Language of document : ECLI:EU:C:2019:657

BESCHLUSS DES PRÄSIDENTEN DES GERICHTSHOFS

29. Juli 2019(*)

„Rechtsmittel – Streithilfe – Berechtigtes Interesse am Ausgang des Rechtsstreits – Zurückweisung“

In der Rechtssache C‑783/18 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 12. Dezember 2018,

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Rechtsmittelführer,

andere Partei des Verfahrens:

Wajos GmbH mit Sitz in Dohr (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J. Schneiders, R. Krillke und B. Schneiders,

Klägerin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER PRÄSIDENT DES GERICHTSHOFS

auf Vorschlag des Berichterstatters C. Lycourgos,

nach Anhörung des Generalanwalts M. Campos Sánchez-Bordona


folgenden

Beschluss

1        Mit seinem Rechtsmittel beantragt das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 3. Oktober 2018, Wajos/EUIPO (Form eines Behältnisses) (T‑313/17, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2018:638), mit dem dieses die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 15. Februar 2017 (Sache R 1526/2016‑1; im Folgenden: streitige Entscheidung) aufgehoben hat.

2        Mit Schriftsatz, der am 6. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat die Laux GmbH, eine Gesellschaft deutschen Rechts mit Sitz in Föhren (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin A. Gérard, nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union beantragt, in der vorliegenden Rechtssache als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des EUIPO zugelassen zu werden.

3        Mit Schreiben, das am 13. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat das EUIPO sein Einverständnis mit dem Streithilfeantrag erklärt.

4        Mit Schreiben, das am 22. Mai 2019 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen ist, hat Wajos dagegen mitgeteilt, dass nach ihrer Ansicht der Antrag von Laux zurückzuweisen sei, da diese sich nicht auf ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse berufen könne, in diesem Rechtsstreit als Streithelferin zugelassen zu werden.

 Zum Streithilfeantrag

5        Im vorliegenden Fall wird mit dem Rechtsmittel die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt, mit dem das Gericht die streitige Entscheidung, wonach die von Wajos für ein dreidimensionales Zeichen in Form eines Behältnisses angemeldete dreidimensionale Unionsmarke (im Folgenden: Anmeldemarke) in Bezug auf die Waren, für die die Eintragung dieser Marke beantragt worden sei, keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) habe, aufgehoben hat.

6        Laux begründet ihren Antrag auf Zulassung zur Streithilfe damit, dass das dreidimensionale Zeichen, aus dem die Anmeldemarke bestehe, mit dem dreidimensionalen Zeichen, dessen Eintragung als dreidimensionale Marke Wajos beim Deutschen Patent- und Markenamt erlangt habe, auf Antrag von Laux aufgrund der einschlägigen nationalen Rechtsvorschriften teilweise gelöscht worden sei, wobei diese Löschung zudem Gegenstand eines beim Bundespatentgericht (Deutschland) anhängigen Rechtsstreits sei.

7        Laux macht geltend, ihr Interesse, in der vorliegenden Rechtssache zur Unterstützung der Anträge des EUIPO beizutreten, ergebe sich aus den unmittelbaren nachteiligen Auswirkungen, die ein Urteil des Gerichtshofs, mit dem das angefochtene Urteil bestätigt würde, für sie hätte.

8        In einem solchen Fall sei damit zu rechnen, dass zum einen das Bundespatentgericht im Hinblick auf eine einheitliche Auslegung von Art. 3 Abs. 1 Buchst. e der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2008, L 299, S. 25) sowie Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. 2015, L 336, S. 1) der Entscheidung des Gerichtshofs folgen würde und dass zum anderen Wajos sich zur Stützung ihres Vorbringens im Rahmen des beim Bundespatentgericht anhängigen Rechtsstreits auf das angefochtene Urteil berufen und, da Laux und Wajos Wettbewerber seien, gegenüber Laux die Rechte aus der Anmeldemarke geltend machen würde.

9        Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union alle Personen einem beim Gerichtshof anhängigen Rechtsstreit beitreten können, sofern sie ein berechtigtes Interesse an dessen Ausgang glaubhaft machen können und es sich nicht um einen Rechtsstreit zwischen Mitgliedstaaten, zwischen Organen der Europäischen Union oder zwischen diesen Staaten und diesen Organen handelt.

10      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Begriff des berechtigten Interesses am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne von Art. 40 Abs. 2 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union nach dem Gegenstand des Rechtsstreits selbst zu bestimmen und als ein unmittelbares und gegenwärtiges Interesse daran zu verstehen, wie die Klageanträge selbst beschieden werden, und nicht als ein Interesse an den geltend gemachten Angriffs- und Verteidigungsmitteln. Unter dem „Ausgang des Rechtsstreits“ ist die beantragte Endentscheidung zu verstehen, wie sie sich im Tenor des Urteils niederschlagen würde. Dabei ist insbesondere zu prüfen, ob der Streithelfer von der angefochtenen Handlung unmittelbar betroffen ist und ob sein Interesse am Ausgang des Rechtsstreits erwiesen ist (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 27. Februar 2015, Mory u. a./Kommission, C‑33/14 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2015:135, Rn. 7 und die dort angeführte Rechtsprechung).


11      Daher ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwischen Antragstellern, die ein unmittelbares Interesse an der Entscheidung über eine spezifische Handlung, deren Nichtigkeit beantragt wird, glaubhaft machen, und solchen Antragstellern, die nur ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft machen, zu treffen (Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 9. Januar 2003, Henkel/HABM, C‑456/01 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2003:678, Rn. 9).

12      Laux macht jedoch im vorliegenden Fall nur ein mittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits glaubhaft. Der beim Bundespatentgericht anhängige Rechtsstreit bezieht sich nämlich nicht auf dieselbe Entscheidung, die durch das angefochtene Urteil aufgehoben wurde.

13      Selbst wenn nachgewiesen wäre, dass die Anmeldemarke inhaltlich mit der Marke übereinstimmt, die Gegenstand des Rechtsstreits vor dem Bundespatentgericht ist, beeinträchtigt daher die Entscheidung des Gerichtshofs über das Rechtsmittel des EUIPO gegen das angefochtene Urteil als solche nicht die Rechte, die Laux vor diesem nationalen Gericht geltend machen kann, und insbesondere nicht das Recht, vor diesem die Argumente vorzubringen, die sie zur Stützung ihres Standpunkts für nützlich erachtet, unbeschadet zudem eines möglichen Vorabentscheidungsersuchens des Bundespatentgerichts an den Gerichtshof.

14      Die Auswirkung, die die Entscheidung in der vorliegenden Rechtssache gegebenenfalls auf den Rechtsstreit vor dem Bundespatentgericht haben könnte, verleiht Laux daher kein unmittelbares Interesse am Ausgang des Rechtsstreits im Sinne der in Rn. 10 des vorliegenden Beschlusses angeführten Rechtsprechung des Gerichtshofs. Der Umstand, dass Laux und Wajos Wettbewerber sind, ist als solcher nicht geeignet, diese Feststellung im vorliegenden Fall in Frage zu stellen, da der vorliegende Rechtsstreit eine von Wajos eingereichte Markenanmeldung betrifft. Der Ausgang eines solchen Rechtsstreits weist jedoch keine unmittelbare Verbindung zu der zwischen diesen beiden Unternehmen bestehenden Wettbewerbsbeziehung auf.

15      Der Streithilfeantrag von Laux ist daher zurückzuweisen.

 Kosten

16      Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da Laux mit ihrem Streithilfeantrag unterlegen ist, jedoch keine der Parteien beantragt hat, ihr die Kosten aufzuerlegen, ist zu beschließen, dass Laux, das EUIPO und Wajos ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem vorliegenden Streithilfeantrag tragen.


Aus diesen Gründen hat der Präsident des Gerichtshofs beschlossen:

1.      Der Streithilfeantrag der Laux GmbH wird zurückgewiesen.

2.      Die Laux GmbH, das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und die Wajos GmbH tragen ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 29. Juli 2019

Der Kanzler

 

Der Präsident

A. Calot Escobar

 

K. Lenaerts


*      Verfahrenssprache: Deutsch.