Language of document : ECLI:EU:C:2004:339

Conclusions

SCHLUSSANTRÄGE DER FRAU GENERALANWALT
CHRISTINE STIX-HACKL
vom 8. Juni 2004(1)



Rechtssache C-444/02



Fixtures Marketing Ltd

gegen

Organismos prognostikon agonon podosfairou (OPAP)


(Vorabentscheidungsersuchen des Monomeles Protodikeio Athinon [Griechenland])


„Richtlinie 96/9/EG – Datenbanken – Rechtsschutz – Schutzrecht sui generis – Nutzungsberechtigte – Wesentliche Investition – Beschaffung, Überprüfung und Darstellung des Inhalts einer Datenbank – (Un)wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank – Entnahme und Weiterverwendung – Normale Nutzung – Unzumutbare Beeinträchtigung der berechtigten Interessen des Herstellers – Wesentliche Änderung des Inhalts einer Datenbank – Sport – Wettspiele“






I – Einleitende Bemerkungen

1.       Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen ist eines von vier parallelen Verfahren (2) betreffend die Auslegung der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken (3) (im Folgenden: Richtlinie). Dieses wie die anderen Verfahren hat das so genannte Schutzrecht sui generis und dessen Reichweite auf dem Gebiet der Sportwetten zum Gegenstand.

II – Rechtlicher Rahmen

A – Gemeinschaftsrecht

2.       Artikel 1 der Richtlinie enthält Bestimmungen zum Geltungsbereich der Richtlinie. Er lautet auszugsweise:

„(1) Diese Richtlinie betrifft den Rechtsschutz von Datenbanken in jeglicher Form.

(2) Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck ‚Datenbank‘ eine Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind.“

3.       Kapitel III mit den Artikeln 7 bis 11 regelt das Schutzrecht sui generis. Artikel 7, der den Gegenstand des Schutzes regelt, lautet auszugsweise:

„(1) Die Mitgliedstaaten sehen für den Hersteller einer Datenbank, bei der für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Investition erforderlich ist, das Recht vor, die Entnahme und/oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen.

(2) Für die Zwecke dieses Kapitels gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)
‚Entnahme‘ bedeutet die ständige oder vorübergehende Übertragung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme;

b)
‚Weiterverwendung‘ bedeutet jede Form öffentlicher Verfügbarmachung der Gesamtheit oder eines wesentlichen Teils des Inhalts der Datenbank durch die Verbreitung von Vervielfältigungsstücken, durch Vermietung, durch Online-Übermittlung oder durch andere Formen der Übermittlung. Mit dem Erstverkauf eines Vervielfältigungsstücks einer Datenbank in der Gemeinschaft durch den Rechtsinhaber oder mit seiner Zustimmung erschöpft sich in der Gemeinschaft das Recht, den Weiterverkauf dieses Vervielfältigungsstücks zu kontrollieren.

Der öffentliche Verleih ist keine Entnahme oder Weiterverwendung.

(3) Das in Absatz 1 genannte Recht kann übertragen oder abgetreten werden oder Gegenstand vertraglicher Lizenzen sein.

...

(5) Unzulässig ist die wiederholte und systematische Entnahme und/oder Weiterverwendung unwesentlicher Teile des Inhalts der Datenbank, wenn dies auf Handlungen hinausläuft, die einer normalen Nutzung der Datenbank entgegenstehen oder die berechtigten Interessen des Herstellers der Datenbank unzumutbar beeinträchtigen.“

4.       Artikel 8, der die Rechte und Pflichten der rechtmäßigen Benutzer regelt, sieht in Absatz 1 Folgendes vor:

„(1)
Der Hersteller einer der Öffentlichkeit – in welcher Weise auch immer – zur Verfügung gestellten Datenbank kann dem rechtmäßigen Benutzer dieser Datenbank nicht untersagen, in qualitativer und/oder quantitativer Hinsicht unwesentliche Teile des Inhalts der Datenbank zu beliebigen Zwecken zu entnehmen und/oder weiterzuverwenden. Sofern der rechtmäßige Benutzer nur berechtigt ist, einen Teil der Datenbank zu entnehmen und/oder weiterzuverwenden, gilt dieser Absatz nur für diesen Teil.“

5.       Artikel 9 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten Ausnahmen vom Recht sui generis vorsehen können.

6.       Artikel 10, der die Schutzdauer regelt, bestimmt in seinem Absatz 3:

„Jede in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Änderung des Inhalts einer Datenbank einschließlich wesentlicher Änderungen infolge der Anhäufung von aufeinander folgenden Zusätzen, Löschungen oder Veränderungen, aufgrund deren angenommen werden kann, dass eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Neuinvestition erfolgt ist, begründet für die Datenbank, die das Ergebnis dieser Investition ist, eine eigene Schutzdauer.“

B – Nationales Recht

7.       Die Umsetzung der Richtlinie in das griechische Recht erfolgte durch das Gesetz Nr. 2819/00. Nach Artikel 7 Absatz B der Begründung zu diesem Gesetz „ergibt sich die Notwendigkeit des Schutzes von Datenbanken daraus, dass der Aufbau von Datenbanken die Investition erheblicher menschlicher, technischer und finanzieller Mittel erfordert, während sie zu einem Bruchteil der zu ihrer unabhängigen Entwicklung erforderlichen Kosten kopiert oder abgefragt werden können“. Durch Absatz E der Begründung wird dem Hersteller neben dem Recht auf geistiges Eigentum ein Schutzrecht sui generis an Datenbanken zuerkannt, damit eine unerlaubte Entnahme und/oder Weiterverwendung des wesentlichen Inhalts einer Datenbank unterbunden werden kann.

III – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

A – Allgemeiner Teil

8.       Veranstalter des Berufsfußballspiels in den höchsten Ligen sind in England „The Football Association Premier League Limited“ und „The Football League Limited“ sowie in Schottland „The Scottish Football League“. Premier League und Football League (mit Division One, Division Two und Division Three) umfassen zusammen vier Ligen. Vor jeder Spielsaison werden die Spielpläne für die während der Saison in den jeweiligen Ligen auszutragenden Spiele aufgestellt. Die Daten werden elektronisch gespeichert und sind einzeln zugänglich. Die Spielpläne werden u. a. in gedruckten Broschüren präsentiert, und zwar einerseits chronologisch und andererseits für jede Mannschaft, die in der jeweiligen Liga spielt. Die Spielpaarungen sind in der Form X gegen Y (z. B. Southampton gegen Arsenal) angegeben. In jeder Saison werden ca. 2 000 Begegnungen ausgetragen, die sich über 41 Wochen verteilen.

9.       Die Veranstalter der englischen und der schottischen Fußballspiele haben die schottische Gesellschaft Football Fixtures Limited beauftragt, die Nutzung der Spielpläne durch Vergabe von Lizenzen usw. zu regeln. Football Fixtures Limited hat ihrerseits ihre Rechte an der Verwaltung und Nutzung außerhalb Großbritanniens an die Fixtures Marketing Limited (im Folgenden: Fixtures) abgetreten.

B – Besonderer Teil

10.     Fixtures leitete mehrere Verfahren gegen die Aktiengesellschaft Organismos Prognostikon Agonon Podosfairou AE (im Folgenden: OPAP) ein. Der Vorwurf lautet, dass OPAP rechtswidrig und ohne Genehmigung der englischen und schottischen Gesellschaften, die die betreffenden Verzeichnisse der geplanten Fußballwettspiele in England und Schottland geschaffen und aufgestellt hätten und diese auch nutzten, wiederholt eine erhebliche Zahl von Paarungen der spielenden Fußballmannschaften entnehme und sie auf ihre Internetseiten „Pame Stoichima“, „Podosfairo Kathe Mera“, „Chryso Podosfairo“ und „Propo“ übertrage, die sie verbreite und dem griechischen Publikum zur Verfügung stelle, wodurch sie das Schutzrecht sui generis der von Fixtures vertretenen Gesellschaften verletze. Unter Berufung auf einen Fall der Dringlichkeit beantragen diese daher, Sicherungsmaßnahmen zu erlassen und konkret OPAP unter Androhung einer Geldbuße für jede Zuwiderhandlung in der Zukunft zu verbieten, das Recht von Fixtures auf diese Verzeichnisse der geplanten Fußballwettspiele in England und Schottland zu verletzen, und die Veröffentlichung des Urteils in der Athener Tagespresse auf Kosten der Beklagten anzuordnen.

IV – Vorlagefragen

11.     Das Monomeles Protodikeio Athinon ersucht den Gerichtshof um Vorabentscheidung über folgende Fragen:

1.
Was bedeutet Datenbank und was ist der Anwendungsbereich der Richtlinie 96/9/EG und insbesondere des Artikels 7 dieser Richtlinie, der sich auf das Schutzrecht sui generis bezieht?

2.
Sind nach der Definition des Anwendungsbereichs der Richtlinie die Verzeichnisse von Fußballwettspielen als Datenbanken geschützt, für die für den Hersteller ein Schutzrecht sui generis besteht, und unter welchen Voraussetzungen?

3.
Wie genau wird das Recht auf die Datenbank verletzt, und wird dieses Recht bei Änderung des Inhalts der Datenbank geschützt?

V – Zur Zulässigkeit

12.     Nach Auffassung der finnischen Regierung erfüllt der Vorlagebeschluss nicht die von der Rechtsprechung des Gerichtshofes aufgestellten Kriterien für die Zulässigkeit der Vorlagefragen. So fehle es an hinreichenden Ausführungen zur nationalen Rechtslage. Im Übrigen werde auf Artikel 3 statt auf den einschlägigen Artikel 7 der Richtlinie hingewiesen. Des Weiteren bestünden die Angaben zum Sachverhalt nur in einer Zusammenfassung der Argumente von Fixtures. So fehle es an einer Beschreibung von OPAP. Ferner werde der Zusammenhang zwischen den rechtlichen Bestimmungen und dem Sachverhalt nicht präzisiert. Die Angaben seien so unzureichend, dass die finnische Regierung keine ausführliche Stellungnahme abgeben könne.

13.     Die Kommission weist lediglich darauf hin, dass die Angaben des vorlegenden Gerichts keine Anwendung der Bestimmungen der Richtlinie auf den konkreten Sachverhalt ermöglichen würden. An der Zulässigkeit äußert die Kommission jedoch keine Zweifel.

14.     Nach ständiger Rechtsprechung ist es ausschließlich Sache des mit dem Rechtsstreit befassten nationalen Gerichts, das über den Rechtsstreit zu entscheiden hat, im Hinblick auf den Einzelfall sowohl die Erforderlichkeit einer Vorabentscheidung zum Erlass seines Urteils als auch die Erheblichkeit der dem Gerichtshof vorgelegten Fragen zu beurteilen. Betreffen daher die vorgelegten Fragen die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, so ist der Gerichtshof grundsätzlich gehalten, darüber zu befinden (4) .

15.     Der Gerichtshof kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (5) .

16.     Im vorliegenden Fall ist nicht offensichtlich, dass die Fragen des vorlegenden Gerichts einen dieser Tatbestände erfüllen. Zum einen kann nicht angenommen werden, dass die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht, denn die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits hängt u. a. von der Bedeutung des Begriffes „Datenbank“ in Artikel 1 der Richtlinie ab. Zum anderen hat das vorlegende Gericht dem Gerichtshof – wenn auch in knapper Form – alle Angaben gemacht, die dieser für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen benötigt.

17.     Nach ständiger Rechtsprechung verlangt es die Notwendigkeit, zu einer für das nationale Gericht nützlichen Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu gelangen, dass das Gericht den tatsächlichen und rechtlichen Rahmen, in den sich die von ihm gestellten Fragen einfügen, festlegt oder zumindest die tatsächlichen Annahmen erläutert, auf denen diese Fragen beruhen (6) . Im Hinblick darauf, dass die Anwendung auf den konkreten Sachverhalt Aufgabe des nationalen Richters ist, reichen die Angaben zum tatsächlichen und zum rechtlichen Rahmen hin, um den Gerichtshof in die Lage zu versetzen, das Vorlageersuchen in zweckdienlicher Weise zu beantworten. Der Vorlagebeschluss enthält sogar Angaben, die der von der finnischen Regierung nicht beanstandete Vorlagebeschluss in der parallelen Rechtssache C‑46/02 nicht enthält, nämlich zum Verhältnis zwischen Fixtures und Football Fixtures Limited. Was OPAP betrifft, reichen die Angaben über dessen Tätigkeit aus.

18.     Die Angaben in den Vorlageentscheidungen sollen es aber nicht nur dem Gerichtshof ermöglichen, sachdienliche Antworten zu erteilen, sondern sie sollen auch den Regierungen der Mitgliedstaaten und den anderen Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit geben, nach Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes Erklärungen abzugeben. Der Gerichtshof hat darauf zu achten, dass diese Möglichkeit gewahrt wird, wobei zu berücksichtigen ist, dass den Verfahrensbeteiligten nach der vorgenannten Vorschrift nur die Vorlageentscheidungen zugestellt werden (7) .

19.     Aus den zahlreichen − im Übrigen auch von der finnischen Regierung − nach Artikel 23 der Satzung des Gerichtshofes eingereichten Erklärungen geht hervor, dass die Angaben im Vorlagebeschluss es ihnen durchaus erlaubt haben, zu den dem Gerichtshof vorgelegten Fragen in zweckdienlicher Weise Stellung zu nehmen.

20.     Des Weiteren hat der Gerichtshof entschieden, dass das nationale Gericht ein Mindestmaß an Erläuterungen zu den Gründen für die Wahl der Gemeinschaftsbestimmungen, um deren Auslegung es ersucht, und zu dem Zusammenhang geben muss, den es zwischen diesen Bestimmungen und den auf den Rechtsstreit anzuwendenden nationalen Rechtsvorschriften herstellt (8) .

21.     Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes reicht es aber hin, wenn der vom vorlegenden Gericht geschilderte Sachverhalt es als wahrscheinlich erscheinen lässt, dass der Sachverhalt des Ausgangsverfahrens unter die Vorschriften fällt, deren Auslegung begehrt wird. Denn der Gerichtshof kann dem nationalen Gericht Hinweise zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts geben, die für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nützlich sind. Dabei kann er sich veranlasst sehen, Vorschriften des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen, auf die das vorlegende Gericht bei der Abfassung seiner Frage nicht Bezug genommen hat (9) .

22.     Angesichts der vorstehenden Erwägungen sind die Vorlagefragen des Monomeles Protodikeio Athinon grundsätzlich zulässig.

23.     In manchen Punkten haben die Vorlagefragen aber nicht die Auslegung des Gemeinschaftsrechts, also der Richtlinie, zum Gegenstand, sondern die Anwendung der Richtlinie auf einen konkreten Sachverhalt. Was diesen Aspekt betrifft, ist der Kommission darin zu folgen, dass dies im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens nach Artikel 234 EG nicht Aufgabe des Gerichtshofes, sondern des nationalen Richters ist, und dass sich der Gerichtshof im vorliegenden Verfahren auf die Auslegung von Gemeinschaftsrecht zu beschränken hat.

24.     Denn nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofes ist in einem Verfahren nach Artikel 234 EG, das auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof beruht, für jede Würdigung des konkreten Sachverhalts das vorlegende Gericht zuständig (10) .

25.     Der Gerichtshof ist somit nicht befugt, über den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens zu entscheiden oder die von ihm ausgelegten Gemeinschaftsvorschriften auf nationale Maßnahmen oder Gegebenheiten anzuwenden, da dafür ausschließlich das vorlegende Gericht zuständig ist. Die Beurteilung einzelner Vorgänge in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Datenbank erfordert daher eine Würdigung von Tatsachen, die dem nationalen Richter obliegt (11) . Im Übrigen ist der Gerichtshof zur Beantwortung der Vorlagefragen zuständig.

VI – Zur Begründetheit: Würdigung

26.     Die vom vorlegenden Gericht gestellten Vorabentscheidungsfragen beziehen sich auf die Auslegung einer Reihe von Vorschriften der Richtlinie, im Wesentlichen auf die Interpretation bestimmter Begriffe. Die darin angesprochenen Aspekte gehören zu verschiedenen Bereichen und sind dementsprechend zu ordnen. Während einige Rechtsfragen den sachlichen Geltungsbereich der Richtlinie betreffen, haben andere die Voraussetzungen für die Gewährung des Schutzrechts sui generis und dessen Inhalt zum Gegenstand.

A – Sachlicher Geltungsbereich: Begriff „Datenbank“ (Erste und Zweite Vorlagefrage)

27.     Manche Beteiligte des Verfahrens haben in ihren schriftlichen Stellungnahmen zum Begriff „Datenbank“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie auf Kriterien Bezug genommen, die erst bei der Bestimmung des Gegenstands des Schutzrechts sui generis eine Rolle spielen.

28.     Die Auslegung des Begriffes „Datenbank“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 betrifft eine der grundsätzlichen Voraussetzungen für die Anwendung der Richtlinie, mithin also für deren sachlichen Geltungsbereich insgesamt. Davon zu unterscheiden ist der sachliche Geltungsbereich des Schutzrechts sui generis, also der in Artikel 7 der Richtlinie geregelte „Gegenstand des Schutzes“. Diese Bestimmung knüpft zwar an die Legaldefinition „Datenbank“ an, normiert jedoch für den Gegenstand des Schutzrechts sui generis eine Reihe von zusätzlichen Voraussetzungen. Das bedeutet, dass nicht alle Datenbanken im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie zugleich auch schützenswerte Gegenstände im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie darstellen.

29.     Diese Unterscheidung findet sich auch in den Erwägungsgründen der Richtlinie. So betrifft der 17. Erwägungsgrund den Begriff Datenbank und der 19. Erwägungsgrund den Gegenstand des Schutzrechts sui generis. Die darin angeführten Beispiele sind freilich nicht glücklich gewählt, um die unterschiedliche Bedeutung zu illustrieren: so gilt eine Aufzeichnung bestimmter künstlerischer z. B. musikalischer Werke nicht einmal als Datenbank, wohingegen die Zusammenstellung musikalischer Aufzeichnungen nicht zu den erfassten Schutzgegenständen gehört. Letzteres ergibt sich jedoch bereits aus dem Umstand, dass in einem solchen Fall nicht einmal eine Datenbank vorliegt.

30.     Die Erfüllung des Tatbestandsmerkmals „Datenbank“ ist also eine notwendige, wenn auch nicht hinreichende Bedingung für die Gewährung des in Artikel 7 normierten Schutzrechts sui generis.

31.     Einen ersten Anhaltspunkt für die Auslegung des Begriffes „Datenbank“ bilden völkerrechtliche Regelungen, denen eine Orientierungsfunktion zukommt. Dazu gehört in erster Linie Artikel 10 Absatz 2 des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs-Übereinkommen) (12) , wiewohl diese Bestimmung nicht alle Kriterien von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie enthält. Dazu kommt weiter Artikel 2 Absatz 5 der Revidierten Berner Übereinkunft selbst. Hingegen können völkerrechtliche Regelungen, die jünger als die auszulegende Richtlinie sind, keinen tauglichen Maßstab abgeben. Das gilt etwa für Artikel 5 WCT WIPO Copyright Treaty, dessen Annahme erst 1996 erfolgte. Wie aus der Entstehungsgeschichte, insbesondere den Dokumenten der Kommission, hervorgeht, sollte sich die Richtlinie vor allem an der Revidierten Berner Übereinkunft orientieren.

32.     Eine Interpretation im Lichte der genannten völkerrechtlichen Regelungen ist jedoch hinsichtlich der Auslegung des Begriffes „Datenbank“ nicht weiter zielführend, weil Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie eine − wenn auch nicht sehr präzise − Legaldefinition enthält, die mehrere Voraussetzungen anführt. Deren Bedeutung soll im Folgenden näher erläutert werden. Dabei ist allerdings zu beachten, dass der Gerichtshof dem nationalen Richter zwar nützliche Hinweise für die Lösung des Ausgangsrechtsstreits geben soll, es hingegen Aufgabe des nationalen Richters bleibt, die vom Gerichtshof ausgelegten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts oder die entsprechenden nationalen Umsetzungsvorschriften auf den Einzelfall anzuwenden.

33.     Schon die Konstruktion von Artikel 1 der Richtlinie, der verschiedene Regelungen zu Datenbanken enthält, weist in die Richtung einer weiten Auslegung. So gilt die Richtlinie ausweislich ihres Artikels 1 Absatz 1 für „Datenbanken in jeglicher Form“. Des Weiteren spricht auch der Umstand, dass Artikel 1 Absatz 3 eine Ausnahme festlegt, und zwar für Computerprogramme, für eine weite Auslegung des Begriffes „Datenbank“.

34.     Für eine weite Auslegung kann auch die Absicht des Gemeinschaftsgesetzgebers angeführt werden, wie sie in der Entstehungsgeschichte zum Ausdruck kommt (13) .

35.     Wesentlich für die Bestimmung des Begriffes „Datenbank“ ist jedoch die Erfüllung der in Artikel 1 Absatz 2 normierten drei Voraussetzungen.

36.     Erstens hat eine „Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen Elementen“ (Hervorhebung von uns) vorzuliegen. Die Frage, ob es sich im Ausgangsverfahren um Daten oder Elemente handelt, ist dabei nicht weiter zu vertiefen. Denn in concreto geht es entweder um Daten, verstanden als Zeichenfolgen zur Darstellung von Sachverhalten, d. h. elementare Mitteilungen mit potenziellem Informationsgehalt (14) , oder um Elemente als erkennbare Einheiten.

37.     Mangels Präzisierung in der Richtlinie ist es dabei allerdings nicht erforderlich, dass eine beträchtliche Anzahl von Daten oder Elementen betroffen ist. Eine entsprechende Forderung des Parlaments haben weder Rat noch Kommission übernommen. Anforderungen quantitativer Art sieht erst die Regelung betreffend das Schutzrecht in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie vor, und zwar eine „wesentliche Investition“.

38.     Zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren vielmehr, ob die Voraussetzung der Unabhängigkeit der Daten oder Elemente erfüllt ist.

39.     Dieses Kriterium wird so verstanden, dass die Daten oder Elemente nicht zusammenhängen dürfen oder zumindest ohne Verlust ihres Informationsgehalts (15) getrennt werden können, weshalb z. B. Töne oder Bilder eines Filmes nicht erfasst werden. Eine mögliche Auslegung geht dahin, nicht allein auf die gegenseitige Abhängigkeit der Elemente voneinander, sondern auf die Abhängigkeit innerhalb einer Sammlung abzustellen (16) .

40.     Zweitens erfasst die Richtlinie nur solche Sammlungen, die systematisch oder methodisch angeordnet sind. Im 21. Erwägungsgrund wird klargestellt, dass es nicht erforderlich ist, dass die Speicherung in physischer Weise erfolgt. Diese Voraussetzung dient dazu, ungeordnete Datenhaufen auszuschließen und nur planmäßige Sammlungen zu erfassen (17) , d. h. Daten, die nach bestimmten Kriterien (18) angeordnet sind. Dabei reicht es hin, wenn eine Datenstruktur festgelegt wird und die Anordnung erst durch Anwendung eines entsprechenden Suchprogramms entsteht (19) , im Wesentlichen also durch Sortieren, eventuell mittels Indexierung. Erfasst werden sowohl statische als auch dynamische (20) Datenbanken.

41.     Drittens fordert Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie, dass die Daten „einzeln mit elektronischen Mitteln oder auf andere Weise zugänglich sind“. Damit ist die reine Speicherung von Daten vom Begriff „Datenbank“ im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie nicht umfasst.

42.     Im Ergebnis ist der Begriff „Datenbank“ in Artikel 1 Absatz 2 daher weit auszulegen. Einschränkungen ergeben sich aber aus den in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie normierten Voraussetzungen des Schutzgegenstands.

43.     Einige Regierungen vertreten die Auffassung, dass die Auswahl oder Anordnung des Inhalts der Datenbank über sportliche Wettkämpfe keine eigene geistige Leistung darstellt. Diesbezüglich ist daran zu erinnern, dass die Kreativität kein Merkmal einer Datenbank im Sinne von Artikel 1 der Richtlinie bildet. Dass die Kreativität ein Merkmal darstellt, lässt sich selbst im Hinblick auf den Gegenstand des Schutzrechts sui generis bezweifeln. Dass eine Datenbank eine eigene geistige Schöpfung ist, stellt hingegen eine wesentliche Voraussetzung dafür dar, dass eine Datenbank durch das in Kapitel II der Richtlinie (Artikel 3 ff.) geregelte Urheberrecht geschützt wird. Artikel 7 Absatz 4 der Richtlinie bestimmt, dass das Schutzrecht sui generis unabhängig davon gilt, ob die Datenbank oder der Inhalt der Datenbank für einen Schutz durch das Urheberrecht in Betracht kommt.

44.     Der Gegenstand des Schutzrechts sui generis ist ein anderer als der für das Urheberrecht. Ziel dieses neu geschaffenen Schutzrechts ist im Unterschied zum Urheberrecht, das den kreativen Einsatz schützt, der Schutz des investiven Einsatzes (21) . So besteht auch im Hinblick auf den Inhaber des Rechts ein Unterschied. Während nämlich das Schutzrecht sui generis den Hersteller einer Datenbank schützt, gilt das Urheberrecht – wie schon der Name sagt – für den Urheber.

45.     Einige Regierungen haben in ihren schriftlichen Stellungnahmen darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständliche Datenbank nicht systematisch oder methodisch angeordnet sei, weil die Paarungen durch Auslosung zustande kämen. Diesbezüglich ist anzumerken, dass sich der Inhalt der Datenbank nicht nur auf Daten bezieht, die auf eine Auslosung zurückgehen, sondern noch zusätzliche Eintragungen erfolgen, wie Ort und Zeit der Begegnung.

B – Schutzgegenstand: Voraussetzungen (Erste und Zweite Vorlagefrage)

46.     Voraussetzung dafür, dass eine Datenbank unter das Schutzrecht sui generis nach Artikel 7 der Richtlinie fällt, ist die Erfüllung der in dieser Bestimmung normierten Tatbestandsmerkmale. Das vorliegende Verfahren betrifft die Auslegung einiger dieser Kriterien.

47.     In diesem Zusammenhang ist auf die juristische Diskussion über die Frage hinzuweisen, ob dieses Recht sui generis dem Schutz der Leistung, also im Wesentlichen der Tätigkeit des Herstellens einer Datenbank, oder des dabei entstandenen Ergebnisses dienen soll. Diesbezüglich ist festzuhalten, dass die Richtlinie Datenbanken bzw. deren Inhalt, jedoch nicht die darin enthaltene Information als solche schützt. Im Ergebnis geht es also um den Schutz des Hergestellten, wobei damit indirekt auch der dabei getätigte Aufwand, d. h. die Investition, geschützt wird (22) .

48.     Die in Artikel 7 der Richtlinie normierten Voraussetzungen treten zu den in Artikel 1 Absatz 2 normierten hinzu. Dadurch ist die Definition des Schutzgegenstands enger als die von „Datenbank“ im Sinne von Artikel 1.

49.     Das mit der Richtlinie neu eingeführte Schutzrecht sui generis geht auf die nordischen Katalogrechte und die niederländische „geschriftenbescherming“ zurück. Dieser Hintergrund darf jedoch nicht dazu verleiten, das zu diesen Vorläuferregelungen in Lehre und Rechtsprechung entwickelte Verständnis in die Richtlinie hineinzutragen. Vielmehr sollte die Richtlinie den Maßstab für die Auslegung des nationalen Rechts bilden, wobei das auch für jene Mitgliedstaaten gilt, in denen schon vor der Richtlinie ähnliche Vorschriften galten. Auch in diesen Mitgliedstaaten ergab sich die Notwendigkeit, die nationalen Regelungen an die Vorgaben der Richtlinie anzupassen.

1.     „Wesentliche Investition“

50.     Einen Schlüsselbegriff bei der Bestimmung des Gegenstands des Schutzrechts sui generis bildet die Wortwendung „wesentliche Investition“ in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie. Diese Tatbestandsvoraussetzung wird dahin gehend präzisiert, als diese Wesentlichkeit in „qualitativer oder quantitativer Hinsicht“ zu bestehen hat. Legaldefinitionen zu diesen beiden Alternativen sieht die Richtlinie allerdings nicht vor. In der Literatur wird eine entsprechende Klärung vom Gerichtshof gefordert. Diese Forderung ist nur allzu berechtigt, weil nur so eine gemeinschaftsautonome und einheitliche Auslegung gesichert ist. Freilich darf nicht übersehen werden, dass die Anwendung der Auslegungskriterien letztlich den nationalen Gerichten verbleibt, was das Risiko einer unterschiedlichen Anwendung in sich birgt.

51.     Wie sich bereits aus der Konstruktion von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie ergibt, ist der Begriff „wesentliche Investition“ relativ zu verstehen. Gemäß der Begründung zum Gemeinsamen Standpunkt, in dem diese Bestimmung ihre endgültige Fassung erhielt, sollen Investitionen geschützt werden, welche zur Erfassung und Zusammenstellung des Inhalts einer Datenbank getätigt wurden (23) .

52.     Die Investitionen haben sich also auf bestimmte Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung einer Datenbank zu beziehen. Artikel 7 führt diesbezüglich taxativ die folgenden drei Tätigkeiten an: Beschaffung, Überprüfung und Darstellung des Inhalts der Datenbank. Da diese Tatbestandsmerkmale den Gegenstand einer anderen Vorlagefrage bilden, ist auf deren Bedeutung hier nicht näher einzugehen.

53.     Welche Arten von Investitionen erfasst sein können, geht aus dem 40. Erwägungsgrund hervor, dessen letzter Satz lautet: „Diese Investition kann in der Bereitstellung von finanziellen Mitteln und/oder im Einsatz von Zeit, Arbeit, und Energie bestehen.“ Nach dem siebten Erwägungsgrund geht es um Investitionen erheblicher menschlicher, technischer und finanzieller Mittel.

54.     Ferner ist der Begriff „wesentlich“ − auch − relativ zu verstehen, und zwar einerseits in Bezug auf die Kosten und die Amortisierung (24) und andererseits im Verhältnis zu Umfang, Art und Inhalt der Datenbank sowie auf den Bereich, dem sie angehört (25) .

55.     Geschützt werden also nicht nur Investitionen, die in absoluter Hinsicht einen hohen Wert haben (26) . Dennoch darf das Kriterium „wesentlich“ nicht nur relativ verstanden werden. Als eine Art De-minimis-Regel fordert die Richtlinie hinsichtlich schützenswerter Investitionen nämlich auch eine absolute Untergrenze (27) . Das lässt sich aus dem 19. Erwägungsgrund ableiten, demzufolge die Investition „ausreichend erheblich“ zu sein hat (28) . Diese Schwelle ist aber wohl niedrig anzusetzen. Das legt erstens der 55. Erwägungsgrund nahe (29) , in dem eine nähere Präzisierung bezüglich der Höhe fehlt. Zweitens spricht auch der Umstand, dass die Richtlinie eine Harmonisierung unterschiedlicher Systeme herbeiführen soll, dafür. Drittens würde eine zu hohe Untergrenze die von der Richtlinie bezweckte Funktion schwächen, nämlich einen Anreiz zu Investitionen zu schaffen.

56.     Mehrere Beteiligte sind in ihren schriftlichen Stellungnahmen von der so genannten „Spin-off-Theorie“ ausgegangen, wonach Nebenprodukte vom Schutzrecht nicht erfasst würden. Es dürften nur solche Einnahmen erzielt werden, die zur Amortisierung der Investitionen dienten. Diese Beteiligten haben darauf hingewiesen, dass die verfahrensgegenständliche Datenbank zur Organisierung der sportlichen Wettkämpfe erforderlich sei, d. h., zu diesem Zwecke hergestellt werde. Die Investition diene der Organisierung der Wettkämpfe und nicht oder nicht ausschließlich der Herstellung der Datenbank. Die Investition wäre auf jeden Fall erfolgt, auch weil eine Pflicht zu dieser Organisierung bestehe. Bei der Datenbank handle es sich also nur um ein Nebenprodukt auf einem anderen Markt.

57.     Im vorliegenden Verfahren ist damit zu klären, ob und in welcher Weise die so genannte „Spin-off-Theorie“ bei der Auslegung der Richtlinie, insbesondere des Schutzrechts sui generis, eine Rolle spielen kann. Im Hinblick auf die in diesem Verfahren vorgebrachten Bedenken hinsichtlich des Schutzes von Datenbanken, die bloße Nebenprodukte seien, erscheint eine Entmythologisierung der „Spin-off-Theorie“ erforderlich. Diese Theorie lässt sich, abgesehen von Ursprüngen auf nationaler Ebene, einmal auf das aus dem zehnten bis zwölften Erwägungsgrund abgeleitete Ziel der Richtlinie zurückführen, nämlich einen Anreiz zu Investitionen mittels Verbesserung des Schutzes von Investitionen zu schaffen. Sie stützt sich aber auch auf den Gedanken, dass sich Investitionen durch Einnahmen aus der Hauptaktivität amortisieren sollen. Die „Spin-off-Theorie“ hängt auch damit zusammen, dass die Richtlinie nur solche Investitionen schützt, die u. a. für die Beschaffung des Inhalts einer Datenbank erforderlich sind (30) . Alle diese Argumente haben ihren Wert und sind bei der Auslegung der Richtlinie zu berücksichtigen. Das darf aber nicht dazu führen, jeglichen Spin-off-Effekt allein unter Berufung auf eine Theorie auszuschließen. Entscheidend für die Auslegung der Richtlinie sind und bleiben deren Vorschriften.

58.     Bei der Lösung des verfahrensgegenständlichen Rechtsproblems ist dabei von der Frage auszugehen, ob die Gewährung des Schutzes einer Datenbank von der Absicht des Herstellers oder vom Zweck der Datenbank abhängt, wenn diese auseinander fallen. Diesbezüglich könnte man es mit dem Hinweis bewenden lassen, dass die Richtlinie weder in Artikel 1 noch in Artikel 7 auf den Zweck der Datenbank Bezug nimmt. Hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber eine solche Voraussetzung normieren wollen, hätte er es sicherlich getan. Denn sowohl Artikel 1 als auch Artikel 7 belegen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber durchaus gewillt war, eine Reihe von Voraussetzungen festzulegen. Der Zweck der Datenbank bildet demnach kein Kriterium bei der Beurteilung der Schutzwürdigkeit einer Datenbank. Entscheidend sind vielmehr die in Artikel 7 normierten Voraussetzungen. Daran kann auch der von manchen Beteiligten angeführte 42. Erwägungsgrund nichts ändern. Erstens betrifft dieser die Reichweite des Schutzrechts sui generis und zweitens kommt es auch hiebei darauf an, dass der Investition nicht geschadet wird.

59.     Aber auch aus den anderen Erwägungsgründen der Richtlinie, in denen auf Investitionen Bezug genommen wird und deren Bedeutung unterstrichen wird, wie im zwölften, 19. und 40. Erwägungsgrund, findet sich kein Hinweis darauf, dass der Schutz einer Datenbank von deren Zweck abhängt.

60.     In der Praxis kann es zudem auch Hersteller geben, die mit einer Datenbank mehrere Zwecke verfolgen. Dabei kann es vorkommen, dass die dabei getätigten Investitionen nicht einem bestimmten einzelnen Zweck zuordenbar oder nicht trennbar sind. In einer solchen Konstellation würde das Kriterium des Zweckes einer Datenbank keine eindeutige Lösung liefern. Entweder wäre die Investition unabhängig von einem anderen Zweck geschützt oder sie wäre wegen des anderen Zweckes völlig ungeschützt. Das Kriterium des Zweckes erweist sich daher entweder als impraktikabel oder als mit dem Ziel der Richtlinie unvereinbar. Denn der Ausschluss des Schutzes von Datenbanken, die mehreren Zwecken dienen, würde dem Ziel, einen Anreiz für Investitionen zu bieten, zuwiderlaufen. Investitionen in multifunktionale Datenbanken würden damit massiv behindert.

61.     Die Datenbank des Ausgangsverfahrens ist ein Beispiel dafür, dass die Herstellung der Datenbank auch zum Zwecke der Organisierung der Spielpläne erfolgt. Dass für jeden Zweck jeweils eine eigene − womöglich fast idente − Datenbank hergestellt wird, würde grundsätzlichen wirtschaftlichen Überlegungen widersprechen und darf der Richtlinie nicht unterstellt werden.

62.     Die Beurteilung, ob im Ausgangsverfahren eine wesentliche Investition vorliegt, betrifft die Anwendung der oben genannten Kriterien auf einen konkreten Sachverhalt. Nach der Verteilung der Aufgaben in einem Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Artikel 234 EG fällt das in die Zuständigkeit des nationalen Richters. Im Rahmen der Bewertung der Investitionen in die Datenbank sind jedenfalls die bei der Festlegung des Spielplans zu berücksichtigenden Umstände einzubeziehen, wie etwa die Attraktivität des Spiels für die Zuschauer, die Interessen der Buchmacher, die Vermarktung durch Vereine, andere Ereignisse vor Ort an dem geplanten Termin, die angemessene geographische Verteilung der Spiele sowie die Vermeidung von Problemen für die öffentliche Ordnung. Schließlich ist auch die Anzahl der Spiele in die Bewertung einzubeziehen. Der Nachweis dafür, welche Investitionen getätigt wurden, obliegt dabei demjenigen, der das Schutzrecht sui generis geltend macht.

2.     „Beschaffung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie

63.     In der vorliegenden Rechtssache ist strittig, ob eine Beschaffung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie vorliegt. Denn diese Bestimmung schützt nur Investitionen in die „Beschaffung“, „Überprüfung“ oder „Darstellung“ des Inhalts einer Datenbank.

64.     Auszugehen ist von der Schutzrichtung des Rechts sui generis, nämlich dem Schutz des Herstellens einer Datenbank. Man wird daher die Herstellung als Oberbegriff (31) von Beschaffung, Überprüfung und Darstellung ansehen können.

65.     Das Ausgangsverfahren betrifft ein viel diskutiertes juristisches Problem, nämlich ob und − gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen − in welchem Umfang die Richtlinie nicht nur bestehende, sondern auch vom Hersteller neu geschaffene Daten schützt. Sollte sich die Beschaffung nur auf bestehende Daten beziehen, würde auch der Schutz der Investitionen nur die Beschaffung solcher Daten umfassen. Legt man also dieses Verständnis von Beschaffung zugrunde, hängt der Schutz der Datenbank des Ausgangsverfahrens davon ab, ob bestehende Daten beschafft werden.

66.     Geht man jedoch vom Obergriff Herstellung, also der Bestückung der Datenbank mit Inhalt (32) , aus, könnten sowohl bestehende als auch neu geschaffene Daten erfasst sein (33) .

67.     Eine Klärung könnte ein Vergleich des in Artikel 7 Absatz 1 verwendeten Begriffes „Beschaffung“ mit den im 39. Erwägungsgrund der Richtlinie angeführten Tätigkeiten bringen. Gleich zu Beginn sei jedoch darauf hingewiesen, dass die verschiedenen Sprachfassungen divergieren.

68.     Setzt man an dem in der deutschen Fassung von Artikel 7 Absatz 1 verwendeten Begriff „Beschaffung“ an, so kann das nur bestehende Daten betreffen, weil man nur etwas schon Bestehendes beschaffen kann. So gesehen stellt die Beschaffung gerade das Gegenteil von Erschaffung dar. Zum selben Ergebnis gelangt man bei Auslegung des Wortlauts der portugiesischen, französischen, spanischen und englischen Fassung, die allesamt auf das lateinische „obtenere“, d. h. erhalten, zurückgehen. Auch die finnische und dänische Fassung legen eine enge Auslegung nahe. Die von manchen Beteiligten des Verfahrens gewählte weite Auslegung der deutschen und englischen Fassung beruht daher auf einem Irrtum.

69.     Weitere Hinweise für eine korrekte Auslegung von „Beschaffung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie könnte deren 39. Erwägungsgrund liefern, der den einleitenden Erwägungsgrund für den Gegenstand des Schutzrechts sui generis bildet. Dieser Erwägungsgrund führt hinsichtlich der geschützten Investitionen nur zwei Arten von Tätigkeiten an, nämlich „Beschaffung“ und „Sammeln“ des Inhalts. Probleme ergeben sich jedoch auch hier wegen der Unterschiede zwischen den verschiedenen Sprachfassungen. In den meisten Versionen wird für die erste angeführte Tätigkeit derselbe Begriff wie in Artikel 7 Absatz 1 verwendet. Des Weiteren beschreiben die verwendeten Begriffe zwar nicht immer dieselbe Tätigkeit, betreffen aber im Kern das Suchen und das Sammeln des Inhalts einer Datenbank.

70.     Die Sprachfassungen, die im 39. Erwägungsgrund zwei von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verschiedene Begriffe verwenden, sind so auszulegen, dass die beiden angeführten Tätigkeiten als Unterformen der Beschaffung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie anzusehen sind. Freilich stellt sich damit die Frage, warum der 39. Erwägungsgrund nur die Beschaffung, aber nicht die Überprüfung oder Darstellung näher umschreibt. Die beiden Letzteren kommen erst im 40. Erwägungsgrund vor.

71.     Die Sprachfassungen, die im 39. Erwägungsgrund denselben Begriff wie in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verwenden, wird man hingegen so auszulegen haben, dass der Begriff „Beschaffung“ im 39. Erwägungsgrund in einem engeren Sinn zu verstehen ist, wohingegen der in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verwendete Begriff im weiten Sinn zu verstehen ist, d. h. auch die andere im 39. Erwägungsgrund angeführte Tätigkeit umfasst.

72.     Alle Sprachfassungen erlauben daher eine Auslegung, wonach die „Beschaffung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie zwar nicht die reine Datengewinnung, d. h. das Generieren von Daten erfasst (34) , also nicht die Vorbereitungsphase (35) . Wenn aber die Schaffung von Daten mit deren Sammeln und Sichten zusammenfällt, greift der Schutz der Richtlinie.

73.     In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass der so genannten „Spin-off-Theorie“ nicht gefolgt werden kann. Damit kann auch das Ziel bei der Beschaffung des Inhalts der Datenbank keine Rolle spielen (36) . Das bedeutet aber, dass der Schutz auch dann möglich ist, wenn die Beschaffung zunächst für eine andere Tätigkeit als die Herstellung der betreffenden Datenbank erfolgte. Denn die Richtlinie schützt die Beschaffung von Daten auch dann, wenn diese Beschaffung nicht im Hinblick auf eine Datenbank erfolgte (37) . Das spricht auch dafür, eine externe Datenbank, die auf eine interne Datenbank zurückgeht, in den Schutzbereich einzubeziehen.

74.     Anhand der oben entwickelten Auslegung des Begriffes „Beschaffung“ wird es Aufgabe des nationalen Richters sein, die Tätigkeiten von Fixtures zu beurteilen. Dabei geht es in erster Linie um die Qualifizierung der Daten und den Umgang damit, von deren Erlangung bis zu deren Aufnahme in die verfahrensgegenständliche Datenbank. Es wird zu beurteilen sein, wie das Festlegen der Spielpläne, d. h. im Wesentlichen das Sammeln von Mannschaftsnamen und die Verknüpfung der Paarungen mit Ort und Zeit der einzelnen Spiele zu beurteilen ist. Dafür, dass es sich im vorliegenden Verfahren um bestehende Daten handelt, spricht, dass der Spielplan das Resultat einer Absprache zwischen mehreren Beteiligten, insbesondere von Polizei, Vereinen und Fanclubs darstellt. Auch daraus, dass die Daten, wie von manchen Beteiligten vorgebracht, zu einem anderen Zweck als zur Herstellung der Datenbank geschaffen wurden, könnte man ableiten, dass es sich um bestehende Daten handelt.

75.     Aber selbst wenn man die verfahrensgegenständlichen Tätigkeiten als Schaffung neuer Daten qualifiziert, könnte dennoch eine „Beschaffung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie vorliegen. Das wäre dann der Fall, wenn die Schaffung der Daten zugleich mit deren Verarbeitung geschieht und davon nicht trennbar ist.

3.     „Überprüfung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie

76.     Der Nutzen der Datenbank für die Durchführung der Wettkämpfe wie für deren wirtschaftliche Verwertung erfordert eine laufende Überprüfung des Inhalts der verfahrensgegenständlichen Datenbank. Aus den Akten ergibt sich, dass die Datenbank laufend auf ihre Richtigkeit kontrolliert wird. Wenn eine solche Kontrolle die Notwendigkeit von Änderungen ergibt, werden die erforderlichen Anpassungen vorgenommen.

77.     Dass einige dieser Anpassungen keine Überprüfung des Inhalts der Datenbank darstellen, schadet nicht. Damit ein Gegenstand vorliegt, der dem Schutzrecht sui generis unterfällt, ist es nur erforderlich, dass manche der vorgenommenen Tätigkeiten als Überprüfung im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie zu qualifizieren sind und die wesentlichen Investitionen zumindest auch den von Artikel 7 erfassten Teil der Tätigkeiten betreffen.

4.     „Darstellung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie

78.     Gegenstand des Schutzrechts sui generis bildet neben der „Beschaffung“ und der „Überprüfung“ des Inhalts einer Datenbank auch dessen „Darstellung“. Dazu gehört nicht nur die Präsentation für den Benutzer einer Datenbank, also das externe Schema, sondern auch das konzeptionelle Schema, wie die Strukturierung des Inhalts. Der besseren Aufbereitung der Daten dienen in aller Regel ein Indexierungssystem und ein Thesaurus. Wie aus dem 20. Erwägungsgrund hervorgeht, können auch solche, die Abfrage betreffenden Elemente den Schutz der Richtlinie genießen (38) .

C – Inhalt des Schutzrechts

79.     Zunächst sei daran erinnert, dass mit der Einführung des Schutzrechts sui generis genau genommen keine Rechtsangleichung, sondern bewusst die Schaffung eines neues Rechts beabsichtigt war (39) . Dieses geht über bisherige Verbreitungs- und Vervielfältigungsrechte hinaus. Dies sollte auch bei der Auslegung der Verbotshandlungen berücksichtigt werden. Demgemäß kommt den Legaldefinitionen in Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie eine besondere Bedeutung zu.

80.     Artikel 7 der Richtlinie enthält auf den ersten Blick zwei Gruppen von Verbotsvorschriften oder, aus der Sicht des Berechtigten, d. h. des Herstellers einer Datenbank, zwei unterschiedliche Kategorien von Rechten. Während Absatz 1 ein Untersagungsrecht hinsichtlich des wesentlichen Teils einer Datenbank normiert, verbietet Absatz 5 bestimmte Handlungen in Bezug auf unwesentliche Teile einer Datenbank. Ausgehend von dem zwischen wesentlich und unwesentlich bestehenden Verhältnis, kann man Absatz 5 aber auch als Ausnahme zu der sich aus Absatz 1 ergebenden Ausnahme verstehen (40) . Absatz 5 soll die Umgehung des in Absatz 1 normierten Verbotes ausschließen (41) , und kann daher auch als Schutzklausel (42) qualifiziert werden.

81.     Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie normiert das Recht des Herstellers, bestimmte Handlungen zu untersagen. Daraus ergibt sich zugleich ein Verbot dieser untersagbaren Handlungen. Untersagbare und damit verbotene Handlungen sind erstens die Entnahme und zweitens die Weiterverwendung. Legaldefinitionen für die Begriffe „Entnahme“ und „Weiterverwendung“ finden sich in Artikel 7 Absatz 2 der Richtlinie.

82.     Das in Artikel 7 Absatz 1 normierte Verbot gilt allerdings nicht unbeschränkt, sondern setzt voraus, dass die Gesamtheit oder ein wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank von einer verbotenen Handlung betroffen ist.

83.     Ausgehend von dem für die Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 und Absatz 5 entscheidenden Kriterium „wesentlicher“ bzw. „unwesentlicher“ Teil ist daher im Folgenden auf die beiden Tatbestandsmerkmale einzugehen. Im Anschluss daran sind die Verbotshandlungen nach Absatz 1 und nach Absatz 5 zu untersuchen.

1.     Wesentliche oder unwesentliche Teile einer Datenbank (Erste und Zweite Vorlagefrage)

a)     Allgemeine Bemerkungen

84.     Im Verfahren wurde vorgebracht, dass Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie nur solche Handlungen verbiete, die dazu führen, dass die Daten ebenso systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln zugänglich sind wie in der ursprünglichen Datenbank.

85.     Dieses Argument ist so zu verstehen, dass es eine Voraussetzung für die Anwendung des Schutzrechts sui generis aufstellt. Ob eine solche Voraussetzung tatsächlich besteht, ist anhand der Bestimmungen über den Gegenstand des Schutzrechts zu ermitteln, insbesondere anhand der in Artikel 7 Absatz 2 normierten Legaldefinitionen der nach Artikel 7 Absatz 1 verbotenen Handlungen.

86.     Weder Artikel 7 Absatz 1 noch Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie normieren die oben genannte Voraussetzung ausdrücklich oder enthalten auch nur einen Hinweis auf sie. Aus dem Umstand, dass die „systematische oder methodische Anordnung“ in Artikel 1 Absatz 2 ausdrücklich angeführt ist, in Artikel 7 aber ganz fehlt, lässt sich vielmehr umgekehrt der Schluss ziehen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dieses Kriterium eben nicht zur Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 7 machen wollte.

87.     Aber auch der Zweck der Richtlinie spricht gegen dieses zusätzliche Kriterium.

88.     Der in Artikel 7 normierte Schutz würde nämlich durch ein solches zusätzliches Kriterium unterlaufen, weil das in dieser Vorschrift normierte Verbot durch einfaches Umändern von Teilen der Datenbank umgangen werden könnte.

89.     Dass die Richtlinie aber auch eine Neuzusammenstellung des Inhalts der Datenbank als mögliche Verletzungshandlung verbieten will, zeigt der 38. Erwägungsgrund, in dem auf diese Gefahr und die Unzulänglichkeit des urheberrechtlichen Schutzes hingewiesen wird.

90.     Die Richtlinie dient gerade der Schaffung eines neuen Schutzrechts, wogegen auch nicht der 46. Erwägungsgrund ins Treffen geführt werden kann, der einen anderen Aspekt betrifft.

91.     Selbst der 45. Erwägungsgrund, wonach der urheberrechtliche Schutz nicht auf reine Fakten oder Daten ausgedehnt werden soll, spricht nicht für ein zusätzliches Kriterium. Das bedeutet freilich nicht, dass der Schutz sich auch auf die Daten selbst oder gar auf einzelne Daten erstreckt. Gegenstand des Schutzes ist und bleibt die Datenbank.

92.     Als Ergebnis ist also festzuhalten, dass dieselbe systematische oder methodische Darstellung wie in der ursprünglichen Datenbank kein Kriterium zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der an der Datenbank vorgenommenen Handlungen darstellt. Es ist daher grundsätzlich nicht zutreffend, dass die Richtlinie Daten nicht schützt, die verwandelt oder anders strukturiert zusammengestellt werden.

b)     Begriff „wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie

93.     Mit dieser Vorlagefrage wird die Auslegung des Begriffes „wesentlicher Teil des Inhalts einer Datenbank“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie begehrt. Im Unterschied zu anderen Schlüsselbegriffen der Richtlinie findet sich dazu keine Legaldefinition. Diese ist im Zuge des Rechtsetzungsverfahrens, genauer mit dem Gemeinsamen Standpunkt des Rates, gefallen.

94.     Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie sieht zwei Alternativen vor. Wie sich bereits aus dem Wortlaut ergibt, kann die Wesentlichkeit zweierlei Ursachen haben, eine quantitative oder eine qualitative. Diese vom Gemeinschaftsgesetzgeber gewählte Konstruktion ist dahin auszulegen, dass ein Teil auch dann wesentlich sein kann, wenn er zwar nicht in quantitativer, jedoch in qualitativer Hinsicht wesentlich ist. Damit ist die These zurückzuweisen, wonach stets auch ein quantitatives Mindestausmaß gegeben sein muss.

95.     Die quantitative Alternative ist so zu verstehen, dass die Menge des von der Verbotshandlung betroffenen Teils der Datenbank zu ermitteln ist. Dabei stellt sich die Frage, ob eine relative oder eine absolute Betrachtungsweise geboten ist. Das bedeutet, ob dazu ein Vergleich der betroffenen Menge mit der Gesamtheit des Inhalts der Datenbank vorzunehmen ist (43) oder der betroffene Teil für sich zu bewerten ist.

96.     Dazu ist zu bemerken, dass eine relative Betrachtung tendenziell die Hersteller großer Datenbanken benachteiligt (44) , weil der betroffene Teil mit zunehmender Größe der Gesamtmenge immer weniger wesentlich wird. In einem solchen Fall könnte jedoch eine ergänzend vorgenommene qualitative Beurteilung insoweit einen Ausgleich bieten, als man einen relativ kleinen betroffenen Teil dennoch als qualitativ wesentlich erachten könnte. Genauso gut wäre es möglich, beide quantitativen Betrachtungsweisen zu verbinden. Demgemäß könnte auch ein relativ kleiner Teil wegen seiner absoluten Größe als wesentlich zu qualifizieren sein.

97.     Des Weiteren stellt sich die Frage, ob die quantitative mit der qualitativen Beurteilung verbunden werden kann. Das kommt freilich nur für diejenigen Fälle in Betracht, in denen eine Bewertung in qualitativer Hinsicht überhaupt möglich ist. Ist das der Fall, dann spricht nichts dagegen, die betroffenen Teile nach beiden Methoden zu beurteilen.

98.     Im Rahmen der qualitativen Beurteilung spielt auf jeden Fall der technische oder wirtschaftliche Wert eine Rolle (45) . Damit kann auch ein Teil, der zwar keinen großen Umfang hat, aber wertmäßig wesentlich ist, erfasst werden. Als Beispiel für den Wert von Listen aus dem Bereich des Sports sei etwa deren Vollständigkeit und Genauigkeit genannt.

99.     Der wirtschaftliche Wert eines betroffenen Teils bemisst sich in der Regel am Nachfrageausfall (46) , der dadurch entsteht, dass der betroffene Teil eben nicht zu Marktkonditionen, sondern auf andere Weise entnommen oder weiterverwendet wird. Die Beurteilung des betroffenen Teils, und zwar des wirtschaftlichen Wertes, kann aber auch aus der Sicht des Handelnden vorgenommen werden, d. h. gemessen an dem, was sich der Entnehmer oder Weiterverwender erspart hat.

100.   Ausgehend von dem mit Artikel 7 der Richtlinie verfolgten Ziel des Investitionsschutzes werden bei der Beurteilung der Wesentlichkeit stets auch die vom Hersteller eingesetzten Investitionen heranzuziehen sein (47) . Wie sich aus dem 42. Erwägungsgrund ergibt, dient das Verbot der Entnahme und der Weiterverwendung dazu, die Schädigung der Investitionen zu verhindern (48) .

101.   Anhaltspunkte für die Ermittlung des Wertes des betroffenen Teils einer Datenbank können also auch Investitionen sein, insbesondere die Kosten der Beschaffung (49) .

102.   Was die Schwelle der Wesentlichkeit betrifft, so gibt es auch dazu in der Richtlinie keine Legaldefinition. Die Abgrenzung hat der Gemeinschaftsgesetzgeber nach einhelliger Auffassung in der Literatur bewusst der Rechtsprechung überlassen (50) .

103.   Die Wesentlichkeit darf allerdings nicht davon abhängig gemacht werden, ob ein erheblicher Schaden vorliegt (51) . Der entsprechende Hinweis in einem Erwägungsgrund, und zwar am Ende des 42. Erwägungsgrundes, dürfte nämlich nicht ausreichen, die Schwelle für den Schutz dementsprechend hoch anzusetzen. Im Übrigen ist es fraglich, ob ein „erheblicher Schaden“ überhaupt als Kriterium für die Definition der Wesentlichkeit herangezogen werden könnte, weil der 42. Erwägungsgrund auch so verstanden werden könnte, dass ein „erheblicher Schaden“ als zusätzliche Voraussetzung in jenem Fall zu sehen ist, in dem es um einen wesentlichen Teil geht, d. h. die Wesentlichkeit bereits feststeht. Selbst die im achten Erwägungsgrund angesprochene Wirkung von Verbotshandlungen, nämlich „schwerwiegende wirtschaftliche und technische Folgen“, können eine allzu strenge Beurteilung im Hinblick auf die Schädigung nicht rechtfertigen. Beide Erwägungsgründe dienen vielmehr dazu, die wirtschaftliche Notwendigkeit des Schutzes von Datenbanken zu unterstreichen.

104.   Was die Bewertung der betroffenen Teile der Datenbank betrifft, so ist unstreitig, dass die Handlungen wöchentlich stattfinden. Damit stellt sich die Frage, ob im Falle einer relativen Betrachtungsweise die betroffenen Teile mit der Gesamtheit der Datenbank oder der Gesamtheit der entsprechenden Woche zu vergleichen sind. Schließlich wäre es denkbar, alle wöchentlich betroffenen Teile über die ganze Spielsaison zu kumulieren und erst die so gewonnene Summe mit der Gesamtheit der Datenbank zu vergleichen.

105.   Einer am Ziel des Schutzrechts sui generis ausgerichteten Auslegung entspricht also nur ein Vergleich auf derselben zeitlichen Grundlage für den betroffenen Teil wie für die Gesamtheit. Ein solcher Vergleich kann entweder auf Wochenbasis oder auf Basis der Spielsaison erfolgen. Wenn mehr als die Hälfte der Spiele betroffen ist, kann man den betroffenen Teil jedenfalls als wesentlich bezeichnen. Doch kann auch ein geringerer Anteil als die Hälfte gemessen an allen Spielen gemeinsam ausreichen, wenn dafür der Anteil in manchen Spielkategorien, wie etwa in der Premier League, höher ist.

106.   Im Falle einer absoluten Betrachtungsweise wären die jeweils betroffenen Teile so lange zu kumulieren, bis die Schwelle der Wesentlichkeit der betroffenen Teile überschritten wird. So kann man ermitteln, ab welchem Zeitraum man davon sprechen kann, dass wesentliche Teile betroffen sind.

2.     Verbote betreffend den wesentlichen Teil des Inhalts einer Datenbank (Zweite Vorlagefrage und Erster Teil der Dritten Vorlagefrage)

107.   Aus dem in Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie verankerten Recht des Herstellers, bestimmte Handlungen zu untersagen, lässt sich ein Verbot dieser Handlungen, nämlich von Entnahme und Weiterverwendung ableiten. In einer Reihe von Erwägungsgründen (52) werden diese Handlungen daher als „unerlaubt“ bezeichnet.

108.   Im Folgenden geht es um die Interpretation der Begriffe „Entnahme“ und „Weiterverwendung“. Dazu sind die entsprechenden Legaldefinitionen des Artikels 7 Absatz 2 der Richtlinie auszulegen. Dabei sei auch hier an die Zielsetzung der Richtlinie erinnert, ein neuartiges Schutzrecht einzuführen. Das wird bei der Auslegung der beiden Begriffe als Orientierungsmaßstab zu berücksichtigen sein.

109.   Für beide Verbotshandlungen gilt, dass es auf das Ziel oder die Absicht des Benutzers des Inhalts der Datenbank nicht ankommt. Damit ist es auch nicht entscheidend, ob die Nutzung rein kommerziell erfolgt. Maßgeblich bleiben allein die in den beiden Legaldefinitionen angeführten Tatbestandsmerkmale.

110.   Ebenfalls für beide Verbotshandlungen gilt, dass im Unterschied zu Artikel 7 Absatz 5 nicht nur wiederholte und systematische Handlungen erfasst werden. Da die nach Absatz 1 verbotenen Handlungen wesentliche Teile des Inhalts einer Datenbank betreffen müssen, stellt der Gemeinschaftsgesetzgeber an diese Handlungen geringere Anforderungen als im Rahmen von Absatz 5, der für unwesentliche Teile gilt.

111.   Diesbezüglich sei auf einen Konstruktionsfehler der Richtlinie aufmerksam gemacht (53) . Da auch die Legaldefinition von Artikel 7 Absatz 2 auf die Gesamtheit oder einen wesentlichen Teil abstellt, verdoppelt sie diese schon in Absatz 1 normierte Voraussetzung unnötigerweise. Die in Artikel 7 Absatz 2 normierte Legaldefinition führt in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 5 sogar zu einem Widerspruch. Denn Absatz 5 untersagt die Entnahme und Weiterverwendung unwesentlicher Teile. Würde man nun Entnahme und Weiterverwendung gemäß der Legaldefinition von Artikel 7 Absatz 2 auslegen, käme man zum − eigenartigen − Ergebnis, dass Artikel 7 Absatz 5 bestimmte Handlungen in Bezug auf unwesentliche Teile nur dann untersagt, wenn diese Handlungen die Gesamtheit oder wesentliche Teile betreffen.

112.   Von mehreren Beteiligten wurde auch auf den Wettbewerbsaspekt hingewiesen. Dieser Aspekt ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die endgültige Fassung der Richtlinie nicht die von der Kommission ursprünglich geplante Regelung über die Erteilung von Zwangslizenzen enthält.

113.   Von den Gegnern eines weitreichenden Schutzes des Herstellers einer Datenbank wird befürchtet, dass bei einem weitreichenden Schutz die Gefahr der Bildung von Monopolen, insbesondere bei bisher frei zugänglichen Daten, bestünde: So könnte ein Hersteller, der über eine marktbeherrschende Stellung verfügt, diese missbrauchen. Diesbezüglich ist daran zu erinnern, dass die Richtlinie die Anwendung der Wettbewerbsregeln des primären wie des abgeleiteten Rechts nicht ausschließt. Wettbewerbswidriges Verhalten von Herstellern einer Datenbank bleibt diesen Regeln weiterhin unterworfen. Das ergibt sich sowohl aus dem 47. Erwägungsgrund als auch aus Artikel 16 Absatz 3 der Richtlinie, wonach die Kommission untersucht, ob die Anwendung des Schutzrechts sui generis zu Missbräuchen einer marktbeherrschenden Stellung oder anderen Beeinträchtigungen geführt hat.

114.   Im vorliegenden Verfahren ist auch die Frage der rechtlichen Behandlung frei zugänglicher Daten angesprochen worden. Diesbezüglich vertreten gerade die im Verfahren auftretenden Regierungen die Auffassung, dass öffentliche Daten durch die Richtlinie nicht geschützt würden.

115.   In diesem Zusammenhang ist erstens zu betonen, dass der Schutz nur den Inhalt von Datenbanken und nicht den von Daten erfasst. Der Gefahr, dass sich der Schutz auch auf die in der Datenbank enthaltene Information ausdehnt, kann zum einen dadurch entgegengewirkt werden, dass die Richtlinie, wie hier vorgeschlagen, diesbezüglich entsprechend eng ausgelegt wird. Zum anderen besteht die Verpflichtung, in einem Anlassfall die nationalen und gemeinschaftlichen Instrumente des Wettbewerbsrechts einzusetzen.

116.   Was den Schutz von Daten betrifft, die den Inhalt einer Datenbank, die der Benützer der Daten nicht kennt, bilden, ist darauf hinzuweisen, dass die Richtlinie nur bestimmte Handlungen, nämlich die Entnahme und die Weiterverwendung, verbietet.

117.   Während das in der Richtlinie normierte Verbot der Entnahme die Kenntnis der Datenbank voraussetzt, so muss das in Bezug auf die Weiterverwendung nicht so sein. Auf diese Problematik ist also im Rahmen der Weiterverwendung zurückzukommen.

a)     Begriff „Entnahme“ im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie

118.   Der Begriff „Entnahme“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie ist anhand der Legaldefinition von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe a auszulegen.

119.   Erstes Element ist die Übertragung des Inhalts einer Datenbank auf einen anderen Datenträger, wobei diese ständig oder vorübergehend sein kann. Aus der Wortwendung „ungeachtet der dafür verwendeten Mittel und der Form der Entnahme“ lässt sich schließen, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber dem Begriff „Entnahme“ eine weite Bedeutung zugrunde gelegt hat.

120.   Erfasst wird daher nicht nur die Übertragung auf einen Datenträger desselben Typs (54) , sondern auch auf einen anderen Datenträgertyp (55) . Auch das reine Ausdrucken fällt damit unter den Begriff „Entnahme“.

121.   Des Weiteren darf „Entnahme“ selbstverständlich nicht so verstanden werden, dass sich die entnommenen Teile dann nicht mehr in der Datenbank befinden dürfen, damit das Verbot greift. „Entnahme“ ist jedoch auch nicht so weit auszulegen, dass damit auch die indirekte Übertragung erfasst würde. Gefordert wird vielmehr die direkte Übertragung auf einen anderen Datenträger. Im Unterschied zur „Weiterverwendung“ kommt es hier allerdings nicht auf irgendeine Öffentlichkeit an. Es reicht auch die private Übertragung.

122.   Was das zweite Element, nämlich den betroffenen Gegenstand der Datenbank („Gesamtheit oder wesentlicher Teil“) betrifft, kann auf die Ausführungen zur Wesentlichkeit verwiesen werden.

123.   Es ist Aufgabe des nationalen Richters, die oben angeführten Kriterien auf den konkreten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anzuwenden.

b)     Begriff „Weiterverwendung“ im Sinne von Artikel 7 der Richtlinie

124.   Aus der Legaldefinition des Artikels 7 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie ergibt sich, dass die Weiterverwendung eine öffentliche Verfügbarmachung betrifft.

125.   Durch den bewussten Gebrauch des Begriffes „Weiterverwendung“ an Stelle von „Weiterverwertung“ wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber aber deutlich machen, dass auch Schutz gegenüber Handlungen nicht-kommerzieller Benutzer gewährt werden soll.

126.   Die in der Legaldefinition angeführten Mittel zur „Weiterverwendung“, wie „Verbreitung von Vervielfältigungsstücken“, „Vermietung“ und „Online-Übermittlung“ sind nur als demonstrative Aufzählung zu verstehen, wie sich aus dem Zusatz „durch andere Formen der Übermittlung“ ergibt.

127.   Der Begriff „Verfügbarmachung“ ist im Zweifel weit (56) auszulegen, was der Zusatz „jede Form“ in Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b nahe legt. Bloße Ideen (57) oder die Informationssuche an sich aufgrund einer Datenbank (58) werden hingegen nicht erfasst.

128.   Von mehreren Beteiligten ist behauptet worden, dass die Daten öffentlich bekannt seien. Ob das der Fall ist, betrifft die Würdigung eines konkreten Sachverhalts, die dem nationalen Richter zukommt.

129.   Aber selbst wenn der nationale Richter zum Schluss kommen sollte, dass es sich um öffentlich bekannte Daten handelt, schließt das noch nicht aus, dass die Teile der Datenbank, die öffentlich bekannte Daten enthalten, dennoch Schutz genießen.

130.   In Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie findet sich nämlich auch eine Regelung über die Erschöpfung des Schutzrechts. Diese ist nur unter bestimmten Voraussetzungen gegeben. Eine der Voraussetzungen lautet „Erstverkauf eines Vervielfältigungsstückes“. Daraus lässt sich ableiten, dass nur bei solchen körperlichen Gegenständen eine Erschöpfung eintreten kann. Erfolgt die Weiterverwendung auf andere Weise als durch ein Vervielfältigungsstück, gibt es keine Erschöpfung. Hinsichtlich der Online-Übermittlung wird das im 43. Erwägungsgrund auch ausdrücklich festgehalten. Das Schutzrecht sui generis greift also nicht nur bei der ersten „öffentlichen Verfügbarmachung“.

131.   Da die Richtlinie nicht auf die Anzahl der nach der ersten „öffentlichen Verfügbarmachung“ erfolgten Transaktionen abstellt, kann diese Anzahl keine Rolle spielen. Handelt es sich daher um einen wesentlichen Teil des Inhalts einer Datenbank, ist dieser auch dann geschützt, wenn er aus einer unabhängigen Quelle, etwa einem Printmedium oder dem Internet, und nicht von der Datenbank selbst beschafft wird. Im Unterschied zur Entnahme umfasst die „Weiterverwendung“ nämlich auch indirekte Wege der Beschaffung des Inhalts einer Datenbank. Das Tatbestandsmerkmal „Übermittlung“ ist daher weit auszulegen (59) .

132.   Es wird Aufgabe des nationalen Richters sein, die angeführten Kriterien auf den konkreten Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anzuwenden.

3.     Verbote betreffend unwesentliche Teile des Inhalts einer Datenbank (Zweite Vorlagefrage und Erster Teil der dritten Vorlagefrage)

133.   Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie normiert, wie bereits dargelegt, ein Verbot für die Entnahme und/oder Weiterverwendung unwesentlicher Teile des Inhalts einer Datenbank. Diese Vorschrift unterscheidet sich damit von Artikel 7 Absatz 1 erstens dadurch, dass nicht jedwede Entnahme und/oder Weiterverwendung verboten ist, sondern nur eine qualifizierte. Voraussetzung sind „wiederholte und systematische“ Handlungen. Zweitens unterscheidet sich das Verbot nach Absatz 5 von dem nach Absatz 1 in Bezug auf den Gegenstand. Dieses Verbot greift bereits bei unwesentlichen Teilen. Zum Ausgleich für diese im Vergleich zu Absatz 1 geringere Anforderung an den betroffenen Teil sieht Absatz 5 drittens vor, dass die Verbotshandlungen eine bestimmte Wirkung haben. Dabei sieht Absatz 5 zwei Alternativen vor: Entweder steht die Verbotshandlung einer normalen Nutzung der Datenbank entgegen oder die Interessen des Herstellers der Datenbank werden unzumutbar beeinträchtigt.

134.   Man wird die Vorschrift hinsichtlich des Verhältnisses von Handlung und Wirkung so zu verstehen haben, dass es nicht erforderlich ist, dass jede einzelne Handlung eine der beiden Wirkungen entfaltet, sondern dass das Gesamtergebnis der Handlungen eine der beiden verbotenen Wirkungen hat (60) . Ziel von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie ebenso wie auch von Absatz 1 ist der Schutz des Amortisationsinteresses.

135.   Die Auslegung von Artikel 7 wirft allerdings generell insofern ein Problem auf, als die deutsche Sprachversion der endgültigen Fassung der Richtlinie im Unterschied zum Gemeinsamen Standpunkt etwas abgeschwächt formuliert ist. Danach reicht es hin, wenn die Handlung auf eine der erfassten Wirkungen „hinausläuft“ und nicht mehr einer solchen „gleichkommt“. Die anderen Sprachfassungen sind direkter formuliert und stellen im Wesentlichen darauf ab, dass die Entnahme und/oder Weiterverwendung der normalen Nutzung entgegensteht oder die Interessen unzumutbar beeinträchtigt oder stellen auf entgegenstehende oder beeinträchtigende Handlungen ab.

136.   In diesem Zusammenhang ist auf verwandte völkerrechtliche Regelungen einzugehen. Die beiden in Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie vorgesehenen Wirkungen sind Artikel 9 Absatz 2 der Revidierten Berner Übereinkunft nachgebildet, und zwar den ersten zwei Elementen des dort normierten Dreistufentests. Das bedeutet jedoch noch nicht, dass auch beide Vorschriften gleich auszulegen sind.

137.   Erstens dient Artikel 9 der Revidierten Berner Übereinkunft einer anderen Zielsetzung. So räumt diese Regelung den Vertragsparteien die Befugnis ein, unter den Voraussetzungen des Dreistufentests von der strengen Schutzregelung abzuweichen. Eine solche Konstruktion, d. h. Ausnahmemöglichkeiten der Mitgliedstaaten, sieht die Richtlinie etwa in ihrem Artikel 9 vor.

138.   Zweitens unterscheidet sich Artikel 9 der Revidierten Berner Übereinkunft dadurch, dass er das „Entgegenstehen einer normalen Nutzung“ und die „unzumutbare Beeinträchtigung“ nicht als Alternativen formuliert, sondern als zwei von drei kumulativen Tatbestandsvoraussetzungen normiert (61) .

139.   Andere völkerrechtliche Regelungen, die Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie ähnlich sind, finden sich in Artikel 13 des TRIPs-Übereinkommens und einigen WIPO-Abkommen. Letztere sind jedoch als Vorschriften, die erst nach der Richtlinie erlassen wurden, außer Acht zu lassen.

140.   Was die Auslegung von Artikel 13 des TRIPs-Übereinkommens betrifft, gelten ähnliche Vorbehalte wie in Bezug auf die Revidierte Berner Übereinkunft. Denn auch Artikel 13 regelt wie Artikel 9 der Revidierten Berner Übereinkunft Beschränkungen und Ausnahmen von ausschließlichen Rechten durch die Mitgliedstaaten. Im Unterschied zu Artikel 9 der Revidierten Berner Übereinkunft sind jedoch die beiden Wirkungen, nämlich das „Entgegenstehen einer normalen Nutzung“ und die „unzumutbare Beeinträchtigung“ wie in der Richtlinie als Alternativen gefasst.

141.   Diese Erwägungen zeigen, dass die Auslegung der oben genannten völkerrechtlichen Regelungen nicht auf Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie übertragen werden kann.

142.   Den nach der Richtlinie verbotenen Handlungen der Entnahme und der Weiterverwendung wie den darin normierten Wirkungen solcher Handlungen ist gemeinsam, dass es nicht auf den Zweck der Handlungen ankommen kann. Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie kann mangels einer auf den Zweck abstellenden Regelung nicht so ausgelegt werden. Hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber den Zweck berücksichtigen wollen, hätte er in Artikel 7 der Richtlinie eine Formulierung wie etwa in Artikel 9 Buchstabe b der Richtlinie treffen können.

a)     „Wiederholte und systematische Entnahme und/oder Weiterverwendung“

143.   Mit der Tatbestandsvoraussetzung „wiederholt und systematisch“ soll die Aushöhlung des Schutzrechts durch sukzessive Handlungen, die jeweils nur einen unwesentlichen Teil betreffen, unterbunden werden (62) .

144.   Unklar ist hingegen, ob Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie damit zwei alternative oder zwei kumulative Tatbestandsvoraussetzungen vorsieht. Die Auslegung hat zunächst am Wortlaut der Bestimmung anzusetzen. Auf diese Weise lässt sich allerdings kein eindeutiges Ergebnis erzielen. So verknüpfen einige Sprachfassungen die beiden Merkmale mit „und“ (63) , andere hingegen mit „oder“ (64) . Die Mehrheit der Sprachfassungen wie auch die Zielsetzung der Richtlinie deuten aber darauf hin, dass die beiden Merkmale als kumulative Voraussetzungen zu verstehen sind (65) . Eine wiederholte aber nicht systematische Entnahme eines unwesentlichen Teils des Inhalts einer Datenbank ist also nicht erfasst.

145.   Eine wiederholte und systematische Handlung liegt dann vor, wenn sie in regelmäßigen Abständen, etwa wöchentlich oder monatlich, erfolgt. Ist der zeitliche Abstand geringer und der jeweils betroffene Teil klein, wird die Handlung umso häufiger gesetzt werden müssen, damit der insgesamt betroffene Teil eine der beiden in Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie normierten Voraussetzungen erfüllt.

b)     Begriff „normale Nutzung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie

146.   Der Begriff „normale Nutzung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie ist im Lichte des Zieles dieser Schutzklausel auszulegen. Dies ergibt sich insbesondere aus der Präambel der Richtlinie. Im 42. Erwägungsgrund wird als Grund für die Untersagung bestimmter Handlungen die Vermeidung der Schädigung der Investition angeführt. Im 48. Erwägungsgrund wird als Ziel des in der Richtlinie verankerten Schutzes ausdrücklich ausgeführt: „damit der Hersteller die ihm zustehende Vergütung erhält“.

147.   Damit ist eine weite Auslegung des Begriffes „normale Nutzung“ angezeigt. So darf „Nutzung ... entgegenstehen“ nicht nur im technischen Sinn dahin verstanden werden, dass lediglich Auswirkungen auf die technische Benutzbarkeit der betroffenen Datenbank erfasst werden. Artikel 7 Absatz 5 hat vielmehr auch rein wirtschaftliche Auswirkungen auf den Hersteller der Datenbank im Blick. Es geht um den Schutz der unter normalen Umständen bestehenden wirtschaftlichen Verwertung (66) .

148.   Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie kommt so nicht nur hinsichtlich von Handlungen zur Anwendung, die zum Aufbau eines Konkurrenzprodukts führen, das dann der Nutzung der Datenbank durch den Hersteller entgegensteht (67) .

149.   In Einzelfällen kann Artikel 7 Absatz 5 daher auch die Nutzung auf potenziellen, d. h. vom Hersteller der Datenbank bisher nicht genutzten Märkten erfassen. Dementsprechend ist es z. B. ausreichend, wenn sich der Entnehmer oder Weiterverwender die Zahlung von Lizenzgebühren an den Hersteller der Datenbank erspart. Das Zulassen solcher Handlungen würde nämlich einen Anreiz dazu bilden, dass auch andere Personen den Inhalt der Datenbank entnehmen oder weiterverwenden, ohne Lizenzgebühren zu bezahlen (68) . Bestünde so die Möglichkeit einer kostenlosen Benutzung der Datenbank, hätte das gravierende Auswirkungen auf den Wert der Lizenzen. Mindereinnahmen wären die Folge.

150.   Die Regelung ist auch nicht auf den Fall beschränkt, dass der Hersteller der Datenbank deren Inhalt in derselben Weise nutzen möchte wie der Entnehmer oder Weiterverwender. Ebenso wenig spielt es eine Rolle, dass der Hersteller der Datenbank deren Inhalt aufgrund eines gesetzlichen Verbotes nicht wie der Entnehmer oder Weiterverwender nutzen könnte.

151.   Schließlich ist „Nutzung ... entgegenstehen“ nicht so eng auszulegen, dass nur die totale Verhinderung der Nutzung verboten wäre. Wie sich aus dem Wortlaut aller anderen als der deutschen Sprachfassung ergibt, greift das Verbot bereits bei Konflikten mit der Nutzung, d. h. schon bei negativen Auswirkungen geringeren Ausmaßes. Auf dieser Höhe liegt auch die Schwelle, ab der ein das Verbot auslösender Schaden für den Hersteller der Datenbank angenommen werden kann.

152.   Wie manche Beteiligten betont haben, wird es Aufgabe des nationalen Richters sein, die konkreten Handlungen und deren Wirkung auf die Nutzung der verfahrensgegenständlichen Datenbank anhand der oben dargestellten Kriterien zu beurteilen.

c)     Begriff „unzumutbare Beeinträchtigung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie

153.   Für die Auslegung des Begriffes „unzumutbare Beeinträchtigung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie ist zunächst in Erinnerung zu rufen, dass schon im Rahmen der Revidierten Berner Übereinkunft diskutiert wurde, ob ein solcher unbestimmter Rechtsbegriff überhaupt handhabbar ist. Des Weiteren ist es für die Auslegung des Begriffes „unzumutbare Beeinträchtigung“ entscheidend, auf die Unterschiede zur „normale[n] Nutzung“ hinzuweisen.

154.   Hinsichtlich des Schutzbereichs stellt die streitige Vorschrift an die Alternative „unzumutbare Beeinträchtigung“ insoweit geringere Anforderungen als die Alternative „normale Nutzung“, als bei ersterer die „berechtigten Interessen“ geschützt werden. Der Schutz geht damit über Rechtspositionen hinaus und erfasst auch Interessen, wobei bereits „berechtigte“, d. h. legitime, und nicht nur rechtliche Interessen erfasst werden.

155.   Zum Ausgleich dafür legt Artikel 7 Absatz 5 für die vorliegende Alternative strengere Anforderungen hinsichtlich der Wirkung der unerlaubten Handlung fest. Gefordert wird nicht irgendeine, sondern eine „unzumutbare Beeinträchtigung“. Die Qualifikation „unzumutbar“ darf allerdings nicht zu streng ausgelegt werden. Andernfalls hätte der Gemeinschaftsgesetzgeber auch an dieser Stelle auf einen Schaden oder gar einen erheblichen Schaden für den Hersteller abgestellt.

156.   Im Lichte der anderen als der deutschen Sprachfassungen wird man das in dem Sinne auszulegen haben, dass die Handlungen die Interessen in einem bestimmten Maße schädigen. Die Richtlinie stellt dabei, wie auch an anderen Stellen, auf den Schaden des Herstellers ab. Dass der Schutz von dessen Rechten die wirtschaftlichen Interessen anderer berührt, zeigt das Ausgangsverfahren nur allzu deutlich. Das bedeutet aber nicht, dass damit bei der Auslegung von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie den Auswirkungen des Schutzrechts sui generis auf Interessen anderen Personen oder, wegen möglicher Auswirkungen auf die Steuereinnahmen, einer eventuellen „Schädigung“ des betreffenden Mitgliedstaats maßgeblicher Einfluss zukommen kann. Verhindern soll die Richtlinie Schäden für Hersteller von Datenbanken. Dieses Ziel findet im Unterschied zu anderen Auswirkungen in der Richtlinie auch ausdrücklich Niederschlag.

157.   Den Kern der Interessen im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie bilden die Investitionen des Herstellers und deren Amortisierung. Damit wird auch hier der wirtschaftliche Wert des Inhalts der Datenbank zum Ausgangspunkt der Beurteilung. Im Mittelpunkt stehen die Auswirkungen auf die tatsächlichen oder erwarteten Einnahmen des Herstellers der Datenbank (69) .

158.   Hinsichtlich der Reichweite des Schutzes kann von der Alternative „normale Nutzung“ ausgegangen werden. Legt man diese Alternative insoferne eng aus, als sie nicht auch den Schutz potenzieller Märkte, etwa die neuartige Auswertung des Inhalts einer Datenbank (70) , erfasst, so wird man den Eingriff auf potenziellen Märkten doch zumindest als Beeinträchtigung der berechtigten Interessen zu qualifizieren haben. Ob diese Beeinträchtigung unzumutbar ist, wird von den Umständen des Einzelfalles abhängen. Ob der Entnehmer oder Weiterverwender ein Wettbewerber des Herstellers der Datenbank ist, kann dabei allerdings nicht entscheidend sein.

159.   Auch in diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass es Aufgabe des nationalen Richters ist, die konkreten Handlungen zu ermitteln und zu prüfen, ob sie als „unzumutbare Beeinträchtigung“ der berechtigten Interessen des Herstellers der verfahrensgegenständlichen Datenbank anzusehen sind.

D – Änderung des Inhalts einer Datenbank und Schutzdauer (Zweiter Teil der Dritten Vorlagefrage)

160.   Im vorliegenden Verfahren geht es um die Frage, wie das Recht betreffend die Datenbank bei Änderung des Inhalts der Datenbank geschützt wird.

161.   Nach Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie begründen Änderungen einer Datenbank − unter bestimmten Voraussetzungen − eine eigene Schutzdauer. Im Folgenden ist auf eine der Voraussetzungen, nämlich das Kriterium „wesentliche Änderung des Inhalts einer Datenbank“ und die daraus resultierenden Folgen einzugehen. Im vorliegenden Verfahren ist die Problematik im Hinblick auf eine „wiederholte und systematische Entnahme und/oder Weiterverwendung“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie zu untersuchen.

162.   Im Kern betrifft diese Vorlagefrage den Gegenstand der verlängerten Schutzdauer. Damit im Zusammenhang ist zu klären, ob wesentliche Änderungen zur Entstehung einer weiteren Datenbank führen. Kommt man zum Ergebnis, dass neben der alten, weiter bestehenden Datenbank eine neue Datenbank entsteht, so ist entscheidend, auf welche Datenbank sich die verbotenen Handlungen beziehen.

163.   Im Hinblick auf diverse Vorbringen ist dabei auch der Frage nachzugehen, ob Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie so auszulegen ist, dass er nur die Schutzdauer und nicht den Gegenstand des Schutzes regelt.

164.   Aus dem Wortlaut von Artikel 10 Absatz 3, wonach eine wesentliche Änderung unter bestimmten Voraussetzungen „für die Datenbank, die das Ergebnis dieser Investition ist, eine eigene Schutzdauer“ begründet, kann man ableiten, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber davon ausgegangen ist, dass eine solche Änderung zu einer eigenen Datenbank führt. Dieses Ergebnis wird durch die anderen Sprachfassungen bestätigt.

165.   Dagegen kann auch nicht die systematische Interpretation ins Treffen geführt werden. So lautet der Titel von Artikel 10 zwar „Schutzdauer“, doch bedeutet das noch nicht, dass dieser Artikel lediglich eine Regelung über den Zeitraum und nicht auch über den von diesem betroffenen Gegenstand enthält.

166.   Für die Annahme einer neuen Datenbank im Fall einer wesentlichen Änderung unter bestimmten Voraussetzungen spricht schließlich die von der Gemeinschaft im Rahmen der WIPO vertretene Auffassung (71) .

167.   Dass der in Artikel 10 Absatz 3 normierte Neubeginn der Schutzdauer sich nur auf einen bestimmten Gegenstand beziehen kann, liegt auf der Hand. Aus der Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung geht hervor, dass das aus der Neuinvestition hervorgegangene Ergebnis geschützt werden soll (72) . Die Begrenzung des Schutzgegenstands auf das neue Ergebnis entspricht auch dem Ziel der Normierung einer neuen Schutzdauer (73) .

168.   An dieser Stelle ist daran zu erinnern, dass die verfahrensgegenständliche Datenbank eine so genannte dynamische Datenbank ist, d. h. eine Datenbank, die laufend angepasst wird. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur Streichungen und Ergänzungen, sondern ausweislich des 55. Erwägungsgrundes auch Überprüfungen als Änderungen im Sinne von Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie anzusehen sind.

169.   Das Typische dynamischer Datenbanken ist, dass es stets nur eine Datenbank gibt, nämlich die jeweils aktuellste. Die ursprünglichen Versionen „verschwinden“. Damit stellt sich aber die Frage, worauf sich die neue Schutzdauer bezieht, d. h. was der geschützte Gegenstand, eben das Neue ist.

170.   Auszugehen ist dabei von der Zielsetzung der Änderungen, nämlich die Datenbank zu aktualisieren. Das bedeutet, dass die gesamte Datenbank den Gegenstand der Neuinvestition darstellt. Damit wird die jeweils aktuelle Fassung, d. h. also die gesamte Datenbank, zum Schutzobjekt (74) .

171.   Für diese Auslegung spricht auch die Entstehungsgeschichte der Richtlinie. So sah Artikel 9 des ursprünglichen Vorschlags (75) zwar noch die Verlängerung der Schutzdauer der Datenbank vor, doch erwähnt die Kommission in der Begründung zu diesem Vorschlag ausdrücklich den Fall einer neuen „Ausgabe“ der Datenbank (76) . Eine entsprechende Klarstellung gerade für laufend aktualisierte Datenbanken erfolgte dann in einem geänderten Vorschlag (77) . In der Legaldefinition in Artikel 12 Nummer 2 Buchstabe b wurde der für dynamische Datenbanken typische Fall der Anhäufung von aufeinander folgenden kleinen Änderungen ausdrücklich geregelt.

172.   So betrachtet sieht Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie also ein „rolling“ sui generis Recht vor.

173.   Schließlich entspricht die hier für dynamische Datenbanken vorgeschlagene Lösung auch dem Grundsatz, wonach immer nur das Ergebnis, d. h. die neue und nicht mehr die alte Datenbank geschützt wird. Der Unterschied zu statischen Datenbanken besteht lediglich darin, dass bei dynamischen Datenbanken die alte Datenbank zu bestehen aufhört, weil sie stets in eine neue verwandelt wird.

174.   Dass im Falle von dynamischen Datenbanken die gesamte Datenbank und nicht nur die Änderungen für sich genommen der neuen Schutzdauer unterliegen, kann, abgesehen von dem schon angeführten Ziel und Objekt der Neuinvestition, des Weiteren damit begründet werden, dass nur eine einheitliche Beurteilung der Datenbank als solcher praktikabel ist.

175.   Für eine einheitliche Beurteilung spricht ferner das Ziel des Schutzes von Investitionen und des Anreizes zu Investitionen. Diese Ziele können bei dynamischen Datenbanken nur dadurch erreicht werden, dass auch Aktualisierungen erfasst werden (78) . Widrigenfalls wären Investitionen in dynamische Datenbanken benachteiligt.

176.   Aufgabe des nationalen Gerichts bleibt es, die konkreten Änderungen an der Datenbank des Ausgangsverfahrens zu beurteilen. Im Rahmen dieser Prüfung hat das nationale Gericht zu berücksichtigen, dass auch unwesentliche Änderungen ab einer bestimmten Anhäufung als wesentliche Änderungen zu qualifizieren sind. Wie aus dem 54. Erwägungsgrund der Richtlinie hervorgeht, liegt die Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Artikel 10 Absatz 3 beim Hersteller der neuen Datenbank.

177.   Das nationale Gericht wird auch zu beurteilen haben, ab welchem Moment die Wesentlichkeitsschwelle überschritten ist. Im Zusammenhang damit ist zu prüfen, ob die Neuinvestition wesentlich ist. Im Rahmen der Beurteilung der Wesentlichkeit wird von den Anforderungen nach Artikel 7 der Richtlinie auszugehen sein. Damit sind auch die entsprechenden Voraussetzungen hinsichtlich der Investitionen zu beachten. Das gilt ungeachtet des Umstands, dass in Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie ausdrücklich von „Neuinvestition“ die Rede ist, wohingegen Artikel 7 Erstinvestitionen betrifft (79) .

VII – Ergebnis

178.   Dem Gerichtshof wird vorgeschlagen, auf die Vorlagefragen wie folgt zu antworten:

1.
Der Begriff „Datenbank“ in Artikel 1 der Richtlinie 96/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 1996 über den rechtlichen Schutz von Datenbanken ist dahin auszulegen, dass er auch Verzeichnisse von Fußballwettspielen erfassen kann.

2.
Artikel 7 Absatz 1 der Richtlinie ist dahin auszulegen, dass auch eine Datenbank mit Verzeichnissen von Fußballwettspielen Gegenstand des Schutzes sein kann, wenn für die Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung ihres Inhalts eine in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentliche Investition erforderlich ist. Dem Hersteller einer solchen Datenbank wird das Recht eingeräumt, die Entnahme und/oder die Weiterverwendung der Gesamtheit oder eines in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Teils des Inhalts dieser Datenbank zu untersagen.

3.
Artikel 7 Absatz 5 der Richtlinie verbietet die wiederholte und systematische Entnahme und/oder Weiterverwendung unwesentlicher Teile des Inhalts der Datenbank, wenn dies auf Handlungen hinausläuft, die einer normalen Nutzung der Datenbank entgegenstehen oder die die berechtigten Interessen des Herstellers der Datenbank unzumutbar beeinträchtigen.

Artikel 7 in Verbindung mit Artikel 10 Absatz 3 der Richtlinie ist dahin auszulegen, dass die Entnahme und/oder Weiterverwendung auch hinsichtlich einer Datenbank verboten ist, deren Inhalt in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlich geändert wurde, die also das Ergebnis einer in qualitativer oder quantitativer Hinsicht wesentlichen Neuinvestition ist.


1
Originalsprache: Deutsch.


2
Anhängig sind ferner die Verfahren in den Rechtssachen C‑46/02, C‑203/02 und C‑338/02, in denen ich ebenfalls heute die Schlussanträge vorlege.


3
ABl. L 77, S. 20.


4
Urteil vom 22. Mai 2003 in der Rechtssache C‑18/01 (Korhonen Oy, Slg. 2003, I‑5321, Randnr. 19), vom 22. Januar 2002 in der Rechtssache C‑390/99 (Canal Satélite, Slg. 2002, I‑607, Randnr. 18) und vom 13. März 2001 in der Rechtssache C‑379/98 (PreussenElektra, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 38).


5
Urteil vom 8. Mai 2003 in der Rechtssache C‑268/01 (Agrargenossenschaft Alkersleben, Slg. 2003, I‑4353, Randnr. 46) und in der Rechtssache C‑379/98 (zitiert in Fußnote 4), Randnr. 39.


6
Urteil vom 11. September 2003 in der Rechtssache C‑207/01 (Altair Chimica SpA/ENEL Distribuzione SpA, Slg. 2003, I‑8875, Randnr. 24) und vom 21. September 1999 in den Rechtssachen C‑115/97 bis C‑117/97 (Brentjens', Slg. 1999, I‑6025, Randnr. 38).


7
Urteil vom 11. September 2003 in der Rechtssache C‑207/01 (zitiert in Fußnote 6), Randnr. 25; Beschlüsse vom 30. April 1998 in den Rechtssachen C‑128/97 und C‑137/97 (Testa und Modesti, Slg. 1998, I‑2181, Randnr. 6) und vom 11. Mai 1999 in der Rechtssache C‑325/98 (Anssens, Slg. 1999, I‑2969, Randnr. 8).


8
Urteil vom 21. Januar 2003 in der Rechtssache C‑318/00 (Bacardi-Martini SAS und Cellier des Dauphins, Slg. 2003, I‑905, Randnr. 44) und Beschluss vom 28. Juni 2000 in der Rechtssache C‑116/00 (Laguillaumie, Slg. 2000, I‑4979, Randnr. 16).


9
Urteile vom 16. Januar 2003 in der Rechtssache C‑439/01 (Libor Cipra und Vlastimil Kvasnicka, Slg. 2003, I‑745, Randnr. 22) und vom 19. November 2002 in der Rechtssache C‑304/00 (Strawson und Gagg & Sons, Slg. 2002, I‑10737, Randnrn. 57 und 58).


10
Urteile vom 15. November 1979 in der Rechtssache 36/79 (Denkavit, Slg. 1979, 3439, Randnr. 12), vom 5. Oktober 1999 in den Rechtssachen C‑175/98 und C‑177/98 (Lirussi und Bizzaro, Slg. 1999, I‑6881, Randnr. 37), vom 22. Juni 2000 in der Rechtssache C‑318/98 (Fornasar u. a., Slg. 2000, I‑4785, Randnr. 31) und vom 16. Oktober 2003 in der Rechtssache C‑421/01 (Traunfellner, Slg. 2003, I‑0000, Randnrn. 21 ff.).


11
Vgl. das Urteil vom 4. Dezember 2003 in der Rechtssache C‑448/01 (EVN, Slg. 2003, I‑0000, Randnr. 59).


12
ABl. 1994, L 336, S. 214.


13
Jens-Lienhard Gaster, Der Rechtsschutz von Datenbanken, 1999, Rz 58 ff.


14
Josef Krähn, Der Rechtsschutz von elektronischen Datenbanken, unter besonderer Berücksichtigung des sui-generis-Rechts, 2001, 7.


15
Matthias Leistner, „The Legal Protection of Telephone Directories Relating to the New Database Maker's Right“, International Review of Industrial Property and Copyright Law 2000, 950 (956).


16
Simon Chalton, „The Copyright and Rights in Databases Regulations 1997: Some Outstanding Issues on Implementation of the Database Directive“, E.I.P.R. 1998, 178 (179).


17
Matthias Leistner, Der Rechtsschutz von Datenbanken im deutschen und europäischen Recht, 2000, 53 f.


18
Silke von Lewinski, in: Michel M. Walter (Hrsg.), Europäisches Urheberrecht, 2001, Rz 20 zu Artikel 1 Datenbank-RL.


19
Herman M. H. Speyart, „De databank-richtlijn en haar gevolgen voor Nederland“, Informatierecht – AMI 1996, 151 (155).


20
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 6 zu Artikel 1.


21
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 6 zu Artikel 1.


22
Malte Grützmacher, Urheber-, Leistungs- und Sui-generis-Schutz von Datenbanken, 1999, 329; Georgios Koumantos, „Les bases de données dans la directive communautaire“, Revue internationale du droit d'auteur 1997, 79 (117). Demgegenüber sehen manche die Investitionen als Schutzgegenstand an (so v. Lewinski [zitiert in Fußnote 18], Rz 3 zu Artikel 7, und die bei Grützmacher auf Seite 329 in Fußnote 14 zitierte Literatur).


23
Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 20/95, vom Rat festgelegt am 10. Juli 1995, Nr. 14.


24
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 9 zu Artikel 7.


25
Koumantos (zitiert in Fußnote 22), 119.


26
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 11 zu Artikel 7.


27
Krähn (zitiert in Fußnote 14), 138 f.; Leistner (zitiert in Fußnote 15), 958.


28
Gunnar W. G. Karnell, „The European Sui Generis Protection of Data Bases“, Journal of the Copyright Society of the U.S.A., 2002, 994.


29
J. van Manen, „Substantial investments“, in: Allied and in friendship: for Teartse Schaper, 2002, 123 (125).


30
Siehe dazu näher P. Bernt Hugenholtz, „De spin-off theorie uitgesponnen“, Tidschrift voor auteurs-, media- & informatierecht 2002, 161 ff.


31
Giovanni Guglielmetti, „La tutela delle banche dati con diritto sui generis nella direttiva 96/9/CE“, Contratto e impresa. Europa, 1997, 177 (184).


32
Andrea Etienne Calame, Der rechtliche Schutz von Datenbanken unter besonderer Berücksichtigung des Rechts der Europäischen Gemeinschaften, 2002, 115 FN 554.


33
Grützmacher (zitiert in Fußnote 22), 330 f.; Leistner (zitiert in Fußnote 17), 152.


34
Leistner (zitiert in Fußnote 17), 152.


35
Guglielmetti (zitiert in Fußnote 31), 184; Karnell (zitiert in Fußnote 28), 993.


36
Zu den vertretenen Meinungen siehe Hugenholtz (zitiert in Fußnote 30), 161 (164 FN 19).


37
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 5 zu Artikel 7.


38
Calame (zitiert in Fußnote 32), 116.


39
Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 20/95 (zitiert in Fußnote 23), Nr. 14.


40
Gaster (zitiert in Fußnote 13), Rz 492.


41
Oliver Hornung, Die EU-Datenbank-Richtlinie und ihre Umsetzung in das deutsche Recht, 1998, 116 f.; Leistner (zitiert in Fußnote 17), 180; v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 16 zu Artikel 7.


42
Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 20/95 (zitiert in Fußnote 23), Nr. 14.


43
Siehe für viele v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 15 zu Artikel 7.


44
Grützmacher (zitiert in Fußnote 22), 340.


45
Gaster (zitiert in Fußnote 13), Rz 495; Grützmacher (zitiert in Fußnote 22), 340; v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 15 zu Artikel 7.


46
Krähn (zitiert in Fußnote 14), 162.


47
Vgl. Guglielmetti (zitiert in Fußnote 31), 186; Krähn (zitiert in Fußnote 14), 161; Leistner (zitiert in Fußnote 17), 172.


48
Dabei genügt nach einer Auffassung bereits die abstrakte Eignung zur Schädigung, siehe Leistner (zitiert in Fußnote 17), 173; vgl. Speyart (zitiert in Fußnote 19), 171 (174).


49
Carine Doutrelepont, „Le nouveau droit exclusif du producteur de bases de données consacré par la directive européenne 96/6/CE du 11 Mars 1996: un droit sur l'information?“, in: Mélanges en hommage à Michel Waelbroeck, 1999, 903 (913).


50
Doutrelepont (zitiert in Fußnote 49), 913; Gaster (zitiert in Fußnote 13), Rz 496; Leistner (zitiert in Fußnote 17), 171; v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 15 zu Artikel 7.


51
So aber Karnell (zitiert in Fußnote 28), 1000; Krähn (zitiert in Fußnote 14), 163.


52
Siehe etwa den achten, 41., 42., 45. und 46. Erwägungsgrund.


53
Siehe Koumantos (zitiert in Fußnote 22), 121.


54
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 19 zu Artikel 7.


55
Gaster (zitiert in Fußnote 13), Rz 512.


56
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 27 zu Artikel 7.


57
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 31 zu Artikel 7.


58
Grützmacher (zitiert in Fußnote 22), 336.


59
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 38 zu Artikel 7.


60
Leistner (zitiert in Fußnote 17), 181; v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 18 zu Artikel 7, FN 225.


61
Sam Ricketson, The Berne Convention for the Protection of Literary and Artistic Works: 18861986, 1987, 482.


62
Gaster (zitiert in Fußnote 13), Rz 558.


63
Die meisten romanischen, die deutsche, englische und griechische Fassung.


64
Die spanische, schwedische und finnische Fassung.


65
Leistner (zitiert in Fußnote 17), 181; v. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 17 zu Artikel 7.


66
Das steht auch im Einklang mit der Auslegung von Artikel 13 des TRIPs-Übereinkommens durch ein WTO Panel (WT/DS160/R vom 27. Juli 2000, 6.183).


67
Leistner (zitiert in Fußnote 17), 181.


68
Vgl. WT/DS160/R vom 27. Juli 2000, 6.186.


69
Vgl. WT/DS160/R vom 27. Juli 2000, 6.229.


70
Leistner (zitiert in Fußnote 17), 182.


71
Standing Committee on Copyright and Related Rights (19. Mai 1998), SCCR/1/INF/2.


72
Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 20/95 (zitiert in Fußnote 23), Nr. 14.


73
V. Lewinski (zitiert in Fußnote 18), Rz 5 zu Artikel 10.


74
Simon Chalton, „The Effect of the E.C. Database Directive on United Kingdom Copyright Law in Relation to Databases: A Comparison of Features“, E.I.P.R. 1997, 278 (284); Hornung (zitiert in Fußnote 41), 173 f.; Leistner (zitiert in Fußnote 17), 209; vgl. St. Beutler, „The Protection of multimedia products under international law“, UFITA 1997, 5 (24); Guglielmetti (zitiert in Fußnote 31), 192; Speyart (zitiert in Fußnote 19), 171 (173).


75
KOM(92) 24 endg.


76
Begründung zum Vorschlag KOM(92) 24, Nr. 9.2.


77
KOM(93) 464 endg.


78
Grützmacher (zitiert in Fußnote 22), 390 f.


79
Siehe dazu ausführlich Leistner (zitiert in Fußnote 17), 207 f.