Language of document : ECLI:EU:C:2018:982

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

GERARD HOGAN

vom 5. Dezember 2018(1)

Rechtssache C‑450/17 P

Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank

gegen

Europäische Zentralbank (EZB)

„Rechtsmittel – Wirtschafts- und Währungspolitik – Aufsicht über Kreditinstitute – Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 – Art. 6 Abs. 4 – Verordnung (EU) Nr. 468/2014 – Art. 70 Abs. 1 – Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM) – Befugnisse der Europäischen Zentralbank (EZB) – Dezentralisierte Ausübung durch die nationalen Behörden – Einstufung eines Instituts als bedeutendes Institut – Direkte Beaufsichtigung durch die EZB – Ausnahme – Vorliegen besonderer Umstände – Unangemessene Einstufung eines beaufsichtigten Instituts als bedeutend“






1.        Der Zusammenbruch der führenden US‑Investmentbank Lehman Brothers im September 2008 markiert nach allgemeiner Ansicht den Beginn einer schweren Finanz- und Bankenkrise, die nahezu alle entwickelten Volkswirtschaften erfassen sollte. Diese Krise war – mit den in ihrer Folge notwendigen Rekapitalisierungen und Verstaatlichungen von Banken in verschiedenen Mitgliedstaaten – so schwerwiegend und anhaltend, dass sie zu einer existenziellen Bedrohung für die Finanzstabilität mehrerer Länder innerhalb der Eurozone und zuweilen sogar für das Überleben des Euro als Währung an sich wurde.

2.        Diese Krise hat dementsprechend einen langen Schatten geworfen. Seither sind seitens der Gesetzgeber und Regulierer große Anstrengungen unternommen worden, um den gewaltigen Ausmaßen dieser Bankenkrise gerecht zu werden und zu verstehen, wie angesichts des bis dahin völlig ausreichend erscheinenden Regulierungsrahmens dieses System letztlich versagte, als es in jenen dunklen Tagen ab dem Jahr 2008 auf die Probe gestellt wurde. Eine der vom Unionsgesetzgeber hieraus gezogenen Erkenntnisse ist, dass im Zentrum des durch die Krise von 2008 offengelegten regulatorischen Versagens Praktiken des Schattenbankenwesens und ein mangelndes Verständnis des Wesens des von großen Kreditinstituten potenziell ausgehenden systemischen Risikos standen.

3.        In vielerlei Hinsicht bildet all dies den Hintergrund des vorliegenden Rechtsmittels der Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank (im Folgenden: Rechtsmittelführerin), mit dem sie die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. Mai 2017, Landeskreditbank Baden-Württemberg/EZB (T‑122/15, EU:T:2017:337) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), beantragt. Mit diesem Urteil hat das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses EZB/SSM/15/1 der Europäischen Zentralbank (im Folgenden: EZB) vom 5. Januar 2015 abgewiesen. Dieser Beschluss der EZB erging nach Art. 6 Abs. 4 und Art. 24 Abs. 7 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. 2013, L 287, S. 63) (im Folgenden: Grundverordnung). Im Wesentlichen wurde mit diesem Beschluss eine Anerkennung der Rechtsmittelführerin als weniger bedeutendes Institut im Sinne von Art. 6 Abs. 4 dieser Verordnung von der EZB abgelehnt (im Folgenden: streitiger Beschluss).

4.        Die Einstufung der Rechtsmittelführerin als bedeutendes Institut hatte zur Folge, dass dieses Institut der direkten Aufsicht durch die EZB und nicht durch die zuständigen deutschen Behörden unterlag. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin ist sie wegen des Vorliegens „besonderer Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 der Verordnung (EU) Nr. 468/2014 der EZB vom 16. April 2014 zur Einrichtung eines Rahmenwerks für die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Zentralbank und den nationalen zuständigen Behörden und den nationalen benannten Behörden innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (ABl. 2014, L 141, S. 1) (im Folgenden: SSM-Rahmenverordnung) als weniger bedeutendes Institut einzustufen. Bevor dieses Vorbringen zu prüfen ist, sind indes zunächst die einschlägigen Rechtsvorschriften darzustellen.

I.      Rechtlicher Rahmen

A.      Grundverordnung

5.        Nach Art. 1 Abs. 1 der Grundverordnung werden „[d]urch diese Verordnung … der EZB mit voller Rücksichtnahme auf und unter Wahrung der Sorgfaltspflicht für die Einheit und Integrität des Binnenmarkts auf der Grundlage der Gleichbehandlung der Kreditinstitute mit dem Ziel, Aufsichtsarbitrage zu verhindern, besondere Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute übertragen, um einen Beitrag zur Sicherheit und Solidität von Kreditinstituten sowie zur Stabilität des Finanzsystems in der Union und jedem einzelnen Mitgliedstaat zu leisten“.

6.        Art. 2 („Begriffsbestimmungen“) der Grundverordnung bestimmt:

„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

9.      ‚Einheitlicher Aufsichtsmechanismus‘ das Finanzaufsichtssystem, das sich aus der EZB und den nationalen zuständigen Behörden teilnehmender Mitgliedstaaten entsprechend der Beschreibung in Artikel 6 dieser Verordnung zusammensetzt.“

7.        Nach Art. 4 („Der EZB übertragene Aufgaben“) Abs. 1 der Grundverordnung ist „[i]m Rahmen des Artikels 6 … die EZB im Einklang mit Absatz 3 ausschließlich für die Wahrnehmung [von neun aufgeführten Aufgaben] zur Beaufsichtigung sämtlicher in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute zuständig“.

8.        Art. 6 („Zusammenarbeit innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus“) der Grundverordnung bestimmt:

„(1)      Die EZB nimmt ihre Aufgaben innerhalb eines einheitlichen Aufsichtsmechanismus wahr, der aus der EZB und den nationalen zuständigen Behörden besteht. Die EZB ist dafür verantwortlich, dass der einheitliche Aufsichtsmechanismus wirksam und einheitlich funktioniert.

(4)      In Bezug auf die Aufgaben nach Artikel 4 – mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstaben a und c – haben die EZB die Zuständigkeiten gemäß Absatz 5 dieses Artikels und die nationalen zuständigen Behörden die Zuständigkeiten gemäß Absatz 6 dieses Artikels – innerhalb des in Absatz 7 dieses Artikels festgelegten Rahmenwerks und vorbehaltlich der darin festgelegten Verfahren – für die Beaufsichtigung folgender Kreditinstitute, Finanzholdinggesellschaften oder gemischter Finanzholdinggesellschaften oder in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Zweigstellen von in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstituten:

–      auf konsolidierter Basis weniger bedeutende Institute, Gruppen oder Zweigstellen, wenn die oberste Konsolidierungsebene in den teilnehmenden Mitgliedstaaten liegt, oder einzeln im speziellen Fall von in teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Zweigstellen von in nicht teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstituten. Die Bedeutung wird anhand folgender Kriterien bestimmt:

i)      Größe[,]

ii)      Relevanz für die Wirtschaft der Union oder eines teilnehmenden Mitgliedstaats[,]

iii)      Bedeutung der grenzüberschreitenden Tätigkeiten.

Sofern nicht durch besondere Umstände, die in der Methodik zu benennen sind, gerechtfertigt, gilt in Bezug auf Unterabsatz 1 ein Kreditinstitut, eine Finanzholdinggesellschaft oder eine gemischte Finanzholdinggesellschaft nicht als weniger bedeutend, wenn eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:

i)      der Gesamtwert der Aktiva übersteigt 30 Mrd. EUR,

ii)      das Verhältnis der gesamten Aktiva zum BIP des teilnehmenden Mitgliedstaats der Niederlassung übersteigt 20 %, es sei denn, der Gesamtwert der Aktiva liegt unter 5 Mrd. EUR,

iii)      nach der Anzeige der nationalen zuständigen Behörde, dass sie ein solches Institut als bedeutend für die betreffende Volkswirtschaft betrachtet, fasst die EZB nach einer umfassenden Bewertung, einschließlich einer Bilanzbewertung, des betreffenden Kreditinstituts ihrerseits einen Beschluss, der diese Bedeutung bestätigt.

Die EZB kann ein Institut auch von sich aus als bedeutend betrachten, wenn es Tochterbanken in mehr als einem teilnehmenden Mitgliedstaat errichtet hat und seine grenzüberschreitenden Aktiva oder Passiva einen wesentlichen Teil seiner gesamten Aktiva oder Passiva darstellen, vorbehaltlich der nach der Methodik festgelegten Bedingungen.

Die Institute, für die eine direkte öffentliche finanzielle Unterstützung durch die [Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF)] oder den [Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM)] beantragt oder entgegengenommen wurde, gelten nicht als weniger bedeutend.

Ungeachtet der vorhergehenden Unterabsätze und sofern nicht durch besondere Umstände gerechtfertigt, übt die EZB die ihr durch diese Verordnung übertragenen Aufgaben in Bezug auf die drei bedeutendsten Kreditinstitute in jedem teilnehmenden Mitgliedstaat aus.

(5)      In Bezug auf die in Absatz 4 genannten Kreditinstitute und innerhalb des in Absatz 7 festgelegten Rahmenwerks

a)      erlässt die EZB gegenüber den nationalen zuständigen Behörden Verordnungen, Leitlinien oder allgemeine Weisungen, nach denen die nationalen zuständigen Behörden die Aufgaben nach Artikel 4 – mit Ausnahme von Absatz 1 Buchstaben a und c – wahrnehmen und Aufsichtsbeschlüsse fassen.

Diese Weisungen können sich auf die besonderen Befugnisse nach Artikel 16 Absatz 2 in Bezug auf Gruppen oder Arten von Kreditinstituten beziehen, um die Kohärenz der Aufsichtsergebnisse innerhalb des einheitlichen Aufsichtsmechanismus sicherzustellen;

b)      kann die EZB jederzeit von sich aus, wenn dies für die Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards erforderlich ist, nach Konsultation der nationalen zuständigen Behörden oder auf Ersuchen einer nationalen zuständigen Behörde beschließen, sämtliche einschlägigen Befugnisse in Bezug auf ein oder mehrere in Absatz 4 genannte Kreditinstitute unmittelbar selbst auszuüben, einschließlich in den Fällen, in denen eine indirekte finanzielle Unterstützung durch die EFSF oder den ESM beantragt oder entgegengenommen wurde;

c)      übt die EZB auf der Grundlage der in diesem Artikel und insbesondere in Absatz 7 Buchstabe c festgelegten Zuständigkeiten und Verfahren die Aufsicht über das Funktionieren des Systems aus;

d)      kann die EZB jederzeit von den in den Artikeln 10 bis 13 genannten Befugnissen Gebrauch machen;

e)      kann die EZB auch auf Ad-hoc-Basis oder auf kontinuierlicher Basis Informationen von den nationalen zuständigen Behörden über die Ausübung der von ihnen gemäß diesem Artikel wahrgenommenen Aufgaben anfordern.

(6)      Unbeschadet des Absatzes 5 dieses Artikels nehmen die nationalen zuständigen Behörden in Bezug auf die in Absatz 4 Unterabsatz 1 dieses Artikels genannten Kreditinstitute innerhalb des in Absatz 7 dieses Artikels genannten Rahmenwerks und vorbehaltlich der darin festgelegten Verfahren die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b, d bis g und i genannten Aufgaben wahr und sind für diese sowie für die Annahme aller einschlägigen Aufsichtsbeschlüsse verantwortlich.

(7)      Die EZB nimmt in Abstimmung mit den nationalen zuständigen Behörden und auf Grundlage eines Vorschlags des Aufsichtsgremiums ein Rahmenwerk zur Gestaltung der praktischen Modalitäten für die Durchführung dieses Artikels an und veröffentlicht ihn. …

…“

B.      SSM-Rahmenverordnung

9.        Art. 1 („Gegenstand und Ziel“) der SSM-Rahmenverordnung bestimmt:

„(1)      Diese Verordnung legt Vorschriften zu Folgendem fest:

a)      dem in Artikel 6 Absatz 7 der [Grund‑]Verordnung genannten Rahmenwerk, nämlich ein Rahmenwerk zur Gestaltung der praktischen Modalitäten für die Durchführung von Artikel 6 der [Grund‑]Verordnung, der die Zusammenarbeit innerhalb des SSM betrifft, wobei das Rahmenwerk Folgendes umfasst:

i)      die Methodik für die Bewertung und Überprüfung, ob ein beaufsichtigtes Unternehmen gemäß den in Artikel 6 Absatz 4 der [Grund‑]Verordnung festgelegten Kriterien als bedeutend oder weniger bedeutend eingestuft wird, und die sich aus dieser Bewertung ergebenden Modalitäten;

…“

10.      Art. 70 („Besondere Umstände, die zur Einstufung eines bedeutenden Kreditinstituts als weniger bedeutend führen“) der SSM-Rahmenverordnung bestimmt:

„(1)      Besondere Umstände im Sinne von Artikel 6 Absatz 4 Unterabsätze 2 und 5 der [Grund‑]Verordnung (nachfolgend die ‚besonderen Umstände‘) liegen vor, wenn spezifische und tatsächliche Umstände vorliegen, aufgrund derer die Einstufung eines beaufsichtigten Unternehmens als bedeutend unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze der [Grund‑]Verordnung und insbesondere des Erfordernisses der Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards unangemessen ist.

(2)      Der Ausdruck ‚besondere Umstände‘ wird eng ausgelegt.“

11.      Art. 71 („Beurteilung des Vorliegens besonderer Umstände“) Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung bestimmt:

„Ob besondere Umstände vorliegen, die eine Einstufung eines anderweitig als bedeutend geltenden beaufsichtigten Unternehmens als weniger bedeutend rechtfertigen, wird auf Einzelfallbasis und speziell für das betreffende beaufsichtigte Unternehmen oder die betreffende beaufsichtigte Gruppe festgestellt; diese Feststellung erfolgt jedoch nicht für Kategorien von beaufsichtigten Unternehmen.

…“

II.    Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

12.      Die Rechtsmittelführerin ist die Förderbank des Bundeslandes Baden-Württemberg (Deutschland). Sie wurde durch § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Landeskreditbank Baden-Württemberg errichtet und ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, deren alleiniger Anteilseigner das Land Baden-Württemberg ist.

13.      Am 25. Juni 2014 teilte die EZB der Rechtsmittelführerin im Wesentlichen mit, dass sie aufgrund ihrer Bedeutung der alleinigen Aufsicht der EZB und nicht der geteilten Aufsicht des SSM nach Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung unterliege, und gab ihr Gelegenheit zur Stellungnahme.

14.      Am 10. Juli 2014 trat die Rechtsmittelführerin dieser Analyse entgegen, wobei sie vor allem geltend machte, dass besondere Umstände im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung sowie der Art. 70 und 71 der SSM‑Rahmenverordnung vorlägen.

15.      Am 1. September 2014 erließ die EZB einen Beschluss, mit dem sie die Rechtsmittelführerin als bedeutendes Kreditinstitut im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung einstufte.

16.      Am 6. Oktober 2014 beantragte die Rechtsmittelführerin eine Überprüfung dieses Beschlusses gemäß Art. 24 Abs. 1, 5 und 6 der Grundverordnung in Verbindung mit Art. 7 des Beschlusses [2014/360/EU der EZB] vom 14. April 2014 zur Einrichtung eines administrativen Überprüfungsausschusses und zur Festlegung der Vorschriften für seine Arbeitsweise (ABl. 2014, L 175, S. 47). Am 23. Oktober 2014 fand vor dem administrativen Überprüfungsausschuss eine mündliche Anhörung statt.

17.      Am 20. November 2014 gab der administrative Überprüfungsausschuss eine Stellungnahme ab, in der er die Rechtmäßigkeit des Beschlusses der EZB feststellte.

18.      Am 5. Januar 2015 erließ die EZB den streitigen Beschluss, mit dem der Beschluss vom 1. September 2014 unter Beibehaltung der Einstufung der Rechtsmittelführerin als bedeutendes Kreditinstitut aufgehoben und ersetzt wurde.

19.      Im streitigen Beschluss stellte die EZB fest, dass der Wert der Aktiva der Rechtsmittelführerin 30 Mrd. Euro übersteige, und schloss sich deren Vorbringen nicht an, wonach „besondere Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung vorlägen, die es rechtfertigten, dass sie weiterhin der unmittelbaren Aufsicht der deutschen Behörden unterliege.

20.      Die EZB hob darin im Wesentlichen folgende Gesichtspunkte hervor:

–        Die Einstufung der Rechtsmittelführerin als bedeutendes Kreditinstitut stehe nicht im Widerspruch zu den Zielen der Grundverordnung.

–        Das Risikoprofil eines Unternehmens sei im Stadium seiner Einstufung keine entscheidende Frage.

–        Selbst wenn sie der Ansicht wäre, dass es im Fall der Rechtsmittelführerin besondere Umstände gebe, müsste sie immer noch überprüfen, ob diese Umstände die Einstufung der Rechtsmittelführerin als weniger bedeutend rechtfertigten.

–        Gemäß Art. 70 Abs. 2 der SSM-Rahmenverordnung müsse der Begriff der besonderen Umstände eng ausgelegt werden, so dass ein Unternehmen nur dann von „bedeutend“ nach „weniger bedeutend“ herabgestuft werden könne, wenn die direkte Aufsicht durch sie unangemessen wäre.

–        Die Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Auslegungszwecken könne sie nicht zu der Prüfung verpflichten, ob die Anwendung der Kriterien des Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung auf ein Institut verhältnismäßig sei, und die Prüfung der „Unangemessenheit“ der Einstufung eines Instituts als bedeutend komme nicht einer solchen Prüfung der Verhältnismäßigkeit gleich.

–        Die Angemessenheit der nationalen Aufsichtsregelungen und die Möglichkeit der Anwendung hoher Aufsichtsstandards ließen nicht den Schluss zu, dass die direkte Aufsicht durch die EZB unangemessen sei, da die Grundverordnung diese nicht vom Nachweis einer Unangemessenheit der nationalen Aufsichtsregelungen oder der nationalen Aufsichtsstandards abhängig mache.

III. Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

21.      Mit am 12. März 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift beantragte die Rechtsmittelführerin die Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses. Die Rechtsmittelführerin stützte ihre Klage auf fünf Klagegründe: i) Verstoß gegen Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 der SSM-Rahmenverordnung bei der Wahl der von der EZB angewandten Kriterien; ii) offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Würdigung des Sachverhalts; iii) Verstoß gegen die Begründungspflicht; iv) Ermessensmissbrauch der EZB durch Nichtausübung ihres Ermessens; und v) Verstoß gegen die der EZB obliegende Pflicht zur Untersuchung und Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls.

22.      Mit dem angefochtenen Urteil wies das Gericht die Nichtigkeitsklage der Rechtsmittelführerin ab.

IV.    Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

23.      Die Rechtsmittelführerin beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        den streitigen Beschluss unter Anordnung der Fortgeltung der Ersetzung des Beschlusses der EZB vom 1. September 2014 für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache an das Gericht zurückzuverweisen;

–        die Kosten des Verfahrens der EZB aufzuerlegen.

24.      Die EZB und die Kommission beantragen,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

V.      Rechtsmittel

25.      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf drei Rechtsmittelgründe: i) Verletzung des Unionsrechts bei der Auslegung und Anwendung von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 der SSM‑Rahmenverordnung; ii) Verfälschung des streitigen Beschlusses und fehlerhafte Beurteilung der Begründungsanforderungen; iii) Verfahrensfehler des Gerichts durch Einführung nicht verfahrensgegenständlicher Aspekte.

A.      Erster Rechtsmittelgrund: Verletzung des Unionsrechts bei der Auslegung und Anwendung von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 der SSM-Rahmenverordnung

26.      Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen.

1.      Falsche Auslegung von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung

27.      Mit dem ersten Teil macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung falsch ausgelegt habe.

28.      Die Rechtsmittelführerin führt drei Argumente an.

a)      Falsche Auslegung des Wortlauts

29.      Erstens ist das Gericht nach Ansicht der Rechtsmittelführerin unzutreffend zu dem Schluss gekommen, dass die „besonderen Umstände“(2), aufgrund derer ein Institut als „weniger bedeutendes“ Institut eingestuft werden könne, nur dann vorlägen, wenn eine unmittelbare Aufsicht durch die nationalen Behörden besser geeignet sei, um die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, als eine unmittelbare Aufsicht durch die EZB. Die vom Gericht vorgenommene grammatikalische Auslegung des Begriffs „unangemessen“(3) stütze sich ausschließlich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wonach die Frage, ob ein Unionsrechtsakt angemessen sei, sich danach richte, ob er geeignet sei, die mit der betreffenden Regelung verfolgten legitimen Ziele zu erreichen(4). Der Gerichtshof habe sich insoweit auf Begrifflichkeiten gestützt, die einem völlig anderen Kontext entnommen seien, und nicht auf die übliche Bedeutung des Begriffs.

30.      Außerdem sei das Gericht irrtümlich davon ausgegangen, dass es ausschließlich auf die englische Sprachfassung der SSM-Rahmenverordnung (und somit auf den Begriff „inappropriate“) ankomme, und habe hierdurch gegen den Grundsatz verstoßen, dass alle Sprachfassungen gleichermaßen verbindlich seien. Die Begriffe „geeignet“, „aptes“, „idóneos“, „idonei“ bzw. „geschikt“, die in der deutschen, französischen, spanischen, italienischen bzw. niederländischen Sprachfassung des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a.(5), verwendet würden, entsprächen nicht den Begriffen „unangemessen“, „inapproprié“, „inadecuada“, „inappropriata“ bzw. „niet passend“, die in Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung verwendet würden.

31.      Die Begriffe „unangemessen“ und „besondere Umstände“ seien unbestimmte Rechtsbegriffe. Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 der SSM-Rahmenverordnung seien somit anhand ihres Zwecks und allgemeinen Aufbaus anhand des höherrangigen Rechts auszulegen.

32.      Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Dem kann ich mich nur anschließen.

33.      Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass die Rechtsmittelführerin sich nicht gegen die Gültigkeit von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung oder Art. 70 der SSM-Rahmenverordnung wendet. Fraglich ist im vorliegenden Verfahren – ebenso wie im vorangegangenen Verfahren vor dem Gericht – vielmehr die richtige Auslegung dieser Bestimmungen. Da ferner die Aktiva der Rechtsmittelführerin 30 Mrd. Euro übersteigen(6), ergibt sich hieraus nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung, dass sie, „sofern nicht durch besondere Umstände … gerechtfertigt, … nicht als weniger bedeutend [gilt]“. Hingewiesen sei im Übrigen darauf, dass die Rechtsmittelführerin die Beurteilung der EZB, dass ihre Aktiva die geltende gesetzliche Schwelle weit überschreiten, nicht in Abrede stellt.

34.      Meines Erachtens folgt aus der Formulierung „sofern nicht durch besondere Umstände … gerechtfertigt“ in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung eindeutig, dass die Einstufung eines Instituts, das eines der dort genannten detaillierten Kriterien erfüllt, als weniger bedeutendes Institut eine Ausnahme von der normalen Regel darstellt, dass die direkte Aufsicht über ein solches Institut, das diese Kriterien im Übrigen erfüllt, von der EZB wahrzunehmen ist. Nach Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung liegen solche „besonderen Umstände“ vor, wenn die Einstufung eines Instituts als bedeutend unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze der Grundverordnung und insbesondere des Erfordernisses der Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards und, dies sei ergänzt, des Erfordernisses der Vorbeugung gegen potenzielle verborgene systemische Risiken, die von großen Kreditinstituten mit hohem Kapitalvermögen ausgehen, „unangemessen“ ist. Dies wird dadurch unterstrichen, dass nach Art. 70 Abs. 2 der SSM‑Rahmenverordnung der Begriff „besondere Umstände“ in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung eng auszulegen ist. Hieraus folgt offenkundig, dass die Einstufung eines Instituts, das eines der einschlägigen Kriterien erfüllt, als weniger bedeutend ihrem Wesen nach eher die Ausnahme und eine Abweichung vom Regelfall ist. All dies bedeutet wiederum, dass bei Erfüllung eines der Kriterien in Art. 6 Abs. 4 ein Kreditinstitut wie die Rechtsmittelführerin, das das Vorliegen „besonderer Umstände“ im Sinne dieser Bestimmung darlegen will, sich nicht darauf beschränken kann, deren Vorliegen lediglich zu behaupten, sondern dies unter erhöhten Darlegungsanforderungen nachweisen muss.

35.      Das Gericht hat meines Erachtens in Rn. 44 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Wortlaut von Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung die Frage in den Mittelpunkt stelle, ob die direkte Aufsicht der EZB über ein Institut, das grundsätzlich nicht als weniger bedeutend einzustufen sei(7) und somit der direkten Aufsicht durch die EZB unterstellt sei, angemessen sei oder nicht. Wie vom Gericht zu Recht ausgeführt, wird in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung oder in Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung nicht erwähnt, dass zu prüfen wäre, ob ein Erfordernis für eine direkte Beaufsichtigung des Instituts durch die EZB gegeben ist oder eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen Behörden genauso geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, wie eine Beaufsichtigung nur durch die EZB(8).

36.      Die gesetzliche Systematik ist insoweit eindeutig. Auszugehen ist davon, dass jedes Kreditinstitut, das eines der detaillierten Kriterien in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung erfüllt, nach dem Willen des Unionsgesetzgebers als „bedeutend“ gilt oder anzusehen ist, so dass eine direkte Beaufsichtigung durch die EZB erforderlich ist. Im Fall eines Instituts wie der Rechtsmittelführerin geht der Unionsgesetzgeber, sobald ihre Aktiva die Schwelle von 30 Mrd. Euro überschreiten, zunächst davon aus, dass eine direkte Aufsicht durch die EZB erforderlich ist, es sei denn, es liegen besondere Umstände vor, die diese Annahme im Sinne von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung entkräften und unter gewissen Darlegungsanforderungen nachgewiesen werden können.

37.      Welches sind dann die besonderen Umstände, auf die die Rechtsmittelführerin ihre Ansicht stützt, dass sie unter die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 4 falle? Die insoweit vorgetragenen Hauptargumente beziehen sich auf die für ihr Geschäftsmodell und die Art ihres Kundengeschäfts geltenden gesetzlichen Regelungen. Vorgetragen wird insbesondere, dass diese gesetzlichen Zielsetzungen für ihren wesentlichen Zweck bestimmend seien, Finanzmittel für bestimmte öffentliche Aufgaben bereitzustellen und das Land Baden-Württemberg zu verpflichten, ihr die Mittel zur Erfüllung dieser Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Ihr eigenes Geschäftsmodell sei im Wesentlichen risikoscheu; da es ferner nahezu vollständig im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats angesiedelt sei, sei allein schon aufgrund seiner einfachen Struktur ein solides Risikomanagement gewährleistet und selbst eine Systemrelevanz als Kreditinstitut innerhalb des allgemeineren Rahmens des deutschen Bankensystems nicht gegeben.

38.      Selbst wenn diese Argumente als wahr unterstellt würden, bleiben sie meines Erachtens für die hier in Rede stehenden Fragen im Wesentlichen irrelevant. Der Grundverordnung oder der SSM-Rahmenverordnung ist rein gar nichts dafür zu entnehmen, dass die rechtliche Struktur des Kreditinstituts, die für die Ausübung seiner Bankenaufgaben oder sein Geschäftsmodell geltenden gesetzlichen Regelungen oder auch die Art des von ihm ausgehenden Risikos für die Stabilität des Bankensektors dafür relevant wären, ob es nach der Grundverordnung als bedeutend anzusehen ist. Es sei hier daran erinnert, dass die EZB nach Art. 1 Abs. 3 der Grundverordnung verpflichtet ist, „in vollem Umfang die verschiedenen Arten, Geschäftsmodelle und die Größe der Kreditinstitute [zu berücksichtigen]“; dieser gesetzliche Rahmen sieht also vor, dass die EZB ihre Aufsichtsaufgaben über Kreditinstitute mit verschiedenen Geschäftsmodellen ausübt. Eine der weiteren Erkenntnisse, die der Unionsgesetzgeber aus der Finanzkrise von 2008 gezogen hat, war, dass viele der schlichten Annahmen, von denen zuvor in Bezug auf die Art des finanziellen Risikos oder die fehlende Systemrelevanz bestimmter Kreditinstitute ausgegangen wurde, sich letztlich, als sie tatsächlich auf die Probe gestellt wurden, als unhaltbar erwiesen. Dies ist schließlich der Grund dafür, dass die Grundverordnung zunächst davon ausgeht, dass ein Kreditinstitut mit Aktiva dieser Größenordnung, unabhängig davon, ob von ihm ein echtes systemisches Risiko für die Finanzstabilität ausgeht – oder nicht –, der Aufsicht durch die EZB unterliegen soll. Demnach führt also ein angeblich nicht gegebenes systemisches Risiko an sich nicht dazu, dass die Einordnung des betreffenden Kreditinstituts als bedeutendes Institut im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung unangemessen wird.

39.      Soweit das Gericht zur Auslegung des Begriffs „unangemessen“ wörtlich die Passagen in Rn. 67 des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), anführt(9), kann dies meines Erachtens nicht als rechtsfehlerhaft angesehen werden. Zwar bezieht sich Rn. 67 des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), unzweifelhaft auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, das Gericht hat den betreffenden Absatz jedoch lediglich angeführt, um in Rn. 46 des angefochtenen Urteils zu verdeutlichen, dass die Prüfung, ob etwas angemessen ist oder nicht, von der Prüfung zu unterscheiden ist, ob es über das hinausgeht, was erforderlich ist.

40.      Ferner sind die Argumente der Rechtsmittelführerin zu den verschiedenen Sprachfassungen von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung und von Rn. 67 des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a.(C‑62/14, EU:C:2015:400), so fürchte ich, nicht überzeugend. Die gewöhnliche Bedeutung der Begriffe „geeignet“, „aptes“, „idóneos“, „idonei“ und „geschikt“, die in der deutschen, französischen, spanischen, italienischen bzw. niederländischen Sprachfassung des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 67), verwendet werden, sind die Gegenbegriffe zur gewöhnlichen Bedeutung der Begriffe „unangemessen“, „inapproprié“, „inadecuada“, „inappropriata“ und „niet passend“, die in Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung verwendet werden. Der eindeutigen Formulierung von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung ist daher klar zu entnehmen, dass die Beaufsichtigung eines Instituts durch die nationale zuständige Behörde nur gestattet ist, wenn die unmittelbare Beaufsichtigung durch die EZB im Licht der Ziele der Grundverordnung ungeeignet oder unzureichend oder „unangemessen“ ist. Dies könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Aufsicht von der EZB nicht hinreichend verwirklicht werden könnte.

b)      Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

41.      Zweitens hat das Gericht nach Ansicht der Rechtsmittelführerin Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung nicht im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgelegt, der nach Art. 5 Abs. 4 EUV für die Befugnisse gilt.

42.      Das Gericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass der für die Befugnisse geltende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Auslegung von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung(10) nicht relevant sei, da „die nationalen Behörden … im Rahmen der dezentralisierten Umsetzung einer ausschließlichen Zuständigkeit der Union und nicht in Ausübung einer innerstaatlichen Zuständigkeit [handeln]“(11). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 5 Abs. 4 EUV gelte auch für die ausschließlichen Zuständigkeiten der Union und müsse daher von der EZB gewahrt werden, wenn sie als europäische Aufsichtsbehörde handele, insbesondere auch dann, wenn sie ein Institut als bedeutend oder weniger bedeutend einstufe.

43.      Aus einer Gesamtbetrachtung der Art. 4 und 6 der Grundverordnung ergebe sich, dass die EZB die ausschließliche Zuständigkeit für die Aufsicht über bedeutende Institute habe, während die nationalen Behörden ihre auch bisher schon bestehenden Zuständigkeiten für weniger bedeutende Institute behielten. Das gegenteilige Ergebnis, zu dem das Gericht gelangt sei, finde in den Erwägungsgründen 15, 28(12) und 37 bis 40(13) der Grundverordnung keine Stütze.

44.      Da ferner die Rechtsgrundlage der Grundverordnung Art. 127 Abs. 6 AEUV sei, könne der Rat entgegen den Feststellungen des Gerichts in den Rn. 63 und 72 des angefochtenen Urteils den nationalen zuständigen Behörden keine Befugnisse übertragen. Weiterhin sei nach Art. 5 Abs. 4 EUV eine direkte Aufsicht durch die EZB nicht erforderlich, soweit die nationalen zuständigen Behörden in der Lage seien, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen. „Besondere Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung lägen vor, wenn aufgrund der spezifischen und tatsächlichen Umstände der Rechtssache eine direkte Aufsicht durch die nationalen zuständigen Behörden mindestens ebenso geeignet sei, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, wie eine direkte Aufsicht durch die EZB. In diesem Fall sei eine Herabstufung eines bedeutenden Instituts zu einem weniger bedeutenden Institut erforderlich.

45.      Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Ich teile diese Ansicht.

46.      Zunächst erscheint wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Rechtsmittelführerin nicht geltend macht, dass eine Bestimmung der Grundverordnung oder der SSM-Rahmenverordnung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach Art. 5 Abs. 4 EUV verstoße(14).

47.      Vielmehr ist die Rechtsmittelführerin ausgehend davon, dass der EZB nach den Art. 4 und 6 der Grundverordnung ausschließliche Aufsichtsbefugnisse lediglich für bedeutende Institute eingeräumt würden, während die nationalen Behörden für weniger bedeutende Institute grundsätzlich zuständig blieben, der Ansicht, dass die EZB bei der Prüfung, ob sie ein Institut aufgrund des Vorliegens „besonderer Umstände“ als weniger bedeutend herabstufe, an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden sei. Die EZB müsse somit auf Einzelfallbasis prüfen, ob die Aufsicht über ein bestimmtes Institut ebenso gut von den nationalen zuständigen Behörden wahrgenommen werden könne; wenn dies der Fall sei, müsse das Institut als weniger bedeutend eingestuft werden.

48.      Es ist demnach vor der Prüfung der Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes durch das Gericht zu prüfen, ob das Gericht die Zuständigkeitsverteilung zwischen der EZB und den zuständigen nationalen Behörden nach den Art. 4 und 6 der Grundverordnung für weniger bedeutende Institute rechtsfehlerhaft beurteilt hat.

1)      Zuständigkeitsverteilung

49.      Das Gericht stellte in Rn. 63 des angefochtenen Urteils fest, dass „der EZB vom Rat eine ausschließliche Zuständigkeit in Bezug auf die in Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung genannten Aufgaben übertragen wurde und dass Art. 6 dieser Verordnung nur den Zweck hat, zu gestatten, dass die nationalen Behörden im Rahmen des [Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM)(15)] unter Aufsicht der EZB diese Zuständigkeit bei den weniger bedeutenden Unternehmen hinsichtlich der in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und d bis i der Grundverordnung genannten Aufgaben ausüben, wobei der EZB die ausschließliche Befugnis eingeräumt wird, den Inhalt des Begriffs ‚besondere Umstände‘ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 dieser Verordnung zu bestimmen; diese Befugnis wurde durch den Erlass der Art. 70 und 71 der SSM-Rahmenverordnung umgesetzt“.

50.      Der Würdigung des Gerichts ist meines Erachtens völlig zuzustimmen. Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung stattet die EZB mit der ausschließlichen Zuständigkeit für die Wahrnehmung der neun dort genannten Aufgaben für „sämtliche“ in den teilnehmenden Mitgliedstaaten niedergelassenen Kreditinstitute(16) im Rahmen des Art. 6 dieser Verordnung aus. Hingewiesen sei insoweit darauf, dass in Art. 4 der Grundverordnung keine Unterscheidung zwischen bedeutenden und weniger bedeutenden Instituten vorgenommen wird. Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung sieht jedoch für weniger bedeutende Institute bestimmte Zuständigkeiten der EZB(17) in Bezug auf die Aufgaben in Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, d bis g und i vor, während die nationalen zuständigen Behörden in Bezug auf diese Aufgaben andere Zuständigkeiten haben. Die EZB hat die ausschließliche Zuständigkeit für die in Art. 4 Abs. 1 Buchst. a und c der Grundverordnung aufgeführten Aufgaben für weniger bedeutende Institute.

51.      Nach Art. 6 Abs. 5 Buchst. a der Grundverordnung erlässt die EZB gegenüber den nationalen zuständigen Behörden Verordnungen, Leitlinien oder allgemeine Weisungen für die Wahrnehmung der Aufgaben nach Art. 4(18). Die EZB kann zur Sicherstellung hoher Aufsichtsstandards beschließen, sämtliche einschlägigen Befugnisse in Bezug auf ein oder mehrere weniger bedeutende Institute auszuüben(19). Die EZB ist ferner befugt, die Aufsicht über das Funktionieren des Systems auszuüben(20), sie kann jederzeit von den Untersuchungsbefugnissen in den Art. 10 bis 13 der Grundverordnung Gebrauch machen(21), und sie kann von den nationalen zuständigen Behörden Informationen über die Ausübung ihrer Aufgaben anfordern(22).

52.      Dagegen müssen für weniger bedeutende Institute die nationalen zuständigen Behörden die Aufgaben in Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung mit Ausnahme derjenigen in Art. 4 Buchst. a und c innerhalb des von der EZB nach Art. 6 Abs. 7 der Grundverordnung „in Abstimmung mit den nationalen zuständigen Behörden …“ angenommenen Rahmenwerks(23) wahrnehmen, sind für diese verantwortlich und nehmen insoweit alle einschlägigen Aufsichtsbeschlüsse an. Auf der Grundlage dieses Rahmenwerks hat die EZB die SSM‑Rahmenverordnung, einschließlich der Art. 70 und 71 dieser Verordnung mit den Regelungen für den Nachweis des Vorliegens „besonderer Umstände“ erlassen(24).

53.      Allein angesichts der Bandbreite der der EZB übertragenen Zuständigkeiten für weniger bedeutende Institute und der eindeutig zweitrangigen oder untergeordneten Rolle, die die nationalen zuständigen Behörden insoweit nach der Grundverordnung spielen, kann ich mich der Ansicht der Rechtsmittelführerin nicht anschließen, dass diese Behörden ihre auch bisher schon bestehenden Zuständigkeiten für diese Institute behielten. Somit übt die EZB die ausschließliche Aufsicht über weniger bedeutende Institute für die neun Aufgaben nach Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung aus und wird dabei in Bezug auf die Aufgaben nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, d bis g und i der Grundverordnung unterstützt(25).

54.      Was ferner die Ansicht der Rechtsmittelführerin zur Rechtsgrundlage der Grundverordnung angeht, kann ich mich ihrem Verständnis des angefochtenen Urteils nicht anschließen, da das Gericht in den Rn. 63 und 72 dieses Urteils nicht festgestellt hat, dass den nationalen zuständigen Behörden Befugnisse übertragen worden seien. Diese Absätze beziehen sich konkret auf die ausschließliche Zuständigkeit der EZB/Union. Da jedenfalls die Grundverordnung der EZB und nicht den Mitgliedstaaten die ausschließliche Aufsicht über weniger bedeutende Institute in Bezug auf die neun Aufgaben nach Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung zuweist, kann das oben in Nr. 44 zusammengefasste Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Rechtsgrundlage der Grundverordnung nicht durchdringen und ist zurückzuweisen.

2)      Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit

55.      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin oben in Nr. 42 hat das Gericht nicht festgestellt, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit für die Auslegung von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung irrelevant sei. Das Gericht hat diese Frage vielmehr in den Rn. 66 bis 85 des angefochtenen Urteils eingehend geprüft und in den Rn. 66 bis 68 des Urteils auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu diesem Grundsatz verwiesen.

56.      Aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 4 EUV ergibt sich eindeutig, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowohl inhaltlich als auch formal für alle Maßnahmen der Union gilt, einschließlich, wie von der Rechtsmittelführerin vorgetragen, für Maßnahmen der Union, bei denen sie im Rahmen ihrer ausschließlichen Zuständigkeit handelt.

57.      Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit lässt meines Erachtens die Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und der Union unberührt, für die der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV gilt. Nach Art. 5 Abs. 1 EUV „[gilt] [f]ür die Abgrenzung der Zuständigkeiten der Union … der Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung“. Nach Art. 5 Abs. 2 EUV „[wird die Union] [n]ach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung … nur innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die die Mitgliedstaaten ihr in den Verträgen zur Verwirklichung der darin niedergelegten Ziele übertragen haben. Alle der Union nicht in den Verträgen übertragenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten“. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit kann dementsprechend nicht geltend gemacht werden, um eine Zuständigkeit der Union auf die Mitgliedstaaten zu verlagern oder umgekehrt. Für „die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten [jedoch] die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit“(26).

58.      Im Rahmen der Auslegung der Begriffe „besondere Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung und „unangemessen“ im Sinne von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung im Licht des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit darf die EZB ein ansonsten bedeutendes Institut nicht als unbedeutend einstufen, sofern nicht dieses Handeln u. a. zur Erreichung der mit der Grundverordnung verfolgten Ziele geeignet ist und nicht über die Grenzen dessen hinausgeht,was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

59.      Es reicht daher nicht aus, nachzuweisen, dass die Ziele der Grundverordnung von den nationalen zuständigen Behörden erreicht werden können(27), wie von der Rechtsmittelführerin vorgetragen, da dies im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung lediglich die Voraussetzung der Geeignetheit des Handelns erfüllt. Es muss vielmehr darüber hinaus nachgewiesen werden, dass eine Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser geeignet ist, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen(28) – und somit sichergestellt ist, dass die Einstufung eines ansonsten bedeutenden Instituts als unbedeutend nicht über die Grenzen dessen hinausgeht, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

60.      Jeder Versuch, ein ansonsten bedeutendes Institut nach Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung deshalb als unbedeutend einzustufen, weil die Ziele dieser Verordnung ebenso gut durch eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden erreicht werden könnten, widerspricht nicht nur der in dieser Bestimmung festgelegten Zuständigkeitsverteilung zwischen den Mitgliedstaaten und der EZB, sondern auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

61.      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Verhältnismäßigkeit im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens ist im Wesentlichen als mittelbare Anfechtung der Gültigkeit von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung anzusehen. Wie bereits erwähnt, ist die gesetzliche Systematik insoweit eindeutig, als Kreditinstitute, die eine der dort aufgeführten Voraussetzungen erfüllen, vermutungsweise als bedeutend gelten, sofern nicht besondere Umstände eindeutig nachgewiesen werden. Dies wird durch die Bestimmungen von Art. 70 Abs. 2 der SSM-Rahmenverordnung unterstrichen, wonach der Begriff „besondere Umstände“ eng auszulegen ist.

62.      Zwar kann zugestandenermaßen die potenzielle Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im gegebenen Fall nicht ausgeschlossen werden, der Grundsatz kann jedoch auch nicht in einer Weise angewendet werden, die die praktische Wirksamkeit der vom Unionsgesetzgeber eingeführten gesetzlichen Systematik letztlich aushebeln würde. Dies jedoch versucht die Rechtsmittelführerin im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens letztlich zu erreichen.

63.      Insoweit führt meines Erachtens nichts an der Erkenntnis vorbei, dass die Rechtsmittelführerin eigenartigerweise nichts zum Vorliegen besonderer Umstände im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung vorgetragen hat. Das Vorbringen zur Verhältnismäßigkeit scheint mir stattdessen dahin zu verstehen zu sein, dass weil es möglich – oder gar wünschenswert – wäre, dass die Rechtsmittelführerin einer direkten Regulierung durch die nationalen Aufsichtsbehörden unterstellt würde, der EZB der Nachweis obläge, dass aus irgendwelchen Gründen das Gegenteil erforderlich sei. Dieses Vorbringen dürfte jedoch mit dem eindeutigen Kontext der gesetzlichen Systematik unvereinbar sein und, wie soeben ausgeführt, im Wesentlichen auf eine mittelbare Anfechtung der Gültigkeit hinauslaufen.

64.      Aus all diesen Gründen ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zur Verhältnismäßigkeit meines Erachtens unbegründet.

c)      Verstoß gegen den Auslegungsgrundsatz „ut res magis valeat quam pereat“ und das Verbot des Erfordernisses einer „probatio diabolica“

65.      Drittens hat das Gericht nach Ansicht der Rechtsmittelführerin gegen den Auslegungsgrundsatz ut res magis valeat quam pereat und das Verbot des Erfordernisses einer probatio diabolica verstoßen. Dieses Vorbringen läuft im Wesentlichen darauf hinaus, dass die Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Ausnahme nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 nicht überspannt werden dürften.

66.      Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin kann der Begriff „besondere Umstände“ in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung nicht dahin ausgelegt werden, dass die Vermutung, dass Institute, die die dort genannten Kriterien erfüllen, als bedeutende Institute einzustufen seien, unwiderlegbar sei. Auch wenn die Kriterien für das Vorliegen „besonderer Umstände“ nach Art. 70 Abs. 2 der SSM-Rahmenverordnung „eng auszulegen“ seien, müsse für die Anwendung dieser Kriterien noch Raum bestehen. Dies habe das Gericht in den Rn. 46 und 80 des angefochtenen Urteils verkannt und es der Rechtsmittelführerin damit unmöglich gemacht, das Vorliegen dieser besonderen Umstände nachzuweisen.

67.      Das Gericht habe in Rn. 80 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerhaft festgestellt, dass „eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen Behörden besser geeignet [sein müsse], die Ziele und Grundsätze der Grundverordnung … zu erreichen“, und dass dies von den bedeutenden Instituten nachgewiesen werden müsse. Weder die Grundverordnung noch die SSM-Rahmenverordnung sähen eine solche Rangfolge zwischen einer Beaufsichtigung vor, die „besser geeignet“ sei, Ziele der Grundverordnung zu erreichen, und einer solchen, die hierzu „weniger geeignet“ sei. Soweit das Gericht auf das Kriterium abstelle, dass eine Beaufsichtigung durch die nationalen Behörden „besser“ sei, sei dies unangemessen und nehme bedeutenden Instituten jede realistische Möglichkeit, den vom Gericht als erforderlich erachteten Nachweis tatsächlich zu führen, da diese Institute tatsächliche Umstände zur Art und Weise der Tätigkeit der verschiedenen Aufsichtsbehörden nachweisen müssten und diese tatsächlichen Umstände nicht in ihren Kompetenzbereich fielen. Die Regelung über „besondere Umstände“ nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 70 der SSM-Rahmenverordnung solle Widersprüche vermeiden, die sich im Einzelfall bei schlichter Anwendung des Größenkriteriums ergäben, das zu einer übermäßigen Zuständigkeitsübertragung auf die EZB führen würde.

68.      In ihrer Klagebeantwortung sind die EZB und die Kommission der Ansicht, dass es möglich sei, „besondere Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung nachzuweisen. Sie verweisen auf zahlreiche Beispiele für entsprechende Entscheidungen der EZB.

69.      In ihrer Erwiderung ist die Rechtsmittelführerin der Ansicht, dass die vom Gericht im angefochtenen Urteil herangezogenen Kriterien in den von der EZB und der Kommission angeführten Entscheidungen der EZB keine Anwendung fänden. Diese Entscheidungen der EZB belegten vielmehr im Gegenteil, dass Entscheidungen von der EZB in willkürlicher und opportunistischer Weise getroffen würden.

70.      Meines Erachtens ist dieses Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen. Vorab sei darauf hingewiesen, dass der Gerichtshof in seiner Eigenschaft als Rechtsmittelinstanz nicht zu beurteilen vermag, ob die von der EZB und der Kommission angeführten Beispiele für Entscheidungen der EZB ihre Ansicht stützen, dass die Anwendung der Auslegung von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung durch das Gericht keine probatio diabolica erforderlich machten. Dies ist eine Tatsachenfrage, die nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rechtsmittelverfahren fällt.

71.      Wie bereits erwähnt, geht aus Art. 70 Abs. 2 der SSM-Rahmenverordnung eindeutig hervor, dass der Begriff „besondere Umstände“ in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung eng auszulegen ist. Die Einstufung eines bedeutenden Instituts als weniger bedeutendes Institut aufgrund des Vorliegens besonderer Umstände nach Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung muss dementsprechend ihrem Wesen nach als Ausnahme angesehen werden.

72.      Es ist vielleicht entbehrlich, den Versuch einer abschließenden Definition zu unternehmen, worin im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens „besondere Umstände“ zu sehen sein könnten. Angesichts des Regelungszwecks der beiden Verordnungen jedoch – der schließlich die kohärente Anwendung hoher Aufsichtsstandards durch die Anwendung derselben materiellen Regelungen für die Beaufsichtigung dieses Instituts gewährleisten soll, unabhängig davon, ob dies auf der nationalen Ebene oder auf der Ebene der EZB geschieht – soll die in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung vorgesehene Ausnahme grundsätzlich offenbar diesen besonderen und ungewöhnlichen Umständen Rechnung tragen, unter denen eine Einstufung des Instituts als bedeutend praktisch ein Hindernis für die kohärente Anwendung dieser hohen Aufsichtsstandards darstellen würde.

73.      Die Rechtsmittelführerin wendet hiergegen ein, dass es praktisch unmöglich sei, nachzuweisen, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser geeignet sei, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, da dies Kenntnisse der Art und Weise der Tätigkeit der verschiedenen Aufsichtsbehörden voraussetzen würde.

74.      Dieses Argument überzeugt meines Erachtens überhaupt nicht. Es mag richtig sein, dass die von der Rechtsmittelführerin vertretenen Kriterien leichter zu erfüllen sind als diejenigen, die das Gericht im angefochtenen Urteil zugrunde legt. Gleichwohl erfordern beide Kriterien eingehende Kenntnisse der Art und Weise der Tätigkeit der EZB und einer bestimmten nationalen zuständigen Behörde. Da die Art und Weise der Tätigkeit der EZB und der nationalen zuständigen Behörden öffentlich bekannt sind, ist meines Erachtens nicht ersichtlich, warum es unmöglich sein sollte, im Einzelfall nachzuweisen, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser geeignet ist, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen. Außerdem handelt es sich bei der Rechtsmittelführerin um ein Institut, das mit enormen Ressourcen ausgestattet ist, und das, so ist anzunehmen, über umfangreiche Kenntnisse der Praxis und der Regulierung des Bankenwesens verfügt. Wenn es in der Tat „besondere Umstände“ gäbe, die die Nichtanwendung von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung rechtfertigen könnten, so dass die direkte Beaufsichtigung von der EZB auf die nationalen zuständigen Behörden zurückfiele, sollte man erwarten, dass die Rechtsmittelführerin nicht zögern würde, diese besonderen Erwägungen herauszustellen. Stattdessen ist sie genau in dieser Frage merkwürdig schweigsam und zieht es vor, vor dem Hintergrund des Sachverhalts des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens als eher theoretisch zu betrachtende Argumente zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und seinem Zusammenspiel mit den Bestimmungen von Art. 6 Abs. 4 der Grundverordnung vorzutragen.

2.      Offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Würdigung des Sachverhalts

75.      Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht in den Rn. 101 bis 112 des angefochtenen Urteils die von der Rechtsmittelführerin angeführten besonderen Umstände nicht geprüft und nicht beurteilt habe, ob im Fall der Rechtsmittelführerin „besondere Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung vorgelegen hätten. Das Gericht habe diese Beurteilung nicht vorgenommen und in Rn. 108 des angefochtenen Urteils lediglich festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin nicht vorgetragen habe, dass eine nationale Beaufsichtigung besser geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, als eine direkte Beaufsichtigung durch die EZB.

76.      Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Ich teile diese Ansicht.

77.      Hinzuweisen ist, wie bereits erwähnt, darauf, dass die Rechtsmittelführerin nicht in Abrede stellt, dass die von ihr im Rahmen ihrer Klage im ersten Rechtszug vorgetragenen tatsächlichen Umstände, auf die sie ihr Vorbringen stützte, dass sie in ein weniger bedeutendes Institut herabzustufen sei, lediglich auf den Nachweis abzielten, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die EZB nicht erforderlich sei(29).

78.      Meines Erachtens hätte das Gericht dann, wenn es die von der Rechtsmittelführerin vorgetragenen tatsächlichen Umstände von Amts wegen im Hinblick darauf geprüft hätte, ob eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, gegen das Verbot verstoßen, ultra petita zu entscheiden(30). Diese Frage, die von der Rechtsmittelführerin im Rahmen ihrer Klage im ersten Rechtszug nicht vorgetragen wurde, würde nicht unter die Ausnahme für Gesichtspunkte des zwingenden Rechts fallen, die das Gericht von Amts wegen prüfen darf.

79.      Die Rechtsmittelführerin stellt ferner die Beurteilung des Gerichts in den Rn. 109 bis 111 des angefochtenen Urteils in Frage, mit der das Gericht ihr Vorbringen, dass die nationalen zuständigen Behörden wegen der verschiedenen rechtlichen Rahmen und Kontrollbehörden besser in der Lage seien, untereinander zusammenzuarbeiten, um eine kohärente Anwendung hoher Aufsichtsstandards sicherzustellen, als mit der EZB, mit der Begründung zurückwies, dass die Rechtsmittelführerin nicht dargelegt habe, dass eine Zusammenarbeit zwischen den betreffenden deutschen Behörden einfacher sei als mit der EZB.

80.      Aus Rn. 109 des angefochtenen Urteils ergibt sich, dass die Rechtsmittelführerin erst in ihrer Erwiderung im ersten Rechtszug in gewissem Maß dargelegt hat, dass die nationale zuständige Behörde besser in der Lage wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen. Unabhängig davon, ob das Gericht dieses Vorbringen im Hinblick darauf hätte prüfen müssen, dass es, wie die EZB und die Kommission meinen, einen neuen Klagegrund darstellte und somit unzulässig war, hat die Rechtsmittelführerin meines Erachtens tatsächlich nicht vorgetragen, dass die Beurteilung des Gerichts in Rn. 111 des angefochtenen Urteils unzutreffend sei. Die Rechtsmittelführerin trägt im vorliegenden Rechtsmittelverfahren lediglich vor, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass sie dies habe nachweisen müssen, und damit jedenfalls etwas Unmögliches von ihr verlangt würde.

81.      Da die Rechtsmittelführerin dies selbst vorgetragen hat, ist es ihre Sache, diesen Vortrag darzulegen und zu belegen. Außerdem halte ich vor dem Hintergrund meiner Stellungnahme im vorstehenden Abschnitt(31) das Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht für überzeugend, dass ihr Darlegungen zum jeweiligen nationalen rechtlichen Rahmen sowie zur Tätigkeit der nationalen Behörden und der EZB unmöglich seien, denn dies sind sämtlich öffentlich zugängliche Angelegenheiten. Wenn tatsächlich die Beaufsichtigung der Rechtsmittelführerin auf der Ebene der EZB wahrscheinlich die Anwendung von Bankenregulierungsstandards auf angemessen hohem Niveau beeinträchtigt, bedarf es wiederum nicht mehr als des Hinweises, dass die Rechtsmittelführerin zweifellos über die notwendige Sachkunde und die notwendigen Ressourcen verfügt, um ihren Standpunkt darlegen zu können. Es führt meines Erachtens wiederum nichts an der Erkenntnis vorbei, dass sie dies nicht getan hat, sondern es insoweit vorgezogen hat, im Wesentlichen abstrakte Argumente zur Verhältnismäßigkeit anzuführen.

3.      Verkennung einer Ermessensnichtausübung und eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Untersuchung des Einzelfalls durch die EZB

82.      Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht rechtsfehlerhaft darauf erkannt habe, dass die EZB nicht gegen ihre Verpflichtung zur Ausübung ihres Ermessens verstoßen habe, da „das Vorbringen der [Rechtsmittelführerin] im Verwaltungsverfahren ausschließlich darauf abzielte, nachzuweisen, dass die Ziele der Grundverordnung durch eine direkte Beaufsichtigung der [Rechtsmittelführerin] durch die nationalen Behörden erreicht werden konnten“. Das Gericht sei in den Rn. 140 ff. des angefochtenen Urteils zu Unrecht zu dem Schluss gekommen, dass der EZB „nicht vorgeworfen werden [kann], dadurch ihr Ermessen nicht ausgeübt zu haben, dass sie ein irrelevantes Vorbringen sogleich zurückgewiesen hat“.

83.      Ebenso unzutreffend sei die Feststellung des Gerichts in Rn. 149 des angefochtenen Urteils, dass „die Umstände, deren Nichtbeachtung der EZB vorgeworfen wird, in Anbetracht des Wortlauts von Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung irrelevant waren“, so dass „nicht mit Erfolg gerügt werden kann, sie habe diese Umstände bei der Anwendung dieser Bestimmung nicht berücksichtigt“.

84.      Die vorgetragenen tatsächlichen Umstände seien für die Prüfung durch die EZB und für die Ausübung ihres Ermessens nicht irrelevant gewesen, da die Rechtsmittelführerin auf diese den ihres Erachtens nach Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung maßgebenden richtigen rechtlichen Prüfungsmaßstab gestützt habe. Jedenfalls könnten weder die EZB noch das Gericht das Vorbringen eines Beteiligten lediglich deshalb als „irrelevant“ zurückweisen, weil dieses Vorbringen sich ihres Erachtens auf den falschen rechtlichen Maßstab gründe. Die EZB müsse im Gegenteil alle relevanten tatsächlichen Umstände berücksichtigen und ihr Ermessen vollständig ausüben. Gegen dieses Erfordernis habe die EZB im streitigen Beschluss verstoßen.

85.      Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Ich teile diese Ansicht.

86.      Da der richtige rechtliche Prüfungsmaßstab für die „besonderen Umstände“ im Sinne von Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung und die „Unangemessenheit“ im Sinne von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung darin zu sehen ist, ob die Ziele der Grundverordnung durch eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser gewährleistet werden könnten, hat das Gericht meines Erachtens in den Rn. 140 und 149 des angefochtenen Urteils zu Recht festgestellt, dass Vorbringen oder Nachweise, die darauf abzielten, einen anderen rechtlichen Prüfungsmaßstab zu erfüllen, nämlich, dass eine Beaufsichtigung durch die betreffenden deutschen Behörden ausreichend wäre, um diese Ziele zu erreichen, irrelevant seien. Das Gericht hat somit zu Recht festgestellt, dass die EZB ihr Ermessen nicht dadurch missbraucht habe, dass sie ihr Ermessen im Hinblick auf die Anwendung von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung nicht ausgeübt habe, und dass sie nicht versäumt habe, alle relevanten Umstände zu berücksichtigen.

87.      Ergänzt sei, dass das Gericht oder auch die EZB dann, wenn sie auf der Grundlage von Nachweisen lediglich dafür gehandelt hätten, dass eine Beaufsichtigung durch die deutschen zuständigen Behörden zur Erreichung der Ziele der Grundverordnung ausreichend wäre, die darüber hinaus jedoch nicht belegt hätten, dass die Erreichung der Ziele dieser Verordnung durch eine direkte Beaufsichtigung durch die nationalen zuständigen Behörden besser gewährleistet werden könnte, rechtsfehlerhaft entschieden hätten.

B.      Zweiter Rechtsmittelgrund: Verfälschung des streitigen Beschlusses und fehlerhafte Beurteilung der Begründungsanforderungen

88.      Der zweite Rechtsmittelgrund besteht aus zwei Teilen.

1.      Verfälschung der Begründung des streitigen Beschlusses durch das Gericht

89.      Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin hat das Gericht in den Rn. 31 und 34 des angefochtenen Urteils die Begründung des streitigen Beschlusses verfälscht und somit rechtsfehlerhaft entschieden(32).

90.      Erstens habe das Gericht in Rn. 31 des angefochtenen Urteils die Satzfolge innerhalb des streitigen Beschlusses umgestellt und zweitens diesen Beschluss mit der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014(33) verknüpft, obwohl dem streitigen Beschluss selbst eine solche Verknüpfung nicht zu entnehmen sei. Die Rechtsmittelführerin betont, dass der streitige Beschluss lediglich die Aussage enthalte, dass die Einstufung des beaufsichtigten Unternehmens als bedeutend nicht im Widerspruch zu den Zielen der Grundverordnung stehe. Der streitige Beschluss enthalte keine Aussage dahin, dass deshalb die Aufsicht über die Rechtsmittelführerin nicht „unangemessen“ im Sinne von Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung sei. Das Gericht habe festgestellt, dass der administrative Überprüfungsausschuss hervorgehoben habe, dass die Rechtsmittelführerin solche Umstände nachzuweisen habe, die darauf hindeuteten, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die nationale zuständige Behörde besser geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung sicherzustellen. Diese angebliche Verknüpfung zwischen dem Prüfungsmaßstab, der in der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014 zugrunde gelegt werde, und dem streitigen Beschluss existiere nicht. Der streitige Beschluss beziehe sich inhaltlich weder auf die hieraus zitierte noch auf eine andere Stelle dieser Stellungnahme. Umgekehrt spreche die Stellungnahme nicht von dem Kriterium eines „Widerspruchs“ zu den Zielen der Grundverordnung, das der streitige Beschluss nenne.

91.      Das Gericht habe unter Verweis auf seine falsche Wiedergabe des streitigen Beschlusses in Rn. 31 des angefochtenen Urteils dann in Rn. 34 dieses Urteils den Inhalt des streitigen Beschlusses, insbesondere die Auffassung der EZB zum anzulegenden Prüfungsmaßstab, ermittelt. Demnach solle nach Auffassung des Gerichts aus dem streitigen Beschluss in seiner Auslegung im Licht der Stellungnahme hervorgehen, dass eine Anwendung von Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung nach Ansicht der EZB nur dann zu einer Einstufung eines Instituts als weniger bedeutend führen könne, wenn eine direkte Beaufsichtigung durch die deutschen zuständigen Behörden besser geeignet sei, die Ziele der Grundverordnung sicherzustellen, als eine Beaufsichtigung durch die EZB(34). Dieser Maßstab werde im streitigen Beschluss nicht ein einziges Mal erwähnt.

92.      Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Ich teile diese Ansicht.

93.      Neben der Verpflichtung der EZB nach Art. 22 Abs. 2 Unterabs. 2 der Grundverordnung und Art. 33 Abs. 1 und 2 der SSM-Rahmenverordnung zur Begründung ihrer Entscheidung sind nach Art. 296 AEUV Rechtsakte(35) eindeutig mit einer Begründung zu versehen.

94.      Nach ständiger Rechtsprechung dient die Pflicht zur Begründung eines beschwerenden Rechtsakts, die aus dem Grundsatz der Beachtung der Verteidigungsrechte folgt, dem Zweck, zum einen den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob der Rechtsakt sachlich richtig oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der seine Anfechtung vor dem Unionsrichter zulässt, und zum anderen dem Unionsrichter die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts zu ermöglichen. Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Betroffene ihr die Gründe für die erlassenen Maßnahmen entnehmen und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung muss allerdings der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein. Das Begründungserfordernis ist nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob eine Begründung ausreichend ist, nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere ist ein beschwerender Rechtsakt hinreichend begründet, wenn er in einem Zusammenhang ergangen ist, der dem Betroffenen bekannt war und ihm gestattet, die Tragweite der ihm gegenüber getroffenen Maßnahme zu verstehen(36).

95.      Vorausgeschickt sei, dass allein der Vortrag der Rechtsmittelführerin, dass die Satzfolge innerhalb des streitigen Beschlusses vom Gericht umgestellt worden sei, für sich genommen noch kein Beleg dafür ist, dass die Bedeutung dieses Beschlusses verfälscht worden wäre.

96.      Ferner ist das Gericht meines Erachtens rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der streitige Beschluss mit der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014(37) verknüpft sei und diese somit als Bestandteil des Kontexts betrachtet, zu dem dieser Beschluss gehört(38).

97.      Die Rechtsmittelführerin selbst gibt nicht nur an, dass die Stellungnahme dem streitigen Beschluss „beigefügt“ gewesen sei und dieser darauf als Bestandteil des Entstehungskontexts dieses Beschlusses Bezug genommen habe, sie führt auch an, dass die EZB nach Art. 24 Abs. 9 der Grundverordnung(39) und Art. 18 des Beschlusses der Europäischen Zentralbank vom 14. April 2014 zur Einrichtung eines administrativen Überprüfungsausschusses und zur Festlegung der Vorschriften für seine Arbeitsweise(40) verpflichtet sei, die Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses jedem neuen Beschluss beizufügen(41).

98.      Meines Erachtens ergibt sich aus Art. 24 Abs. 7(42) und 9 der Grundverordnung eindeutig, dass die Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses, der neue Beschlussentwurf des Aufsichtsgremiums und der Beschluss des EZB-Rates nach diesem Artikel miteinander untrennbar verknüpft sind. Dies gilt unabhängig davon, dass die Stellungnahme weder für das Aufsichtsgremium noch für den EZB-Rat bindend ist(43).

99.      Angesichts der Verpflichtung des Aufsichtsgremiums nach Art. 24 Abs. 7 der Grundverordnung, dem EZB-Rat unverzüglich einen neuen Beschlussentwurf zu unterbreiten, der der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses Rechnung trägt, und des Umstands, dass der streitige Beschluss zum selben Ergebnis kommt wie die Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014, ist das Gericht zu Recht zu dem Schluss gekommen, dass die Stellungnahme bei der Beurteilung der Frage berücksichtigt werden kann, ob der streitige Beschluss ausreichend begründet ist(44).

100. Der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

2.      Vom Gericht verkannte unzureichende Begründung des streitigen Beschlusses

101. Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass das Gericht die Begründung des streitigen Beschlusses verfälscht und diese durch seine eigene Begründung ersetzt und infolgedessen verkannt habe, dass die EZB der Begründungspflicht nicht gerecht geworden sei. Die Begründung des streitigen Beschlusses sei nicht folgerichtig und in sich widersprüchlich.

102. Da dieser Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes darauf aufbaut, dass der streitige Beschluss und die Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014 nicht miteinander verknüpft seien und Letztere nicht Bestandteil des Kontexts sei, in dem der streitige Beschluss erlassen worden sei, ist er meines Erachtens ebenso als ins Leere gehend zurückzuweisen.

103. Aus Gründen der Vollständigkeit gehe ich gleichwohl auf einige von der Rechtsmittelführerin angeführte Argumente ein.

104. Die Rechtsmittelführerin ist der Ansicht, dass das Gericht rechtsfehlerhaft verkannt habe, dass sich dem streitigen Beschluss die ihn tragenden Rechtsgründe nicht entnehmen ließen, weil die EZB im streitigen Beschluss lediglich verschiedene rechtliche Maßstäbe unverbunden nebeneinander stelle. So werde aus diesem nicht klar, welche Tatsachen die EZB berücksichtigt haben wolle, um zu entscheiden, ob eine Einstufung als bedeutendes Institut unangemessen sei.

105. Das Gericht habe in Rn. 133 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass „[z]um einen“ kein Widerspruch „zwischen der Erwähnung der Tatsache in der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses [besteht], dass das Vorliegen ‚besonderer Umstände‘ voraussetze, dass die Ziele der Grundverordnung und insbesondere die Notwendigkeit, die kohärente Anwendung hoher Aufsichtsstandards sicherzustellen, besser durch eine direkte Aufsicht der nationalen Behörden sichergestellt würden, und dem Verweis im streitigen Beschluss auf die Tatsache, dass die direkte Beaufsichtigung der [Rechtsmittelführerin] durch die EZB den Zielen der Grundverordnung zuwiderlaufen müsse, damit Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung Anwendung finde“.

106. Meines Erachtens besteht ebenso wenig ein Widerspruch zwischen diesen beiden Aussagen und dem Umstand, dass angesichts der Verknüpfung der beiden Dokumente das erste dieser Dokumente lediglich der Klarstellung des zweiten im Licht des einschlägigen rechtlichen Rahmens dient. Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung setzt das Vorliegen „besonderer Umstände“ voraus, um ein ansonsten bedeutendes Institut in weniger bedeutend herabzustufen und damit sicherzustellen, dass die direkte Aufsicht durch die nationalen zuständigen Behörden und nicht durch die EZB wahrgenommen wird. Nach Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung liegen „besondere Umstände“ vor, wenn u. a. die Einstufung eines beaufsichtigten Unternehmens als bedeutend unter Berücksichtigung der Ziele und Grundsätze der Grundverordnung unangemessen ist. Der Schwerpunkt wird sowohl in der Stellungnahme als auch im streitigen Beschluss auf die Ziele der Grundverordnung gelegt und steht somit mit dem einschlägigen rechtlichen Rahmen voll im Einklang und nicht im Wiederspruch. Die Rechtsmittelführerin wendet sich in Wahrheit gegen das im streitigen Beschluss und in der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses genannte Erfordernis(45), das das Gericht bestätigt hat(46), dass nachgewiesen werden muss, dass die kohärente Anwendung hoher Aufsichtsstandards durch die direkte Aufsicht der nationalen zuständigen Behörden besser sichergestellt werden kann. Dies ist eine Frage der materiellen Rechtmäßigkeit und nicht eine Frage der hinreichenden Begründung(47).

107. Ferner hat das Gericht nach Ansicht der Rechtsmittelführerin verkannt, dass die EZB in dem streitigen Beschluss ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren nicht geprüft habe. Das Gericht habe in Rn. 130 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die EZB nicht detailliert begründen müsse, warum sie das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückgewiesen habe, da es im Licht der von der EZB vertretenen Auslegung „offensichtlich irrelevant“ gewesen sei. Die Rechtsmittelführerin hat sowohl im Verfahren vor dem Gericht als auch weiterhin im Verfahren vor dem Gerichtshof vorgetragen, dass sie dem streitigen Beschluss oder der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses keine Gründe dafür entnehmen könne, warum ihr Vortrag „irrelevant“ sein solle.

108. Meines Erachtens hat das Gericht in Rn. 130 des angefochtenen Urteils rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin dem streitigen Beschluss und der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses unschwer entnehmen könne, warum ihr Vorbringen, mit dem sie meines Erachtens eindeutig einen völlig anderen Prüfungsmaßstab für die „besonderen Umstände“ vertritt, als er dem streitigen Beschluss und der Stellungnahme zugrunde liegt, „offensichtlich irrelevant“ gewesen sei.

109. Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als ins Leere gehend, jedenfalls aber als unbegründet zurückzuweisen.

C.      Dritter Rechtsmittelgrund: Verfahrensfehler des Gerichts durch Einführung nicht verfahrensgegenständlicher Aspekte

110. Nach Ansicht der Rechtsmittelführerin verletzt das angefochtene Urteil ihren Anspruch auf rechtliches Gehör und die Verpflichtung zur Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens, bei denen es sich um fundamentale Grundsätze des Unionsrechts handele. Das Gericht habe die Begründung des angefochtenen Urteils auf zwei maßgebende Punkte gestützt, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen seien, nämlich die Notwendigkeit, nachzuweisen, dass eine Beaufsichtigung durch die deutsche zuständige Behörde angemessener sei als eine Beaufsichtigung durch die EZB, und den Nachweis einer Zusammenarbeit zwischen dieser Behörde und dem Landesfinanzministerium.

111. Das Gericht sei in Rn. 46 des angefochtenen Urteils zu dem Schluss gekommen, dass mit „besonderen Umständen“ „zwangsläufig … nur der Fall erfasst wird, in dem die direkte Beaufsichtigung durch die EZB wegen der Einstufung eines Unternehmens als ‚bedeutend‘ weniger geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, als eine direkte Beaufsichtigung dieses Unternehmens durch die nationalen Behörden“. Das Gericht habe sein Urteil darauf gestützt, dass die Rechtsmittelführerin nicht vorgetragen habe, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die deutsche zuständige Behörde besser geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen, als eine solche direkte Beaufsichtigung durch die EZB(48). Da dieser Maßstab im Laufe des Verfahrens weder von der EZB noch vom Gericht erwähnt worden sei und in den einschlägigen Rechtsvorschriften nicht genannt werde, habe das Gericht den Anspruch der Rechtsmittelführerin auf rechtliches Gehör und das Erfordernis der Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens verletzt. Das Gericht habe somit ein „Überraschungsurteil“ erlassen.

112. Weiterhin habe das Gericht ihr materiell-rechtliches Vorbringen für irrelevant gehalten, da sie nicht vorgetragen habe, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die deutsche zuständige Behörde besser geeignet wäre, die Ziele der Grundverordnung zu erreichen.

113. Im Hinblick auf das Ziel der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards hat die Rechtsmittelführerin im Laufe des Verfahrens vorgetragen, dass dieses nicht nur verschiedenen unionsrechtlichen und nationalen Rechtsvorschriften, sondern auch verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden unterliege. Das Gericht habe dieses Vorbringen jedoch mit der Begründung zurückgewiesen, dass „[h]ierzu … die Feststellung [genügt], dass die [Rechtsmittelführerin] keine Vereinbarung oder Zusammenarbeit zwischen den baden-württembergischen und den deutschen Behörden anführt, die ihre Zusammenarbeit einfacher als mit der EZB machen würde“(49). Dass der Nachweis einer solchen Vereinbarung oder sonstigen Form einer „Zusammenarbeit“ zwischen der betreffenden deutschen Behörde, der Deutschen Bundesbank, und dem Land erforderlich sei, um nachzuweisen, dass eine direkte Beaufsichtigung durch die betreffende deutsche Behörde besser geeignet sei, das Ziel einer kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards zu erreichen, sei im Verfahren zuvor weder von der EZB noch vom Gericht erwähnt worden.

114. Nach Ansicht der EZB und der Kommission ist dieses Vorbringen zurückzuweisen. Ich teile diese Ansicht.

115. Die Rechtsmittelführerin hat in den Rn. 45 und 46 ihrer Klageschrift im Verfahren vor dem Gericht vorgebracht, dass der in der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014 zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab für „besondere Umstände“ unzutreffend sei, nämlich dass die „Ziele der [Grundverordnung] und insbesondere die Einhaltung hoher Aufsichtsstandards besser erfüllt würden, wenn das Unternehmen, das die Bedeutsamkeitskriterien erfüllt, als weniger bedeutend eingestuft werden würde und daher unter der direkten Aufsicht der maßgeblichen [nationalen zuständigen Behörde] bliebe“, da er sich weder aus der Grundverordnung noch aus der SSM‑Rahmenverordnung ergebe(50). Die EZB hat zu diesem Vorbringen im Verfahren vor dem Gericht in ihrer Klagebeantwortung, insbesondere in deren Rn. 26 und 50, umfassend Stellung genommen(51).

116. Allein aus der vorgenannten Klageschrift und Klagebeantwortung ergibt sich daher eindeutig, dass der vom Gericht bestätigte, für die „besonderen Umstände“ geltende Prüfungsmaßstab im Verfahren vor dem Gericht umfassend Gegenstand der Erörterung zwischen den Parteien war und somit sichergestellt wurde, dass der Anspruch der Rechtsmittelführerin auf rechtliches Gehör und das Erfordernis der Beachtung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens gewahrt wurden.

117. Dass das Gericht in der Rn. 88 des angefochtenen Urteils feststellte, dass die Rechtsmittelführerin lediglich in ihren Schreiben vom 10. Juli 2014(52) und 6. Oktober 2014(53) vorgebracht habe, dass für die Sicherstellung der kohärenten Anwendung hoher Aufsichtsstandards eine Beaufsichtigung durch die EZB nicht notwendig sei, ohne darauf abzustellen, dass eine nationale Aufsicht besser geeignet wäre, diese Ziele zu erreichen, ist kein Beleg dafür, dass der vom Gericht bestätigte Prüfungsmaßstab für die „besonderen Umstände“ im Verfahren vor dem Gericht nicht Gegenstand der Erörterung zwischen den Parteien gewesen wäre(54); hiergegen sprechen ferner eindeutig die in den Nrn. 115 und 116 der vorliegenden Schlussanträge angeführten Schriftsätze der Parteien im Verfahren vor dem Gericht.

118. Was das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu Rn. 111 des angefochtenen Urteils(55) angeht, kann diesem meines Erachtens nicht gefolgt werden. Das Gericht hat in Rn. 111 des angefochtenen Urteils lediglich das Vorbringen der Rechtsmittelführerin in ihrer Erwiderung im Verfahren vor dem Gericht als unsubstantiiert zurückgewiesen, wonach eine Beaufsichtigung durch die betreffenden deutschen zuständigen Behörden besser geeignet wäre, das Ziel hoher Aufsichtsstandards im Sinne von Art. 70 Abs. 1 der SSM‑Rahmenverordnung zu erreichen.

119. Der dritte Rechtsmittelgrund ist als unbegründet zurückzuweisen.

120. Da keiner der Rechtsmittelgründe, auf die die Rechtsmittelführerin ihr Rechtsmittel stützt, durchgreift, ist das Rechtsmittel meines Erachtens in vollem Umfang zurückzuweisen.

VI.    Kosten

121. Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach Art. 184 Abs. 1 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

122. Da die EZB und die Kommission Kostenanträge gestellt haben und die Rechtsmittelführerin mit ihrem Rechtsmittel unterlegen ist, ist die Rechtsmittelführerin zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten der EZB und der Kommission zu verurteilen.

VII. Ergebnis

123. Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        die Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank zur Tragung ihrer eigenen Kosten sowie der Kosten der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission zu verurteilen.


1      Originalsprache: Englisch.


2      Vgl. Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung.


3      Siehe Art. 70 Abs. 1 der SSM-Rahmenverordnung und Rn. 46 des angefochtenen Urteils.


4      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 67).


5      C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 67.


6      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten ergibt sich, dass der Gesamtwert der Aktiva der Rechtsmittelführerin sich zum maßgeblichen Zeitpunkt auf 70,682 Mrd. Euro belief.


7      Nach den detaillierten Kriterien in Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 2 der Grundverordnung.


8      Siehe Rn. 44 und 46 des angefochtenen Urteils.


9      Siehe Rn. 45 des angefochtenen Urteils.


10      Siehe Rn. 66 bis 72 des angefochtenen Urteils.


11      Siehe Rn. 72 des angefochtenen Urteils.


12      Siehe Rn. 56 ff. des angefochtenen Urteils.


13      Siehe Rn. 58 des angefochtenen Urteils.


14      Vgl. z. B. Rn. 61 bis 72 des Urteils vom 12. Mai 2011, Luxemburg/Parlament und Rat (C‑176/09, EU:C:2011:290). In jener Rechtssache machte das Großherzogtum Luxemburg geltend, dass eine Bestimmung einer Richtlinie gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, da das Kriterium zur Bestimmung des Geltungsbereichs dieser Richtlinie in Anbetracht ihrer Ziele irrelevant sei.


15      Nach Art. 2 Nr. 9 der Grundverordnung bezeichnet der Ausdruck „‚Einheitlicher Aufsichtsmechanismus‘ das Finanzaufsichtssystem, das sich aus der EZB und den nationalen zuständigen Behörden teilnehmender Mitgliedstaaten entsprechend der Beschreibung in Artikel 6 dieser Verordnung zusammensetzt“.


16      Dem 15. Erwägungsgrund der Grundverordnung ist ferner eindeutig zu entnehmen, dass die Übertragung bestimmter besonderer Aufsichtsaufgaben auf die EZB vorgesehen war. Nach dem 28. Erwägungsgrund der Grundverordnung „[sollten ferner] [d]er EZB nicht übertragene Aufsichtsaufgaben … bei den nationalen Behörden verbleiben“. Die Beispiele der Aufgaben, die bei den in diesem Erwägungsgrund genannten nationalen Behörden verbleiben sollten, sind ferner nicht deckungsgleich mit den der EZB nach Art. 4 Abs. 1 der Grundverordnung übertragenen Aufgaben. Vgl. Rn. 57 des angefochtenen Urteils. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin stellt das Gericht an keinem Punkt fest, dass die Liste der Aufsichtsaufgaben, die bei den nationalen Behörden verbleiben sollen, abschließend sei. Aus der Formulierung „[d]azu zählen“ in jenem Erwägungsgrund wird vielmehr deutlich, dass die Liste der Aufgaben beispielhaften Charakter hat.


17      Gemäß der Aufzählung in Art. 6 Abs. 5 der Grundverordnung.


18      Mit Ausnahme der Aufgaben in Art. 4 Buchst. a und c der Grundverordnung.


19      Art. 6 Abs. 5 Buchst. b der Grundverordnung.


20      Art. 6 Abs. 5 Buchst. c der Grundverordnung.


21      Art. 6 Abs. 5 Buchst. d der Grundverordnung.


22      Art. 6 Abs. 5 Buchst. e der Grundverordnung.


23      Art. 6 Abs. 6 der Grundverordnung. Die nationalen zuständigen Behörden müssen die EZB jedoch über die gemäß Art. 6 Abs. 6 der Grundverordnung ergriffenen Maßnahmen unterrichten und diese in enger Zusammenarbeit mit der EZB koordinieren. Ferner müssen sie der EZB regelmäßig Bericht über die Ausübung ihrer Aufgaben erstatten.


24      Art. 6 Abs. 7 der Grundverordnung.


25      Vgl. 37. Erwägungsgrund der Grundverordnung.


26      Hervorhebung nur hier.


27      Siehe Rn. 74 des angefochtenen Urteils.


28      Siehe Rn. 40, 75 und 80 des angefochtenen Urteils.


29      Siehe Rn. 104 des angefochtenen Urteils.


30      Aus den Vorschriften, die das Verfahren vor den Unionsgerichten regeln, insbesondere aus Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union sowie aus Art. 76 und Art. 84 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts, ergibt sich, dass der Rechtsstreit grundsätzlich von den Parteien bestimmt und begrenzt wird und dass der Unionsrichter nicht ultra petita entscheiden darf, vgl. z. B. Urteil vom 3. Mai 2018, EUIPO/European Dynamics Luxembourg u. a. (C‑376/16 P, EU:C:2018:299, Rn. 33).


31      Siehe insbesondere oben, Nr. 74.


32      Vgl. Urteil vom 27. Januar 2000, DIR International Film u. a./Kommission (C‑164/98 P, EU:C:2000:48, Rn. 44 bis 49).


33      Siehe oben, Nr. 17.


34      Siehe Rn. 128 des angefochtenen Urteils.


35      Somit müssen sowohl Gesetzgebungs- als auch Verwaltungsakte mit einer Begründung versehen sein. Vgl. auch Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union über das Recht auf eine gute Verwaltung und die Verpflichtung der Verwaltung, ihre Entscheidungen zu begründen.


36      Urteil vom 15. November 2012, Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 49, 50, 53 und 54).


37      Aus Art. 24 Abs. 1 der Grundverordnung ergibt sich eindeutig, dass der administrative Überprüfungsausschuss ein internes Organ der EZB ist. Der Ansicht der Rechtsmittelführerin, dass für die Beurteilung der Frage, ob der streitige Beschluss hinreichend begründet sei, die Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses und der streitige Beschluss nicht miteinander verknüpft werden dürften, da beide Dokumente verschiedene Urheber hätten, kann nicht gefolgt werden, da beide Dokumente vom selben Organ stammen und Teil des Verfahrens nach Art. 24 der Grundverordnung sind.


38      Nach Art. 24 Abs. 1 der Grundverordnung nimmt der administrative Überprüfungsausschuss eine interne administrative Überprüfung der Beschlüsse vor, die die EZB im Rahmen der Ausübung der ihr durch diese Verordnung übertragenen Befugnisse erlassen hat, nachdem nach Art. 24 Abs. 5 die Überprüfung eines Beschlusses beantragt wurde.


39      Nach dieser Bestimmung „[sind] [d]ie Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses, der neue Beschlussentwurf des Aufsichtsgremiums und der vom EZB-Rat nach Maßgabe dieses Artikels gefasste Beschluss … zu begründen und den Parteien bekannt zu geben“.


40      Nach dieser Bestimmung „[gibt] [d]as Sekretariat des EZB-Rates … den Parteien die Stellungnahme des administrativen Ausschusses, den neuen Beschlussentwurf des Aufsichtsgremiums und den vom EZB-Rat erlassenen neuen Beschluss einschließlich der jeweiligen Begründung bekannt“.


41      Dieser Begriff wird im Gesetzestext der Bestimmungen selbst nicht verwendet.


42      Nach Art. 24 Abs. 7 der Grundverordnung „[gibt] [n]ach einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Überprüfung … der administrative Überprüfungsausschuss innerhalb einer Frist, die der Dringlichkeit der Angelegenheit angemessen ist, spätestens jedoch zwei Monate nach Eingang des Antrags, eine Stellungnahme ab und überweist den Fall zwecks Ausarbeitung eines neuen Beschlussentwurfs an das Aufsichtsgremium. Das Aufsichtsgremium unterbreitet dem EZB-Rat unverzüglich einen neuen Beschlussentwurf, der der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses Rechnung trägt. Der neue Beschlussentwurf hebt den ursprünglichen Beschluss auf oder ersetzt ihn durch einen Beschluss desselben Inhalts oder durch einen geänderten Beschluss. Der neue Beschlussentwurf gilt als angenommen, wenn der EZB-Rat nicht innerhalb eines Zeitraums von höchstens zehn Arbeitstagen widerspricht“ (Hervorhebung nur hier).


43      Vgl. Art. 16 Abs. 5 des Beschlusses der Europäischen Zentralbank vom 14. April 2014 zur Einrichtung eines administrativen Überprüfungsausschusses und zur Festlegung der Vorschriften für seine Arbeitsweise.


44      Siehe Rn. 127 des angefochtenen Urteils.


45      Siehe Rn. 31, 32 und 128 des angefochtenen Urteils.


46      Siehe Rn. 81 des angefochtenen Urteils.


47      Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 67).


48      Siehe Rn. 88 des angefochtenen Urteils.


49      Siehe Rn. 111 des angefochtenen Urteils.


50      Siehe auch Rn. 8 und 9 der Erwiderung der Rechtsmittelführerin im Verfahren vor dem Gericht.


51      Hervorhebung nur hier. Siehe auch Rn. 4, 10 und 76 der Gegenerwiderung der EZB im Verfahren vor dem Gericht.


52      Siehe oben, Nr. 14.


53      Siehe oben, Nr. 16.


54      Wie in der Tat in Nr. 6.7 der Stellungnahme des administrativen Überprüfungsausschusses vom 20. November 2014 konkret erwähnt.


55      Siehe oben, Nr. 113.