Language of document : ECLI:EU:C:2018:87

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 21. Februar 2018(1)

Rechtssache C123/16 P

Orange Polska S.A.

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Polnischer Telekommunikationsmarkt – Berechtigtes Interesse an der Feststellung einer in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung, wenn eine Geldbuße verhängt wird – Berechnung der Geldbuße – Schwere – Berücksichtigung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung – Mildernde Umstände“






1.        Mit dem vorliegenden Rechtsmittel beantragt die Orange Polska S.A. (im Folgenden: Orange) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Dezember 2015, Orange Polska/Kommission (T‑486/11, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2015:1002), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2011) 4378 endg. der Kommission(2) und, hilfsweise, auf Aufhebung oder Herabsetzung der mit diesem Beschluss gegen sie verhängten Geldbuße abgewiesen hat.

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

2.        Für das vorliegende Rechtsmittel genügen die folgenden Ausführungen, da sich eine umfassendere Darstellung in den Rn. 1 bis 34 des angefochtenen Urteils findet.

3.        Die Telekomunikacja Polska S.A. ist ein Telekommunikationsunternehmen, das 1991 in Polen im Anschluss an die Privatisierung eines ehemaligen Staatsmonopols gegründet wurde. Nachdem dieses Unternehmen am 7. November 2013 die Gesellschaften Orange Polska sp. z o.o. und Polska Telefonia Komórkowa sp. z o.o. – Centertel sp. z o.o. erworben hatte, entstand aus ihm Orange(3).

4.        Die Europäische Kommission stellte fest, dass Orange auf der Vorleistungsebene der einzige Anbieter von Breitbandanschlüssen und des entbündelten Zugangs zum Teilnehmeranschluss sei und während des vom streitigen Beschluss betroffenen Zeitraums hohe Marktanteile auf dem Endkundenmarkt gehalten habe.

5.        Außerdem stellte sie fest, dass der in Polen zur Zeit der hier maßgeblichen Vorgänge geltende Regulierungsrahmen das von der nationalen Regulierungsbehörde(4) als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht im Bereich der Bereitstellung öffentlicher Telefonfestnetze ermittelte Unternehmen – im vorliegenden Fall Orange – verpflichtete, den neu hinzugekommenen sogenannten „alternativen Betreibern“ (im Folgenden: AB) den entbündelten Zugang zu seinen Teilnehmeranschlüssen und den zugehörigen Einrichtungen zu transparenten, fairen und nicht diskriminierenden Bedingungen zu gewähren, die mindestens ebenso günstig waren wie diejenigen eines von diesem Betreiber angebotenen und im Anschluss an ein Verfahren vor dem UKE genehmigten Referenzangebots. Ab 2005 wurde das UKE mehrmals tätig, um Verstöße von Orange gegen ihre Verpflichtungen aus den Regulierungsbestimmungen abzustellen.

6.        Am 22. Oktober 2009 unterzeichnete Orange eine Vereinbarung mit dem UKE, in der sie sich freiwillig verpflichtete, insbesondere ihren Verpflichtungen aus den Regulierungsbestimmungen nachzukommen, mit den AB Zugangsvereinbarungen zu Bedingungen zu schließen, die im Einklang mit den geltenden Referenzangeboten standen, und in die Modernisierung ihres Breitbandnetzes zu investieren (im Folgenden: Vereinbarung mit dem UKE).

7.        In Art. 1 des streitigen Beschlusses stellte die Kommission fest, dass Orange durch ihre Weigerung, den AB auf Vorleistungsebene Zugang zu seinen Breitbandprodukten zu gewähren, eine einzige und andauernde Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV begangen habe, die am 3. August 2005, dem Tag des Beginns der ersten Verhandlungen zwischen Orange und einem AB über den Zugang zum Netz von Orange auf der Grundlage des Referenzangebots für den entbündelten Zugang („local loop undbundling“, LLU), begonnen und mindestens bis zum 22. Oktober 2009, dem Tag der Unterzeichnung der Vereinbarung mit dem UKE, angedauert habe.

8.        Die Kommission ahndete die Zuwiderhandlung, indem sie Orange, wie dies in Art. 2 des streitigen Beschlusses angeordnet ist, eine Geldbuße von 127 554 194 Euro auferlegte, die in Anwendung der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1/2003(5) (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien) berechnet worden war. Bei dieser Berechnung setzte sie den Grundbetrag der Geldbuße auf der Basis eines Anteils von 10 % des von Orange auf den relevanten Märkten erzielten durchschnittlichen Umsatzes fest, multiplizierte ihn mit dem der Dauer der Zuwiderhandlung entsprechenden Faktor von 4,2 und beschloss, diesen Betrag nicht wegen erschwerender oder mildernder Umstände anzupassen. Allerdings brachte sie hiervon die Geldbußen in Abzug, die das UKE Orange wegen Verletzung ihrer Verpflichtungen aus den Regulierungsbestimmungen auferlegt hatte.

II.    Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

9.        Mit Klageschrift, die am 2. September 2011 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, erhob Orange eine Klage auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses, hilfsweise auf Aufhebung oder Herabsetzung der ihr mit diesem Beschluss auferlegten Geldbuße.

10.      Die Polska Izba Informatyki i Telekomunikacji (Polnische Kammer für Informations- und Telekommunikationstechnologien, im Folgenden: PIIT), die nach ihren Angaben eine Vereinigung von Unternehmen ist, die auf dem Gebiet der Telekommunikation in Polen tätig sind, trat dem Verfahren vor dem Gericht als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von Orange bei. Die European Competitive Telecommunications Association (ECTA), die nach eigenen Angaben das Vertretungsorgan der im Wettbewerb stehenden europäischen Telekommunikationsindustrie ist, trat dem Verfahren vor dem Gericht als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission bei.

11.      Orange stützte ihre Klage auf fünf Klagegründe. Da das Gericht alle diese Klagegründe als unbegründet zurückwies und befand, dass kein Umstand die Abänderung des Betrags der Geldbuße rechtfertige, wies es die Klage insgesamt ab.

III. Rechtsmittel

12.      Zur Stützung ihres Rechtsmittels macht Orange drei Gründe geltend.

A.      Erster Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler in Bezug auf die Verpflichtung der Kommission, ein berechtigtes Interesse am Erlass eines Beschlusses zur Feststellung einer in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung nachzuweisen

1.      Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

13.      Orange weist darauf hin, zum einen sei unstreitig, dass die Kommission im streitigen Beschluss kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der fraglichen Zuwiderhandlung nachgewiesen habe, und zum anderen sei diese Zuwiderhandlung fast 18 Monate vor dem Erlass des streitigen Beschlusses beendet worden. Somit sei sie in der Vergangenheit begangen worden. In Rn. 76 des angefochtenen Urteils habe das Gericht bestätigt, dass es der Kommission nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 obliege, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung nachzuweisen, wenn diese beendet sei und die Kommission keine Geldbuße verhänge, und damit zu verstehen gegeben, dass dies der einzige Fall sei, in dem die Kommission ein solches Interesse nachzuweisen habe. In diesem Sinne stelle diese Aussage einen Rechtsfehler bei der Auslegung dieser Vorschrift dar. Rn. 77 dieses Urteils, in der das Gericht die Verpflichtung der Kommission, ein solches Interesse darzutun, zudem allein auf die Fälle beschränkt habe, in denen die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen verjährt sei, sei ebenfalls rechtsfehlerhaft.

14.      Insoweit macht Orange zunächst geltend, dass der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 eindeutig sei. Aus ihm könne nicht abgeleitet werden, dass ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung im Zusammenhang mit einem beendeten Verhalten entbehrlich sei, wenn eine Geldbuße verhängt werden könne. Außerdem verleihe allein diese Vorschrift der Kommission die Befugnis, eine Zuwiderhandlung gegen die Art. 101 oder 102 AEUV festzustellen. Sowohl der elfte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1/2003 als auch die Vorarbeiten zu dieser Verordnung und die Verwaltungspraxis der Kommission bestätigten, dass deren Verpflichtung, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung darzutun, unabhängig von der Verhängung einer Geldbuße bestehe.

15.      Ferner sei es durch nichts gerechtfertigt, Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 von der Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen abhängig zu machen. Die Befugnis der Kommission, eine Zuwiderhandlung festzustellen, unterliege nämlich keiner Verjährungsfrist und sei ihr durch einen anderen Teil der Verordnung Nr. 1/2003 als demjenigen verliehen worden, der ihr die Befugnis zur Verhängung von Geldbußen verleihe.

16.      Schließlich sei es wegen des Umstands, dass die von der Kommission getroffene Feststellung einer in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung gemäß Art. 16 der Verordnung Nr. 1/2003 im Rahmen von Schadensersatzklagen die Haftung des betroffenen Unternehmens begründe, sowie wegen des Umstands, dass eine solche Feststellung diesem Unternehmen selbst dann, wenn keine Geldbuße verhängt werde, infolge der in Art. 10 Abs. 4 der Richtlinie 2014/104/EU des Parlaments und des Rates(6) vorgesehenen Hemmung der Verjährung schaden könne, gerechtfertigt, dass die Kommission in ihrem Beschluss die Gründe darzulegen habe, auf denen ihr berechtigtes Interesse beruhe, eine frühere Zuwiderhandlung zu verfolgen, die ein Unternehmen freiwillig beendet habe.

17.      Im vorliegenden Fall seien daher das angefochtene Urteil sowie der streitige Beschluss aufzuheben, weil die Kommission in diesem Beschluss kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der von Orange in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung nachgewiesen habe.

18.      Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, das Vorbringen von Orange sei abwegig, weil es darauf hinauslaufe, dass die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen nur bei laufenden Zuwiderhandlungen bestehe und sie in allen anderen Fällen – u. a., wenn eine Geldbuße wegen einer bereits beendeten Zuwiderhandlung verhängt werde, was den Großteil der Beschlüsse der Kommission ausmache – keinen Beschluss erlassen könne, ohne ein berechtigtes Interesse daran darzutun.

19.      Im vorliegenden Fall habe die Kommission eine Geldbuße gegen Orange verhängt, weil diese eine einzige und fortdauernde Zuwiderhandlung gegen Art. 102 AEUV begangen habe, die vom 3. August 2005 bis mindestens zum 22. Oktober 2009 angedauert habe. Da die Verhängung einer Geldbuße ausreiche, um die Feststellung einer Zuwiderhandlung zu rechtfertigen, sei die Kommission nicht verpflichtet gewesen, ein darüber hinausgehendes berechtigtes Interesse an dieser Feststellung nachzuweisen. Folglich sei der erste Rechtsmittelgrund unbegründet.

20.      Ferner macht die Kommission geltend, dieser erste Rechtsmittelgrund betreffe nur Rn. 77 des angefochtenen Urteils, weil Orange Rn. 76 zustimme. Die letztgenannte Randnummer sowie die vom Gericht in den Rn. 74 und 75 des angefochtenen Urteils angeführten Gründe reichten aber aus, um die in den Rn. 78 und 79 dieses Urteils gezogenen Schlussfolgerungen zu stützen, mit denen das Gericht den ersten Klagegrund zurückgewiesen habe. Der erste, allein gegen Rn. 77 gerichtete Rechtsmittelgrund gehe daher ins Leere. Das in der Erwiderung vorgetragene Argument, dem zufolge dieser erste Rechtsmittelgrund in Wirklichkeit die Rn. 74 bis 80 des angefochtenen Urteils betreffe, sei unzulässig, weil verspätet.

21.      Die PIIT nimmt zum ersten Rechtsmittelgrund keine Stellung.

22.      Die ECTA macht im Wesentlichen geltend, die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Geldbußen ergebe sich unabhängig davon, ob die Zuwiderhandlung beendet sei oder nicht, aus Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, der diese Befugnis abgesehen von der Verpflichtung, Vorsatz oder Fahrlässigkeit zu beweisen, von keiner weiteren Bedingung abhängig mache. Orange habe sich daher rechtsirrig auf Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 berufen.

2.      Würdigung

a)      Vorbemerkungen

23.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund wirft Orange dem Gericht vor, bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 einen Rechtsfehler begangen zu haben, weil es von der Kommission nicht verlangt habe, ein berechtigtes Interesse am Erlass eines Beschlusses nachzuweisen, mit dem – ob mit oder ohne Verhängung einer Geldbuße – eine Zuwiderhandlung festgestellt werde.

24.      Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 bestimmt: „Stellt die Kommission … eine Zuwiderhandlung gegen [die] Artikel [101 oder 102 AEUV] fest, so kann sie die beteiligten Unternehmen … durch Entscheidung verpflichten, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen. … Soweit die Kommission ein berechtigtes Interesse hat, kann sie auch eine Zuwiderhandlung feststellen, nachdem diese beendet ist.“

25.      Das Gericht hat in Rn. 76 des angefochtenen Urteils aus dem Wortlaut dieser Vorschrift sowie aus einem Auszug aus der Begründung des Vorschlags, der zum Erlass dieser Verordnung geführt hat, abgeleitet, dass „die Kommission ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung darzutun [hat], wenn diese Zuwiderhandlung beendet ist und die Kommission keine Geldbuße verhängt“.

26.      Außerdem hat es in Rn. 77 dieses Urteils ausgeführt, dieses Ergebnis stehe im Einklang mit seiner Rechtsprechung zum Zusammenhang zwischen der Verpflichtung der Kommission, ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung darzutun, und der Verjährung ihrer Befugnis zur Verhängung von Geldbußen. Folglich hat es den Antrag von Orange, den streitigen Beschluss für nichtig zu erklären, in den Rn. 78 bis 80 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen.

b)      Vorbringen der Kommission, der Rechtsmittelgrund gehe ins Leere

27.      Dem (in Nr. 20 dieser Schlussanträge wiedergegebenen) Vorbringen der Kommission hierzu kann nicht gefolgt werden.

28.      Auch wenn Orange ausdrücklich nur die Rn. 76 und 77 des angefochtenen Urteils erwähnt und den Inhalt dieser Rn. 76 als solchen nicht angreift, ändert das nichts daran, dass Orange mit diesem Vorbringen im Wesentlichen geltend macht, aus einer Zusammenschau dieser beiden Randnummern ergebe sich, dass das Gericht als einzige Fälle, in denen die Kommission ein berechtigtes Interesse an der Feststellung einer Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht der Union dartun müsse, die Fälle angesehen habe, in denen diese Zuwiderhandlung beendet sei und zugleich die Kommission – insbesondere wegen der Verjährung ihrer Befugnis zur Verhängung von Geldbußen – keine Geldbuße verhänge, und dass das Gericht mit der Feststellung einer solchen Beschränkung Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 fehlerhaft ausgelegt habe.

29.      Jedenfalls stellen die Rn. 76 und 77 den Kern der Erwägungen des Gerichts dar, so dass, falls sich erweisen sollte, dass sie mit dem gerügten Fehler behaftet sind, die vom Gericht daraus gezogenen Schlussfolgerungen automatisch für ungültig zu erklären wären.

30.      Folglich geht der erste Rechtsmittelgrund nicht ins Leere.

c)      Zur Begründetheit des ersten Rechtsmittelgrundes

31.      Eine Auslegung, die sich auf den Wortlaut, die allgemeine Systematik und die Zielrichtung der einschlägigen Vorschriften der Verordnung Nr. 1/2003 stützt, führt gleichwohl zu dem Ergebnis, dass dieser Rechtsmittelgrund nicht stichhaltig ist.

32.      Nach der Verordnung Nr. 1/2003 – nämlich insbesondere nach ihrem Art. 7 Abs. 1 und ihrem Art. 23 – ist die Kommission im Fall wesentlicher Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln der Union befugt, Geldbußen zu verhängen und zugleich das Abstellen der Zuwiderhandlung anzuordnen. Diese Befugnisse fassen die mit der Einhaltung der Wettbewerbsregeln verbundenen Aufgaben der Kommission zusammen. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben ist die Kommission nicht verpflichtet, insoweit irgendein „berechtigtes Interesse“ darzutun.

33.      Es liegt auf der Hand, dass Geldbußen nur verhängt und das Abstellen einer Zuwiderhandlung nur angeordnet werden können, wenn zuvor eine Zuwiderhandlung festgestellt worden ist, was Orange offenbar nicht in Abrede stellt. Wie die Kommission ausführt, ist sie nicht nur berechtigt, eine Zuwiderhandlung festzustellen, sondern dazu sogar verpflichtet, um deren Abstellung anordnen oder eine Geldbuße verhängen zu können.

34.      Erstens ist Art. 7 der Verordnung Nr. 1/2003 klar zu entnehmen, dass nur dann, wenn „die Kommission … eine Zuwiderhandlung … fest[stellt]“, von ihr ein Beschluss erlassen werden kann, der verlangt, die festgestellte Zuwiderhandlung abzustellen.

35.      Zweitens ist die Kommission nach Art. 23 Abs. 2 dieser Verordnung befugt, Geldbußen zu verhängen, wenn Unternehmen oder Unternehmensvereinigungen vorsätzlich oder fahrlässig gegen Art. 101 Abs. 1 oder Art. 102 AEUV verstoßen.

36.      Der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 mag zwar insoweit nicht eindeutig erscheinen, als aus ihm nicht ausdrücklich hervorgeht, dass die Kommission, wenn sie eine Geldbuße verhängt, einen Beschluss zur Feststellung einer in der Vergangenheit begangenen Zuwiderhandlung erlassen kann, ohne konkret nachweisen zu müssen, dass hierzu ein berechtigtes Interesse besteht.

37.      Jedoch wird die Auffassung des Gerichts und der Kommission meines Erachtens durch die Formulierung des elften Erwägungsgrundes dieser Verordnung gestützt. Dieser Erwägungsgrund stellt klar, dass die Kommission, „sofern ein berechtigtes Interesse besteht, auch dann Entscheidungen zur Feststellung einer Zuwiderhandlung erlassen können [sollte], wenn die Zuwiderhandlung beendet ist, selbst wenn sie keine Geldbuße auferlegt“ (Hervorhebung nur hier).

38.      Wie die Kommission ausführt, folgt der elfte Erwägungsgrund dem Aufbau des Art. 7 Abs. 1 dieser Verordnung und bestätigt, dass der letzte Satz dieser Vorschrift eine spezifische Befugnis vorsieht, die an eine besondere Bedingung geknüpft ist. Er bezieht sich zunächst auf die Entscheidungen, die verlangen, eine noch laufende Zuwiderhandlung abzustellen. Sodann erläutert der elfte Erwägungsgrund, dass die Kommission über diese Befugnis hinaus („auch dann“) eine Feststellungsentscheidung (d. h. eine nicht mit einer Geldbuße verbundene Entscheidung) erlassen kann, die eine in der Vergangenheit begangene Zuwiderhandlung feststellt, sofern ein berechtigtes Interesse an einem solchen Vorgehen besteht. Die Wendungen „selbst wenn sie keine Geldbuße auferlegt“ und „auch dann“ implizieren, dass die Befugnis der Kommission, eine beendete Zuwiderhandlung festzustellen und diese Feststellung mit einer Geldbuße zu verbinden, vorgegeben ist und keiner besonderen Bedingung unterliegt.

39.      Die (bereits in Rn. 75 des angefochtenen Urteils zitierte) Begründung des Vorschlags, der zum Erlass der Verordnung Nr. 1/2003 geführt hat, stützt die Auffassung des Gerichts noch deutlicher.

40.      Dort heißt es zu dem vorgeschlagenen Art. 7, dass einer der Unterschiede gegenüber Art. 3 der Verordnung Nr. 17(7) darin besteht, dass „klargestellt [wird], dass die Kommission nicht nur dann zur Feststellung einer Zuwiderhandlung befugt ist, wenn sie durch Entscheidung deren Abstellung anordnet oder eine Geldbuße verhängt, sondern auch dann, wenn die Zuwiderhandlung beendet ist und sie keine Geldbuße auferlegt hat“, wobei insoweit präzisiert wird, dass „[n]ach der Rechtsprechung des … Gerichtshofs[(8)] … die Befugnis der Kommission, unter diesen Umständen eine Zuwiderhandlung festzustellen, jedoch auf Fälle beschränkt [ist], in denen hierzu ein berechtigtes Interesse gegeben ist“.

41.      Nach der (zur Verordnung Nr. 17 ergangenen) Rechtsprechung wird die Befugnis der Kommission zur Verhängung von Sanktionen keineswegs dadurch berührt, dass das die Zuwiderhandlung begründende Verhalten und die Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen nicht mehr bestehen(9).

42.      Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung, dass „[d]ie Befugnis [der Kommission] zum Erlass der [die Unternehmen zur Beendigung der festgestellten Zuwiderhandlung zwingenden und ihnen im Falle einer Zuwiderhandlung Geldbußen auferlegenden] Entscheidungen … notwendigerweise die Befugnis zur Feststellung der jeweils in Rede stehenden Zuwiderhandlung [umfasst]“(10).

43.      Die rechtliche Regelung ist teilweise anders, wenn keine Geldbuße verhängt wird und die Zuwiderhandlung bereits beendet ist (in diesem Fall gibt es keine Grundlage, die eine Abstellungsverfügung rechtfertigt). Wenn keine Geldbuße verhängt und keine Abstellungsverfügung erlassen wird, hat die Feststellung der Zuwiderhandlung meines Erachtens deklaratorischen Charakter und kann daher nicht als notwendige Voraussetzung der Ausübung von Zwangsbefugnissen durch die Kommission angesehen werden.

44.      Nur unter diesen Umständen (d. h., wenn keine Geldbuße verhängt wird und die Zuwiderhandlung beendet ist) muss die Kommission ein berechtigtes Interesse dartun, das ihren Beschluss, in dem festgestellt wird, dass eine Zuwiderhandlung begangen wurde, gleichwohl rechtfertigt.

45.      Das Gericht hat nämlich bereits zu Recht entschieden, dass die Befugnis der Kommission, einen Beschluss zu erlassen, in dem eine in der Vergangenheit begangene Zuwiderhandlung festgestellt wird, nur dann, wenn keine Geldbuße verhängt wird(11), von der Voraussetzung eines berechtigten Interesses an einer solchen Feststellung abhängig ist(12). Im Umkehrschluss braucht die Kommission, wenn sie befugt ist, eine Geldbuße zu verhängen, und diese auch verhängt, kein besonderes Interesse an der Feststellung der Zuwiderhandlung darzutun. Die Verhängung einer Geldbuße genügt, um die Notwendigkeit der Feststellung der Zuwiderhandlung zu rechtfertigen.

46.      Aus alledem folgt, dass die Kommission, wenn sie eine Geldbuße verhängt, notwendigerweise befugt ist, die Zuwiderhandlung festzustellen, selbst wenn diese bereits beendet ist. Außerdem wird das Unternehmen die beanstandete Praxis häufig nach dem Eingreifen der Kommission beendet haben, noch bevor diese einen Beschluss erlassen hat.

47.      Daher hätte das Gericht Art. 23 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 1/2003 als hinreichende Rechtfertigung dafür ansehen müssen, dass die Kommission die in Rede stehende Zuwiderhandlung feststellt, selbst wenn diese in der Vergangenheit begangen wurde, und folglich den Klagegrund von Orange aus einem anderen als dem von ihm angegebenen Grund zurückweisen müssen. Wenn es nämlich keine Abstellungsverfügung gibt, ist es überflüssig, Art. 7 als Rechtsgrundlage anzuführen.

48.      Wie die ECTA ausführt, findet die Befugnis der Kommission, Geldbußen zu verhängen, ihre Rechtsgrundlage unabhängig davon, ob die Zuwiderhandlung beendet ist oder nicht, eindeutig in Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003. Abgesehen von der Verpflichtung, den Vorsatz oder die Fahrlässigkeit von Orange zu beweisen, ist diese Vorschrift nämlich weit formuliert und macht die Befugnis der Kommission, Geldbußen zu verhängen, von keiner weiteren Voraussetzung abhängig.

49.      Somit ist der erste Rechtsmittelgrund trotz des oben festgestellten Fehlers des Gerichts als unbegründet zurückzuweisen.

B.      Zweiter Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler und Verfälschung des Akteninhalts hinsichtlich der von der Kommission zur Berechnung der Geldbuße vorgenommenen Beurteilung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung

1.      Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

50.      Orange macht geltend, das Gericht habe den streitigen Beschluss verfälscht. Die Verfälschung betreffe zunächst die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung. Aus dem 902. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses gehe nämlich hervor, dass die Kommission sich auf diese tatsächlichen Auswirkungen gestützt habe, um die Geldbuße zu berechnen, was sie vor dem Gericht selbst bestätigt habe, indem sie eingeräumt habe, dass die Formulierung dieses Erwägungsgrundes, soweit er die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung betreffe, einen „sachlichen Fehler“ darstelle. In Rn. 169 des angefochtenen Urteils habe das Gericht jedoch ausgeführt, dieser Erwägungsgrund lasse sich nur dahin auslegen, dass er sich „allgemein und abstrakt auf die Art der Zuwiderhandlung“ beziehe.

51.      Die Auslegung des Gerichts berücksichtige nicht die klare Bedeutung der in diesem Erwägungsgrund verwendeten Wörter, die speziell die Auswirkungen auf den Wettbewerb betreffe, die Folge des konkreten Marktverhaltens von Orange gewesen seien. Außerdem habe sich das Gericht in Rn. 182 des angefochtenen Urteils auf Ereignisse bezogen, die tatsächlich stattgefunden hätten, indem es u. a. auf den 902. Erwägungsgrund des angefochtenen Urteils verwiesen habe, während es sich zugleich in Rn. 169 anzuerkennen geweigert habe, dass im streitigen Beschluss tatsächliche Auswirkungen festgestellt worden seien.

52.      Schließlich habe das Gericht jedenfalls mit seiner Annahme, dass die Kommission die Gegebenheiten nur „allgemein und abstrakt“ betrachtet habe, den streitigen Beschluss hinsichtlich der wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung verfälscht. Es sei nämlich festzustellen, dass die Kommission im 902. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses zumindest die wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung berücksichtigt habe, um die Geldbuße zu berechnen, was sie im Übrigen in ihren Schriftsätzen vor dem Gericht eingeräumt habe. Gleichwohl sei das Gericht fälschlich davon ausgegangen, dass die Berücksichtigung der Art der Zuwiderhandlung nicht impliziere, deren wahrscheinliche Auswirkungen einzubeziehen. Die wahrscheinlichen Auswirkungen des Verhaltens seien – ebenso wie dessen tatsächliche Auswirkungen – wesentliche Indikatoren der Art der Zuwiderhandlung und folglich ihrer Schwere, die sich nicht abstrakt beurteilen lasse. Daher sei das Gericht verpflichtet gewesen, zu prüfen, ob die Feststellung dieser wahrscheinlichen Auswirkungen gerechtfertigt sei oder nicht. Da das Gericht den streitigen Beschluss somit nicht ordnungsgemäß geprüft habe, sei seine Untersuchung der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße hierdurch verfälscht worden.

53.      Ein weiterer Fehler des Gerichts bestehe in einem Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, weil es nicht beurteilt habe, ob die Kommission die Auswirkungen der Zuwiderhandlung zutreffend festgestellt habe. Folglich ersuche Orange den Gerichtshof, von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch zu machen, um den Betrag der Geldbuße wegen des Fehlens konkreter Anhaltspunkte, auf die sich eine Feststellung tatsächlicher Auswirkungen stützen lasse, herabzusetzen.

54.      Jedenfalls habe das Gericht es zu Unrecht unterlassen, die ihm obliegende Nachprüfung in Bezug auf den Nachweis der wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung vorzunehmen.

55.      Die Kommission macht geltend, der zweite Rechtsmittelgrund sei unzulässig, da Orange vom Gerichtshof eine erneute Würdigung der Tatsachen begehre. Dieser Rechtsmittelgrund entspreche auch nicht den Kriterien der Rechtsprechung für eine Verfälschung, sei jedenfalls unbegründet und gehe zudem ins Leere.

56.      Zunächst weist die Kommission darauf hin, dass Orange nur die Rn. 169 bis 173 des angefochtenen Urteils angreife, nicht aber die Rn. 162, 163, 166 und 167, denen zufolge die Leitlinien (von 2006) nicht verlangten, dass die Kommission die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung berücksichtige, um die Geldbußen festzusetzen, und auch nicht die Rn. 176 bis 187, in denen das Gericht die Verhältnismäßigkeit der Geldbuße geprüft habe. Diese Punkte reichten aus, um das Ergebnis des Gerichts zu tragen, weil das Vorbringen von Orange ins Leere gehe.

57.      Was die gerügte Verfälschung des streitigen Beschlusses betrifft, macht die Kommission geltend, der letzte Satz von Rn. 169 des angefochtenen Urteils sei im Zusammenhang mit den vorausgehenden und nachfolgenden Randnummern zu lesen, die sich mit der Art der Zuwiderhandlung, ihrem räumlichen Umfang, den von Orange gehaltenen Marktanteilen, der Umsetzung der Zuwiderhandlung, dem Ziel von Orange, den Wettbewerb zu verdrängen, und dem Umstand befassten, dass Orange sich der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst gewesen sei, sowie im Zusammenhang mit den Erwägungen in dem Teil des streitigen Beschlusses, der der Berechnung der Geldbuße gewidmet sei. Nach der Rechtsprechung sei die Kommission berechtigt gewesen, sich nur auf diese Gesichtspunkte zu stützen, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass ein Schwerefaktor von 10 % des betroffenen Umsatzes angemessen sei. Außerdem sei der letzte Satz des 902. Erwägungsgrundes allgemein und abstrakt formuliert, weil er die Eignung des missbräuchlichen Verhaltens von Orange betreffe, den Wettbewerb und daher die Verbraucher zu schädigen. In Anbetracht dessen löse sich der vermeintliche Widerspruch zwischen den Rn. 169 bis 171 des angefochtenen Urteils einerseits und dessen Rn. 182 andererseits auf.

58.      Außerdem verkenne das Vorbringen von Orange den Unterschied zwischen den wahrscheinlichen Auswirkungen eines missbräuchlichen Verhaltens und seinen konkreten Auswirkungen auf den Markt. Die Verhaltensweisen von Orange hätten tatsächlich vorgelegen, und ihre Intensität in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht sei in den Rn. 124 ff. des angefochtenen Urteils festgestellt worden, die Orange nicht angreife.

59.      Eine Erhöhung der Preise sowie eine Beschränkung der Auswahl und der Zahl neuartiger Produkte seien Beispiele für die Art nachteiliger Auswirkungen, die mit missbräuchlichen Ausschlusspraktiken wie den Orange zur Last gelegten einhergingen, und Orange habe nicht bestritten, dass ihr Verhalten geeignet gewesen sei, eine Ausschlusswirkung auf Wettbewerber herbeizuführen.

60.      Außerdem müsse ein missbräuchliches Verhalten, das Wettbewerber verdrängen könne und in die Tat umgesetzt werde, logischerweise den Wettbewerb verfälschen und damit die Verbraucher schädigen. Folglich stelle die vom Gericht in Rn. 169 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung zu dem allein angegriffenen Satz des 902. Erwägungsgrundes des streitigen Beschlusses keinerlei Verfälschung dar. Auf die Frage, ob dieser letzte Satz ein Redaktionsversehen enthalte, komme es nicht an, weil das Gericht zu dem zutreffenden Schluss gekommen sei, dass die Kommission die Berechnung der Geldbuße im streitigen Beschluss nicht auf die tatsächlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung gestützt habe.

61.      Auch das Vorbringen von Orange, im streitigen Beschluss seien bei der Prüfung der Art der Zuwiderhandlung die wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung berücksichtigt worden, sei nicht stichhaltig. Nur hilfsweise für den Fall, dass das Gericht der Ansicht sein sollte, dass Auswirkungen berücksichtigt worden seien – quod non –, habe die Kommission angegeben, dass es sich dann um wahrscheinliche und nicht um tatsächliche Auswirkungen gehandelt hätte. Unter Hinweis auf die Rn. 11, 112 und 166 bis 170 des angefochtenen Urteils ist die Kommission der Ansicht, dass das Gericht den streitigen Beschluss nicht durch die in Rn. 171 dieses Urteils getroffene Feststellung verfälscht habe, die Kommission habe die wahrscheinlichen Auswirkungen bei der zur Festsetzung der Geldbuße vorgenommenen Beurteilung der Schwere des missbräuchlichen Verhaltens von Orange unberücksichtigt gelassen. Die Schlussfolgerung in Rn. 169 des angefochtenen Urteils sei ihrerseits in Anbetracht der im streitigen Beschluss dargelegten Erwägungen richtig.

62.      Was die Rüge eines Rechtsfehlers und eines Verstoßes gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Rahmen der Würdigung der von Orange vorgelegten Beweise betreffe, sei dieses Vorbringen hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen zurückzuweisen, weil das Gericht in dem angefochtenen Urteil zu Recht davon ausgegangen sei, dass diese bei der Festsetzung der Geldbuße nicht berücksichtigt worden seien. Was die wahrscheinlichen Auswirkungen betreffe, habe Orange vor dem Gericht nur deren Umfang bestritten. Die insoweit im Rahmen des Rechtsmittels vorgebrachten Argumente seien unzulässig, weil sie sich auf Tatsachen bezögen, ohne dass deren Verfälschung behauptet werde. Diese Argumente seien auch nicht stichhaltig: Da das Gericht zu Recht festgestellt habe, dass die Kommission sich bei der Ermittlung der Schwere der Zuwiderhandlung nicht speziell auf deren wahrscheinliche Auswirkungen gestützt habe, sei es nicht verpflichtet gewesen, auf die von Orange vorgetragenen Gesichtspunkte einzugehen.

63.      Für den Fall, dass der Gerichtshof im Gegensatz zum Gericht der Auffassung sein sollte, dass die Auswirkungen der Zuwiderhandlung bei der Festsetzung der Geldbuße berücksichtigt worden seien, macht die Kommission geltend, der streitige Beschluss sei in vollem Umfang aufrechtzuerhalten. Die konkreten Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt seien als hinreichend nachgewiesen anzusehen, wenn die Kommission in der Lage sei, konkrete und glaubhafte Indizien dafür vorzulegen, dass die Zuwiderhandlung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Auswirkungen auf den Markt gehabt habe. Im vorliegenden Fall habe die Kommission in Abschnitt 4.4 des Titels 10 des streitigen Beschlusses diesen Nachweis erbracht. Außerdem sei das Vorbringen in der Rechtsmittelschrift, das von der Kommission begangene Fehler bei der Feststellung der wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung aufzeigen solle, nicht erheblich, weil es das Vorliegen konkreter Auswirkungen betreffe.

64.      Die PIIT unterstützt das Vorbringen von Orange. Sie macht außerdem geltend, die Kommission habe bei ihrer Beurteilung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung gravierende Fehler begangen, indem sie den regulatorischen und historischen Kontext der Breitbandentwicklung in Polen nicht gebührend berücksichtigt habe, was ihre Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung verfälscht habe. Das Gericht habe es unterlassen, diese Fehler zu ahnden.

65.      Die ECTA ist der Ansicht, das Gericht habe den streitigen Beschluss nicht verfälscht, und argumentiert auf der gleichen Linie wie die Kommission.

2.      Würdigung

66.      Der Teil des streitigen Beschlusses, dessen Verfälschung Orange rügt, ist der letzte Satz seines 902. Erwägungsgrundes, der sich in dem Abschnitt des Beschlusses befindet, der der Festsetzung des Grundbetrags der Geldbuße gewidmet ist, genauer gesagt in dem Unterabschnitt, in dem die Kommission die Art der Zuwiderhandlung beurteilt, um deren Schwere zu bestimmen.

67.      Dieser Erwägungsgrund lautet wie folgt: „Im Abschnitt VIII.1 ist auch beschrieben worden, dass das Verhalten von [Orange] Teil eines missbräuchlichen Verhaltens ist, das darauf abzielt, die Wettbewerber auf dem Endkundenmarkt auszuschließen oder zumindest ihren Markteintritt und/oder ihre Ausdehnung auf diesem Markt zu verzögern. Wie im 892. Erwägungsgrund angegeben, war [Orange] sich der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens bewusst. Dies wirkt sich nachteilig auf den Wettbewerb und auf die Verbraucher aus, die höhere Preise, eine geringere Auswahl und eine eingeschränkte Verfügbarkeit innovativer Breitbandprodukte hinnehmen mussten.“

68.      Ich verstehe nicht, warum das Gericht nicht anerkannt hat, dass die Kommission sich in diesem letzten Satz auf die Auswirkungen der Zuwiderhandlung auf den Markt bezogen hat, insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie ihre Feststellung eines Missbrauchs auf wahrscheinliche Auswirkungen auf den Wettbewerb und die Verbraucher gestützt hat, denen sie nicht weniger als 60 Erwägungsgründe des streitigen Beschlusses gewidmet hat.

69.      Außerdem ist der vom Gericht in Rn. 170 des angefochtenen Urteils angeführte Grund für den Ausschluss einer solchen Auslegung, nämlich der Umstand, dass dieser letzte Satz keinen Hinweis auf diesen Abschnitt(13) des streitigen Beschlusses enthalte, meines Erachtens besonders schwach und nicht überzeugend.

70.      Dies vorausgeschickt, bin ich der Auffassung, dass der – mit einem Verstoß gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verbundene – hauptsächliche Rechtsfehler, den das Gericht in dem angefochtenen Urteil begangen hat, seine Weigerung war, zu beurteilen, ob die Kommission die Auswirkungen der Zuwiderhandlung korrekt festgestellt hat, oder die von Orange hierzu vorgetragenen Argumente überhaupt zu prüfen. Soweit Orange behauptet hat, die Kommission habe sich zur Berechnung der Geldbuße auf die tatsächlichen oder gar nur wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung gestützt, hätte das Gericht diesem Vorbringen – statt es einfach als „ins Leere gehend“ zurückzuweisen – nachgehen und prüfen müssen, ob der streitige Beschluss konkrete, glaubhafte und ausreichende Anhaltspunkte für diese Auswirkungen enthielt, was es offenkundig nicht getan hat.

71.      Dies umso mehr, als Orange vor dem Gericht Umstände angeführt hat, die dartun sollten, dass der Ansatz der Kommission fehlerhaft gewesen sei. Diese Umstände, die Orange in ihrer Rechtsmittelschrift erneut erläutert, sind vom Gericht nicht berücksichtigt worden.

72.      Da die Große Kammer des Gerichtshofs inzwischen am 6. September 2017 das Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) erlassen hat, empfiehlt es sich meines Erachtens, dieses Urteil auszulegen, soweit es für die vorliegende Rechtssache relevant ist.

73.      Kurz zusammengefasst, ist das Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) auf ein Rechtsmittel gegen ein Urteil ergangen, in dem das Gericht entschieden hatte, dass bedingte Rabatte und andere Beschränkungen mit Verdrängungswirkung einen Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellten und gegen Art. 102 AEUV verstießen. Der Gerichtshof hat das Urteil des Gerichts aufgehoben, weil er der Auffassung war, dass das Gericht die Eignung der in Rede stehenden Treuerabatte, den Wettbewerb zu beschränken (im Folgenden: Eignung zur Beschränkung) nicht ordnungsgemäß geprüft habe. Der Gerichtshof hat entschieden, dass die Eignung zur Beschränkung anhand sämtlicher Umstände hätte untersucht werden müssen, einschließlich der Prüfung aller gegenteiligen Argumente und aller Gegenbeweise, die das verfolgte Unternehmen vorgebracht hatte, um die Schlussfolgerungen der Kommission anzugreifen.

74.      Nach einem Hinweis auf seine Rechtsprechung (Urteil vom 13. Februar 1979, Hoffmann-La Roche/Kommission, 85/76, EU:C:1979:36, Rn. 89) in Rn. 137 dieses Urteils stellt der Gerichtshof in Rn. 138 klar, dass „[d]iese Rechtsprechung … jedoch der Konkretisierung für den Fall [bedarf], dass das betroffene Unternehmen im Verwaltungsverfahren, gestützt auf Beweise, geltend macht, dass sein Verhalten nicht geeignet gewesen sei, den Wettbewerb zu beschränken und insbesondere die beanstandeten Verdrängungswirkungen zu erzeugen“ (Hervorhebung nur hier).

75.      Wenn dies der Fall ist, ist die Kommission der folgenden Randnummer (139) zufolge „nicht nur verpflichtet, das Ausmaß der beherrschenden Stellung des Unternehmens auf dem maßgeblichen Markt und den Umfang der Markterfassung durch die beanstandete Praxis sowie die Bedingungen und Modalitäten der in Rede stehenden Rabattgewährung, die Dauer und die Höhe dieser Rabatte zu prüfen, sondern sie ist außerdem verpflichtet, das Vorliegen einer eventuellen Strategie zur Verdrängung der mindestens ebenso leistungsfähigen Wettbewerber zu prüfen (vgl. entsprechend Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 29)“.

76.      Nach meiner Auffassung handelt es sich keineswegs um ein ausschließlich verfahrensrechtliches Erfordernis.

77.      Ferner ist nach Rn. 133 dieses Urteils „darauf hinzuweisen, dass Art. 102 AEUV keineswegs zum Ziel hat, zu verhindern, dass ein Unternehmen auf einem Markt aus eigener Kraft eine beherrschende Stellung einnimmt. Ebenso wenig soll diese Vorschrift gewährleisten, dass sich Wettbewerber, die weniger effizient als das Unternehmen in beherrschender Stellung sind, weiterhin auf dem Markt halten (vgl. u. a. Urteil vom 27. März 2012, Post Danmark, C‑209/10, EU:C:2012:172, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung)“(14).

78.      Jedenfalls ergibt sich aus dem Vorstehenden, soweit es für das vorliegende Rechtsmittel von Belang ist, meiner Ansicht nach, dass das Gericht, das mit einem Beschluss befasst ist, in dem die Kommission einen Missbrauch feststellt und die Eignung des Verhaltens prüft, einen Wettbewerber zu verdrängen oder auf andere Weise den Wettbewerb und die Verbraucher zu behindern oder zu beeinträchtigen, notwendigerweise sämtliche Argumente der Klägerin zu prüfen hat, mit denen die Gültigkeit der Feststellungen der Kommission zur Eignung der in Rede stehenden Praxis, den Wettbewerb zu behindern, in Frage gestellt werden soll.

79.      Die vom Gerichtshof im Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) aufgestellten Grundsätze für die Beurteilung der Eignung zur Beschränkung einer missbräuchlichen Praxis gelten mit anderen Worten nicht nur dann, wenn die Feststellung einer Zuwiderhandlung dem Grunde nach angegriffen wird (wie in der Rechtssache, die zu dem genannten Urteil geführt hat), sondern auch, wenn es darum geht, die Art und die Schwere der Zuwiderhandlung zu beurteilen, um die Höhe der Geldbuße zu bestimmen (wie im vorliegenden Rechtsmittelverfahren).

80.      Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist das Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) daher entsprechend auf die Berechnung des Grundbetrags der in Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehenen Sanktion zu übertragen.

81.      Während die Kommission nämlich, worauf die Rechtslehre hinweist, in Kartellsachen nicht verpflichtet ist, bei der Berechnung der Geldbuße die Auswirkungen der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen, muss der Ansatz im Fall des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung notwendigerweise ein anderer sein, so dass er sich nicht auf einfache „Daumenregeln“(15) oder „allgemein[e] und abstrakt[e]“ Erwägungen stützen kann (Rn. 169 des angefochtenen Urteils).

82.      Zwar verfügt die Kommission bei der Bemessung von Geldbußen über einen Wertungsspielraum(16), aber dieser Spielraum kann nicht unbegrenzt sein. Bei dieser Bemessung müssen einige Grundsätze beachtet werden, u. a. die Grundsätze der Gleichbehandlung und der Verhältnismäßigkeit, weil andernfalls ein zu weiter Wertungsspielraum zur Rechtsunsicherheit führen würde. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit setzt dem Wertungsspielraum der Kommission bei der Festsetzung von Geldbußen nämlich deutliche Grenzen.

83.      In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, EU:C:2004:415, Nrn. 129, 130 und 132) hat Generalanwalt Tizzano bereits auf die Notwendigkeit hingewiesen, einige Gefahren auszuschließen. Ich möchte daraus zwei Passagen zitieren: „Ich gebe … zu bedenken, dass die Berechnungsmethode der Kommission [in der genannten Rechtssache], wie die vorstehende Prüfung gezeigt hat, einige Gefahren unter dem Aspekt der Billigkeit des Systems in sich birgt“ (Nr. 129) und „Es dürfte nämlich nicht völlig mit den Erfordernissen einer Individualisierung und Abstufung von ‚Bußen‘ – es sind dies zwei Kernstücke jedes Sanktionssystems sowohl straf- als auch verwaltungsrechtlicher Art – in Einklang stehen, wenn, wie in den vorliegenden Fällen, ein Teil der Berechnungsvorgänge im Wesentlichen formaler und abstrakter Art ist und daher keinen konkreten Niederschlag im Endbetrag der Geldbuße findet [hierzu weise ich auf den in Rn. 169 des angefochtenen Urteils erwähnten ‚allgemein[en] und abstrakt[en]‘ Ansatz hin]. Ferner ist zu bedenken, dass aus demselben Grund das mit den Leitlinien verfolgte Ziel einer größeren Transparenz gegebenenfalls nicht in vollem Umfang erreicht werden kann“ (Nr. 130, Hervorhebung nur hier). Generalanwalt Tizzano fügt dem hinzu, es sei fraglich, ob die Geldbußen unter diesen Umständen noch im Einklang mit allgemeinen Angemessenheits- und Billigkeitserfordernissen stünden (Nr. 133).

84.      Außerdem muss das Ermessen, über das die Kommission bei Geldbußen verfügt, in den Grenzen (und entsprechend den Erfordernissen) der Verordnung Nr. 1/2003 und insbesondere ihres Art. 23 Abs. 3 ausgeübt werden: „Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen“ (Hervorhebung nur hier), gleichgültig, ob es darum geht, die Sanktion zu erhöhen oder herabzusetzen (und dies im Gegensatz zu den Leitlinien von 2006, die eine Berücksichtigung der Auswirkungen der Zuwiderhandlung nur für den Fall der Erhöhung der Geldbuße vorsehen(17).

85.      Diese Aspekte können aber nur von Fall zu Fall unter Berücksichtigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls beurteilt werden und nicht allein auf der Grundlage eines „allgemein[en] und abstrakt[en]“ Ansatzes (Rn. 169 des angefochtenen Urteils)(18).

86.      Die vorstehenden Ausführungen werden durch das Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) insoweit bestätigt, als, erstens, eine missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung im Sinne von Art. 102 AEUV nicht abstrakt festgestellt werden kann, zweitens, eine eingehende Analyse sämtlicher Umstände des Einzelfalls erforderlich ist (Rn. 142 des genannten Urteils) und, drittens, wie Generalanwalt Wahl in seinen Schlussanträgen(19) ausführt, „der Wahrscheinlichkeitsgrad, der bei der Entscheidung verlangt wird, dass das gerügte Verhalten eine missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung darstellt, [‚wahrscheinlich‘ sein muss und nicht nur] auf die bloße theoretische Möglichkeit des Eintritts einer Verdrängungswirkung [hinauslaufen darf], wie dies die Kommission zu meinen scheint“.

87.      Die Ausführungen des Gerichtshofs im Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632), die sich auf die Zuwiderhandlung selbst bezogen, sollten entsprechend für die Prüfung der Art und infolgedessen der Schwere der Zuwiderhandlung im Rahmen der Festsetzung der Geldbuße gelten.

88.      Im vorliegenden Fall hat Orange konkrete Argumente vorgetragen, warum die Art und die Schwere des in Rede stehenden Verhaltens die Höhe der Geldbuße nicht rechtfertigten.

89.      Die Art und somit die Schwere der Zuwiderhandlung hängen weitgehend davon ab, wie sehr diese dazu tendiert, den Wettbewerb auf dem Breitband-Endkundenmarkt in Polen auszuschalten und sich daher nachteilig auf den Wettbewerb und auf die Verbraucher auszuwirken.

90.      Orange weist darauf hin, dass die Kommission im streitigen Beschluss eine eingeschränkte Prüfung ihrer Schadenstheorie vorgenommen habe, indem sie ihre Beurteilung der tatsächlichen oder wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung dargelegt habe. Im Verwaltungsverfahren hat Orange Beweise und Argumente vorgebracht, um die Hauptfehler der Kommission bei der Beurteilung der nachteiligen Auswirkungen aufzuzeigen.

91.      Daraus folgt – wie das Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) bestätigt –, dass das Gericht die Argumente der Klägerin nicht mehr übergehen durfte und im vorliegenden Fall alle Beweise und Argumente hätte prüfen müssen, die Orange vorgebracht hatte, um die Gültigkeit der Schlussfolgerungen der Kommission hinsichtlich der Eignung der in Rede stehenden Praxis zur Beeinträchtigung des Wettbewerbs in Polen in Frage zu stellen.

92.      Im angefochtenen Urteil hat das Gericht es aber abgelehnt, die Klagegründe zu prüfen, mit denen Orange gerügt hat, die Kommission habe die tatsächlichen oder wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung der Klägerin nicht zutreffend beurteilt oder sich bei dieser Beurteilung nicht auf spezifische, glaubhafte und ausreichende Beweise gestützt, die es u. a. gerechtfertigt hätten, für die Berechnung des Grundbetrags der Geldbuße den Schwellenwert von 10 % zugrunde zu legen.

93.      Das Gericht hat die Argumente von Orange insgesamt zurückgewiesen, weil es der Auffassung war, dass die Kommission weder die tatsächlichen noch die wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung berücksichtigt und die Art der Zuwiderhandlung lediglich „allgemein und abstrakt“ geprüft habe, indem es das Verhalten für geeignet angesehen habe, sich nachteilig auf den Wettbewerb und auf die Verbraucher auszuwirken (vgl. Rn. 169 des angefochtenen Urteils), und weil es einen solchen aleatorischen, unpräzisen und hypothetischen Ansatz für ausreichend hielt.

94.      Das Gericht hat daraus auch geschlossen, dass es das Vorbringen der Klägerin zu den gerügten Fehlern der Kommission bei der Beurteilung der tatsächlichen oder wahrscheinlichen wettbewerbsschädigenden Auswirkungen nicht zu prüfen brauche, weil dieses Vorbringen „ins Leere“ gehe (Rn. 173 des angefochtenen Urteils).

95.      Ich finde es (wie Orange) bemerkenswert, dass die Kommission in den Rn. 25 und 26 ihrer Gegenerwiderung die Schlussfolgerungen des Gerichts in Rn. 169 des angefochtenen Urteils unterstützt, indem sie ausführt, dass „… [e]s … somit zu[trifft], dass das Verhalten von Orange geeignet war, sich nachteilig auf den Wettbewerb und auf die Verbraucher auszuwirken. … Ein Fall wie der vorliegende ist naturgemäß mit zumindest wahrscheinlichen wettbewerbsschädigenden Auswirkungen verbunden. … [E]in missbräuchliches Verhalten, das Wettbewerber verdrängen kann und in die Tat umgesetzt wird, führt zwangsläufig zu einer Verfälschung des Wettbewerbs und damit zu einer Schädigung der Verbraucher“ (Hervorhebung nur hier).

96.      Dies lässt den formalistischen Ansatz erkennen, dem die Kommission folgt, um sich ihrer Beweislast auf der bloßen Grundlage von Rückschlüssen und Hypothesen zu entledigen, statt sich auf Nachweise der Auswirkungen zu stützen und die gegenteiligen Erklärungen der betroffenen Partei mit ordnungsgemäßer Begründung zu widerlegen.

97.      Dem Ansatz der Kommission folgend hat das Gericht zum einen nicht überprüft, ob die Kommission die von ihr vorgetragenen Tatsachen, aus denen sie schließt, dass die Zuwiderhandlung den Wettbewerb zu beeinträchtigen geeignet gewesen sei, zutreffend dargestellt hat, und zum anderen, ob sie bei ihrer Einschätzung des Ausmaßes und der Wahrscheinlichkeit der nachteiligen Auswirkungen einen Beurteilungsfehler begangen hat und ob die rechtlichen Schlussfolgerungen, die sie aus diesen Tatsachen gezogen hat, zutreffend waren.

98.      Dieser abstrakte Ansatz läuft den Beweisanforderungen zuwider, auf die Generalanwalt Wahl bereits in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2016:788, Nrn. 114 bis 121) hingewiesen hatte und denen ich mich nur anschließen kann: „[Die] Eignung [zur Beschränkung des Wettbewerbs darf] nicht bloß hypothetisch oder theoretisch möglich sein“, „[m]it der Beurteilung der Eignung soll ermittelt werden, ob das gerügte Verhalten aller Wahrscheinlichkeit nach eine wettbewerbswidrige Verdrängungswirkung hat“, und „die Beurteilung der Eignung im Hinblick auf das der Vermutung nach unzulässige Verhalten [muss] der Feststellung dienen, dass das in Rede stehende Verhalten unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände nicht bloß gemischte Auswirkungen auf den Markt hat, sondern dass tatsächlich beschränkende Wirkungen vorliegen“ (Hervorhebung nur hier).

99.      Ebenso schließe ich mich den Schlussanträgen von Generalanwalt Mazák in der Rechtssache Deutsche Telekom/Kommission (C‑280/08 P, EU:C:2010:212, Nr. 64) und in der Rechtssache TeliaSonera Sverige (C‑52/09, EU:C:2010:483, Nrn. 39 und 40)(20) an, in denen vergleichbare Anforderungen gestellt werden.

100. Ich halte den Ansatz des Gerichts in dem angefochtenen Urteil (wie Orange) für unvereinbar mit der vom Gerichtshof in den Rn. 138 bis 146 des Urteils Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) getroffenen Feststellung, dass die Kommission und sodann auch das Gericht „das gesamte Vorbringen der Klagepartei zu prüfen [hat], mit dem die Richtigkeit der Feststellungen der Kommission zur Verdrängungsfähigkeit des betreffenden [Missbrauchs] in Frage gestellt werden soll“ (Hervorhebung nur hier)(21).

101. Somit entspricht der Ansatz, den das Gericht in dem angefochtenen Urteil vertritt, dem vom Gerichtshof im Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) (wie auch von Generalanwalt Wahl in dieser Rechtssache) beanstandeten Ansatz – so wie dies auch schon in der erstinstanzlichen Rechtssache der Fall war, die zum Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2014:2062), geführt hat und in der ich diesen Ansatz in meinen Schlussanträgen in dieser Rechtssache (C‑295/12 P, EU:C:2013:619) kritisiert habe.

102. Dieser Ansatz läuft auch Ziff. 20 der Leitlinien von 2006 zuwider, nach der „[d]ie Schwere der Zuwiderhandlung … in jedem Einzelfall unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände beurteilt [wird]“(22).

103. Die Weigerung des Gerichts, die von Orange vorgebrachten Argumente und Beweise vollständig und eingehend zu prüfen, kommt der Unterlassung einer angemessenen und vollständigen Überwachung der Rechtmäßigkeit des streitigen Beschlusses gemäß Art. 263 AEUV gleich(23).

104. Außerdem hat das Gericht das Kriterium der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße im Hinblick auf die Art und damit auf die Schwere der Zuwiderhandlung fehlerhaft angewandt und Orange folglich um einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gebracht.

105. Eine Geldbuße kann nämlich nicht als verhältnismäßig angesehen werden, wenn die im streitigen Beschluss beschriebenen Faktoren, die ihre Höhe bestimmen (vor allem, wenn es um die Art und damit um die Schwere der Zuwiderhandlung geht), vom Gericht nicht ordnungsgemäß geprüft worden sind(24), wobei das Gericht diese Kontrolle nicht auf die Konformität mit den Leitlinien beschränken darf und die Angemessenheit der Sanktion selbst prüfen muss(25).

106. Im Urteil Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2017:632) hat der Gerichtshof sehr deutlich darauf hingewiesen, dass selbst ein Verhalten, das als wettbewerbsrechtlich bedenklich angesehen werden kann, nicht als solches geahndet werden darf.

107. Dies vorausgeschickt, ist es durchaus möglich, dass die Kommission im vorliegenden Fall letztlich obsiegen kann, aber nicht, bevor das Gericht die von Orange im Rahmen des zweiten Teils des dritten Klagegrundes vorgetragenen Argumente geprüft hat.

108. Folglich halte ich den zweiten Rechtsmittelgrund für begründet. Daher ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur Prüfung der Argumente von Orange an das Gericht zurückzuverweisen.

C.      Dritter Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler und Verfälschung des Akteninhalts, weil die von Orange getätigten Investitionen nicht als mildernder Umstand berücksichtigt worden seien

1.      Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien

109. Orange macht geltend, mit der Zurückweisung ihres Vorbringens, dass ihre Investitionen zur Verbesserung des leitungsgebundenen Breitbandnetzes in Polen von der Kommission als mildernder Umstand hätte eingestuft werden müssen, habe das Gericht den Akteninhalt verfälscht und mehrere Rechtsfehler und/oder offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, von denen jeder einzelne zu einer Herabsetzung der Geldbuße habe führen müssen.

110. Erstens habe das Gericht am Ende von Rn. 208 des angefochtenen Urteils das im 915. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses angeführte Argument der Kommission zu Recht zurückgewiesen, indem es entschieden habe, dass es für die Einstufung als mildernder Umstand gleichgültig sei, ob diese Investitionen die Art der Zuwiderhandlung änderten oder nicht. In den Rn. 192 bis 209 des angefochtenen Urteils sei das Gericht aber von der im streitigen Beschluss gegebenen Begründung dafür, dass diese Investitionen nicht als mildernder Umstand einzustufen seien, abgewichen und habe sie durch seine eigene Argumentation ersetzt. Damit habe es gegen die Regel verstoßen, nach der das Gericht im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle gemäß Art. 263 AEUV die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung nicht durch seine eigene ersetzen könne.

111. Zweitens habe das Gericht einen Rechtsfehler und/oder einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem es entschieden habe, dass die in Rede stehenden Investitionen nicht als Maßnahme zur Heilung qualifiziert werden könnten. Zum einen könne, anders als in den Rn. 199 bis 201 des angefochtenen Urteils entschieden worden sei, aus dem Urteil vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission (T‑13/03, EU:T:2009:131), sowie aus den Entscheidungen der nationalen Wettbewerbsbehörden abgeleitet werden, dass der Begriff der Heilung positive Auswirkungen eher sachlicher als finanzieller Art umfassen könne, auch wenn sie nur mittelbar seien. Art. 18 Abs. 3 der Richtlinie 2014/104 bestätige das. Zum anderen sei es im vorliegenden Fall nicht möglich gewesen, die unmittelbar heilenden Maßnahmen präzise und effektiv zu quantifizieren und zuzuordnen. So hätten, obwohl Orange die in Rede stehenden Investitionen, deren Umfang und positive Auswirkungen vom UKE und von den AB anerkannt worden seien, nicht einseitig getätigt habe, nur wenige Personen Schadensersatz erhalten. Außerdem habe das Gericht in den Rn. 204 bis 206 des angefochtenen Urteils zu Unrecht entschieden, dass diese positiven Auswirkungen der Vereinbarung mit dem UKE und nicht den genannten Investitionen zuzuschreiben seien.

112. Drittens habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen und den Akteninhalt verfälscht, indem es in Rn. 202 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen sei, dass Beweggrund für die Investitionen der Wunsch von Orange gewesen sei, die vom UKE ins Auge gefasste funktionale Trennung zu verhindern. In den Schriftsätzen oder im streitigen Beschluss sei keines der Argumente erwähnt, die die Beweggründe von Orange für den Abschluss der Vereinbarung mit dem UKE beträfen, und abgesehen davon, dass das Gericht eine unzulässige Auswechslung der Begründung vorgenommen, gegen die Billigkeit verstoßen und die Verteidigungsrechte verletzt habe, sei es auch nicht befugt gewesen, die Argumentation der Kommission durch seine eigene zu ersetzen. Außerdem seien diese Investitionen freiwillig gewesen, wie die Kommission im 140. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses selbst anerkannt habe.

113. Viertens sei das Gericht in Rn. 203 des angefochtenen Urteils zu Unrecht davon ausgegangen, dass die in Rede stehenden Investitionen „zum normalen Geschäftsleben“ gehörten. Diese Aussage stehe im Widerspruch zu der Feststellung in Rn. 202 dieses Urteils, weil dieselben Investitionen nicht gleichzeitig Resultat eines drohenden Eingriffs der Regulierungsbehörde und Bestandteil des normalen Geschäftslebens sein könnten. Jedenfalls seien diese Investitionen nicht unter Renditegesichtspunkten getätigt worden, da einige von ihnen wirtschaftlich nicht rentabel gewesen seien, sondern um den Schaden der Opfer des rechtswidrigen Verhaltens wiedergutzumachen.

114. Im Übrigen stellten mildernde Umstände keine geschlossene Kategorie dar, und das Fehlen eines Präzedenzfalls in der Rechtsprechung sei kein Hinderungsgrund, das Vorliegen eines mildernden Umstands anzuerkennen.

115. Die Kommission macht geltend, der vorliegende Rechtsmittelgrund sei als ins Leere gehend und/oder als unzulässig zurückzuweisen.

116. Außerdem sei der vorliegende Rechtsmittelgrund nicht stichhaltig, weil Orange nicht dargetan habe, dass das Gericht aufgrund des geltenden rechtlichen Rahmens verpflichtet gewesen sei, die in Rede stehenden Investitionen als Maßnahme zur Heilung anzusehen.

117. Erstens verfüge die Kommission bei der Bemessung des Umfangs einer möglichen Herabsetzung der Geldbuße wegen mildernder Umstände über einen Ermessensspielraum.

118. Zweitens habe das Gericht sich nicht auf „neue Gründe zur Rechtfertigung der Weigerung der Kommission“, die Geldbuße herabzusetzen, gestützt.

119. Drittens ergebe sich die Feststellung des Gerichts, Beweggrund für die Investitionen sei der Wunsch gewesen, regulatorische Sanktionen zu verhindern, aus seiner Prüfung von Beweismitteln in Bezug auf eine drohende funktionale Trennung, auf die sich die Kommission im streitigen Beschluss berufen habe. Das Gericht sei weder zu dem Ergebnis gelangt, dass die Gefahr einer funktionalen Trennung der einzige Beweggrund für den Abschluss der Vereinbarung mit dem UKE gewesen sei, noch habe es die Freiwilligkeit dieser Investitionen verneint.

120. Viertens habe das Gericht mit seiner Erwägung, die Investitionen und ihre möglichen positiven Auswirkungen seien Bestandteil der mit dem UKE getroffenen Vereinbarung gewesen, keinen Fehler begangen.

121. Die PIIT macht – ebenso wie Orange – geltend, dass die in Rede stehenden Investitionen naturgemäß Abhilfe schüfen, wie sich dies aus den Tatsachen ergebe, die sie in ihrer beim Gericht eingereichten Stellungnahme dargelegt habe. Folglich habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es diese Investitionen nicht als mildernden Umstand berücksichtigt habe. Außerdem habe es die von der PIIT vorgelegten Beweise fehlerhaft gewürdigt und ihren Inhalt verfälscht, insbesondere durch seine Ausführungen in Rn. 204 des angefochtenen Urteils, denen zufolge die von der PIIT in ihrem Streithilfeschriftsatz vorgetragenen Ansichten durch die diesem Schriftsatz beigefügten Anlagen widerlegt würden. Auch habe es in Rn. 206 des angefochtenen Urteils zu Unrecht festgestellt, dass die positiven Auswirkungen für die AB und die Endkunden ausschließlich der Vereinbarung mit dem UKE und nicht diesen Investitionen zuzuschreiben seien.

122. Das Vorbringen der ECTA entspricht im Wesentlichen dem der Kommission.

2.      Würdigung

123. Nach meiner Auffassung ist der Rechtsmittelgrund unzulässig, weil Orange in Wirklichkeit die Tatsachenwürdigung des Gerichts angreift und den Gerichtshof ersucht, die vom Gericht festgestellten Tatsachen erneut zu prüfen.

124. Orange beanstandet nämlich die Feststellungen des Gerichts zu ihren Beweggründen für die von ihr vorgenommenen Investitionen, zu deren Art und zu deren möglichen Folgen. Bei allen diesen Umständen handelt es sich um Tatsachen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs fällt „eine … Tatsachenfeststellung unter die Befugnis zur freien Würdigung des Sachverhalts, die allein dem Gericht zusteht, an dessen Stelle sich der Gerichtshof im Rahmen der von ihm ausgeübten Kontrolle nicht setzen kann“ (Beschluss vom 15. Juni 2012, Otis Luxembourg u. a./Kommission, C‑494/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:356, Rn. 48).

125. Außerdem halte ich diesen Rechtsmittelgrund für nicht stichhaltig.

126. Das Gericht kann zwar im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV alle ihm von den Parteien vorgelegten Beweise prüfen und verwerten(26), aber nach ständiger Rechtsprechung dürfen die Unionsgerichte im Rahmen dieser Kontrolle die vom Urheber der angefochtenen Handlung gegebene Begründung nicht durch ihre eigene ersetzen(27).

127. Hingegen ist der Unionsrichter, wenn er seine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung ausübt, über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Zwangsmaßnahme hinaus befugt, im Hinblick auf die Festsetzung des Betrags dieser Zwangsmaßnahme die Beurteilung des Urhebers des Rechtsakts, in dem der Betrag dieser Zwangsmaßnahme ursprünglich festgelegt wurde, durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen; allerdings ist der Umfang dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung strikt auf die Festsetzung des Betrags der Geldbuße beschränkt(28).

128. Von diesen Grundsätzen ausgehend stimme ich den Schlussfolgerungen des Gerichts zu.

129. Das Gericht hat sich hier nämlich auf seine eigene Beurteilung des streitigen Beschlusses sowie auf die im Verfahren von den Parteien eingereichten Stellungnahmen gestützt(29). Diese Feststellungen hat es als Antwort auf das Vorbringen von Orange getroffen, die sich auf eben diese Rechtssachen berufen hat. Orange kann daher nicht geltend machen, dass das Gericht die Begründung der Kommission insoweit durch seine eigene ersetzt habe.

130. Ferner hat das Gericht seine Schlussfolgerung, Beweggrund für die Investitionen sei der Wunsch gewesen, Sanktionen wie die funktionale Trennung zu verhindern, eindeutig auf eine Reihe von Beweisen gestützt, die im streitigen Beschluss angeführt waren(30). Orange kannte diese Beweise und hat sie nie bestritten.

131. Was zudem die Feststellung des Gerichts betrifft, nach der die in Rede stehenden Investitionen „zum normalen Geschäftsleben“ gehörten und „im Hinblick auf eine Rendite“ erfolgten, kann nicht geltend gemacht werden, dass das Gericht die Begründung der Kommission durch seine eigene ersetzt habe. Bei der Ausübung seiner Kontrolle, ob die Kommission einen Fehler begangen hat, hat das Gericht im Gegenteil auf die von Orange vorgetragenen Argumente geantwortet, und zwar auch im Licht der von den Parteien vorgelegten Beweismittel. Sowohl die Erwiderung der Kommission (Rn. 133) als auch die Gegenerwiderung (Rn. 64) enthalten Anhaltspunkte, die das Gericht in die Lage versetzten, die Argumente der Klägerin zurückzuweisen und zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Orange die Investitionen in Wirklichkeit in ihrem eigenen Interesse getätigt habe. Außerdem enthält der streitige Beschluss eine Reihe von Gesichtspunkten, die die Bedeutung beständiger Investitionsanstrengungen im Telekommunikationssektor (807. Erwägungsgrund des streitigen Beschlusses) sowie allgemeine Investitionsanreize (Größenvorteile) für Orange (661. Erwägungsgrund) aufzeigen.

132. Schließlich bin ich (wie die Kommission) der Ansicht, dass das Gericht sich nicht auf „neue Gründe zur Rechtfertigung der Weigerung der Kommission“, die Geldbuße herabzusetzen, gestützt hat. Alle vom Gericht geprüften Gesichtspunkte sowie alle angeführten Gründe dafür, die in Rede stehenden Investitionen nicht als mildernden Umstand einzustufen, haben sich aus den bei ihm eingereichten Stellungnahmen und aus dem streitigen Beschluss ergeben. Außerdem hat das Gericht mit seiner Entscheidung, die Geldbuße nicht abzuändern, lediglich seine Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung ausgeübt.

133. Im Gegensatz zum Vorbringen von Orange ist das Gericht in den Rn. 204 bis 206 des angefochtenen Urteils auch nicht zu dem Schluss gekommen, dass den in Rede stehenden Investitionen keine positiven Auswirkungen zuzuschreiben seien. Auf der Grundlage seiner eigenen Prüfung der von der Kommission verwerteten Unterlagen hat das Gericht nämlich festgestellt, dass einige dieser Unterlagen bestätigt hätten, dass die positiven Auswirkungen der Investitionen sowohl von den AB als auch vom UKE anerkannt worden seien. Ferner hat das Gericht in Rn. 203 des angefochtenen Urteils die Möglichkeit einer Reihe mittelbarer Vorteile für die Endnutzer und die AB anerkannt. Es war jedoch der Auffassung, diese positiven Auswirkungen seien nicht geeignet, die Beurteilung der Kommission, die ihrer Weigerung zugrunde lag, Orange mildernde Umstände zuzubilligen, als fehlerhaft erscheinen zu lassen oder jedenfalls eine Herabsetzung der Geldbuße aus diesem Grund zu rechtfertigen – was etwas grundlegend anderes ist als die Nichtanerkennung positiver Auswirkungen.

134. Nach Ansicht von Orange (Rn. 64 der Rechtsmittelschrift) sind der Rechtsfehler und der offensichtliche Fehler der Beurteilung der mildernden Umstände mit der Schlussfolgerung verbunden, dass, erstens, nur eine unmittelbare finanzielle Entschädigung eine heilende Maßnahme sein könne und, zweitens, die in Rede stehenden Investitionen nicht dazu bestimmt gewesen seien, Dritte zu entschädigen.

135. Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschließen. Erstens geben die Leitlinien nach ständiger Unionsrechtsprechung nicht zwingend vor, welche mildernden Umstände von der Kommission berücksichtigt werden müssen. Folglich verbleibt der Kommission ein gewisser Spielraum, um im Wege einer Gesamtwürdigung über die Höhe einer etwaigen Herabsetzung der Geldbußen wegen mildernder Umstände zu entscheiden(31). Somit enthalten die Leitlinien von 2006 eine nicht abschließende Liste der Faktoren, die die Kommission als mildernde Umstände berücksichtigen kann.

136. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass Beschlüsse der Kommission, in denen sie mildernde Umstände berücksichtigt, um den Grundbetrag der Geldbuße herabzusetzen, in zunehmendem Maße eine Ausnahme bilden, vor allem seit dem Erlass der Leitlinien von 2006(32).

137. Zweitens haben die Unionsgerichte und die Kommission noch nie anerkannt, dass Investitionen wie die hier in Rede stehenden als mildernde Umstände angesehen werden können, die eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen.

138. In seinem einzigen Urteil, das die Möglichkeit einer Herabsetzung der Geldbuße wegen geleisteter Ausgleichszahlungen betraf(33), hat das Gericht mit Rücksicht auf außergewöhnliche Umstände die Berücksichtigung „des finanziellen Ausgleichs, den [das in Rede stehende Unternehmen] den durch die [Zuwiderhandlung] Geschädigten gezahlt hatte, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte ermittelt worden waren“, gebilligt.

139. In dieser Rechtssache hatte die Kommission die gegen Nintendo verhängte Geldbuße um 300 000 Euro herabgesetzt, um den finanziellen Ausgleich in Höhe von insgesamt 375 000 Euro zu berücksichtigen, den Nintendo gegenüber den Dritten erbracht hatte, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als durch die Zuwiderhandlungen finanziell geschädigt benannt worden waren(34). In dieser Hinsicht ist auch die Rechtssache Independent Schools (Entscheidung der Wettbewerbsbehörde des Vereinigten Königreichs vom 20. November 2006 in der Sache CA 98/05/2006) relevant, auf die das Gericht in Rn. 201 des angefochtenen Urteils hingewiesen hat.

140. Ferner gibt es in der Entscheidungspraxis der Kommission bis zum heutigen Tag keinen Hinweis auf einen milderen Ansatz. Insbesondere hat die Kommission in ihrer Entscheidung in der Sache „Fernwärmetechnik-Kartell“(35) beschlossen, die gegen einen der Kartellbeteiligten verhängte Geldbuße wegen der „beträchtlichen Entschädigung“ herabzusetzen, die dieser an das Unternehmen gezahlt hat, das in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als dasjenige Unternehmen ermittelt worden war, gegen das die Urheber der Zuwiderhandlung aufeinander abgestimmte Schritte unternommen hatten, um sein Geschäft zu schädigen, seine Tätigkeit auf das Gebiet eines Mitgliedstaats zu begrenzen oder es ganz aus dem Markt zu drängen.

141. Schließlich standen die in Rede stehenden Investitionen, wie die Kommission ausführt, in keinem Zusammenhang mit der Zuwiderhandlung und dienten nicht dem Ausgleich möglicher Schäden der AB und der Endnutzer.

142. Meines Erachtens wird man dieses Szenario nicht kategorisch ausschließen können, aber das ändert nichts daran, dass die abschreckende Wirkung von Geldbußen beeinträchtigt würde, wenn die von einem Unternehmen in beherrschender Stellung nach der Zuwiderhandlung getätigten Investitionen in seine eigene Infrastruktur „automatisch“ als mildernder Umstand einzustufen wären.

143. Wie die Kommission ausführt, bestätigt Art. 18 Abs. 3 der Richtlinie 2014/104 nur, dass die Wettbewerbsbehörden über einen Ermessensspielraum verfügen, soweit es darum geht, unmittelbar an die Geschädigten geleistete Schadensersatzzahlungen als mildernde Umstände zu berücksichtigen, und dass insoweit grundsätzlich allein ein unmittelbar an die geschädigte Partei gezahlter Schadensersatz berücksichtigt werden kann.

144. Schließlich hat das Gericht fehlerfrei angenommen, dass die Investitionen und ihre möglichen positiven Auswirkungen Bestandteil der mit dem UKE getroffenen Vereinbarung waren. Außerdem durfte es aufgrund der ihm vorgelegten Beweise zu Recht davon ausgehen, dass diese Investitionen selbst dann, wenn sie die von Orange geltend gemachten zusätzlichen positiven Auswirkungen gehabt haben sollten, keine Ersatzleistungen waren, die die Kommission hätte berücksichtigen können.

145. Folglich ist dieser dritte Rechtsmittelgrund als unzulässig und jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

IV.    Kosten

146. Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die Kosten des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens vorzubehalten.

V.      Ergebnis

147. Aus diesen Gründen schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Urteil des Gerichts der Europäischen Union vom 17. Dezember 2015, Orange Polska/Kommission (T‑486/11, EU:T:2015:1002), aufzuheben, soweit das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, indem es die von der Orange Polska S.A. im Rahmen des zweiten Teils des dritten Klagegrundes vorgetragenen Argumente nicht geprüft hat, mit denen gerügt wird, dass die Kommission bei ihren Schlussfolgerungen zum Einfluss der Zuwiderhandlung auf die relevanten Märkte Fehler begangen und somit gegen die Grundsätze des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und der Verhältnismäßigkeit der Geldbuße verstoßen habe;

–        das Rechtsmittel im Übrigen zurückzuweisen und

–        die Rechtssache zur erneuten Prüfung des Vorbringens, das dem zweiten Rechtsmittelgrund zugrunde liegt, an das Gericht zurückzuverweisen und die Kostenentscheidung vorzubehalten.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Beschluss vom 22. Juni 2011 in einem Verfahren nach Art. 102 AEUV (Sache COMP/39.525 – Telekomunikacja Polska) (im Folgenden: streitiger Beschluss).


3      Obwohl der streitige Beschluss Telekomunikacja Polska betrifft und diese nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens vor dem Gericht in Orange umgewandelt wurde, genügt es für die Behandlung des Rechtsmittels, in den vorliegenden Schlussanträgen zur Vereinfachung nur auf Orange Bezug zu nehmen.


4      Die ursprünglich zuständige Behörde wurde am 16. Januar 2006 durch das Urząd Komunikacji Elektronicznej (Amt für die elektronischen Kommunikationen, Polen, im Folgenden: UKE) abgelöst.


5      Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 und 102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).


6      Richtlinie vom 26. November 2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union (ABl. 2014, L 349, S. 1).


7      Verordnung Nr. 17 des Rates vom 21. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [101 und 102 AEUV] (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204).


8      Urteil vom 2. März 1983, GVL/Kommission (7/82, EU:C:1983:52).


9      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Juli 1970, ACF Chemiefarma/Kommission (41/69, EU:C:1970:71, Rn. 171 bis 175).


10      Vgl. Urteil vom 2. März 1983, GVL/Kommission (7/82, EU:C:1983:52, Rn. 22 und 23). Vgl. auch Urteil vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission (T‑22/02 und T‑23/02, EU:T:2005:349, Rn. 61 und 131).


11      Gleich aus welchem Grund, z. B. weil die fünfjährige Verjährungsfrist abgelaufen ist oder die Kommission der Auffassung ist, dass das fragliche Verhalten die Verhängung einer Geldbuße nicht rechtfertigt.


12      Urteile vom 6. Oktober 2005, Sumitomo Chemical und Sumika Fine Chemicals/Kommission (T‑22/02 und T‑23/02, EU:T:2005:349, Rn. 131 und 132), sowie vom 16. November 2006, Peróxidos Orgánicos/Kommission (T‑120/04, EU:T:2006:350, Rn. 18).


13      Nämlich den Abschnitt, in dem die Kommission zu den wahrscheinlichen Auswirkungen der Zuwiderhandlung Stellung genommen hat.


14      Vgl. auch Coates, K., „The Intel CJ Ruling: More Than A Nudge Towards Economic Analysis“, Competition Policy International, Oktober 2017, S. 4.


15      Vgl. Lianos, I., und Geradin, D., Handbook on European Competition Law – Enforcement and Procedure, Edward Elgar, Cheltenham 2013, S. 359. Vgl. auch Al‑Ameen, A., „Antitrust Fines – Seeking Justice“, CompetitionLaw Review, 2010, Nr. 7, S. 83 und 88.


16      Vgl. u. a. Urteil vom 20. März 2002, LR AF 1998/Kommission (T‑23/99, EU:T:2002:75, Rn. 231).


17      Vgl. Ziff. 31 der Leitlinien („Ferner kann die Kommission die Geldbuße erhöhen, damit ihr Betrag die aus der Zuwiderhandlung erzielten widerrechtlichen Gewinne übersteigt, sofern diese Gewinne geschätzt werden können.“) Der von mir vertretene Ansatz entspricht dem Ansatz der Urteile vom 20. Juni 1978, Tepea/Kommission (28/77, EU:C:1978:133, Rn. 66 und 67), vom 11. März 1999, Thyssen Stahl/Kommission (T‑141/94, EU:T:1999:48, Rn. 646), vom 9. Juli 2009, Peugeot und Peugeot Nederland/Kommission (T‑450/05, EU:T:2009:262, Rn. 301 bis 305 und 328 bis 329), und vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission (T‑321/05, EU:T:2010:266, Rn. 905), und, soweit es um die Prüfung mildernder Umstände geht, dem Ansatz der Urteile vom 6. April 1995, Martinelli/Kommission (T‑150/89, EU:T:1995:70, Rn. 60), und vom 11. März 1999, Cockerill-Sambre/Kommission (T‑138/94, EU:T:1999:47, Rn. 572).


18      Der von mir befürwortete Ansatz wird in der Rechtsprechung und Praxis einiger Mitgliedsländer bereits angewandt: Vgl. ein wichtiges Urteil des auf Wettbewerbsrecht spezialisierten britischen Gerichts (Competition Appeal Tribunal [Wettbewerbsgericht, Vereinigtes Königreich]) in „Construction Bid Rigging“, Case Nos. 1114, 1119, 1127, 1129, 1132 und 1133/1/1/09 ([2011] CAT 3), Rn. 102; vgl. auch den Entwurf der neuen Leitlinien zur Berechnung von Geldbußen der Wettbewerbs- und Marktbehörde des Vereinigten Königreichs (https://www.gov.uk/government/consultations/ca98-penalties-guidance). Man kann sich entsprechend orientieren an den im Strafrecht geltenden Grundsätzen, wo die Auswirkungen und sogar das Fehlen von Auswirkungen eine wichtige Rolle spielen (vgl. z. B. „Guideline – Overarching Principles: Seriousness“ des britischen Sentencing Guidelines Council, 2004, S. 3). Vgl. auch Lianos und Geradin, S. 359 f.


19      Schlussanträge des Generalanwalts Wahl in der Rechtssache Intel Corporation/Kommission (C‑413/14 P, EU:C:2016:788, Nr. 118).


20      Vgl. auch die derzeit anhängige Rechtssache Meo – Serviços de Comunicações e Multimédia (C‑525/16) und die Schlussanträge von Generalanwalt Wahl in dieser Rechtssache (EU:C:2017:1020), die bereits zur Verfügung stehen.


21      Darauf weist auch die Rechtslehre (Venit, J. S., „The judgment of the European Court of Justice in Intel v Commission: a procedural answer to a substantive question?“, European Competition Journal, S. 11) hin: „The Court’s ruling, which decisively rejects the position advocated by the Commission and supported by the General Court, establishes that, whether or not the rebate is conditioned on exclusivity, facts do matter in competition cases and that it would be a grave error not to consider all the relevant facts, at least in cases where there is a plausible claim, based on these facts, that the dominant firm’s conduct may not have been capable of foreclosing its rivals. … the Court came down squarely against the Commission and the General Court by rejecting the ‚facts are irrelevant approach‘ at least where the defendant, with supporting evidence, submits that its conduct was not capable of producing the alleged foreclosure effects“ und „the General Court is required to examine all of the defendant’s arguments concerning the application of the test“ (Hervorhebung nur hier).


22      Ziff. 19 der Leitlinien bestimmt, dass „[z]ur Bestimmung des Grundbetrags … ein bestimmter Anteil am Umsatz, der sich nach der Schwere des Verstoßes richtet, mit der Anzahl der Jahre der Zuwiderhandlung multipliziert [wird]“, während Ziff. 22 präzisiert, dass „[b]ei der Bestimmung der genauen Höhe innerhalb dieser Bandbreite … die Kommission mehrere Umstände [berücksichtigt], u. a. die Art der Zuwiderhandlung, den kumulierten Marktanteil sämtlicher beteiligten Unternehmen, den Umfang des von der Zuwiderhandlung betroffenen räumlichen Marktes und die etwaige Umsetzung der Zuwiderhandlung in der Praxis“.


23      Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission (C‑272/09 P, EU:C:2011:810, Rn. 129 bis 133).


24      Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2013:619, Nrn. 107 ff.). Darauf weist auch die Rechtslehre hin (Forrester, I. S., „A challenge for Europe’s judges: the review of fines in competition cases“, European Law Review, Bd. 36 [2011], Nr. 2, 2011, S. 185 und 197): „review [of fines should ask] whether the punishment imposed on an undertaking corresponded to the individual gravity of misconduct“.


25      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission (C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 78). Außerdem sei ein System zur Festsetzung von Geldbußen, das die Auswirkungen der Zuwiderhandlung berücksichtige, besser mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar, der verlange, dass „penalties should come as a direct response to an infringer’s wrongdoing“ (vgl. Fish, M., „An Eye for an Eye: Proportionality as a Moral Principle of Punishment“, Oxford Journal of Legal Studies, 2008, S. 28 und 57).


26      Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 72 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27      Urteile vom 24. Januar 2013, Frucona Košice/Kommission (C‑73/11 P, EU:C:2013:32, Rn. 89 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 73).


28      Vgl. Urteil vom 21. Januar 2016, Galp Energía España u. a./Kommission (C‑603/13 P, EU:C:2016:38, Rn. 75 und 76 sowie die dort angeführte Rechtsprechung); vgl. auch Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, EU:C:2011:816, Rn. 129 bis 133). Vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Telefónica und Telefónica de España/Kommission (C‑295/12 P, EU:C:2013:619), in denen ich diese Probleme im Detail untersucht habe.


29      Vgl. Rn. 193, 194, 196 und 197 des angefochtenen Urteils und die Schlussfolgerung des Gerichts in den Rn. 200 und 201.


30      Vgl. Rn. 215 des angefochtenen Urteils; das Risiko einer funktionalen Trennung ist zudem in Rn. 17 dieses Urteils erwähnt worden, und eine eingehende Analyse findet sich in Rn. 197 dieses Urteils.


31      Urteile vom 8. Juli 2004, Dalmine/Kommission (T‑50/00, EU:T:2004:220, Rn. 326), vom 16. Juni 2011, FMC Foret/Kommission (T‑191/06, EU:T:2011:277, Rn. 333), vom 3. März 2011, Siemens und VA Tech/Kommission (T‑122/07 bis T‑124/07, EU:T:2011:70, Rn. 208), vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich/Kommission (T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, EU:T:2006:396, Rn. 473), vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission (T‑127/04, EU:T:2009:142, Rn. 115), und vom 8. September 2010, Deltafina/Kommission (T‑29/05, EU:T:2010:355, Rn. 348).


32      Vgl. Bernardeau, L., und Christienne, J.‑P., Les amendes en droit de la concurrence, Larcier, 2013, S. 166 (tatsächlich hat die Kommission in den ersten zehn Entscheidungen, in denen sie die Leitlinien von 2006 angewandt hat, keine mildernden Umstände anerkannt).


33      Urteil vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission (T‑13/03, EU:T:2009:131, Rn. 23).


34      Urteil vom 30. April 2009, Nintendo und Nintendo of Europe/Kommission (T‑13/03, EU:T:2009:131, Rn. 204), und Entscheidung der Kommission vom 30. Oktober 2002 in einem Verfahren nach Artikel 81 EG-Vertrag und Artikel 53 EWR-Abkommen (COMP/35.587 – PO Video Games, COMP/35.706 – PO Nintendo Distribution und COMP/36.321 – Omega-Nintendo) (ABl. 2003, L 255, S. 33), Erwägungsgründe 440 und 441.


35      Entscheidung 1999/60/EG der Kommission vom 21. Oktober 1998 in einem Verfahren gemäß Artikel 85 EG-Vertrag (Sache IV/35.691/E‑4: Fernwärmetechnik-Kartell) (ABl. 1999, L 24, S. 1) (Erwägungsgründe 25 und 172). Vgl. auch Entscheidung 75/75/EWG der Kommission vom 19. Dezember 1974 betreffend ein Verfahren nach Artikel 86 des EWG-Vertrags (IV/28.851 – General Motors Continental) (ABl. 1975, L 29, S. 14).