Language of document : ECLI:EU:F:2010:37

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Plenum)

5. Mai 2010(*)

„Öffentlicher Dienst – Beamte – Beförderung – Beförderungsverfahren 2007 – Rechtsschutzinteresse – Beförderungsentscheidung – Verzeichnis der beförderten Beamten – Abwägung der Verdienste – Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung – Antrag auf Aufhebung der Beförderungsentscheidungen – Interessenabwägung“

In der Rechtssache F‑53/08

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

Vincent Bouillez, Beamter des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Overijse (Belgien),

Kris Van Neyghem, Beamter des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Tirlemont (Belgien),

Ingeborg Wagner-Leclercq, Beamtin des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Edegem (Belgien),

Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte S. Orlandi, A. Coolen, J.‑N. Louis und É. Marchal,

Kläger,

gegen

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Bauer und I. Šulce als Bevollmächtigte,

Beklagter,

unterstützt durch

Eliza Niniou und Maria-Béatrice Postiglione Branco, Beamtinnen des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Schaerbeek (Belgien) bzw. Kraainem (Belgien), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte T. Bontinck und S. Woog, dann Rechtsanwälte T. Bontinck und S. Greco,

und

Maria De Jesus Cabrita und Marie-France Liegard, Beamtinnen des Rates der Europäischen Union, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwalt N. Lhoëst, dann Rechtsanwälte N. Lhoëst und L. Delhaye,

Streithelferinnen,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Plenum)

unter Mitwirkung des Präsidenten P. Mahoney, der Kammerpräsidenten H. Tagaras und S. Gervasoni (Berichterstatter) sowie der Richter H. Kreppel und S. Van Raepenbusch,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Dezember 2009

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 28. Mai 2008 per Telefax bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist (die Urschrift ist am 3. Juni 2008 eingegangen), haben Herr Bouillez, Herr Van Neyghem und Frau Wagner-Leclercq, Beamte des Rates der Europäischen Union, die vorliegende Klage erhoben auf Aufhebung zum einen der Entscheidungen, mit denen die Anstellungsbehörde es abgelehnt hat, sie im Beförderungsverfahren 2007 nach Besoldungsgruppe AST 7 zu befördern, und zum anderen, soweit erforderlich, der Entscheidungen, mit denen in diesem Verfahren die in dem am 16. Juli 2007 in der Personalmitteilung Nr. 136/07 veröffentlichten Verzeichnis der beförderten Beamten aufgeführten Beamten, die Aufgaben mit einem niedrigeren Verantwortungsgrad wahrgenommen haben als die Kläger, nach dieser Besoldungsgruppe befördert worden sind.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 45 Abs. 1 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) lautet:

„Die Beförderung wird durch Verfügung der Anstellungsbehörde unter Berücksichtigung von Artikel 6 Absatz 2 ausgesprochen. Sie bewirkt, dass der Beamte in die nächsthöhere Besoldungsgruppe seiner Funktionsgruppe ernannt wird. Sie wird ausschließlich aufgrund einer Auslese unter den Beamten vorgenommen, die in ihrer Besoldungsgruppe eine Mindestdienstzeit von zwei Jahren abgeleistet haben; die Auslese erfolgt nach Abwägung der Verdienste der Beamten, die für die Beförderung in Frage kommen. Bei der Abwägung der Verdienste berücksichtigt die Anstellungsbehörde insbesondere die Beurteilung des Beamten, die Benutzung anderer Sprachen in der Ausübung seines Amtes als der Sprache, in der der Beamte gemäß Artikel 28 Buchstabe f) gründliche Kenntnisse nachgewiesen hat, und gegebenenfalls das Maß der von ihm getragenen Verantwortung.“

3        In Art. 10 des Anhangs XIII des Statuts ist bestimmt:

„(1)      Beamte, die vor dem 1. Mai 2004 in den Laufbahngruppen C oder D Dienst taten, werden ab dem 1. Mai 2006 in Laufbahnschienen mit folgenden Beförderungsmöglichkeiten eingewiesen:

a)      alte Laufbahngruppe C: bis Besoldungsgruppe AST 7;

b)      alte Laufbahngruppe D: bis Besoldungsgruppe AST 5.

(3)      Ein Beamter, auf den Absatz 1 Anwendung findet, kann nach Bestehen eines allgemeinen Auswahlverfahrens oder auf der Grundlage eines Bescheinigungsverfahrens als keinen Einschränkungen unterliegendes Mitglied der Funktionsgruppe Assistenz eingestuft werden. Das Bescheinigungsverfahren richtet sich nach dem Dienstalter, der Erfahrung, den Verdiensten und dem Ausbildungsstand des Beamten sowie nach den in der Funktionsgruppe der AST zur Verfügung stehenden Stellen. Ein gemischter Ausschuss prüft die Bewerbungen der Beamten, die eine Bescheinigung anstreben. Die Organe erlassen bis zum 1. Mai 2004 Vorschriften zur Durchführung des Bescheinigungsverfahrens. Erforderlichenfalls erlassen die Organe spezielle Bestimmungen, um der mit einer solchen Neueinstufung verbundenen Änderung der anwendbaren Beförderungsquoten Rechnung zu tragen.

…“

4        In Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses des Rates vom 2. Dezember 2004 zur Durchführung des Bescheinigungsverfahrens (im Folgenden: Beschluss vom 2. Dezember 2004) ist bestimmt:

„… Ein Beamter, dem eine Bescheinigung erteilt wurde, wird als keinen Einschränkungen unterliegendes Mitglied der Funktionsgruppe Assistenz eingestuft.

Der Aufstieg dieses Beamten setzt aber die tatsächliche Wahrnehmung einer ‚keinen Einschränkungen unterliegenden‘ Aufgabe der Funktionsgruppe Assistenz voraus, die als solche eingestuft ist.“

 Sachverhalt

5        Bei den Klägern handelt es sich um Beamte, die vor dem 1. Mai 2004 in den Dienst des Rates getreten sind; sie gehörten der alten Laufbahngruppe B an. Im Zuge der zu diesem Zeitpunkt erfolgten Änderung des Statuts wurden sie mit Wirkung ab dem 1. Mai 2006 in die Funktionsgruppe AST eingewiesen; ihre Laufbahnschiene in dieser Funktionsgruppe unterliegt von Rechts wegen keinen Einschränkungen.

6        Herr Bouillez ist für die allgemeine Instandhaltung der Gebäude der Dienststellen des Generalsekretariats des Rates zuständig. Als Leiter des Bereichs „Allgemeine Instandhaltung“ des Dienstes „Technische Verwaltung und Ausstattung“ leitet er ein Team von sechs Personen. Aus seinem Beurteilungsbericht für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 30. Juni 2006 geht hervor, dass er die erforderliche Befähigung besitzt, die Funktion eines Beamten der Funktionsgruppe AD wahrzunehmen.

7        Herr Van Neyghem ist der „Mobilitätskoordinator“ des Generalsekretariats des Rates im Rahmen der gesetzlich vorgeschriebenen Erstellung eines „Betriebsräumungsplans“. Außerdem ist er mit der Überwachung der Renovierung eines Gebäudes des Rates betraut und kümmert sich um die Aufteilung der Büroräume unter den verschiedenen Dienststellen des Generalsekretariats. In seinem Beurteilungsbericht 2004 wird festgestellt, dass er befähigt ist, Funktionen eines Beamten der Funktionsgruppe AD wahrzunehmen; er hat solche Funktionen im Übrigen beim Wirtschafts‑ und Sozialausschuss als Zeitbediensteter bereits mehrere Jahre lang wahrgenommen.

8        Frau Wagner-Leclercq ist für die elektronische Verarbeitung von Haushaltsdaten und die Beziehungen zu externen Dienstleistern in Sachen Datenbanken zuständig und unterstützt den für Haushaltsfragen im Zusammenhang mit Maßnahmen im Außenbereich zuständigen AD-Beamten.

9        Mit Personalmitteilung Nr. 77/07 vom 14. Mai 2007 erstellte der Rat die Liste der Beamten der alten Laufbahngruppe C, denen eine Bescheinigung erteilt wurde und die somit als keinen Einschränkungen unterliegende Mitglieder der Funktionsgruppe Assistenz eingestuft wurden.

10      Mit Personalmitteilung Nr. 97/07 vom 12. Juni 2007 (im Folgenden: Mitteilung vom 12. Juni 2007) unterrichtete der Rat die Beamten von den den beratenden Beförderungsausschüssen zur Verfügung gestellten Informationen und den zur Durchführung von Art. 45 des Statuts erlassenen Maßnahmen. In Anhang 2 dieser Mitteilung war für jede Besoldungsgruppe die Zahl der 2007 möglichen Beförderungen angegeben; Anhang 3 enthielt die Liste der für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten.

11      Mit seinem Bericht vom 13. Juli 2007 schlug der beratende Beförderungsausschuss für die keinen Einschränkungen unterliegenden Mitglieder der Funktionsgruppe Assistenz der Anstellungsbehörde für das Verfahren 2007 eine Liste von 22 Beamten für die Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 7 vor. In dieser Liste waren die Kläger nicht aufgeführt, wohl aber eine Reihe von Beamten mit Bescheinigung.

12      Mit Personalmitteilung Nr. 136/07 vom 16. Juli 2007 beschloss die Anstellungsbehörde, der vom beratenden Beförderungsausschuss in seinem Bericht vom 13. Juli 2007 abgegebenen Stellungnahme zu folgen und die 22 vorgeschlagenen Beamten zu befördern.

13      Am 15. Oktober 2007 wandten sich Herr Van Neyghem und Frau Wagner-Leclercq jeweils mit einer Beschwerde gegen die Liste der nach Besoldungsgruppe AST 7 beförderten Beamten.

14      Mit Beschwerde vom 16. Oktober 2007 wandte sich Herr Bouillez gegen die Entscheidung, mit der abgelehnt wurde, ihn nach Besoldungsgruppe AST 7 zu befördern, und gegen die Entscheidungen, mit denen die Beamten mit Bescheinigung nach dieser Besoldungsgruppe befördert wurden.

15      Mit Entscheidungen vom 15. Februar 2008, die Herrn Bouillez und Frau Wagner-Leclercq am 18. Februar 2008 und Herrn Van Neyghem am 20. Februar 2008 mitgeteilt wurden, wies der Rat diese Beschwerden zurück (im Folgenden: Zurückweisungen der Beschwerden).

 Anträge der Verfahrensbeteiligten und Verfahren

16      Die Kläger beantragen,

–        die Entscheidungen, mit denen die Anstellungsbehörde es abgelehnt hat, sie im Beförderungsverfahren 2007 nach Besoldungsgruppe AST 7 zu befördern (im Folgenden: streitige Entscheidungen), aufzuheben;

–        „soweit erforderlich“, die Entscheidungen aufzuheben, mit denen in diesem Verfahren die in dem am 16. Juli 2007 in der Personalmitteilung Nr. 136/07 veröffentlichten Verzeichnis der beförderten Beamten aufgeführten Beamten, die Aufgaben mit einem geringeren Verantwortungsgrad wahrgenommen haben als sie, nach dieser Besoldungsgruppe befördert worden sind (im Folgenden: Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung);

–        dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

17      Der Rat beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

18      Mit Schreiben vom 19. November 2008 hat das Gericht den Rat von der Verweisung der Rechtssache gemäß Art. 13 der Verfahrensordnung an das Plenum unterrichtet. Es hat den Rat außerdem darauf hingewiesen, dass die Kläger nicht nur die Aufhebung der streitigen Entscheidungen beantragten, sondern auch die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung. Entsprechend hat das Gericht den Rat aufgefordert, mitzuteilen, ob, wenn diese Entscheidungen aufgehoben werden sollten und der Rat beschließen sollte, die Kläger rückwirkend zu befördern, eine solche Beförderung nur nach Rücknahme der ursprünglich erlassenen Beförderungsentscheidungen erfolgen könne, die innerhalb der im Statut vorgesehenen Rechtsbehelfsfristen angefochten worden seien und mit derselben Rechtswidrigkeit behaftet seien wie die Entscheidungen über die Ablehnungen der Beförderung. Im selben Schreiben hat das Gericht den Rat schließlich gemäß Art. 111 Abs. 1 der Verfahrensordnung aufgefordert, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob es zweckmäßig wäre, die beförderten Beamten, deren Beförderung durch die Kläger angefochten worden ist, aufzufordern, dem Verfahren als Streithelfer beizutreten.

19      Mit Schreiben vom 19. November 2008 hat das Gericht die Kläger von der Verweisung der Rechtssache gemäß Art. 13 der Verfahrensordnung an das Plenum unterrichtet. Es hat außerdem bemerkt, dass die Kläger nicht nur die Aufhebung der streitigen Entscheidungen beantragten, sondern auch die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung, und dass dieser Antrag, wenn er für zulässig und begründet befunden werden sollte, die Rechte der betreffenden Beamten beeinträchtigen würde. Das Gericht hat weiter darauf hingewiesen, dass es beabsichtige, diese Beamten zum Beitritt zum vorliegenden Verfahren aufzufordern, und die Kläger gemäß Art. 111 Abs. 1 der Verfahrensordnung aufgefordert, hierzu Stellung zu nehmen.

20      Mit Schreiben vom 24. November 2008 haben die Kläger im Hinblick auf die vom Gericht beabsichtigte Aufforderung zum Beitritt der nach Besoldungsgruppe AST 7 beförderten Beamten mit Bescheinigung Bedenken geäußert; sie haben darauf hingewiesen, dass eine solche Aufforderung die Entscheidung der Rechtssache verzögern würde.

21      Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 hat der Rat mitgeteilt, dass er es zwar nicht für erforderlich halte, die beförderten Beamten zum Beitritt aufzufordern, die Entscheidung über diese Frage aber in das Ermessen des Gerichts stelle. Er hat außerdem darauf hingewiesen, dass „die Zahl der Dienstposten für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 7 für das Verfahren 2007 … begrenzt [war]“.

22      Keine der Parteien hat in den genannten Schreiben oder später die vom Gericht vorgenommene Auslegung der gegen Beförderungsentscheidungen gerichteten Aufhebungsanträge dahin, dass diese nur die Entscheidungen über die Beförderungen der Beamten mit Bescheinigung betreffen, in Zweifel gezogen.

23      Mit Schreiben vom 23. Januar 2009 hat das Gericht die vierzehn 2007 nach Besoldungsgruppe AST 7 beförderten Beamten mit Bescheinigung, deren Beförderungsentscheidungen angefochten worden sind, gemäß Art. 111 Abs. 1 der Verfahrensordnung aufgefordert, dem Verfahren als Streithelfer beizutreten.

24      Mit Beschluss vom 3. April 2009 hat der Präsident des Gerichts Frau Niniou, Frau Postiglione Branco (im Folgenden: die ersten beiden Streithelferinnen), Frau De Jesus Cabrita und Frau Liegard (im Folgenden: die letzten beiden Streithelferinnen) als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge des Beklagten zugelassen.

25      Mit Streithilfeschriftsatz, der am 11. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragen die ersten beiden Streithelferinnen,

–        die Klage abzuweisen;

–        über die Kosten nach Rechtslage zu entscheiden.

26      Mit Streithilfeschriftsatz, der am 21. Mai 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, beantragen die letzten beiden Streithelferinnen,

–        die Klage abzuweisen;

–        den Klägern gemäß Art. 89 der Verfahrensordnung die Kosten aufzuerlegen.

27      Mit Schreiben vom 30. Juni 2009 hat der Rat dem Gericht mitgeteilt, dass er zu den eingereichten Streithilfeschriftsätzen nichts zu bemerken habe.

28      Mit einem Schriftsatz, der am 3. Juli 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, haben die Kläger zum Streithilfeschriftsatz der letzten beiden Streithelferinnen Stellung genommen. Sie stellen dieselben Anträge wie in der Klageschrift und beantragen ferner, dem Rat die Kosten der Streithelferinnen aufzuerlegen, hilfsweise, zu beschließen, dass die letzten beiden Streithelferinnen ihre eigenen Kosten tragen.

29      Mit Schriftsatz, der am 7. Juli 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist und den Streithilfeschriftsatz der ersten beiden Streithelferinnen betrifft, stellen die Kläger dieselben Anträge wie in der Klageschrift und beantragen ferner, dem Rat die Kosten der Streithelferinnen aufzulegen, hilfsweise, zu beschließen, dass die ersten beiden Streithelferinnen ihre eigenen Kosten tragen.

30      Am Tag der mündlichen Verhandlung war das Gericht, das als Plenum getagt hat, wegen Verhinderung eines seiner Mitglieder nur mit sechs Richtern besetzt.

31      Nach Art. 17 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs in Verbindung mit Art. 5 Abs. 1 des Anhangs I dieser Satzung und nach Art. 27 der Verfahrensordnung kann das Gericht nur in der Besetzung mit einer ungeraden Zahl von Richtern rechtswirksam entscheiden und nimmt, wenn das Gericht infolge Abwesenheit oder Verhinderung mit einer geraden Zahl von Richtern tagt, der in der Rangordnung nach Art. 5 der Verfahrensordnung niedrigste Richter an den Beratungen nicht teil (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Juni 1992, Finsider/Kommission, T‑26/90, Slg. 1992, II‑1789, Randnr. 38).

32      Gemäß den genannten Bestimmungen ist das vorliegende Urteil von den fünf unterzeichnenden Richtern beraten worden.

 Rechtliche Würdigung

33      Die Kläger machen zur Stützung aller ihrer Aufhebungsanträge vier Klagegründe geltend:

–        unzureichende Begründung (erster Klagegrund);

–        Verstoß gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts, zum einen dadurch, dass der Rat bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den Bewerbern um die Beförderung getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe, zum anderen dadurch, dass der Rat bei der Abwägung der Verdienste bestimmte Hilfskriterien nicht berücksichtigt habe (zweiter Klagegrund);

–        Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 des Beschlusses vom 2. Dezember 2004 (dritter Klagegrund);

–        offensichtlicher Fehler bei der Beurteilung der Verdienste der beförderungsfähigen Beamten (vierter Klagegrund).

34      Das Gericht ist der Auffassung, dass insbesondere derjenige Klagegrund zu prüfen ist, mit dem geltend gemacht wird, der Rat habe dadurch, dass er bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den Bewerbern um die Beförderung getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe, gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts verstoßen.

 Zu dem gegen die streitigen Entscheidungen gerichteten Antrag

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

35      Die Kläger machen geltend, der Rat habe dadurch, dass er bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe, gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts verstoßen.

36      Das Gericht habe im Urteil vom 31. Januar 2008, Valero Jordana/Kommission (F‑104/05, Slg. ÖD 2008, I‑A‑1‑27 und II‑A‑1‑127, Randnrn. 74 und 75), außerdem darauf hingewiesen, dass diesem Kriterium, das in der am 1. Mai 2004 in Kraft getretenen neuen Fassung von Art. 45 des Statuts eingefügt worden sei, eine umso größere Bedeutung zukomme, als das Gericht erster Instanz zu den Bestimmungen von Art. 45 Abs. 1 des Statuts in der Fassung, die vor diesem Zeitpunkt gegolten habe, entschieden habe, dass das Maß der getragenen Verantwortung bei der Abwägung der Verdienste kein entscheidendes Kriterium darstellen könne.

37      Die vom Rat vorgenommene Auslegung von Art. 45 Abs. 1 des Statuts in seiner neuen Fassung liefe darauf hinaus, dieser Bestimmung gänzlich ihren Sinn zu nehmen. In Wirklichkeit werde mit dem in dieser Bestimmung enthaltenen Ausdruck „gegebenenfalls“ bezweckt, die Anstellungsbehörde zu verpflichten, etwaigen besonderen Fallgestaltungen Rechnung zu tragen, in denen ein Beamter Aufgaben wahrnehme, die einer höheren als seiner Besoldungsgruppe entsprächen.

38      Der Rat macht geltend, nach den Bestimmungen von Art. 45 Abs. 1 des Statuts sei das Maß der getragenen Verantwortung bei der Abwägung der Verdienste der Beamten nicht als entscheidendes Kriterium zu berücksichtigen. Da die beförderungsfähigen Beamten alle Beamte derselben Funktionsgruppe seien, sei davon auszugehen, dass sie die gleiche Verantwortung trügen. Das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung könne nur – hilfsweise – zum Tragen kommen, wenn der Beamte einen Dienstposten in einer Laufbahn seiner Laufbahngruppe oder seiner Sonderlaufbahngruppe innehabe, die höher sei als seine eigene Laufbahn. Im vorliegenden Fall sei das Maß der von den Klägern getragenen Verantwortung aber nicht offenkundig höher als dasjenige der beförderten Beamten mit Bescheinigung. Dieses Kriterium, das nur hilfsweise zum Tragen komme, hätte also am Ergebnis der vergleichenden Prüfung der Einzelbeurteilungen und der allgemeinen Beurteilungen nichts ändern können.

39      Der Rat macht als Zweites geltend, er habe nach ständiger Rechtsprechung Hilfskriterien wie das Lebens‑ und das Dienstalter nicht zu berücksichtigen, da er die Verdienste der beförderten Beamten und diejenigen der Kläger nicht als gleich eingestuft habe.

40      Die Streithelferinnen machen sich in ihren Schriftsätzen das Verteidigungsvorbringen des Rates zu eigen.

41      In der mündlichen Verhandlung hat der Rat seine Auslegung von Art. 45 Abs. 1 des Statuts präzisiert. Das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung sei wie die Kriterien der Beurteilungen und der Sprachkenntnisse der Beamten als eines der Kriterien für die Beurteilung der Verdienste der Bewerber um eine Beförderung anzusehen, und somit als ein „erstes“ Kriterium bei der Abwägung der Verdienste, im Unterschied zu den Hilfskriterien wie dem Lebens- oder dem Dienstalter, die erst in einem zweiten Schritt zum Tragen kämen, wenn bei mehreren beförderungsfähigen Beamten hinsichtlich der Verdienste Gleichheit festzustellen sei.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zur Zulässigkeit des Klagegrundes

42      Was Herrn Van Neyghem angeht, so geht sowohl aus seiner Beschwerde (Nr. 29) als auch aus der Entscheidung des Rates, mit der die Beschwerde zurückgewiesen worden ist (Nr. 28), hervor, dass der Klagegrund, mit dem gerügt wird, der Rat habe dadurch, dass er bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den Bewerbern getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe, gegen Art. 45 des Statuts verstoßen, bereits im Vorverfahren ausdrücklich geltend gemacht würde.

43      Was die beiden anderen Kläger angeht, so hat das Gericht im Licht der Rechtsprechung, wonach Beschwerden in einem Geist der Aufgeschlossenheit auszulegen sind, geprüft, ob sie im Hinblick auf den Wortlaut der von ihnen eingelegten Beschwerden befugt sind, den in der vorstehenden Randnummer genannten Klagegrund geltend zu machen.

44      Herr Bouillez hat in seiner Beschwerde ausdrücklich einen Verstoß gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts geltend gemacht (Nr. 22) und näher ausgeführt (Nr. 26), dass „die Anstellungsbehörde … verpflichtet [war], bei der Abwägung der Verdienste der Bewerber um eine Beförderung gemäß Art. 45 des Statuts alle erheblichen Gesichtspunkte zu untersuchen“. Es ist davon auszugehen, dass Herr Bouillez mit dieser Beschwerde, die in einem Geist der Aufgeschlossenheit auszulegen ist, die fehlende Berücksichtigung des Maßes der von den Bewerbern um die Beförderung getragenen Verantwortung bei der vom Rat vorgenommenen Abwägung der Verdienste beanstanden wollte.

45      Frau Wagner-Leclercq hat in ihrer in englischer Sprache eingereichten Beschwerde geltend gemacht, dass die Entscheidung, mit der ihre Beförderung abgelehnt worden sei, gegen Art. 45 des Statuts verstoße. Sie hat dazu näher ausgeführt:

„Meines Erachtens war eine Abwägung der Verdienste eines jeden Bewerbers unter Berücksichtigung der Bedeutung des Dienstpostens des Beamten im Organigramm und der entsprechenden Verantwortung wegen des Fehlens von Stellenbeschreibungen der Dienstposten nicht möglich.“

46      Mit diesen Beanstandungen hat sich die Klägerin zumindest implizit auf die Rüge des Fehlens der Berücksichtigung des Maßes der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung durch die Anstellungsbehörde bezogen.

47      Daraus folgt, dass die drei Kläger befugt sind, den Klagegrund geltend zu machen, mit dem gerügt wird, der Rat habe dadurch, dass er bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe, gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts verstoßen. Im Übrigen ist festzustellen, dass der Rat keine entsprechende Einrede der Unzulässigkeit erhoben hat.

–       Zur Begründetheit des Klagegrundes

48      Nach Art. 45 Abs. 1 des Statuts berücksichtigt die Anstellungsbehörde bei der Abwägung der Verdienste insbesondere die Beurteilung des Beamten, die Benutzung anderer Sprachen in der Ausübung seines Amtes als der Sprache, in der der Beamte gründliche Kenntnisse nachgewiesen hat, und gegebenenfalls das Maß der von dem beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung.

49      Das Gericht hat entschieden, dass in einem Bereich, in dem die Verwaltung über ein weites Ermessen verfügt, durch die ausdrückliche Erwähnung dieser Kriterien in Art. 45 des Statuts die besondere Bedeutung zum Ausdruck gebracht wird, die der Gesetzgeber deren Berücksichtigung beimisst (Urteil des Gerichts vom 31. Januar 2008, Buendía Sierra/Kommission, F‑97/05, Slg. ÖD 2008, I‑A‑1‑15 und II‑A‑1‑49, Randnr. 62). Dass in Art. 45 Abs. 1 des Statuts besonders erwähnt wird, dass bei der Abwägung der Verdienste im Hinblick auf die Beförderung gegebenenfalls das Maß der von dem Beamten getragenen Verantwortung zu berücksichtigen ist, ist umso bedeutsamer, als das Gericht erster Instanz im Urteil vom 12. Juli 2001, Schochaert/Rat (T‑131/00, Slg. ÖD 2001, I‑A‑141 und II‑743, Randnr. 43) festgestellt hatte, dass es gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts in der Fassung, die vor dem 1. Mai 2004 gegolten hat, verstoße, auf das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung als maßgebendes Kriterium abzustellen.

50      Zudem hat das Gericht zum einen entschieden, dass die ab dem 1. Mai 2004 geltenden Bestimmungen von Art. 45 Abs. 1 des Statuts hinsichtlich der bei der Beförderung zu berücksichtigenden Gesichtspunkte klarer sind als die Bestimmungen dieses Artikels in ihrer zuvor geltenden Fassung, da in ihnen außer auf die Beurteilungen auf die Benutzung anderer Sprachen als der Sprache, in der der betreffende Beamte gründliche Kenntnisse nachgewiesen hat, und gegebenenfalls auf das Maß der von ihm getragenen Verantwortung abgestellt wird; zum anderen hat das Gericht entschieden, dass die Anstellungsbehörde die Abwägung der Verdienste der beförderungsfähigen Beamten nunmehr grundsätzlich anhand dieser drei Gesichtspunkte vorzunehmen hat, wobei der Ausdruck „Verdienste“ im Sinne von Art. 45 Abs. 1 des Statuts somit eine andere, im Wesentlichen weitere Tragweite hat als derselbe Ausdruck, wie er in diesem Artikel in seiner Fassung, die vor dem 1. Mai 2004 gegolten hat, verwendet worden ist (Urteil des Gerichts vom 7. November 2007, Hinderyckx/Rat, F‑57/06, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑329 und II‑A‑1‑1831, Randnr. 45). Bei der Beurteilung der Verdienste der Beamten kann die Anstellungsbehörde, wenn die für eine Beförderung in Betracht kommenden Beamten nach den ausdrücklich in Art. 45 Abs. 1 des Statuts genannten Gesichtspunkten gleiche Verdienste aufweisen, hilfsweise andere Gesichtspunkte, z. B. das Lebensalter der Bewerber und ihre Dienstzeit in der Besoldungsgruppe oder der Dienststelle, berücksichtigen (Urteil Hinderyckx/Rat, Randnr. 46). In der mündlichen Verhandlung hat der Rat im Übrigen dieselbe Auslegung vertreten; er hat ausgeführt, dass in den neuen Vorschriften für die Beförderungsverfahren, die gerade von seinen Dienststellen ausgearbeitet würden, die Rolle des Kriteriums des Maßes der getragenen Verantwortung bei der Prüfung der Verdienste der Bewerber um eine Beförderung hervorgehoben werde.

51      Im Übrigen ist die Verwaltung nach der Rechtsprechung in Fällen, in denen sie – wie die Anstellungsbehörde bei Beförderungen – über ein weites Ermessen verfügt, bei der Abwägung der Verdienste der Bewerber um eine Beförderung gemäß Art. 45 Abs. 1 des Statuts verpflichtet, sorgfältig und unparteiisch alle für die Beurteilung dieser Verdienste relevanten Gesichtspunkte zu untersuchen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 2. April 2009, Kommission/Berrisford, T‑473/07 P, Slg. ÖD 2009, I‑B‑1‑17 und II‑B‑1‑85, Randnr. 42; Urteil vom 10. Oktober 2007, Berrisford/Kommission, F‑107/06, Slg. ÖD 2007, I‑A‑1‑285 und II‑A‑1‑1603, Randnr. 71).

52      Somit stellt das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung nach Art. 45 Abs. 1 des Statuts einen der drei entscheidenden Gesichtspunkte dar, die die Verwaltung bei der Abwägung der Verdienste der beförderungsfähigen Beamten zu berücksichtigen hat.

53      Zwar setzt, wie der Rat zutreffend geltend macht, die Zugehörigkeit zur selben Funktions‑ und Besoldungsgruppe die Wahrnehmung gleichwertiger Aufgaben voraus. Die Verwendung des Ausdrucks „gegebenenfalls“ in Art. 45 Abs. 1 des Statuts bestätigt, dass das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung wegen dieser Vermutung der Gleichwertigkeit der von Beamten derselben Besoldungsgruppe getragenen Verantwortung in den meisten Fällen keinen Gesichtspunkt darstellt, anhand dessen die Verdienste der Bewerber um eine Beförderung unterschieden werden können.

54      Diese Vermutung ist aber nicht unwiderlegbar, insbesondere seit der Verschmelzung der alten Laufbahngruppen B und C zur Funktionsgruppe AST. Durch diese Verschmelzung ist nämlich automatisch das Spektrum der Aufgaben, die von einem Beamten der Funktionsgruppe AST wahrgenommen werden können, erweitert worden, wie im Übrigen aus Anhang I Teil A des Statuts ersichtlich ist. Hinsichtlich des Maßes der getragenen Verantwortung können somit zwischen den verschiedenen Aufgaben, die von Beamten derselben Funktionsgruppe wahrgenommen werden, erhebliche Unterschiede bestehen. Außerdem entspricht nach dem Statut bestimmten wahrgenommenen Aufgaben nicht eine bestimmte Besoldungsgruppe. Vielmehr können Besoldungsgruppe und Funktion nach dem Statut auseinanderfallen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Juli 2008, Kommission/Economidis, T‑56/07 P, Slg. ÖD 2008, I‑B‑1‑31 und II‑B‑1‑213, Randnrn. 58 bis 60). Diese Trennung von Besoldungsgruppe und Bedeutung der wahrgenommenen Aufgabe entspricht im Übrigen dem Willen des Gesetzgebers und einer Entscheidung der Organe, ihre Personalverwaltung zu erleichtern. Auch das Gericht erster Instanz hatte im Rahmen der Auslegung der Bestimmungen von Art. 45 des Statuts in der Fassung, die vor dem 1. Mai 2004 gegolten hat, anerkannt, dass diese Vermutung der Gleichwertigkeit der getragenen Verantwortung bei Beamten derselben Besoldungsgruppe in bestimmten Fällen nicht begründet sei (Urteil Schochaert/Rat, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Eine solche Vermutung der Gleichwertigkeit enthebt die Verwaltung also nicht von ihrer Verpflichtung, das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung zu prüfen und dabei konkret zu ermitteln, ob anhand dieses Kriteriums Unterschiede hinsichtlich der Verdienste der betreffenden Beamten festgestellt werden können.

56      Mithin kann der Ausdruck „gegebenenfalls“ nicht dahin ausgelegt werden, dass die Verwaltung befugt wäre, das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung bei der Abwägung der Verdienste von vornherein außer Betracht zu lassen. Vielmehr hat der Gesetzgeber dadurch, dass er dieses Kriterium in Art. 45 Abs. 1 des Statuts ausdrücklich erwähnt hat, während es in der Fassung dieses Artikels, die vor dem 1. Mai 2004 gegolten hat, nicht enthalten war, darauf hinweisen wollen, dass das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung einen Gesichtspunkt darstellt, auf den es bei einer solchen Abwägung ankommen kann. Der Ausdruck „gegebenenfalls“ bedeutet lediglich, dass bei Bediensteten derselben Besoldungsgruppe zwar grundsätzlich davon auszugehen ist, dass sie Aufgaben mit gleichwertiger Verantwortung wahrnehmen, aber dass, wenn dies im Einzelfall nicht so ist, dieser Umstand im Beförderungsverfahren zu berücksichtigen ist.

57      Im vorliegenden Fall konnte eine solche für Beamte derselben Besoldungsgruppe bestehende Vermutung der Gleichwertigkeit im Übrigen in keinem Fall gelten und den Rat dazu bringen, die Erheblichkeit des Kriteriums des Maßes der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung nicht zu prüfen. Aus den Beurteilungen von Herrn Bouillez und Herrn Van Neyghem ging nämlich hervor, dass diese Beamten die Befähigung besaßen, die Funktion eines Beamten der Funktionsgruppe AD wahrzunehmen, d. h. eine Funktion der im Vergleich zu ihrer Funktionsgruppe höheren Funktionsgruppe. Es war also möglich, dass diese beiden Beamten in höherem Maß Verantwortung trugen als die anderen beförderungsfähigen Beamten in derselben Besoldungsgruppe.

58      Im vorliegenden Fall hat der Rat in der mündlichen Verhandlung schließlich geltend gemacht, dass es sich bei dem Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragene Verantwortung um eines der „ersten“ drei Kriterien handele, die bei der Abwägung der Verdienste zu berücksichtigen seien. Ihm könne aber nicht vorgeworfen werden, beim Beförderungsverfahren 2007 gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts verstoßen zu haben, da er diesen Gesichtspunkt beim Erlass der Beförderungsentscheidungen und der streitigen Entscheidungen berücksichtigt habe.

59      Hierzu ist festzustellen, dass die Überprüfung der Gründe, aus denen eine Beförderungsentscheidung und eine Entscheidung über die Ablehnung einer Beförderung getroffen worden ist, dadurch erschwert wird, dass diese beiden Arten von Entscheidungen nicht begründet werden müssen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 29. Mai 1997, Contargyris/Rat, T‑6/96, Slg. ÖD 1997, I‑A‑119 und II‑357, Randnr. 147 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nur die Entscheidung, mit der eine von einem nicht beförderten Bewerber gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts eingereichte Beschwerde zurückgewiesen wird, muss begründet werden; es ist davon auszugehen, dass die Begründung dieser Entscheidung mit den Gründen übereinstimmt, aus denen die Entscheidung getroffen worden ist, gegen die die Beschwerde gerichtet war (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. Juni 1996, Anacoreta Correia/Kommission, T‑118/95, Slg. ÖD 1996, I‑A‑283 und II‑835, Randnr. 82).

60      Es ist somit anhand der Akten zu prüfen, ob der Rat die Abwägung der Verdienste tatsächlich, wie er behauptet, wie in Art. 45 Abs. 1 des Statuts vorgeschrieben vorgenommen und dabei insbesondere das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung berücksichtigt hat, wobei der Antwort auf die Beschwerde insofern eine besondere Bedeutung zukommt.

61      Als Erstes stützt der Rat seine Auffassung auf die Mitteilung vom 12. Juni 2007, in der es u. a. heißt:

„Jeder Ausschuss erstellt die Verzeichnisse der beförderungsfähigen Bewerber, die nach Abwägung der Verdienste am ehesten für die Besetzung der von mir für das Jahr 2007 ausgeschriebenen Planstellen geeignet sind. Bei dieser Abwägung sind insbesondere die Beurteilung des Beamten sowie die anderen Gesichtspunkte, die in Art. 45 des Statuts genannt sind, zu berücksichtigen.“

62      In Anhang 1 Punkt 3 der Mitteilung vom 12. Juni 2007 heißt es:

„Dieses Beförderungsverfahrens ist gekennzeichnet durch das Inkrafttreten von Art. 45 Abs. 2 des Statuts, wonach der Beamte vor seiner ersten Beförderung nach der Einstellung nachweisen muss, dass er in einer dritten Sprache arbeiten kann. Die Beamten, die von dieser Maßnahme betroffen sind und nicht nachgewiesen haben sollten, dass sie in einer dritten Sprache arbeiten können, können nicht befördert werden, auch wenn sie am 1. Januar 2007 die erforderliche Dienstzeit abgeleistet haben. …“

63      In der Mitteilung vom 12. Juni 2007 wird im Hinblick auf die Abwägung der Verdienste zwar neben den Beurteilung auf die „anderen Gesichtspunkte“ des Art. 45 des Statuts hingewiesen. Allerdings wird nicht ausdrücklich das Maß der von den beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung angeführt, obwohl in Anhang 1 ausdrücklich auf das Kriterium der Benutzung anderer Sprachen als der Sprache, in der der betreffende Beamte gründliche Kenntnisse nachgewiesen hat, abgestellt wird. Allein aus der Mitteilung vom 12. Juni 2007 ist angesichts ihrer allgemeinen und ungenauen Formulierung deshalb nicht ersichtlich, dass der Rat bei der Abwägung der Verdienste das Maß der getragenen Verantwortung berücksichtigt hätte.

64      Als Zweites stützt der Rat seine Behauptung, er habe die Verdienste der beförderungsfähigen Beamten im Einklang mit Art. 45 Abs. 1 des Statuts abgewogen, auf den Bericht des beratenden Beförderungsausschusses. In diesem Bericht werden aber nicht ausdrücklich die Gesichtspunkte genannt, die dieser Ausschuss bei seinen Vorschlägen berücksichtigt hat. Aus dem Bericht ergibt sich, dass dem beratenden Ausschuss die Beurteilungsberichte der Bewerber und eine Liste der Beamten, die nachgewiesen haben, dass sie in einer dritten Sprache arbeiten können, vorgelegen haben. Hingegen geht aus dem Bericht des beratenden Ausschusses in keiner Weise klar hervor, dass dieser Ausschuss über relevante und verwertbare Angaben zum Maß der von den verschiedenen beförderungsfähigen Beamten getragenen Verantwortung verfügt hätte. Insoweit ist bezeichnend, dass der Ausdruck „Maß der getragenen Verantwortung“ in dem Bericht nicht vorkommt. Demzufolge lässt sich auch anhand des Berichts des beratenden Ausschusses nicht feststellen, dass der Rat beim Erlass der streitigen Entscheidungen das Maß der getragenen Verantwortung berücksichtigt hätte.

65      Wegen dieser Unsicherheiten stellt die Begründung der zurückweisenden Entscheidungen über die Beschwerden der Kläger als Drittes ein besonders wichtiges Beweismittel für die Beurteilung der Begründetheit des in Rede stehenden Klagegrundes dar.

66      Insoweit geben die Entscheidungen über die Zurückweisung der Beschwerden von Herrn Bouillez und Frau Wagner-Leclercq wenig her; sie enthalten keine Angaben zu der Methode, die der Rat beim Vergleich der Verdienste der Beamten tatsächlich angewandt hat.

67      Hingegen geht aus der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde von Herrn Van Neyghem hervor, dass die Anstellungsbehörde sich bei der Abwägung der Verdienste der beförderungsfähigen Beamten auf die Beurteilungen der Betreffenden gestützt hat, ohne das Maß der von diesen getragenen Verantwortung zu berücksichtigen.

68      Zunächst unterstreicht die Anstellungsbehörde in dieser Entscheidung nämlich beim Zitieren von Art. 45 Abs. 1 des Statuts den Satzteil „berücksichtigt. … insbesondere die Beurteilung des Beamten“. Weiter weist sie darauf hin, dass alle beförderten Beamten mit Bescheinigungen bessere Beurteilungen gehabt hätten als der Beschwerdeführer. Insbesondere stellt die Verwaltung in dieser Entscheidung schließlich fest, dass das Kriterium des Maßes der von den Beamten getragenen Verantwortung nur bei „gleichen Verdiensten“ zu berücksichtigen sei, „um zwischen Beamten, die für die Beförderung in Betracht kommen, zu unterscheiden“.

69      Mit diesen Ausführungen hat die Anstellungsbehörde dem Beschwerdeführer zu verstehen gegeben, dass, da im vorliegenden Fall zwischen seinen Verdiensten und denjenigen der beförderten Beamten auf der Grundlage der Beurteilungen keine Gleichheit festgestellt worden sei, das Kriterium des Maßes der getragenen Verantwortung nicht berücksichtigt worden sei. Aus den überaus allgemeinen Formulierungen der Anstellungsbehörde in dieser Entscheidung (diese Formulierungen lassen erkennen, dass die Verwaltung für den Fall des Beschwerdeführers keinen spezifischen Ansatz gewählt hat, sondern auf ihn Art. 45 des Statuts in der Auslegung angewandt hat, wie sie es auch sonst getan hat) geht aber hervor, dass diese bei der Beurteilung der Frage, ob die verschiedenen für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 7 in Betracht kommenden Beamten die gleichen Verdienste hatten, das Maß der von ihnen getragenen Verantwortung nicht berücksichtigt hat. Wie bereits ausgeführt stellt das Maß der getragenen Verantwortung aber eines der drei Elemente dar, anhand deren sich die Verdienste eines Bewerbers um die Beförderung beurteilen lassen.

70      Als Viertes hat der Rat seiner Klagebeantwortung eine synoptische Tabelle beigefügt (Anlage B 9), aus der die Aufgaben und der Verantwortungsgrad der betreffenden Beamten ersichtlich sind. Allerdings geht aus den Akten nicht hervor, dass diese Tabelle bereits zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidungen existiert hätte, und im Übrigen ist nicht geltend gemacht worden, dass der beratende Beförderungsausschuss, dessen Vorschläge der Rat übernommen hat, seine Analyse auf diese Tabelle gestützt hätte.

71      Infolgedessen ist rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass der Rat – anders als er behauptet – bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den Beamten getragenen Verantwortung nicht berücksichtigt hat. Der Rat hat somit einen Rechtsfehler begangen. Mithin sind die streitigen Entscheidungen aus diesem Grund aufzuheben, ohne dass eine Prüfung der anderen Klagegründe erforderlich wäre.

 Zu den gegen die Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung gerichteten Anträgen

 Zur Zulässigkeit

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

72      Die letzten beiden Streithelferinnen machen geltend, die gegen die Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung gerichteten Anträge seien unzulässig. Diese Entscheidungen seien nämlich nur die Folge der Bescheinigungsentscheidungen, die von den Klägern nicht angefochten worden seien.

73      Die Kläger machen geltend, diese Einrede der Unzulässigkeit könne nicht durchgreifen. Es gehe ihnen mit ihrer Klage nämlich nicht darum, die Entscheidungen über die den beförderten Beamten, die früher der alten Laufbahngruppe C angehört hätten, erteilten Bescheinigungen anzufechten, sondern darum, die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung dieser Beamten zu erreichen, soweit diese keine Aufgaben der Laufbahnschiene der keinen Einschränkungen unterliegenden Mitglieder der Funktionsgruppe AST wahrgenommen hätten.

74      Zur Begründetheit wiederholen die Verfahrensbeteiligten dasselbe Vorbringen, das oben im Zusammenhang mit den Anträgen auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen dargestellt worden ist.

75      Darüber hinaus machen die letzten beiden Streithelferinnen geltend, die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung sei im Hinblick auf die Zahl der betroffenen Beamten und die möglicherweise entstehenden Schäden offenkundig unverhältnismäßig. Zudem verstieße die Aufhebung dieser Entscheidungen gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes und des Schutzes wohlerworbener Rechte.

–       Würdigung durch das Gericht

76      Nach Art. 110 der Verfahrensordnung sind die Anträge eines Streithilfeschriftsatzes nur zulässig, wenn sie der vollständigen oder teilweisen Unterstützung der Anträge einer Partei dienen sollen. Ein Streithelfer ist somit nicht befugt, eine im schriftlichen Verfahren nicht geltend gemachte Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, und das Gericht ist somit nicht verpflichtet, die von ihm insoweit geltend gemachten Angriffs‑ und Verteidigungsmittel zu prüfen.

77      Das Gericht kann jedoch gemäß Art. 77 der Verfahrensordnung jederzeit von Amts wegen prüfen, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen einschließlich der von den Streithelfern angesprochenen fehlen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. April 2005, Sniace/Kommission, T‑88/01, Slg. 2005, II‑1165, Randnrn. 49, 52 und 53).

78      Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den Bescheinigungs- und Beförderungsentscheidungen – entgegen dem Vorbringen der letzten beiden Streithelferinnen – um voneinander unabhängige Entscheidungen. Aus diesem Grund kann der Umstand, dass die Kläger die Bescheinigungsentscheidungen nicht angefochten haben, nicht zur Unzulässigkeit der gegen die Beförderungsentscheidungen gerichteten Anträge führen.

79      Die von den letzten beiden Streithelferinnen erhobene Einrede der Unzulässigkeit kann deshalb keinen Erfolg haben.

80      Im Übrigen hält das Gericht den Hinweis darauf für erforderlich, dass Beamte, die nach einer bestimmten Besoldungsgruppe befördert werden können, grundsätzlich ein persönliches Interesse daran haben, Entscheidungen, mit denen andere Beamte nach dieser Besoldungsgruppe befördert werden, anzufechten. Der Gerichtshof hat die Zulässigkeit einer solchen Klage mehrfach implizit anerkannt und sogar Beförderungs- oder Ernennungsentscheidungen wegen eines Fehlers bei der Abwägung der Verdienste oder wegen Fehlens einer solchen Abwägung aufgehoben (Urteile des Gerichtshofs vom 23. Januar 1975, de Dapper/Parlament, 29/74, Slg. 1975, 35, und vom 17. Januar 1989, Vainker/Parlament, 293/87, Slg. 1989, 23). Und das Gericht erster Instanz hat ausdrücklich festgestellt, dass ein Bediensteter zwar keinen durchsetzbaren Anspruch auf Beförderung hat, dass er jedoch ein Interesse an einer Anfechtung der Entscheidung hat, einen anderen Bediensteten nach der Besoldungsgruppe, die er für sich beanspruchen kann, zu befördern, gegen die er eine Beschwerde eingereicht hat, die zurückgewiesen wurde (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 21. Januar 2004, Robinson/Parlament, T‑328/01, Slg. ÖD 2004, I‑A‑5 und II‑23, Randnrn. 32 und 33).

 Zur Begründetheit

81      Die Kläger machen gegen die Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung den Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 45 Abs. 1 des Statuts geltend, soweit der Rat bei der Abwägung der Verdienste das Maß der von den Bewerbern um die Beförderung getragenen Verantwortung nur hilfsweise berücksichtigt habe. Da die gegen diese Entscheidungen gerichteten Anträge schlüssig auf diesen Klagegrund gestützt werden können und dieser vom Gericht für begründet befunden worden ist, müsste er normalerweise die Aufhebung dieser Entscheidungen nach sich ziehen, ohne dass eine Prüfung der anderen zur Stützung dieser Anträge geltend gemachten Klagegründe erforderlich wäre.

82      Allerdings hat das Gericht nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte, wenn die aufzuhebende Maßnahme einen Dritten begünstigt – was bei der Aufnahme in eine Reserveliste oder einer Beförderungs- oder Ernennungsentscheidung der Fall ist –, vorab zu prüfen, ob die Aufhebung nicht eine im Hinblick auf die geschehene Rechtsverletzung übermäßige Maßnahme wäre (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Juni 1980, Oberthür/Kommission, 24/79, Slg. 1980, 1743, Randnrn. 11 und 13; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 10. Juli 1992, Barbi/Kommission, T‑68/91, Slg. 1992, II‑2127, Randnr. 36).

83      Die Folgen, die von den Unionsgerichten aus der Rechtswidrigkeit gezogen werden, sind bei Auswahlverfahren und bei Beförderungen nicht dieselben. Die Aufhebung sämtlicher Ergebnisse eines Auswahlverfahrens stellt nämlich grundsätzlich eine im Hinblick auf die geschehene Rechtsverletzung übermäßige Maßnahme dar, und zwar unabhängig von der Art des Verstoßes und des Umfangs seiner Auswirkungen auf die Ergebnisse des Auswahlverfahrens (vgl. im Bereich der fehlerhaften Zusammensetzung des Prüfungsausschusses u. a. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 22. Juni 1990, Marcopoulos/Gerichtshof, T‑32/89 und T‑39/89, Slg. 1990, II‑281; vgl. im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung Urteil des Gerichts erster Instanz vom 17. März 1994, Smets/Kommission, T‑44/91, Slg. ÖD 1994, I‑A‑97 und II‑319).

84      Hingegen nimmt der Unionsrichter bei Beförderungen eine Einzelfallprüfung vor.

85      Als Erstes berücksichtigt er die Art des begangenen Rechtsverstoßes. Handelt es sich bei dem festgestellten Verstoß lediglich um einen Verfahrensmangel, der nur das Dienstverhältnis eines einzelnen Beamten betrifft (vgl. zum Fehlen einer Beurteilung u. a. Urteil Barbi/Kommission; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 21. November 1996, Michaël/Kommission, T‑144/95, Slg. ÖD 1996, I‑A‑529 und II‑1429, und vom 5. Oktober 2000, Rappe/Kommission, T‑202/99, Slg. ÖD 2000, I‑A‑201 und II‑911; vgl. zu einem Begründungsmangel Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Juli 2004, Huygens/Kommission, T‑281/01, Slg. ÖD 2004, I‑A‑203 und II‑903), rechtfertigt ein solcher Verstoß nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte grundsätzlich nicht die Aufhebung der Beförderungsentscheidungen, da dies eine übermäßige Sanktion wäre. Hingegen hebt der Unionsrichter die Beförderungsentscheidungen bei einem wesentlichen Mangel, z. B. einem Rechtsfehler, der die Abwägung der Verdienste insgesamt betrifft, grundsätzlich auf (Urteile Vainker/Parlament und Robinson/Parlament).

86      Als Zweites nimmt der Unionsrichter eine Interessenabwägung vor.

87      Bei der Interessenabwägung berücksichtigt der Unionsrichter zunächst das Interesse, das die betreffenden Beamten daran haben, dadurch wieder rechtmäßig und vollständig in ihre Rechte eingesetzt zu werden, dass tatsächlich eine neue Abwägung der Verdienste vorgenommen wird, bei der die gesetzlichen Kriterien wie vorgeschrieben berücksichtigt werden, sowie ihr Interesse daran, in Zukunft nicht mit rechtswidrig beförderten Beamten konkurrieren zu müssen, und daran, dass in der Folge nicht erneut eine Entscheidung getroffen wird, die mit derselben Rechtswidrigkeit wie der gerichtlich festgestellten behaftet ist.

88      Sodann berücksichtigt der Unionsrichter die Interessen der rechtswidrig beförderten Beamten. Zwar haben diese kein wohlerworbenes Recht auf Beibehaltung ihrer Beförderung, da die Beförderungsentscheidungen rechtswidrig waren und innerhalb der Klagefristen angefochten worden sind (vgl. für Aufhebungen z. B. Urteile Vainker/Parlament und Robinson/Parlament). Der Unionsrichter berücksichtigt aber, dass diese Beamten auf die Rechtmäßigkeit der Entscheidungen, mit denen sie befördert worden sind, vertrauen durften, insbesondere wenn ihnen von ihren Vorgesetzten gute Beurteilungen erteilt worden sind, die objektiv eine Beförderung rechtfertigen konnten. Die Interessen dieser Beamten werden vom Unionsrichter stärker berücksichtigt, wenn es sich bei diesen Beamten um eine große Gruppe handelt (vgl. für die Abweisung von Aufhebungsanträgen gegen das gesamte Verzeichnis der Beförderten, in der viele Beamten aufgeführt waren, Urteil des Gerichts erster Instanz vom 19. Oktober 2006, Buendía Sierra/Kommission, T‑311/04, Slg. 2006, II‑4137, Randnr. 349).

89      Schließlich prüft der Unionsrichter das dienstliche Interesse, d. h. insbesondere die Wahrung der Rechtmäßigkeit, die Auswirkungen einer Nichtaufhebung der rechtswidrigen Entscheidungen auf den Haushalt (vgl. Randnr. 90 des vorliegenden Urteils), mögliche Schwierigkeiten bei der Durchführung der rechtskräftigen Entscheidung, mögliche Beeinträchtigungen der Kontinuität des Verwaltungshandelns und eine mögliche Verschlechterung des Betriebsklimas innerhalb des Organs.

90      Nach der Interessenabwägung entscheidet der Unionsrichter im Einzelfall, ob er die Beförderungsentscheidungen aufhebt oder nicht. Falls er zu der Auffassung gelangt, dass die Aufhebung der Beförderungsentscheidungen eine im Hinblick auf die festgestellte Rechtsverletzung übermäßige Maßnahme wäre, kann er gegebenenfalls, um im Interesse des Klägers die praktische Wirksamkeit des Urteils, mit dem die Entscheidung über die Nichtbeförderung aufgehoben wird, sicherzustellen, von seiner ihm bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten übertragenen Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch machen und das Organ auch von Amts wegen zur Zahlung einer Entschädigung verurteilen (Urteil Oberthür/Kommission, Randnr. 14).

91      Im vorliegenden Fall erfolgt die Prüfung dieser verschiedenen Beurteilungskriterien in einem besonderen Kontext. Die Kläger haben die Anträge auf Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung nämlich nur „soweit erforderlich“ (und nicht „als Folge der Aufhebung der Entscheidungen über die Nichtbeförderung“) gestellt.

92      Angesichts der Formulierung dieser Anträge hat das Gericht somit, noch bevor es prüft, ob die Aufhebung der Beförderungsentscheidungen unter den genannten Umständen eine im Hinblick auf die festgestellte Rechtsverletzung übermäßige Maßnahme ist, zu prüfen, ob diese Aufhebung erforderlich ist, um die Beförderungschancen der Kläger wiederherzustellen, da die Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands eine neue Abwägung der Verdienste nach den gesetzlich vorgeschriebenen Kriterien und gegebenenfalls eine rückwirkende Beförderung der Kläger zur Folge hat.

93      Die zentrale Frage ist somit, ob die Aufrechterhaltung der Entscheidungen über die Beförderung der vierzehn Beamten mit Bescheinigungen einer Beförderung der Kläger entgegenstünde, wenn deren Verdienste nach einer neuen Abwägung im Rahmen der Durchführung der rechtskräftigen Entscheidung als höher eingestuft werden sollten als diejenigen der rechtswidrig beförderten Beamten und sie deshalb zu befördern wären.

94      Im Hinblick insbesondere auf Anhang 2 der Mitteilung vom 12. Juni 2007, worin die im Jahr 2007 möglichen Beförderungen nach Besoldungsgruppe AST 7 auf 22 beschränkt wurden, und das Schreiben des Rates vom 19. Dezember 2008, mit dem diese Information bestätigt worden ist, schien bis zum Ende des schriftlichen Verfahrens die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung grundsätzlich erforderlich zu sein, da eine etwaige Beförderung der Kläger nach Besoldungsgruppe AST 7 offenbar nur erfolgen könnte, wenn den Beamten mit Bescheinigung, die nach dieser Besoldungsgruppe befördert worden sind, diese Beförderung genommen würde.

95      In der mündlichen Verhandlung hat der Vertreter des Rates seine mündlichen Ausführungen mit der Erklärung eingeleitet, dass die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung ab dem Zeitpunkt der Verkündigung des Urteils nicht mehr erforderlich sei. Falls die streitigen Entscheidungen aufgehoben werden sollten, würde nämlich der Rat die Kläger im Rahmen der Durchführung des Urteils wieder in ihre Rechte einsetzen, indem er gegebenenfalls Beförderungsentscheidungen für das Jahr 2009 treffen und den Klägern wegen des durch die Verzögerung der Beförderung von 2007‑2009 entstandenen Laufbahnschadens eine Entschädigung gewähren werde.

96      Nach den einleitenden mündlichen Ausführungen der Parteien und der Streithelferinnen hat der Rechtsanwalt der Kläger auf die Frage des Gerichts, ob die Kläger ihre Anträge auf Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung im Hinblick auf die genannten Erklärungen des Rates nicht zurücknehmen wollten, erklärt, dass er bereit sei, eine solche Rücknahme in Betracht zu ziehen, wenn der Rat diese von seinem Vertreter gemachten Zusagen schriftlich bestätige.

97      Nach der mündlichen Verhandlung hat der Rat mit Schreiben vom 17. Dezember 2009 den Inhalt seiner Zusagen mitgeteilt. Er hat bekräftigt, dass der Rat, wenn das Gericht die streitigen Entscheidungen wegen Rechtswidrigkeit der Abwägung der Verdienste im Beförderungsverfahren 2007 für die Besoldungsgruppe AST 7 aufheben sollte, zur Durchführung des Urteils folgende Maßnahmen ergreifen werde:

„… Die Anstellungsbehörde wird den beratenden Beförderungsausschuss erneut einberufen, um eine neue Abwägung der Verdienste der 2007 für eine Beförderung nach der Besoldungsgruppe AST 7 in Betracht kommenden Beamten vorzunehmen, und zwar im Einklang mit den Feststellungen des Urteils. Diese neue Abwägung der Verdienste kann nicht auf die Kläger und die beförderten Beamten beschränkt sein, sondern müsste sich auf die Verdienste aller Beamten erstrecken, die im Verfahren 2007 für eine Beförderung nach Besoldungsgruppe AST 7 in Betracht kamen.

Die Kläger könnten nur befördert werden, wenn sie nach dieser Abwägung und nach Anwendung aller ‚ersten‘ Kriterien und aller Hilfskriterien gegenüber den anderen beförderungsfähigen Beamten einen ausreichendem Rang haben. Wenn dies der Fall sein sollte, werden die Kläger rückwirkend zum 1. Januar 2007 nach Besoldungsgruppe AST 7 befördert, zusätzlich zu den im Verfahren 2007 beförderten Beamten, deren Beförderungsentscheidungen nicht in Frage gestellt werden.“

98      Die Kläger haben dem Gericht am 7. Januar 2010 mitgeteilt, dass sie ihre Anträge auf Aufhebung der Beförderungsentscheidungen in Anbetracht der näheren Angaben, die der Rat in seinem Schreiben vom 19. Dezember 2009 gemacht habe, nicht zurücknähmen.

99      Aus dem Schriftwechsel zwischen den Parteien geht hervor, dass sich der Rat verbindlich verpflichtet hat, im Rahmen der Durchführung des vorliegenden Urteils eine neue Abwägung der Verdienste durchzuführen und die Kläger gegebenenfalls rückwirkend zusätzlich zu befördern.

100    Angesichts dieser vorbehaltslosen Zusage des Rates in Einklang mit Art. 266 AEUV erweist sich die Aufhebung der Beförderungsentscheidungen nicht als unbedingt erforderlich, um die Kläger wieder angemessen in ihre Rechte einzusetzen, da eine etwaige Beförderung der Kläger zusätzlich zur Beförderung der bereits beförderten Beamten mit Bescheinigung erfolgen kann, wobei eine solche zusätzliche Beförderung, wenn sie erfolgen sollte, zwangsläufig dieselbe Tragweite hätte wie die der ursprünglich erlassenen Beförderungsentscheidungen, ohne dass sie irgendeinen negativen Beigeschmack hätte.

101    Die Kläger haben in ihrem Schreiben vom 7. Januar 2010 zwar die vom Rat im Schreiben vom 17. Dezember 2009 ins Auge gefassten Modalitäten der Durchführung des vorliegenden Urteils beanstandet, indem sie geltend gemacht haben, dass ihre Verdienste nur mit denen der bereits beförderten Beamten verglichen werden dürften, und nicht mit denen aller beförderungsfähigen Beamten; diese Kritik ist für die Beurteilung der Erforderlichkeit einer Aufhebung der Beförderungsentscheidungen aber irrelevant. Die genaue Bestimmung der Beamten, die im Rahmen der Durchführung des Urteils in den Genuss einer neuen Abwägung der Verdienste kommen können, ist nämlich unabhängig von der Frage der Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung.

102    Somit ist unter den Umständen des vorliegenden Falles die Aufhebung der Entscheidungen über die Beförderung der Beamten mit Bescheinigung nicht erforderlich. Folglich sind die gegen diese Entscheidungen gerichteten Anträge zurückzuweisen.

 Kosten

103    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht aus Gründen der Billigkeit entscheiden, dass eine unterliegende Partei zur Tragung nur eines Teils der Kosten oder gar nicht zur Tragung der Kosten zu verurteilen ist.

104    Aus den Gründen des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass der Rat die im Wesentlichen unterliegende Partei ist. Zudem haben die Kläger ausdrücklich beantragt, dem Rat die Kosten aufzuerlegen. Da die Umstände des vorliegenden Falles die Anwendung von Art. 87 Abs. 2 der Verfahrensordnung nicht rechtfertigen, sind dem Rat die Kosten aufzuerlegen.

105    Die Streithelferinnen haben gemäß Art. 89 Abs. 4 der Verfahrensordnung ihre eigenen Kosten zu tragen, unbeschadet einer möglichen Übernahme sämtlicher oder eines Teils dieser Kosten durch den Rat auf der Grundlage von Art. 24 des Statuts.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST (Plenum)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidungen, mit denen der Rat der Europäischen Union es abgelehnt hat, Herrn Bouillez, Herrn Van Neyghem und Frau Wagner-Leclercq im Beförderungsverfahren 2007 nach Besoldungsgruppe AST 7 zu befördern, werden aufgehoben.

2.      Im Übrigen wird die Klage von Herrn Bouillez, Herrn Van Neyghem und Frau Wagner-Leclercq abgewiesen.

3.      Der Rat der Europäischen Union trägt die Kosten.

4.      Die Streithelfer tragen ihre eigenen Kosten.

Mahoney

Tagaras

Gervasoni

Kreppel

 

      Van Raepenbusch

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Mai 2010.

Die Kanzlerin

 

      Der Präsident

W. Hakenberg

 

      P. Mahoney


* Verfahrenssprache: Französisch.