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Vorabentscheidungsersuchen des Sofiyski rayonen sad (Bulgarien), eingereicht am 14. Mai 2020 – „Toplofikatsia Sofia“ EAD, „Chez Elektro Balgaria“ AD und „Agentsia za kontrol na prosrocheni zadalzhenia“ EOOD

(Rechtssache C-208/20)

Verfahrenssprache: Bulgarisch

Vorlegendes Gericht

Sofiyski rayonen sad

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerinnen: „Toplofikatsia Sofia“ EAD, „Chez Elektro Balgaria“ AD und „Agentsia za kontrol na prosrocheni zadalzhenia“ EOOD

Vorlagefragen

Sind Art. 20 Abs. 2 Buchst. a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Verbindung mit Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte, die Grundsätze des Diskriminierungsverbots und der Äquivalenz der Verfahrensmaßnahmen im innerstaatlichen Gerichtsverfahren wie auch Art. 1 [Abs. 1] Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 1206/20011 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen dahin auszulegen, dass falls das innerstaatliche Recht des angerufenen Gerichts vorsieht, dass dieses eine amtliche Auskunft über die Anschrift des Beklagten in seinem eigenen Staat einholt, und festgestellt wird, dass sich dieser Beklagte in einem anderen Staat der Europäischen Union befindet, das angerufene nationale Gericht verpflichtet ist, eine Auskunft über die Anschrift des Beklagten bei den zuständigen Behörden von dessen Aufenthaltsstaat einzuholen?

Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/20122 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in Verbindung mit dem Grundsatz, dass das nationale Gericht Verfahrensrechte zum wirksamen Schutz der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Rechte gewährleisten muss, dahin auszulegen, dass das nationale Gericht bei der Ermittlung des gewöhnlichen Aufenthalts eines Schuldners als nach innerstaatlichem Recht geforderter Voraussetzung für die Durchführung eines einseitigen Formalverfahrens ohne Beweisaufnahme, wie es das Mahnverfahren eines ist, verpflichtet ist, jeden begründeten Verdacht, dass der Schuldner seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat der Europäischen Union hat, als Mangel einer Rechtsgrundlage für den Erlass eines Mahnbescheids bzw. – als Grundlage dafür, dass der Mahnbescheid keine Rechtskraft erlangt, auszulegen?

Ist Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen in Verbindung mit dem Grundsatz, dass das nationale Gericht Verfahrensrechte zum wirksamen Schutz der sich aus dem Unionsrecht ergebenden Rechte gewährleisten muss, dahin auszulegen, dass er ein nationales Gericht, das nach Erlass eines Mahnbescheids gegen einen bestimmten Schuldner festgestellt hat, dass dieser Schuldner wahrscheinlich keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Gerichtsstaat hat, und unter der Bedingung, dass dies ein Hindernis für den Erlass eines Mahnbescheids gegen einen solchen Schuldner nach nationalem Recht darstellt, verpflichtet, den erlassenen Mahnbescheid von Amts wegen außer Kraft zu setzen, obwohl keine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Bestimmung vorliegt?

Falls die Frage 3 verneint wird, sind die darin aufgeführten Bestimmungen dahin auszulegen, dass sie das nationale Gericht verpflichten, den erlassenen Mahnbescheid außer Kraft zu setzen, wenn es eine Überprüfung durchgeführt und mit Sicherheit festgestellt hat, dass der Schuldner keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Staat des angerufenen Gerichts hat?

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1 ABl. 2001, L 174, S. 1.

2 ABl. 2012, L 351, S. 1.