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Vorabentscheidungsersuchen des Tribunal d’arrondissement (Luxemburg), eingereicht am 24. Januar 2020 – WM/Luxembourg Business Registers

(Rechtssache C-37/20)

Verfahrenssprache: Französisch

Vorlegendes Gericht

Tribunal d’arrondissement

Parteien des Ausgangsverfahrens

Kläger: WM

Beklagter: Luxembourg Business Registers

Vorlagefragen

Frage Nr. 1: Zum Begriff „außergewöhnliche Umstände“

1 a)     Kann Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung1 in der durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU2 geänderten Fassung im Hinblick darauf, dass er die Beschränkung des Zugangs zu Informationen über wirtschaftliche Eigentümer von „außergewöhnliche[n], nach nationalem Recht festzulegende[n] Umstände[n]“ abhängig macht, dahin ausgelegt werden, dass er es erlaubt, im nationalem Recht den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ einzig dahin gehend festzulegen, dass er gleichbedeutend ist mit „einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung“, Begriffen, die bereits nach dem Wortlaut des vorgenannten Art 30 Abs. 9 eine Voraussetzung für die Anwendung der Zugangsbeschränkung darstellen?

1 b)     Falls die Frage Nr. 1 a) verneint werden sollte und für den Fall, dass das zur Umsetzung erlassene nationale Recht den Begriff „außergewöhnliche Umstände“ einzig durch einen Verweis auf die nicht weiterführende Wendung „einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung“ definiert hat, muss dann der vorgenannte Art. 30 Abs. 9 dahin ausgelegt werden, dass er es einem nationalen Richter erlaubt, die Bedingung „außergewöhnliche Umstände“ außer Acht zu lassen, oder muss der nationale Richter das Versäumnis des nationalen Gesetzgebers dadurch ausgleichen, dass er die Tragweite des Begriffs „außergewöhnliche Umstände“ richterrechtlich bestimmt? Wenn Letzteres gilt, kann dann der Gerichtshof der Europäischen Union im Hinblick darauf, dass es sich nach dem Wortlaut des vorgenannten Art. 30 Abs. 9 um eine Bedingung handelt, deren Inhalt durch nationales Recht bestimmt wird, den nationalen Richter bei seiner Aufgabe anleiten? Wenn ja, was sind die Leitlinien für den nationalen Richter bei der Bestimmung des Inhalts des Begriffs „außergewöhnliche Umstände“?

Frage Nr. 2: Zum Begriff „Risiko“

2 a)     Muss Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU geänderten Fassung im Hinblick darauf, dass er die Beschränkung des Zugangs zu Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer von „einem unverhältnismäßigen Risiko von Betrug, Entführung, Erpressung, Schutzgelderpressung, Schikane, Gewalt oder Einschüchterung“ abhängig macht, dahin ausgelegt werden, dass er auf eine Gesamtheit von 8 Fällen verweist, von denen der erste auf ein allgemeines Risiko abstellt, für das die Bedingung der Unverhältnismäßigkeit gilt, und die 7 folgenden auf spezifische Risiken abstellen, für die die Unverhältnismäßigkeit keine Bedingung ist, oder dahin, dass er auf eine Gesamtheit von 7 Fällen verweist, von denen jeder ein spezifisches Risiko betrifft, das unverhältnismäßig sein muss?

2 b)     Muss Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU geänderten Fassung im Hinblick darauf, dass er die Beschränkung des Zugangs zu Informationen über die wirtschaftlichen Eigentümer von „einem Risiko“ abhängig macht, dahin ausgelegt werden, dass er die Prüfung, ob dieses Risiko besteht und wie ernst es ist, auf die Beziehungen beschränkt, die der wirtschaftliche Eigentümer zu der konkreten juristischen Person unterhält, für die er den Antrag stellt, den Zugang zu Informationen über seine Eigenschaft als wirtschaftlicher Eigentümer zu beschränken, oder dahin, dass auch die Beziehungen zu berücksichtigen sind, die der betreffende wirtschaftliche Eigentümer zu anderen juristischen Personen unterhält? Wenn man die Beziehungen berücksichtigen muss, die zu anderen juristischen Personen unterhalten werden, muss man nur die Eigenschaft als wirtschaftlicher Eigentümer im Verhältnis zu anderen juristischen Personen berücksichtigen oder muss man jedwede Beziehung, die zu anderen juristischen Personen unterhalten wird, berücksichtigen? Wenn man jedwede Beziehung, die zu anderen juristischen Personen unterhalten wird, berücksichtigen muss, wirkt sich dann die Art dieser Beziehung darauf aus, ob das Risiko besteht und wie ernst es ist?

2 c)     Muss Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der durch die Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU geänderten Fassung im Hinblick darauf, dass er die Beschränkung des Zugangs zu Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer von „einem Risiko“ abhängig macht, dahin ausgelegt werden, dass der Schutz, der sich aus einer Zugangsbeschränkung ergibt, nicht in Anspruch genommen werden kann, wenn diese Informationen bzw. andere Informationen, die der wirtschaftliche Eigentümer vorlegt, um zu belegen, dass ein ernstes „Risiko“ besteht, für Dritte leicht auf anderen Wegen erhältlich sind?

Frage Nr. 3: Zum Begriff des „unverhältnismäßigen“ Risikos

3)     Welche widerstreitenden Interessen müssen im Rahmen der Anwendung von Art. 30 Abs. 9 der Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung in der durch die Richtlinie (EU) Nr. 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2005/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU geänderten Fassung im Hinblick darauf berücksichtigt werden, dass er die Beschränkung des Zugangs zu Informationen über den wirtschaftlichen Eigentümer von einem „unverhältnismäßigen“ Risiko abhängig macht?

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1     Richtlinie (EU) 2015/849 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates und der Richtlinie 2006/70/EG der Kommission (ABl. 2015, L 141, S. 73).

2     ABl. 2018, L 156, S. 43.