Language of document : ECLI:EU:C:2015:5

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

13. Januar 2015(*)

„Rechtsmittel – Verordnung (EG) Nr. 149/2008 – Verordnung zur Festlegung der Höchstgehalte an Pestizidrückständen – Gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 gestellter Antrag auf interne Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 149/2008 – Entscheidung der Kommission, mit der die Anträge für unzulässig erklärt werden – Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls – Übereinkommen von Århus – Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 im Hinblick auf dieses Übereinkommen“

In den verbundenen Rechtssachen C‑404/12 P und C‑405/12 P

betreffend Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 24. und 27. August 2012,

Rat der Europäischen Union, vertreten durch M. Moore und K. Michoel als Bevollmächtigte,

Europäische Kommission, vertreten durch J.‑P. Keppenne, P. Oliver und S. Boelaert als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführer,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch D. Hadroušek als Bevollmächtigten,

Streithelferin im Rechtsmittelverfahren,

andere Parteien des Verfahrens:

Stichting Natuur en Milieu mit Sitz in Utrecht (Niederlande),

Pesticide Action Network Europe mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Prozessbevollmächtigter: A. van den Biesen, advocaat,

Klägerinnen im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, L. Bay Larsen, T. von Danwitz, A. Ó Caoimh und J.‑C. Bonichot (Berichterstatter), des Richters E. Levits, der Richterinnen C. Toader, M. Berger und A. Prechal sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: N. Jääskinen,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. Dezember 2013,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 8. Mai 2014

folgendes

Urteil

1        Mit ihren Rechtsmitteln begehren der Rat der Europäischen Union und die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe/Kommission (T‑338/08, EU:T:2012:300, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht zwei Entscheidungen der Kommission vom 1. Juli 2008 (im Folgenden: streitige Entscheidungen) für nichtig erklärt hat, mit denen die Anträge von Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe auf Überprüfung der Verordnung (EG) Nr. 149/2008 der Kommission vom 29. Januar 2008 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung der Anhänge II, III und IV mit Rückstandshöchstgehalten für die unter Anhang I der genannten Verordnung fallenden Erzeugnisse (ABl. L 58, S. 1) als unzulässig abgelehnt worden waren.

 Rechtlicher Rahmen

 Übereinkommen von Århus

2        Art. 1 („Gegenstand“) des am 25. Juni 1998 in Århus unterzeichneten und im Namen der Europäischen Gemeinschaft durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124, S. 1) genehmigten Übereinkommens über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Übereinkommen von Århus) bestimmt:

„Um zum Schutz des Rechts jeder männlichen/weiblichen Person gegenwärtiger und künftiger Generationen auf ein Leben in einer seiner/ihrer Gesundheit und seinem/ihrem Wohlbefinden zuträglichen Umwelt beizutragen, gewährleistet jede Vertragspartei das Recht auf Zugang zu Informationen, auf Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und auf Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten in Übereinstimmung mit diesem Übereinkommen.“

3        Art. 2 Nr. 2 Abs. 2 dieses Übereinkommens sieht vor:

„Diese [B]estimmung [des Begriffs ‚Behörde‘] umfasst keine Gremien oder Einrichtungen, die in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln“.

4        Art. 9 dieses Übereinkommens bestimmt:

„(1)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass jede Person, die der Ansicht ist, dass ihr nach Artikel 4 gestellter Antrag auf Informationen nicht beachtet, fälschlicherweise ganz oder teilweise abgelehnt, unzulänglich beantwortet oder auf andere Weise nicht in Übereinstimmung mit dem genannten Artikel bearbeitet worden ist, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle hat.

Für den Fall, dass eine Vertragspartei eine derartige Überprüfung durch ein Gericht vorsieht, stellt sie sicher, dass die betreffende Person auch Zugang zu einem schnellen, gesetzlich festgelegten sowie gebührenfreien oder nicht kostenaufwendigen Überprüfungsverfahren durch eine Behörde oder Zugang zu einer Überprüfung durch eine unabhängige und unparteiische Stelle, die kein Gericht ist, hat.

Nach Absatz 1 getroffene endgültige Entscheidungen sind für die Behörde, die über die Informationen verfügt, verbindlich. Gründe werden in Schriftform dargelegt, zumindest dann, wenn der Zugang zu Informationen nach diesem Absatz abgelehnt wird.

(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

a)      die ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Art. 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Abs. 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

(3)      Zusätzlich und unbeschadet der in den Absätzen 1 und 2 genannten Überprüfungsverfahren stellt jede Vertragspartei sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um die von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen.

(4)      Zusätzlich und unbeschadet des Absatzes 1 stellen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Verfahren angemessenen und effektiven Rechtsschutz und, soweit angemessen, auch vorläufigen Rechtsschutz sicher; diese Verfahren sind fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer. Entscheidungen nach diesem Artikel werden in Schriftform getroffen oder festgehalten. Gerichtsentscheidungen und möglichst auch Entscheidungen anderer Stellen sind öffentlich zugänglich.

(5)      Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellt jede Vertragspartei sicher, dass der Öffentlichkeit Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zur Verfügung gestellt werden; ferner prüft jede Vertragspartei die Schaffung angemessener Unterstützungsmechanismen, um Hindernisse finanzieller und anderer Art für den Zugang zu Gerichten zu beseitigen oder zu verringern.“

 Verordnung (EG) Nr. 1367/2006

5        Der 18. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1367/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. September 2006 über die Anwendung der Bestimmungen des Übereinkommens von Århus über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft (ABl. L 264, S. 13) lautet:

„Artikel 9 Absatz 3 des [Übereinkommens von Århus] enthält Bestimmungen über den Zugang zu gerichtlichen oder anderen Überprüfungsverfahren, um Handlungen und Unterlassungen von Privatpersonen und Behörden anzufechten, die gegen Bestimmungen des Umweltrechts verstoßen. Bestimmungen über den Zugang zu Gerichten sollten mit dem [EG‑]Vertrag in Einklang stehen. In diesem Zusammenhang sollten in dieser Verordnung nur Handlungen und Unterlassungen von Behörden erfasst sein.“

6        Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung sieht vor:

„Ziel dieser Verordnung ist es, durch Festlegung von Vorschriften zur Anwendung der Bestimmungen des [Übereinkommens von Århus] auf die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft zur Umsetzung der Verpflichtungen aus diesem Übereinkommen beizutragen, und zwar insbesondere indem

d)      in Umweltangelegenheiten der Zugang zu Gerichten auf Gemeinschaftsebene zu den in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen gewährt wird.“

7        Art. 2 Abs. 1 Buchst. g dieser Verordnung definiert den Begriff „Verwaltungsakt“ wie folgt:

„jede Maßnahme des Umweltrechts zur Regelung eines Einzelfalls, die von einem Organ oder einer Einrichtung der Gemeinschaft getroffen wird, rechtsverbindlich ist und Außenwirkung hat“

8        Art. 10 („Antrag auf interne Prüfung von Verwaltungsakten“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 bestimmt:

„Jede Nichtregierungsorganisation, die die in Artikel 11 festgelegten Kriterien erfüllt, kann bei dem Organ oder der Einrichtung der Gemeinschaft, die einen Verwaltungsakt nach dem Umweltrecht angenommen hat oder – im Falle einer behaupteten Unterlassung – einen solchen Akt hätte annehmen sollen, eine interne Überprüfung beantragen.“

 Richtlinie 2003/4/EG

9        Die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, S. 26) definiert in Art. 2 Nr. 2 Buchst. a den Begriff „Behörde“ als „die Regierung oder eine andere Stelle der öffentlichen Verwaltung, einschließlich öffentlicher beratender Gremien, auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene“, wobei „[d]ie Mitgliedstaaten … vorsehen [können], dass diese Begriffsbestimmung keine Gremien oder Einrichtungen umfasst, soweit sie in gerichtlicher oder gesetzgebender Eigenschaft handeln. …“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

10      Stichting Natuur en Milieu, eine Stiftung niederländischen Rechts mit Sitz in Utrecht (Niederlande), deren Stiftungszweck der Umweltschutz ist, und Pesticide Action Network Europe, eine Stiftung niederländischen Rechts mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich), die sich der Bekämpfung des Einsatzes chemischer Pestizide verschrieben hat, beantragten mit Schreiben vom 7. und 10. April 2008 bei der Kommission eine interne Überprüfung der Verordnung Nr. 149/2008 nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006.

11      Mit den streitigen Entscheidungen lehnte die Kommission diese Anträge als unzulässig ab und begründete dies damit, dass die Verordnung Nr. 149/2008 keine Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls sei und daher nicht als ein „Verwaltungsakt“ im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 1367/2006 angesehen werden könne, der Gegenstand des internen Überprüfungsverfahrens nach Art. 10 dieser Verordnung sein könne.

 Klagen beim Gericht und angefochtenes Urteil

12      Mit Klageschrift, die am 11. August 2008 bei der Kanzlei des Gerichts einging, beantragten die genannten Stiftungen die Nichtigerklärung der streitigen Entscheidungen. Im Rahmen dieses erstinstanzlichen Verfahrens traten die Republik Polen und der Rat dem Rechtsstreit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission bei.

13      Mit dem angefochtenen Urteil hat das Gericht der Nichtigkeitsklage stattgegeben.

14      Nachdem das Gericht den zweiten Klageantrag der Klägerinnen als unzulässig zurückgewiesen hatte, der darauf gerichtet war, der Kommission aufzugeben, über die Begründetheit der fraglichen Anträge auf interne Überprüfung zu entscheiden, hat es die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit des die Klageschrift ergänzenden Schriftsatzes, der von den Klägerinnen eingereicht worden war, zurückgewiesen.

15      Das Gericht hat auch den ersten Klagegrund als unbegründet zurückgewiesen, mit dem die Klägerinnen rügten, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, als sie die Verordnung Nr. 149/2008 als eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung qualifiziert habe, die nicht als ein Verwaltungsakt im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Buchst. g der Verordnung Nr. 1367/2006 angesehen werden könne und folglich nicht Gegenstand eines Antrags auf interne Überprüfung nach Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung sein könne. Dagegen gab das Gericht dem zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund statt, mit dem die Rechtswidrigkeit der letztgenannten Bestimmung gerügt wurde, da sie mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus unvereinbar sei.

16      Nachdem das Gericht in den Rn. 51 und 52 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen hatte, dass das Übereinkommen von Århus so wie jedes andere internationale Abkommen Vorrang vor Rechtsakten des abgeleiteten Unionsrechts habe, hat es in Rn. 53 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der Unionsrichter die Gültigkeit einer Verordnungsbestimmung nur dann an einem internationalen Abkommen messen könne, wenn dessen Art und Struktur dem nicht entgegenstünden und seine Bestimmungen außerdem inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erschienen.

17      Das Gericht hat jedoch in Rn. 54 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof entschieden habe, dass er die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union an den Bestimmungen eines internationalen Übereinkommens, die für den Einzelnen nicht das Recht begründeten, sich darauf vor Gericht zu berufen, zu messen habe, wenn die Union eine bestimmte im Rahmen dieses Übereinkommens übernommene Verpflichtung habe umsetzen wollen oder wenn der Rechtsakt des abgeleiteten Rechts ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen dieses Übereinkommens verweise (Urteile Fediol/Kommission, 70/87, EU:C:1989:254, Rn. 19 bis 22, und Nakajima/Rat, C‑69/89, EU:C:1991:186, Rn. 31). Das Gericht hat daraus in Rn. 54 den Schluss gezogen, dass der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit einer Verordnung, mit der eine den Unionsorganen durch ein internationales Übereinkommen auferlegte Verpflichtung erfüllt werden solle, an diesem Übereinkommen messen müsse.

18      In den Rn. 57 und 58 des angefochtenen Urteils ist das Gericht davon ausgegangen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt seien, da zum einen die Klägerinnen, die sich nicht auf die unmittelbare Wirkung des Übereinkommens von Århus beriefen, inzidenter gemäß Art. 241 EG die Gültigkeit einer Bestimmung der Verordnung Nr. 1367/2006 im Hinblick auf dieses Übereinkommen in Frage stellten und zum anderen diese Verordnung zur Erfüllung der in Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vorgesehenen internationalen Verpflichtungen der Union erlassen worden sei, wie sich aus Art. 1 Abs. 1 und dem 18. Erwägungsgrund der Verordnung ergebe.

19      Das Gericht hat das Vorbringen der Kommission zurückgewiesen, wonach das Übereinkommen von Århus nicht anwendbar sei, da sie beim Erlass der Verordnung Nr. 149/2008 „als Gesetzgeber“ im Sinne von Art. 2 Nr. 2 Abs. 2 des Übereinkommens gehandelt habe. In Rn. 65 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich festgestellt, dass die Kommission in Ausübung ihrer Durchführungsbefugnisse tätig geworden sei.

20      In Rn. 83 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006, soweit er ein Verfahren der internen Überprüfung nur für einen „Verwaltungsakt“ vorsehe, der in Art. 2 Abs. 1 Buchst. g dieser Verordnung als „jede Maßnahme zur Regelung eines Einzelfalls“ definiert werde, nicht mit Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus vereinbar sei.

21      Das Gericht hat folglich die streitigen Entscheidungen für nichtig erklärt.

 Anträge der Parteien und Verfahren vor dem Gerichtshof

22      Mit ihren Rechtsmitteln beantragen der Rat und die Kommission, das angefochtene Urteil aufzuheben, die Klage der Klägerinnen in vollem Umfang abzuweisen und diese gesamtschuldnerisch zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

23      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 21. November 2012 sind die Rechtssachen C‑404/12 P und C‑405/12 P zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.

24      Am 28. Februar 2013 haben die Klägerinnen eine Rechtsmittelbeantwortung eingereicht, in der sie beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen und der Kommission und dem Rat die Kosten aufzuerlegen, die ihnen im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

25      Die Klägerinnen haben zudem ein Anschlussrechtsmittel eingelegt, mit dem sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die streitigen Entscheidungen für nichtig zu erklären sowie dem Rat und der Kommission die Kosten aufzuerlegen, die ihnen im ersten Rechtszug und im Rechtsmittelverfahren entstanden sind.

26      Der Rat und die Kommission haben am 29. bzw. 17. Mai 2013 eine Anschlussrechtsmittelbeantwortung eingereicht.

 Zu den Rechtsmitteln

 Zum Anschlussrechtsmittel

 Vorbringen der Parteien

27      Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe machen geltend, das angefochtene Urteil sei rechtsfehlerhaft, weil das Gericht Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus nicht zumindest insoweit unmittelbare Wirkung zuerkannt habe, als er vorsehe, dass „Handlungen“, die gegen innerstaatliches Umweltrecht verstießen, anfechtbar sein müssten, und es deshalb abgelehnt habe, die Rechtmäßigkeit von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 an Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus zu messen.

28      Nach Ansicht des Rates und der Kommission ist das Anschlussrechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen, da es „bedingt“ sei. Außerdem genüge es nicht den Anforderungen von Art. 178 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs.

29      Hilfsweise machen der Rat und die Kommission geltend, das Anschlussrechtsmittel sei jedenfalls unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

30      Nach Art. 169 Abs. 1 und Art. 178 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs können Rechtsmittel und Anschlussrechtsmittel nur auf die vollständige oder teilweise Aufhebung der Entscheidung des Gerichts gerichtet sein.

31      Im vorliegenden Fall hat das Gericht den Klageanträgen von Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe auf Aufhebung der streitigen Entscheidungen stattgegeben. Ihrem Anschlussrechtsmittel, mit dem sie in Wirklichkeit nur eine Auswechslung der Begründung hinsichtlich der Prüfung begehren, ob eine Berufung auf Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus möglich ist, kann folglich nicht stattgegeben werden (vgl. entsprechend zu einem Rechtsmittel Urteil Al‑Aqsa/Rat und Niederlande/Al‑Aqsa, C‑539/10 P und C‑550/10 P, EU:C:2012:711, Rn. 43 bis 45).

32      Demnach ist das Anschlussrechtsmittel als unzulässig zurückzuweisen.

 Zu den Rechtsmitteln

33      Der Rat und die Kommission rügen mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund, dem Gericht sei ein Rechtsfehler unterlaufen, als es entschieden habe, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus geltend gemacht werden könne, um zu beurteilen, ob Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 mit dieser Bestimmung vereinbar sei.

34      Der Rat macht einen zweiten Rechtsmittelgrund geltend, mit dem er rügt, dass das Gericht jedenfalls einen Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus begangen habe, als es davon ausgegangen sei, dass die Verordnung Nr. 1367/2006 nicht mit diesem Artikel vereinbar sei.

35      Auch die Kommission macht einen zweiten Rechtsmittelgrund geltend, mit dem sie rügt, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen habe, als es davon ausgegangen sei, dass der Erlass der Verordnung Nr. 149/2008 kein gesetzgeberisches Handeln im Sinne von Art. 2 Nr. 2 Abs. 2 des Übereinkommens von Århus gewesen sei.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

36      Nach Auffassung des Rates sind die beiden Fälle, in denen der Gerichtshof einem Einzelnen die Möglichkeit zugestanden hat, sich auf Bestimmungen eines internationalen Übereinkommens zu berufen, das nicht die Voraussetzungen der Unbedingtheit und der Genauigkeit erfülle, die für eine Geltendmachung zur Beurteilung der Gültigkeit von Bestimmungen eines Rechtsakts der Union verlangt würden, Ausnahmefälle und entsprechen jedenfalls nicht den vorliegenden Fällen.

37      Zum einen sei die Lösung im Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1989:254) durch die besonderen Umstände dieser Rechtssache gerechtfertigt, in der die fragliche Verordnung den betroffenen Wirtschaftsteilnehmern das Recht verleihe, sich auf die Bestimmungen des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (im Folgenden: GATT) zu berufen. Zudem sei diese Lösung nicht dazu bestimmt, außerhalb des besonderen Anwendungsbereichs dieses Abkommens angewandt zu werden.

38      Zum anderen betreffe das Urteil Nakajima/Rat (EU:C:1991:186) lediglich den Fall, dass die Union eine bestimmte im Rahmen des GATT übernommene Verpflichtung habe erfüllen wollen, was im vorliegenden Fall ebenfalls nicht zutreffe.

39      Die Kommission bringt im Wesentlichen ähnliche Argumente vor.

40      In Bezug auf das Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1989:254) fügt sie hinzu, es betreffe lediglich den Fall, dass ein Rechtsakt der Union ausdrücklich auf einzelne Bestimmungen des GATT verwiesen habe.

41      Zum Urteil Nakajima/Rat (EU:C:1991:186) bringt sie vor, es könne nicht dahin ausgelegt werden, dass es die Prüfung jedes Unionsrechtsakts im Hinblick auf das internationale Abkommen erlaube, das dieser Rechtsakt gegebenenfalls umsetze. Damit eine solche Prüfung vorgenommen werden könne, müsse der Unionsrechtsakt eine unmittelbare und abschließende Ausführung des internationalen Abkommens darstellen und sich auf eine hinreichend klare und genaue Verpflichtung aus diesem Abkommen beziehen, was hier nicht der Fall sei.

42      Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe machen geltend, das Urteil Lesoochranárske zoskupenie (C‑240/09, EU:C:2011:125) gebe keinen Hinweis in der Frage, ob Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus hinsichtlich anfechtbarer Handlungen unmittelbare Wirkung habe, und es sei zu berücksichtigen, dass dieses Übereinkommen dem Einzelnen Rechte verleihen solle.

43      Die Art und der Gegenstand des Übereinkommens von Århus stünden der von den Umweltverbänden beantragten Prüfung der Gültigkeit nicht entgegen, und die im Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1989:254) genannten Voraussetzungen seien hier erfüllt, da die Verordnung Nr. 1367/2006 mehrfach auf dieses Übereinkommen und insbesondere auf dessen Art. 9 Abs. 3 verweise. Der Gerichtshof habe den Anwendungsbereich dieses Urteils nicht auf das GATT beschränkt.

 Würdigung durch den Gerichtshof

44      Nach Art. 300 Abs. 7 EG (jetzt Art. 216 Abs. 2 AEUV) sind die von der Union geschlossenen internationalen Übereinkünfte für ihre Organe verbindlich und haben daher Vorrang vor den von ihnen erlassenen Rechtsakten (vgl. in diesem Sinne Urteil Intertanko u. a., C‑308/06, EU:C:2008:312, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Allerdings darf bei der Entscheidung darüber, welche Wirkungen die Bestimmungen eines Abkommens zwischen der Union und Drittstaaten in der Unionsrechtsordnung entfalten, der völkerrechtliche Ursprung dieser Bestimmungen nicht außer Acht gelassen werden. Nach den Grundsätzen des Völkerrechts bleibt es den Unionsorganen, die für das Aushandeln und den Abschluss eines solchen Abkommens zuständig sind, unbenommen, mit den betroffenen Drittstaaten zu vereinbaren, welche Wirkungen die Bestimmungen dieses Abkommens in der internen Rechtsordnung der Vertragsparteien haben sollen. Ist diese Frage in dem Abkommen nicht ausdrücklich geregelt, haben die zuständigen Gerichte und hat insbesondere der Gerichtshof im Rahmen seiner Zuständigkeit aufgrund des AEU-Vertrags über diese Frage ebenso wie über jede andere Auslegungsfrage im Zusammenhang mit der Anwendung des Abkommens in der Union zu entscheiden, insbesondere gestützt auf den Sinn, die Systematik oder den Wortlaut dieses Abkommens (vgl. Urteil FIAMM u. a./Rat und Kommission, C‑120/06 P und C‑121/06 P, EU:C:2008:476, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

46      Aus der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs ergibt sich, dass die Bestimmungen einer internationalen Übereinkunft, bei der die Union Vertragspartei ist, nur dann zur Stützung einer Klage auf Nichtigerklärung eines Sekundärrechtsakts der Union oder einer Einrede der Rechtswidrigkeit eines solchen Rechtsakts geltend gemacht werden können, wenn die Art und die Struktur der Übereinkunft dem nicht entgegenstehen und diese Bestimmungen außerdem inhaltlich unbedingt und hinreichend genau erscheinen (vgl. Urteile Intertanko u. a., EU:C:2008:312, Rn. 45, FIAMM u. a./Rat und Kommission, EU:C:2008:476, Rn. 110 und 120, sowie Air Transport Association of America u. a., C‑366/10, EU:C:2011:864, Rn. 54).

47      Zu Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus ist festzustellen, dass er keine unbedingte und hinreichend genaue Verpflichtung enthält, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte, und somit nicht diesen Voraussetzungen entspricht. Da nur „Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige [im] innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen“, Inhaber der in Art. 9 Abs. 3 dieses Übereinkommens vorgesehenen Rechte sind, hängen die Durchführung und die Wirkungen dieser Vorschrift vom Erlass eines weiteren Rechtsakts ab (vgl. Urteil Lesoochranárske zoskupenie, C‑240/09, EU:C:2011:125, Rn. 45).

48      Zwar hat der Gerichtshof auch entschieden, dass er, wenn die Union eine bestimmte aufgrund der im Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossenen Übereinkommen übernommene Verpflichtung erfüllen wollte oder der fragliche Unionsrechtsakt ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen dieser Übereinkommen verweist, die Rechtmäßigkeit des fraglichen Rechtsakts und der zu seiner Durchführung vorgenommenen Handlungen im Hinblick auf die Vorschriften dieser Übereinkommen zu prüfen hat (vgl. Urteile Fediol/Kommission, EU:C:1989:254, Rn. 19 bis 23, Nakajima/Rat, EU:C:1991:186, Rn. 29 bis 32, Deutschland/Rat, C‑280/93, EU:C:1994:367, Rn. 111, und Italien/Rat, C‑352/96, EU:C:1998:531, Rn. 19).

49      Diese beiden Ausnahmen waren jedoch allein durch die Besonderheiten der ihrer Anwendung zugrunde liegenden Übereinkommen gerechtfertigt.

50      Erstes ist nämlich zum Urteil Fediol/Kommission (EU:C:1989:254) festzustellen, dass der in der betreffenden Rechtssache fragliche Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2641/84 des Rates vom 17. September 1984 zur Stärkung der gemeinsamen Handelspolitik und insbesondere des Schutzes gegen unerlaubte Handelspraktiken (ABl. L 252, S. 1) ausdrücklich auf die im Wesentlichen auf dem GATT beruhenden völkerrechtlichen Regeln verwies und den Betroffenen das Recht verlieh, sich im Rahmen eines nach dieser Verordnung gestellten Antrags auf die Bestimmungen des GATT zu berufen (Urteil Fediol/Kommission, EU:C:1989:254, Rn. 19), während im vorliegenden Fall Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 weder unmittelbar auf konkrete Bestimmungen des Übereinkommens von Århus verweist noch dem Einzelnen ein Recht verleiht. Mangels eines solchen ausdrücklichen Verweises auf Bestimmungen einer internationalen Übereinkunft hat das genannte Urteil somit keine Relevanz für den vorliegenden Fall.

51      Zweitens ist zum Urteil Nakajima/Rat (EU:C:1991:186) festzustellen, dass die dort fraglichen Unionsrechtsakte im Zusammenhang mit dem Antidumpingsystem standen, das insofern eine sehr dichte Gestaltung und Anwendung aufweist, als es Maßnahmen gegenüber Unternehmen vorsieht, denen Dumpingpraktiken vorgeworfen werden. Konkret war die Grundverordnung in der betreffenden Rechtssache in Übereinstimmung mit den bestehenden internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft festgelegt worden, insbesondere denjenigen, die sich aus dem Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens ergeben, das im Namen der Gemeinschaft durch den Beschluss 80/271/EWG des Rates vom 10. Dezember 1979 über den Abschluss der multilateralen Übereinkommen, die im Zuge der Handelsverhandlungen von 1973 bis 1979 ausgehandelt wurden (ABl. 1980, L 71, S. 1), angenommen wurde (vgl. Urteil Nakajima/Rat, EU:C:1991:186, Rn. 30). Im vorliegenden Fall kann es jedoch nicht um eine Umsetzung bestimmter Verpflichtungen im Sinne des genannten Urteils durch Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 gehen, da die Vertragsparteien des Übereinkommens von Århus, wie aus dessen Art. 9 Abs. 3 hervorgeht, in Bezug auf die Festlegung der Modalitäten der Einführung der „verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren“ über einen weiten Ermessensspielraum verfügen.

52      Hierzu ist festzustellen, dass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Union durch den Erlass der genannten Verordnung, die nur die Organe der Union betrifft und sich darüber hinaus nur auf einen der Rechtsbehelfe bezieht, die dem Einzelnen zur Verfügung stehen, um die Einhaltung des Umweltrechts der Union zu erwirken, im Sinne der in Rn. 48 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung die Verpflichtungen erfüllen wollte, die sich aus Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus im Hinblick auf nationale Verwaltungs‑ oder Gerichtsverfahren ergeben, die sich übrigens beim gegenwärtigen Stand des Unionsrechts im Wesentlichen nach dem Recht der Mitgliedstaaten richten (vgl. in diesem Sinne Urteil Lesoochranárske zoskupenie, EU:C:2011:125, Rn. 41 und 47).

53      Aus alledem geht hervor, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, als es entschieden hat, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus geltend gemacht werden könne, um die Rechtmäßigkeit von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 zu beurteilen.

54      Folglich ist das angefochtene Urteil aufzuheben, ohne dass die anderen vom Rat und von der Kommission zur Stützung ihrer Rechtsmittel vorgebrachten Rechtsmittelgründe geprüft zu werden brauchen.

 Zur Klage beim Gericht

55      Nach Art. 61 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union hebt der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel begründet ist, die Entscheidung des Gerichts auf und kann sodann den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

56      Nach Auffassung des Gerichtshofs ist die Rechtssache zur Entscheidung reif und ist über die Begründetheit des Antrags auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidungen zu befinden.

57      Mit ihrem ersten beim Gericht geltend gemachten Klagegrund haben Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe geltend gemacht, dass die Kommission ihre Anträge auf interne Überprüfung der Verordnung Nr. 146/2008 zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig angesehen habe, es handle sich um eine Maßnahme mit allgemeiner Geltung.

58      Dieser Klagegrund ist aus den vom Gericht angeführten Gründen als unbegründet zurückzuweisen.

59      Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe haben zudem – mit ihrem zweiten Klagegrund – geltend gemacht, dass Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 ungültig sei, weil er den Begriff „Handlungen“ im Sinne von Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus auf individuelle Verwaltungsakte beschränke.

60      Aus Rn. 47 des vorliegenden Urteils geht hervor, dass Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens von Århus nicht die Klarheit und die Genauigkeit aufweist, die für eine zweckmäßige Geltendmachung dieser Bestimmung vor dem Unionsgericht zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1367/2006 verlangt werden.

61      Dieser zweite Klagegrund ist folglich ebenfalls als unbegründet zurückzuweisen.

62      Da keiner der beiden von Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe begründet ist, ist die Klage somit abzuweisen.

 Kosten

63      Gemäß Art. 138 Abs. 1 und 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so entscheidet der Gerichtshof über die Verteilung der Kosten.

64      Da Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe mit ihrem Vorbringen unterlegen sind und der Rat und die Kommission beantragt haben, sie zur Tragung der Kosten zu verurteilen, sind ihnen gesamtschuldnerisch die Kosten aufzuerlegen, die dem Rat und der Kommission im ersten Rechtszug und im Rahmen der vorliegenden Rechtsmittel entstanden sind.

65      Nach Art. 140 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Demgemäß hat die Tschechische Republik ihre eigenen Kosten zu tragen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Anschlussrechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Das Urteil des Gerichts der Europäischen Union Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe/Kommission (T‑338/08, EU:T:2012:300) wird aufgehoben.

3.      Die von Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe beim Gericht der Europäischen Union erhobene Nichtigkeitsklage wird abgewiesen.

4.      Stichting Natuur en Milieu und Pesticide Action Network Europe werden gesamtschuldnerisch die Kosten auferlegt, die dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission im ersten Rechtszug und im Rahmen der Rechtsmittel entstanden sind.

5.      Die Tschechische Republik trägt ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Niederländisch.