Language of document : ECLI:EU:C:2020:45

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

29. Januar 2020(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Rechtsangleichung – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 40/94 – Art. 7 und 51 – Erste Richtlinie 89/104/EWG – Art. 3 und 13 – Bestimmung der von der Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen – Nichteinhaltung der Erfordernisse der Klarheit und der Eindeutigkeit – Bösgläubigkeit des Anmelders – Fehlende Absicht, die Marke für die von der Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen zu benutzen – Vollständige oder teilweise Nichtigkeit bzw. Ungültigkeit der Marke – Nationale Rechtsvorschriften, die den Anmelder zu der Erklärung verpflichten, dass er die Absicht hat, die angemeldete Marke zu benutzen“

In der Rechtssache C‑371/18

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Chancery, Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 27. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 6. Juni 2018, in dem Verfahren

Sky plc,

Sky International AG,

Sky UK Ltd

gegen

SkyKick UK Ltd,

SkyKick Inc.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter S. Rodin und D. Šváby, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) und des Richters N. Piçarra,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: M. Aleksejev, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Mai 2019,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Sky plc, der Sky International AG und der Sky UK Ltd, vertreten durch P. Roberts und G. Hobbs, QC, beauftragt durch D. Rose, A. Ward und E. Preston, Solicitors,

–        der SkyKick UK Ltd und der SkyKick Inc., vertreten durch A. Tsoutsanis, advocaat, T. Hickman, Barrister, S. Malynicz, QC, und S. Baran, Barrister, beauftragt durch J. Linneker und S. Sheikh-Brown, Solicitors,

–        der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Z. Lavery und S. Brandon als Bevollmächtigte im Beistand von N. Saunders, QC,

–        der französischen Regierung, vertreten durch R. Coesme, D. Colas, D. Segoin, A.‑L. Desjonquères und A. Daniel als Bevollmächtigte,

–        der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und D. R. Gesztelyi als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

–        der finnischen Regierung, vertreten durch H. Leppo als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda und J. Samnadda als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 16. Oktober 2019

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Auslegung des Unionsrechts im Bereich der Unionsmarken und der Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Sky plc, der Sky International AG und der Sky UK Ltd (im Folgenden zusammen: Sky u. a.) auf der einen und der SkyKick UK Ltd sowie der SkyKick Inc. (im Folgenden zusammen: die Gesellschaften SkyKick) auf der anderen Seite wegen des Vorwurfs, die Gesellschaften SkyKick hätten Unionsmarken und eine nationale Marke des Vereinigten Königreichs verletzt, die Sky u. a. gehörten.

 Rechtlicher Rahmen

 Internationales Recht

3        Auf internationaler Ebene gilt für das Markenrecht die am 20. März 1883 in Paris unterzeichnete Verbandsübereinkunft zum Schutz des gewerblichen Eigentums, letztmalig revidiert am 14. Juli 1967 in Stockholm und geändert am 28. September 1979 (United Nations Treaty Series, Bd. 828, Nr. 11851, S. 305, im Folgenden: Pariser Verbandsübereinkunft). Alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind Vertragsparteien dieser Übereinkunft.

4        Nach Art. 19 der Pariser Verbandsübereinkunft behalten sich die Verbandsländer das Recht vor, einzeln untereinander Sonderabkommen zum Schutz des gewerblichen Eigentums zu treffen.

5        Diese Vorschrift diente als Grundlage für die Annahme des in der diplomatischen Konferenz von Nizza am 15. Juni 1957 geschlossenen Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken, letztmalig revidiert am 13. Mai 1977 in Genf und geändert am 28. September 1979 (United Nations Treaty Series, Bd. 1154, Nr. I‑18200, S. 89, im Folgenden: Abkommen von Nizza).

6        In Art. 1 des Abkommens von Nizza heißt es:

„(1)      Die Länder, auf die dieses Abkommen Anwendung findet, bilden einen besonderen Verband und nehmen eine gemeinsame Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken (im Folgenden als ‚die Klassifikation‘ bezeichnet) an.

(2)      Die Klassifikation besteht aus

(i)      einer Klasseneinteilung, gegebenenfalls mit erläuternden Anmerkungen;

(ii)      einer alphabetischen Liste der Waren und Dienstleistungen … mit Angabe der Klasse, in welche die einzelne Ware oder Dienstleistung eingeordnet ist.

…“

7        Art. 2 („Rechtliche Bedeutung und Anwendung der Klassifikation“) des Abkommens von Nizza lautet:

„(1)      Vorbehaltlich der sich aus diesem Abkommen ergebenden Verpflichtungen hat die Klassifikation die Wirkung, die ihr jedes Land des besonderen Verbandes beilegt. Insbesondere bindet die Klassifikation die Länder des besonderen Verbandes weder hinsichtlich der Beurteilung des Schutzumfangs der Marke noch hinsichtlich der Anerkennung der Dienstleistungsmarken.

(2)      Jedes Land des besonderen Verbandes behält sich vor, die Klassifikation als Haupt‑ oder Nebenklassifikation anzuwenden.

(3)      Die zuständigen Behörden der Länder des besonderen Verbandes werden in den Urkunden und amtlichen Veröffentlichungen über die Eintragung von Marken die Nummern der Klassen der Klassifikation angeben, in welche die Waren oder Dienstleistungen gehören, für welche die Marke eingetragen ist.

(4)      Die Tatsache, dass eine Benennung in die alphabetische Liste [der Waren und Dienstleistungen] aufgenommen ist, berührt in keiner Weise die Rechte, die an dieser Benennung etwa bestehen.“

8        Die in Art. 1 des Abkommens von Nizza genannte Klassifikation (im Folgenden: Nizzaer Klassifikation) enthält seit ihrer am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen achten Auflage 34 Warenklassen und 11 Dienstleistungsklassen. Jede Klasse wird mit einem oder mehreren für gewöhnlich „Klassenüberschrift“ genannten Oberbegriffen bezeichnet, die allgemein die Bereiche angeben, zu denen die Waren oder Dienstleistungen dieser Klasse grundsätzlich gehören.

9        Gemäß der Benutzeranleitung zur Nizzaer Klassifikation sind für eine zutreffende Einordnung jeder Ware oder Dienstleistung insbesondere die alphabetische Liste der Waren und Dienstleistungen und die erläuternden Anmerkungen zu den einzelnen Klassen zu konsultieren.

 Unionsrecht

 Verordnungen über die Unionsmarke

10      Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1891/2006 des Rates vom 18. Dezember 2006 (ABl. 2006, L 386, S. 14) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 40/94) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft trat, aufgehoben und ersetzt. Diese Verordnung in der durch die Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 207/2009) wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 durch die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) ebenfalls aufgehoben und ersetzt.

11      Unter Berücksichtigung des Zeitpunkts, zu dem die Anträge auf Schutz der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gemeinschaftsmarken gestellt wurden, ist das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen anhand der Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 zu prüfen.

12      Art. 4 der Verordnung Nr. 40/94 zur Definition der Markenformen lautete:

„Gemeinschaftsmarken können alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

13      Art. 7 („Absolute Eintragungshindernisse“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte:

„Von der Eintragung ausgeschlossen sind

a)      Zeichen, die nicht unter Artikel 4 fallen,

b)      Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,

c)      Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,

d)      Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben zur Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich geworden sind,

e)      Zeichen, die ausschließlich bestehen

i)      aus der Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder

ii)      aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, oder

iii)      aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht,

f)      Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen,

g)      Marken, die geeignet sind, das Publikum zum Beispiel über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu täuschen,

h)      Marken, die mangels Genehmigung durch die zuständigen Stellen gemäß Artikel 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft zurückzuweisen sind,

i)      Marken, die nicht unter Artikel 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft fallende Abzeichen, Embleme und Wappen, die von besonderem öffentlichem Interesse sind, enthalten, es sei denn, dass die zuständigen Stellen ihrer Eintragung zugestimmt haben.

…“

14      Art. 15 („Benutzung der Gemeinschaftsmarke“) der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte in seinem Abs. 1:

„Hat der Inhaber die Gemeinschaftsmarke für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der Gemeinschaft benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die Gemeinschaftsmarke den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.“

15      Art. 38 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 sah vor:

„Ist die Marke nach Artikel 7 für alle oder einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die die Gemeinschaftsmarke angemeldet worden ist, von der Eintragung ausgeschlossen, so wird die Anmeldung für diese Waren oder Dienstleistungen zurückgewiesen.“

16      Art. 50 („Verfallsgründe“) Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 bestimmte:

„(1)      Die Gemeinschaftsmarke wird auf Antrag beim [Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt:

a)      wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der Gemeinschaft für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen; der Verfall der Rechte des Inhabers kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist; wird die Benutzung jedoch innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag gestellt oder die Widerklage erhoben werden könnte“.

17      In Art. 51 („Absolute Nichtigkeitsgründe“) der Verordnung Nr. 40/94 hieß es:

„(1)      Die Gemeinschaftsmarke wird auf Antrag beim [Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt,

a)      wenn sie entgegen den Vorschriften des Artikels 7 eingetragen worden ist;

b)      wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war.

(3)      Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Gemeinschaftsmarke eingetragen ist, so kann sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt werden.“

18      Art. 96 („Widerklage“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 lautete:

„Die Widerklage auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit kann nur auf die in dieser Verordnung geregelten Verfalls- oder Nichtigkeitsgründe gestützt werden.“

19      Art. 167 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmte:

„Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.“

 Richtlinien zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken

20      Die Erste Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 1989, L 40, S. 1, berichtigt im ABl. 1989, L 159, S. 60) wurde mit Wirkung vom 28. November 2008 durch die Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) aufgehoben und ersetzt. Die letztgenannte Richtlinie wurde durch die Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) gemäß deren Art. 55 mit Wirkung vom 15. Januar 2019 aufgehoben und ersetzt.

21      Unter Berücksichtigung des Zeitpunkts, zu dem die Anträge auf Schutz der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Marke gestellt wurden, ist das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen anhand der Bestimmungen der Ersten Richtlinie 89/104 zu prüfen.

22      Die Erwägungsgründe 5, 7 und 8 der Ersten Richtlinie 89/104 sahen vor:

„Den Mitgliedstaaten steht es weiterhin frei, Verfahrensbestimmungen für die Eintragung, den Verfall oder die Ungültigkeit der durch Eintragung erworbenen Marken zu erlassen. Es steht ihnen beispielsweise zu, die Form der Verfahren für die Eintragung und die Ungültigerklärung festzulegen, zu bestimmen, ob ältere Rechte im Eintragungsverfahren oder im Verfahren zur Ungültigerklärung oder in beiden Verfahren geltend gemacht werden müssen, und – wenn ältere Rechte im Eintragungsverfahren geltend gemacht werden dürfen – ein Widerspruchsverfahren oder eine Prüfung von Amts wegen oder beides vorzusehen. Die Mitgliedstaaten können weiterhin festlegen, welche Rechtswirkung dem Verfall oder der Ungültigerklärung einer Marke zukommt.

Die Verwirklichung der mit der Angleichung verfolgten Ziele setzt voraus, dass für den Erwerb und die Aufrechterhaltung einer eingetragenen Marke in allen Mitgliedstaaten grundsätzlich gleiche Bedingungen gelten. Zu diesem Zweck sollte eine Beispielliste der Zeichen erstellt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden, und die somit eine Marke darstellen können. Die Eintragungshindernisse und Ungültigkeitsgründe betreffend die Marke selbst, wie fehlende Unterscheidungskraft, oder betreffend Kollisionen der Marke mit älteren Rechten sind erschöpfend aufzuführen, selbst wenn einige dieser Gründe für die Mitgliedstaaten fakultativ aufgeführt sind und es diesen folglich freisteht, die betreffenden Gründe in ihren Rechtsvorschriften beizubehalten oder dort aufzunehmen. Die Mitgliedstaaten können in ihrem Recht Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe beibehalten oder einführen, die an die Bedingungen des Erwerbs oder der Aufrechterhaltung der Marke gebunden sind, für die keine Angleichungsbestimmungen bestehen und die sich beispielsweise auf die Markeninhaberschaft, auf die Verlängerung der Marke, auf die Vorschriften über die Gebühren oder auf die Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften beziehen.

Um die Gesamtzahl der in der Gemeinschaft eingetragenen und geschützten Marken und damit die Anzahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte zu verringern, muss verlangt werden, dass eingetragene Marken tatsächlich benutzt werden, um nicht zu verfallen. Außerdem muss vorgesehen werden, dass wegen des Bestehens einer älteren Marke, die nicht benutzt worden ist, eine Marke nicht für ungültig erklärt werden kann, wobei es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, den gleichen Grundsatz hinsichtlich der Eintragung einer Marke anzuwenden oder vorzusehen, dass eine Marke in einem Verletzungsverfahren nicht wirksam geltend gemacht werden kann, wenn im Wege der Einwendung Nachweise erbracht werden, dass die Marke für verfallen erklärt werden könnte. In allen diesen Fällen sind die jeweiligen Verfahrensvorschriften von den Mitgliedstaaten festzulegen.“

23      Art. 2 der Ersten Richtlinie 89/104 lautete:

„Marken können alle Zeichen sein, die sich graphisch darstellen lassen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen und die Form oder Aufmachung der Ware, soweit solche Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden.“

24      In Art. 3 Abs. 1 und 2 der Ersten Richtlinie 89/104 hieß es:

„(1)      Folgende Zeichen oder Marken sind von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegen im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

a)      Zeichen, die nicht als Marke eintragungsfähig sind,

b)      Marken, die keine Unterscheidungskraft haben,

c)      Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können,

d)      Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im allgemeinen Sprachgebrauch oder in den redlichen und ständigen Verkehrsgepflogenheiten üblich sind,

e)      Zeichen, die ausschließlich bestehen

–        aus der Form, die durch die Art der Ware selbst bedingt ist, oder

–        aus der Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist, oder

–        aus der Form, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht,

f)      Marken, die gegen die öffentliche Ordnung oder gegen die guten Sitten verstoßen,

g)      Marken, die geeignet sind, das Publikum zum Beispiel über die Art, die Beschaffenheit oder die geografische Herkunft der Ware oder Dienstleistung zu täuschen,

h)      Marken, die mangels Genehmigung durch die zuständigen Stellen gemäß Artikel 6ter der Pariser Verbandsübereinkunft … zurückzuweisen sind,

(2)      Jeder Mitgliedstaat kann vorsehen, dass eine Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist oder im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung unterliegt, wenn und soweit

d)      der Antragsteller die Eintragung der Marke bösgläubig beantragt hat.“

25      In Art. 12 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104 hieß es:

„Eine Marke wird für verfallen erklärt, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in dem betreffenden Mitgliedstaat für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen …“

26      Art. 13 der Ersten Richtlinie 89/104 hatte folgenden Wortlaut:

„Liegt ein Grund für die Zurückweisung einer Marke von der Eintragung oder für ihre Verfalls- oder Ungültigerklärung nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke angemeldet oder eingetragen ist, so wird sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen zurückgewiesen, für verfallen oder für ungültig erklärt.“

27      Art. 18 der Richtlinie 2008/95 sah vor:

„Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.“

 Recht des Vereinigten Königreichs

28      Die Erste Richtlinie 89/104 wurde durch den Trade Marks Act 1994 (Gesetz von 1994 über die Marken) in das Recht des Vereinigten Königreichs umgesetzt. Section 32(3) des Gesetzes von 1994 über die Marken entspricht keiner Bestimmung der genannten Richtlinie. Diese Bestimmung sieht vor:

„Im Antrag [auf Eintragung einer Marke] ist zu erklären, dass die Marke vom Anmelder oder mit seiner Zustimmung für [die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke eingetragen werden soll] benutzt wird oder dass er die redliche Absicht hat, dass sie so benutzt werden soll.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

29      Sky u. a. sind Inhaber von vier Gemeinschaftsbild- und Wortmarken sowie von einer nationalen Wortmarke des Vereinigten Königreichs, die das Wort „Sky“ beinhalten (im Folgenden zusammen: die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken). Diese Marken wurden für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen in einer Reihe von Klassen der Nizzaer Klassifikation, insbesondere den Klassen 9 und 38, eingetragen.

30      Sky u. a. erhoben bei dem vorlegenden Gericht, dem High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Chancery, Vereinigtes Königreich) Klage gegen die Gesellschaften SkyKick wegen Verletzung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken. Zum Zwecke ihrer Verletzungsklage stützen sich Sky u. a. auf die Eintragung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken für Waren der Klasse 9 der Nizzaer Klassifikation, nämlich Computersoftware, über das Internet bereitgestellte Computersoftware, Computersoftware und Telekommunikationsapparate für die Verbindung zu Datenbanken und zum Internet, Mittel für die Datenspeicherung, sowie für Dienstleistungen der Klasse 38 dieser Klassifikation, nämlich Telekommunikationsdienste, E‑Mail-Dienste, Dienstleistungen in Bezug auf Internetportale, Computerdienstleistungen für den Zugang zu und die Abfrage von Informationen, Nachrichten, Text, Ton, Bild und Daten über einen Computer oder ein Computernetz. Das vorlegende Gericht hebt hervor, dass nicht jede der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken für diese Waren und Dienstleistungen eingetragen worden sei.

31      Nach den Angaben des vorlegenden Gerichts machten Sky u. a. von den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken für eine Reihe von zu ihren Kerngeschäftsbereichen – nämlich Fernsehübertragung, Telefonie und Breitbandbereitstellung – zählenden Waren und Dienstleistungen umfangreichen Gebrauch. Unstreitig seien diese Marken in allen diesen Bereichen im Vereinigten Königreich und in Irland bekannt. Sky u. a. böten jedoch keine Waren oder Dienstleistungen zur E‑Mail-Migration oder zum Cloud-Backup an; es gebe auch keine Hinweise dafür, dass dies zukünftig beabsichtigt sei. Die drei von den Gesellschaften SkyKick angebotenen Hauptprodukte basierten auf einer Software im Sinne einer Service-basierten Anwendung (software as a service oder SaaS) und beträfen die Cloud-Migration, das Cloud-Backup und die Verwaltung von Anwendungen in der Cloud.

32      Im Rahmen des Verfahrens erhoben die Gesellschaften SkyKick Widerklage auf Nichtigerklärung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken. Zur Stützung dieser Klage machen sie geltend, dass diese Marken für Waren und Dienstleistungen eingetragen worden seien, die nicht hinreichend klar und eindeutig angegeben worden seien. Hierzu berufen sich die Gesellschaften SkyKick auf das Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, EU:C:2012:361).

33      In diesem Zusammenhang stellt sich das vorlegende Gericht als Erstes die Frage, ob dieser Nichtigkeitsgrund gegen eine eingetragene Marke vorgebracht werden kann. Insoweit weist es darauf hin, dass der Gerichtshof in dem genannten Urteil entschieden habe, dass der Markenanmelder die Waren und Dienstleistungen, für die Markenschutz begehrt werde, so klar und eindeutig angeben müsse, dass es den zuständigen Behörden und Dritten möglich sei, den Umfang des von der Marke gewährten Schutzes festzustellen. Anderenfalls müsse das nationale Amt oder das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Anmeldung zurückweisen, wenn die betreffenden Angaben nicht so geändert würden, dass sie hinreichend klar und eindeutig seien.

34      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts bedeutet die aus diesem Urteil hervorgegangene Rechtsprechung aber nicht, dass die betroffene Marke nach ihrer Eintragung mit der Begründung für nichtig erklärt werden könne, dass es den betreffenden Angaben an Klarheit oder Eindeutigkeit mangele.

35      Im Fall einer Unionsmarke könne eine Widerklage auf Erklärung der Nichtigkeit nach Art. 128 Abs. 1 der Verordnung 2017/1001 „nur auf die in dieser Verordnung geregelten … Nichtigkeitsgründe gestützt werden“. Die Gesellschaften SkyKick beriefen sich vorliegend auf den in Art. 59 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 in Verbindung mit ihrem Art. 4 und ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. a vorgesehenen Grund. Nach diesen Bestimmungen müsse die Angabe der Waren und Dienstleistungen in einer Unionsmarkenanmeldung nicht klar und eindeutig sein. Gleiches gelte für eine nationale Marke.

36      Sollte die Geltendmachung dieses Grundes möglich sein, fragt sich das vorlegende Gericht als Zweites, ob die Angabe der Waren und Dienstleistungen für alle im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken beanstandet werden könne. Die Gesellschaften SkyKick brächten im Ausgangsrechtsstreit vor, dass die von diesen Marken erfassten Waren und Dienstleistungen – mit Ausnahme der „Telekommunikationsdienste“ und der „E‑Mail-Dienste“ der Klasse 38 – nicht klar und eindeutig bestimmt seien. Zwischen den Gesellschaften SkyKick und Sky u. a. bestehe Uneinigkeit darüber, ob die Angaben „Computersoftware“, „Über das Internet bereitgestellte Computersoftware“ und „Computersoftware und Telekommunikationsapparate für die Verbindung zu Datenbanken und zum Internet“ klar und eindeutig seien.

37      Insoweit vertritt das vorlegende Gericht die Ansicht, dass die Eintragung einer Marke für „Computersoftware“ zu weit sei und damit gegen das öffentliche Interesse verstoße, weil sie dem Inhaber ein Monopol von immensem Umfang gewähre, das durch kein wirtschaftliches Interesse gerechtfertigt werden könne. Dies bedeute aber nicht zwangsläufig, dass der Begriff „Computersoftware“ nicht klar und eindeutig sei. Daher fragt es sich, inwieweit die Ausführungen in der Gemeinsamen Mitteilung des Europäischen Netzwerks für Marken und Geschmacksmuster (ETMDN) vom 28. Oktober 2015 zur gemeinsamen Praxis im Bereich allgemeiner Angaben in den Klassenüberschriften der Nizzaer Klassifikation betreffend „Maschinen“ in Klasse 7 dieser Klassifikation nicht auch für „Computersoftware“ gelten könnten.

38      Als Drittes stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob die Gültigkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken durch die Bösgläubigkeit des Anmelders bei der Beantragung des Schutzes beeinträchtigt werden kann.

39      Die Gesellschaften SkyKick machen nämlich vor diesem Gericht geltend, die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken seien bösgläubig eingetragen worden, da Sky u. a. nicht beabsichtigt hätten, sie für alle von der Eintragung dieser Marken erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen. Daher müssten diese Marken insgesamt oder zumindest zum Teil – für diejenigen Waren und Dienstleistungen, in Bezug auf die Sky u. a. nicht die Absicht gehabt hätten, die Marken zu benutzen – für nichtig erklärt werden.

40      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts erleichtert es das Eintragungsverfahren, wenn die Eintragung von Marken gestattet wird, ohne ihre tatsächliche Benutzung zu fordern; den Markeninhabern werde es erleichtert, Schutz für ihre Marken noch vor der kommerziellen Einführung zu erhalten. Die Erleichterung der Eintragung oder die Abdeckung eines zu weiten Bereichs stelle jedoch eine Markteintrittsschranke für Dritte dar und führe zu einer Erosion des öffentlichen Bereichs. Könne eine Marke eingetragen werden, ohne dass die Absicht bestehe, sie für alle oder einen Teil der angegebenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, eröffne dies Missbrauchsmöglichkeiten, was schädlich sei, wenn es im Übrigen keine Möglichkeit gebe, gegen eine missbräuchliche Eintragung unter Berufung auf die Bösgläubigkeit des Inhabers der betreffenden Marke vorzugehen. Die Gerichte des Vereinigten Königreichs hätten sich in ihrer Rechtsprechung wegen der innerstaatlichen Rechtsvorschrift, Section 32(3) des Gesetzes von 1994 über die Marken, auf das Erfordernis der Absicht, die betreffende Marke für die in der Markenanmeldung angegebenen Waren und Dienstleistungen zu benutzen, konzentriert.

41      Das vorlegende Gericht fragt sich allerdings, ob diese Bestimmung mit dem Unionsrecht vereinbar ist. Sofern eine solche Vereinbarkeit gegeben sein sollte, hegt das Gericht auch Zweifel hinsichtlich der Tragweite der Voraussetzung hinsichtlich der Absicht, die Marke für die Waren und Dienstleistungen zu benutzen, für die sie eingetragen worden ist.

42      Erstens deute die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts der Europäischen Union, obwohl nach dem Unionsrecht eine solche Absicht nicht ausdrücklich vorgesehen sei und es nach dem jetzigen Stand des Unionsrechts nicht möglich sei, eine eingetragene Marke wegen fehlender Benutzung vor Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren zu löschen, darauf hin, dass die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, sie für die angegebenen Waren und Dienstleistungen zu benutzen, unter bestimmten Umständen ein bösgläubiges Handeln des Inhabers der Marke bei Einreichung des Antrags auf Markenschutz darstellen könne.

43      Zweitens ergebe sich aus dieser Rechtsprechung, dass es für den Nachweis der Bösgläubigkeit eines Markenanmelders nicht ausreiche, dass dieser die fragliche Marke für ein großes Spektrum von Waren und Dienstleistungen angemeldet habe, wenn er die Beantragung dieses Schutzes unter Berücksichtigung der Benutzung dieser Marke mit einem vernünftigen wirtschaftlichen Grund begründen könne. Darüber hinaus reiche die mögliche Benutzung der Marke nicht aus, um fehlende Redlichkeit nachzuweisen.

44      Drittens lasse die genannte Rechtsprechung den Schluss zu, dass der Markenanmelder in bestimmten Fällen den Antrag teilweise in redlicher Absicht und teilweise bösgläubig gestellt haben könnte, wenn er die Absicht gehabt habe, die Marke nur für einige der Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, für die sie eingetragen worden sei.

45      Für den Fall, dass der Markenanmelder seine Anmeldung hinsichtlich eines Teils der Waren und Dienstleistungen bösgläubig und hinsichtlich eines anderen Teils der Waren und Dienstleistungen in redlicher Absicht eingereicht hat, fragt sich das vorlegende Gericht, ob eine vollständige oder eine teilweise Nichtigkeit zu erklären ist.

46      Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts sind im Ausgangsverfahren Umstände gegeben, die belegen, dass Sky u. a. zum Zeitpunkt der Eintragung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken nicht die Absicht hatten, sie für alle von den Eintragungen erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen. Die Eintragungen erfassten Waren und Dienstleistungen, hinsichtlich deren für Sky u. a. kein wirtschaftlicher Grund für die Beantragung eines Schutzes bestehe, so dass die Einbeziehung dieser Waren und Dienstleistungen zu einer Strategie von Sky u. a. gehöre, einen sehr weiten Markenschutz zu erlangen.

47      Unter diesen Umständen hat der High Court of Justice (England & Wales), Chancery Division (Hoher Gerichtshof [England & Wales], Abteilung Chancery, Vereinigtes Königreich), beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Kann eine Unionsmarke oder eine in einem Mitgliedstaat eingetragene nationale Marke deshalb ganz oder teilweise für nichtig erklärt werden, weil einige oder alle Begriffe im Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen nicht so klar und eindeutig sind, dass die zuständigen Behörden und Dritte allein auf der Grundlage dieser Begriffe den Umfang des durch die Marke gewährten Schutzes bestimmen können?

2.      Wenn die erste Frage bejaht wird, ist ein Begriff wie „Computersoftware“ zu allgemein und umfasst Waren, die zu variabel sind, um der Funktion einer Marke als Herkunftshinweis gerecht zu werden, so dass dieser Begriff nicht so klar und eindeutig ist, dass die zuständigen Behörden und Dritte allein auf der Grundlage dieses Begriffs den Umfang des durch die Marke gewährten Schutzes bestimmen können?

3.      Kann es bösgläubig sein, schlicht eine Marke ohne die Absicht anzumelden, sie für die angegebenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen?

4.      Wenn die dritte Frage bejaht wird, ist es möglich, festzustellen, dass der Anmelder bei der Anmeldung teilweise redlich und teilweise bösgläubig war, wenn und soweit er die Absicht hatte, die Marke für einige der angegebenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, aber nicht die Absicht hatte, die Marke für andere der angegebenen Waren oder Dienstleistungen zu benutzen?

5.      Ist Section 32(3) des Gesetzes von 1994 über die Marken mit der Richtlinie 2015/2436 und mit den Vorgängerregelungen vereinbar?

 Zu den Vorlagefragen

 Vorbemerkungen

48      Vorab ist festzustellen, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts die Auslegung von Bestimmungen über die absoluten Gründe für die Nichtigkeit einer Unionsmarke bzw. die Ungültigkeit einer nationalen Marke betreffen, ohne sich auf eine bestimmte Verordnung oder Richtlinie zu beziehen. Daher ist zu ermitteln, welche unionsrechtlichen Vorschriften in zeitlicher Hinsicht auf das Ausgangsverfahren anwendbar sind.

49      Insoweit ist, wie der Generalanwalt in Nr. 33 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, darauf hinzuweisen, dass bei Anträgen auf Nichtig- bzw. Ungültigerklärung von Unionsmarken und nationalen Marken der Zeitpunkt der Anmeldung der betreffenden Marken für die Feststellung des anwendbaren materiellen Rechts maßgebend ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Mai 2014, Bimbo/HABM, C‑591/12 P, EU:C:2014:305, Rn. 12 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Im vorliegenden Fall ist dem Vorabentscheidungsersuchen zu entnehmen, dass alle Anträge auf Schutz für die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken in der Zeit vom 14. April 2003 bis zum 20. Oktober 2008 gestellt worden sind.

51      Art. 167 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmte, dass diese Verordnung am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt. Diese Veröffentlichung erfolgte am 24. März 2009. Auch Art. 18 der Richtlinie 2008/95 sah vor, dass diese Richtlinie am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft tritt; diese erfolgte am 8. November 2008.

52      Hieraus ergibt sich, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Marken, die vor dem Inkrafttreten der Verordnung Nr. 207/2009 und der Richtlinie 2008/95 angemeldet wurden, in zeitlicher Hinsicht bezüglich der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Gemeinschaftsmarken in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 40/94 und bezüglich der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Marke in den Anwendungsbereich der Ersten Richtlinie 89/104 fallen.

53      Folglich sind die im vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen nach der Auslegung des Unionsrechts dahin zu verstehen, dass sie die Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 und der Ersten Richtlinie 89/104 betreffen.

 Zur ersten und zur zweiten Frage

54      Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 7 und 51 der Verordnung Nr. 40/94 sowie Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass eine Gemeinschaftsmarke oder eine nationale Marke deshalb ganz oder teilweise für nichtig bzw. für ungültig erklärt werden kann, weil die für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die die betreffende Marke eingetragen worden ist, verwendeten Begriffe nicht klar und eindeutig sind. Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird, fragt sich das vorlegende Gericht, ob der Begriff „Computersoftware“ dieses Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit erfüllt.

55      Zur Beantwortung dieser Fragen ist als Erstes zu prüfen, ob die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der durch eine Marke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, als solche einen absoluten Grund für die Ungültigkeit einer nationalen Marke oder die Nichtigkeit einer Gemeinschaftsmarke darstellt.

56      Was zum einen die Erste Richtlinie 89/104 betrifft, so enthält ihr Art. 3 eine Aufzählung der Ungültigkeitsgründe; mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der von der Eintragung einer nationalen Marke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, ist darin nicht aufgeführt. Nach dem siebten Erwägungsgrund dieser Richtlinie sind die Ungültigkeitsgründe dort aber erschöpfend aufgeführt, auch wenn einige davon für die Mitgliedstaaten fakultativ sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Juni 2002, Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 74, vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland, C‑363/99, EU:C:2004:86, Rn. 78, und vom 9. März 2006, Matratzen Concord, C‑421/04, EU:C:2006:164, Rn. 19). Diese Richtlinie untersagt es somit den Mitgliedstaaten, andere Ungültigkeitsgründe als die in ihr ausdrücklich vorgesehenen einzuführen (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Juni 2013, Malaysia Dairy Industries, C‑320/12, EU:C:2013:435, Rn. 42).

57      Was zum anderen die Verordnung Nr. 40/94 betrifft, so ist der Wortlaut ihres Art. 7 Abs. 1 mit dem von Art. 3 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104 beinahe identisch. Art. 51 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 verweist in Buchst. a lediglich auf Art. 7 dieser Verordnung, während Buchst. b den auch in Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 genannten Grund als Nichtigkeitsgrund vorsieht. Die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der von der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, wird dagegen in diesen Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 nicht genannt. Ebenso bestimmt Art. 96 der Verordnung Nr. 40/94 über Widerklagen, dass ein Antrag auf Nichtigerklärung nur auf die in dieser Verordnung geregelten Nichtigkeitsgründe gestützt werden kann.

58      Hieraus ergibt sich, dass Art. 7 Abs. 1 und Art. 51 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 – ebenso wie Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 – dahin auszulegen sind, dass darin die absoluten Nichtigkeitsgründe in Bezug auf eine Gemeinschaftsmarke erschöpfend aufgelistet sind.

59      Weder in Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 noch in den oben genannten Bestimmungen der Verordnung Nr. 40/94 findet sich aber unter den in ihnen aufgeführten Gründen die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der von der Eintragung einer Gemeinschaftsmarke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden.

60      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der von der Eintragung einer nationalen Marke oder einer Gemeinschaftsmarke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, nicht als Grund für die Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit der betroffenen nationalen Marke oder Gemeinschaftsmarke im Sinne von Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 oder der Art. 7 und 51 der Verordnung Nr. 40/94 angesehen werden kann.

61      In jedem Fall ist hinzuzufügen, dass das Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, EU:C:2012:361), nicht dahin ausgelegt werden kann, dass der Gerichtshof einen zusätzlichen Nichtigkeits- bzw. Ungültigkeitsgrund anerkennen wollte, der nicht in der Auflistung in Art. 7 Abs. 1 und Art. 51 der Verordnung Nr. 40/94 sowie in Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 enthalten ist. Der Gerichtshof hat nämlich in den Rn. 29 und 30 des Urteils vom 16. Februar 2017, Brandconcern/EUIPO und Scooters India (C‑577/14 P, EU:C:2017:122), ausgeführt, dass das Urteil vom 19. Juni 2012, Chartered Institute of Patent Attorneys (C‑307/10, EU:C:2012:361), nur klargestellt hat, welchen Anforderungen Anmelder neuer Unionsmarken unterliegen, und somit keine Marken betrifft, die zum Zeitpunkt der Verkündung jenes Urteils bereits eingetragen waren (Urteil vom 11. Oktober 2017, EUIPO/Cactus, C‑501/15 P, EU:C:2017:750, Rn. 38).

62      Als Zweites ist zu prüfen, ob die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der von der Eintragung einer nationalen Marke oder einer Gemeinschaftsmarke erfassten Waren und Dienstleistungen verwendet werden, obwohl sie keinen Grund für die Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit der Marke darstellt, gleichwohl unter einen der in Art. 51 in Verbindung mit Art. 7 der Verordnung Nr. 40/94 oder in Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 ausdrücklich genannten absoluten Nichtigkeits- bzw. Ungültigkeitsgründe fällt.

63      Erstens bringen die Gesellschaften SkyKick vor, dass das Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit der Waren und Dienstleistungen, für die eine Marke eingetragen worden sei, an das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit angeknüpft werden könne, das sich für Gemeinschaftsmarken aus Art. 4 in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 und für nationale Marken aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 Buchst. a der Ersten Richtlinie 89/104 ergebe.

64      Der Gerichtshof hat zwar in Rn. 51 des Urteils vom 12. Dezember 2002, Sieckmann (C‑273/00, EU:C:2002:748), in Bezug auf das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit entschieden, dass die Wirtschaftsteilnehmer klar und eindeutig in Erfahrung bringen können müssen, welche Eintragungen oder Anmeldungen ihre gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerber veranlasst bzw. vorgenommen haben, und auf diese Weise einschlägige Informationen über die Rechte Dritter erlangen können müssen. Diese Erwägungen gelten jedoch nur für die Bestimmung der Zeichen, die eine Marke darstellen können; aus ihnen kann nicht abgeleitet werden, dass ein derartiges Erfordernis der Klarheit und Eindeutigkeit auch für die Begriffe gelten müsste, die für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen verwendet werden, für die die in Frage stehende Marke eingetragen worden ist.

65      Zweitens ist zu ermitteln, ob die mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der Begriffe, die für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen verwendet werden, für die eine Marke eingetragen wurde, als solche zur Nichtigkeit bzw. Ungültigkeit der betreffenden Marke auf der Grundlage von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Ersten Richtlinie 89/104 führen kann, und zwar mit der Begründung, dass dieser Mangel gegen die öffentliche Ordnung verstoße.

66      Insoweit genügt der Hinweis, dass der Begriff „öffentliche Ordnung“ im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 40/94 und von Art. 3 Abs. 1 Buchst. f der Ersten Richtlinie 89/104 nicht so verstanden werden kann, dass er sich auf Merkmale der Anmeldung selbst, wie die Klarheit und Eindeutigkeit der für die Bezeichnung der von der betreffenden Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen verwendeten Begriffe, bezieht, unabhängig von den Merkmalen des Zeichens, dessen Eintragung als Marke begehrt wird.

67      Folglich kann nicht davon ausgegangen werden, dass eine solche mangelnde Klarheit und Eindeutigkeit der für die Bezeichnung der von der Eintragung einer Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen verwendeten Begriffe gegen die öffentliche Ordnung im Sinne dieser Bestimmungen verstößt.

68      In jedem Fall ist vorsorglich hinzuzufügen, dass nach Art. 50 Abs. 1 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 12 der Ersten Richtlinie 89/104 eine Marke für verfallen erklärt werden kann, wenn sie innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren im maßgeblichen Gebiet für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist.

69      Art. 50 Abs. 2 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 13 der Ersten Richtlinie 89/104 stellen ferner klar, dass, wenn der Grund für die Verfallserklärung einer Marke nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vorliegt, für die die Marke eingetragen ist, sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt wird.

70      Somit ergibt sich aus diesen Bestimmungen, dass eine nationale Marke oder eine Gemeinschaftsmarke, die für eine Gruppe von Waren oder Dienstleistungen eingetragen ist, deren Bezeichnung es an Klarheit und Eindeutigkeit mangelt, jedenfalls nur für die Waren und Dienstleistungen schutzfähig ist, für die sie ernsthaft benutzt worden ist.

71      Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass die Art. 7 und 51 der Verordnung Nr. 40/94 sowie Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass eine Gemeinschaftsmarke oder eine nationale Marke nicht deshalb ganz oder teilweise für nichtig bzw. für ungültig erklärt werden kann, weil die für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die die betreffende Marke eingetragen worden ist, verwendeten Begriffe nicht klar und eindeutig sind.

 Zur dritten und zur vierten Frage

72      Mit seiner dritten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, bösgläubiges Handeln im Sinne dieser Bestimmungen darstellt. Für den Fall einer bejahenden Antwort auf diese Frage möchte das vorlegende Gericht weiter wissen, ob Art. 51 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 13 der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass, wenn sich die fehlende Absicht, eine Marke entsprechend ihren wesentlichen Funktionen zu benutzen, nur auf einige der von der Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen bezieht, die Nichtigkeit bzw. Ungültigkeit dieser Marke nur diese Waren oder Dienstleistungen betrifft.

73      Erstens ist hinsichtlich der Frage, ob Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, bösgläubiges Handeln im Sinne dieser Bestimmungen darstellt, darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmungen im Wesentlichen vorsehen, dass eine Marke für nichtig bzw. ungültig erklärt werden kann, wenn der Anmelder bei der Anmeldung der Marke bösgläubig war. Der Begriff „bösgläubig“ wird weder in der Verordnung Nr. 40/94 noch in der Richtlinie 89/104 definiert. Gleichwohl ist dieser Begriff ein autonomer Begriff des Unionsrechts und ist angesichts der Notwendigkeit einer kohärenten Anwendung der nationalen Markenregelungen und der Unionsmarkenregelung im Kontext der Ersten Richtlinie 89/104 und im Kontext der Verordnung Nr. 40/94 in gleicher Weise auszulegen (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Juni 2013, Malaysia Dairy Industries, C‑320/12, EU:C:2013:435, Rn. 34 und 35).

74      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass bei der Auslegung des Begriffs „bösgläubig“ neben dem Umstand, dass er in seiner üblichen Bedeutung im gewöhnlichen Sprachgebrauch eine unredliche Geisteshaltung oder Absicht voraussetzt, der besondere markenrechtliche Kontext, nämlich der des Geschäftslebens, zu berücksichtigen ist. Insoweit sollen die Unionsregelungen im Bereich der Marken insbesondere zu einem System unverfälschten Wettbewerbs in der Union beitragen, in dem jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qualität seiner Waren oder seiner Dienstleistungen an sich zu binden, die Möglichkeit haben muss, Zeichen als Marken eintragen zu lassen, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (Urteil vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

75      So finden die absoluten Nichtigkeits- bzw. Ungültigkeitsgründe im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 oder Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 Anwendung, wenn sich aus schlüssigen und übereinstimmenden Indizien ergibt, dass der Inhaber einer Marke die Anmeldung dieser Marke nicht mit dem Ziel eingereicht hat, sich in lauterer Weise am Wettbewerb zu beteiligen, sondern mit der Absicht, in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden, oder mit der Absicht, sich ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken – u. a. der in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils angeführten wesentlichen Funktion der Herkunftsangabe – zu verschaffen (Urteil vom 12. September 2019, Koton Mağazacilik Tekstil Sanayi ve Ticaret/EUIPO, C‑104/18 P, EU:C:2019:724, Rn. 46).

76      Zwar muss der Anmelder einer Marke zum Zeitpunkt seiner Markenanmeldung oder deren Prüfung weder angeben noch genau wissen, wie er die angemeldete Marke benutzen wird; er verfügt über einen Zeitraum von fünf Jahren, um eine tatsächliche Benutzung aufzunehmen, die der Hauptfunktion der Marke entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. September 2019, Deutsches Patent- und Markenamt [#darferdas?], C‑541/18, EU:C:2019:725, Rn. 22).

77      Wie der Generalanwalt in Nr. 109 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann jedoch die Eintragung einer Marke, ohne dass der Anmelder die Absicht hat, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, Bösgläubigkeit darstellen, wenn die Anmeldung der Marke im Hinblick auf die Ziele der Verordnung Nr. 40/94 und der Ersten Richtlinie 89/104 nicht gerechtfertigt ist. Eine solche Bösgläubigkeit kann aber nur festgestellt werden, wenn es schlüssige und übereinstimmende objektive Indizien dafür gibt, dass der Anmelder der betreffenden Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung die Absicht hatte, entweder in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich auch ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen.

78      Die Bösgläubigkeit eines Markenanmelders kann daher nicht auf der Grundlage der bloßen Feststellung angenommen werden, dass der Anmelder bei der Anmeldung keinen Geschäftsbereich hatte, der den von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen entsprach.

79      Zweitens ist zu ermitteln, ob Art. 51 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 13 der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass, wenn sich die fehlende Absicht, eine Marke entsprechend ihren wesentlichen Funktionen zu benutzen, nur auf einige der von der Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen bezieht, die Nichtigkeit bzw. Ungültigkeit dieser Marke nur diese Waren oder Dienstleistungen betrifft.

80      Hierzu genügt der Hinweis, dass, wie der Generalanwalt in Nr. 125 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, aus diesen Bestimmungen eindeutig hervorgeht, dass die Marke dann, wenn der Nichtigkeits- bzw. Ungültigkeitsgrund nur einige der in der Anmeldung bezeichneten Waren oder Dienstleistungen betrifft, nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig bzw. ungültig zu erklären ist.

81      Nach alledem ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 und Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 dahin auszulegen sind, dass die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, bösgläubiges Handeln im Sinne dieser Bestimmungen darstellt, wenn der Anmelder der betreffenden Marke die Absicht hatte, entweder in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich auch ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen. Bezieht sich die fehlende Absicht, die Marke entsprechend den wesentlichen Funktionen einer Marke zu benutzen, nur auf einige der von der Markenanmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen, stellt diese Anmeldung nur insoweit bösgläubiges Handeln dar, als sie diese Waren oder Dienstleistungen betrifft.

 Zur fünften Frage

82      Mit seiner fünften Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Erste Richtlinie 89/104 dahin auszulegen ist, dass sie einer Bestimmung des nationalen Rechts entgegensteht, wonach der Anmelder einer Marke erklären muss, dass diese für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen benutzt wird oder dass er die redliche Absicht hat, sie hierfür zu benutzen.

83      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass, wie in Rn. 56 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, nach dem siebten Erwägungsgrund der Ersten Richtlinie 89/104 die in ihr vorgesehenen Ungültigkeitsgründe erschöpfend aufgeführt sind, selbst wenn einige dieser Gründe für die Mitgliedstaaten fakultativ sind. Somit ist es den Mitgliedstaaten nach dieser Richtlinie untersagt, in die nationalen Rechtsvorschriften zu ihrer Umsetzung andere Ungültigkeitsgründe aufzunehmen als die in der Richtlinie genannten.

84      Wie aus dem fünften Erwägungsgrund der Ersten Richtlinie 89/104 hervorgeht, steht es den Mitgliedstaaten dagegen weiterhin frei, Verfahrensbestimmungen für die Eintragung, den Verfall oder die Ungültigkeit der durch Eintragung erworbenen Marken zu erlassen.

85      Folglich können die Mitgliedstaaten zwar ihnen angemessen erscheinende Verfahrensbestimmungen erlassen, diese Bestimmungen dürfen aber in der Praxis nicht bewirken, Eintragungshindernisse oder Ungültigkeitsgründe einzuführen, die in der Ersten Richtlinie 89/104 nicht vorgesehen sind.

86      Somit kann eine Bestimmung des nationalen Rechts, wonach der Anmelder einer nationalen Marke als bloßes Verfahrenserfordernis für die Eintragung der Marke erklären muss, dass die Marke für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen benutzt wird oder dass er die redliche Absicht hat, sie hierfür zu benutzen, nicht als mit den Bestimmungen der Ersten Richtlinie 89/104 unvereinbar angesehen werden. Ein Verstoß gegen diese Erklärungspflicht kann zwar ein Beweismittel für den Nachweis einer eventuellen Bösgläubigkeit des Anmelders bei der Markenanmeldung darstellen, nicht aber einen Grund für die Ungültigkeit der betroffenen Marke.

87      Nach alledem ist auf die fünfte Frage zu antworten, dass die Erste Richtlinie 89/104 dahin auszulegen ist, dass sie einer Bestimmung des nationalen Rechts nicht entgegensteht, wonach der Anmelder einer Marke erklären muss, dass diese für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen benutzt wird oder dass er die redliche Absicht hat, sie hierfür zu benutzen, sofern der Verstoß gegen diese Pflicht als solcher keinen Grund für die Ungültigkeit einer bereits eingetragenen Marke darstellt.

 Kosten

88      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Art. 7 und 51 der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1891/2006 des Rates vom 18. Dezember 2006 geänderten Fassung sowie Art. 3 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken sind dahin auszulegen, dass eine Gemeinschaftsmarke oder eine nationale Marke nicht deshalb ganz oder teilweise für nichtig bzw. für ungültig erklärt werden kann, weil die für die Bezeichnung der Waren und Dienstleistungen, für die die betreffende Marke eingetragen worden ist, verwendeten Begriffe nicht klar und eindeutig sind.

2.      Art. 51 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 in der durch die Verordnung Nr. 1891/2006 geänderten Fassung und Art. 3 Abs. 2 Buchst. d der Ersten Richtlinie 89/104 sind dahin auszulegen, dass die Anmeldung einer Marke ohne die Absicht, sie für die von der Eintragung erfassten Waren und Dienstleistungen zu benutzen, bösgläubiges Handeln im Sinne dieser Bestimmungen darstellt, wenn der Anmelder der betreffenden Marke die Absicht hatte, entweder in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich auch ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen. Bezieht sich die fehlende Absicht, die Marke entsprechend den wesentlichen Funktionen einer Marke zu benutzen, nur auf einige der von der Markenanmeldung erfassten Waren oder Dienstleistungen, stellt diese Anmeldung nur insoweit bösgläubiges Handeln dar, als sie diese Waren oder Dienstleistungen betrifft.

3.      Die Erste Richtlinie 89/104 ist dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung des nationalen Rechts nicht entgegensteht, wonach der Anmelder einer Marke erklären muss, dass diese für die von der Anmeldung erfassten Waren und Dienstleistungen benutzt wird oder dass er die redliche Absicht hat, sie hierfür zu benutzen, sofern der Verstoß gegen diese Pflicht als solcher keinen Grund für die Ungültigkeit einer bereits eingetragenen Marke darstellt.

Unterschriften


*      Verfahrenssprache: Englisch.