von den Parteien übereinstimmend als ein relevantes Kriterium für die Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung angesehen wird, keineswegs eine wesentliche Voraussetzung für eine solche Anerkennung ist.

83.      In manchen Rechtssachen hat der Gerichtshof eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung auch dann anerkannt, wenn es keine speziellen Regeln betreffend den Zugang zu Dokumenten gab(53).

Verordnungen Nr. 141/2001 und Nr. 726/2004

84.      Das Gericht hat in Rn. 42 des angefochtenen Urteils befunden, dass die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 aufgeführten Ausnahmen nicht ausgelegt werden dürften, ohne die in den betreffenden Verordnungen vorgesehenen Sonderbestimmungen für den Zugang zu diesen Dokumenten zu berücksichtigen. In Rn. 46 des angefochtenen Urteils heißt es, dass die Verordnungen Nrn. 141/2000 und 726/2004 die Verwendung der in der Akte eines Zulassungsverfahrens für ein Arzneimittel enthaltenen Dokumente nicht restriktiv regelten. Sie sähen keine Beschränkung des Zugangs zur Akte auf die „betroffenen Parteien“ oder auf die „Beschwerdeführer“ – wie es in anderen, oben beschriebenen Verfahren der Fall war – oder überhaupt auf irgendjemanden vor(54).

85.      Ich stimme der vom Gericht in Rn. 47 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellung zu, dass die Verordnung Nr. 141/2000 keine Sonderbestimmung zur Beschränkung des Zugangs zu Dokumenten enthält. Zudem sieht Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 ausdrücklich vor, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 auf die Dokumente der EMA Anwendung findet(55). Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, diese Bestimmung bewirke lediglich, die Verordnung Nr. 1049/2001 allgemein anwendbar zu machen – die EMA sei schließlich keiner der in Art. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Dokumenteninhaber – und die Offenlegung von vertraulichen geschäftlichen Informationen zu erlauben, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse daran bestehe, und der EMA eine Grundlage für die Bescheidung von Zugangsanträgen in Fällen zu geben, in denen ein Dokument nicht nach Art. 80 der Verordnung Nr. 726/2004 offengelegt worden sei, ist jedoch nicht überzeugend(56).

86.      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin wird schon vom Wortlaut von Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 nicht gestützt. Art. 73 Abs. 1 der Verordnung Nr. 726/2004 ist weit und allgemein gefasst. Er bezieht sich auf die Verordnung Nr. 1049/2001, nach deren Art. 2 Abs. 3 diese Verordnung nicht nur von dem Organ erstellte Dokumente betrifft. Art. 73 der Verordnung Nr. 726/2004 bestätigt dies, indem er vorsieht, dass die Verordnung Nr. 1049/2001 – auf alle Dokumente der EMA [im englischen Original der vorliegenden Schlussanträge wie in der englischen Fassung der genannten Bestimmung „documents held by the Agency“] Anwendung findet(57).

Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens

87.      Als Nächstes ist das Vorbringen zu prüfen, Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens verlange die Anerkennung einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung. In Rn. 62 des angefochtenen Urteils legt das Gericht die gefestigte Rechtsprechung des Gerichtshofs zum WTO-Übereinkommen und seinen Anhängen dar. Danach ist das TRIPS-Übereinkommen zwar integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung, doch ist eine unmittelbare Berufung auf dieses Übereinkommen als solches nicht möglich. In vom TRIPS-Übereinkommen erfassten Bereichen muss das Unionsrecht jedoch so weit wie möglich eine diesem Übereinkommen entsprechende Auslegung erfahren(58).

88.      Nach Art. 39 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens müssen Informationen, die wirtschaftlichen Wert haben, weil sie geheim sind, gegen Offenlegung und Verwendung durch Dritte in einer Weise, die den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel zuwiderläuft, geschützt werden. Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens betrifft speziell die Umstände des vorliegenden Falles: Er behandelt Informationen, deren Offenlegung Voraussetzung für die Marktzulassung von Arzneimitteln ist. Nach dieser Bestimmung sind nicht offenbarte Test- oder sonstige Daten, deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht, „vor unlauterem gewerblichen Gebrauch [zu schützen]“. Zudem sind solche Daten vor Offenlegung zu schützen, es sei denn, dass diese zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist oder dass Maßnahmen ergriffen werden, um sicherzustellen, dass die Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch geschützt werden.

89.      Das Gericht ist in Rn. 64 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gelangt, dass die von der Rechtsmittelführerin vertretene Auffassung darauf hinauslaufe, die Rechtmäßigkeit der Bestimmungen der Verordnungen Nrn. 1049/2001, 726/2004, 141/2000 und 507/2006 unter Berufung auf Art. 39 Abs. 2 und 3 des TRIPS-Übereinkommens unmittelbar in Frage zu stellen, statt diese Bestimmungen im Licht des TRIPS-Übereinkommens auszulegen. Zudem stellten die Datenschutzfrist nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004(59) und die Anwendung der in Art. 4 dieser Verordnung vorgesehenen Ausnahmen – auch ohne die Annahme einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung – hinreichende Schutzmechanismen gegen unlauteren Gebrauch dar wie in Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens gefordert.

90.      Dieser Würdigung der relevanten Rechtsvorschriften kann ich mich nicht anschließen. Wie soeben ausgeführt, sieht Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens vor, dass Daten vor Offenlegung geschützt werden müssen, es sei denn, es werden Maßnahmen ergriffen, um sicherzustellen, dass die Daten vor unlauterem gewerblichen Gebrauch geschützt werden. Meines Erachtens fällt die vorliegende Rechtssache aus den folgenden Gründen eindeutig in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung und erfüllt alle dort aufgestellten Voraussetzungen.

91.      Erstens müssen Zulassungsantragsteller ihre Berichte über die klinische Prüfung einer Zulassungsbehörde, der EMA, vorlegen. Zweitens betrifft das Zulassungsverfahren Arzneimittel. Drittens enthält das Arzneimittel definitionsgemäß eine neue chemische Einheit, da andernfalls der Weg der generischen Zulassung gangbar wäre, sofern die entsprechenden Fristen abgelaufen sind. Viertens ist die Durchführung von klinischen Studien mit beträchtlichem Aufwand verbunden, auch wenn diese, wie das Gericht ausgeführt hat, „darauf beschränkt [sind], einem von der EMA vorgeschriebenen regulatorischen Schema zu folgen“. Fünftens sind die Daten, abgesehen von den (relativ begrenzten) im EPAR offengelegten Teilen(60), bis dahin der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

92.      Die EMA hat nie die Frage geprüft, ob die Offenlegung wegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig ist (also die in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Gegenausnahme), da sie entschieden hat, dass die Berichte über die klinische Prüfung keine vertraulichen Informationen sind. Folglich geht es bei Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens darum, ob hinreichende Schritte unternommen wurden, um solche Daten vor Offenlegung zu schützen (es sei denn, diese wäre zum Schutz der Öffentlichkeit notwendig) und sicherzustellen, dass die fraglichen Daten gegen unlauteren gewerblichen Gebrauch geschützt sind.

93.      Hierzu hat das Gericht in Rn. 91 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „das Risiko der missbräuchlichen Verwendung des streitigen Berichts durch einen Wettbewerber nicht für sich genommen einen Grund für die Annahme darstellt, dass eine Information eine vertrauliche geschäftliche Information nach der Verordnung Nr. 1049/2001 ist“(61).

94.      Diese Feststellung ist zwar zutreffend, soweit es um die Ausnahme zum Schutz der „geschäftlichen Vertraulichkeit“ nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geht, doch sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass die Kriterien nach Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens sind, ob die Daten „nicht offenbarte Test- oder sonstige Daten [sind], deren Erstellung beträchtlichen Aufwand verursacht“, und ob der Schutz vor unlauterem gewerblichen Gebrauch sichergestellt ist. Ich werde auf das Vertraulichkeitskriterium bei der Behandlung der Anwendung von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 außerhalb einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung eingehen. An dieser Stelle genügt der Hinweis, dass es hier darauf ankommt, ob die Daten nicht offenbart sind.

95.      Der Schutz der Daten und der Marktexklusivität durch Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 und Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 können einen solchen Schutz bedauerlicherweise nicht sicherstellen, da diese Bestimmungen nur im Gebiet der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) gelten. Gewiss haben andere Mitglieder des TRIPS-Übereinkommens dieselbe Verpflichtung zum Schutz dieser Daten, doch wäre dieses System nur umfassend, wenn diese Regeln nicht nur die im Rahmen ihrer eigenen Zulassungsverfahren vorgelegten Daten schützen, sondern auch für die Daten gelten würden, die zu diesem Zweck in einem anderen Land oder bei einer anderen Behörde vorgelegt worden sind. Interessanterweise zeigt der Wortlaut von Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 (der sich auf „Humanarzneimittel, die gemäß den Bestimmungen dieser Verordnung genehmigt worden sind“, bezieht(62)), dass das Unionsrecht ebenfalls keinen solchen Schutz gewährt. Dem lässt sich hinzufügen, dass Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 über das Marktexklusivitätsrecht ebenfalls voraussetzt, dass eine Zulassung in einem Mitgliedstaat erteilt worden ist.

96.      Wenn jedoch die in einem Bericht über die klinische Prüfung enthaltenen Daten und die entsprechende Analyse infolge eines auf die Informationsfreiheit gestützten Antrags öffentlich zugänglich werden, besteht zumindest die Möglichkeit, dass eben dies den Schutz in Drittländern zunichtemacht, in denen Informationen, die bereits öffentlich zugänglich sind, nicht als schützenswerte Informationen gelten. Das beschwört wiederum die Gefahr herauf, dass sich ein Wettbewerber außerhalb der Union auf den Bericht über die klinische Prüfung beruft, um schon vor Ablauf des Zeitraums der Datenausschließlichkeit eine Zulassung für sein eigenes Erzeugnis zu erlangen.

97.      Daher befürchte ich, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht in einer den Anforderungen von Art. 39 Abs. 3 des TRIPS-Übereinkommens entsprechenden Weise ausgelegt hat, obwohl dies in dem ihm vorliegenden Fall sicherlich möglich und eine solche Auslegung nicht contra legem gewesen wäre.

3.      Ergebnis betreffend den ersten Rechtsmittelgrund

98.      Demzufolge hat das Gericht meines Erachtens schon aus diesen beiden Gründen rechtsfehlerhaft befunden, dass keine allgemeine Vermutung zugunsten der Nichtoffenlegung von Berichten über die klinische Prüfung bestehe. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Beschluss der EMA zwingend für nichtig zu erklären ist, denn wie das Gericht in Rn. 70 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ist nach dem Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission(63),  das betreffende Organ, auch wenn eine allgemeine Vermutung besteht, nicht verpflichtet, seine Entscheidung auf diese zu stützen. Es kann jederzeit die angeforderten Dokumente einer konkreten Prüfung unterziehen und auf dieser Grundlage zu einem Ergebnis gelangen.

99.      Meiner Ansicht nach ist daher das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe rechtsfehlerhaft eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung nicht anerkannt, zwar begründet, doch ist dies keine hinreichende Grundlage für die Aufhebung des angefochtenen Urteils.

100. Demgemäß muss jedenfalls das besondere (nicht auf eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung gestützte) Vorbringen der Rechtsmittelführerin gegen die Offenlegung des im vorliegenden Fall streitigen Berichts über die klinische Prüfung untersucht werden. Tatsächlich überschneidet sich dieses Vorbringen zumindest zu einem gewissen Grad mit ihrem Vorbringen zum Bestehen einer allgemeinen Vertraulichkeitsvermutung, da es bei beidem um den besonderen Schaden geht, der der Rechtsmittelführerin zufolge für ihre geschäftlichen Interessen einträte, wenn die Offenlegung des streitigen Berichts zugelassen würde. Auf diese Punkte werde ich im Folgenden eingehen.

C.      Zweiter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001

101. Im Rahmen dieses Rechtsmittelgrundes geht es darum, ob durch die Offenlegung des streitigen Berichts „der Schutz“ der geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 „beeinträchtigt würde“. Dies wirft die Frage auf, welches diese geschäftlichen Interessen sind und ob sie durch die Offenlegung des streitigen Berichts beeinträchtigt würden.

1.      Vorbringen der Parteien

102. Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das angefochtene Urteil enthalte mehrere grundlegende Rechtsfehler. Erstens habe das Gericht Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 unrichtig angewandt, indem es die privaten Interessen der Rechtsmittelführerin gegen das öffentliche Interesse an der Offenlegung des streitigen Berichts abgewogen habe. Ein weiterer schwerwiegender Fehler bei der Anwendung dieser Bestimmung liege darin, dass das Gericht meine, der Schutz der Interessen der Rechtsmittelführerin müsse ernstlich beeinträchtigt sein, damit diese sich auf die Ausnahme zum Schutz geschäftlicher Interessen berufen könne(64). Das Gericht habe einen weiteren Rechtsfehler begangen mit der Feststellung, dass die Rechtsmittelführerin mehr dartun müsse als den Umstand, dass es bei vernünftiger Betrachtung vorsehbar sei, dass der Schutz ihrer geschäftlichen Interessen beeinträchtigt würde, wenn sie sich auf Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 berufen wolle. Insoweit habe es das Gericht versäumt, die mögliche massive Verwendung des Berichts über die klinische Prüfung außerhalb der Union zu berücksichtigen. Diese Rechtsfehler hätten das Gericht daran gehindert, die von ihr vorgelegten Beweise, auf die das Gericht nicht einmal Bezug genommen habe, ordnungsgemäß zu prüfen.

103. Nach Ansicht der EMA kann der streitige Bericht nicht in seiner Gesamtheit durch Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt sein, da im EPAR, der von der EMA gemäß Art. 13 Abs. 3 der Verordnung Nr. 726/2004 proaktiv veröffentlicht werden müsse, in dem streitigen Bericht enthaltene Ergebnisse und detaillierte Informationen bereits offengelegt würden. Die Rechtsmittelführerin habe nicht die Neuheit ihrer Modelle, Analysen oder Methoden dargetan, vielmehr folge der streitige Bericht bekannten, dem Stand der Technik entsprechenden Grundsätzen. Die EMA beruft sich weiter auf Art. 4 Abs. 6 der Verordnung Nr. 1049/2001, wonach sie den Zugang zu einem Dokument in seiner Gesamtheit nur verweigern könne, wenn der gesamte Inhalt des Dokuments, zu dem der Zugang beantragt werde, unter eine oder mehrere der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung falle(65). Zudem genieße Translarna Marktexklusivitätsrecht, und das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dies sei kein ausreichender Schutz, sei vage und hypothetisch(66).

2.      Würdigung des Vorbringens zu der Frage, ob der Zugang zu dem streitigen Bericht gegen Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 verstößt

a)      Muss die Offenlegung den Schutz der geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin „ernstlich“ beeinträchtigen, damit die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich ins Spiel kommt?

104. Bevor ich mich mit diesem besonderen Vorbringen befasse, kann ich nicht umhin festzustellen, dass die Würdigung dieses Bündels von Rechts- und Tatsachenfragen durch das Gericht mit dem folgenden Rechtsfehler behaftet ist: Das Gericht ist zu dem Schluss gekommen, dass eine Offenlegung den Schutz der geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin „ernstlich“ beeinträchtigen müsse, damit die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich ins Spiel komme. Wie ich nun darlegen werde, ist dies ein zu strenger Maßstab, der vom Wortlaut der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht vorgegeben ist. Tatsächlich ist das Adverb „ernstlich“ in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht enthalten und darf daher auch nicht in diese Bestimmung hineingelesen werden.

105. Das Gericht stützt seine Auffassung auf sein eigenes Urteil in der Rechtssache T‑516/11, MasterCard u. a./Kommission(67). In jenem Fall hatte die Klägerin – das bekannte Kreditkartenunternehmen – Zugang zu bestimmten Dokumenten beantragt, die von einem anderen Unternehmen, EIM, erstellt worden waren, das im Auftrag der Kommission Studien zu alternativen Zahlungsmethoden durchgeführt hatte. Die Kommission hatte den Zugang zu den angeforderten Dokumenten verweigert und sich dafür nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 auf die geschäftlichen Interessen von EIM berufen. Das Gericht hat diese Entscheidung jedoch mit folgender Begründung für nichtig erklärt:

„81      Der Begriff der geschäftlichen Interessen ist in der Rechtsprechung zwar nicht definiert worden, doch hat das Gericht klargestellt, dass nicht jede Information über eine Gesellschaft und ihre Geschäftsbeziehungen unter den Schutz fallen kann, der den geschäftlichen Interessen nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 zu garantieren ist; andernfalls würde die Geltung des allgemeinen Grundsatzes, der Öffentlichkeit einen größtmöglichen Zugang zu Dokumenten der Organe zu gewähren, vereitelt (vgl. Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2011, CDC Hydrogene Peroxide/Kommission, T‑437/08, [EU:T:2011:752,] Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

82      Folglich muss das Unionsorgan für die Anwendung der in Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahme dartun, dass die angeforderten Dokumente Angaben enthalten, deren Offenlegung die geschäftlichen Interessen einer juristischen Person ernstlich beeinträchtigen[(68)] können.

83      Das ist u. a. der Fall, wenn die angeforderten Dokumente geschäftlich sensible Informationen über Geschäftsstrategien, Absatzzahlen, Marktanteile oder Kundenbeziehungen der betroffenen Unternehmen enthalten (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding, C‑477/10 P, [EU:C:2012:394,] Rn. 56).

84      So können auch die Arbeitsmethoden und Geschäftsbeziehungen eines Unternehmens durch eine Offenlegung bekannt und dadurch seine geschäftlichen Interessen beeinträchtigt werden, insbesondere, wenn die Dokumente Angaben zu dem betroffenen Unternehmen selbst enthalten, die dessen Sachverstand zeigen.“

106. Im Urteil MasterCard u. a./Kommission hat das Gericht letztlich befunden, angesichts der Art der fraglichen Dokumente sei die Entscheidung der Kommission, dass eine Offenlegung durch Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 untersagt sei, rechtsfehlerhaft.

107. Meines Erachtens ergibt sich aus dem Urteil MasterCard u. a./Kommission jedoch in Wirklichkeit, dass die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 eine ins Auge gefasste Offenlegung von Dokumenten nur verhindern soll, wenn diese eine spürbare Gefahr der Beeinträchtigung der geschäftlichen Interessen des betreffenden Unternehmens mit sich bringen würde, die über das hinausgeht, was billigerweise als hinnehmbar oder de minimis angesehen werden kann. Wie das Urteil MasterCard u. a./Kommission selbst zeigt, ist eine solche Gefahr im Allgemeinen dann dargetan, wenn durch eine Offenlegung sensible geschäftliche Informationen oder die Arbeitsmethoden oder Vorgehensweisen des betreffenden Unternehmens bekannt würden. Im Urteil MasterCard u. a./Kommission befand das Gericht, dass diese Gefahr anhand der dort in Rede stehenden Tatsachen nicht dargetan worden sei.

108. Im vorliegenden Fall lässt sich jedoch meines Erachtens kaum sagen, dass durch die Offenlegung des Berichts keine Details der Arbeitsmethoden der Rechtsmittelführerin und geschäftlich sensible Informationen bekannt würden.

109. Außerdem weise ich erneut darauf hin, dass Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 das Wort „ernstlich“ nicht enthält. Wie soeben dargelegt, gilt kein solch strenger Maßstab: Vielmehr genügt es, darzutun, dass die geschäftlichen Interessen des betreffenden Unternehmens beeinträchtigt würden. Hierfür reicht es aus, dass die fragliche juristische Person die Wahrscheinlichkeit eines realen Schadens dartun kann, während ein tatsächlicher oder potenzieller Schaden, der de minimis oder rein spekulativ oder konstruiert ist, nicht genügt. Soweit das Gericht im vorliegenden Fall befunden hat, dass darüber hinaus noch dargetan werden müsse, dass die Offenlegung die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin „ernstlich beeinträchtigen“ würde, ist ihm, wie ich fürchte, ein Rechtsfehler unterlaufen. Dieser Rechtsfehler hat entsprechend seine Sicht auf die Beweise beeinträchtigt, die die Rechtsmittelführerin vorgelegt hat, um darzutun, wie ihre geschäftlichen Interessen im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Schaden erleiden könnten.

110. Demnach bin ich mir aus den im Folgenden darzulegenden Gründen nicht sicher, dass das Gericht, wenn es diesen weniger strengen Maßstab angelegt hätte, hinsichtlich der besonderen Einwände der Rechtsmittelführerin zu demselben Ergebnis wie im angefochtenen Urteil gelangt wäre.

b)      Muss das durch Art. 4 Abs. 2 geschützte besondere Interesse gegen das allgemeine öffentliche Interesse an einer Offenlegung von Dokumenten abgewogen werden?

111. In dieser Frage bin ich ähnlicher Ansicht und meine, dass das Gericht bei der Analyse eines Aspekts von Art. 4 Abs. 2 einen Rechtsfehler begangen hat.

112. Das Gericht hat (in Rn. 83 des angefochtenen Urteils) ausgeführt:

„[E]in Organ [muss] bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteile vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat, C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 45, vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe, C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 32, und vom 3. Juli 2014, Rat/in’ t Veld, C‑350/12 P, EU:C:2014:2039, Rn. 53)“(69).

113. Ersichtlich ist das Gericht hier (zutreffend) drei früheren Entscheidungen des Gerichtshofs gefolgt, nämlich den Urteilen Schweden und Turco/Rat(70), Rat/Access Info Europe(71) und Rat/in ’t Veld(72). Es wird zu untersuchen sein, was diese Entscheidungen zu dieser Frage tatsächlich sagen.

114. Gleichwohl kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Prüfungsmaßstab – jedenfalls so, wie ihn das Gericht formuliert -rechtsfehlerhaft und vielleicht sogar irreführend ist. Nach dem Wortlaut von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 ist nämlich völlig klar, dass das betreffende Unionsorgan zuerst prüfen muss, ob eine der in Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehenen Ausnahmen tatsächlich anwendbar ist(73).

115. Ist eine dieser Ausnahmen anwendbar, so greift sie vorbehaltlich des ganz verschiedenen Kriteriums nach Art. 4 Abs. 2 selbst („es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung“). Hier kommt es auf das Wort „überwiegend“ an, da aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 selbst erhellt, dass dies eine Gegenausnahme zu den in dieser Bestimmung vorgesehenen Ausnahmen darstellt. Diese Gegenausnahme muss nicht nur selbst strikt ausgelegt werden, der Gebrauch des Wortes „überwiegend“ legt auch klar nahe, dass das hier in Rede stehende öffentliche Interesse selbst so außergewöhnlich und unabweisbar sein muss, dass es die Verdrängung jeder sonst anwendbaren Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 wie die zum Schutz der Rechtsberatung oder der geschäftlichen Vertraulichkeit rechtfertigen würde.

116. Der Prüfungsmaßstab, wie ihn das Gericht formuliert, unterstellt aber das Bestehen einer allgemeinen Befugnis des betreffenden Organs, das besondere Interesse, das durch Nichtoffenlegung des Dokuments aufgrund der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 geschützt werden soll, „u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments ab[zu]wägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben“.

117. Dieser Ansatz ist meines Erachtens rechtsfehlerhaft und hat wohl die Sicht des Gerichts auf die Frage, ob sich die Rechtsmittelführerin tatsächlich auf die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 berufen kann, zumindest gefärbt.

118. Dieser Ansicht bin ich, weil das betreffende Organ meines Erachtens zuerst zu prüfen hat, ob die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung anwendbar ist. Auch wenn das Organ natürlich nicht außer Acht lassen darf, dass Art. 4 Abs. 2 strikt auszulegen ist, kommt doch auf dieser Stufe(74) eine Abwägung z. B. des Vorbringens der Rechtsmittelführerin bezüglich geschäftlicher Vertraulichkeit gegen ein allgemeines öffentliches Interesse nicht in Betracht.

119. Kann sich dagegen die Rechtsmittelführerin mit Erfolg auf die Ausnahme zum Schutz der geschäftlichen Vertraulichkeit nach Art. 4 Abs. 2 berufen, dann – und nur dann – kann das Organ weiter prüfen, ob es ein „überwiegendes“ öffentliches Interesse gibt, das die Verdrängung der Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 rechtfertigen würde. Jedoch würde es auch in solchen Fällen nicht ausreichen, auf das etwa im zweiten Erwägungsgrund genannte allgemeine öffentliche Interesse an einer Offenlegung von Dokumenten zu verweisen. Vielmehr müsste ein überwiegendes öffentliches Interesse angeführt werden, das ausnahmsweise die Verdrängung der sonst anwendbaren Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 rechtfertigen würde(75).

120. Nunmehr ist etwas eingehender zu untersuchen, was genau der Gerichtshof in den drei angeführten früheren Entscheidungen gesagt hat. Beginnen wir mit dem Urteil Schweden und Turco/Rat(76), in dem der Gerichtshof (in den Rn. 35 bis 45) ausgeführt hat:

„35      Wird beim Rat die Verbreitung eines Dokuments beantragt, muss er in jedem Einzelfall prüfen, ob es unter die in Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 genannten Ausnahmen vom Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten der Organe fällt.

36      Angesichts der mit der Verordnung verfolgten Ziele sind diese Ausnahmen eng auszulegen und anzuwenden (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2007, Schweden/Kommission u. a., C‑64/05 P, [EU:C:2007:802,] Rn. 66).

37      Im Hinblick auf die Ausnahme für die Rechtsberatung in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 muss die Prüfung, die ein Organ vorzunehmen hat, wenn bei ihm die Verbreitung eines Dokuments beantragt wird, entsprechend den in dieser Bestimmung genannten drei Kriterien notwendigerweise in drei Schritten erfolgen.

38      In einem ersten Schritt muss sich der Rat vergewissern, dass das Dokument, dessen Verbreitung beantragt wird, tatsächlich eine Rechtsberatung betrifft; bejaht er dies, muss er bestimmen, welche Abschnitte davon tatsächlich betroffen sind und daher in den Anwendungsbereich dieser Ausnahme fallen können.

39      Dass ein Dokument die Überschrift ,Rechtsgutachten‘ trägt, bedeutet nämlich nicht, dass es automatisch den Schutz der Rechtsberatung nach Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 genießt. Das Organ muss sich über die Bezeichnung hinaus vergewissern, dass das Dokument tatsächlich eine Rechtsberatung betrifft.

40      In einem zweiten Schritt muss der Rat prüfen, ob der Schutz der Rechtsberatung durch die Verbreitung der Abschnitte des fraglichen Dokuments, die als eine Rechtsberatung betreffend identifiziert wurden, ,beeinträchtigt würde‘.

41      Weder die Verordnung Nr. 1049/2001 noch die Vorarbeiten hierzu geben Aufschluss über die Tragweite des Begriffs des Schutzes der Rechtsberatung. Daher ist dieser Begriff nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung auszulegen, zu der er gehört.

42      Danach ist die in Art. 4 Abs. 2 zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgesehene Ausnahme für die Rechtsberatung dahin auszulegen, dass sie das Interesse eines Organs schützen soll, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten.

43      Die Gefahr einer Beeinträchtigung dieses Interesses kann nur geltend gemacht werden, wenn sie angemessen absehbar und nicht rein hypothetisch ist.

44      Ist der Rat der Auffassung, dass die Verbreitung eines Dokuments den Schutz der Rechtsberatung, wie er soeben definiert worden ist, beeinträchtigt, so muss er schließlich prüfen, ob nicht ein überwiegendes öffentliches Interesse besteht, das diese Verbreitung trotz der Beeinträchtigung seiner Möglichkeiten, Rechtsgutachten anzufordern und freie, objektive und vollständige Stellungnahmen zu erhalten, rechtfertigt.

45      In diesem Zusammenhang muss der Rat das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System.“

121. Aus diesen Passagen – insbesondere der Rn. 44 – ist ersichtlich, dass der Gerichtshof darauf bedacht war, sicherzustellen, dass die Ausnahme des überwiegenden öffentlichen Interesses gesondert und erst dann geprüft wird, wenn zuvor festgestellt worden ist, dass eine der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 anwendbar ist.

122. Auch wenn ich der vom Gerichtshof in den Rn. 35 bis 44 des Urteils Schweden und Turco/Rat(77) vorgenommenen Analyse uneingeschränkt zustimme, muss ich doch anmerken, dass die letzte Randnummer dieses Auszugs, die Rn. 45, einen unrichtigen Eindruck vermitteln kann, da aus ihr – zumindest bei einer bestimmten Auslegung – hervorzugehen scheint, dass eine sonst anwendbare Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 durch Erwägungen betreffend ein, nennen wir es, „gewöhnliches“(78) öffentliches Interesse verdrängt werden kann.

123. Daher wiederhole ich, dass nach dem klaren Wortlaut der Gegenausnahme nach Art. 4 Abs. 2 das öffentliche Interesse so außergewöhnlich und unabweisbar sein muss, dass es die Verdrängung jeder sonst anwendbaren Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 wie die zum Schutz der Rechtsberatung oder der geschäftlichen Vertraulichkeit rechtfertigen würde.

124. Im Urteil Rat/Access Info Europe(79) hat der Gerichtshof sodann (in Rn. 23) ausgeführt:

„Zum anderen muss ein Organ bei der Anwendung einer der Ausnahmen des Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteil Schweden und Turco/Rat, Randnr. 45).“

125. Diese Feststellung hat der Gerichtshof im Urteil Rat/in ’t Veld(80) (in Rn. 53) nahezu wortgleich wiederholt:

„Zum anderen muss ein Organ bei der Anwendung einer der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 und 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 das besondere Interesse, das durch die Nichtverbreitung des betreffenden Dokuments geschützt werden soll, u. a. gegen das allgemeine Interesse an der Zugänglichmachung dieses Dokuments abwägen, und zwar unter Berücksichtigung der Vorteile, die sich, wie im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeführt, aus einer größeren Transparenz ergeben, nämlich einer besseren Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und einer größeren Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System (Urteil Rat/Access Info Europe, EU:C:2013:671, Rn. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).“

126. In der mit dem Urteil Rat/in ’t Veld entschiedenen Rechtssache hatte der Rat in seiner Entscheidung nichts angeführt, um darzutun, inwiefern der beantragte Zugang zu dem in Rede stehenden Rechtsberatungsdokument unter den tatsächlichen Gegebenheiten jener Rechtssache zur Anwendung der in Art. 4 Abs. 2 vorgesehenen Ausnahme zum Schutz der Rechtsberatung geführt hätte, so dass sich die Frage der Gewichtung des öffentlichen Interesses im Rahmen einer möglichen Ausnahme nach dieser Bestimmung für den Gerichtshof schlicht nicht stellte.

127. Im vorliegenden Fall ist das Gericht diesen beiden Passagen der Urteile Rat/Access Info Europe und Rat/in ’t Veld des Gerichtshofs genau gefolgt. Meines Erachtens spiegelt jedoch weder die dem Urteil Rat/Access Info Europe noch die dem Urteil Rat/in ’t Veld entnommene Passage zutreffend die dreistufige Prüfung wider, die der Gerichtshof im Urteil Schweden und Turco/Rat vorgegeben hat. Diese beiden Urteile legen nämlich nahe, dass das betreffende Organ das allgemeine öffentliche Interesse an Transparenz gegen das private Interesse der Partei, die unter Berufung auf Art. 4 Abs. 2 die Nichtoffenlegung verlangt, abwägen kann, wenn es prüft, ob die angeforderten Dokumente unter eine der Ausnahmen nach dieser Bestimmung fallen, und dass es dies sogar tun kann, bevor es die dort vorgesehene Gegenausnahme des überwiegenden öffentlichen Interesses prüft.

128. Aus den bereits dargelegten Gründen halte ich diese Sichtweise für rechtsfehlerhaft. Mit ihr wird auch das Problem der Gegenausnahme des überwiegenden öffentlichen Interesses nicht angesprochen. Daher schlage ich dem Gerichtshof vor, entgegen dem, was in Rn. 45 des Urteils Schweden und Turco/Rat und (insbesondere) in Rn. 32 des Urteils Rat/Access Info Europe und Rn. 53 des Urteils Rat/in ’t Veld gesagt oder impliziert worden sein mag, Folgendes klarzustellen:

i)      Das allgemeine öffentliche Interesse ist kein Faktor, der gegen die Interessen einer Partei abgewogen werden kann, die unter Berufung auf eine der Ausnahmen nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 die Nichtoffenlegung eines Dokuments verlangt. Die Frage, ob eine der in Art. 4 Abs. 2 vorgesehenen Ausnahmen anwendbar ist, muss vielmehr zuerst und unabhängig von der Frage des öffentlichen Interesses geprüft werden. Nur wenn eine solche Ausnahme anwendbar ist, kommt das überwiegende öffentliche Interesse als Teil der Gegenausnahme nach Art. 4 Abs. 2 ins Spiel.

ii)      Nach dem klaren Wortlaut von Art. 4 Abs. 2 („überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung“) muss dieses öffentliche Interesse so außergewöhnlich und unabweisbar sein, dass es die Verdrängung jeder sonst anwendbaren Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 wie die zum Schutz der Rechtsberatung oder der geschäftlichen Vertraulichkeit rechtfertigen würde. Zu diesem Zweck würde eine schlichte Bezugnahme auf das öffentliche Interesse an Transparenz und Offenlegung, wie es im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 erwähnt ist, nicht genügen.

129. Ich möchte nun darlegen, wie diese Rechtsfehler die Behandlung dreier besonderer Argumente durch das Gericht verfälscht haben könnten, bei denen es sich zu einem gewissen Grad um eine Mischung aus Rechts- und Tatsachenfragen handelt, und zwar das Argument des potenziellen Missbrauchs, die Frage der geschäftlichen Vertraulichkeit und die Frage des „Fahrplans“. Ich werde nacheinander auf diese Argumente eingehen.

c)      Das Argument des potenziellen Missbrauchs

130. Die Rechtsmittelführerin hat weitere Argumente gegen eine Offenlegung im vorliegenden Fall angeführt. Eines davon ging dahin, dass der streitige Bericht von einem Wettbewerber missbraucht werden könnte. Das Gericht hat dieses Vorbringen jedoch wie folgt zurückgewiesen:

„Als Drittes ist festzustellen, dass das Risiko der missbräuchlichen Verwendung des streitigen Berichts durch einen Wettbewerber nicht für sich genommen einen Grund für die Annahme darstellt, dass eine Information eine vertrauliche geschäftliche Information nach der Verordnung Nr. 1049/2001 ist. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die EMA nach ihrer eigenen Politik keine vertraulichen geschäftlichen Informationen, wie die detaillierten Informationen über die Qualität und die Herstellung der Arzneimittel, verbreitet. Im vorliegenden Fall verbreitete die EMA, wie oben in Rn. 90 ausgeführt, keine solchen Informationen. Es ist jedoch festzustellen, dass die Klägerin nichts dazu vorgetragen hat, warum die von der EMA vorgenommenen Schwärzungen nicht hinreichend sein sollten. Außerdem müsste ein anderes Unternehmen, selbst wenn es die Mehrheit der im streitigen Bericht enthaltenen Informationen in der von der Klägerin vorgebrachten Weise verwendete, stets seine eigenen Studien und die entsprechenden Versuche durchführen und erfolgreich sein eigenes Arzneimittel entwickeln. Überdies kommt dem Arzneimittel Translarna nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 ein Marktexklusivitätsrecht für einen Zeitraum von zehn Jahren nach der Erteilung der Genehmigung für das Inverkehrbringen zugute, innerhalb dessen kein ähnliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden darf. Daher ist das Vorbringen, der streitige Bericht sei insgesamt als vertraulich anzusehen, da seine Verbreitung Wettbewerbern gestatten könnte, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen zu beantragen, rechtlich unbegründet.“(81)

131. Ich räume selbstverständlich ein, dass die Möglichkeit des Missbrauchs eines bestimmten Dokuments durch einen Wettbewerber nicht als solche ein Grund dafür ist, dass dieses Dokument aufgrund von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 nicht offengelegt werden darf. Wenn das Dokument aber geschäftlich sensible Informationen enthält, ist der Umstand, dass ein Wettbewerber die potenzielle Freigabe eines solchen Dokuments für seine eigenen geschäftlichen Zwecke ausnutzen kann, relevant für die Frage, ob seine Offenlegung die geschäftlichen Interessen der betreffenden juristischen Person beeinträchtigen würde.

132. Im vorliegenden Fall bestehen keine ernsthaften Zweifel an den enormen versunkenen Kosten – die sich auf fast 500 Mio. US-Dollar belaufen sollen – im Zusammenhang mit der Entwicklung von Translarna und der Erstellung des streitigen Berichts durch die Rechtsmittelführerin. Ich kann nur noch einmal wiederholen, dass meines Erachtens aus den in den vorliegenden Schlussanträgen bereits dargelegten Gründen eine reale Gefahr besteht, dass potenzielle Wettbewerber die in diesem Bericht enthaltenen Informationen zu ihrem Vorteil nutzen werden. Erhält ein solcher Wettbewerber Zugang zu diesen Informationen, ohne dafür zahlen zu müssen, verschafft ihm das offensichtlich einen unfairen Vorteil und gefährdet den Schutz der geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001.

133. Natürlich müsste, wie das Gericht selbst eingeräumt hat, ein Wettbewerber, selbst wenn er Zugang zu dem streitigen Bericht erhielte, noch immer seine eigenen klinischen Studien und Versuche durchführen, bevor er sein eigenes Arzneimittel entwickelt. Es trifft also zu, dass Translarna, wie ich bereits ausgeführt habe, nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 ein Marktexklusivitätsrecht für einen Zeitraum von zehn Jahren nach der Erteilung der Zulassung zugutekommt, innerhalb dessen kein ähnliches Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden darf. Auch das bedeutet indes nicht, dass der Zugang zu dem streitigen Bericht nicht von beträchtlichem Nutzen für einen potenziellen Wettbewerber wäre.

134. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist in diesem Zusammenhang, dass die durch Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 gewährte Datenausschließlichkeit nur im Gebiet der Union und des EWR gilt. Werden aber die in dem streitigen Bericht enthaltenen Daten und Analysen infolge dieses auf die Informationsfreiheit gestützten Antrags öffentlich zugänglich, besteht eine reale Gefahr, dass eben dieser Umstand den Schutz der Datenausschließlichkeit in Drittländern wie Australien, Brasilien und China zunichtemacht(82). Dies ist ein weiterer Grund dafür, dass durch die Offenlegung des streitigen Berichts – selbst in seiner gegenwärtigen Fassung mit Schwärzungen – „der Schutz der geschäftlichen Interessen“ der Rechtsmittelführerin „beeinträchtigt würde“.

d)      Das Argument, es handle sich um vertrauliche geschäftliche Informationen

135. Die Rechtsmittelführerin macht weiter geltend, das Gericht habe zu Unrecht befunden, dass diese Information keine vertrauliche geschäftliche Information sei und dass ihre Offenlegung ihre Interessen nicht beeinträchtigen würde. Das Gericht hat hierzu festgestellt:

„[D]er streitige Bericht [kann] nur dann in seiner Gesamtheit als geschäftlich vertraulich im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen werden …, wenn die Daten in diesem Bericht insgesamt vertrauliche Geschäftsinformationen darstellen“(83).

Weiter hat das Gericht ausgeführt:

„Außerdem steht fest, dass der streitige Bericht eine Reihe von Informationen enthält, die im EPAR veröffentlicht wurden, wobei der Letztere öffentlich zugänglich ist und Daten enthält, die unmittelbar aus diesem Bericht stammen. Um die vertrauliche Behandlung des streitigen Berichts insgesamt verlangen zu können, ist es folglich Sache der Klägerin, darzutun, dass die Zusammenstellung der öffentlich zugänglichen Daten mit denjenigen, die dies nicht sind, insgesamt eine sensible geschäftliche Angabe darstellt, deren Verbreitung ihre geschäftlichen Interessen beeinträchtigen würde. Das Vorbringen, dass ,das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist‘, ist jedoch zu vage, um darzutun, dass diese Zusammenstellung der Informationen die behaupteten Folgen haben könnte. Genaue und konkrete Erläuterungen der Klägerin wären umso erforderlicher gewesen, als, wie oben in Rn. 80 dargelegt, die Ausnahmeregelungen nach Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 strikt auszulegen und anzuwenden sind, da sie vom Grundsatz des größtmöglichen Zugangs der Öffentlichkeit zu Dokumenten abweichen.“(84)

136. Diese Analyse gibt Anlass zu einer Reihe von Bemerkungen. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der streitige Bericht, der zu Translarna erstellt wurde, ein äußerst detailliertes Dokument von ungefähr 250 Seiten ist. In ihm werden das Ziel des streitigen Berichts, die Auswahl der Studiengruppen, die verwendeten Methoden, eine statistische Analyse, eine Wirksamkeitsevaluierung, eine Sicherheitsevaluierung, eine klinische Laborevaluierung und vieles andere mehr dargelegt. Die erste Seite des streitigen Berichts enthält auch eine Vorbemerkung, wonach das Dokument „der PTC Therapeutics Inc. gehörende vertrauliche Informationen [enthält]“, und jede einzelne Seite trägt den Vermerk „PTC Therapeutics Inc. – Vertraulich“.

137. Ein derartiger Vermerk macht zwar als solcher ein Schriftstück nicht zu einem vertraulichen Dokument(85), doch kann ich den Ausführungen des Gerichts insoweit dennoch nicht zustimmen. Während die Frage, ob der streitige Bericht ein Dokument ist, durch dessen Offenlegung der Schutz der geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigt würde, vielleicht in gewissem Maße eine Sache des ersten Eindrucks ist, war ich doch beeindruckt von den von der Rechtsmittelführerin vorgelegten Zeugenerklärungen, insbesondere der ihres Senior Vice-President, Regulatory Affairs, auf die das Gericht im angefochtenen Urteil nicht eingegangen ist. Zu dem potenziellen Schaden für die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin hat dieser ausgeführt:

„50.      Eine Offenlegung des Berichts über die klinische Prüfung würde PTC zweifellos Schaden zufügen. Nach meiner Kenntnis ist der Bericht über die klinische Prüfung nicht öffentlich, z. B. über eine Internetrecherche, zugänglich. Mit dem vorliegenden Antrag wird die Offenlegung von Know-how gefordert, das ein Ergebnis jahrelanger Forschung von PTC ist … und in das diese mehrere hundert Millionen USD investiert hat, um einen Wettbewerbsvorteil in einem Bereich zu erlangen, der Gegenstand intensiver Forschung durch viele Unternehmen ist …

51.      Zugang zu den Daten könnte Dritten dabei helfen, i) zu verstehen, wie sie ihre klinischen Studien am besten anlegen müssen, um sie auf bestimmte Patientenprofile oder Untergruppen abzustimmen, wie es PTC bei der Konzeption ihrer ACT‑DMD Studie auf der Grundlage einer Analyse der Daten und Erfahrungen aus ihrem Phase-2b-Programm getan hat, ii) Kenntnis davon zu erlangen, worauf die Zulassungsbehörden ihr Augenmerk hinsichtlich verschiedener primärer, sekundärer und exploratorischer Endpunkte legen, um ihre Studien darauf abzustimmen, iii) direkte Vergleichsstudien zu entwerfen, die auf isolierte Produkteigenschaften konzentriert sind, welche allein zur Gewinnung von Messwerten ausgewählt werden, die missbraucht werden können, um das Sicherheits- und Wirksamkeitsprofil von Translarna zu diskreditieren, iv) Daten von PTC „abzubauen“, um ihre eigenen klinischen Programme ohne die Kosten für Versuch und Irrtum, die PTC habe tragen müssen, zu restrukturieren, und [v]) aus sekundären oder exploratorischen Endpunkten Einblick in die Ausrichtung der künftigen Forschung von PTC zu gewinnen.“

138. Der – möglicherweise vom strengen Kriterium der „ernstlichen“ Beeinträchtigung – beeinflussten Schlussfolgerung des Gerichts, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin insoweit „zu vage“ sei und dass „[g]enaue und konkrete Erläuterungen“ erforderlich gewesen wären(86), kann ich mich nicht anschließen. Ich bin im Gegenteil der Ansicht, dass der Senior Vice-President, Regulatory Affairs, der Rechtsmittelführerin in seiner Zeugenerklärung sehr klar und eingehend dargelegt hat, in welcher Weise deren geschäftliche Interessen beeinträchtigt würden, wenn der streitige Bericht offengelegt werden müsste. Tatsächlich hätte er sich kaum konkreter äußern können als geschehen. Dementsprechend lässt sich kaum der Schluss vermeiden, dass eine Offenlegung des streitigen Berichts die Offenlegung sowohl sensibler geschäftlicher Informationen der Rechtsmittelführerin als auch ihrer Arbeitsmethoden betreffend diese klinischen Versuche bedeuten würde. Wie ich bereits ausgeführt habe, hat das Gericht eben diese Art von Offenlegung im Urteil MasterCard u. a./Kommission als nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 ausgeschlossen eingestuft.

139. Gewiss hat sich die Rechtsmittelführerin dafür entschieden, hinsichtlich der von der EMA vorgeschlagenen Schwärzungen in dem streitigen Bericht nicht mit dieser zusammenzuarbeiten. Wenn man mag, könnte man die Rechtsmittelführerin für diese Unnachgiebigkeit kritisieren, doch hielt diese den Wunsch der EMA für unrealistisch und innerhalb der durch Art. 7 der Verordnung Nr. 1049/2001 vorgegebenen Frist nicht für ausführbar. All das ist indes im Wesentlichen irrelevant für die Frage, ob der streitige Bericht ein durch Art. 4 Abs. 2 dieser Verordnung geschütztes vertrauliches Dokument war.

140. Es trifft auch zu, dass sich die EMA gleichwohl verpflichtet sah, aus eigenen Stücken einige in dem Dokument enthaltene Angaben zu schwärzen, darunter Bezugnahmen auf Diskussionen über Protokolldesign mit der U.S. Food and Drug Administration (Lebens- und Arzneimittelbehörde der Vereinigten Staaten), Chargennummern, Materialien und Ausrüstung, exploratorische Analysen, quantitative und qualitative Beschreibungen der Methode zur Messung der Arzneimittelkonzentration sowie Informationen, die die Identifizierung von Patienten ermöglichten. Die Bedeutung dieser Schwärzungen kann zwar nicht in Abrede gestellt werden, doch vermittelt der streitige Bericht – vielleicht mit Ausnahme einer einzelnen Seite(87) – nicht den Eindruck eines Dokuments mit umfangreichen Schwärzungen.

141. Wie das Gericht ausgeführt hat, ist zwar einiges von dem in dem Bericht enthaltenen Material bereits als Teil des EPAR öffentlich zugänglich. Wie die EMA(88) dargelegt hat, sind gemäß Art. 8 Abs. 3 der Richtlinie 2001/83 jedem Zulassungsantrag u. a. folgende Angaben und Unterlagen nach Maßgabe von Anhang I beizufügen:

„Ergebnisse von:

–        pharmazeutischen (physikalisch-chemischen, biologischen oder mikrobiologischen) Versuchen,

–        vorklinischen (toxikologischen und pharmakologischen) Versuchen,

–        klinischen Versuchen“.

142. Ich kann mich aber des Eindrucks nicht erwehren, dass die Bedeutung einiger dieser bereits im Rahmen des EPAR offengelegten Informationen etwas überschätzt worden ist. Zwei Beispiele fallen besonders ins Auge.

143. Das erste Beispiel betrifft die Randomisierung des klinischen Versuchs. Der streitige Bericht enthält – auf drei Seiten und in einem Anhang(89) – wichtige Einzelheiten betreffend die Randomisierung der Versuche. Diese Informationen sind für jede Zulassungsbehörde wichtig, da die Art und Weise der Randomisierung relevant für die Prüfung der Zuverlässigkeit der Ergebnisse ist. Der EPAR enthält jedoch nur zwei Sätze zur Frage der Randomisierung(90).

144. Das zweite Beispiel betrifft die im streitigen Bericht enthaltenen Informationen zu den Ergebnissen bezüglich der Wirksamkeit, einschließlich insbesondere der glockenförmigen Dosis-Wirkungs-Kurve für Translarna, da in den klinischen Versuchen zwei unterschiedliche Dosierungen verwendet worden sind. Während der EPAR einige im Wesentlichen summarische Bezugnahmen auf die glockenförmige Kurve enthält, werden diese Daten – zusammen mit ihrer Analyse – im streitigen Bericht sehr viel eingehender dargelegt(91). Letztlich ist der EPAR nur eine sehr gedrängte Version des Berichts über die klinische Prüfung.

145. All dies bestätigt den Schluss, dass das Gericht die Frage, ob die Offenlegung des streitigen Berichts den geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin schaden könnte, in rechtlicher Hinsicht nicht ordnungsgemäß geprüft hat, insbesondere weil dieser Bericht signifikante Daten und Analysen enthält, die bis dahin nicht als Teil des EPAR offengelegt und auch nicht anderweit öffentlich zugänglich waren.

e)      Das „Fahrplan“-Argument

146. Die Rechtsmittelführerin hatte geltend gemacht, dass die Freigabe des streitigen Berichts potenziellen Wettbewerbern einen Fahrplan für die Nachahmung ihres erfolgreichen Zulassungsantrags zur Verfügung stellen würde. Das Gericht hat dieses Vorbringen wie folgt zurückgewiesen:

„Als Zweites ist auch das Vorbringen zurückzuweisen, dass die Verbreitung des streitigen Berichts einem Wettbewerber einen ,Fahrplan‘ gebe, wie ein Antrag auf Genehmigung für das Inverkehrbringen für ein Konkurrenzprodukt auszufüllen sei. Die Klägerin hat nämlich die Neuheit ihrer Modelle, Analysen oder Methoden nicht nachgewiesen. Wie die EMA geltend gemacht hat, stützen sich die in der betreffenden klinischen Studie verwendeten Modelle und Methoden auf ein Know-how im Bereich der Personaleinstellung, der [Endpunkte] und der statistischen Analysen, die in der Wissenschaft weitgehend verfügbar waren, und diese Studie folgt den anwendbaren Leitlinien und gründet sich daher auf [dem Stand der Technik entsprechende] Grundsätze. Außerdem enthält das Dokument keine Information über die Zusammensetzung oder die Herstellung des Arzneimittels Translarna, da die EMA proaktiv die Bezugnahmen auf die Gespräche mit der U.S. Food and Drug Administration über die Erstellung von Protokollen, die Chargennummern, die Materialien und Ausrüstung, die erläuternden Analysen, die quantitative und qualitative Beschreibung der Methode zur Messung der Arzneimittelkonzentration sowie die Beginn- und Enddaten der Behandlung und andere Daten, die zur Identifikation der Patienten führen könnten, unkenntlich gemacht hat. Folglich würde die Verbreitung des streitigen Berichts den Wettbewerbern der Klägerin keine nützliche Information über die Strategie für die langfristige klinische Entwicklung und über die Studiendesigns zusätzlich zu den bereits öffentlich zugänglichen Informationen über das Arzneimittel Translarna verschaffen.“(92)

147. Ich bin jedoch nicht der Ansicht, dass „Neuheit“(93) an sich eine unentbehrliche Voraussetzung dafür ist, dass ein Dokument als geschäftlich sensibel für die Zwecke von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 angesehen werden kann. Natürlich kann der Umstand, dass ein bestimmtes Dokument nur alltägliche, leicht verfügbare und sogar banale Informationen enthält, darauf hindeuten, dass durch seine Offenlegung „der Schutz der geschäftlichen Interessen einer natürlichen oder juristischen Person, einschließlich des geistigen Eigentums“, nicht im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 „beeinträchtigt würde“. Aus allen soeben angeführten Gründen kann ich mich jedoch nicht der Auffassung anschließen, dass der hier in Rede stehende Bericht über die klinische Prüfung in diese Kategorie gewissermaßen alltäglicher und banaler Dokumente fällt, deren Offenlegung die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin nicht beeinträchtigen würde.

148. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 141/2000 sieht eine Ausnahme vom Marktexklusivitätsrecht vor. Danach kann ein zweiter Antragsteller einen Antrag auf Zulassung eines Arzneimittels für seltene Leiden nach fünf Jahren stellen, wenn er nachweisen kann, dass das zweite Arzneimittel, obwohl es dem bereits zugelassenen und als Arzneimittel für seltene Leiden ausgewiesenen Arzneimittel ähnlich ist, „sicherer, wirksamer oder unter anderen Aspekten klinisch überlegen ist“. Würde z. B. der streitige Bericht auf der Grundlage von Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 freigegeben, kann ich kaum erkennen, wie ein potenzieller Wettbewerber ihn sich nicht zunutze machen könnte, um einen solchen Antrag nach Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 141/2000 – da ja seit der Erteilung der Zulassung für die Rechtsmittelführerin im Mai 2014 fünf Jahre verstrichen sind – vorzubereiten, um darzutun, dass sein Erzeugnis tatsächlich wirksamer als Translarna oder diesem unter anderen Aspekten klinisch überlegen ist.

149. Hierzu hat das Gericht in Rn. 93 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass

„die Veröffentlichung des streitigen Berichts für einen Wettbewerber nicht hinreichend wäre, um einen vollständigen Bericht über seine eigenen Tests und seine eigenen Ergebnisse zu erstellen und sich dabei lediglich auf die veröffentlichten Daten zu stützen. In dieser Hinsicht begünstigt die Veröffentlichung des streitigen Berichts, im Übrigen ohne die geschäftlichen Daten, die Wettbewerber nicht“.

150. Dieser Analyse kann ich jedoch nicht zustimmen. Sie erscheint mir mit den vorstehend dargelegten Rechtsfehlern behaftet. Niemand vertritt zwar die Ansicht, dass in diesem Beispiel der zweite Antragsteller von der Verpflichtung befreit sei, einen Bericht über die klinische Prüfung zu erstellen. Es bleibt aber dabei, dass der Zugang zu dem streitigen Bericht wahrscheinlich für jeden ernsthaften Wettbewerber von Nutzen wäre, der im Rahmen eines Zulassungsantrags nach Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Verordnung Nr. 141/2000 dartun möchte, dass die von ihm entwickelte neue Version des Arzneimittels für seltene Leiden wirksamer ist als Translarna. Überdies ist – vielleicht entgegen dem Eindruck, den diese Passage des angefochtenen Urteils vermitteln mag – schon bei einer flüchtigen Durchsicht der geschwärzten Fassung des streitigen Berichts zu erkennen, dass dieser eine Fülle nicht unkenntlich gemachter statistischer und anderer Daten enthält.

151. Im Ergebnis bin ich daher zu diesem Punkt der Ansicht, dass der Würdigung des „Fahrplan“-Arguments durch das Gericht bestimmte rechtlich nicht zutreffende Annahmen zugrunde liegen. Es ist nicht erforderlich, dass die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin „ernstlich“ beeinträchtigt sind, und die Informationen, die als vertraulich geschützt werden sollen, brauchen auch nicht „neu“ zu sein.

152. Dem sei hinzugefügt, dass es für den Fall, dass der streitige Bericht offengelegt würde und die in ihm enthaltenen Daten öffentlich zugänglich würden, sogar innerhalb des Zeitraums der Datenausschließlichkeit nach Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 sehr wohl möglich erscheint, dass jeder derartige Wettbewerber seinen eigenen Bericht über die klinische Prüfung an den bereits von der EMA genehmigten Bericht zu Translarna anpasst. Es gäbe auch keinen Grund, warum ein solcher Wettbewerber den streitigen Bericht nicht seinem eigenen Bericht über die klinische Prüfung beifügen könnte, um darzutun, dass die beiden Anträge im Wesentlichen gleich seien, wodurch das Zulassungsverfahren möglicherweise erheblich beschleunigt würde.

153. All das würde unweigerlich die Regelung der Datenausschließlichkeit beeinträchtigen oder zumindest mittelbar umgehen, die klar eines der Schlüsselelemente des Anreizsystems zugunsten der ersten Antragsteller für eine Zulassung nach der Verordnung Nr. 726/2004 war. Allein dies ist ein weiterer klarer Hinweis darauf, dass die Freigabe des streitigen Berichts die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen würde.

154. Folglich kann ich der Auffassung des Gerichts, dass die Offenlegung des streitigen Berichts den Wettbewerbern der Rechtsmittelführerin keine nützlichen Informationen verschaffen würde, nicht beipflichten. In dieser Hinsicht sehe ich mich auch zu der Feststellung gezwungen, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, da es nicht gewürdigt hat, in welchem Maße die Regeln über die Datenausschließlichkeit selbst durch eine Offenlegung des streitigen Berichts beeinträchtigt würden.

f)      Die potenzielle Relevanz des Kriteriums des öffentlichen Interesses im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001

155. Wie dem auch sei, es ist selbstverständlich zu betonen, dass damit der streitige Bericht nur im Grundsatz gegen eine Offenlegung geschützt ist. Die EMA wäre noch immer befugt, sich über die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 hinwegzusetzen, sollte sie zu dem Schluss kommen, dass dafür überwiegende Gründe des öffentlichen Interesses bestehen. Vielleicht ist es im Rahmen der vorliegenden Rechtssache nicht nötig, insoweit zu endgültigen Schlussfolgerungen zu kommen, da sich wegen der Auffassung, die die EMA zu auf die Informationsfreiheit gestützten Anträgen vertritt, die Frage der Anwendung dieser Gegenausnahme aus dem Gesichtspunkt des überwiegenden öffentlichen Interesses zu keiner Zeit gestellt hat.

156. Stattdessen mag der Hinweis genügen, dass die EMA grundsätzlich befugt wäre, sich auf diese Ausnahme des überwiegenden öffentlichen Interesses zu berufen, wenn sie feststellen sollte, dass die Offenlegung eines bestimmten Berichts über die klinische Prüfung aus besonderen und unabweisbaren Gründen im öffentlichen Interesse wirklich nötig ist.

157. Im Ergebnis bin ich zu diesem Punkt daher der Ansicht, dass der Würdigung des Gerichts bestimmte rechtlich nicht zutreffende Annahmen zugrunde liegen. Somit greift der zweite Rechtsmittelgrund meines Erachtens durch.

D.      Dritter Rechtsmittelgrund: Verstoß gegen Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001, weil die EMA den Zugang gewähren wolle, obwohl der Entscheidungsprozess dieser Einrichtung noch nicht abgeschlossen sei

1.      Vorbringen der Parteien

158. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, der streitige Bericht dürfe jedenfalls deshalb nicht offengelegt werden, weil er nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt sei. Sie habe lediglich eine bedingte Zulassung nach der Verordnung Nr. 507/2006 erhalten und müsse somit jährlich eine Verlängerung beantragen, bis sie eine nicht mit Bedingungen versehene Zulassung erhalte. Die Freigabe sensibler Informationen über das Erzeugnis in diesem Stadium könne den Entscheidungsprozess der EMA bezüglich dieser Verlängerungen durch die Einbeziehung Dritter gefährden. Zudem sei der streitige Bericht weiter für den Entscheidungsprozess der EMA relevant, da in diesem bzw. im Entscheidungsprozess des Ausschusses für Humanarzneimittel (im Folgenden: Arzneimittelausschuss), der gemäß Art. 7 der Verordnung Nr. 507/2006 gegenüber der EMA hierzu eine Empfehlung abgebe, alle Beweise, einschließlich des streitigen Berichts, berücksichtigt würden. Wenn Antragsteller die Freigabe ihrer Daten befürchten müssten, würden sie „Vorkehrungen für deren größtmöglichen Schutz treffen“. Ferner könne eine Offenlegung ihre künftigen Pläne für Translarna im Hinblick auf die Behandlung anderer seltener durch Nonsense-Mutationen verursachter genetischer Erkrankungen beeinträchtigen.

159. Nach Ansicht der EMA ist Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 hier nicht anwendbar, da das Verfahren zur Zulassung von Translarna mit der Erteilung der bedingten Zulassung abgeschlossen gewesen sei und die spätere Offenlegung des streitigen Berichts dieses Verfahren nicht beeinträchtigen könne. In weiteren Verfahren zur Verlängerung der bedingten oder Erteilung einer bedingungsfreien Zulassung werde die EMA nur von der Rechtsmittelführerin vorgelegte neue Daten beurteilen. Zudem bestünden die Gefahren, die die Rechtsmittelführerin infolge der Information Dritter für ihr Erzeugnis befürchte, wegen der Pflichten und Befugnisse der EMA auf dem Gebiet der Pharmakovigilanz auch nach der Erteilung einer Zulassung.

2.      Würdigung des Vorbringens zu der Frage, ob der Zugang zu dem streitigen Bericht gegen Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 verstößt

160. Nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 wird der Zugang zu einem Dokument verweigert, wenn i) sich dieses Dokument auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, ii) eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde und sofern iii) kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung besteht.

161. Hier ist bereits die erste dieser drei kumulativen Voraussetzungen nicht erfüllt.

162. Erstens handelt es sich bei dem Verfahren für eine bedingte und bei dem für eine bedingungsfreie Zulassung um getrennte Verfahren in dem Sinne, dass ein Antrag auf Erteilung einer bedingten Zulassung nach Art. 3 der Verordnung Nr. 507/2006 zusammen mit dem Antrag auf eine bedingungsfreie Zulassung gestellt werden kann oder dass der Arzneimittelausschuss im Fall eines Antrags gemäß Art. 6 der Verordnung Nr. 726/2004 vorschlagen kann, eine bedingte Zulassung zu erteilen, doch enden beide Verfahren mit einem gesonderten Beschluss. Es ist klar, dass sich der Arzneimittelausschuss nach Art. 7 der Verordnung Nr. 507/2006 jederzeit in einem Gutachten für die Erteilung einer bedingungsfreien Zulassung aussprechen kann, wenn die übrigen Bedingungen erfüllt sind(94). Nach dieser Bestimmung wird nicht die gesamte Akte, sondern nur die Frage beurteilt, ob die besonderen Bedingungen erfüllt sind.

163. Der Rechtsmittelführerin ist die von ihr beantragte bedingte Zulassung, nämlich eine bedingte Zulassung für Translarna gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 507/2006, erteilt worden. Auf dieser Grundlage war sie berechtigt, Translarna auf den Markt zu bringen, und hat dies auch getan, wie es Ziel und Zweck jedes Zulassungsantrags ist. Dass die Rechtsmittelführerin ihre bedingte Zulassung jährlich verlängern lassen muss, ändert nichts an dieser Beurteilung. Gleiches gilt, wenn sogleich eine bedingungsfreie Zulassung erteilt wird, wobei der Unterschied darin besteht, dass die Neubeurteilung gemäß Art. 14 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 726/2004 erst nach fünf Jahren erfolgt.

164. Weder die Befürchtung der Rechtsmittelführerin, dass eine Offenlegung des streitigen Berichts Auswirkungen auf künftige Zulassungsanträge für andere genetische Erkrankungen haben könnte, noch ihr Vorbringen, es bestehe die Gefahr, dass Zulassungsantragsteller „Vorkehrungen treffen“, um ihre Daten zu schützen, vermag etwas daran zu ändern, dass Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 nur Verfahren schützt, in denen noch kein Beschluss gefasst worden ist. Dies ist hier eindeutig nicht der Fall.

165. Die Rechtsmittelführerin kann sich sonach nicht mit Erfolg auf diese Bestimmung berufen. Folglich ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

VII. Gesamtergebnis

166. Nach alledem bin der Auffassung, dass das Gericht rechtsfehlerhaft befunden hat, es bestehe nach Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 keine allgemeine Vermutung dafür, dass Berichte über die klinische Prüfung nicht offenzulegen seien. Zudem bin ich jedenfalls auch der Ansicht, dass das Gericht rechtsfehlerhaft befunden hat, dass die Offenlegung des streitigen Berichts die geschäftlichen Interessen der Rechtsmittelführerin nicht im Sinne von Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 beeinträchtigen würde.

167. Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hebt dieser, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts auf; er kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

168. Meines Erachtens ist dies kein Fall, in dem der Gerichtshof den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden kann, da dies die Würdigung komplexer Tatsachenfragen erfordert. Daher schlage ich vor, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zur Entscheidung nach erneuter Prüfung des streitigen Berichts unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen zurückzuverweisen.

VIII. Ergebnis

169. Aus diesen Gründen und vorbehaltlich der Würdigung der übrigen in dieser Rechtssache angeführten Rechtsmittelgründe durch den Gerichtshof schlage ich vor,

1.      das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 5. Februar 2018, PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15, EU:T:2018:66), aufzuheben;

2.      die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

3.      die Kostenentscheidung vorzubehalten.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Die beiden anderen sind die Rechtssachen, in denen das Urteil vom 5. Februar 2018, MSD Animal Health Innovation und Intervet International/EMA (T‑729/15, EU:T:2018:67), ergangen ist, gegen das Rechtsmittel eingelegt worden ist (MSD Animal Health Innovation und Intervet International/EMA, Toxizitätsstudien, C‑178/18), und das Urteil vom 5. Februar 2018, Pari/EMA (T‑235/15, EU:T:2018:65), gegen das kein Rechtsmittel eingelegt worden ist.


3      ABl. 2001, L 145, S. 43.


4      PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15, EU:T:2018:66).


5      Beschluss des Rates über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986-1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1).


6      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Gemeinschaftsverfahren für die Genehmigung und Überwachung von Human- und Tierarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1).


7      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1999 über Arzneimittel für seltene Leiden (ABl. 2000, L 18, S. 1).


8      ABl. 1993, L 214, S. 1.


9      Verordnung der Kommission vom 29. März 2006 über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen (ABl. 2006, L 92, S. 6).


10      Nach den Akten handelt es sich um eine Placebo-kontrollierte Wirksamkeits- und Sicherheitsstudie der Phase 2B zu Ataluren bei Personen, die an einer Duchenne-Nonsense-Mutation oder einer Becker-Muskeldystrophie leiden. Es war die wesentliche klinische Studie, die vor der Erteilung der bedingten Zulassung für Translarna durchgeführt wurde.


11      In Rn. 7 ihrer Gegenerwiderung hat die EMA klargestellt, dass sich der Zugangsantrag nur auf den Text des streitigen Berichts selbst und nicht auf dessen Anhänge bezog.


12      PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15 R, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:425).


13      EMA/PTC Therapeutics International (C‑513/16 P[R]), nicht veröffentlicht, EU:C:2017:148).


14      Das Kriterium, dass die angeforderten Dokumente zu derselben Kategorie von Dokumenten gehören oder gleichartig sind, entnimmt das Gericht den Urteilen vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50), und vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe (C‑280/11 P, EU:C:2013:671, Rn. 72). Das Kriterium, dass eine allgemeine Vermutung anerkannt werden kann, um den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens dadurch sicherzustellen, dass die Einflussnahme Dritter beschränkt wird, entnimmt es den Schlussanträgen von Generalanwalt Wathelet in der Rechtssache LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:528, Nrn. 66, 68, 74 und 76). Das Kriterium, dass die Dokumente zu einer Gesamtheit von Dokumenten gehören müssen, die durch ihre Zugehörigkeit zu einer Akte eines noch anhängigen Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens klar umschrieben waren, entnimmt es den Urteilen vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 12 bis 22), vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 75), und vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW (C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 69 und 70). Das Kriterium, dass es spezielle Regeln für eine Freigabe gibt, entnimmt es dem Urteil vom 11. Juni 2015, McCullough/Cedefop (T‑496/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:374, Rn. 91), und den Schlussanträgen von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache Rat/Access Info Europe (C‑280/11 P, EU:C:2013:325, Nr. 75).


15      Urteil vom 5. Februar 2018, PTC Therapeutics International/EMA (T‑718/15, EU:T:2018:66, Rn. 39 und 45).


16      Ebd., Rn. 46 bis 51.


17      Ebd., Rn. 59.


18      Ebd., Rn. 66.


19      Ebd., Rn. 70.


20      Ebd., Rn. 80 bis 85. Ich bin mir bewusst, dass das in Rn. 85 der englischen Fassung des angefochtenen Urteils enthaltene Wort „ernstlich“ sich nicht in allen Sprachfassungen findet (u. a. nicht in der französischen und der deutschen Fassung). Die Verfahrenssprache ist jedoch Englisch, und die englische Fassung ist somit die einzig verbindliche und zudem diejenige, auf die die Rechtsmittelführerin ihr Vorbringen stützt. Daher werde ich meinen Ausführungen diese Sprachfassung des Urteils zugrunde legen.


21      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. 2014, L 158, S. 1).


22      Vgl. den vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001.


23      Vgl. auch Urteile vom 21. September 2010, Schweden u. a./API und Kommission (C‑514/07 P, C‑528/07 P und C‑532/07 P, EU:C:2010:541, Rn. 73 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission (C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 78 und die dort angeführte Rechtsprechung).


24      Urteile vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW (C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 64 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 68).


25      Rn. 16 der Erklärungen der Eucope zum Rechtsmittel von PTC.


26      Rn. 24 der Erklärungen der Eucope.


27      Rn. 61 der Rechtsmittelbeantwortung der EMA.


28      Urteile vom 9. Juni 2011, Comitato „Venezia vuole vivere“ u. a./Kommission (C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, EU:C:2011:368, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 21. Dezember 2011, A2A/Kommission (C‑318/09 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:856, Rn. 109).


29      Zu dieser Verordnung siehe auch die Nrn. 34 und 35 der vorliegenden Schlussanträge.


30      Urteile vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW (C‑365/12 P, EU:C:2014:112 Rn. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung), und vom 16. Juli 2015, ClientEarth/Kommission (C‑612/13 P, EU:C:2015:486, Rn. 69).


31      Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 50).


32      Siehe Nrn. 158 bis 165 der vorliegenden Schlussanträge.


33      Fünf Dokumentenkategorien sind im Urteil vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission (C‑57/16 P, EU:C:2018:660, Rn. 81), genannt: i) in der Verwaltungsakte der Kommission in einem Verfahren wegen staatlicher Beihilfen enthaltene Dokumente (vgl. Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau, C‑139/07 P, EU:C:2010:376), ii) bei den Unionsgerichten in einem anhängigen Verfahren eingereichte Schriftsätze (Urteil vom 18. Juli 2017, Kommission/Breyer, C‑213/15 P, EU:C:2017:563, und die in Rn. 41 dieses Urteils angeführte Rechtsprechung), iii) Schriftverkehr zwischen der Kommission und den Anmeldern oder Dritten in einem Verfahren zur Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, C‑404/10 P, EU:C:2012:393), iv) Dokumente betreffend das Vorverfahren in einer Vertragsverletzungssache (Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission, C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738) und v) Dokumente betreffend ein Verfahren nach Art. 101 AEUV (Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112).


34      Rn. 39 des angefochtenen Urteils.


35      Ebd., Rn. 40.


36      Ebd., Rn. 41.


37      Vgl. Urteil vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission (C‑562/14 P, EU:C:2017:356), in dem eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung bei Fehlen von Sonderbestimmungen anerkannt worden ist.


38      Vgl. Urteile vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding (C‑477/10 P, EU:C:2012:394), und vom 28. Juni 2012, Kommission/Éditions Odile Jacob, (C‑404/10 P, EU:C:2012:393), in denen  allgemeine Vertraulichkeitsvermutungen anerkannt worden sind, obwohl die Verfahren nicht mehr liefen.


39      Urteil vom 4. September 2018, ClientEarth/Kommission (C‑57/16 P, EU:C:2018:660).


40      Ebd., Rn. 81, in der der Gerichtshof die fünf Kategorien aufführt, die er bisher anerkannt hat. Sie sind in Fn. 33 genannt. Es ist darauf hinzuweisen und in der vorliegenden Rechtssache auch nicht bestritten worden, dass diese fünf Kategorien keine geschlossene Gruppe bilden.


41      Ich weise darauf hin, dass in der Sitzung auf dieses Urteil Bezug genommen worden ist und dass die Verfahrensbeteiligten Gelegenheit hatten, zu seinem Inhalt Stellung zu nehmen.


42      Hervorhebung nur hier.


43      Vgl. die Erwägungsgründe 2, 9 und 10 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67) zu dreien dieser vier Ziele in der parallelen Regelung für die dezentralisierte Zulassung.


44      Art. 10 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2001/83.


45      Der Zeitraum der Datenausschließlichkeit nach Art.14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 beträgt acht Jahre.


46      Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 141/2000 sieht ein zehnjähriges Marktexklusivitätsrecht für Arzneimittel für seltene Leiden vor. Dieser Zeitraum kann jedoch verkürzt werden, wenn die Voraussetzungen nach Art. 8 Abs. 2 oder Abs. 3 der Verordnung vorliegen. Art. 14 Abs. 11 der Verordnung Nr. 726/2004 sieht einen zehnjährigen Vermarktungsschutz vor, der im Fall neuer Anwendungsgebiete auf elf Jahre verlängert werden kann.


47      Nicht nur für das in Rede stehende Arzneimittel, sondern auch für Bemühungen, die möglicherweise nicht erfolgreich waren und nicht zu einem marktfähigen Erzeugnis geführt haben.


48      Rn. 41 und 42 des angefochtenen Urteils.


49      Vgl. Art. 27 Abs. 2 und Art. 28 der Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags [jetzt Art. 101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).


50      Vgl. Art. 6, 8, 15 und 16 der Verordnung der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel 81 und 82 EG-Vertrag durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18). Die letztgenannten Verordnungen enthalten restriktive Bestimmungen für die Verwendung von Dokumenten betreffend Wettbewerbsverfahren nach Art. 81 EG [jetzt Art. 101 AEUV]. Danach wird der Zugang zu der Akte in diesen Verfahren den „Parteien“ und den „Beschwerdeführern“, deren Beschwerde die Kommission abzuweisen beabsichtigt, unter dem Vorbehalt weiterer besonderer Bestimmungen gewährt (Urteil vom 27. Februar 2014, Kommission/EnBW, C‑365/12 P, EU:C:2014:112, Rn. 86 bis 92).


51      Urteil vom 29. Juni 2010, Kommission/Technische Glaswerke Ilmenau (C‑139/07 P, EU:C:2010:376, Rn. 61), in dem der Gerichtshof unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 2 und Art. 20 der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 93 des EG-Vertrags (ABl. 1999, L 83, S. 1), inzwischen ersetzt durch die Verordnung (EU) 2015/1589 des Rates vom 13. Juli 2015 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (kodifizierter Text) (ABl. 2015, L 248, S. 9), entschieden hat, dass bestimmte Informationen im Beihilfekontrollverfahren den Mitgliedstaaten zu übermitteln sind, während dies nicht für andere Beteiligte gilt.


52      Urteil vom 28. Juni 2012, Kommission/Agrofert Holding (C‑477/10 P, EU:C:2012:394, Rn. 64), auf der Grundlage von Art. 17 und Art. 18 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, L 24, S. 1) und Art. 17 der Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der Verordnung Nr. 139/2004 (ABl. 2004, L 133, S. 1); die beiden letztgenannten Bestimmungen gewährleisten die Verteidigungsrechte.


53      Vgl. Urteil vom 11. Mai 2017, Schweden/Kommission (C‑562/14 P, EU:C:2017:356). Allerdings betraf diese Rechtssache die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001.


54      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe in Rn. 46 des angefochtenen Urteils einen irrelevanten Faktor berücksichtigt, indem es die Ansicht vertreten habe, dass die Rechtsprechung, mit der eine allgemeine Vertraulichkeitsvermutung anerkannt worden sei, Situationen betreffe, in denen der Zugang zur Verwaltungsakte auf die „betroffenen Parteien“ oder auf die „Beschwerdeführer“ beschränkt sei, beruht auf einem unrichtigen Verständnis des Urteils. Das Gericht stellt lediglich fest, dass die Verordnungen Nrn. 141/2004 und 726/2004 den Zugang zu der Akte nicht auf die „betroffenen Parteien“ oder auf die „Beschwerdeführer“ beschränkten. Jedenfalls beruht das angefochtene Urteil nicht auf dieser Feststellung. Vgl. entsprechend die oben in Nr. 52 angeführten Argumente und Urteile.


55      Es sei darauf hingewiesen, dass die Verordnung Nr. 726/2004 auch für die Zulassung von Arzneimitteln für seltene Leiden gilt, die ebenfalls einem Zulassungsverfahren nach der Verordnung Nr. 726/2004 unterliegen. Die Verordnung Nr. 141/2000 enthält nur eine Reihe von Bestimmungen, mit denen Unternehmen, die in diesem Bereich Forschung betreiben, was wegen der geringen Zahl von an äußerst seltenen Krankheiten leidenden Personen weniger gewinnbringend sein kann als Forschung in anderen Bereichen, ein zusätzlicher Anreiz geboten wird.


56      Rn. 35 der Rechtsmittelschrift.


57      Vgl. auch Urteil vom 18. Juli 2017, Kommission/Breyer (C‑213/15 P, EU:C:2017:563, Rn. 35 bis 37).


58      Vgl. Urteile vom 14. Dezember 2000, Dior u. a. (C‑300/98 und C‑392/98, EU:C:2000:688, Rn. 44 und 47), und vom 11. September 2007, Merck Genéricos – Produtos Farmaceuticos (C‑431/05, EU:C:2007:496, Rn. 35).


59      Der Begriff ist oben in Nr. 73 der vorliegenden Schlussanträge beschrieben.


60      In besonderen Fällen mag dies anders sein.


61      Diese Feststellung ist zwar im Rahmen der Prüfung getroffen worden, ob der in Rede stehende Bericht über die klinische Prüfung durch Art. 4 Abs. 2 erster Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 geschützt ist, gleichwohl handelt es sich sicherlich um eine allgemeine Feststellung.


62      Hervorhebung nur hier.


63      C-514/11 P und C-605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 66 und 67.


64      Rn. 63 der Rechtsmittelschrift.


65      Rn. 116 der Rechtsmittelbeantwortung der EMA.


66      Ebd., Rn. 39.


67      Urteil vom 9. September 2014, MasterCard u. a./Kommission (T‑516/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:759).


68      Hervorhebung nur hier. Wie in Fn. 20 dargelegt, enthalten nicht alle Sprachfassungen das Adverb „ernstlich“. Es findet sich aber in der einzig authentischen Fassung, nämlich der in der Verfahrenssprache (im vorliegenden Fall Englisch).


69      Hervorhebung nur hier.


70      Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (EU:C:2008:374).


71      Urteil vom 17. Oktober 2013, Rat/Access Info Europe (EU:C:2013:671).


72      Urteil vom 3. Juli 2014, Rat/in ’t Veld (EU:C:2014:2039).


73      Dabei müssen diese Ausnahmen – wie jede gesetzliche Ausnahme – strikt ausgelegt werden.


74      Bei der Prüfung, ob die Ausnahme überhaupt anwendbar ist.


75      Vgl. entsprechend Urteil vom 14. November 2013, LPN und Finnland/Kommission (C‑514/11 P und C‑605/11 P, EU:C:2013:738, Rn. 92 und 93).


76      Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374).


77      Ebd.


78      Im Gegensatz zu einem „überwiegenden“ öffentlichen Interesse.


79      Urteil vom 17. Oktober 2013 (EU:C:2013:671).


80      Urteil vom 3. Juli 2014 (EU:C:2014:2039).


81      Rn. 91 des angefochtenen Urteils.


82      Vgl. Rn. 50 bis 67 der Zeugenerklärung eines Solicitor-Advocate of the Supreme Court of England and Wales (Oberster Gerichtshof von England und Wales), Anlage A.5.3 zur Klageschrift der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache T‑718/15 (EU:T:2018:66).


83      Rn. 87 des angefochtenen Urteils.


84      Ebd., Rn. 89.


85      Vgl. entsprechend Urteil vom 1. Juli 2008, Schweden und Turco/Rat (C‑39/05 P und C‑52/05 P, EU:C:2008:374, Rn. 39).


86      Rn. 89 des angefochtenen Urteils.


87      S. 58 des streitigen Berichts.


88      Rn. 64 ff. der Klagebeantwortung der EMA in der Rechtssache T‑718/15 (EU:T:2018:66).


89      S. 31 bis 33 des streitigen Berichts, S. 38 bis 40 der Anlage A.2.1 zur Klageschrift der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache T‑718/15 (EU:T:2018:66). Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ausweislich der Akten der Dritte keinen Zugang zu den Anhängen beantragt hat und die EMA dem Antragsteller die Anhänge nicht zugänglich gemacht hat.


90      S. 32 des EPAR zu Translarna.


91      S. 80 bis 130 des streitigen Berichts, S. 87 bis 137 der Anlage A.2.1 zur Klageschrift der Rechtsmittelführerin in der Rechtssache T‑718/15 (EU:T:2018:66).


92      Rn. 90 des angefochtenen Urteils.


93      Auf jeden Fall bestreitet die Rechtsmittelführerin die Behauptung, dass der Bericht über die klinische Prüfung nichts Neues enthalte, denn sie macht geltend, sie habe viel in die Ausarbeitung eines besonderen randomisierten Verfahrens für diese klinischen Versuche investiert; vgl. ihre Erwiderung vom 19. September 2018, Rn. 5 Buchst. a.


94      Es handelt sich um die Vorlage fehlender Daten zu Studien, die bei Erteilung der bedingten Zulassung noch nicht abgeschlossen waren oder die zu diesem Zeitpunkt erst noch eingeleitet werden mussten, vgl. Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 507/2006.