Language of document : ECLI:EU:C:2019:1116

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

19. Dezember 2019(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Antrag, in dem die Bedeutung einer Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts nicht nachgewiesen wird – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑696/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 20. September 2019,

Andreas Hauzenberger, wohnhaft in Sinzing (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt B. Bittner und Rechtsanwältin U. Heinrich,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta, der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin) und des Richters F. Biltgen,


Kanzler: A. Calot Escobar,

auf Vorschlag der Berichterstatterin und nach Anhörung des Generalanwalts M. Szpunar

folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel begehrt Herr Andreas Hauzenberger die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 11. Juli 2019, Hauzenberger/EUIPO (TurboPerformance) (T‑349/18, EU:T:2019:495), mit dem das Gericht seine Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 5. April 2018 (Sache R 2206/2017‑4) über die Anmeldung des Bildzeichens TurboPerformance als Unionsmarke abgewiesen hat.

 Zum Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des EUIPO betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 dieser Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 3 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels durch mit Gründen versehenen Beschluss.

6        Zur Stützung seines Antrags macht der Rechtsmittelführer geltend, dass sein Rechtsmittel sechs für die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Fragen aufwerfe.

7        Erstens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob es zulässig sei, zum Nachweis des beschreibenden Charakters eines Zeichens oder des Fehlens dieses Charakters Beweismittel zu nutzen, die aus dem unmittelbaren Umfeld des Markenanmelders stammten, wie beispielsweise von dessen Website. Nach Auffassung des Rechtsmittelführers sind derartige Beweismittel in Wirklichkeit nicht zur Begründung eines Eintragungshindernisses geeignet, da eine Nutzung durch den Markenanmelder selbst nicht dazu geeignet sei, einen angeblich beschreibenden Charakter zu begründen, sondern vielmehr exakt das Verhalten darstelle, das im Falle einer Eintragung von ihm verlangt werde. Diese Frage sei bedeutsam, da sie der Gerichtshof noch nicht geklärt habe und sie für eine Vielzahl von Markenanmeldungen relevant sei.

8        Zweitens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob es zulässig sei, zum Nachweis des beschreibenden Charakters eines Zeichens Beweismittel zu nutzen, die von einem Zeitpunkt nach dem Anmeldetag stammten. Nach Auffassung des Rechtsmittelführers existiert keine Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Kriterien, die bei einer Berücksichtigung solcher nachträglicher Beweismittel anzulegen seien, und insbesondere nicht zu der Frage, ob die Nutzung solcher Beweismittel einer besonderen Rechtfertigung bedürfe.

9        Drittens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob der Grundsatz der Waffengleichheit es fordere, dass der Rechtsmittelführer Beweismittel, die dem Bestreiten der allgemeinen Bekanntheit einer Tatsache dienten, auf die sich die Entscheidung der Beschwerdekammer gründe, zum ersten Mal vor dem Gericht vorbringen dürfe, wo doch das EUIPO nach der Rechtsprechung berechtigt sei, in Erwiderung auf das Bestreiten der allgemeinen Bekanntheit einer solchen Tatsache solche Beweise zum Beleg der allgemeinen Bekanntheit zum ersten Mal vor dem Gericht vorzubringen.

10      Viertens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob der beschreibende Charakter des Zeichens im Wege einer Gesamtbetrachtung zu beurteilen sei oder ob der Wortbestandteil separat zu prüfen und sodann der Bildbestandteil lediglich darauf zu prüfen sei, ob er die durch den Wortbestandteil transportierte Botschaft in Bezug auf die erfassten Waren verändere. Diese Frage habe der Gerichtshof bisher noch nicht beantwortet.

11      Fünftens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob und in welchem Ausmaß der mittelbar beschreibende Charakter eines Zeichens ein absolutes Eintragungshindernis begründe. Diese Frage stelle sich vor dem Hintergrund einer angeblichen Abkehr der Rechtsprechung vom Urteil vom 20. September 2001, Procter & Gamble/HABM (C‑383/99 P, EU:C:2001:461), mit dem der Gerichtshof entschieden habe, dass nur eine unmittelbar beschreibende Bezeichnung ein absolutes Eintragungshindernis begründe. Aus der Rechtsprechung ergebe sich keine Antwort auf diese Frage.


12      Sechstens werfe das Rechtsmittel – unter der Annahme, dass der mittelbar beschreibende Charakter des Zeichens ein absolutes Eintragungshindernis begründet habe – die Frage auf, ob in einer homogenen Gruppe von Waren und Dienstleistungen sowohl Waren und Dienstleistungen, für die das Zeichen mittelbar beschreibend sei, als auch solche, für die das Zeichen unmittelbar beschreibend sei, enthalten sein dürften oder ob unter solchen Umständen eine Trennung geboten sei. Der Gerichtshof habe diese Frage noch nicht geklärt, die jedoch für viele vergleichbare Fälle relevant sei.

13      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass es Sache des Rechtsmittelführers ist, den Nachweis zu erbringen, dass die mit seinem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind (Beschluss vom 16. September 2019, Kiku/CPVO, C‑444/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:746, Rn. 11).

14      Außerdem muss, wie sich aus Art. 58a Abs. 3 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 170b Abs. 4 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ergibt, der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels sämtliche Angaben enthalten, die es dem Gerichtshof ermöglichen, über die Zulassung des Rechtsmittels zu entscheiden und im Fall der teilweisen Zulassung des Rechtsmittels dessen Gründe oder Teile zu bestimmen, auf die sich die Rechtsmittelbeantwortung beziehen muss. Da der Mechanismus der vorherigen Zulassung von Rechtsmitteln nach Art. 58a der genannten Satzung die Kontrolle durch den Gerichtshof auf die Fragen beschränken soll, die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind, sind vom Gerichtshof nämlich nur die Gründe im Rahmen des Rechtsmittels zu prüfen, die solche Fragen aufwerfen; dies muss vom Rechtsmittelführer nachgewiesen worden sein (Beschluss vom 24. Oktober 2019, Porsche/EUIPO, C‑613/19 P, EU:C:2019:905, Rn. 14 und die dort angeführte Rechtsprechung).

15      Daher muss ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels in jedem Fall klar und genau die Gründe angeben, auf die das Rechtsmittel gestützt wird, ebenso genau und klar die von jedem Rechtsmittelgrund aufgeworfene Rechtsfrage benennen, erläutern, ob diese Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist, und speziell darlegen, warum diese Frage im Hinblick auf das geltend gemachte Kriterium bedeutsam ist (Beschluss vom 30. September 2019, All Star/EUIPO, C‑461/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:797, Rn. 14).

16      Ein Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels, der die in der vorstehenden Randnummer angeführten Angaben nicht enthält, ist nämlich von vornherein nicht geeignet, zu belegen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft, die seine Zulassung rechtfertigt (Beschluss vom 10. Oktober 2019, KID-Systeme/EUIPO, C‑577/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:854, Rn. 14).

17      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels offensichtlich keine genauen Angaben insbesondere dazu enthält, aus welchen Gründen das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwerfen soll.

18      Der Rechtsmittelführer beschränkt sich in seinem oben in den Rn. 7 bis 12 wiedergegebenen Vorbringen nämlich darauf, zu behaupten, dass sein Rechtsmittel für die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Fragen aufwerfe sowie dass sich die Bedeutung dieser Fragen aus dem Fehlen einschlägiger Rechtsprechung des Gerichtshofs und daraus ergebe, dass die Klärung dieser Fragen für eine Vielzahl von Anmeldungen relevant sein könnte.

19      Der Gerichtshof hat aber bereits entschieden, dass der Umstand, dass eine Rechtsfrage vom Gerichtshof nicht untersucht worden ist, noch nicht bedeutet, dass diese Frage für die Entwicklung des Unionsrechts zwangsläufig bedeutsam ist. Der Rechtsmittelführer ist nämlich stets verpflichtet, eine solche Bedeutung nachzuweisen, indem er genaue Angaben nicht nur zur Neuheit dieser Frage macht, sondern auch zu den Gründen, aus denen die Frage im Hinblick auf diese Entwicklung bedeutsam ist (Beschluss vom 30. September 2019, All Star/EUIPO, C‑461/19 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2019:797, Rn. 16).

20      Zudem kann der Umstand, dass eine Frage für eine Vielzahl von Anmeldungen relevant sein könnte, offensichtlich nicht als erheblich angesehen werden, wenn es um die Feststellung geht, ob die Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam ist.

21      Unter diesen Umständen lässt sich dem Antrag des Rechtsmittelführers kein Nachweis dafür entnehmen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft.

22      Nach alledem ist das Rechtsmittel nicht zuzulassen.

 Kosten

23      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

24      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt worden ist und ihnen Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass der Rechtsmittelführer seine eigenen Kosten trägt.


Aus diesen Gründen beschließt der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln):

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Herr Andreas Hauzenberger trägt seine eigenen Kosten.

Luxemburg, den 19. Dezember 2019

Der Kanzler

      Die Präsidentin der Kammer
      für die Zulassung von

Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

R. Silva de Lapuerta



*      Verfahrenssprache: Deutsch.