Language of document : ECLI:EU:C:2019:746

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

16. September 2019(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftlicher Sortenschutz – Zulassung von Rechtsmitteln – Art. 170b der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Rechtsmittel, das keine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Rechtsfrage aufwirft – Nichtzulassung des Rechtsmittels“

In der Rechtssache C‑444/19 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 11. Juni 2019,

Kiku GmbH mit Sitz in Girlan (Italien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte G. Würtenberger und R. Kunze,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Gemeinschaftliches Sortenamt (CPVO),

Beklagter im ersten Rechtszug,

Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie mit Sitz in Dresden (Deutschland),

Streithelfer im ersten Rechtszug,


erlässt

DER GERICHTSHOF (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln)

unter Mitwirkung der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. Lycourgos und M. Ilešič (Berichterstatter),

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Kiku GmbH die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 11. April 2019, Kiku/CPVO (T‑765/17, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2019:244), mit dem das Gericht ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammer des CPVO vom 16. August 2017 (Sache A 005/2016) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Kiku und dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie abgewiesen hat.

 Zur Zulassung des Rechtsmittels

2        Nach Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union entscheidet der Gerichtshof vorab über die Zulassung von Rechtsmitteln gegen eine Entscheidung des Gerichts, die eine Entscheidung einer unabhängigen Beschwerdekammer des Gemeinschaftlichen Sortenamts betrifft.

3        Gemäß Art. 58a Abs. 3 der Satzung wird ein Rechtsmittel nach den in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs im Einzelnen festgelegten Modalitäten ganz oder in Teilen nur dann zugelassen, wenn damit eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufgeworfen wird.

4        Art. 170a Abs. 1 der Verfahrensordnung sieht vor, dass der Rechtsmittelführer in den Fällen des Art. 58a Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union seiner Rechtsmittelschrift einen Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels als Anlage beizufügen hat, in dem er die für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage darlegt, die mit dem Rechtsmittel aufgeworfen wird, und der sämtliche Angaben enthalten muss, die erforderlich sind, um es dem Gerichtshof zu ermöglichen, über diesen Antrag zu entscheiden.

5        Gemäß Art. 170b Abs. 3 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels durch mit Gründen versehenen Beschluss.

6        Die Rechtsmittelführerin führt zwei Rechtsmittelgründe an, und zwar erstens die Verletzung von Art. 76 der Verordnung (EG) Nr. 2100/94 des Rates vom 27. Juli 1994 über den gemeinschaftlichen Sortenschutz (ABl. 1994, L 227, S. 1) und zweitens die Verletzung von Art. 10 Abs. 1 dieser Verordnung.

7        Zur Stützung ihres Antrags auf Zulassung des Rechtsmittels macht die Rechtsmittelführerin geltend, mit ihm würden bedeutsame Fragen für die Einheit, die Kohärenz und die Entwicklung des Unionsrechts aufgeworfen.

8        Erstens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob Art. 76 der Verordnung Nr. 2100/94 dahin auszulegen sei, dass das CPVO, wenn es die Neuheit im Rahmen des Verfahrens zur Erteilung von Sortenschutz nicht selbst geprüft habe, von einer solchen Prüfung im Rahmen eines Nichtigkeitsverfahrens absehen könne, falls der Dritte, der die Nichtigerklärung begehre, nur Anhaltspunkte für das Fehlen der Neuheit beibringe und keine stichhaltigen Beweise und erheblichen Tatsachen, die ernste Zweifel an der Rechtmäßigkeit des erteilten Sortenschutzes begründen könnten.

9        Bislang habe der Gerichtshof die Tragweite der Amtsermittlungspflicht des CPVO gemäß Art. 76 der Verordnung Nr. 2100/94 in einem den gemeinschaftlichen Sortenschutz betreffenden Rechtsstreit nur im Urteil vom 21. Mai 2015, Schräder/CPVO (C‑546/12 P, EU:C:2015:332), geprüft. Im Unterschied zum Sachverhalt der Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen sei und in der es um die Voraussetzungen in Bezug auf die Unterscheidbarkeit und die Homogenität der in Rede stehenden Sorten gegangen sei, betreffe die vorliegende Rechtssache die Neuheit der in Rede stehenden Sorte, zu der die zuständige Behörde spätestens während des Nichtigkeitsverfahrens von Amts wegen hätte Ermittlungen durchführen müssen.

10      Zweitens werfe das Rechtsmittel die Frage auf, ob die Abgabe von Pflanzenmaterial einer geschützten Sorte zu Testzwecken durch die Schutzrechtsinhaberin neuheitsschädlich im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 2100/94 sei, was von der herrschenden Meinung in der Spezialliteratur bejaht werde. Dazu gebe es keine Rechtsprechung des Gerichts.

11      Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass es Sache der Rechtsmittelführerin ist, den Nachweis zu erbringen, dass die mit ihrem Rechtsmittel aufgeworfenen Fragen für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sind.

12      Aus dem Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels ergibt sich jedoch kein solcher Nachweis.

13      In diesem Antrag beschränkt sich die Rechtsmittelführerin nämlich zum einen im Wesentlichen darauf, geltend zu machen, dass die in Rn. 9 des vorliegenden Beschlusses angeführte Rechtsprechung unter Umständen wie denen des vorliegenden Falles nicht anwendbar sei, ohne jedoch die Gründe anzugeben, aus denen eine solche Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sein soll.

14      Zum anderen macht die Rechtsmittelführerin hinsichtlich der in Rn. 10 des vorliegenden Beschlusses wiedergegebenen Frage lediglich geltend, dass sie neu sei, ohne jedoch anzugeben, weshalb eine solche Frage für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsam sein soll.

15      Unter diesen Umständen lässt sich dem Antrag der Rechtsmittelführerin kein Nachweis dafür entnehmen, dass das Rechtsmittel eine für die Einheit, die Kohärenz oder die Entwicklung des Unionsrechts bedeutsame Frage aufwirft.

16      Nach alledem ist der Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels zurückzuweisen.

 Kosten

17      Nach Art. 137 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, wird über die Kosten im Endurteil oder in dem das Verfahren beendenden Beschluss entschieden.

18      Da der vorliegende Beschluss ergeht, bevor die Rechtsmittelschrift den anderen Parteien des Verfahrens zugestellt worden ist und ihnen Kosten entstehen konnten, ist zu entscheiden, dass die Rechtsmittelführerin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird nicht zugelassen.

2.      Die Kiku GmbH trägt ihre eigenen Kosten.

Luxemburg, den 16. September 2019

Der Kanzler

 

Die Präsidentin der Kammer für die Zulassung von Rechtsmitteln

A. Calot Escobar

 

R. Silva de Lapuerta


*      Verfahrenssprache: Deutsch.