Language of document : ECLI:EU:C:2014:42

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 30. Januar 2014(1)

Rechtssache C‑382/12 P

MasterCard u. a.

gegen

Europäische Kommission

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Art. 81 EG – Zahlungssystem mit Debit-, Charge- und Kreditkarten – Multilaterale Standard-Interbankenentgelte – Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen – Bewirkung einer Wettbewerbsbeschränkung – Begriff „Nebenabrede“ – Objektive Notwendigkeit – Vereinbarungen von MasterCard über multilaterale EWR-Interbankenentgelte für grenzüberschreitende Zahlungskartentransaktionen – Freistellungsvoraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EG – Verfahren vor dem Gericht – Voraussetzungen der Zulässigkeit der Anlagen zur Klageschrift“





I –    Einleitung

1.        Gegenstand der vorliegenden Rechtssache ist ein Rechtsmittel der Holdinggesellschaft MasterCard Incorporated sowie ihrer beiden Tochtergesellschaften (im Folgenden: MasterCard Inc., MasterCard International Inc. und MasterCard Europe, zusammen Rechtsmittelführerinnen) sowie zwei Anschlussrechtsmittel der The Royal Bank of Scotland plc (im Folgenden: RBS) zum einen und der Lloyds TSB Bank plc (im Folgenden: LTSB) sowie der Bank of Scotland plc (im Folgenden: BOS) zum anderen gegen das Urteil vom 24. Mai 2012, MasterCard u. a./Kommission (im Folgenden: angefochtenes Urteil)(2), mit dem das Gericht die Nichtigkeitsklage der Rechtsmittelführerinnen gegen die Entscheidung der Kommission K(2007) 6474 endg. vom 19. Dezember 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sachen COMP/34.579 – MasterCard, COMP/36.518 – EuroCommerce und COMP/38.580 – Commercial Cards, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

2.        Im Mittelpunkt der Rechtssache steht die von den Rechtsmittelführerinnen vertretene Zahlungsorganisation (im Folgenden: Zahlungsorganisation MasterCard oder MasterCard). Diese Organisation gehörte bis zum 25. Mai 2006 den angeschlossenen Bankinstituten und wurde von diesen verwaltet. Zu diesem Zeitpunkt, während des laufenden Verwaltungsverfahrens, das zum Erlass der streitigen Entscheidung führte, wurden Aktien von MasterCard Inc. erstmalig an der New Yorker Börse angeboten (im Folgenden: Börsengang), was zu einer Änderung der Unternehmensstruktur und ‑führung geführt hat.

3.        MasterCard betreibt ein sogenanntes offenes Zahlungskartensystem (oder Vier-Parteien-System). Im Unterschied zu einem geschlossenen System (oder Drei-Parteien-System), wie dem von American Express, in dem der Systemeigentümer selbst mit den Karteninhabern und den Händlern Verträge schließt, umfasst ein offenes System, dem sich verschiedene Finanzinstitute unter einer gemeinsamen Kartenmarke anschließen können, drei Interaktionsebenen: die erste zwischen dem Systemeigentümer und den angeschlossenen Banken, die zweite zwischen den Issuing-Banken (oder Issuers)(3) und den Acquiring-Banken (oder Acquirers)(4) und die dritte zwischen diesen Banken und ihren jeweiligen Kunden, nämlich den Karteninhabern und den Händlern(5). In einem solchen System ist sein Eigentümer der Inhaber des Zahlungskartenlogos und bewirbt es, stimmt allgemein die Praktiken der angeschlossenen Banken ab und kann als Netzbetreiber auftreten, indem er eine EDV-Infrastruktur für die Übertragung der elektronischen Nachrichten zur Verfügung stellt, mit denen die Transaktionen geschlossen werden. Er verrechnet den Banken die Entgelte und Gebühren für die Teilnahme am System und, wenn er als Netzbetreiber auftritt, die Gebühren für die Verarbeitung der Kartenzahlungen(6).

4.        Im vorliegenden Verfahren geht es konkret um die Beschlüsse von MasterCard, mit denen die multilateralen Interbankenentgelte festgesetzt werden, die innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) oder der Euro-Zone standardmäßig gelten, nämlich bei Fehlen einer bilateralen Vereinbarung zwischen der Issuing- und der Acquiring-Bank oder auf nationaler Ebene gemeinsam festgesetzter Interbankenentgelte (Multilateral Interchange Fees, im Folgenden: MIF)(7). Diese Entgelte werden von den Acquiring-Banken an die Issuing-Banken für jedes zwischen den Mitgliedstaaten des EWR oder der Euro-Zone mit einer Zahlungskarte mit MasterCard- oder Maestro-Logo(8) (im Folgenden gemeinsam: MasterCard-Karten) durchgeführte Geschäft geleistet. Grundsätzlich sind die MIF zur Gänze in der Gebühr enthalten, die den Händlern von der Acquiring-Bank in Rechnung gestellt wird (Merchant Service Charge, Gebühr für die Dienstleistung, die dem Händler erbracht wird, im Folgenden: Händlergebühr)(9), und werden daher auf Letztere als gemeinsame Output-Kosten abgewälzt(10). Nach der von den Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren aufgestellten und von der Kommission als Grundlage ihrer Beurteilung übernommenen These stellen die MIF „einen Mechanismus [dar], der die Nachfrage des Karteninhabers einerseits und die des Händlers andererseits aufeinander abstimmen soll“, um die Kosten der Dienstleistung zwischen den Issuern und den Acquirern des Systems aufzuteilen(11).

5.        Bis 25. Mai 2006 wurden die MIF durch das regionale Europa-Board von MasterCard (im Folgenden: Europa-Board) festgesetzt, das die Vertreter der im gesamten EWR niedergelassenen Banken vereinigte. Danach war allein das Global Board von MasterCard in seiner neuen Zusammensetzung für die die MIF betreffenden Beschlüsse zuständig.

6.        In der streitigen Entscheidung ging die Kommission davon aus, dass die Beschlüsse zur Festlegung der MIF, die sie als Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG einstufte, den Wettbewerb zwischen den Acquiring-Banken unter Verstoß gegen diesen Artikel und Art. 53 EWR-Abkommen beschränkten, da sie de facto eine Mindesthöhe für die Händlergebühren vorgäben(12). Folglich gab sie der Zahlungsorganisation MasterCard und den Rechtsmittelführerinnen unter Androhung eines täglichen Zwangsgeldes(13) auf, die Zuwiderhandlung binnen sechs Monaten, d. h. bis zum 21. Juni 2008, zu beenden und die MIF(14) aufzuheben, die Netzregeln zu ändern, alle die MIF(15) betreffenden Beschlüsse aufzuheben und alle Finanzinstitute im MasterCard-Netz über die unternommenen Handlungen zu unterrichten(16).

7.        Vor dem Gericht beantragten die Rechtsmittelführerinnen die Nichtigerklärung der gesamten streitigen Entscheidung und hilfsweise die Nichtigerklärung der Art. 3 bis 5 und 7 dieser Entscheidung, mit denen die Kommission die oben angeführten Abhilfemaßnahmen sowie ein tägliches Zwangsgeld festgesetzt hat. Sechs Finanzinstitute, darunter die drei Anschlussrechtsmittelführerinnen, traten dem Rechtsstreit zur Unterstützung dieser Anträge bei, während das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland sowie zwei Vereinigungen, von denen die eine die Einzelhändler des Vereinigten Königreichs und die andere den Einzel-, Groß- und internationalen Handel in der Europäischen Union vertritt, nämlich British Retail Consortium (im Folgenden: BRC) und Eurocommerce, traten dem Rechtsstreit zur Unterstützung der Anträge der Kommission auf Abweisung der Klage bei. Das Gericht hat, nachdem es sämtliche Klagegründe zur Stützung der Haupt- und Hilfsanträge geprüft und bestimmte Anlagen zur Klageschrift für unzulässig erklärt hat, die Klage abgewiesen und die Rechtsmittelführerinnen zur Tragung der Kosten verurteilt.

8.        Am 12. Juni 2008 schaffte MasterCard vorläufig die grenzüberschreitenden MIF ab, wobei die Gespräche mit der Kommission fortgesetzt wurden. Diese führten schließlich zu Verpflichtungszusagen von MasterCard betreffend u. a. die Verwendung einer neuen Berechnungsmethode für die MIF, die deren Höhe im Vergleich zu der als Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln des Vertrags angesehenen erheblich verringern sollte(17).

9.        Mit Schriftsatz, der am 4. August 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, haben MasterCard International Inc. und MasterCard Europe im vorliegenden Verfahren Rechtsmittel erhoben. Zur Unterstützung ihrer Anträge sind dem Rechtsstreit neben RBS, LTSB und BOS, die auch Anschlussrechtsmittel eingelegt haben, die MBNA Europe Bank Ltd (im Folgenden: MBNA) sowie die HSBC Bank plc (im Folgenden: HSBC) beigetreten. Zur Unterstützung der Anträge der Kommission auf Abweisung des Rechtsmittels sind dem Rechtsstreit BRC, Eurocommerce und das Vereinigte Königreich beigetreten.

II – Zu den Rechtsmitteln

A –    Zur Zulässigkeit

10.      Die Kommission bezweifelt die Zulässigkeit der Anschlussrechtsmittel, da diese die Formerfordernisse nach Art. 176 Abs. 2 der am 1. November 2012 in Kraft getretenen Verfahrensordnung des Gerichtshofs nicht erfüllten. Nach dieser die frühere Verfahrensordnung ändernden Bestimmung ist das Anschlussrechtsmittel mit gesondertem, von der Rechtsmittelbeantwortung getrenntem Schriftsatz einzulegen.

11.      Im vorliegenden Fall wurden die Anschlussrechtsmittel von RBS sowie von LTSB und BOS mit E-Mail vom 31. Oktober 2012 übermittelt, und die Originale dieser Schriftsätze sind jeweils am 2. und am 5. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen. Nach Art. 57 Abs. 7 der Verfahrensordnung „sind für die Wahrung der Verfahrensfristen der Tag und die Uhrzeit des Eingangs einer Kopie des unterzeichneten Originals eines Verfahrensschriftstücks … mittels Telefax oder sonstiger beim Gerichtshof vorhandener technischer Kommunikationsmittel bei der Kanzlei maßgebend, sofern das unterzeichnete Original des Schriftstücks zusammen mit den in Absatz 2 genannten Anlagen und Kopien spätestens zehn Tage danach bei der Kanzlei eingereicht wird“. Da die Anschlussrechtsmittel vor dem 1. November 2012 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingereicht wurden, trifft die Einrede der Unzulässigkeit der Kommission in der Sache nicht zu und ist daher zurückzuweisen.

12.      Die Kommission erhebt auch eine Reihe von punktuellen Unzulässigkeitsrügen, die die meisten Rechtsmittelgründe und ‑argumente zur Stützung sowohl des Rechtsmittels als auch der Anschlussrechtsmittel betreffen. Diese Einreden werden im Rahmen der Würdigung dieser verschiedenen Rechtsmittelgründe und ‑argumente gesondert geprüft werden.

B –    Zur Begründetheit

13.      MasterCard Inc., MasterCard International Inc. und MasterCard Europe machen zur Stützung ihres Rechtsmittels drei Rechtsmittelgründe geltend. Die ersten beiden betreffen eine rechtsfehlerhafte Beurteilung und/oder unzulängliche Begründung der Teile des angefochtenen Urteils, in denen das Gericht die objektive Notwendigkeit der behaupteten Wettbewerbsbeschränkung und den Unternehmensvereinigungscharakter von MasterCard geprüft habe. Mit ihrem dritten Rechtsmittelgrund machen sie geltend, das Gericht habe zu Unrecht mehrere Anlagen zur Klageschrift als unzulässig zurückgewiesen.

14.      Zur Stützung ihres Anschlussrechtsmittels macht RBS einen einzigen Anschlussrechtsmittelgrund betreffend einen Rechtsfehler geltend, den das Gericht bei der Beurteilung des Vorliegens einer beschränkenden Wirkung auf den Wettbewerb begangen habe. Das gemeinsame Anschlussrechtsmittel von LTSB und BOS (im Folgenden gemeinsam: LBG) ist seinerseits auf zwei Anschlussrechtsmittelgründe gestützt. Der erste betrifft wie der erste Anschlussrechtsmittelgrund zur Stützung des Anschlussrechtsmittels von RBS eine rechtsfehlerhafte Beurteilung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb durch das Gericht. Mit ihrem zweiten Anschlussrechtsmittelgrund macht LBG geltend, das Gericht habe bei seiner Prüfung nach Art. 81 Abs. 3 EG einen Rechtsfehler begangen. Sowohl RBS als auch LBG unterstützen und erweitern den ersten und zweiten Rechtsmittelgrund.

15.      Mit Ausnahme des dritten Rechtsmittelgrundes können die verschiedenen (Anschluss-)Rechtsmittelgründe und ‑argumente den folgenden vier Themenblöcken zugeordnet werden: der Einstufung von MasterCard als Unternehmensvereinigung, dem Vorliegen von wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen, der Notwendigkeit der Beschränkung und der Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG.

16.      Bevor auf diese einzelnen Themenblöcke eingegangen wird, ist der dritte Rechtsmittelgrund zu prüfen, da mit ihm im Wesentlichen dargetan werden soll, dass das Gericht seine Beurteilung auf unvollständige Beweise gegründet habe, als es rechtswidrig bestimmte Anlagen zur Klageschrift zurückgewiesen habe.

1.      Zum dritten Rechtsmittelgrund: vom Gericht zu Unrecht vorgenommene Zurückweisung mehrerer Anlagen zur Klageschrift als unzulässig

17.      Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe Rechtsfehler begangen, indem es bestimmte von ihnen eingereichte Anlagen für unzulässig erklärt habe. Erstens bestreiten sie das Bestehen einer Rechtsgrundlage für den im angefochtenen Urteil verfolgten Ansatz. Die Bestimmungen, auf die sich das Gericht in diesem Urteil beziehe, verlangten nur, dass der Kläger in seiner Klageschrift den Streitgegenstand angebe sowie eine kurze Darstellung der Klagegründe liefere. Hingegen gebe es keine Rechtsgrundlage, die einen Kläger daran hinderte, seine Klagegründe durch Argumente in Anlagen zu untermauern, vorausgesetzt, diese seien in der Klageschrift klar zusammengefasst. Der Ansatz des Gerichts, der zu einschränkend sei, verletze daher sowohl den durch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) und Art. 6 Abs. 1 der Europäischen Menschenrechtskonvention (im Folgenden: EMRK) gewährleisteten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes, wobei jede Einschränkung dieses Grundsatzes gesetzlich vorgesehen sein müsse, als auch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Zweitens fechten die Rechtsmittelführerinnen die konkrete Behandlung bestimmter Anlagen durch das Gericht an.

18.      Was erstens die Rüge bezüglich der Rechtsgrundlage für die Behandlung der Anlagen betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass sich das Gericht in den Rn. 68 und 69 des angefochtenen Urteils auf Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts gestützt hat. Nach diesen Bestimmungen muss die Klageschrift den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten.

19.      Wie der Gerichtshof in Bezug auf diese Vorschriften bereits klargestellt hat, sind sie dahin auszulegen, dass es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich ist, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen sie beruht, zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich, aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben, und dass zwar deren Text zu speziellen Punkten durch Bezugnahmen auf bestimmte Abschnitte beigefügter Schriftstücke untermauert und ergänzt werden kann, jedoch eine pauschale Bezugnahme auf andere Schriftstücke, auch wenn sie der Klageschrift als Anlagen beigefügt sind, nicht das Fehlen der wesentlichen Bestandteile der Rechtsausführungen ausgleichen kann, die nach den in der vorigen Nummer angeführten Bestimmungen in der Klageschrift selbst enthalten sein müssen. Im selben Kontext hat der Gerichtshof festgestellt, dass entsprechende Erfordernisse für ein zur Stützung eines Klagegrundes vorgebrachtes Argument gelten(18). Diese Auslegung beruht auf der bloßen Beweis- und Hilfsfunktion der Anlagen, die es mit sich bringt, dass, soweit ein der Klageschrift beigefügtes Dokument rechtliche Umstände enthält, auf die bestimmte in der Klageschrift vorgebrachte Klagegründe gestützt sind, diese Umstände unmittelbar in der Klageschrift, der dieses Dokument beigefügt ist, dargelegt oder darin zumindest hinreichend bezeichnet werden müssen. Im Licht dieser Funktion der Anlagen ist das Gericht nämlich nicht verpflichtet, die Klagegründe, auf die sich die Klage möglicherweise stützen ließe, in den Anlagen zu suchen und zu bestimmen(19).

20.      Eine solche Auslegung von Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts verstößt keineswegs gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (im Folgenden: EGMR) zur Auslegung von Art. 6 Abs. 1 EMRK, die gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta heranzuziehen ist, besteht kein absolutes Recht auf ein Gericht. Die Ausübung dieses Rechts unterliegt Beschränkungen, u. a. hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Klage(20) und daher erst recht eines Klagegrundes, eines Arguments oder einer Anlage zu den Schriftsätzen einer der Parteien. Solche Beschränkungen sind diesem Gerichtshof zufolge jedoch nur dann zulässig, wenn sie einen legitimen Zweck verfolgen, diesem Zweck angepasst sind und den Zugang des Einzelnen zum Richter nicht so einschränken, dass das besagte Recht in seinem Kern beeinträchtigt wird(21). Außerdem müssen die Betroffenen zwar mit der Anwendung dieser Beschränkungen rechnen, jedoch darf ihre Anwendung die Bürger nicht daran hindern, einen verfügbaren Rechtsbehelf in Anspruch zu nehmen(22).

21.      Die Rechtsmittelführerinnen erkennen selbst an, dass der Zweck von Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts, nämlich Rechtssicherheit und eine ordnungsgemäße Rechtspflege zu gewährleisten, legitim ist. Außerdem erscheint der Ansatz, von den Rechtsmittelführerinnen zu verlangen, dass sie, zumindest in gedrängter Form, in der Klageschrift die tatsächlichen und die rechtlichen Umstände darstellen, auf die sie die geltend gemachten Klagegründe und Argumente stützen, in Bezug auf diese Zwecke nicht unverhältnismäßig und kann auch das Recht auf Zugang zu einem Gericht nicht in seinem Wesensgehalt antasten.

22.      Demnach hat das Gericht, indem es im angefochtenen Urteil, insbesondere in seinen Rn. 68 und 69, seinen Ansatz bezüglich der Behandlung der Anlagen zu den Schriftsätzen der Parteien auf die oben in Nr. 20 angeführten Vorschriften in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof gestützt hat, keinen Rechtsfehler begangen.

23.      Zweitens ist die konkrete Anwendung dieser Vorschriften durch das Gericht in Bezug auf die Anlagen zu prüfen, deren Behandlung die Rechtsmittelführerinnen anfechten. Ihre Argumente betreffen ausdrücklich die Würdigung in den Rn. 183 bis 190 des angefochtenen Urteils sowie insbesondere die Behandlung der Anlagen A.13, A.14 und A.15, und die Würdigung in den Rn. 275 bis 282 des angefochtenen Urteils sowie insbesondere die Behandlung der Anlage A.20. Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, sie hätten die Klagegründe in der Klageschrift zusammengefasst und sowohl das Gericht als auch die Kommission hätten die von ihnen vorgetragenen Argumente verstanden. Außerdem seien die in den Anlagen dargelegten Umstände tatsächliche Umstände. Wenn jedoch die Anlagen nur tatsächliche Umstände enthielten, müssten diese Umstände nicht in der Klageschrift selbst dargelegt werden. Das Gericht hätte daher entscheiden müssen, dass die Klageschrift hinsichtlich der geltend gemachten Klagegründe und Argumente hinreichend genau gewesen sei und diese Anlagen folglich zulässig gewesen seien.

24.      Was zunächst die Behandlung der Anlagen A.13, A.14 und A.15 betrifft, zeigt die Lektüre der von den Rechtsmittelführerinnen eingereichten Klageschrift, dass das Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, dass diese ihre Rüge – betreffend die Prüfung der im Verwaltungsverfahren vorgelegten wirtschaftlichen Beweismittel – in so knapper Form dargelegt hatten, dass es nicht möglich war, dem Wortlaut der Klageschrift eine Argumentation zu ihrer Begründung zu entnehmen. Die Argumente zur Begründung dieser Rüge finden sich nämlich zur Gänze in diesen Anlagen und müssen dort gesucht werden. Das ergibt sich im Übrigen klar aus den Rn. 185 und 186 des angefochtenen Urteils. Dieselbe Würdigung gilt für die Behandlung der in Rn. 280 des angefochtenen Urteils genannten Anlage A.20. Zu dieser Anlage ist nämlich festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen in ihrer Klageschrift lediglich pauschal in einer Fußnote ohne jede weitere Spezifizierung auf diese Anlage verwiesen. Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass das Gericht keinen Fehler bei der Behandlung dieser Anlagen begangen hat.

25.      Was das Argument betrifft, wonach diese Umstände, wenn die Anlagen nur tatsächliche Umstände enthielten, nicht im Text der Klageschrift dargelegt werden müssten, ist darauf hinzuweisen, dass nach der oben in Nr. 19 angeführten Rechtsprechung die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage oder ein Klagegrund oder ein Argument beruht, nicht nur in gedrängter Form in der Klageschrift dargelegt werden, sondern sich zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben müssen, was, wie sich aus Nr. 24 oben ergibt, hier nicht der Fall ist.

26.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der Rechtsfehler hinsichtlich der Zulässigkeit bestimmter Anlagen betreffende Rechtsmittelgrund zurückzuweisen ist.

2.      Zum Unternehmensvereinigungscharakter von MasterCard (zweiter Rechtsmittelgrund des Rechtsmittels)

a)      Angefochtenes Urteil

27.      Das Gericht ist auf die Frage der Einstufung von MasterCard und der Beschlüsse zur Festlegung der MIF im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG in den Rn. 241 bis 260 des angefochtenen Urteils eingegangen. Es hat diese Frage zunächst darauf eingeschränkt, ob „die Zahlungsorganisation MasterCard trotz der Änderungen durch den Börsengang weiterhin eine institutionalisierte Form der Verhaltensabstimmung zwischen den Banken darstellt[e]“ (Rn. 244) und ob die MIF Ausdruck dieser Abstimmung waren(23). Sodann hat es zum einen in den Rn. 245 bis 247 festgestellt, dass nach dem Börsengang „die Banken … weiterhin gemeinsam über die wesentlichen Fragen bezüglich des Funktionierens der Zahlungsorganisation MasterCard sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene entscheiden [konnten]“ und die Aufrechterhaltung dieser Entscheidungsbefugnisse „weitgehend die Folgen [relativierte], die sich aus dem Börsengang ergeben“. Zum anderen hat es in den Rn. 250 bis 258 entschieden, dass aufgrund des Bestehens einer Interessengemeinschaft zwischen MasterCard und den Banken an einer Festlegung der MIF auf hohem Niveau die Kommission zu Recht der Ansicht sein konnte, dass „die MIF die Interessen der Banken widerspiegeln, auch wenn diese seit dem Börsengang MasterCard nicht mehr beaufsichtigen“. Es ist daher in Anbetracht derselben Kontinuitätsmerkmale, auf die sich die Kommission gestützt hatte, zu dem Ergebnis gelangt, dass diese MasterCard zu Recht als Unternehmensvereinigung und die Beschlüsse der Organe von MasterCard zur Festlegung der MIF als Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung eingestuft hatte.

b)      Rechtsmittel

28.      Die Rechtsmittelführerinnen, unterstützt durch RBS, LBG, HSBC und MBNA, machen geltend, das Ergebnis des Gerichts, wonach MasterCard, wenn sie die MIF festsetze, eine Unternehmensvereinigung sei, weise einen Rechtsfehler und/oder einen Begründungsmangel auf. Zum einen sei der erste im angefochtenen Urteil angeführte Grund für dieses Ergebnis, nämlich der Umstand, dass die Banken nach dem Börsengang weiterhin Entscheidungen in der Zahlungsorganisation MasterCard hätten treffen können, irrelevant, da diese Befugnis in Bezug auf andere Fragen als die Festlegung der MIF ausgeübt werde und das Gericht selbst in Rn. 245 des angefochtenen Urteils anerkannt habe, dass die Beschlüsse zu diesen Entgelten „seit dem Börsengang von den Organen der Zahlungsorganisation MasterCard getroffen werden und die Banken an diesem Entscheidungsprozess nicht teilnehmen“. Zum anderen sei der zweite Grund, auf den sich das Gericht stütze, nämlich die behauptete Interessengemeinschaft zwischen der Zahlungsorganisation MasterCard und den Banken bei der Festlegung der MIF, weder im Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs relevant noch für den Nachweis des Bestehens einer Unternehmensvereinigung hinreichend, da dieses sich insbesondere nicht allein aus dem Umstand ableiten lasse, dass eine Gesellschaft veranlasst sein könne, bei ihren Geschäftsentscheidungen die Interessen ihrer Kunden zu berücksichtigen. Außerdem liefen die Erwägungen des Gerichts auf die Annahme hinaus, die Acquiring-Banken hätten ebenfalls ein Interesse an einer Festlegung der MIF auf hohem Niveau, obwohl dies zu einer Erhöhung ihrer Kosten und daher zu einer möglichen Verminderung ihrer Gewinne führe.

c)      Würdigung

29.      Die Frage der Einstufung von MasterCard und ihrer Beschlüsse im Hinblick auf Art. 81 Abs. 1 EG nach dem Börsengang von MasterCard Inc. ist seit dem Verwaltungsverfahren Teil einer Dialektik zwischen Bruch und Kontinuität. Während die Rechtsmittelführerinnen – die die Einstufung von MasterCard als Unternehmensvereinigung für die Zeit vor dem 25. Mai 2006 nicht in Frage stellen – die Bedeutung der Änderungen in Bezug auf die Struktur und die Leitung der Organisation nach diesem Zeitpunkt betonen, haben sowohl die Kommission als auch das Gericht festgestellt, dass ihre Funktionsweise vor und nach dem Börsengang im Wesentlichen identisch gewesen sei, und geschlossen, dass Letzterer weder am zuvor bestehenden Gleichgewicht der wechselseitigen Interessen der verschiedenen Handelnden des Systems noch an der wirtschaftlichen Realität der MIF etwas geändert habe.

30.      Mit den in diesem Zusammenhang geprüften Rügen wird zwar die Beurteilung des Sachverhalts durch das Gericht mehrfach kritisiert, jedoch wird mit ihnen entgegen der Auffassung der Kommission eine Rechtsfrage zur Auslegung und Anwendung des Begriffs der Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG im vorliegenden Fall aufgeworfen.

i)      Zur behaupteten Verkennung der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Begriff der Unternehmensvereinigung

31.      Die Rechtsmittelführerinnen rügen zunächst, das Gericht sei von der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu diesem Begriff abgewichen. Nach dieser Rechtsprechung könne eine Einrichtung nur als Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG eingestuft werden, wenn sie sich aus einer Mehrheit von Vertretern der in Rede stehenden Unternehmen zusammensetze und im Hinblick auf die anwendbaren innerstaatlichen Rechtsvorschriften im ausschließlichen Interesse dieser Unternehmen frei entscheiden könne.

32.      Zunächst erscheint mir eine solche Auslegung übermäßig eng. Zwar beruht sie tatsächlich auf zwei Kriterien, die sich aus der Rechtsprechung ergeben und die die Zusammensetzung der in Rede stehenden Einrichtung sowie den rechtlichen Rahmen ihrer Tätigkeit betreffen, jedoch sind danach diese Kriterien strikt anzuwenden, was sich sowohl mit der Aufgabe von Art. 81 EG, jede Art der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, die seinen Zielen widerspricht, abzudecken, als auch mit der weiten Auslegung des Begriffs der Unternehmensvereinigung durch die Rechtsprechung schlecht vereinbaren lässt.

33.      Das Gericht weist im angefochtenen Urteil zu Recht darauf hin(24), dass nach ständiger Rechtsprechung allgemein die Begriffe „Vereinbarung“, „abgestimmte Verhaltensweise“ und „Beschlüsse von Unternehmensvereinigungen“ nach Art. 81 EG jede Kollusion zwischen Unternehmen erfassen sollen, die unabhängig von ihrer Ausdrucksform darauf abzielt, die in dieser Bestimmung verbotenen Wirkungen herbeizuführen(25). Daher können sich Unternehmen nicht allein dadurch dem Verbot nach dieser Bestimmung entziehen, dass sie ihr Marktverhalten über ein gemeinsames Organ oder eine gemeinsame Struktur abstimmen oder eine solche Abstimmung einer unabhängigen Einrichtung übertragen(26). Insbesondere der Begriff der Unternehmensvereinigung ist weit ausgelegt worden, so dass er jede Einrichtung, selbst ohne Rechtspersönlichkeit oder ohne Gewinnzweck(27), bezeichnet, unabhängig von ihrer rechtlichen Einordnung durch die nationale Rechtsordnung(28) und von dem Umstand, dass ihre Mitglieder natürliche oder juristische Personen oder selbst Unternehmensvereinigungen sind(29). Auch der Begriff des Beschlusses einer Unternehmensvereinigung wurde weit ausgelegt. Nach der Rechtsprechung umfasst er jeden Rechtsakt, selbst wenn er nicht verbindlich ist(30), der unabhängig davon, wie er rechtlich genau einzuordnen ist, ein getreuer Ausdruck des Willens der Vereinigung ist, das Verhalten ihrer Mitglieder zu koordinieren(31).

34.      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen kann man aus den von ihnen angeführten Präzedenzfällen und insbesondere dem Urteil Wouters u. a.(32) nicht ableiten, dass die beiden oben genannten Kriterien unabhängig von der Einrichtung gelten, um die es geht. Die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, betraf, wie die anderen Rechtssachen, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen beziehen(33), keine privaten Einrichtungen mit rein gewerblichem Charakter, wie MasterCard, sondern öffentliche Berufs- und Gewerbeverbände, die oft vom Gesetz mit Regelungsbefugnissen ausgestattet sind und neben den gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder Ziele des Allgemeininteresses verfolgen(34). In allen diesen Rechtssachen ging es im Wesentlichen darum, zu beurteilen, ob diese Einrichtungen in Anbetracht der öffentlich-rechtlichen Regelung, der sie unterlagen, auf dem Markt eigenständig tätig wurden, so dass ihr Verhalten oder die Rechtsakte, die sie erließen oder an deren Erlass sie beteiligt waren, als Kartelle im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG angesehen werden konnten. Im Rahmen dieser Beurteilung hatte der Gerichtshof mitunter, wie dies in der Rechtssache Wouters u. a. und in jüngerer Zeit in der Rechtssache Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas(35) der Fall war, die Tätigkeiten, bei denen das in Rede stehende Gebilde als Einrichtung mit öffentlichen Befugnissen handelte und/oder Ziele des Allgemeininteresses verfolgte, von den Tätigkeiten zu unterscheiden, bei denen sie sich wie eine im ausschließlichen Interesse ihrer Mitglieder handelnde Vereinigung verhielt.

35.      In diesem Kontext der Vermengung öffentlicher und privater Befugnisse und Interessen hat der Gerichtshof die beiden Kriterien, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen stützen, ausgearbeitet und angewandt. Im selben Zusammenhang hat der Gerichtshof den von ihnen ebenfalls geltend gemachten funktionellen Ansatz verfolgt, nach dem ein Gebilde bei der Erfüllung gewisser Aufgaben eine Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellen kann und bei anderen nicht, so dass die zutreffende Einstufung im Hinblick auf die Wettbewerbsregeln nur von der Art der Aufgaben abhängt, die sie beim Erlass des Rechtsakts, der gegen diese Regeln verstoßen soll, besorgt.

36.      Es ist jedoch unstreitig, dass MasterCard eine privatrechtliche Einrichtung mit gewerblichem Ziel ist. Sie unterliegt weder einer öffentlich-rechtlichen Regelung noch ist sie mit der Durchführung öffentlicher Aufgaben betraut, und die von ihren Organen erlassenen Beschlüsse hängen ausschließlich von privaten Interessen ab. Unter diesen Umständen mussten im Hinblick auf die Erwägungen oben in den Nrn. 34 und 35 diese Kriterien, die zur Beurteilung ganz anderer Kontexte als dem des vorliegenden Falles ausgearbeitet worden sind, nicht herangezogen werden, und das Gericht konnte, ohne den Begriff der Unternehmensvereinigung nach der Rechtsprechung zu verkennen, andere Beurteilungskriterien berücksichtigen.

ii)    Zum Vorbringen, das Gericht habe sich auf irrelevante Gesichtspunkte gestützt

37.      Die Rechtsmittelführerinnen tragen sodann vor, die Gesichtspunkte, auf die sich das Gericht stütze, nämlich zum einen der Umstand, dass die Banken weiterhin Entscheidungen in der Zahlungsorganisation MasterCard treffen könnten, und zum anderen die behauptete Interessengemeinschaft zwischen dieser Organisation und den Banken bei der Festlegung der MIF, spielten bei der Beurteilung, ob eine Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG vorliege, keine Rolle und seien zur Kennzeichnung einer solchen Vereinigung jedenfalls nicht hinreichend.

38.      Zum ersten Gesichtspunkt machen sie geltend, der Umstand, dass die Banken nach dem Börsengang weiterhin Entscheidungen treffen könnten, spiele keine Rolle, da sich diese Entscheidungsbefugnisse nicht auf die Festlegung der MIF bezögen. Indem es seine Feststellung, dass MasterCard bei der Festlegung der MIF als Unternehmensvereinigung tätig geworden sei, auf diesen Umstand gestützt habe, habe das Gericht den funktionellen Ansatz des Gerichtshofs in der Rechtssache Wouters u. a. verkannt.

39.      Dazu ist zunächst, ohne auf die Begründetheit der Beurteilung des Gerichts hinsichtlich der Bedeutung dieser Entscheidungsbefugnisse einzugehen, festzustellen, dass diese Beurteilung von derjenigen der Rechtsmittelführerinnen abweicht, die diese Befugnisse als im Wesentlichen vernachlässigbar darstellen wollen. In Rn. 247 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich festgestellt, dass das Europa-Board in „Schlüsselbereichen“ Entscheidungsbefugnis behalten habe, die verschiedene Gesichtspunkte des Funktionierens der Organisation auf regionaler Ebene beträfen.

40.      Sodann verweise ich auf die Erwägungen oben in den Nrn. 34 und 35 sowie die Feststellungen oben in Nr. 36, aus denen sich ergibt, dass das Gericht unter den Umständen des vorliegenden Falles diesem funktionellen Ansatz nicht folgen musste und daher die von den Banken nach dem Börsengang behaltene Entscheidungsbefugnis als Beurteilungskriterium berücksichtigen konnte, ohne, wie die Rechtsmittelführerinnen behaupten, prüfen zu müssen, ob diese Befugnisse eine Auswirkung auf die Festlegung der MIF haben konnten.

41.      Was den zweiten oben angeführten Gesichtspunkt betrifft, nämlich das Bestehen einer Interessengemeinschaft zwischen MasterCard und den Banken an einer Festlegung der MIF, sind die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen der Ansicht, dass es darauf hinauslaufe, Art. 81 EG ohne den Nachweis einer Kollusion, die eine Willensübereinstimmung voraussetze, anzuwenden, wenn aus einer bloßen Übereinstimmung der Interessen zweier oder mehrerer Wirtschaftsteilnehmer auf das Bestehen einer Unternehmensvereinigung geschlossen werde.

42.      Dieses Argument ist meines Erachtens zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall hat das Gericht nämlich das Bestehen eines institutionalisierten Rahmens festgestellt, dem die Banken angehören und in dem sie untereinander und mit MasterCard im Hinblick auf die Verwirklichung eines gemeinsamen Projekts zusammenarbeiten, das Beschränkungen ihrer wirtschaftlichen Autonomie mit sich bringt und Leitlinien für ihr wechselseitiges Handeln bestimmt. Es handelt sich daher um einen Fall, der sich von einem einfachen Parallelverhalten, das die Rechtsmittelführerinnen anführen, bei dem das Interesse der betreffenden Unternehmen, nicht miteinander in Wettbewerb zu treten, von jedem einzelnen von ihnen selbständig verfolgt wird, indem es sein Verhalten dem der Wettbewerber angleicht, deutlich unterscheidet. Die vorliegende Rechtssache unterscheidet sich auch von der von LBG angeführten Rechtssache BAI und Kommission/Bayer(36). In dieser Rechtssache hat das Gericht zwar entschieden, dass die Kommission mangels Nachweises einer Willensübereinstimmung zwischen Bayer und ihren Großhändlern, den Parallelhandel einzuschränken, zu Unrecht das Bestehen einer Vereinbarung nach Art. 81 EG angenommen hatte, jedoch beruhte dieser Schluss auf der Feststellung, dass der jeweilige Wille der Parteien fehlerhaft ausgelegt worden und weder die Absicht von Bayer, ein Ausfuhrverbot zu verhängen, noch eine – sei es auch nur stillschweigende – Zustimmung der Großhändler dazu nachgewiesen worden war(37).

43.      Aus der Prüfung oben in den Nrn. 32 bis 35 ergibt sich, dass eine Einrichtung unter den Begriff der Unternehmensvereinigung im Sinne dieser Bestimmung fällt, wenn sie den Rahmen oder das Instrument der Abstimmung des Marktverhaltens der Unternehmen darstellt, sofern diese Abstimmung oder die Ergebnisse, zu der sie führt, nicht von staatlichen Stellen vorgeschrieben sind. Aus dieser Prüfung ergibt sich außerdem, dass unter Berücksichtigung der Funktion der Begriffe „Unternehmensvereinigung“ und „Beschluss einer Unternehmensvereinigung“ nach der Systematik von Art. 81 Abs. 1 EG die Frage ihrer Anwendbarkeit in einem konkreten Fall unter Berücksichtigung sämtlicher relevanten Fallumstände zu beurteilen ist, aus denen sich der Wille der in Rede stehenden Unternehmen ergeben muss, ihr Marktverhalten durch eine gemeinsame Struktur oder ein gemeinsames Organ abzustimmen.

44.      Die Relevanz der oben in Nr. 37 genannten Gesichtspunkte kann jedoch unter den Umständen des vorliegenden Falles nicht bestritten werden, in dem die Frage der Einstufung von MasterCard als Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG im Wesentlichen verlangt, die Auswirkung des Börsengangs auf ihre Funktionsweise, ihre Beziehungen mit den angeschlossenen Banken sowie allgemeiner die Gleichgewichtsverhältnisse in ihrem Inneren zu beurteilen. Dazu weise ich darauf hin, dass die Argumente, mit denen die Rechtsmittelführerinnen in erster Instanz einer solchen Einstufung entgegentraten, im Wesentlichen auf der Behauptung beruhten, dass den Banken nach dem 25. Mai 2006 keine Abstimmung hinsichtlich der MIF angelastet werden könne, da diese nunmehr von MasterCard festgesetzt und auf die angeschlossenen Banken im Rahmen einer Beziehung zwischen Dienstleistungserbringer und Kunde angewandt worden seien.

45.      Zur Frage, ob diese Umstände im vorliegenden Fall hinreichend waren, um die von der Kommission vorgenommene Einstufung von MasterCard als Unternehmensvereinigung zu bestätigen, kann nach alledem meines Erachtens nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass eine Einrichtung selbst dann als Unternehmensvereinigung eingestuft werden kann, wenn, wie im Fall von MasterCard, ihre Beschlüsse nicht von einer Mehrheit von Vertretern der in Rede stehenden Unternehmen und in deren ausschließlichem Interesse gefasst werden, sofern sich aus einer Beurteilung sämtlicher Umstände des Falles ergibt, dass die Unternehmen ihr Marktverhalten durch diese Beschlüsse abstimmen wollen oder diese Abstimmung wenigstens akzeptieren und ihre gemeinsamen Interessen mit den beim Erlass dieser Beschlüsse berücksichtigten zusammenfallen. Eine solche Einstufung kann auch in einem Kontext wie dem des vorliegenden Falles, in dem die fraglichen Unternehmen mehrere Jahre lang dasselbe Ziel der gemeinsamen Regulierung des Marktes im Rahmen derselben Organisation, wenn auch in verschiedenen Formen, verfolgt haben, nicht von vornherein ausgeschlossen werden.

46.      Auf der Grundlage seiner Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Beschlüsse des Global Boards von MasterCard Inc. zur Festlegung der MIF weiterhin die gemeinsamen Interessen der an das System angeschlossenen Banken widergespiegelt und diese weiterhin wissentlich ihre Politik auf dem Gebiet der grenzüberschreitenden Interbankenentgelte über diese Beschlüsse abgestimmt hätten, obwohl sie an dem zu ihrem Erlass führenden Entscheidungsprozess nicht mehr teilgenommen hätten. Diese Beurteilung ist, vorbehaltlich einer Verfälschung der Tatsachen und/oder Beweismittel(38), für sich genommen der Kontrolle des Gerichtshofs entzogen.

47.      In dieser Hinsicht ist der von den Rechtsmittelführerinnen, unterstützt durch HSBC, dem Gericht gemachte Vorwurf zurückzuweisen, es habe die Behauptung der Kommission bestätigt, nach der die Acquiring-Banken ebenfalls ein Interesse an der Festlegung hoher MIF gehabt hätten. Erstens zielt diese Kritik darauf ab, die Beurteilung der Tatsachen und der Beweismittel durch das Gericht in Frage stellen, ohne eine Verfälschung der einen oder der anderen geltend zu machen und ohne einen Nachweis zu erbringen, der über reine Behauptungen hinausgeht(39). Zweitens hat sich das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht darauf beschränkt, insoweit festzustellen, dass die Acquiring-Banken die Möglichkeit gehabt hätten, die MIF auf ihre Kunden abzuwälzen, sondern es hat darauf hingewiesen, dass ein System der standardmäßigen multilateralen Festlegung der Interbankenentgelte wie das der MIF den Acquiring-Banken die Sicherheit gegeben habe, dass sich die Erhöhung dieser Gebühren nicht auf ihre Wettbewerbsstellung auswirkte(40). Was schließlich den Hinweis des Gerichts auf die Regel des MasterCard-Systems anbelangt, nach der Banken, die als Acquirer hätten tätig sein wollen, auch als Issuer von Karten hätten tätig sein müssen, können die Rechtsmittelführerinnen ihre Auffassung, dieser sei irrelevant, nicht bloß auf den Umstand stützen, dass diese Regel bis zum 31. Dezember 2004 angewandt worden und zum Zeitpunkt des Börsengangs nicht mehr in Kraft gewesen sei. Aus Rn. 254 des angefochtenen Urteils ergibt sich nämlich, dass das Gericht der Darlegung der Kommission gefolgt ist, nach der aufgrund der oben genannten Regel das System sich dahin entwickelt habe, dass beinahe alle Banken mit einer Acquiring-Tätigkeit auch Issuer von Karten gewesen seien und ihnen insofern die MIF zugutegekommen seien, und dass dies auch nach Abschaffung dieser Regel so geblieben sei. Außerdem ergibt sich aus derselben Randnummer des angefochtenen Urteils, dass die Rechtsmittelführerinnen vor dem Gericht hierzu nichts vorgetragen haben, was die Richtigkeit dieser Darlegung in Frage stellen könnte.

48.      Im Ergebnis hat die Prüfung der vorliegenden Rügen nicht ergeben, dass das Gericht den Begriff der Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung verkannt hat, indem es die Einstufung von MasterCard als Unternehmensvereinigung durch die Kommission bestätigt hat.

3.      Zum Vorliegen wettbewerbsbeschränkender Wirkungen (einziger von RBS geltend gemachter Anschlussrechtsmittelgrund und erster von LBG geltend gemachter Anschlussrechtsmittelgrund)

a)      Streitige Entscheidung und angefochtenes Urteil

49.      Aus Gründen der Klarheit sind die verschiedenen Teile der in der streitigen Entscheidung enthaltenen Prüfung betreffend die Wirkungen der MIF auf den Wettbewerb kurz wiederzugeben. In dieser Entscheidung ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass die MIF, da sie die Höhe der von den Issuing-Banken gegenüber den Acquiring-Banken erhobenen Interbankenentgelte beeinflussten(41), die diese Kosten über die Händlergebühren abwälzten, über den Preis auf dem Acquiring-Markt zulasten der Händler und ihrer Kunden wettbewerbsbeschränkende Wirkungen hätten(42). Um zu diesem Schluss zu kommen, stellte sie, gestützt auf zwei quantitative Untersuchungen, erstens fest, dass die MIF eine Mindesthöhe für die Händlergebühr darstellten, die die Acquiring-Banken den Händlern unabhängig von ihrer Größe verrechneten(43). Zweitens leitete sie aus einer von ihr selbst 2004 unter den Händlern durchgeführten Umfrage (im Folgenden: Studie zum Handelsmarkt aus 2004) ab, dass die MIF eine Herabsetzung der Händlergebühr unter einen bestimmten Betrag verhinderten. Drittens prüfte die Kommission, nachdem sie die Argumente von MasterCard zur Widerlegung der These von der wettbewerbsbeschränkenden Wirkung der MIF auf dem Acquiring-Markt zurückgewiesen hatte(44), die Wirkungen der MIF auf den Issuing-Markt und kam zu dem Ergebnis, dass die auf diesem Markt aktiven Banken in der Regel die Karten mit den höchsten Interbanken-Einkünften bevorzugten und diese Strategie die Kosten für die Annahme von Zahlungskarten auf dem Acquiring-Markt weiter erhöhen könne(45). Viertens wies sie darauf hin, dass der Systemwettbewerb (zwischen den verschiedenen Kartenzahlungsnetzen, im Wesentlichen zwischen Visa und MasterCard) nicht nur MasterCard nicht daran gehindert habe, die Interbankenentgelte auf hohem Niveau zu belassen, sondern diese nach oben gedrückt und die Wettbewerbsverzerrungen auf dem Acquiring-Markt verstärkt habe(46). Fünftens stellte sie fest, dass die MIF keinerlei Druck unterlägen, weder durch die Acquiring-Banken noch durch die Händler(47). Dazu berücksichtigte die Kommission neben anderen Faktoren die Netzregel von MasterCard, die die Händler (und die Acquiring-Banken) verpflichte, alle Karten, d. h. alle Produkte von MasterCard auf dem Issuing-Markt unabhängig von der Issuing-Bank, anzuerkennen (Honour-All-Cards-Rule, im Folgenden: HACR). Schließlich war die Kommission der Ansicht, dass die Mitglieder von MasterCard gemeinsame Marktmacht gegenüber den Händlern und deren Kunden ausübten und dass die MIF ihnen erlaubten, diese Marktmacht zu nutzen.

50.      Das Gericht hat die Frage der Wirkungen der MIF auf den Wettbewerb in den Rn. 123 bis 193 des angefochtenen Urteils geprüft. Erstens ist es auf die Rügen betreffend eine fehlende Prüfung des Wettbewerbs ohne MIF eingegangen und hat diese zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang hat es zum einen die Rügen betreffend die Berücksichtigung eines Verbots der Ex-post-Preisfestsetzung(48) als Standardregelung anstelle der MIF in der kontrafaktischen Analyse der Kommission (Rn. 132 des angefochtenen Urteils) und zum anderen die Rüge, die Kommission habe im Rahmen dieser Analyse auf bilaterale Verhandlungen zwischen Issuing- und Acquiring-Banken Bezug genommen, die letztlich zu einem Verschwinden der Interbankenentgelte geführt hätten (Rn. 133), zurückgewiesen. Sodann hat es die Argumente, mit denen beanstandet wurde, die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass der Verzicht auf die MIF den zwischen den Acquirern bestehenden Wettbewerb verstärke (Rn. 135 und 136), sowie insbesondere das Argument, wonach sich die MIF wie Kosten auswirkten, die für alle gemeinsam anfielen und wettbewerbsneutral seien (Rn. 143), zurückgewiesen. Zweitens ist das Gericht in den Rn. 168 bis 182 des angefochtenen Urteils auf mehrere Rügen in Bezug auf die Prüfung des Produktmarkts eingegangen und hat diese in Bestätigung der Untersuchung des Marktes in der streitigen Entscheidung zurückgewiesen. Insbesondere in Bezug auf das Bestehen eines eigenen Acquiring-Markts hat es darauf hingewiesen, dass sich ungeachtet einer bestimmten Komplementarität zwischen den Bereichen „Issuing“ und „Acquiring“ zum einen die Dienstleistungen für die Karteninhaber von den Dienstleistungen für die Händler unterscheiden ließen; zum anderen könnten die Karteninhaber und die Händler getrennt Wettbewerbsdruck auf die Issuing-Banken bzw. die Acquiring-Banken ausüben (Rn. 176 und 177). In diesem Zusammenhang ist es davon ausgegangen, dass die Rügen betreffend die Nichtberücksichtigung der dualen Natur des Marktes die wirtschaftlichen Vorteile hervorhöben, die sich aus den MIF ergeben sollten, und daher im Rahmen eines Rechtsmittels, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG geltend gemacht werde, nicht relevant seien. Schließlich hat das Gericht sowohl die Rüge der Rechtsmittelführerinnen betreffend die im Verwaltungsverfahren vorgelegten wirtschaftlichen Beweismittel (siehe unten, Nrn. 139 ff.) als auch eine Rüge betreffend einen Begründungsfehler aufgrund einer Änderung der Betrachtungsweise der Kommission im Verhältnis zu der Entscheidung Visa vom 24. Juli 2002(49) zurückgewiesen.

b)      Zum einzigen Anschlussrechtsmittelgrund von RBS

i)      Zur Rüge eines die kontrafaktische Analyse des Gerichts betreffenden Rechtsfehlers

51.      Mit ihrem einzigen Anschlussrechtsmittelgrund rügt RBS, unterstützt durch die Rechtsmittelführerinnen, zunächst, das Gericht habe nicht geprüft, ob der von der Kommission im Rahmen ihrer kontrafaktischen Analyse angenommene Fall, der auf der Anwendung einer Regel beruhe, nach der den Issuing-Banken die Ex-Post-Preisfestsetzung verboten sei, wahrscheinlich bei Fehlen der MIF hätte eintreten können. Indem es lediglich festgestellt habe, dass dieses Verbot wirtschaftlich möglich sei, habe es die Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb und die der objektiven Notwendigkeit der sich aus ihnen ergebenden Beschränkung verwechselt.

52.      Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Frage, ob eine Vereinbarung (oder ein Beschluss einer Unternehmensvereinigung) wegen ihrer Wirkungen auf den Markt als verboten anzusehen ist, der Wettbewerb zu betrachten, wie er ohne die fragliche Vereinbarung (oder den Beschluss) bestehen würde(50). Die vom Gerichtshof angegebene Prüfungsmethode impliziert daher einen Vergleich der durch die behauptete Beschränkung bedingten Wettbewerbsstruktur mit derjenigen, die ohne die Beschränkung bestanden hätte.

53.      Da der zweite Teil dieses Vergleichs das Ergebnis einer sich auf Hypothesen stützenden Beurteilung ist, kann nicht der Nachweis verlangt werden, dass es ohne die behauptete Beschränkung unweigerlich zu dem im Rahmen dieser Beurteilung angenommenen Szenario käme(51). Dieses Szenario muss sich hingegen als hinreichend realistisch und plausibel und daher im Licht einer Prüfung aller relevanten Faktoren wie u. a. der Merkmale der betroffenen Waren oder Dienstleistungen, der Stellung der Parteien der Vereinbarung auf dem fraglichen Markt(52), seiner Struktur sowie des wirtschaftlichen, rechtlichen und technischen Kontexts, der seine Funktionsweise bestimmt(53), der aktuellen und potenziellen Wettbewerbsbedingungen(54), des Bestehens von Zugangsbeschränkungen(55), des Sättigungsgrads des Marktes und der Treue der Verbraucher zu bestehenden Marken(56), des Bestehens oder der Ausübung von Rechten des geistigen Eigentums als nicht nur theoretisch möglich erweisen.

54.      Im vorliegenden Fall prüfte die Kommission den Wettbewerb, der sich auf dem Acquiring-Markt ohne die MIF entwickelt hätte, in den Erwägungsgründen 458 bis 460 der streitigen Entscheidung und kam zu dem Ergebnis, dass ohne die MIF und mit einem Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen die den Händlern von den Acquirern in Rechnung gestellten Preise „nur unter Berücksichtigung [der] individuellen Grenzkosten [der Acquirer] und ihres eigenen Aufschlags [festgesetzt würden]“. Die Kommission ist der Auffassung, dass, „[d]a die einzelnen Acquirer nicht wüssten, welche Interbankenentgeltsätze ihre Mitbewerber bilateral mit den Issuern vereinbaren, … sie unter Druck [stünden]“, so dass „[l]angfristig … dieser Prozess dazu führen [dürfte], dass Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen den Banken ohne jeglichen Abzug von Interbankenentgelten, d. h. zum Nennwert der Zahlung ermittelt werden“. In Rn. 133 des angefochtenen Urteils hat das Gericht diese Würdigung bestätigt. Daher fehlt entgegen dem Vorbringen von RBS und den Rechtsmittelführerinnen, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, in der streitigen Entscheidung keine kontrafaktische Analyse, und das Gericht hat in seinem Urteil keinen Fehler begangen, indem es eine solche angebliche Unterlassung der Kommission nicht gerügt hat.

55.      RBS bestreitet die Feststellung in Rn. 132 des angefochtenen Urteils, nach der „der Umstand, dass ein MasterCard-System, das ohne MIF – allein auf der Grundlage des Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen – funktioniert, wirtschaftlich möglich erscheint, aus[reicht], um zu rechtfertigen, dass es im Rahmen der Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb berücksichtigt wird“.

56.      Zur Erläuterung des Sinnes und der Tragweite dieser Randnummer ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht auf die Rügen betreffend einen Beurteilungsfehler bei der Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb nach der Rüge einer fehlerhaften Prüfung der objektiven Notwendigkeit der MIF eingegangen ist. Es ist nämlich davon ausgegangen, dass es unter Berücksichtigung der die Beurteilung der Kommission nach Art. 81 Abs. 1 EG betreffenden Rügen vorzuziehen sei, zu prüfen, ob ein ohne MIF funktionierendes MasterCard-System wirtschaftlich möglich erscheine, bevor, wie nach der oben in Nr. 52 angeführten Rechtsprechung erforderlich, der Wettbewerb beurteilt werde, der auf dem Acquiring-Markt im Rahmen eines solchen Systems bestünde.

57.      Aufgrund dieser Vorgehensweise hat das Gericht im Rahmen der Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb die Schlüsse herangezogen, zu denen es bei seiner Prüfung ihrer objektiven Notwendigkeit gekommen war. Da es nach dieser Prüfung zu dem Ergebnis gekommen war, dass die Kommission zu Recht davon ausgehen konnte, dass eine Standardregelung mit MIF in fixer Höhe für das Fortbestehen des MasterCard-Systems nicht objektiv notwendig gewesen sei und dass es auf einer weniger einschränkenden Grundlage, nämlich einem Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen, hätte funktionieren können, hat es in der besagten Rn. 132 festgestellt, dass es der Kommission freigestanden habe, als Ausgangspunkt ihrer Prüfung des Wettbewerbs ohne MIF auf ein Szenario abzustellen, das durch eine solche Regel gekennzeichnet ist. Entgegen dem Vorbringen von RBS in der mündlichen Verhandlung wurde ein solches kontrafaktisches Szenario nicht vom Gericht ausgearbeitet, um eine Lücke der streitigen Entscheidung zu schließen, sondern war in dieser bereits enthalten(57).

58.      Das Gericht hat daher weder die Kriterien für die Prüfung der Auswirkungen einer Wettbewerbsbeschränkung mit denen für die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede verwechselt, noch hat es die Grundsätze nach der oben in Nr. 52 angeführten Rechtsprechung verkannt, indem es den „tatsächlichen Rahmen“, in dem der Wettbewerb ohne die behauptete Beschränkung zu beurteilen ist, durch einen „wirtschaftlich möglichen“ Rahmen ersetzt hat. Es hat lediglich in der besagten Rn. 132 des angefochtenen Urteils auf der Grundlage des Ergebnisses seiner Beurteilung der objektiven Notwendigkeit der MIF auf die Voraussetzungen hingewiesen, unter denen das MasterCard-System ohne die behauptete Beschränkung weiterhin hätte funktionieren können.

59.      Was die – von den Rechtsmittelführerinnen in ihrer Beantwortung des Anschlussrechtsmittels von RBS wiederholte − Behauptung betrifft, nach der die Einführung eines Verbots von Standard-Preisfestsetzungen nicht realistisch sei, ein solches Verbot nicht das Ergebnis der Marktkräfte sei und es von MasterCard niemals erlassen worden wäre, es sei denn, sie wäre dazu durch regulatorisches Handeln verpflichtet worden, verweise ich auf meine Erwägungen unten in den Nrn. 101 bis 106 im Zusammenhang mit der Prüfung der objektiven Notwendigkeit der MIF. An dieser Stelle weise ich lediglich darauf hin, dass die Rechtsmittelführerinnen in erster Instanz ausführlich unterstrichen haben, dass zum einen eine Standardregelung für die Abwicklung der Geschäfte eine wesentliche Voraussetzung jedes durch die HACR gekennzeichneten Vier-Parteien-Systems sei und zum anderen zwischen Issuing-Banken und Acquiring-Banken keine Marktprozesse stattfänden. Unter diesen Umständen frage ich mich, ob eine solche Standardregelung nicht notwendigerweise das Ergebnis eines von den Marktkräften unabhängigen Handelns ist, sei es eines innerhalb des Zahlungssystems getroffenen Beschlusses(58), sei es eines Eingreifens der Wettbewerbsbehörde(59).

60.      Daher unterscheidet sich der hier vorliegende Fall erheblich von dem, der dem Urteil O2(60) zugrunde lag, das die Rechtsmittelführerinnen in ihrer Beantwortung des Anschlussrechtsmittels von RBS ebenfalls anführen. In diesem Urteil hat das Gericht beanstandet, dass die Kommission die Wettbewerbsstruktur, die ohne die streitige Vereinbarung bestanden hätte, nicht zutreffend rekonstruiert hatte, da sie insbesondere das Auftreten von O2 auf dem 3G-Mobilfunkmarkt als gesichert angesehen hatte, obwohl dieser Umstand nicht nur nicht untermauert war, sondern überdies durch die Prüfung, die die Kommission im Hinblick auf Art. 81 Abs. 3 EG durchgeführt hatte, widerlegt worden war. Im vorliegenden Fall wird hingegen im Wesentlichen gerügt, die Kommission habe die Wettbewerbssituation auf dem Acquiring-Markt ohne MIF geprüft, ohne die Standardregelung zu berücksichtigen, die MasterCard wahrscheinlich als Ersatz für die MIF beschlossen hätte.

61.      Nach alledem bin ich der Meinung, dass die Rüge von RBS betreffend einen Rechtsfehler in der kontrafaktischen Analyse des Gerichts zurückzuweisen ist.

ii)    Zur Rüge einer unzureichenden Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb

62.      RBS rügt sodann, die Kommission und das Gericht hätten die Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb nicht auf besondere und konkrete Nachweise gestützt, sondern sich auf allgemeine Erwägungen und reine Mutmaßungen beschränkt, indem sie einem Ansatz gefolgt seien, der dann angemessen sei, wenn vermutet werde, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt und nicht, wie im vorliegenden Fall, bewirkt worden sei.

63.      Diese Rüge ist wenig substantiiert, beschränkt sich im Wesentlichen darauf, den allgemeinen Charakter der Feststellungen des Gerichts zu rügen, und beruht auf einer selektiven Betrachtung des angefochtenen Urteils. Entgegen dem, was RBS mit einem Verweis auf den Wortlaut des zweiten Satzes von Rn. 143 des angefochtenen Urteils(61) andeutet, hat das Gericht die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen der MIF nicht lediglich aus der Feststellung abgeleitet, dass diese eine Mindesthöhe der Händlergebühr festlegten. Es hat vielmehr erstens in Rn. 140 des angefochtenen Urteils auf den Inhalt von Art. 81 Abs. 1 Buchst. a EG hingewiesen und betont, dass dieser „den Zweck hat, den Unternehmen eine Verfälschung der normalen Entwicklung von Marktpreisen zu untersagen“. Zweitens hat es die Rüge zurückgewiesen, wonach sich die MIF wie Kosten ausgewirkt hätten, die für alle gemeinsam anfielen, und erläutert, dass „die MIF … den Wettbewerbsdruck [beschränken], den die Händler bei der Aushandlung der Händlergebühr auf die Acquiring-Banken ausüben können, indem die Möglichkeiten beschnitten werden, dass die Gebühren unter eine bestimmte Schwelle fallen“ (Rn. 143 dritter Satz). Drittens ist es auf die verschiedenen Rügen und Argumente der Rechtsmittelführerinnen und der Streithelfer gegen die Prüfung der wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen der MIF in der streitigen Entscheidung eingegangen und hat diese zurückgewiesen. In diesem Zusammenhang hat es insbesondere hinsichtlich der Fragen, ob die Kommission hinreichend nachgewiesen hatte, dass die MIF eine Mindesthöhe der Händlergebühr festlegten (Rn. 159 bis 165) und die Händler keinen hinreichenden Druck auf die Höhe der MIF ausüben konnten (Rn. 157 und 158), ob sie den Produktmarkt richtig definiert hatte (Rn. 169 bis 173) und von einem eigenen und relevanten Acquiring-Markt ausgegangen war (Rn. 175 bis 178) und ob sie den Wettbewerbsdruck, den andere Zahlungsarten auf die Höhe der MIF ausübten (Rn. 180), sowie die duale Natur des Marktes (Rn. 181 und 182) bei ihrer Analyse zu Recht außer Acht gelassen hatte, die Beurteilung der Kommission geprüft und bestätigt. Sodann hat das Gericht sowohl die Zuverlässigkeit als auch den Beweiswert der Unterlagen, auf die sich die Kommission gestützt hatte, nämlich zum einen die Erklärungen einer Mineralölgesellschaft, einer Supermarktkette im Vereinigten Königreich, einer Luftfahrtgesellschaft und eines Möbelgeschäfts (Rn. 146 und 147) und zum anderen die Studie zum Handelsmarkt aus 2004 (Rn. 148 bis 158), geprüft und bestätigt.

64.      Nach alledem kann meines Erachtens dem Gericht nicht vorgeworfen werden, es habe, wie von RBS vorgebracht, eine unzureichende Prüfung der Bewirkung einer Wettbewerbsbeschränkung durchgeführt. Jedenfalls nahm zwar die Kommission in der streitigen Entscheidung nicht endgültig zu einem möglichen wettbewerbswidrigen Zweck der MIF Stellung und war daher gehalten, ihre Auswirkungen auf den Markt zu beurteilen, jedoch kann konkret, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um ein Kartell handelt, das unmittelbar den Preisbildungsmechanismus betrifft, seine Eignung zur Verfälschung der normalen Entwicklung der Marktpreise vergleichsweise leichter nachzuweisen sein. Insoweit weise ich darauf hin, dass das Gericht im Urteil betreffend die österreichischen Banken(62) ausgeführt hat, ohne dass der Gerichtshof ihm im Rechtsmittelverfahren(63) widersprochen hätte, dass zur Feststellung, ob eine Preisabsprache, die von den daran beteiligten Unternehmen umgesetzt worden sei, eine konkrete Auswirkung auf den Markt gehabt habe, „es [genügt], dass die vereinbarten Preise als Grundlage für die Festlegung individueller Transaktionspreise dienten und damit den Verhandlungsspielraum der Kunden einschränkten“(64). Das in der mit diesem Urteil entschiedenen Rechtssache in Rede stehende Kartell ist zwar als eine bezweckte Wettbewerbsbeschränkung angesehen worden, und die Kommission hatte seine Auswirkungen auf den Markt nur bei der Bewertung der Schwere der Zuwiderhandlung für die Zwecke der Bemessung der Geldbuße berücksichtigt. Jedoch kann nicht davon ausgegangen werden, dass für den Beweis der Auswirkungen eines Kartells auf den Markt für die Zwecke der Geldbußenbemessung weniger strenge Anforderungen gelten als für die Beurteilung, ob es unter Art. 81 Abs. 1 EG fällt(65).

iii) Zur Rüge eines Widerspruchs in den Gründen des angefochtenen Urteils

65.      RBS weist schließlich hinsichtlich der Möglichkeit der Händler, die Politik von MasterCard und ihren Mitgliedern auf dem Gebiet der Preise zu beeinflussen, auf einen Widerspruch zwischen den Erwägungen in Rn. 143 des angefochtenen Urteils und den Feststellungen in den Rn. 150, 157 und 158 dieses Urteils hin.

66.      Diese Rüge ist meiner Meinung nach ebenfalls zurückzuweisen. Der „Druck“, von dem in den Rn. 150, 157 und 158 des angefochtenen Urteils die Rede ist, ist nämlich der, den die Händler auf die Höhe der MIF ausüben konnten, indem sie die Nutzung der MasterCard-Karten ablehnten oder Kunden davon abhielten, und den die Kommission und das Gericht auf der Grundlage der Studie zum Handelsmarkt aus 2004 wegen der negativen Auswirkungen, die ein solches Verhalten der Händler auf ihren Kundenkreis haben könnte, als nicht hinreichend beurteilt haben(66). In Rn. 143 des angefochtenen Urteils bezieht sich das Gericht hingegen auf den „Wettbewerbsdruck“, den die Händler bei der Aushandlung der Händlergebühr auf die Acquiring-Banken ausüben können und der durch die MIF – die die Schwelle darstellen, unter die die Händlergebühr grundsätzlich nicht fallen kann – beschränkt wird, der sich jedoch in einem Acquiring-Markt ohne MIF erhöhen würde. Es besteht daher offensichtlich kein Widerspruch zwischen den von RBS genannten Randnummern des angefochtenen Urteils, da diese unterschiedliche Situationen betreffen.

iv)    Ergebnis zum einzigen Anschlussrechtsmittelgrund von RBS

67.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der einzige Anschlussrechtsmittelgrund von RBS und daher das Anschlussrechtsmittel insgesamt als unbegründet zurückzuweisen sind.

c)      Zum ersten Anschlussrechtsmittelgrund von LBG

68.      Im Rahmen ihres ersten Rechtsmittelgrundes erhebt LBG im Wesentlichen drei Rügen gegen das angefochtene Urteil.

69.      Erstens rügt sie, das Gericht habe keine angemessene Begründung dafür geliefert, warum die MIF den Wettbewerb auf dem Acquiring-Markt verfälschten, obwohl sie Kosten darstellten, die für alle gemeinsam anfielen. Hierzu genügt der Hinweis, dass das Gericht die Rüge, die MIF wirkten sich wie Kosten aus, die für alle gemeinsam anfielen, in Rn. 143 des angefochtenen Urteils zurückgewiesen und ausgeführt hat, dass, gegenüber einem Acquiring-Markt ohne MIF „die MIF … den Wettbewerbsdruck [beschränken], den die Händler bei der Aushandlung der Händlergebühr auf die Acquiring-Banken ausüben können, indem die Möglichkeiten beschnitten werden, dass die Gebühren unter eine bestimmte Schwelle fallen“. Diese Erwägung geht mit einem Verweis auf die vom Gericht bestätigte Feststellung der Kommission einher, dass ein MasterCard-System, das ohne MIF funktioniere, möglich sei. Insgesamt ist eine solche Begründung, die sich auf das Bestehen eines umgekehrt proportionalen Verhältnisses zwischen dem Verhandlungsspielraum der Händler in Bezug auf die Händlergebühr und der Höhe der MIF sowie auf die Feststellung stützt, die MIF seien künstlich und nicht objektiv notwendig, meines Erachtens hinreichend, um die Begründung des Gerichts verstehen zu können.

70.      Zweitens beanstandet LBG im Wesentlichen, das Gericht habe das Vorliegen einer Preisabsprache auf dem Issuing-Markt angenommen, aber die Auswirkungen davon auf dem nachgelagerten Acquiring-Markt geprüft. Hierzu verweist sie lediglich auf ihr Vorbringen in den Rn. 48 bis 52 ihres Streithilfeschriftsatzes vor dem Gericht, auf den Letzteres nicht eingegangen sei.

71.      Nach Ansicht der Kommission ist diese Rüge unzulässig, da es LBG als Streithelfer nicht gestattet sei, sich auf dieses Vorbringen zu berufen, mit dem in Wahrheit ein neuer Klagegrund gegenüber den zur Stützung der Klage vorgetragenen, die einen Fehler bezüglich der Definition des relevanten Marktes beträfen, geltend gemacht werde. Hierzu weise ich darauf hin, dass LBG in den oben angeführten Randnummern des Streithilfeschriftsatzes in erster Instanz im Wesentlichen rügen wollte, dass die Kommission, erstens, in ihrer kontrafaktischen Analyse einen hypothetischen Fall – nämlich ein MasterCard-System ohne MIF, aber mit einem Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen – angenommen habe, der dieselben Auswirkungen auf den Wettbewerb zwischen den Acquiring-Banken wie die MIF hätte (Rn. 49 und 50), sich zweitens auf die Studie zum Handelsmarkt aus 2004 gestützt habe, deren Beweiswert in Frage gestellt wird (Rn. 51), und drittens einem „unüblichen“ Ansatz gefolgt sei, indem sie die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen der MIF auf dem Acquiring-Markt und nicht auf dem Issuing-Markt, auf dem das Kartell durchgeführt worden sei, untersucht habe (Rn. 52 bis 54). Das Gericht ist auf die ersten beiden Rügen oder auf weitgehend ähnliche Rügen der Rechtsmittelführerinnen in erster Instanz jeweils in den Rn. 143 und 149 bis 156 des angefochtenen Urteils eingegangen. Die dritte Rüge überschneidet sich zum Teil mit der Rüge, nach der die duale Natur des Marktes nicht berücksichtigt worden sei, die LBG auch in erster Instanz erhob und um die es in deren dritter Rüge im Rahmen des hier zu prüfenden Rechtsmittelgrundes geht, die unten in den Nrn. 73 bis 75 geprüft wird und mit der zum Teil die Wahl des relevanten Marktes der Kommission in Frage gestellt wird. Auf den letztgenannten Gesichtspunkt ist das Gericht in den Rn. 168 bis 178 des angefochtenen Urteils eingegangen. Grundsätzlich kann LBG daher zulässigerweise mögliche Rechtsfehler geltend machen, die die Beurteilung in den oben angeführten Randnummern des angefochtenen Urteils betreffen.

72.      Soweit mit der hier zu prüfenden Rüge eine Nichtentscheidung geltend gemacht wird, ist sie in der Sache zurückzuweisen, da, wie soeben ausgeführt, das Gericht auf die verschiedenen Argumente von LBG in den oben angeführten Randnummern des Streithilfeschriftsatzes in Wirklichkeit geantwortet hat. Im Übrigen kann mangels Einwänden, die sich konkret gegen die Randnummern des angefochtenen Urteils richten, die eine solche Antwort enthalten, die Behauptung allein, das Gericht habe die ihm unterbreiteten Argumente und Umstände nicht „angemessen behandelt“, nur als Antrag auf Überprüfung dieser Argumente und Umstände durch den Gerichtshof ausgelegt werden, der als solcher im Rechtsmittelverfahren unzulässig ist.

73.      Gleiches gilt für die dritte von LBG gegenüber dem angefochtenen Urteil erhobene Rüge, mit der beanstandet wird, das Gericht habe weder die Bedeutung des von „den anderen Zahlungssystemen“ ausgeübten Drucks auf den Issuing-Markt noch die duale Natur des Marktes berücksichtigt.

74.      LBG beschränkt sich nämlich im Wesentlichen auf die Behauptung, das Gericht habe diese Fragen bei seiner Prüfung nach Art. 81 Abs. 1 EG zu Unrecht außer Acht gelassen und ihre Relevanz nur für die Anwendung von Abs. 3 dieses Artikels anerkannt, ohne indessen die Gründe darzulegen, aus denen eine solche Vorgehensweise fehlerhaft wäre; vielmehr wiederholt sie lediglich die schon im Rahmen ihrer ersten und zweiten Rüge vorgetragenen Argumente und verweist auf ihren Streithilfeschriftsatz in erster Instanz. Hierzu weise ich darauf hin, dass das Gericht in den Rn. 180 und 181 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, dass die Rügen, nach denen die duale Natur des Marktes nicht berücksichtigt worden sei, „im Rahmen eines Rechtsmittels, mit dem ein Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 EG geltend gemacht wird, nicht relevant“ seien, da sie sich „auf die wirtschaftlichen Vorteile berufen, die sich aus den MIF ergeben sollen“. LBG hat jedoch in ihrem Anschlussrechtsmittel kein Argument vorgetragen, um eine solche Auslegung ihres diesbezüglichen erstinstanzlichen Vorbringens in Frage zu stellen oder um darzulegen, welche Vorteile nach Art. 81 Abs. 1 EG vom Gericht hätten berücksichtigt werden müssen und aus welchen Gründen eine solche Berücksichtigung im vorliegenden Fall, insbesondere im Hinblick auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts auf diesem Gebiet, notwendig sei. Ich weise auch darauf hin, dass das Gericht entgegen der Auffassung von LBG in den Rn. 179 und 180 des angefochtenen Urteils auf das Vorbringen, wonach die Kommission „die anderen Zahlungsarten weder im Kontext eines gemeinsamen Marktes … noch überhaupt dahin gehend berücksichtigt [hat], dass sie einen Wettbewerbsdruck erzeugten“, eingegangen ist und es zurückgewiesen hat. Auch in diesem Fall trägt LBG keinen Einwand gegen die Beurteilung des Gerichts vor. Mangels ausführlicheren Vorbringens müsste der Gerichtshof seine Kontrolle auf der Grundlage der schlichten Behauptung einer mangelhaften Prüfung durch das Gericht durchführen.

75.      Soweit mit der in Rede stehenden Rüge ein Begründungsfehler betreffend die fraglichen Punkte geltend gemacht wird, ist sie meiner Ansicht nach als unbegründet zurückzuweisen, da die relevanten Gründe des angefochtenen Urteils ermöglichen, die Erwägungen des Gerichts zu verstehen.

76.      Nach alledem ist meines Erachtens der erste Rechtsmittelgrund des Anschlussrechtsmittels von LBG insgesamt zurückzuweisen.

4.      Zur objektiven Notwendigkeit der MIF (erster Rechtsmittelgrund)

a)      Angefochtenes Urteil

77.      Das Gericht ist auf die objektive Notwendigkeit der MIF in den Rn. 77 bis 121 des angefochtenen Urteils eingegangen. Vor dieser Prüfung hat es in Rn. 75 ausgeführt, der Hinweis der Rechtsmittelführerinnen, die MIF seien objektiv notwendig, sei „dahin zu verstehen, dass die Kommission die MIF als Nebenabrede zum MasterCard-System hätte ansehen müssen und ihre Auswirkungen auf den Wettbewerb daher nicht unabhängig betrachten dürfen, sondern sie zusammen mit den Auswirkungen des MasterCard-Systems, mit denen sie zusammenhingen, hätte prüfen müssen“.

78.      Nach einem kurzen Hinweis auf die im Urteil M6 u. a./Kommission(67) aufgestellten Grundsätze auf dem Gebiet der Nebenabreden hat das Gericht die Rüge der Rechtsmittelführerinnen betreffend eine Anwendung falscher rechtlicher Kriterien (Rn. 84 bis 92 des angefochtenen Urteils) untersucht und zurückgewiesen. Sodann hat es die behauptete objektive Notwendigkeit der MIF als Standardverfahren zur Abwicklung von Geschäften (Rn. 94 bis 99) und als Verfahren für den Transfer von Geldern zugunsten der Issuing-Banken (Rn. 100 bis 121) gesondert geprüft. Im Rahmen der ersten Prüfung hat es die Beurteilung der Kommission bestätigt, nach der die Einführung eines Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen in das MasterCard-System eine weniger beschränkende Alternative zu MIF in fixer Höhe sei. Nach seiner Prüfung ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kommission zu Recht feststellen konnte, dass die MIF für das Funktionieren des MasterCard-Systems nicht objektiv notwendig gewesen seien.

b)      Zum ersten Rechtsmittelgrund

79.      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund werfen die Rechtsmittelführerinnen, unterstützt durch RBS, MBNA, HSBC und LBG, dem Gericht mehrere Rechtsfehler sowie einen Begründungsfehler betreffend die Beurteilung der objektiven Notwendigkeit der MIF vor. Dieser Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen, die jeweils die Anwendung eines falschen rechtlichen Kriteriums, eine fehlende Prüfung der Wettbewerbsbeschränkung in ihrem Zusammenhang, eine Ersetzung der Beurteilung der Kommission durch die des Gerichts und eine unzureichende Kontrolle durch das Gericht betreffen.

i)      Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes: Anwendung eines falschen rechtlichen Kriteriums

80.      Mit dem ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe das auf die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede anwendbare rechtliche Kriterium, wie es insbesondere im Urteil des Gerichtshofs DLG(68) und im Urteil des Gerichts M6 u. a./Kommission(69) aufgestellt worden sei, verkannt. Während in diesen Präzedenzfällen der Unionsrichter entschieden habe, dass eine Beschränkung objektiv notwendig sei, wenn ohne sie der Gegenstand der Hauptmaßnahme nicht zu erreichen sei oder die Möglichkeit der Parteien, sie zu verfolgen, hierdurch verringert werde, nämlich wenn diese Maßnahme „nur schwer oder gar nicht zu verwirklichen [wäre]“(70), habe das Gericht in Rn. 89 des angefochtenen Urteils dieses Kriterium verschärft, indem es festgestellt habe, dass „[a]ls in den Anwendungsbereich der Lehre von den Nebenabreden fallend … nur die Beschränkungen angesehen werden [können], die notwendig sind, damit die Hauptmaßnahme überhaupt funktionieren kann“. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerinnen und der Streithelfer muss das richtige Kriterium „aus geschäftlicher Sicht realistisch“ sein und darf keine strikte Notwendigkeit in logischer Hinsicht verlangen. Es müsse erlauben, eine Beschränkung als objektiv notwendig anzusehen, deren Fehlen „das wirksame Funktionieren“ der Hauptmaßnahme oder ihre Eignung, „effizient“ zu funktionieren, „tatsächlich behindern würde“.

81.      Nach dem Urteil M6 u. a./Kommission, das in den Rn. 77 bis 82 des angefochtenen Urteils ausführlich zitiert wird, „bedeutet der Begriff der Nebenabrede jede mit der Durchführung einer Hauptmaßnahme unmittelbar verbundene und für diese notwendige Einschränkung“(71). Nach diesem Urteil ist für die Prüfung der Notwendigkeit einer solchen Beschränkung „[z]um einen … zu untersuchen, ob die Beschränkung für die Durchführung der Hauptmaßnahme objektiv notwendig ist, und zum anderen, ob sie im rechten Verhältnis zu ihr steht“(72). Zur Prüfung der objektiven Notwendigkeit der Beschränkung wird in diesem Urteil ausgeführt, dass „[e]s … nicht darum [geht], zu prüfen, ob angesichts der Wettbewerbssituation auf dem relevanten Markt die Beschränkung für den geschäftlichen Erfolg der Hauptmaßnahme unerlässlich ist, sondern um die Bestimmung, ob die Beschränkung im besonderen Rahmen der Hauptmaßnahme für die Verwirklichung dieser Maßnahme notwendig ist“, und dass, „[w]äre die Hauptmaßnahme ohne die Beschränkung nur schwer oder gar nicht zu verwirklichen, … die Beschränkung als objektiv notwendig zu ihrer Verwirklichung betrachtet werden [kann]“(73).

82.      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass weder die Rechtsmittelführerinnen noch die Streithelfer sich gegen das anwendbare rechtliche Kriterium zur Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede nach dem Urteil M6 u. a./Kommission an sich wenden, sondern lediglich geltend machen, das Gericht habe dieses Kriterium nur teilweise angewandt und insbesondere die Prüfung unterlassen, ob eine Abschaffung der MIF das MasterCard-System „schwer zu verwirklichen“ gemacht hätte. Daher ist zum einen die genaue Tragweite dieses Kriteriums zu bestimmen und zum anderen zu prüfen, ob das Gericht den gerügten Fehler begangen hat.

83.      Zum ersten Gesichtspunkt weise ich darauf hin, dass die Lehre von den Nebenabreden im Unionsrecht ihre Ursprünge in einer Reihe von Urteilen des Gerichtshofs, beginnend mit dem Urteil Metro SB-Großmärkte/Kommission(74), hat, in denen Letzterer entschieden hat, dass zur Erreichung eines rechtmäßigen geschäftlichen Zwecks „notwendige“ Einschränkungen der Autonomie der Vertragsparteien keine Wettbewerbsbeschränkungen nach Art. 81 Abs. 1 EG darstellen. In diesen Präzedenzfällen wurde die Voraussetzung der Notwendigkeit der Beschränkung relativ streng ausgelegt und angewandt, wobei der Gerichtshof im Allgemeinen verlangt hat, dass die in Rede stehende Einschränkung notwendig sei, um die Verwirklichung der beabsichtigten geschäftlichen Maßnahme unter dem Blickwinkel der „Möglichkeit“, der „Effektivität“ und der Erhaltung der „Existenzgrundlage“ zu erlauben(75).

84.      Der Grund für diese Strenge ist hauptsächlich die Tatsache, dass solche Beschränkungen grundsätzlich automatisch die Beurteilung der Vereinbarkeit mit Art. 81 Abs. 1 EG teilen, die der Vereinbarung zugutekommt. Eine solche Behandlung ist die Folge der positiven Beurteilung der von der Vereinbarung erfüllten rechtlichen und wirtschaftlichen Funktion durch die Unionsrechtsordnung und des Vorrangs, den diese Rechtsordnung dem von ihr verfolgten rechtmäßigen Ziel zuerkennt, wobei sie allfällige (gemäßigte) Wettbewerbsbeschränkungen duldet, die sich zur Erreichung dieses Ziels als notwendig erweisen. Im Einklang mit diesem Zweck kann die Einstufung als objektiv notwendige Nebenabrede nur für Beschränkungen anerkannt werden, ohne die die Vereinbarung die sie kennzeichnende rechtliche und wirtschaftliche Funktion nicht vollständig erfüllen kann und/oder ihre Durchführung nicht zu verwirklichen oder ernsthaft gefährdet wäre. In diesem Sinne ist meines Erachtens sowohl die Bezugnahme im Urteil DLG auf das „ordnungsgemäße Funktionieren“ der Hauptmaßnahme als auch diejenige im Urteil M6 u. a./Kommission auf ihre „schwere Verwirklichbarkeit“ auszulegen(76).

85.      Das Erfordernis, zu verhindern, dass die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede sich nicht mit der nach Art. 81 Abs. 3 EG überschneidet, wurde auch im Rahmen der Beurteilung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede angesprochen(77). So wurde entschieden, dass die Beschränkungen, durch die die Verwirklichung der Hauptmaßnahme erleichtert, ihre Effizienz verbessert oder der geschäftliche Erfolg sichergestellt werden kann, sowie allgemein die, die angesichts der Wettbewerbssituation auf dem Markt „unerlässlich“ sind, im Zusammenhang mit dieser Bestimmung und nicht mit Abs. 1 dieses Artikels zu berücksichtigen sind(78).

86.      Ich komme daher zu der Prüfung, ob das Gericht bei der Beurteilung der objektiven Notwendigkeit der MIF in Bezug auf das MasterCard-System das oben definierte rechtliche Kriterium außer Acht gelassen hat.

87.      Hierzu weise ich darauf hin, dass das Gericht zunächst in den Rn. 77 bis 82 des angefochtenen Urteils die im Urteil M6 u. a./Kommission aufgestellten Grundsätze wiedergegeben hat, darunter die Klarstellung in Rn. 109 dieses Urteils zur „schweren Verwirklichbarkeit“ der Hauptmaßnahme. Sodann hat es in den Rn. 88 und 89 ausgeführt, dass die Vorteile, die die MIF für das MasterCard-System darstellten, sowie die Erwägungen, die sich auf ihre Notwendigkeit in Anbetracht der Wettbewerbssituation auf dem betreffenden Markt beziehen, bei der Feststellung ihrer objektiven Notwendigkeit nach der Lehre von den Nebenabreden außer Betracht blieben(79). In diesem Zusammenhang hat es auch in Rn. 89 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „[a]ls in den Anwendungsbereich [dieser] Lehre … fallend … nur die Beschränkungen angesehen werden [können], die notwendig sind, damit die Hauptmaßnahme überhaupt funktionieren kann“, und in Rn. 90 ist es zu dem Ergebnis gekommen, dass „der Umstand, dass sich das Fehlen der MIF negativ auf das Funktionieren des MasterCard-Systems auswirken könnte, als solcher nicht [bedeutet], dass die MIF als objektiv notwendig angesehen werden müssen, wenn sich aus der Untersuchung des MasterCard-Systems in seinem wirtschaftlichen und rechtlichen Kontext ergibt, dass es auch ohne sie funktionsfähig bleiben kann“. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen glaube ich nicht, dass man diese Abschnitte, losgelöst von ihrem Zusammenhang, als einen Versuch des Gerichts auslegen kann, die bereits strengen Beurteilungskriterien nach der oben in Nr. 83 angeführten Rechtsprechung weiter zu verschärfen.

88.      Eine solche Auslegung wird weder durch eine Gesamtschau der Gründe des angefochtenen Urteils, die der Darlegung dieser Kriterien gewidmet sind, noch durch die Beurteilung des Gerichts im vorliegenden Fall bestätigt. Letzteres ist nämlich nach seiner Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Schwierigkeiten, die die Abschaffung der MIF für das Funktionieren des MasterCard-Systems mit sich brächte, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen und die Streithelfer berufen, nicht geeignet seien, das Funktionieren dieses Systems in seinem rechtlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang konkret zu verhindern. Außerdem behaupteten die Rechtsmittelführerinnen in ihrer Klageschrift, dass die Aufhebung der MIF den Fortbestand des MasterCard-Systems selbst in Frage stellen würde – da Letzteres nicht allein auf der Grundlage bilateraler Vereinbarungen zwischen den Issuing-Banken und den Acquiring-Banken über die Interbankenentgelte und ohne Standardregelung funktionieren könne –, und nicht bloß seine Verwirklichung schwieriger machen würde.

89.      Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen ist.

ii)    Zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes: unterlassene Prüfung der Wettbewerbsbeschränkung in ihrem Zusammenhang

90.      Im Rahmen des zweiten Teils ihres ersten Rechtsmittelgrundes erheben die Rechtsmittelführerinnen im Wesentlichen fünf Rügen.

–       Zur Rüge der Annahme einer weniger beschränkenden Alternative, die nicht das Ergebnis der Marktkräfte sei

91.      Sie beanstanden erstens die Feststellung in Rn. 99 des angefochtenen Urteils, nach der die Kommission „nicht dartun [musste], dass das freie Spiel der Marktkräfte die Issuing- und Acquiring-Banken dazu drängen würde, von sich aus eine weniger wettbewerbsbeschränkende Regel als die MIF zu beschließen“. Die angemessene kontrafaktische Annahme zur Beurteilung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung müsse zwingend das Ergebnis der Marktkräfte und nicht des Handelns einer Regulierungsbehörde sein, da sonst die oben in Nr. 53 angeführte Rechtsprechung missachtet würde, die die Berücksichtigung des „tatsächlichen Rahmens“, wie er ohne die Vereinbarung, den Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder die abgestimmte Verhaltensweise bestehen würde, verlange.

92.      Die Kommission hält diese Rüge für unzulässig. Sie argumentiert, die Rechtsmittelführerinnen könnten ihren Rechtsmittelgrund betreffend die objektive Notwendigkeit der MIF nicht auf Vorbringen, nämlich dasjenige zur Unangemessenheit einer auf das Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen gestützten kontrafaktischen Annahme, stützen, auf das sie in erster Instanz einen anderen Klagegrund gestützt hätten, nämlich denjenigen betreffend das Fehlen einer Wettbewerbsbeschränkung. Dieser Einwand ist meines Erachtens zurückzuweisen. Da das Gericht nämlich auf dieses Vorbringen in dem der Beurteilung der objektiven Notwendigkeit der MIF gewidmeten Teil der Begründung des angefochtenen Urteils eingegangen ist und die Rechtsmittelführerinnen im selben Zusammenhang die rechtliche Begründetheit dieser Antwort bestreiten, ist die hier geprüfte Rüge meines Erachtens zulässig.

93.      In der Sache erfordert das Tatbestandsmerkmal der notwendigen Beschränkung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts zum einen die Prüfung, „ob die Beschränkung für die Durchführung der Hauptmaßnahme objektiv notwendig ist, und zum anderen, ob sie im rechten Verhältnis zu ihr steht“, d. h., ob ihr sachlicher und örtlicher Anwendungsbereich nicht über das für die Verwirklichung dieser Maßnahme Notwendige hinausgehen (oder strikt darauf beschränkt sind)(80).

94.      Eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung impliziert, dass die fragliche Beschränkung nicht als notwendig für die Verwirklichung der Hauptmaßnahme angesehen werden kann und daher unter Art. 81 Abs. 1 EG fällt, wenn eine weniger beschränkende Alternative besteht, mit der die von der fraglichen Beschränkung verfolgten rechtmäßigen Ziele erreicht werden können. Die Möglichkeit einer solchen Alternative ist im Licht aller relevanten Umstände zu beurteilen und muss, wie das Gericht in Rn. 99 des angefochtenen Urteils ausführt, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht realistisch sein.

95.      Hingegen kann man meines Erachtens, um im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Nebenabrede ein weniger beschränkendes Alternativszenario annehmen zu können, von der Kommission nicht den Nachweis verlangen, dass ohne diese Beschränkung die Marktkräfte auf ein solches Szenario hinwirkten.

96.      Insoweit können sich die Rechtsmittelführerinnen nicht auf die oben in Nr. 53 angeführte Rechtsprechung stützen, die nicht ausdrücklich die Prüfung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede betrifft. Zwar hat der Gerichtshof im Einklang mit dieser Rechtsprechung anerkannt, dass zur Beurteilung der objektiven Notwendigkeit einer Beschränkung für die Verwirklichung der Hauptmaßnahme, mit der sie verbunden ist, zu prüfen ist, wie sich der Wettbewerb gestalten würde, wenn sie nicht vereinbart würde(81), um zu bestimmen, ob in einem solchen Fall diese Maßnahme nur schwer oder gar nicht zu verwirklichen wäre(82). Jedoch kann dieses Erfordernis nicht dahin ausgelegt werden, dass die Kommission, wenn sie der Ansicht ist, dass es eine weniger beschränkende Alternative gibt, nachweisen muss, dass sich diese ohne die von den Parteien der Hauptmaßnahme auferlegte Beschränkung aus dem Wettbewerb ergäbe, und erst recht nicht, dass diese Parteien sie wahrscheinlich beschließen würden(83).

97.      Nach der Rechtsprechung zählt hingegen in diesem Zusammenhang zum einen, dass eine solche Alternative, insbesondere in wirtschaftlicher Hinsicht, möglich ist(84), und zum anderen, dass sie die rechtmäßigen Ziele erfüllen kann, für die die in Rede stehende Beschränkung vorgesehen wurde, ohne über das hinauszugehen, was zu diesem Zweck erforderlich ist, und gleichzeitig die Verwirklichung der Hauptmaßnahme erlaubt(85).

98.      Schließlich weise ich zu diesem Punkt darauf hin, dass die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit einer Nebenabrede notwendigerweise eine Art „regulatorischen“ Aspekt, um den von den Rechtsmittelführerinnen verwendeten Begriff zu gebrauchen, enthält, da sie den Zweck hat, das Bestehen weniger beschränkender Alternativen zu prüfen, die die Vereinbarungen der Parteien der Hauptmaßnahme sowie den von diesen angestrebten Ausgleich der wechselseitigen Verpflichtungen ersetzen können.

–        Zur Rüge, die Einführung eines Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen in das MasterCard-System sei nicht glaubhaft

99.      Zweitens beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe der Kommission „erlaubt“, sich auf Tatsachen und ein Alternativszenario zu stützen, die „nicht glaubhaft“ seien.

100. Eine solche Rüge ist meines Erachtens als unzulässig zurückzuweisen, da sie in Wahrheit auf eine neue Tatsachenwürdigung durch den Gerichtshof abzielt. Außerdem ist auch die Argumentation, auf die sie gestützt ist, als ins Leere gehend zurückzuweisen. Wenn nämlich die Rechtsmittelführerinnen ausführen, dass es „praktisch unvorstellbar ist“, dass nach Aufhebung der MIF die Marktkräfte MasterCard dazu brächten, andere Mittel zur Entschädigung der Issuing-Banken für die Vorteile, die sie den Acquiring-Banken und den Händlern verschafften, durch ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen auszuschließen, und dass eher das Gegenteil logisch sei, verkennen sie die Tatsache, dass das Gericht nach der Prüfung in den Rn. 100 bis 119 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gekommen ist, dass kein Verfahren für den Transfer von Geldern von den Acquiring-Banken zu den Issuing-Banken erforderlich sei. Das Gericht hat daher entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen nicht stillschweigend anerkannt, dass MIF in fixer Höhe für das Funktionieren von MasterCard notwendig seien, es hat vielmehr ausdrücklich das Gegenteil festgestellt. Was die Einführung eines Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen in das MasterCard-System anbelangt, verkennt die Argumentation der Rechtsmittelführerinnen die Tatsache, dass auf eine solche Möglichkeit in den Rn. 95 und 96 des angefochtenen Urteils hingewiesen wurde, als weniger beschränkende Alternative zu den MIF, um zu verhindern, dass die Issuing-Banken, wenn sie die Höhe der Interbankenentgelte einseitig festsetzten, die Acquiring-Banken, die an die HACR gebunden seien, unter Druck setzen könnten.

101. Dabei weise ich noch darauf hin, dass die Rechtsmittelführerinnen, soweit sie die MIF als einen Mechanismus für die Vergütung von Dienstleistungen ansehen, die die Issuing-Banken den Acquiring-Banken und den Händlern erbrächten, den Standpunkt aufzugeben scheinen, den sie im Verwaltungsverfahren und vor dem Gericht vertraten, wonach nämlich die MIF vielmehr ein Mechanismus seien, der dem Ausgleich der Nachfrage der Karteninhaber und der Händler sowie der Aufteilung der Kosten des Dienstes zwischen den Issuern und den Acquirern des Systems diene(86).

–        Zur Nichtberücksichtigung des Vorbringens durch das Gericht, wonach ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen dieselben Auswirkungen auf den Wettbewerb habe wie MIF, sowie zu einem Begründungsmangel in dieser Hinsicht

102. Drittens rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe ihr Vorbringen in erster Instanz, wonach die MIF und ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen unter dem Blickwinkel der Auswirkungen auf den Wettbewerb im Wesentlichen übereinstimmten, nicht berücksichtigt. In beiden Fällen handle es sich nämlich um eine Standardregelung, die zentral von MasterCard erlassen werde und die „den zwischen Acquirern und Käufern angewandten Preis festsetzt“.

103. Hierzu genügt der Hinweis, dass das Gericht, wie bereits oben in Nr. 69 bei der Prüfung einer ähnlichen Rüge ausgeführt, die LBG in ihrem Anschlussrechtsmittel erhoben hat, auf diese Argumente in Rn. 143 des angefochtenen Urteils eingegangen ist, in der es feststellt, dass der Unterschied zwischen diesen beiden Situationen darin liegt, dass „[g]egenüber einem Acquiring-Markt ohne MIF … die MIF … den Wettbewerbsdruck [beschränken], den die Händler bei der Aushandlung der Händlergebühr auf die Acquiring-Banken ausüben können, indem die Möglichkeiten beschnitten werden, dass die Gebühren unter eine bestimmte Schwelle fallen“. Zwar ergibt sich aus dieser Darlegung, dass das Gericht seine Aufmerksamkeit auf die Aspekte im Zusammenhang mit dem Preisniveau konzentriert, während das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen eher die mit der Preisstruktur verbundenen Aspekte betrifft. Jedoch kann dieser unterschiedliche Ansatz allein nicht dazu führen, dass der hier geprüften Rüge, die eine Nichtentscheidung betrifft, stattgegeben wird(87). Die Beurteilung in dieser Randnummer ist außerdem, vorbehaltlich einer Verfälschung von Tatsachen oder Beweismitteln, die im vorliegenden Fall nicht behauptet wurde, der Kontrolle des Gerichtshofs entzogen.

104. Auch die Rüge eines Begründungsmangels bezüglich derselben Frage ist zurückzuweisen, da Rn. 143 des angefochtenen Urteils die Überlegungen des Gerichts klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringt.

–       Zur Rüge der Nichtberücksichtigung der beschränkenden Wirkungen eines Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen auf den Bereich „Issuing“ des MasterCard-Systems

105. Viertens machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, dass „die von der Kommission vorgeschlagenen, mit null festgesetzten MIF auch zu einer Beschränkung der anderen Seite des dualen Marktes führt, da sie die Issuer daran hindert, die Acquirer für die von ihnen erbrachten Dienstleistungen zahlen zu lassen“. Dazu weisen sie darauf hin, dass „die Kommission es verweigert hat, sich auf diese unvermeidliche Auswirkung zu konzentrieren, und sich vielmehr nur mit einer einzigen Seite des dualen Marktes beschäftigt hat, nämlich mit der Auswirkung auf die Händler“.

106. Es ist festzustellen, dass sich diese Rüge nur gegen die Beurteilung der Kommission richtet und weder die betroffenen Punkte der Begründung des angefochtenen Urteils noch die Fehler, die diese aufweisen sollen, bezeichnet. Soweit sie dahin zu verstehen ist, dass mit ihr mittelbar beanstandet werden soll, das Gericht habe die Auswirkungen einer Herabsetzung der MIF auf null auf den Wettbewerb im Verhältnis zu den bestehenden MIF nicht richtig beurteilt, weil es die Beschränkungen nicht berücksichtigt habe, die eine solche Herabsetzung für den anderen Teil des dualen Marktes verursache, weise ich jedenfalls darauf hin, dass zum einen das Gericht auf Argumente, mit denen die Beurteilung der Kommission in Frage gestellt werden sollte, da sie ihre wirtschaftliche Analyse nur auf den Acquiring-Markt eingeschränkt habe, in den Rn. 172 bis 182 des angefochtenen Urteils eingegangen ist, in denen es im Wesentlichen die Definition des Issuing-Markts und des Acquiring-Markts als eigene Märkte bestätigt. Zum anderen legen die Rechtsmittelführerinnen nicht dar, warum eine Beschränkung in den Beziehungen zwischen Issuing-Banken und Acquiring-Banken wettbewerbsbeschränkende Wirkungen auf dem Issuing-Markt hätte(88). Hierzu weise ich schließlich darauf hin, dass die Darlegung, wonach die MIF einen Mechanismus für die Vergütung von Dienstleistungen darstellten, die die Issuing-Banken den Acquiring-Banken und den Händlern erbrächten, von den Rechtsmittelführerinnen im Verwaltungsverfahren aufgegeben worden war.

–       Zur Rüge einer Verfälschung der streitigen Entscheidung in ihrer Auslegung durch die Kommission in erster Instanz

107. Fünftens machen die Rechtsmittelführerinnen schließlich geltend, das Gericht habe die kontrafaktische Annahme, wie sie von der Kommission beabsichtigt gewesen sei, falsch dargestellt, wobei Letztere in ihrer Gegenerwiderung klargestellt habe, dass diese Annahme darin bestanden habe, die MIF vollständig abzuschaffen und bilaterale Verhandlungen zwischen den Banken zu befürworten, wobei das Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen nur hilfsweise hinzugefügt worden sei.

108. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 95 des angefochtenen Urteils den Inhalt des 554. Erwägungsgrundes der streitigen Entscheidung zur Gänze wiedergegeben hat, in dem die Kommission als mögliche weniger beschränkende Alternative zu den MIF ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen in Betracht zog. Das Gericht ist in Rn. 96 des angefochtenen Urteils davon ausgegangen, dass die Begründung in diesem Erwägungsgrund keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler enthält, und hat seine weitere Prüfung auf die darin getroffene Annahme gestützt. Selbst wenn man annimmt, dass, wie die Rechtsmittelführerinnen vorbringen, die Kommission im Laufe des Verfahrens tatsächlich ihren Standpunkt grundlegend änderte, ist der Ansatz des Gerichts, sich an den Inhalt des angefochtenen Rechtsakts zu halten, der im Übrigen hinsichtlich des in Rede stehenden Erwägungsgrundes klar ist, an sich nicht zu beanstanden.

–       Ergebnis zum zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes

109. Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen ist.

iii) Zum dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes: Ersetzung der Beurteilung der Kommission durch die des Gerichts

110. Im Rahmen des dritten Teils ihres ersten Rechtsmittelgrundes machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, das Gericht habe bei der Prüfung der objektiven Notwendigkeit der MIF die Beurteilung der Kommission durch seine eigene ersetzt, da es nur eine begrenzte Anzahl der Gründe berücksichtigt habe, auf die sich Letztere in der streitigen Entscheidung gestützt habe.

111. Nach ständiger Rechtsprechung, auf die sich die Rechtsmittelführerinnen berufen, darf der Unionsrichter im Rahmen einer Nichtigkeitsklage weder die vom Verfasser der angefochtenen Handlung gegebene Begründung durch seine eigene ersetzen(89) noch bei der Kontrolle der Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten durch die Kommission die wirtschaftliche Beurteilung seitens dieses Organs durch seine eigene ersetzen(90).

112. Erstens rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe „betreffend die Möglichkeit, ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen anzuwenden, dieses Ergebnis ohne jegliche Prüfung des Grundes akzeptiert, aus dem dies der Fall sein soll“. Mit dieser Rüge soll in Wirklichkeit eher beanstandet werden, das Gericht habe eine mangelhafte Prüfung vorgenommen, als dass es die Beurteilung der Kommission durch seine eigene ersetzt habe, und sie überschneidet sich daher mit dem Vorbringen zur vierten Rüge des hier zu prüfenden Rechtsmittelgrundes betreffend eine unzureichende gerichtliche Kontrolle. Jedenfalls weise ich darauf hin, dass die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 95 bis 99 des angefochtenen Urteils strikt denen der Kommission nachgebildet sind. Folglich kann in diesem Punkt von einer Ersetzung der in der streitigen Entscheidung enthaltenen Beurteilung und/oder Gründe keine Rede sein.

113. Zweitens rügen die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe „dem allgemeineren Kontext der wirtschaftlichen Einkünfte und Vorteile, die die Banken aus der Ausgabe der Zahlungskarten erzielen“, sowie der Tatsache, dass die von der australischen Notenbank verfügte Herabsetzung der Interbankenentgelte keine Auswirkungen auf das MasterCard-System in Australien gehabt habe (im Folgenden: australisches Beispiel), „viel mehr Gewicht beigemessen“ als die Kommission(91).

114. Hierzu bin ich der Meinung, dass dem mit einer Nichtigkeitsklage befassten Unionsrichter nicht abgesprochen werden kann, im Rahmen der Rechtmäßigkeitskontrolle, die er über den angefochtenen Rechtsakt ausübt, gewissen Teilen der Begründung dieses Rechtsakts mehr Bedeutung als anderen zuzuerkennen, vorausgesetzt, dass eine solche Vorgehensweise die innere Logik des in Rede stehenden Rechtsakts nicht soweit ändert, dass seine Gründe oder seine Beurteilung tatsächlich ersetzt werden. Dies ist meines Erachtens hier nicht der Fall. Es trifft zwar zu, dass das Gericht seine Aufmerksamkeit auf die Prüfung der Einkünfte konzentriert, die die Banken durch die Ausgabe der Zahlungskarten erzielen, und dem australischen Beispiel besondere Bedeutung beimisst, doch wurden weder die Beurteilung der Kommission noch die Gründe der streitigen Entscheidung verkannt oder ersetzt, die ebenfalls auf solche Umstände gestützt sind(92).

iv)    Zum vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes: unzureichende Kontrolle durch das Gericht

115. Im Rahmen des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes beanstanden die Rechtsmittelführerinnen, unterstützt durch MBNA, HSBC, RBS und LBG, das Gericht habe eine sehr beschränkte gerichtliche Kontrolle der objektiven Notwendigkeit der MIF durchgeführt. Zum einen hätte das Gericht in Anbetracht des Inkrafttretens der Charta sowie der Rechtsprechung des EGMR diese Beurteilungen einer umfassenden Kontrolle unterziehen müssen und sie nicht auf offensichtliche Fehler beschränken dürfen. Zum anderen habe es die vom Gerichtshof verlangte gerichtliche Kontrolle nicht eingehalten, da es erstens das Kriterium der offensichtlichen Fehlerhaftigkeit auf Feststellungen der Kommission angewandt habe, die nicht mit einer Würdigung tatsächlich „komplexer“ wirtschaftlicher Gegebenheiten verbunden gewesen seien, und zweitens dieses Kriterium durch ein anderes, weniger strenges Kriterium ersetzt habe, das sich auf die Prüfung ihrer „Angemessenheit“ beschränke.

116. Vor der Prüfung dieser Rügen weise ich darauf hin, dass die Rechtsmittelführerinnen im Rahmen des hier geprüften Teils auch einige Argumente wiederholen, die sich mit den im oben geprüften dritten Teil geltend gemachten überschneiden. Es handelt sich insbesondere um die Behauptung, das Gericht habe sich nur auf einen Teil der Gründe der streitigen Entscheidung gestützt, manchen dieser Gründe größere Bedeutung als die Kommission beigemessen und die Beurteilung der Kommission durch seine eigene ersetzt. Da dieses Vorbringen bereits bei der Prüfung des genannten Teils erörtert wurde, verweise ich zu diesem Thema lediglich auf die Erwägungen oben in den Nrn. 110 bis 114, jedoch nicht ohne auf einen gewissen Widerspruch in der Sache zwischen diesen Behauptungen und dem Vorbringen hinzuweisen, wonach das Gericht die Wertungen der Kommission auf wirtschaftlichem Gebiet im Übermaß übernommen habe.

117. Somit werfen die hier geprüften Rügen einmal mehr die schwierige Frage an den Gerichtshof nach dem Umfang der gerichtlichen Kontrolle auf, die über Entscheidungen der Kommission, mit denen Unternehmen Sanktionen für Verstöße gegen die Wettbewerbsregeln auferlegt werden, auszuüben ist(93).

118. Der Rahmen für diese Kontrolle ist zunächst die Art der Überprüfung, die der Unionsrichter im Rahmen der ihm durch den Vertrag übertragenen Rechtsprechungsaufgabe auszuüben hat. Außer im Bereich der Geldbußen, hinsichtlich derer ihm die Befugnis zur unbeschränkten Nachprüfung nach Art. 261 AEUV und Art. 31 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003(94) zukommt, führt dieses Gericht nach Art. 263 Abs. 1 AEUV eine Rechtmäßigkeitskontrolle durch, die ihm die Abweisung der Nichtigkeitsklage oder die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung, aber nicht ihre Abänderung oder die Überprüfung ihrer Zweckmäßigkeit ermöglicht. Eine zweite Grenze, die in der Rechtsprechung hervorgehoben wurde, ist institutioneller Art und ergibt sich aus der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den Unionsgerichten, wobei der Vertrag Ersterer eine Überwachungsaufgabe auf dem Gebiet des Wettbewerbsrechts übertragen hat, die neben der Pflicht, Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln zu ermitteln und zu ahnden, auch den Auftrag umfasst, eine allgemeine Politik „mit dem Ziel [zu entwickeln und] zu verfolgen, die im Vertrag niedergelegten Grundsätze … anzuwenden und das Verhalten der Unternehmen in diesem Sinne zu lenken“(95). In diesem Zusammenhang hat die Rechtsprechung anerkannt, dass es dem Unionsrichter im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Entscheidungen der Kommission auf dem Gebiet des Wettbewerbs nicht obliegt, den Standpunkt der Kommission durch seinen eigenen zu ersetzen oder die streitige Entscheidung abzuändern, da dies andernfalls zu einer Störung des im Vertrag vorgesehenen Gleichgewichts zwischen den Organen führen könnte(96). Eine dritte Grenze betrifft schließlich die Art der Beurteilung, die die Kommission in diesen Entscheidungen nach Art. 81 EG vorzunehmen hat. Ein gewisser Spielraum wurde ihr bei der Durchführung komplexer wirtschaftlicher oder technischer Beurteilungen aufgrund der Erwägung zuerkannt, dass solche Beurteilungen hohe technische oder wirtschaftliche Kompetenz erfordern und wirtschaftspolitische Entscheidungen mit sich bringen können, die der Kommission obliegen. Die Kontrolle dieser Beurteilungen durch den Unionsrichter ist folglich begrenzt. So beschränkt sich nach ständiger Rechtsprechung diese Kontrolle „auf die Prüfung, ob die Vorschriften über das Verfahren und die Begründung eingehalten wurden, ob der Sachverhalt zutreffend festgestellt wurde und ob kein offensichtlicher Beurteilungsfehler oder Ermessensmissbrauch vorliegt“(97).

119. Seit einigen Jahren wird die Rechtsprechung zur marginalen Kontrolle erheblich eingeschränkt(98), auch als Folge der voranschreitenden Pönalisierung des Wettbewerbsrechts der Union. So hat der Gerichtshof in den Urteilen KME Germany u. a./Kommission und Chalkor/Kommission ausgeführt, „dass, auch wenn der Kommission in Bereichen, in denen komplexe wirtschaftliche Beurteilungen erforderlich sind, in Wirtschaftsfragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, dies nicht bedeutet, dass der Unionsrichter eine Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission unterlassen muss. Der Unionsrichter muss nämlich nicht nur die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen“(99). Der Gerichtshof hat außerdem festgestellt, dass „es Sache des Unionsrichters [ist], die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle auf der Grundlage der vom Kläger zur Stützung seiner Klagegründe vorgelegten Beweise vorzunehmen“, und der Richter bei dieser Kontrolle nicht auf den Ermessensspielraum der Kommission verweisen kann, „um auf eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle zu verzichten“(100). Die genaue Tragweite dieser Feststellung, die an sich das Potenzial hat, den Grundsatz der Anerkennung eines wirtschaftlichen Beurteilungsspielraums der Kommission praktisch zu neutralisieren, ist noch nicht klar(101). Hingegen zeigt sie ganz offensichtlich die Absicht des Gerichtshofs, den Einfluss eines solchen Ermessensspielraums auf den Umfang der gerichtlichen Kontrolle der Entscheidungen der Kommission, mit denen eine Sanktion für einen Verstoß gegen Art. 81 EG verhängt wird, soweit wie möglich zu verringern(102).

120. Was die Frage betrifft, ob der oben beschriebene Umfang der von den Unionsgerichten ausgeübten gerichtlichen Kontrolle mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und auf ein faires Verfahren vereinbar ist, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in den Urteilen KME Germany u. a./Kommission und Chalkor/Kommission festgestellt hat, dass „[e]s … nicht ersichtlich [ist], dass die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, ergänzt um die in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 vorgesehene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße, gegen den in Art. 47 der Grundrechtecharta verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstößt“(103). Außerdem hat der Gerichtshof jüngst in seinem Urteil Schindler Holding u. a./Kommission dieses Vereinbarkeitsurteil auch im Licht von Art. 6 EMRK bestätigt, auf dessen Grundlage gemäß Art. 52 Abs. 3 der Charta die Bedeutung und die Tragweite von Art. 47 der Charta zu bestimmen sind(104).

121. Art. 6 Abs. 1 EMRK, dessen strafrechtlicher Teil hier anwendbar ist(105). schließt nicht aus, dass eine Sanktion repressiver Natur von einer Verwaltungsbehörde verhängt wird, allerdings unter der Voraussetzung, dass die Entscheidung dieser Behörde anschließend der Kontrolle durch ein Rechtsprechungsorgan mit „Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung“ unterzogen werden kann. Zu den Merkmalen eines solchen Organs gehört laut dem EGMR „die Befugnis, die Entscheidung in allen Punkten, tatsächlichen wie rechtlichen, abzuändern“, und es „muss befugt sein, sich mit allen für den bei ihm anhängigen Rechtsstreit relevanten Sach- und Rechtsfragen zu befassen“(106). Obwohl es nach dieser Rechtsprechung(107) anscheinend erforderlich ist, dass das Organ, dem die von Art. 6 Abs. 1 EMRK verlangte nachgelagerte gerichtliche Kontrolle übertragen wird, über Befugnisse verfügt, die über die hinausgehen, die im Rahmen einer Rechtmäßigkeitskontrolle ausgeübt werden können(108), sowie über die Befugnis zu einer echten Prüfung der Rechtssache(109), ist ihre konkrete Anwendung durch den EGMR äußerst flexibel(110).

122. Insbesondere – und hierbei handelt es sich um einen besonders wichtigen Aspekt der methodologischen Konvergenz zwischen der Rechtsprechung des EGMR und derjenigen der Union(111) – zählt nach dem EGMR für die Zwecke der Anwendung von Art. 6 EMRK nicht so sehr, wie der Richter die Art der Kontrolle („schwach“ oder „stark“), die er durchzuführen berechtigt ist oder die er im betreffenden Fall auszuüben beabsichtigt, abstrakt bezeichnet, als vielmehr die Tatsache, dass durch die Ausübung dieser Kontrolle die Rechte nach der Konvention tatsächlich geschützt wurden. Dieser kasuistische Ansatz wurde vom EGMR jüngst implizit(112), jedoch offensichtlich, im Urteil Menarini Diagnostics Srl/Italien(113) anerkannt. In diesem Zusammenhang scheint zwar, wie der Gerichtshof im Urteil Schindler Holding u. a./Kommission implizit bestätigt hat, die von den Unionsgerichten ausgeübte Kontrolle der Entscheidungen der Kommission, mit denen eine Sanktion für einen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln verhängt wird, den Anforderungen nach Art. 6 Abs. 1 EMRK(114) entsprechen zu können, jedoch hängt dies von der Art ab, in der diese Kontrolle konkret ausgeübt wurde.

123. Auf der Grundlage der oben dargelegten Grundsätze ist zu prüfen, ob das Gericht im vorliegenden Fall eine hinreichende gerichtliche Kontrolle der Feststellungen der Kommission zur objektiven Notwendigkeit der MIF ausgeübt hat.

124. Dazu ist zunächst der Einwand der Kommission zurückzuweisen, dem zufolge der Nachweis, dass die MIF für das Funktionieren von MasterCard objektiv notwendig seien, um nicht unter das Verbot von Art. 81 Abs. 1 EG zu fallen, den Rechtsmittelführerinnen obliegt. Selbst unter der Annahme, dass diese Behauptung zutrifft, hat das Gericht nämlich eine tendenziell vollständige Kontrolle über sämtliche Beurteilungen der Kommission auszuüben, auch dann, wenn damit Verteidigungsargumente der betroffenen Unternehmen zurückgewiesen werden sollen.

125. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Rn. 82 des angefochtenen Urteils unter Hinweis auf die Urteile M6 u. a./Kommission und Remia u. a./Kommission ausgeführt hat, dass der Unionsrichter eine beschränkte Kontrolle über die Würdigung komplexer wirtschaftlicher Gegebenheiten ausübt, die zur Beurteilung der objektiven Notwendigkeit einer Nebenabrede erfolgt sind. Wie oben ausgeführt ist eine solche abstrakte Bezeichnung der Kriterien zur Bestimmung des Umfangs der Kontrolle, die das Gericht auszuüben beabsichtigt, an sich nicht zu beanstanden, wenn sich zeigt, dass es im konkreten Fall eine gründliche rechtliche wie tatsächliche Kontrolle im Licht der Umstände ausgeübt hat, die zur Stützung der vor ihm geltend gemachten Klagegründe vorgebracht wurden(115).

126. Die Rechtsmittelführerinnen machen zunächst geltend, das Gericht habe über die Behauptung der Kommission, die MIF hätten als Standardregelung durch ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen ersetzt werden können, keine hinreichende Kontrolle ausgeübt.

127. Es trifft zwar zu, dass das Gericht zu dieser Frage in den Rn. 95 und 96 des angefochtenen Urteils lediglich den gesamten 554. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung wiedergegeben und festgestellt hat, dass die Begründung keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler enthalte(116). Jedoch ergibt sich aus der Klageschrift, dass die von den Rechtsmittelführerinnen erhobenen Rügen im Wesentlichen den regulatorischen Charakter der Annahme eines MasterCard-Systems mit einem Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen, die fehlende Prüfung des Wettbewerbskontexts sowie den fehlenden Nachweis der Kommission, dass ein solches Verbot den Wettbewerb weniger beschränken würde als die MIF, betrafen. Das Gericht ist auf diese verschiedenen Argumente in den Rn. 97 bis 99 und 143 des angefochtenen Urteils eingegangen. Die hier erhobene Rüge, wonach eine Standardregelung, die die Issuing-Banken daran hindere, eine Vergütung für die Dienstleistungen zu erhalten, die sie gegenüber den Acquiring-Banken erbrächten, unrealistisch sei, war hingegen nicht unter diesen Rügen. Wie ich bereits oben in Nr. 105 ausgeführt habe und wie sich insbesondere aus Rn. 19 des angefochtenen Urteils und den Erwägungsgründen 146 bis 155 der streitigen Entscheidung ergibt, wurde die These, nach der die MIF einen Preis darstellten, den die Acquiring-Banken den Issuing-Banken für die Dienstleistungen zahlten, die Letztere ihnen erbrächten, die von den Rechtsmittelführerinnen zunächst im Verwaltungsverfahren vertreten wurde, sodann zugunsten ihrer Einstufung als Mechanismus zur Schaffung eines Gleichgewichts zwischen der Nachfrage der Karteninhaber und der der Händler aufgegeben. HSBC verweist ihrerseits lediglich auf die Erklärung eines ihrer Mitarbeiter in der Anlage ihres Streithilfeschriftsatzes in erster Instanz, wonach die Einführung einer Ex-post-Preisfestsetzungsregel wahrscheinlich zu einer Abkehr vom Mechanismus der bilateralen Festlegung der Interbankenentgelte geführt hätte. Sie legt jedoch weder dar, inwiefern ein solches Ergebnis, sein Nachweis einmal unterstellt, sich dahin auf das MasterCard-System ausgewirkt hätte, dass ein Standardmechanismus auf der Grundlage eines Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen nicht denkbar wäre, noch aus welchem Grund der Umstand, dass das Gericht dieses Ergebnis nicht berücksichtigt habe, selbst angenommen, dies sei der Fall gewesen, eine Auswirkung auf die Wirksamkeit seiner gerichtlichen Kontrolle gehabt hätte.

128. Die Rechtsmittelführerinnen machen sodann geltend, das Gericht habe keine hinreichende Kontrolle über die Feststellungen der Kommission zur objektiven Notwendigkeit der MIF als Verfahren für den Transfer von Geldern zugunsten der Issuing-Banken ausgeübt.

129. Hierzu weise ich darauf hin, dass die Prüfung des Gerichts zu diesem Thema in den Rn. 100 bis 119 des angefochtenen Urteils keinen „Respekt“ vor einem angenommenen Beurteilungsspielraum der Kommission aufweist und vielmehr so eigenständig ist, dass sie gleichzeitig Gegenstand einer Rüge im Rechtsmittel ist, die die behauptete Ersetzung der Beurteilung der Kommission durch die des Gerichts betrifft. Im Hinblick auf seine eigene Prüfung der in der streitigen Entscheidung enthaltenen Angaben über die Vorteile, die die Banken des MasterCard-Systems aus der Ausgabe der Zahlungskarten erzielten – was für sich genommen, vorbehaltlich einer Verfälschung, die nicht behauptet wurde, der Kontrolle des Gerichtshofs entzogen ist – hat das Gericht nämlich in Rn. 110 des angefochtenen Urteils entschieden, dass davon ausgegangen werden kann, dass eine Schmälerung dieser Vorteile im Fall der Aufhebung der MIF nicht ausreichte, um das Fortbestehen des MasterCard-Systems in Frage zu stellen; ebenso hat das Gericht auf der Grundlage einer eigenständigen Beurteilung der Ergebnisse der Prüfung der Auswirkungen der Schmälerung der Interbankenentgelte von MasterCard durch die australische Notenbank in Rn. 111 des angefochtenen Urteils entschieden, dass diese Prüfung die Folgerung bestätige, nach der die Abschaffung der MIF nicht zu einem Zusammenbruch des MasterCard-Systems führen würde(117).

130. In ihrem Vorbringen beschränken sich jedoch weder die Rechtsmittelführerinnen noch LBG darauf, eine „richterliche Zurückhaltung“ in Bezug auf die Beurteilungen der Kommission anzuführen, sondern machen auch geltend, dass die Prüfung des Gerichts „spekulativ und oberflächlich“ sei, dass Umstände, die diesem von ihnen unterbreitet worden seien, nicht berücksichtigt worden seien und dass das Gericht es unterlassen habe, diese Unterlassung in Bezug auf die in der streitigen Entscheidung enthaltene Prüfung festzustellen. Insbesondere sei das Gericht nicht auf die Frage eingegangen, ob nicht die Standardfestlegung von Interbankenentgelten in fixer Höhe aufgrund der dualen Natur des Marktes notwendig sei. Es habe auch die beschränkenden Wirkungen, die MIF in Höhe von null auf die Gegenseite des dualen Marktes, nämlich den Issuing-Markt, hätten, nicht berücksichtigt.

131. In den Rn. 101, 181 und 182 des angefochtenen Urteils hat das Gericht dargelegt, dass die Argumente zur Nichtberücksichtigung der dualen Natur des Marktes sowie zu den Auswirkungen einer Aufhebung der MIF auf den Bereich „Issuing“ dieses Marktes im Rahmen der Prüfung nach Art. 81 Abs. 3 EG nicht relevant seien, sei es im Hinblick auf die objektive Notwendigkeit der MIF oder auf die Prüfung ihrer Auswirkungen auf den Wettbewerb. Außerdem hat das Gericht in den Rn. 176 bis 178 des angefochtenen Urteils die Einstufung des Issuing-Markts als relevanten Markt sowie seine Eigenständigkeit bestätigt, was nach dem Aufbau seiner Begründung die Tatsache gerechtfertigt hat, dass die Kommission ihre Prüfung der Auswirkungen der MIF auf den Wettbewerb auf diesen Markt beschränkte. Die Rechtsmittelführerinnen bringen jedoch zum Nachweis, dass die oben angeführten Gründe des angefochtenen Urteils einen Rechtsfehler aufweisen, nichts vor, und LBG beschränkt sich in dieser Hinsicht auf ganz allgemeine Ausführungen.

132. Schließlich machen die Rechtsmittelführerinnen geltend, der Umstand, dass das Gericht zur Bestätigung seiner Erwägungen das australische Beispiel angesprochen habe, das einen Fall der Schmälerung und nicht der Aufhebung der MIF betreffe, unterstreiche „die Lückenhaftigkeit [seiner Prüfung]“.

133. Dazu genügt der Hinweis, dass das Gericht auf das Vorbringen, wonach das australische Beispiel nicht einschlägig sei, in den Rn. 112 bis 114 des angefochtenen Urteils eingegangen ist und es zurückgewiesen hat. Die hier geprüfte Rüge ist meines Erachtens zurückzuweisen, da sie die Beurteilung in diesen Punkten in Frage stellt, ohne irgendein Argument gegen sie, geschweige denn eine Verfälschung, vorzubringen.

134. Nach alledem bin ich der Ansicht, dass der vierte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes und damit dieser Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen ist.

5.      Zur Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG (dritter Rechtsmittelgrund)

135. In ihrem Anschlussrechtsmittel rügt LBG, unterstützt durch die Rechtsmittelführerinnen, das Gericht habe mehrere Rechtsfehler bei der Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG begangen. Die von LBG und den Rechtsmittelführerinnen erhobenen Rügen können in drei Teile untergliedert werden.

a)      Zum Beweismaß und zum Grundsatz in dubio pro reo

136. Laut LBG hätte das Gericht erstens feststellen müssen, dass die Kommission Rechtsfehler begangen habe, indem sie ein überzogenes Beweismaß angelegt habe. Das Beweismaß für die Beurteilung der Voraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EG müsse das einer Abwägung der Wahrscheinlichkeiten sein. Nach LBG hätte im vorliegenden Fall diese Beurteilung in Bezug auf das gesamte MasterCard-System erfolgen müssen, das den Verbrauchern und den Händlern bedeutende Vorteile bringe. Es sei rechtsfehlerhaft, von MasterCard eine Rechtfertigung für die genaue Höhe der MIF zu verlangen, statt lediglich die Erbringung eines Nachweises auf der Grundlage stichhaltiger Beweise, dass die Methode, die sie zur Festlegung der MIF verwende, gerechtfertigt sei. In diesem Zusammenhang vertreten die Rechtsmittelführerinnen die Auffassung, das Gericht habe einen Rechtsfehler begangen, als es entschieden habe − ohne hierfür im Übrigen eine hinreichende Erklärung zu liefern −, dass der Grundsatz in dubio pro reo keine Anwendung finde, wenn, wie im vorliegenden Fall, das Unternehmen, das sich auf die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG berufe, Beweise beigebracht habe, die zumindest Zweifel an der Anwendung dieser Bestimmung aufwürfen, und die Kommission diese Zweifel nicht vollständig ausgeräumt habe.

137. Was erstens die Rüge eines überzogenen Beweismaßes betrifft, ist festzustellen, dass die Rüge, die LBG in ihrem Anschlussrechtsmittel erhoben hat, sich auf ein ziemlich lakonisches und vages Vorbringen stützt. LBG führt die Punkte des angefochtenen Urteils, die rechtsfehlerhaft sein sollen, nicht auf und macht lediglich geltend, dass das auferlegte Beweismaß überzogen sei, ohne die Teile des angefochtenen Urteils, die sie beanstandet, genau zu bezeichnen. Zur Untermauerung ihres Vorbringens verweist LBG lediglich allgemein auf die in ihrem Streithilfeschriftsatz vor dem Gericht dargelegten Argumente. Unter diesen Umständen habe ich im Hinblick auf Art. 168 Abs. 1 Buchst. d der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ernste Zweifel an der Zulässigkeit dieser Rüge.

138. Jedenfalls bin ich der Ansicht, dass diese Rüge auch nicht begründet ist.

139. Zunächst weise ich zum Vorbringen, es sei erforderlich, die MIF im Rahmen des gesamten MasterCard-Systems zu beurteilen, darauf hin, dass das Gericht in Rn. 207 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, die Kommission habe, da die MIF keine Nebenabreden in Bezug auf das MasterCard-System darstellten, zu Recht geprüft, ob es spürbare objektive Vorteile gebe, die sich speziell aus den MIF ergäben, ohne das gesamte MasterCard-System zu berücksichtigen. Zum einen hat jedoch LBG in ihrem Anschlussrechtsmittel nichts vorgebracht, um diesen Schluss des Gerichts in Zweifel zu ziehen. Zum anderen schlage ich im Hinblick auf die Würdigung oben in den Nrn. 79 bis 134 vor, die von den Rechtsmittelführerinnen erhobenen Rügen gegen die Begründung des angefochtenen Urteils hinsichtlich der objektiven Notwendigkeit der MIF zurückzuweisen.

140. Was sodann das Argument anbelangt, wonach das Beweismaß für die Beurteilung der Voraussetzungen nach Art. 81 Abs. 3 EG das einer Abwägung der Wahrscheinlichkeiten hätte sein müssen, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 die Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EG vorliegen, den Unternehmen obliegt, die sich auf diese Bestimmung berufen, ohne jedoch das dafür erforderliche Beweismaß festzulegen.

141. Nach ständiger Rechtsprechung muss, wie auch das Gericht in Rn. 196 des angefochtenen Urteils zu Recht dargelegt hat, derjenige, der sich auf diese Bestimmung beruft, mit überzeugenden Argumenten und Beweisen dartun, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung erfüllt sind und, insbesondere im Hinblick auf die erste Voraussetzung nach Art. 81 Abs. 3 EG, dass die sich aus der fraglichen Vereinbarung ergebende Verbesserung spürbare objektive Vorteile mit sich bringt, die geeignet sind, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen(118). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof im Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. entschieden hat, dass es im Rahmen der Prüfung nach Art. 81 Abs. 3 EG für die Annahme, dass die Vereinbarung einen spürbaren objektiven Vorteil mit sich bringt, genügt, dass die Kommission aufgrund der ihr vorliegenden Informationen zu der Überzeugung gelangt, dass der Eintritt dieses Vorteils hinreichend wahrscheinlich ist(119). Es ist jedoch festzustellen, dass, wie sich ausdrücklich aus Rn. 93 dieses Urteils ergibt, diese Feststellung im Kontext der Anwendung der Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG getroffen wurde, wie er vor dem Erlass der Verordnung Nr. 1/2003 in Kraft stand und ein System vorheriger Genehmigungen durch die Kommission vorsah(120). In diesem Zusammenhang hatte die Kommission eine zukunftsorientierte und prognostische Prüfung der wahrscheinlichen Vorteile durchzuführen, die die bei ihr angemeldete Vereinbarung mit sich bringen würde.

142. Es ist jedoch festzustellen, dass LBG und die Rechtsmittelführerinnen in ihren Schriftsätzen nicht nur die Punkte des angefochtenen Urteils nicht bezeichnen, die rechtsfehlerhaft sein sollen, und lediglich allgemein vortragen, das Beweismaß müsse das einer Abwägung der Wahrscheinlichkeiten sein, sondern auch in keiner Weise die Gründe näher bezeichnen, aus denen ein solches Beweismaß im vorliegenden Fall anwendbar sein sollte, in dem zum einen die Kommission keine zukunftsorientierte Analyse durchzuführen hatte, es hingegen zum anderen den Rechtsmittelführerinnen oblag, mit überzeugenden Beweisen spürbare objektive Vorteile durch die MIF nachzuweisen, die geeignet hätten sein müssen, die von der Kommission festgestellten Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen.

143. Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass das Vorbringen zu einem überzogenen Beweismaß, falls es der Gerichtshof als zulässig ansehen sollte, zurückzuweisen ist.

144. Was zweitens die von den Rechtsmittelführerinnen erhobene Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz in dubio pro reo angeht, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Grundsatz aus dem Grundsatz der Unschuldsvermutung folgt(121), der bei der Würdigung des Nachweises einer Zuwiderhandlung zu berücksichtigen ist(122). Nach diesem Grundsatz muss die Zuwiderhandlung vollständig nachgewiesen werden, und Zweifel und Unsicherheiten in Bezug auf diesen Nachweis müssen dem zugutekommen, dessen Verhalten beanstandet wird, und verhindern daher, dass Sanktionen gegen ihn verhängt werden.

145. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen betrifft Rn. 237 des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht nach seiner die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG betreffenden Prüfung entschieden hat, dass die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz in dubio pro reo zurückzuweisen sei, da die Klägerinnen die Ausnahme, auf die sie sich beriefen, nicht nachgewiesen hätten.

146. Meines Erachtens weist diese Beurteilung keinen Fehler auf. Der Grundsatz in dubio pro reo kann nämlich meines Erachtens bei der Prüfung, die die Kommission nach Art. 81 Abs. 1 EG durchführt, angewandt werden, in deren Rahmen sie das Vorliegen einer Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmung durch das fragliche Unternehmen nachweisen muss. In diesem Zusammenhang verlangt dieser Grundsatz, dass die von der Kommission vorgelegten Beweismittel diese Zuwiderhandlung umfassend nachweisen, so dass kein Zweifel an ihrer Begehung besteht.

147. Ich glaube hingegen nicht, dass man sich auf diesen Grundsatz berufen kann, um zu versuchen, das Beweismaß für die Anwendung der Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG herabzusetzen, wie es die Rechtsmittelführerinnen tun. Wie ich oben in Nr. 141 ausgeführt habe, obliegt es nach ständiger Rechtsprechung dem Unternehmen, das sich auf Art. 81 Abs. 3 EG beruft, mit überzeugenden Argumenten und Beweisen nachzuweisen, dass die Voraussetzungen für eine Freistellung erfüllt sind. Es genügt daher nicht, wie dies die Rechtsmittelführerinnen zu beabsichtigen scheinen, Beweise vorzulegen, die lediglich Zweifel hinsichtlich der Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG aufkommen lassen.

148. Wie das Gericht in Rn. 197 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, können zwar in bestimmten Fällen die tatsächlichen Argumente und Beweise, die das Unternehmen vorbringt, das sich auf die Freistellung beruft, die andere Partei, nämlich die Kommission, zu einer Erläuterung oder Rechtfertigung zwingen, da sonst der Schluss zulässig ist, dass den Anforderungen an die Beweispflicht genügt wurde(123). Jedoch ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerinnen das Ergebnis, zu dem das Gericht in Rn. 231 des angefochtenen Urteils gelangt ist, nach dem die Kommission die Begründetheit der von ihnen im Verwaltungsverfahren vorgebrachten Argumente geprüft und mit Erfolg widerlegt hat, nicht beanstanden, sondern lediglich geltend machen, dass das Gericht im angefochtenen Urteil eingeräumt habe, dass Zweifel an der Anwendbarkeit von Art. 81 Abs. 3 EG auf die MIF bestünden. Solche Zweifel finden sich jedoch im angefochtenen Urteil und insbesondere im Anfangssatz von Rn. 233 dieses Urteils, den die Rechtsmittelführerinnen anführen, nicht. Vielmehr hat das Gericht in Rn. 237 des angefochtenen Urteils klar und ohne jeden Zweifel festgestellt, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangt sei, die Klägerinnen hätten nicht nachgewiesen, dass die Voraussetzungen für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG erfüllt seien.

149. Soweit schließlich die in Rede stehende Rüge dahin ausgelegt werden kann, dass mit ihr ein Begründungsfehler des angefochtenen Urteils im Hinblick auf den Grundsatz in dubio pro reo geltend gemacht wird, bin ich im Licht der Erwägungen oben in den Nrn. 30 und 31 der Ansicht, dass das Gericht nicht gehalten war, die Gründe, aus denen im vorliegenden Fall der Grundsatz in dubio pro reo nicht angewendet werden musste, eingehender darzulegen, da es zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Vorliegen der Voraussetzungen für eine Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG nicht nachgewiesen wurde.

b)      Zum angeblich fehlerhaften Ansatz hinsichtlich des Marktes, auf dem die Vorteile nach Art. 81 Abs. 3 EG entstehen, sowie der betroffenen Verbrauchergruppen

150. Zweitens trägt LBG, unterstützt durch die Rechtsmittelführerinnen, vor, das Gericht habe einen unrichtigen Ansatz hinsichtlich des Marktes gewählt, auf dem die Vorteile nach Art. 81 Abs. 3 EG entstehen müssten. LBG macht geltend, das Gericht habe zwar anerkannt, dass nach der Rechtsprechung diese Vorteile für jeden Markt berücksichtigt werden könnten, der aus dem Bestehen der Vereinbarung Nutzen ziehe, und dass eine Verbindung zwischen den beiden Seiten des in Rede stehenden Marktes (nämlich den Karteninhabern und den Händlern) bestehe, doch habe es sich ausschließlich auf die Vorteile für die Händler konzentriert. Dadurch habe das Gericht die bedeutenden Vorteile des MasterCard-Systems und der MIF selbst für die Karteninhaber sowie die duale Natur des Marktes und die Optimierung des Systems, zu dem die MIF beitrügen, außer Acht gelassen. Die Rechtsmittelführerinnen machen geltend, das Gericht habe nicht erläutert, warum die ersten beiden Voraussetzungen von Art. 81 Abs. 3 EG nicht unter alleiniger Berufung auf die sich aus den MIF ergebenden Vorteile für die Karteninhaber erfüllt werden könnten, sofern diese Vorteile geeignet seien, alle angeblichen Nachteile, die sich aus den beschränkenden Wirkungen der MIF für die Händler ergäben, auszugleichen. Nichts im Wortlaut von Art. 81 Abs. 3 EG untermauere die These des Gerichts, nach der sämtlichen Gruppen, wenn es zwei oder mehrere Gruppen betroffener Verbraucher gebe, der gleiche Anteil am Gewinn zugutekommen müsse, der sich aus einer Wettbewerbsbeschränkung ergebe, damit die Beschränkung mit Art. 81 EG vereinbar sei.

151. Die Rügen von LBG und den Rechtsmittelführerinnen zielen auf die Prüfung in den Rn. 228 und 229 des angefochtenen Urteils ab, in denen das Gericht zunächst auf seine Rechtsprechung hingewiesen hat, nach der die Vorteile im Sinne der ersten Voraussetzung von Art. 81 Abs. 3 EG nicht nur für den relevanten Markt, sondern gegebenenfalls auch für jeden anderen Markt, auf den sich die betreffende Vereinbarung vorteilhaft auswirken könnte, entstehen könnten, danach jedoch ausgeführt hat, dass für die Anwendbarkeit von Art. 81 Abs. 3 EG die spürbaren objektiven Vorteile, die den MIF zugeschrieben werden könnten, zwangsläufig auch für die Händler nachgewiesen werden müssten, da sie eine der beiden von den Zahlungskarten betroffenen Nutzergruppen darstellten. Auf dieser Grundlage ist das Gericht zu dem Ergebnis gekommen, dass das Vorbringen, die Vorteile der MIF für die Karteninhaber seien nicht hinreichend berücksichtigt worden, ins Leere gehe, da ein solcher Nachweis nicht erbracht worden sei.

152. Diese Rügen betreffen die Anwendung der Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG in einem Kontext, der durch das Bestehen zweier verschiedener Märkte gekennzeichnet ist, auf denen die beschränkende Vereinbarung Auswirkungen haben kann. Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Acquiring- und den Issuing-Markt, die zwar verschieden sind, jedoch beträchtliche Wechselwirkungen und Komplementaritäten aufweisen(124). Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Definition des relevanten Marktes durch die Kommission zwar vom Gericht bestätigt wurde, dieser Gesichtspunkt des angefochtenen Urteils jedoch nicht Gegenstand des Rechtsmittels vor dem Gerichtshof ist.

153. LGB und die Rechtsmittelführerinnen machen im Wesentlichen geltend, das Gericht habe einen Fehler begangen, indem es die sich aus den MIF ergebenden Vorteile für die Karteninhaber, die unmittelbaren Nutzer der auf dem Issuing-Markt angebotenen Dienstleistungen, außer Acht gelassen habe, obwohl diese Vorteile möglicherweise die beschränkenden Wirkungen der MIF für die Händler, die unmittelbaren Nutzer der auf dem Acquiring-Markt angebotenen Dienstleistungen, hätten ausgleichen können.

154. Dieser Rüge liegt daher die Rechtsfrage zugrunde, ob es für die Anwendbarkeit der Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG in einem solchen Zusammenhang erforderlich ist, dass die unmittelbaren Nutzer der auf demjenigen Markt angebotenen Dienstleistungen, auf dem die wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen entstehen – im vorliegenden Fall insbesondere die Händler –, an dem Gewinn, der aus den Vorteilen der Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 3 EG entstanden ist, angemessen beteiligt werden, oder ob angenommen werden kann, dass die diese Verbraucher schädigenden beschränkenden Wirkungen durch die Vorteile für die Nutzer der Dienstleistungen auf einem verbundenen Markt, nämlich im vorliegenden Fall die Karteninhaber, ausgeglichen werden können.

155. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass die zweite Voraussetzung von Art. 81 Abs. 3 EG verlangt, dass die Verbraucher an dem aus der Vereinbarung entstehenden Gewinn angemessen beteiligt werden, damit eine beschränkende Vereinbarung nach dieser Bestimmung freigestellt sein kann.

156. Was dies angeht, müssen erstens die Verbraucher, auf die sich diese Bestimmung bezieht, als die unmittelbaren oder mittelbaren Nutzer der von der Vereinbarung umfassten Waren oder Dienstleistungen anzusehen sein. Nach ständiger Rechtsprechung müssen zweitens, damit eine wettbewerbsbeschränkende Vereinbarung nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt werden kann, die spürbaren objektiven Vorteile dieser Vereinbarung geeignet sein, die mit der Vereinbarung verbundenen Nachteile für den Wettbewerb auszugleichen(125). Aus dieser Rechtsprechung kann man schließen, dass es erforderlich ist, damit eine beschränkende Vereinbarung freigestellt werden kann, dass die sich aus dieser Vereinbarung ergebenden Vorteile den Verbrauchern den vollständigen Ausgleich für die tatsächlichen oder wahrscheinlichen nachteiligen Auswirkungen gewährleisten, die sie aufgrund der Wettbewerbsbeschränkung tragen müssen, die sich aus der Vereinbarung ergibt. Mit anderen Worten müssen die sich aus der beschränkenden Vereinbarung ergebenden Vorteile ihre negativen Wirkungen aufwiegen.

157. Meiner Ansicht nach muss jedoch dieser Ausgleich die Verbraucher betreffen, die unmittelbar oder mittelbar von der Vereinbarung berührt werden(126). Es sind nämlich die Verbraucher, die die von den beschränkenden Wirkungen der fraglichen Vereinbarung verursachten Nachteile erleiden, denen grundsätzlich als Ausgleich für diesen Nachteil die angemessene Beteiligung am Gewinn durch diese Vereinbarung, auf die sich Art. 81 Abs. 3 EG bezieht, zukommen muss.

158. Wäre es nämlich möglich, die sich aus einer Vereinbarung ergebenden Vorteile für eine Gruppe von Nutzern bestimmter Dienstleistungen zu berücksichtigen, um die negativen Auswirkungen auf eine andere Gruppe von Nutzern anderer Dienstleistungen auf einem anderen Markt auszugleichen, liefe dies darauf hinaus, zu erlauben, dass die erste Verbrauchergruppe zulasten der zweiten begünstigt wird. Verteilungsgedanken dieser Art scheinen mir jedoch grundsätzlich nicht zum Wirkungsbereich des Wettbewerbsrechts zu gehören(127). Dieses Recht soll nämlich die Struktur des Marktes und damit den Wettbewerb im Interesse der einzelnen Wettbewerber und schließlich der Verbraucher(128) im Allgemeinen schützen. Es soll hingegen nicht eine Verbrauchergruppe zulasten einer anderen begünstigen(129).

159. Hierzu möchte ich noch darauf hinweisen, dass diese Erwägungen nicht notwendigerweise der in Rn. 228 des angefochtenen Urteils angeführten ständigen Rechtsprechung des Gerichts widersprechen, nach der es nicht ausgeschlossen ist, dass sich aus der Vereinbarung ergebende Vorteile, die auf einem anderen Markt als dem entstehen, auf dem die Vereinbarung beschränkende Auswirkungen hat, berücksichtigt werden können. Solche Vorteile können nämlich z. B. dann berücksichtigt werden, wenn die von der Vereinbarung berührte Verbrauchergruppe auf den beiden verschiedenen Märkten dieselbe ist(130).

160. Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass die spürbaren objektiven Vorteile, die sich aus den MIF ergeben, zwangsläufig jedenfalls für die Händler nachgewiesen werden müssten, damit die Freistellung nach Art. 81 Abs. 3 EG anwendbar sei. Da die Händler jedoch die Verbrauchergruppe darstellen, die die beschränkenden Wirkungen der MIF auf dem Markt, auf dem diese Wirkungen entstehen, unmittelbar erleidet, bin ich der Meinung, dass das Gericht keinen Rechtsfehler begangen hat.

161. Daraus folgt, dass weder die Argumente der Rechtsmittelführerinnen noch das Argument von LBG, nach dem das Gericht die bedeutenden Vorteile der MIF(131) für die Karteninhaber außer Acht gelassen habe, durchgreifen können. Dasselbe gilt für das Vorbringen hinsichtlich der fehlenden Berücksichtigung der dualen Natur des Marktes, da die Definition des relevanten Marktes nicht beanstandet wurde. Schließlich hat nach alledem das Gericht entgegen den Behauptungen der Rechtsmittelführerinnen in den Rn. 228 und 229 des angefochtenen Urteils nicht angenommen, dass, wenn es zwei oder mehr betroffene Verbrauchergruppen gebe, sämtlichen Gruppen der gleiche Anteil am Gewinn, der sich aus einer Wettbewerbsbeschränkung ergebe, zugutekommen müsse, damit die Beschränkung mit Art. 81 EG vereinbar sei. Es hat nur die Ansicht vertreten, dass die objektiven Vorteile, die sich aus den MIF ergäben, für die Händler nachgewiesen werden müssten.

162. Nach alledem bin ich daher der Ansicht, dass die von LBG und den Rechtsmittelführerinnen erhobenen Rügen eines unrichtigen Ansatzes hinsichtlich des Marktes, auf dem die Vorteile nach Art. 81 Abs. 3 EG entstehen müssten, sowie hinsichtlich der zu berücksichtigenden Verbrauchergruppen insgesamt zurückzuweisen sind.

c)      Zur Billigung eines zu strengen Kriteriums für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG

163. Drittens bringt LBG vor, das Gericht habe einen Fehler begangen, indem es ein zu strenges Kriterium für die Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG gebilligt habe. LBG bezieht sich insbesondere auf Rn. 233 des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht andeute, dass der einzige Umstand, der für die Bestimmung, ob die MIF in angemessener Höhe festgesetzt würden, zu berücksichtigen sei, der Ausgleich der Kosten der Issuing-Banken durch die Händler für die ihnen erbrachten oder ihnen offensichtlich zugutekommenden Dienstleistungen sei, und dass die Berechnung des Ausgleichs die sonstigen Einkünfte der Issuing-Banken berücksichtigen müsse. LBG ist der Ansicht, dass auch die Kommission in jüngeren Fällen einen Ansatz verfolgt zu haben scheine, der sich ausschließlich auf die Vorteile für die Händler konzentriere, indem sie eine als „Kriterium des Touristen“ bezeichnete einschränkende Methode verwendet habe(132). Die Anwendung dieses Ansatzes sei unpraktikabel und unangemessen, und die Kommission selbst sei mangels Daten nicht in der Lage, dieses Kriterium anzuwenden. Unter diesen Umständen fragt sich LBG, wie MasterCard oder erst recht die Banken, die Inhaber einer Lizenz seien und nicht über vollständige Marktdaten verfügten, ihn vernünftigerweise anwenden sollten. Die gewählte Methode könne auch in der Praxis unmöglich angewendet werden, da sie verlange, dass bestimmte Nachweise erbracht würden, um die Höhe konkreter MIF zu rechtfertigen. Diese Beweise könnten jedoch kaum erbracht werden. Weder die Kommission noch das Gericht hätten den geringsten Anhaltspunkt zur genauen Methode geliefert, der MasterCard folgen müsste, um die MIF in einer Höhe festzusetzen, die gerechtfertigt sei. Die sich aus diesem Ansatz ergebende Mehrdeutigkeit schaffe erhebliche Unsicherheiten für die Marktteilnehmer und könne den Verbrauchern dadurch schaden, dass Innovationen auf dem Markt verhindert würden.

164. Diese Rüge beruht meines Erachtens auf einer unrichtigen Auslegung des angefochtenen Urteils. In Rn. 233, dem einzigen von dieser Rüge ausdrücklich erfassten Punkt des angefochtenen Urteils, hat das Gericht nämlich nicht festgestellt, dass der Ausgleich der Kosten der Issuing-Banken für die erbrachten Leistungen der einzige Umstand sei, der zur Bestimmung, ob die MIF in angemessener Höhe festgesetzt würden, zu berücksichtigen sei. In dieser Randnummer des angefochtenen Urteils ist das Gericht auf das vor ihm geltend gemachte Argument, es gebe keine Angaben, die dem von der Kommission geforderten wirtschaftlichen Beweisniveau genügten, eingegangen. Die Erwägungen in Rn. 233 des angefochtenen Urteils sind daher im Licht der vorstehenden Randnummer zu lesen, in der das Gericht dargelegt hat, dass die Schwierigkeit, dem von der Kommission geforderten wirtschaftlichen Beweisniveau zu genügen, durch die Art und Weise bedingt sei, in der die Rechtsmittelführerinnen ihre Argumentation im Verwaltungsverfahren entwickelt hätten.

165. Insbesondere zur Anspielung auf die als das „Kriterium des Touristen“ bezeichnete Methode ist festzustellen, dass es weder im angefochtenen Urteil noch in der streitigen Entscheidung eine Bezugnahme auf diese Methode gibt, so dass das auf diese Methode gestützte Vorbringen nicht stichhaltig ist. LBG bringt im Übrigen nichts dazu vor, wie anhand ihrer Bezugnahme auf diese Methode ein Fehler im angefochtenen Urteil festgestellt werden könnte.

166. Das Argument schließlich, die Kommission und das Gericht hätten nicht den geringsten Anhaltspunkt zur genauen Methode geliefert, der MasterCard zur Festsetzung der MIF folgen müsse, ist nicht geeignet, einen Rechtsfehler des Gerichts im angefochtenen Urteil aufzuzeigen, und geht daher in Leere.

167. Nach alledem kann auch der dritte Teil des Rechtsmittelgrundes betreffend einen Verstoß gegen Art. 81 Abs. 3 EG keinen Erfolg haben; dieser Rechtsmittelgrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.

III – Ergebnis

168. Angesichts der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1.         Das Rechtsmittel und die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.

2.         MasterCard Incorporated, MasterCard International Incorporated und MasterCard Europe SPRL tragen die Kosten des Rechtsmittels.

3.         The Royal Bank of Scotland plc trägt die Kosten ihres Anschlussrechtsmittels.

4.         Lloyds TSB Bank plc und Bank of Scotland plc tragen die Kosten ihres Anschlussrechtsmittels.

5.         MBNA Europe Bank Ltd, HSBC Bank plc und das Vereinigte Königreich tragen ihre eigenen Kosten.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – T‑111/08.


3 – Kreditinstitute, die die Karte dem Inhaber zur Verfügung stellen und diesem ihre Verwendung ermöglichen.


4 – Kreditinstitute, die im Hinblick auf die Annahme der Karte an einer Verkaufsstelle eine Vertragsbeziehung mit einem Händler haben. Die Issuing-Banken übertragen die den Karteninhaber und die Karte betreffenden Daten (Authentifizierung, Autorisierung etc.) an die Acquiring-Banken und führen den Transfer von Geldern über die EDV-Infrastruktur des Netzes durch, während die Acquiring-Banken die Transaktionen von den Terminals der Verkaufsstellen der Händler zum Verarbeitungszentrum der Issuer weiterleiten, die Autorisierungsdaten übertragen und an der Verrechnung und der Verarbeitung der Transaktion teilnehmen.


5 – Vgl. Erwägungsgründe 234 bis 238 und 242.


6 – Vgl. Erwägungsgründe 239 bis 241 der streitigen Entscheidung.


7 – Vgl. Erwägungsgründe 118 ff. der streitigen Entscheidung.


8 – Konkret handelt es sich um Privatkunden-Kredit- und Privatkunden-Charge-Karten mit MasterCard-Logo sowie um Debitkarten mit MasterCard- oder Maestro-Logo (vgl. Art. 1 der streitigen Entscheidung).


9 – Diese Gebühren umfassen die Zurverfügungstellung der Zahlungsterminals und andere technische und finanzielle Dienstleistungen und bestehen in einem Prozentsatz des Transaktionswerts oder einer Pauschalgebühr (vgl. Erwägungsgründe 246 und 247 der streitigen Entscheidung).


10 – Vgl. den 248. Erwägungsgrund der streitigen Entscheidung.


11 – Vgl. Erwägungsgründe 146 bis 155 der streitigen Entscheidung, insbesondere den 153. Erwägungsgrund.


12 – Vgl. Art. 1 der streitigen Entscheidung. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission mit Interbankenentgelten im Rahmen von Kartenzahlungssystemen bereits befasst hat, insbesondere in der Entscheidung vom 24. Juli 2002 (COMP/29.373, Visa International – Multilateral Interchange Fee, ABl. L 318, S. 17), mit der die regionalen MIF von Visa in der Europäischen Union vorbehaltlich gewisser Bedingungen, deren wichtigste darin besteht, dass diese Entgelte an die Höhe bestimmter Kosten gebunden und dadurch begrenzt werden, für einen Zeitraum von fünf Jahren freigestellt wurden. Ein zweiter Beschluss Visa wurde von der Kommission am 8. Januar 2010 (COMP/D-1/39.398, Visa MIF) erlassen, mit der die von Visa gemachten Zusagen, die unter anderem eine Begrenzung ihrer MIF umfassten, für verbindlich erklärt wurden. Im Januar 2012 veröffentlichte die Kommission das Grünbuch – Ein integrierter europäischer Markt für Karten-, Internet- und mobile Zahlungen, KOM(2011) 941 endg., und führte eine Befragung der Öffentlichkeit durch, die auch bestimmte Aspekte der Interbankenentgelte im Rahmen von Kartenzahlungssystemen betraf.


13 – Vgl. Art. 7 der streitigen Entscheidung.


14 – Und die SEPA-/Eurozonen-Standard-Interbankenentgelte.


15 – Sowie die SEPA-/Eurozonen-Standard-Interbankenentgelte. Vgl. die Art. 2 und 3 der streitigen Entscheidung.


16 – Vgl. Art. 5 der streitigen Entscheidung. Dieser Artikel schreibt MasterCard auch vor, die Informationen in Art. 5 dieser Entscheidung für einen bestimmten Zeitraum auf ihrer Website abrufbar zu machen.


17 – Vgl. die Pressemitteilung der Kommission vom 1. April 2009 (IP/09/515). Rn. 60 des angefochtenen Urteils enthält einen Hinweis auf die von den Rechtsmittelführerinnen eingegangenen Verpflichtungen.


18 – Urteil vom 13. Juni 2013, Versalis/Kommission (C‑511/11 P, Rn. 115).


19 – Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission (C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg. 2005, I‑5425, Rn. 97 und 99).


20 – Vgl. Urteil vom 28. Februar 2013, Überprüfung Arango Jaramillo u. a./EIB (C‑334/12 RX-II, Rn. 43), und Beschluss vom 16. November 2010, Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert/Kommission (C‑73/10 P, Slg. 2010, I‑11535, Rn. 53), mit Verweisen auf die Rechtsprechung des EGMR.


21 – Vgl. in diesem Sinne u. a. Nr. 83 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Gestoras Pro Amnistía u. a./Rat (Urteil vom 27. Februar 2007, C‑354/04 P, Slg. 2007, I‑1579), mit weiteren Verweisen auf die Rechtsprechung des EGMR. Vgl. auch Beschluss Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert/Kommission, Rn. 53, sowie Nr. 73 der Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache, in der das Urteil vom 26. September 2013, PPG und SNF/ECHA (C‑625/11 P), ergangen ist.


22 – Vgl. Urteil Überprüfung Arango Jaramillo u. a./EIB, Rn. 43, und Nr. 73 der Schlussanträge von Generalanwalt Cruz Villalón in der Rechtssache PPG und SNF/ECHA.


23 – Die Kommission entschied in der streitigen Entscheidung, dass MasterCard bis zum 25. Mai 2006, dem Zeitpunkt des Börsengangs, eine Unternehmensvereinigung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellte (Erwägungsgründe 344 bis 349) und die von ihr gefassten Beschlüsse betreffend die MFI bis zu diesem Zeitpunkt „Beschlüsse einer Unternehmensvereinigung“ im Sinne dieser Bestimmung waren (371. Erwägungsgrund), wobei sie sich auf eine Reihe von Umständen stützte, die insbesondere die Regeln für das Funktionieren der Organisation, die Beziehungen zwischen den Managementgremien und den Mitgliedsbanken, das Netz-Acquiring-System sowie den Charakter der die MFI betreffenden Beschlüsse und ihren verpflichtenden Charakter für die Mitgliedsbanken betrafen.


24 – Vgl. Rn. 241 und 242.


25 – Vgl. Urteile vom 8. Juli 1999, Kommission/Anic Partecipazioni (C‑49/92 P, Slg. 1999, I‑4125, Rn. 131), vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (C‑238/05, Slg. 2006, I‑11125, Rn. 31 und 32), und vom 4. Juni 2009, T‑Mobile Netherlands u. a. (C‑8/08, Slg. 2009, I‑4529, Rn. 23); vgl. auch Urteil des Gerichts vom 16. Juni 2011, FMC Foret/Kommission (T‑191/06, Slg. 2011, II‑2959, Rn. 102).


26 – Vgl. Nr. 62 der Schlussanträge von Generalanwalt Léger in der Rechtssache Wouters u. a. (Urteil vom 19. Februar 2002, C‑309/99, Slg. 2002, I‑1577). Nach ständiger Rechtsprechung kann in einem solchen geschlossenen System der Kommission nicht untersagt werden, das Kartell alternativ als Vereinbarung, abgestimmte Verhaltensweise oder Beschluss einer Unternehmensvereinigung zu qualifizieren (vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 20. April 1999, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, T‑305/94 bis T‑307/94, T‑313/94 bis T‑316/94, T‑318/94, T‑325/94, T‑328/94, T‑329/94 und T‑335/94, Slg. 1999, II‑931, Rn. 697, und zuletzt Urteil vom 5. Dezember 2013, Solvay Solexis/Kommission, C‑449/11 P, Rn. 61 und 62).


27 – Vgl. Urteil vom 29. Oktober 1980, van Landewyck u. a./Kommission (209/78 bis 215/78 und 218/78, Slg. 1980, 3125, Rn. 88).


28 – Vgl. Urteile vom 30. Januar 1985, Clair (123/83, Slg. 1985, 391, Rn. 17), vom 18. Juni 1998, Kommission/Italien (C‑35/96, Slg. 1998, I‑3851, Rn. 40), und vom 12. September 2000, Pavlov u. a. (C‑180/98 bis C‑184/98, Slg. 2000, I‑6451, Rn. 85).


29 – Vgl. Urteile des Gerichts vom 26. Januar 2005, Piau/Kommission (T‑193/02, Slg. 2005, II‑209, Rn. 69), und vom 13. Dezember 2006, FNCBV u. a./Kommission (T‑217/03 und T‑245/03, Slg. 2006, II‑4987, Rn. 49), bestätigt durch das Urteil des Gerichtshofs vom 18. Dezember 2008, Coop de France bétail et viande/Kommission (C‑101/07 P und C‑110/07 P, Slg. 2008, I‑10193).


30 – Vgl. Urteil des Gerichts vom 15. September 2005, DaimlerChrysler/Kommission (T‑325/01, Slg. 2005, II‑3319, Rn. 210).


31 – Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Januar 1987, Verband der Sachversicherer/Kommission (45/85, Slg. 1987, 405, Rn. 32).


32 – Angeführt in Fn. 26.


33 – Insbesondere die Urteile vom 17. November 1993, Reiff (C‑185/91, Slg. 1993, I‑5801), vom 9. Juni 1994, Delta Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft (C‑153/93, Slg. 1994, I‑2517), vom 5. Oktober 1995, Centro Servizi Spediporto (C‑96/94, Slg. 1995, I‑2883), und vom 17. Oktober 1995, DIP u. a. (C‑140/94 bis C‑142/94, Slg. 1995, I‑3257), und Kommission/Italien (Rn. 36 bis 38).


34 – In der Rechtssache Wouters u. a. ging es um die niederländische Rechtsanwaltskammer, in der Rechtssache Kommission/Italien um den Consiglio nazionale degli spedizionieri doganali (Nationaler Rat der Zollspediteure), in den Rechtssachen Reiff und Delta Schiffahrts- und Speditionsgesellschaft um mit der Festlegung der Tarife im Güterfernverkehr bzw. der Tarife im gewerblichen Binnenschiffsverkehr betraute Ausschüsse in Deutschland, in der Rechtssache Centro Servizi Spediporto um den nach dem italienischen Recht mit der Führung des nationalen Registers der gewerblichen Güterkraftverkehrsunternehmer betrauten Ausschuss, der an der Festlegung der Güterkraftverkehrstarife beteiligt war, und schließlich in der Rechtssache DIP u. a. um Gemeindeausschüsse, die am Verfahren zur Erteilung der Erlaubnis zur Eröffnung von Einzelhandelsgeschäften in Italien beteiligt waren.


35 – Urteil vom 28. Februar 2013 (C‑1/12).


36 – Urteil vom 6. Januar 2004 (C‑2/01 P und C‑3/01 P, Slg. 2004, I‑23).


37 – Der Gerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil bestätigt und außerdem klargestellt, dass es „[f]ür die Annahme, dass eine Vereinbarung … durch stillschweigende Zustimmung zustande gekommen ist, … erforderlich [ist], dass die auf ein wettbewerbswidriges Ziel gerichtete Willensbekundung einer der Vertragsparteien eine stillschweigende oder konkludente Aufforderung an die andere Seite darstellt, dieses Ziel gemeinsam zu verwirklichen, zumal wenn eine solche Vereinbarung, wie hier der Fall, auf den ersten Blick nicht im Interesse der anderen Seite, nämlich der Großhändler, liegt“, vgl. Rn. 102.


38 – In ihren Rechtsmittelbeantwortungen machen LBG und HSBC eine Tatsachenverfälschung geltend, mit der sie rügen, das Gericht habe die ihm unterbreiteten Zeugenbeweise nicht berücksichtigt, aus denen sich ergebe, dass nach dem Börsengang die Banken keine Kontrolle über die Festlegung der MIF und auch keinen Einfluss auf sie gehabt hätten, zu der sie nicht vorweg konsultiert und von der sie auch nicht vorweg unterrichtet worden seien, sondern erst nach ihrem Erlass. Dazu genügt der Hinweis, dass das Gericht seine Tatsachenbeurteilung nicht auf irgendeine Beteiligung der Banken am Prozess zum Erlass der MIF gestützt hat. Vielmehr hat es in Rn. 245 des angefochtenen Urteils als „unstreitig“ qualifiziert, „dass die Beschlüsse zu den MIF seit dem Börsengang von den Organen der Zahlungsorganisation MasterCard getroffen werden und die Banken an diesem Entscheidungsprozess nicht teilnehmen“. Daher gehen diese Rügen, soweit sie nicht für unzulässig zu erklären sind, da sie in Bezug auf das Rechtsmittel neu sind und nicht im Rahmen eines Anschlussrechtsmittels geltend gemacht wurden, ins Leere.


39 – Die Rechtsmittelführerinnen beschränken sich auf die Behauptung, die Begründung des Gerichts sei „offensichtlich unrichtig“, und tragen bloß vor, die Issuing-Banken hätten ein Interesse, die MIF zu senken, um ihre Kosten zu senken und ihre Gewinne auf die Händlergebühren zu erhöhen.


40 – Vgl. Rn. 253 und 134 des angefochtenen Urteils.


41 – Dieser Einfluss wurde sowohl im Fall von grenzüberschreitenden Geschäften ausgeübt, auf die die MIF anwendbar waren, soweit es keine spezifischeren Interbankenentgelte gab, als auch im Fall von nationalen Geschäften, auf die die MIF entweder anwendbar waren, soweit es keine inländischen Interbankenentgelte gab, oder als Bezugsgröße dienten, falls es solche gab (Erwägungsgründe 412 bis 424 der streitigen Entscheidung).


42 – Die Kommission schloss zwar die Möglichkeit nicht aus, dass die MIF einen wettbewerbswidrigen Zweck hätten haben können, da sie die Preisbestimmung durch Wettbewerb beschränkt hätten, entschied jedoch, dazu nicht Stellung zu nehmen, da sie ihre wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen als eindeutig nachgewiesen ansah (Erwägungsgründe 401 bis 407).


43 – Gestützt auf Daten betreffend das Jahr 2002 schätzte die Kommission, dass die MIF bis zu durchschnittlich 73 % dieser Gebühren betragen konnten.


44 – Erwägungsgründe 439 bis 460.


45 – Erwägungsgründe 461 bis 466.


46 – Erwägungsgründe 467 bis 496.


47 – Erwägungsgründe 497 bis 521.


48 – Nämlich ein Verbot für die Issuer und die Acquirer, die Höhe der MIF nach einem Kauf durch einen Inhaber der Karten des Issuers bei einem Händler des Acquirers und nach der Einreichung der Transaktion zur Zahlung festzulegen.


49 – Entscheidung 2002/914.


50 – Urteile vom 30. Juni 1966, LTM (56/65, Slg. 1966, 337, 359 und 360), vom 11. Dezember 1980, L’Oréal (31/80, Slg. 1980, 3775, Rn. 19), vom 12. Dezember 1995, Oude Luttikhuis u. a. (C‑399/93, Slg. 1995, I‑4515, Rn. 10), vom 28. Mai 1998, Deere/Kommission (C‑7/95 P, Slg. 1998, I‑3111, Rn. 76) und New Holland Ford/Kommission (C‑8/95 P, Slg. 1998, I‑3175, Rn. 90), vom 21. Januar 1999, Bagnasco u. a. (C‑215/96 und C‑216/96, Slg. 1999, I‑135, Rn. 33); Urteil des Gerichts vom 2. Mai 2006, O2 (Germany)/Kommission (T‑328/03, Slg. 2006, II‑1231, Rn. 68).


51 – Vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, Slg. 2011, I‑13125, Rn. 39).


52 – Vgl. insbesondere Urteil LTM (Rn. 250).


53 – Vgl. auch das Urteil O2 (Germany)/Kommission (Rn. 72), in dem das Gericht auf die Bedeutung der Prüfung des ohne eine Vereinbarung bestehenden Wettbewerbs hingewiesen hat, wenn es sich um Märkte handelt, die sich auf dem Wege der Liberalisierung befinden, oder um sich herausbildende Märkte.


54 – Urteil des Gerichts vom 15. September 1998, European Night Services u. a./Kommission (T‑374/94, T‑375/94, T‑384/94 und T‑388/94, Slg. 1998, II‑3141, Rn. 137).


55 – Vgl. Urteil O2 (Germany)/Kommission (Rn. 72).


56 – Urteil vom 28. Februar 1991, Delimitis (C‑234/89, Slg. 1991, I‑935).


57 – Vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 408 und 410 der streitigen Entscheidung, in denen die Kommission feststellt, dass „[d]ie Acquiring-Banken … niedrigere Preise in Rechnung stellen [würden], wenn es die [‚standardmäßige‘ multilaterale] Regel nicht gäbe und die nachträgliche Preisfestsetzung verboten wäre“, sowie den bereits erwähnten 460. Erwägungsgrund.


58 –      U. a. auf der Grundlage von Erwägungen zum Systemwettbewerb.


59 – Selbstverständlich lässt dies die Würdigung der Kommission unberührt, wonach der Wettbewerb zwischen den Acquiring-Banken ohne MIF letztlich zur Abschaffung sämtlicher Interbankenentgelte führen würde.


60 – Angeführt in Fn. 50.


61 – Dieser Satz lautet: „Auch wenn die MIF anerkanntermaßen eine Mindesthöhe der Händlergebühr festlegen, folgt nämlich aus der Feststellung der Kommission, dass ein MasterCard-System, das ohne MIF funktioniere, wirtschaftlich lebensfähig bleibe, zwangsläufig, dass die MIF wettbewerbsbeschränkende Auswirkungen haben“.


62 – Urteil des Gerichts vom 14. Dezember 2006, Raiffeisen Zentralbank Österreich u. a./Kommission (T‑259/02 bis T‑264/02 und T‑271/02, Slg. 2006, II‑5169).


63 – Urteil vom 24. September 2009, Erste Group Bank u. a./Kommission (C‑125/07 P, C‑133/07 P, C‑135/07 P und C‑137/07 P, Slg. 2009, I‑8681, Rn. 116 bis 119).


64 – Rn. 285 und die dort angeführte Rechtsprechung.


65 – Vgl. in diesem Sinne die Schlussanträge von Generalanwalt Bot in der Rechtssache Erste Group Bank u. a./Kommission.


66 – Das Gericht hat zunächst in Rn. 150 des angefochtenen Urteils auf die Schlüsse der Kommission aus der Studie zum Handelsmarkt aus 2004 hingewiesen, wonach die Händler keinen hinreichenden Druck auf die Höhe der MIF ausüben könnten, „da die Annahme von Kartenzahlungen durch die Händler im Wesentlichen auf die Vorliebe der Verbraucher für die Karten zurückzuführen sei, und dass daher eine Ablehnung oder eine Benachteiligung dieser Zahlungsart negative Auswirkungen auf ihren Kundenkreis haben könnte“, sodann in Rn. 157 die Begründetheit dieser Schlüsse festgestellt und schließlich in Rn. 158 bestimmte Folgen davon erörtert.


67 – Urteil des Gerichts vom 18. September 2001 (T‑112/99, Slg. 2001, II‑2459).


68 – Urteil vom 15. Dezember 1994 (C‑250/92, Slg. 1994, I‑5641).


69 – Oben in Fn. 67 angeführt.


70 – Ebd. (Rn. 109).


71 – Ebd. (Rn. 104).


72 – Ebd. (Rn. 106).


73 – Vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 29. Juni 2012, E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (T‑360/09). Die im Urteil M6 u. a./Kommission aufgestellten Grundsätze wurden auch im Urteil des Gerichts vom 12. April 2013, Stim/Kommission (T‑451/08), entsprechend angewandt.


74 – Urteil vom 25. Oktober 1977 (26/76, Slg. 1977, 1875, Rn. 20 und 27). In diesem Urteil hat der Gerichtshof zunächst festgestellt, dass unter gewissen Umständen „selektive Vertriebssysteme neben anderen ein mit Art. 8[1] Abs. 1 [EG] vereinbarer Bestandteil des Wettbewerbs sind“, und sodann entschieden, dass „jedes Absatzsystem, das auf einer Selektion der Vertriebsstellen beruht, … wenn es nicht sinnlos sein soll, notwendigerweise die Verpflichtung für die zu dem Netz gehörenden Großhändler, nur anerkannte Wiederverkäufer zu beliefern, [enthält]“ und daher die Einschränkungen, die die Überwachung der Einhaltung dieser Verpflichtung ermöglichen sollen, „solange [sie] nicht über das verfolgte Ziel hinausgehen, … nicht schon für sich genommen eine Beschränkung des Wettbewerbs darstellen [können], sondern … lediglich die Hauptpflicht [ergänzen], deren Einhaltung sie sichern helfen“.


75 – So hat der Gerichtshof z. B. im Urteil vom 11. Juli 1985, Remia u. a./Kommission (42/84, Slg. 1985, 2545, Rn. 19 und 20), entschieden, dass die im Rahmen eines Kaufvertrags über ein Unternehmen vereinbarten Wettbewerbsverbote, soweit sie grundsätzlich die Gewähr dafür bieten, „dass eine effektive Unternehmensübertragung möglich ist[,] zu einer Vermehrung der auf dem betreffenden Markt tätigen Unternehmen und damit zu einer Verstärkung des Wettbewerbs bei[tragen]“; jedoch müssen „[sie] für die Übertragung des veräußerten Unternehmens erforderlich und in ihrer Geltungsdauer und ihrem Anwendungsbereich strikt auf diesen Zweck beschränkt sein“. In diesem Fall hatte der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass die fragliche Unternehmensübertragung ohne die streitige Klausel „nicht realisiert werden [hätte können]“, da „der Verkäufer, der das veräußerte Unternehmen in allen seinen Einzelheiten besonders gut kennt, … seine frühere Kundschaft unmittelbar nach der Unternehmensveräußerung wieder zurückgewinnen und so dem veräußerten Unternehmen die Existenzgrundlage entziehen [könnte]“. Im Urteil vom 28. Januar 1986, Pronuptia (161/84, Slg. 1986, 353, Rn. 15 ff. und Nr. 1 b des Tenors), hat der Gerichtshof sodann entschieden, dass bestimmte Nebenabreden in einem Franchisingvertrag nicht unter das Verbot nach Art. 81 Abs. 1 EG fallen, soweit sie „für das Funktionieren des Franchisesystems unerlässlich sind“. Im Urteil DLG, auf das sich die Rechtsmittelführerinnen berufen, hat der Gerichtshof schließlich entschieden „dass eine Bestimmung der Satzung einer Bezugsgenossenschaft, die ihren Mitgliedern eine Beteiligung an anderen Formen der organisierten Zusammenarbeit in unmittelbarer Konkurrenz zu dieser Genossenschaft untersagt, nicht unter das Verbot des Artikels 8[1] Absatz 1 [EG] fällt, sofern diese Bestimmung auf das beschränkt ist, was notwendig ist, um das ordnungsgemäße Funktionieren der Genossenschaft sicherzustellen und ihre Vertragsgestaltungsmacht gegenüber den Erzeugern zu erhalten“.


76 – Daher fällt eine Klausel, die lediglich die Durchführung der Vereinbarung erleichtert, ohne im beschriebenen Sinne notwendig zu sein, nur dann nicht unter das Verbot nach Art. 81 Abs. 1 EG, wenn sie keine Wettbewerbsbeschränkung enthält oder wenn sie nach Art. 81 Abs. 3 EG freigestellt werden kann.


77 – Vgl. Urteil M6 u. a./Kommission (Rn. 109 und 121).


78 – Vgl. Urteil M6 u. a./Kommission (Rn. 109 und 121), das in dieser Hinsicht u. a. auf Rn. 24 des Urteils Pronuptia Bezug nimmt, in dem der Gerichtshof ausgeführt hat, dass die in Rede stehende territoriale Ausschließlichkeitsklausel eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 EG darstellt, wobei er anerkannt hat, dass der Franchisebewerber ohne Gebietsschutz davon hätte abgehalten werden können, das mit einem Beitritt zur Kette verbundene Risiko einzugehen.


79 – In diesem Sinne hat das Gericht in Rn. 101 des angefochtenen Urteils vor der Prüfung der objektiven Notwendigkeit der MIF als Verfahren für den Transfer von Geldern zugunsten der Issuing-Banken ausgeführt, dass “[e]s … nicht darum [geht], einen Vergleich anzustellen, um zu bestimmen, ob das MasterCard-System mit MIF effektiver ist als auf der Grundlage eines bloßen Verbots von Ex-post-Preisfestsetzungen“.


80 – Vgl. die Urteile Remia u. a./Kommission (Rn. 20) und M6 u. a./Kommission (Rn. 113).


81 – Vgl. Urteil Remia u. a./Kommission (Rn. 18 und 19).


82 – Urteil M6 u. a./Kommission (Rn. 109).


83 – Dazu verweise ich, betreffend den vorliegenden Fall, auf die Erwägungen oben in Nr. 66.


84 – Obwohl auch andere Umstände, z. B. Erwägungen in Verbindung mit dem politischen Hintergrund, in den sich die Hauptmaßnahme einfügt, berücksichtigt werden können, vgl. in diesem Sinne Urteil E.ON Ruhrgas und E.ON/Kommission (Rn. 75).


85 – So hat der Gerichtshof z. B. im Urteil Remia u. a./Kommission das Vorgehen der Kommission bestätigt, die von einer Dauer des Wettbewerbsverbots in dem in Rede stehenden Unternehmenskaufvertrag von vier statt zehn Jahren, die die Parteien vereinbart hatten, ausging, wobei dieses Vorgehen auf „der Überzeugung“ beruhte, die sie nach der Prüfung aller Umstände des Falles erlangt hatte, „dass sich nur eine Geltungsdauer von vier Jahren objektiv rechtfertigen lasse“, um dem Käufer zu erlauben, sein neues Warenzeichen einzuführen, den Kundenstamm zu konsolidieren und ein erneutes Eindringen des Verkäufers in den Markt zu verhindern (Rn. 30). Als der Gerichtshof im Urteil Metro SB-Großmärkte/Kommission die Verhältnismäßigkeit von Klauseln in einer selektiven Vertriebsvereinbarung prüfte, die die Handlungsfreiheit der Parteien beschränkten, betraf seine Würdigung ebenfalls ausschließlich die Frage, ob solche Klauseln über das zur Erreichung ihres Ziels Erforderliche hinausgingen, indem sie den Parteien einschneidendere Verpflichtungen auferlegten (insbesondere Rn. 27, 37, 39). Im Urteil M6 u. a./Kommission ist das Gericht bei der Prüfung einer Ausschließlichkeitsklausel mit einer Laufzeit von zehn Jahren in der Vereinbarung zur Gründung der Firma Télévision par satellite zu dem Ergebnis gekommen, dass eine solche Laufzeit „überzogen erscheint“, da die Etablierung dieser Gesellschaft auf dem Markt schon früher erfolgen müsse, sich „höchstwahrscheinlich“ ihr Wettbewerbsnachteil im Laufe der Zeit verringern werde und „[d]aher … nicht ausgeschlossen werden [kann]“, dass eine solche ausschließliche Übertragung, die zwar zunächst dazu bestimmt ist, die Wettbewerbsposition dieser Gesellschaft auf dem Markt für das Bezahlfernsehen zu verstärken, „es diesem Unternehmen möglicherweise nach einigen Jahren ermöglicht, den Wettbewerb auf diesem Markt zu beseitigen“. Vgl. auch das Urteil DLG (Rn. 35 und 40) sowie, wenn auch in einem anderen Zusammenhang, das Urteil Wouters u. a. (Rn. 109) und die Urteile vom 18. Juli 2006, Meca-Medina und Majcen/Kommission (C‑519/04 P, Slg. 2006, I‑6991, Rn. 47), vom 18. Juli 2013, Consiglio Nazionale dei Geologi und Autorità garante della concorrenza e del mercato (C‑136/12, Rn. 54), und Ordem dos Técnicos Oficiais de Contas (Rn. 100).


86 – Vgl. Rn. 19 des angefochtenen Urteils und die Erwägungsgründe 146 bis 155 der streitigen Entscheidung.


87 – Jedenfalls sind selbst unter der Annahme, dass ein Verbot von Ex-post-Preisfestsetzungen „qualitativ“ ähnliche Auswirkungen auf den Acquiring-Markt wie die MIF hat, da sie wie die MIF die Kostentransparenz im Zusammenhang mit den Interbankenentgelten bei Fehlen bilateraler Vereinbarungen aufheben, diese Auswirkungen jedoch „quantitativ“ nicht vergleichbar. Dazu schätzte die Kommission in der streitigen Entscheidung, gestützt auf Daten aus dem Jahr 2002, dass die MIF durchschnittlich bis zu 73 % der von den Acquiring-Banken den Händlern verrechneten Gebühren betragen konnten (vgl. Erwägungsgründe 425 und 426). Selbst angenommen, dass das, was dem Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen zugrunde liegt, zutrifft, nämlich, dass die Kommission bloß die Höhe der MIF beanstande, weise ich außerdem darauf hin, dass erstens die Beurteilung der Kommission auf der Grundlage der während des Verwaltungsverfahrens anwendbaren MIF erfolgte, zweitens in erster Instanz keine Rüge betreffend eine allfällige Spürbarkeitsschwelle der mit der Höhe der MIF verbundenen Beschränkung erhoben – und jedenfalls im vorliegenden Verfahren nicht geltend gemacht – wurde und drittens der Teil des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht die Rügen zurückweist, die die Unverhältnismäßigkeit der verhängten Maßnahme, nämlich die vollständige Aufhebung der MIF im Verhältnis zu der Tatsache, dass sich die Kommission nur auf ihre Höhe bezogen habe, betreffen, nicht Gegenstand der Anfechtung im Rahmen des vorliegenden Verfahrens ist.


88 – Es gibt keinen Wettbewerb zwischen Issuing-Banken für die gegenüber den Acquiring-Banken erbrachten Dienstleistungen (bei jedem Geschäft ist die Issuing-Bank immer die, die die Karte ausgegeben hat), und es ist daher nicht möglich, für diese Dienstleistungen einen Markt zu bestimmen.


89 – Urteil vom 27. Januar 2000, DIR International (C‑164/98 P, Slg. 2000, I‑447, Rn. 38 und 42). Der Gerichtshof hat jedoch festgestellt, dass, auch wenn sich das Gericht veranlasst sehen kann, die Begründung einer angefochtenen Handlung anders auszulegen als ihr Verfasser oder sie unter bestimmten Umständen sogar zu verwerfen, es dies nur aufgrund sachlicher Gesichtspunkte tun kann (Rn. 42).


90 – Urteil vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing (C‑525/04 P, Slg. 2007, I‑9947, Rn. 57), und vom 2. September 2010, Kommission/Scott (C‑290/07 P, Slg. 2010, I‑7763, Rn. 66).


91 – Vgl. Rn. 106 ff. des angefochtenen Urteils.


92 – Vgl. die Erwägungsgründe 609 bis 614 der streitigen Entscheidung.


93 – Im vorliegenden Fall verhängt die streitige Entscheidung keine Geldbuße, sondern sieht die Anwendung eines täglichen Zwangsgeldes im Fall der Nichteinhaltung der auferlegten Abhilfemaßnahme vor.


94 – Verordnung des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1).


95 – Vgl. z. B. Urteile vom 7. Juni 1983, Musique Diffusion française u. a./Kommission (100/80 bis 103/80, Slg. 1983, 1825, Rn. 105), und Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Rn. 149).


96 – Vgl. z. B. Urteil des Gerichts vom 10. März 1992, SIV u. a./Kommission (T‑68/89, T‑77/89 und T‑78/89, Slg. 1992, II‑1403, Rn. 160, 319 und 320).


97 – Diese Rechtsprechung, die zunächst auf den Bereich der Anwendung von Art. 81 Abs. 3 EG beschränkt war, wurde sodann ab dem Urteil Remia u. a./Kommission (Rn. 34) auf die Anwendung von Abs. 1 dieser Bestimmung ausgedehnt, vgl. u. a. Urteil vom 7. Januar 2004, Aalborg Portland u. a./Kommission (C‑204/00 P, C‑205/00 P, C‑211/00 P, C‑213/00 P, C‑217/00 P, C‑219/00 P, Slg. 2004, I‑123, Rn. 279). Es ist fraglich, ob die Gründe für diesen richterlichen Respekt zum gegenwärtigen Zeitpunkt, insbesondere im Hinblick auf den Prozess der Dezentralisation der Durchsetzung des Kartellrechts der Union und die von den Unionsgerichten im Laufe der Jahre erlangte Erfahrung in diesem Bereich, weiterhin gegeben sind.


98 – Dieser Prozess betraf zunächst andere Bereiche, wie die Kontrolle von Zusammenschlüssen und von staatlichen Beihilfen, vgl. Urteile vom 15. Februar 2005, Kommission/Tetra Laval (C‑12/03 P, Slg. 2005, I‑987, Rn. 39), und Spanien/Lenzing (Rn. 56 und 57).


99 – Vgl. Urteile vom 8. Dezember 2011, KME Germany u. a./Kommission (C‑272/09 P, Slg. 2011, I‑12789, Rn. 94), KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, Rn. 121) und Chalkor/Kommission (C‑386/10 P, Slg. 2011, I‑13085, Rn. 54).


100 – Urteile KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, Rn. 129) und Chalkor/Kommission (Rn. 62). Vgl. auch Urteile vom 6. November 2012, Otis u. a. (C‑199/11, Rn. 59 und 61).


101 – Im Hinblick auf ihren Wortlaut und den Kontext, in den sie sich einfügt, scheint sie sich auf die Wahl und die Bewertung der Faktoren zu beschränken, die bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße berücksichtigt werden, und sich nicht auch auf die Kontrolle der Beurteilungen bei der Feststellung der Zuwiderhandlung zu erstrecken. Man darf sich jedoch fragen, ob dieser restriktive Ansatz nicht erst recht im Rahmen einer solchen Kontrolle gerechtfertigt wäre, bei der der Unionsrichter, anders als im Bereich der Geldbußen, keine Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hat.


102 – Noch weiter in diese Richtung ist der EFTA-Gerichtshof in seinem Urteil vom 18. April 2012, Posten Norge AS/EFTA-Überwachungsbehörde (E‑15/10, EFTA Court Report, S. 246), gegangen, in dem er die auf offensichtliche Beurteilungsfehler komplexer wirtschaftlicher Beurteilungen beschränkte Kontrolle der EFTA-Überwachungsbehörde ausdrücklich aufgegeben hat (Rn. 102). In der Urteilsbegründung hat er zunächst die Rechtsprechung der Unionsgerichte hierzu als eine Bezugnahme auf die Grenzen einer Rechtmäßigkeitskontrolle ausgelegt (Rn. 96) und ist sodann zu dem Schluss gekommen, dass die EFTA-Überwachungsbehörde, wenn sie für Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln Geldbußen verhängt, unter Berücksichtigung der sich aus dem strafrechtlichen Teil von Art. 6 Abs. 1 EMRK ergebenden Zwänge bei komplexen wirtschaftlichen Beurteilungen über keinen Ermessensspielraum verfügt, der über das hinausgeht, was diesen Grenzen inhärent ist (Rn. 100). So ist es nach dem EFTA-Gerichtshof im Rahmen einer solchen Kontrolle zwar nicht Sache des Richters, die Beurteilung komplexer wirtschaftlicher Situationen durch den Autor des Rechtsakts durch seine eigene (abweichende) zu ersetzen, wenn es keinen rechtlichen Einwand gegen seine Schlüsse gibt, jedoch muss das Gericht „davon überzeugt sein, dass diese Schlüsse von den Tatsachen getragen werden“ (Rn. 101).


103 – Urteile Chalkor/Kommission (Rn. 67), KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10, Rn. 133), und Otis u. a. (Rn. 59 bis 63).


104 – Urteil vom 18. Juli 2013 (C‑501/11 P, Rn. 30 bis 39). Formell wurde die Prüfung auf Art. 47 der Charta und nicht auf Art. 6 EMRK gestützt, vgl. insbesondere Rn. 32 des Urteils und die dort angeführte Rechtsprechung.


105 – Der Strafrechtscharakter der Sanktionen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ergibt sich für die Zwecke der Anwendung des strafrechtlichen Teils von Art. 6 Abs. 1 EMRK aus der Anwendung der vom EGMR im Urteil vom 8. Juni 1976, Engel u. a./Niederlande (Beschwerde-Nr. 5100/71) aufgestellten Kriterien. In diesem Sinne hat der EFTA-Gerichtshof im Urteil Posten Norge AS/EFTA-Überwachungsbehörde, Rn. 88, entschieden. Dies scheint auch vom Gerichtshof im Urteil Schindler Holding u. a./Kommission (insbesondere Rn. 33) anerkannt worden zu sein.


106 – Urteil des EGMR vom 27. September 2011, Menarini Diagnostics Srl/Italien (Beschwerde-Nr. 43509/08, § 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).


107 – Zumindest in der französischen Fassung der Urteile des EGMR, die auf eine Befugnis zur Abänderung und nicht nur Aufhebung Bezug nehmen, wie dies hingegen in der englischen Fassung der Fall ist.


108 – Und zwar sowohl im Hinblick auf die Festsetzung der Sanktion als auch auf die Feststellung der Zuwiderhandlung.


109 – Der Umfang dieser Kontrolle und die Natur dieser Befugnisse werden besonders ausführlich im Sondervotum des Richters Pinto de Albuquerque im Urteil Menarini Diagnostics Srl/Italien beschrieben. Folgte man dem in diesem Votum befürworteten Ansatz, könnte bezweifelt werden, dass die Kontrolle der Unionsgerichte über Entscheidungen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht, die hinsichtlich der Feststellung der Zuwiderhandlung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle beschränkt ist, mit Art. 6 EMRK vereinbar ist.


110 – Vgl. in diesem Sinne Nrn. 32 bis 36 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Elf Aquitaine/Kommission (Urteil vom 29. September 2011, C‑521/09 P, Slg. 2011, I‑8947).


111 – Vgl. die Urteile KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10) und Chalkor/Kommission, Rn. 136 bzw. 82.


112 – Vgl. für eine ausdrücklichere Bestätigung dieses Ansatzes, der nicht frei von Kritik unter dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ist, die zustimmende Meinung des Richters Sajó in der Rechtssache Menarini Diagnostics Srl/Italien.


113 – In Fn. 106 angeführt.


114 – Wie die vom Tribunale amministrativo regionale per il Lazio und dem italienischen Consiglio di Stato gegenüber den Entscheidungen der Autorità Garante della Concorrenza e del Mercato (Wettbewerbs- und Kartellbehörde) ausgeübte, deren Vereinbarkeit mit dieser Bestimmung vom EGMR in seinem Urteil Menarini Diagnostics Srl/Italien bestätigt wurde.


115 – Vgl. Urteile KME u. a./Kommission (C‑272/09 P, Rn. 63), KME Germany u. a./Kommission (C‑389/10 P, Rn. 136) und Chalkor/Kommission (Rn. 82).


116 – Der auf diese Feststellung folgende Hinweis in Rn. 96 ist nur eine Ausprägung des Grundsatzes, nach dem eine Nebenabrede zu einer Hauptmaßnahme bei Vorliegen einer weniger beschränkenden Alternative nicht als objektiv notwendig angesehen werden kann.


117 – In den Rn. 113 bis 119 des angefochtenen Urteils hat das Gericht außerdem das Vorbringen der Rechtsmittelführerinnen und der Streithelfer, mit dem die Relevanz des australischen Beispiels in Zweifel gezogen werden sollte und das erstens die Tatsache, dass das Handeln der australischen Regulierungsbehörde zu einer Schmälerung und nicht zu einer Abschaffung der MIF geführt habe, zweitens eine fehlende Vergleichbarkeit der Marktbedingungen in Australien und im EWR und drittens die negativen Auswirkungen, die diese Schmälerung für die Karteninhaber gehabt habe, betraf, geprüft und zurückgewiesen.


118 – Urteil vom 6. Oktober 2009, GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a. (C‑501/06 P, C‑513/06 P, C‑515/06 P und C‑519/06 P, Slg. 2009, I‑9291, Rn. 92) (Hervorhebung nur hier).


119 – Ebd., Rn. 93 (Hervorhebung nur hier).


120 – Vgl. insbesondere die Art. 4, 6 und 9 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrages (ABl. 1962, 13, S. 204).


121 – Vgl. Nr. 66 der Schlussanträge von Generalanwältin Trstenjak vom 3. Mai 2007 in der Rechtssache ZF Zefeser (Urteil vom 18. Dezember 2007, C‑62/06, Slg. 2007, I‑11995).


122 – Vgl. Nr. 70 der Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vom 8. Juni 2006 in der Rechtssache van Straaten (Urteil vom 28. September 2006, C‑150/05, Slg. 2006, I‑9327).


123 – Vgl. in diesem Sinne Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung.


124 – Vgl. Rn. 176 des angefochtenen Urteils.


125 – Vgl. Urteile vom 13. Juli 1966, Consten und Grundig/Kommission (56/64 und 58/64, Slg. 1966, 322, 397), und GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., Rn. 92. Siehe auch oben, Nr. 141.


126 – Hingegen ist es nicht erforderlich, dass jeder einzelne dieser Verbraucher an den objektiven Vorteilen beteiligt wird, da es darauf ankommt, dass die Auswirkungen für die Gesamtheit der Verbraucher auf den relevanten Märkten eintreten. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (Rn. 70 und 72).


127 – Diese Erwägungen stehen nicht im Widerspruch zur Feststellung des Gerichtshofs im Urteil Asnef-Equifax und Administración del Estado, nach der für eine Erfüllung des Tatbestandsmerkmals, dass der Verbraucher an dem entstehenden Gewinn angemessen beteiligt wird, „die Auswirkung auf die Verbraucher auf den relevanten Märkten insgesamt günstig sein [muss]“ (vgl. Rn. 70 und 72). Wie sich aus der vorigen Fußnote ergibt, ging es in der betreffenden Rechtssache nämlich um die Frage, ob es erforderlich ist, dass jeder einzelne betroffene Verbraucher aus den objektiven Vorteilen einer beschränkenden Vereinbarung Nutzen zieht, und nicht um die Frage einer möglichen Begünstigung einer Verbrauchergruppe zulasten einer anderen.


128 – Vgl. in diesem Sinne Urteil GlaxoSmithKline Services u. a./Kommission u. a., Rn. 63.


129 – Diese Erwägungen schließen es meines Erachtens nicht absolut aus, dass die Kommission in Einzelfällen im Rahmen der ihr zustehenden wettbewerbspolitischen Entscheidungen eine Freistellung einer Vereinbarung aufgrund der Tatsache anerkennen kann, dass die Vereinbarung zu wesentlichen objektiven und klar nachgewiesenen Vorteilen für eine bestimmte Verbrauchergruppe führt, während sie begrenzte negative Auswirkungen für eine andere Verbrauchergruppe erzeugt und gleichzeitig einen erheblichen Anstieg des Gesamtwohls verursacht. Jedoch mag eine solche wettbewerbspolitische Entscheidung, die meines Erachtens jedenfalls Ausnahmecharakter hat, der Kommission zwar zustehen, sie fällt aber gewiss nicht in die Zuständigkeit der Parteien der Vereinbarung im Rahmen der von ihnen selbst vorgenommenen Prüfung, ob eine Vereinbarung mit Art. 81 EG (nunmehr Art. 101 AEUV) insgesamt vereinbar ist.


130 – Dies war in der Rechtssache der Fall, in der das Urteil des Gerichts vom 28. Februar 2002, Compagnie générale maritime u. a./Kommission (T‑86/95, Slg. 2002, II‑1011), in Rn. 228 des angefochtenen Urteils angeführt, ergangen ist. In dieser Rechtssache wurden nämlich die beiden Dienstleistungen, die von der Wettbewerbsbeschränkung betroffen waren, auf zwei verschiedenen Märkten angeboten, aber von der gleichen Verbrauchergruppe nachgefragt, nämlich den Verladern, die intermodale Transportdienstleistungen zwischen Nordeuropa und Südost- und Ostasien benötigten (vgl. insbesondere Rn. 112 und 343 bis 345 dieses Urteils).


131 – Die Vorteile, die sich unmittelbar aus dem MasterCard-System oder seiner Optimierung ergeben, hätten jedenfalls nicht berücksichtigt werden dürfen, da das Gericht festgestellt hat, dass die MIF keine Nebenabrede zu diesem System darstellten.


132 – LBG legt dar, mit diesem Kriterium solle beurteilt werden, ob die MIF und die Händlergebühr in einer Höhe festgelegt würden, die ein Händler zahlen wollte, sollte er die Kosten der Verwendung einer Zahlungskarte durch den Verbraucher mit den Kosten der Zahlungen vergleichen, die ohne Karte (bar) durchgeführt würden.