Language of document : ECLI:EU:C:2019:645

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MICHAL BOBEK

vom 29. Juli 2019(1)

Rechtssache C433/18

ML

gegen

OÜ Aktiva Finants

(Vorabentscheidungsersuchen des Korkein oikeus [Oberster Gerichtshof, Finnland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen – Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – Art. 43 – Erfordernis eines wirksamen Rechtsbehelfs und eines Verfahrens mit beiderseitigem rechtlichem Gehör – Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Vollstreckbarkeitserklärung eines in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteils – Verfahren der Zulassung von Rechtsbehelfen zur weiteren Prüfung in der Beschwerdeinstanz“






I.      Einleitung

1.        Ein estnisches Gericht, das Harju Maakohus (Erstinstanzliches Gericht Harju, Estland), erließ am 7. Dezember 2009 eine Entscheidung, mit der ML (im Folgenden: Beschwerdeführer) verurteilt wurde, 14 838,50 estnische Kronen (EEK) (rund 948 Euro) an das estnische Unternehmen OÜ Aktiva Finants zu zahlen. Diese Entscheidung wurde auf Antrag von Aktiva Finants durch das Helsingin käräjäoikeus (Erstinstanzliches Gericht Helsinki, Finnland) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 für vollstreckbar erklärt(2). Der Beschwerdeführer focht diesen Bescheid vor dem Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki, Finnland) an. Dieses lehnte die Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung ab, wogegen sich der Beschwerdeführer vor dem vorlegenden Gericht, dem Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland), wendet.

2.        In Finnland sieht das nationale Rechtsschutzsystem ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung im Rahmen von gegen Entscheidungen der erstinstanzlichen Gerichte gerichteten Rechtsbehelfen vor. Ein solches Zulassungsverfahren gilt auch für Rechtsbehelfe, die gegen die erstinstanzliche Entscheidung über die Vollstreckbarkeitserklärung einer in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidung im Sinne der Verordnung Nr. 44/2001 eingelegt werden.

3.        Mit dem vorliegenden Vorabentscheidungsersuchen wird der Gerichtshof um Feststellung ersucht, ob im Rahmen des durch die Verordnung Nr. 44/2001 eingeführten Systems ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende mit dem in Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellten Erfordernis, dass jeder Partei ein effektiver Rechtsbehelf zur Verfügung stehen muss, vereinbar ist und ob ein solches Verfahren gemäß Art. 43 Abs. 3 dieser Verordnung den Vorschriften des Verfahrens mit beiderseitigem rechtlichem Gehör entspricht.

II.    Rechtlicher Rahmen

A.      Unionsrecht

4.        Art. 41 der Verordnung Nr. 44/2001 lautet:

„Sobald die in Artikel 53 vorgesehenen Förmlichkeiten erfüllt sind, wird die Entscheidung unverzüglich für vollstreckbar erklärt, ohne dass eine Prüfung nach den Artikeln 34 und 35 erfolgt. Der Schuldner erhält in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit, eine Erklärung abzugeben.“

5.        Art. 43 Abs. 1 bis 3 dieser Verordnung bestimmt:

„(1)      Gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung kann jede Partei einen Rechtsbehelf einlegen.

(2)      Der Rechtsbehelf wird bei dem in Anhang III aufgeführten Gericht eingelegt.

(3)      Über den Rechtsbehelf wird nach den Vorschriften entschieden, die für Verfahren mit beiderseitigem rechtlichen Gehör maßgebend sind.“

6.        Art. 45 dieser Verordnung sieht vor:

„(1)      Die Vollstreckbarerklärung darf von dem mit einem Rechtsbehelf nach Artikel 43 oder Artikel 44 befassten Gericht nur aus einem der in den Artikeln 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Das Gericht erlässt seine Entscheidung unverzüglich.

(2)      Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.“

B.      Finnisches Recht

7.        Gemäß § 5 Abs. 1 in Kapitel 25a Oikeudenkäymiskaari (Prozessordnung) ist bei Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts die Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung erforderlich.

8.        § 11 Abs. 1 in diesem Kapitel hat folgenden Wortlaut:

„Ein Rechtsbehelf ist zur weiteren Prüfung zuzulassen, sofern:

1)      Anlass besteht, an der Richtigkeit der Entscheidung zu zweifeln, zu der das erstinstanzliche Gericht gelangt ist;

2)      es nicht möglich ist, die Richtigkeit der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts zu beurteilen, ohne den Rechtsbehelf zur weiteren Prüfung zuzulassen;

3)      es wegen der Rechtsanwendung in gleichgelagerten Rechtssachen wichtig ist, in dieser Sache den Rechtsbehelf zur weiteren Prüfung zuzulassen, oder

4)      ein sonstiger schwerwiegender Grund für die Zulassung zur weiteren Prüfung vorliegt.“

9.        Gemäß § 13 in diesem Kapitel „[hat] [d]as Berufungsgericht … vor der Entscheidung über die Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung erforderlichenfalls den Beschwerdegegner aufzufordern, schriftlich zu der Beschwerde Stellung zu nehmen“.

10.      Nach § 14 Abs. 1 in Kapitel 25a der Prozessordnung „[entscheidet] [d]as Berufungsgericht … über die Frage der Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung im schriftlichen Verfahren auf der Grundlage der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, der bei ihm eingelegten Beschwerde, einer etwaigen schriftlichen Stellungnahme und erforderlichenfalls des sonstigen Akteninhalts“.

11.      Gemäß § 17 in diesem Kapitel wird, wenn der Rechtsbehelf nicht zur weiteren Prüfung zugelassen wird, die Entscheidung des Gerichts erster Instanz bestätigt, wobei die Entscheidung eine Darstellung der Anträge und Stellungnahmen der Parteien enthalten muss.

12.      Gemäß Art. 18 in diesem Kapitel wird der Rechtsbehelf zur weiteren Prüfung zugelassen, sofern bei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Spruchkörper mindestens eines der Mitglieder die Zulassung befürwortet. Die Zulassung zur weiteren Prüfung kann jedoch auch durch einen aus nur einem Mitglied bestehenden Spruchkörper erteilt werden.

13.      Nach § 1 in Kapitel 26 der Prozessordnung muss, wenn die Zulassung zur weiteren Prüfung erteilt wird und das Berufungsgericht die Prüfung des Rechtsbehelfs fortsetzt, das Berufungsgericht prüfen, ob und gegebenenfalls wie die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts abzuändern ist. Gemäß § 3 in diesem Kapitel ist die Gegenpartei gehalten, innerhalb einer vom Berufungsgericht gesetzten Frist schriftlich auf den Rechtsbehelf zu erwidern, es sei denn, dass schon bei Behandlung der Frage der Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung eine Stellungnahme angefordert wurde oder dass die Aufforderung zu einer Erwiderung offensichtlich nicht erforderlich ist.

III. Sachverhalt, Verfahren und Vorlagefragen

14.      Der Beschwerdeführer ist eine natürliche Person, die nach eigenen Angaben seit dem 26. November 2007 ihren Wohnsitz in Finnland hat. Mit Urteil vom 7. Dezember 2009 wurde der Beschwerdeführer vom Harju Maakohus (Erstinstanzliches Gericht Harju) verurteilt, an die Aktiva Finants 14 838,50 EEK (rund 948 Euro) zu zahlen.

15.      Gemäß der Verordnung Nr. 44/2001 wurde die am 7. Dezember 2009 gegen den Beschwerdeführer ergangene Entscheidung auf Antrag von Aktiva Finants mit Beschluss des Helsingin käräjäoikeus (Erstinstanzliches Gericht Helsinki) in Finnland für vollstreckbar erklärt.

16.      Der Beschwerdeführer legte, nachdem er von dem Beschluss in Kenntnis gesetzt worden war, beim Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki) Beschwerde ein und beantragte, den Beschluss des Helsingin käräjäoikeus (Erstinstanzliches Gericht Helsinki) vollumfänglich aufzuheben. In seiner beim Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki) erhobenen Beschwerde machte der Beschwerdeführer geltend, dass das estnische Urteil in seiner Abwesenheit erlassen worden sei und dass ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden sei, dass er sich habe verteidigen können. Auch habe er erst dann Kenntnis von dem Verfahren bekommen, als das Helsingin käräjäoikeus (Erstinstanzliches Gericht Helsinki) ihm die Entscheidung über die Feststellung der Vollstreckbarkeit zugestellt habe. Außerdem war das estnische Gericht nach seiner Ansicht in der vorliegenden Rechtssache nicht zuständig, da er seit dem 26. November 2007 in Finnland wohnhaft gewesen sei. Ferner berief sich der Beschwerdeführer zur Stützung seiner Argumente auf die Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001.

17.      Das Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki) ließ den Rechtsbehelf des Beschwerdeführers nicht zur weiteren Prüfung zu, womit die Behandlung der Beschwerde abgeschlossen war.

18.      Der Beschwerdeführer beantragte beim vorlegenden Gericht die Zulassung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung des Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki), die ihm am 24. Januar 2017 bewilligt wurde. In seiner Beschwerde vor dem Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) beantragte er die Aufhebung des Beschlusses des Helsingin hovioikeus (Berufungsgericht Helsinki), die Zulassung zur weiteren Prüfung und die Zurückverweisung der Sache zur Behandlung des Rechtsbehelfs an das Berufungsgericht.

19.      In diesem Rahmen weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass es feststellen müsse, ob ein Verfahren über die Zulassung eines Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende zur Anwendung kommen könne, wenn Gegenstand des Rechtsbehelfs die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts über die Vollstreckbarerklärung einer in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Entscheidung im Sinne der Verordnung Nr. 44/2001 sei. Es müsse außerdem darüber entscheiden, ob das Verfahren der Zulassung von Rechtsbehelfen zur weiteren Prüfung mit der Verordnung Nr. 44/2001, genauer gesagt mit den in Art. 43 Abs. 3 dieser Verordnung genannten Regeln über ein Verfahren mit beiderseitigem rechtlichem Gehör, vereinbar sei.

20.      Unter diesen Umständen hat der Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Vorabentscheidungsfragen vorzulegen:

1.      Ist das im nationalen System für die Einlegung von Rechtsbehelfen vorgesehene Verfahren für die Zulassung von Rechtsbehelfen zur weiteren Prüfung mit den in Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 für beide Parteien garantierten effektiven Rechtsbehelfen vereinbar, wenn ein Rechtsbehelf gegen die Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts eingelegt wird, die die Anerkennung oder Vollstreckung eines Urteils gemäß der Verordnung Nr. 44/2001 betrifft?

2.      Werden in dem Verfahren für die Zulassung von Rechtsbehelfen zur weiteren Prüfung die Voraussetzungen in Bezug auf ein Verfahren mit beiderseitigem rechtlichem Gehör im Sinne von Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 erfüllt, wenn der Rechtsbehelfsgegner vor der Entscheidung über die Zulassung des Rechtsbehelfs nicht zu dem eingelegten Rechtsbehelf gehört wird? Werden diese Voraussetzungen erfüllt, wenn der Rechtsbehelfsgegner vor der Entscheidung über die Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung gehört wird?

3.      Kommt bei der Auslegung dem Umstand Bedeutung zu, dass derjenige, der den Rechtsbehelf einlegt, nicht nur die Partei sein kann, die die Vollstreckung beantragt hat und deren Antrag abgewiesen worden ist, sondern auch die Partei, gegen die die Vollstreckung beantragt worden ist, wenn diesem Antrag stattgegeben wurde?

21.      Die finnische Regierung und die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht und in der Sitzung vom 15. Mai 2019 mündlich verhandelt.

IV.    Würdigung

22.      Die vorliegenden Schlussanträge sind wie folgt aufgebaut: Im Rahmen der ersten Vorlagefrage bringt mich die Prüfung des durch die Verordnung Nr. 44/2001 eingeführten Systems und des finnischen Verfahrens der Zulassung eines Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung im Stadium der Beschwerde zu der Annahme, dass Art. 43 dieser Verordnung ein solches Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt (A). Im Rahmen der zweiten und der dritten Vorlagefrage, die ich nach der Prüfung der Tragweite des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens zusammen behandeln werde, gelange ich zu der Auffassung, dass ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht gegen das Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens verstößt (B).

A.      Zur ersten Vorlagefrage

23.      Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob das im finnischen System vorgesehene Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung mit dem sich aus Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ergebenden Erfordernis effektiver Rechtsbehelfe vereinbar ist.

1.      Das von der Verordnung Nr. 44/2001 begründete System

24.      Nach dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens und entsprechend dem Übereinkommen vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(3) in der durch die nachfolgenden Übereinkommen über den Beitritt neuer Mitgliedstaaten zu diesem Übereinkommen geänderten Fassung(4) soll die im vorliegenden Fall anwendbare(5) Verordnung Nr. 44/2001 die Anerkennung und Vollstreckung von Urteilen schneller und einfacher machen. Dieser Sekundärrechtsakt vereinfacht die Formerfordernisse, so dass gerichtliche Entscheidungen, die in einem Mitgliedstaat ergangen sind, von Rechts wegen anerkannt werden, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf, und das Verfahren der Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung, die in einem Mitgliedstaat ergangen ist, in dem anderen Mitgliedstaat effektiv und schnell erfolgt(6).

25.      Gleichwohl erlaubt auch das Exequaturverfahren die Sicherstellung einer Überprüfung der in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung im Hinblick auf die vom Unionsgesetzgeber in den Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001 abschließend aufgezählten Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung. Das Exequaturverfahren umfasst somit zwei unterschiedliche Verfahrensschritte.

26.      In einem ersten Schritt beantragt eine Partei nach Art. 41 der Verordnung Nr. 44/2001 die Vollstreckung des in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteils im Rahmen eines nicht streitigen Verfahrens. In diesem Stadium können die in den Art. 34 und 35 der Verordnung vorgesehenen Ablehnungsgründe für eine Vollstreckung weder auf Verlangen der Parteien noch von Amts wegen geprüft werden. Wenn der Vollstreckungsantrag von einer antragsbefugten Partei dem hierfür zuständigen Gericht oder der hierfür zuständigen Behörde unterbreitet wird und die formellen Voraussetzungen erfüllt sind, ist das ersuchte Gericht oder die ersuchte Behörde verpflichtet, diesem Antrag stattzugeben. Nach dem 17. Erwägungsgrund der genannten Verordnung wird die Vollstreckungsklausel somit „fast automatisch“ erteilt.

27.      In einem zweiten Schritt sieht Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 die Möglichkeit vor, gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einen Rechtsbehelf einzulegen. Nach Art. 44 dieser Verordnung kann die Entscheidung über den Rechtsbehelf ihrerseits in jedem Mitgliedstaat Gegenstand eines je nach Mitgliedstaat besonderen Rechtsbehelfs im Sinne der Definition in Anhang IV dieser Verordnung sein. Der Rechtsbehelf nach Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 kann von der Person, die einen Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel stellt, eingelegt werden, wenn die Vollstreckbarerklärung in der ersten Phase abgelehnt wurde, und von der Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt werden soll. Anders als die erste Phase ist diese zweite Stufe nach dem Wortlaut von Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 kontradiktorisch gestaltet.

28.      Das in Art. 43 dieser Verordnung vorgesehene Rechtsbehelfsverfahren ist jedoch nicht so klar, wie dies die Ausführungen in der vorstehenden Nummer vermuten lassen könnten.

29.      Unsicherheiten zeigen sich bereits in Bezug auf den Wortlaut. So lässt sich angesichts der Unterschiedlichkeit der vom Unionsgesetzgeber in den verschiedenen Sprachfassungen der Verordnung Nr. 44/2001 verwendeten Begriffe schwer feststellen, ob dieser Gesetzgeber in Art. 43 der Verordnung einen „recours“ (Rechtsbehelf) oder einen „appel“ (Rechtsmittel) einführen wollte(7).

30.      In systematischer Hinsicht kommen jedoch die beiden Phasen des Vollstreckungsverfahrens nicht wirklich einer Unterscheidung zwischen einer ersten Instanz und einer Rechtsmittelinstanz gleich. Der Vollstreckungsantrag setzt eine förmliche Prüfung voraus, und in diesem Stadium lässt die Verordnung Nr. 44/2001 keine Prüfung anhand der in ihren Art. 34 und 35 vorgesehenen Ablehnungsgründe zu. Es handelt sich somit nicht im eigentlichen Sinne um ein erstinstanzliches Verfahren. Zwar sieht keine Bestimmung dieser Verordnung eine Beschränkung der Rechtsbehelfsgründe oder Argumente vor, die zur Stützung des gegen die Entscheidung des ersten Rechtszugs eingelegten Rechtsbehelfs vorgebracht werden können. Das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht kann aber im Rahmen des in Art. 43 dieser Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahrens gleichwohl nur aus einem der in den Art. 34 und 35 der Verordnung genannten Gründe eine Vollstreckbarerklärung versagen oder aufheben(8). Es handelt sich somit nicht im eigentlichen Sinne um ein Rechtsmittelverfahren.

31.      Dieselben Ungewissheiten zeigen sich auch bei der Bezeichnung der Gerichte, bei denen ein Rechtsbehelf nach Art. 43 Abs. 2 einzulegen ist, wie sie sich aus der Liste in Anhang III dieser Verordnung ergibt. Der Lektüre dieses Anhangs ist zu entnehmen, dass die von den Mitgliedstaaten benannten Gerichte ziemlich heterogen sind, sowohl in formaler Hinsicht (die formale Ebene des betreffenden Gerichts im nationalen Recht, wobei erstinstanzliche Gerichte, aber auch Berufungsgerichte erfasst werden) als auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht (mit der unmittelbaren Anrufung des Berufungsgerichts, der mittelbaren Anrufung durch das erstinstanzliche Gericht, aber auch der Anrufung verschiedener Gerichte je nachdem, ob der Rechtsbehelf vom Rechtsbehelfsgegner oder vom Rechtsbehelfsführer eingelegt wird).

32.      Ungeachtet dieser Unsicherheiten ist aber unstreitig, dass im Verfahren vor den bezeichneten Gerichten gemäß Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 mindestens drei Voraussetzungen erfüllt werden müssen.

33.      Erstens begründet Art. 43 dieser Verordnung, wie die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen hervorgehoben hat, das uneingeschränkte Recht der beiden Parteien, gegen die Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung einen Rechtsbehelf einzulegen.

34.      Zweitens besteht die wesentliche Zielsetzung des in Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Rechtsbehelfsverfahrens darin, die Prüfung des Vorliegens der in den Art. 34 und 35 dieser Verordnung vorgesehenen Gründe(9) für die Ablehnung der Vollstreckung, die geeignet sind, die Vollstreckung des in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteils zu verhindern, zu ermöglichen.

35.      Drittens ist diese Bestimmung hinsichtlich der in Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Modalitäten des Rechtsbehelfsverfahrens im Licht der Grundrechte und insbesondere von Art. 47 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union auszulegen(10). Ein solcher Rechtsbehelf muss daher effektiv sein.

2.      Das finnische Verfahren der Zulassung eines Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung

36.      Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten und den Angaben der finnischen Regierung in der mündlichen Verhandlung ergibt sich, dass das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung die nachfolgend dargestellten Merkmale aufweist.

37.      Dieses Verfahren ist für alle Rechtsmittelverfahren vorgesehen, die gegen eine Entscheidung eines erstinstanzlichen Gerichts auf dem Gebiet der streitigen oder freiwilligen Gerichtsbarkeit gerichtet sind, wobei bestimmte Rechtssachen im Bereich des Strafrechts von diesem Verfahren ausgenommen sind. Es gilt aber auch, wie die finnische Regierung ausgeführt hat, im Rahmen der in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Rechtsbehelfe.

38.      Vor diesem Hintergrund bestehen die Rechtsbehelfe vor dem Berufungsgericht aus zwei Schritten. Zunächst entscheidet das Berufungsgericht in Ansehung der im Gesetz vorgesehenen Gründe, ob die Voraussetzungen für eine Zulassung zur weiteren Prüfung erfüllt sind. Gegebenenfalls wird das Verfahren in einem zweiten Schritt fortgesetzt und nimmt das Berufungsgericht eine vollständige Prüfung des Rechtsbehelfs vor.

39.      Im Rahmen des ersten Abschnitts der Beschwerde hat die Partei, die die Beschwerde eingelegt hat, in der Beschwerdeschrift die Gründe und Beweismittel, auf die der Antrag auf Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung gestützt wird, genau anzugeben. Sie muss in dieser Beschwerdeschrift auch den Grund und die Argumente anführen, weshalb die Zulassung zur weiteren Prüfung erteilt werden sollte.

40.      Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht von Amts wegen jeden der vier in § 11 Abs. 1 in Kapitel 25a der Prozessordnung genannten Gründe für die Zulassung zur weiteren Prüfung zu untersuchen. Zu diesem Zweck berücksichtigt es die Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts, das verfahrenseinleitende Schriftstück und die Akten der Rechtssache, einschließlich des ausländischen Urteils und der gemäß Art. 54 der Verordnung Nr. 44/2001 zu erbringenden Angaben.

41.      Wenn einer der Zulassungsgründe erfüllt ist und mindestens ein Mitglied des Berufungsgerichts die Erteilung der Zulassung befürwortet, muss dieses Gericht die weitere Prüfung zulassen, ohne dass es insoweit über ein Ermessen verfügt. Die Zulassung wird nicht erteilt, wenn klar ist, dass keiner der vier Zulassungsgründe zur Anwendung kommt.

3.      Die Zulassung zur weiteren Prüfung und der Grundsatz der Effektivität

42.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es mangels einer einschlägigen Regelung der Europäischen Union wegen des Grundsatzes der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache eines jeden einzelnen Mitgliedstaats, die Modalitäten für das Verfahren zu regeln, das den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten soll(11).

43.      Was das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung angeht, ergibt sich aus den Erklärungen der finnischen Regierung, dass der nationale Gesetzgeber bei der Einführung dieses Verfahrens zwei Arten von Zielen verfolgte. Zum einen sollte damit der Erhöhung die Arbeitsbelastung der Berufungsgerichte und dem Anstieg der sich daraus ergebenden Dauer der Verfahren entgegengetreten werden. Zum anderen sollte der Notwendigkeit entsprochen werden, über den Rechtsbehelf in einem Verfahren zu entscheiden, das effektiv ist und bei dem der Schutz der Rechte der Parteien gewährleistet ist. Dieses Verfahren sollte somit der Art der dem Berufungsgericht zur Prüfung unterbreiteten Rechtssache Rechnung tragen, um damit im Rahmen eines flexibleren Verfahrens die Rechtssachen behandeln zu können, deren Prüfung durch das Berufungsgericht nicht aus gewichtigen Gründen des rechtlichen Schutzes des Rechtsbehelfsführers und des allgemeinen Interesses der Rechtssache gerechtfertigt ist.

44.      Meines Erachtens steht die Berechtigung dieser Ziele, die letztlich Ausdruck des Bestrebens um eine zügige Bearbeitung der Verfahren und eine bessere Zuweisung der gerichtlichen Mittel sind, außer Zweifel(12).

45.      Es folgt jedoch aus der gefestigten Rechtsprechung, dass die Verfahrensmodalitäten der von den Mitgliedstaaten vorgesehenen Rechtsbehelfe nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als jene, die für den Schutz des sich aus den innerstaatlichen Rechtsordnungen ergebenden Rechts gelten (Grundsatz der Äquivalenz), und dass diese Modalitäten die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität)(13).

46.      Soweit im vorliegenden Fall davon ausgegangen werden kann, dass das finnische Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung für alle Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen des erstinstanzlichen Gerichts auf dem Gebiet der streitigen oder freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt, kann ein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz von vornherein ausgeschlossen werden.

47.      In Bezug auf die Beachtung des Grundsatzes der Effektivität ist zu klären, ob das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung die Ausübung des in Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 verankerten Rechtsbehelfs unmöglich macht oder übermäßig erschwert.

48.      Es ist zunächst allgemein anzumerken, dass der Grundsatz der Effektivität keine Anforderungen beinhaltet, die über jene hinausgehen, die sich aus dem von der Charta garantierten Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz ergeben(14). Dieses Recht ist jedoch kein absolutes Recht. So hat der Gerichtshof, indem er sich ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte stützte, bereits geurteilt, dass das Recht auf ein Gericht(15), das als einen besonderen Aspekt das Recht auf Zugang zu einem Gericht umfasst, kein absolutes Recht ist und implizit zugelassenen Beschränkungen unterliegt, da es schon seinem Wesen nach einer Regelung durch den Staat bedarf, der insoweit über einen gewissen Ermessensspielraum verfügt. Nach Auffassung des Gerichtshofs dürfen diese Beschränkungen nicht den Zugang eines Einzelnen auf eine Weise oder so weit beschränken, dass sein Recht auf ein Gericht in seinem Wesensgehalt angetastet wird. Schließlich müssen sie ein legitimes Ziel verfolgen, und die eingesetzten Mittel müssen in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten Ziel stehen(16).

49.      Im vorliegenden Fall wird in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung dem Effektivitätsgrundsatz offensichtlich Rechnung getragen, sofern zum einen die Vollstreckungshindernisse berücksichtigt werden können und zum anderen die etwaige Entscheidung, mit der die Zulassung abgelehnt wird, ordnungsgemäß begründet wird.

50.      Erstens ist sicherzustellen, dass das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung nicht die Zielsetzung des Rechtsbehelfs nach Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 beeinträchtigt, nämlich die Prüfung des Vorliegens der Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung des in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteils, wie sie in den Art. 34 und 35 dieser Verordnung vorgesehen sind, zu ermöglichen. Auch wenn es allein Sache des vorlegenden Gerichts ist, zu prüfen, ob das finnische Recht die Berücksichtigung dieser Gründe im Rahmen der Prüfung des Antrags auf Zulassung zur weiteren Prüfung erlaubt, sollen die nachfolgend dargestellten Punkte einige Leitlinien hierzu liefern.

51.      Insoweit hat es den Anschein, dass die in § 11 Abs. 1 in Kapitel 25a des Prozessgesetzbuchs genannten Gründe für eine Zulassung zur weiteren Prüfung geeignet sind, die Berücksichtigung der Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001 zu ermöglichen.

52.      Insbesondere scheint es nämlich so zu sein, dass die vom Unionsgesetzgeber in den Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Ablehnungsgründe für eine Vollstreckung unter den ersten und den vierten Grund für eine Zulassung zur weiteren Prüfung subsumiert werden können, wonach die Zulassung zur weiteren Prüfung zu erteilen ist, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts bestehen oder wenn es einen anderen wichtigen Grund gibt, die weitere Prüfung zuzulassen.

53.      Das Berufungsgericht scheint daher bereits im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung in der Lage zu sein, zu prüfen, ob im Rahmen eines auf Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 gestützten Rechtsbehelfs die in den Art. 34 und 35 der Verordnung genannten Gründe für eine Ablehnung der Vollstreckung eine eingehende Prüfung der erstinstanzlichen Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung erfordern.

54.      Zweitens scheint das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung so gestaltet zu sein, dass es in praktischer Hinsicht erlaubt, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung – wenn auch aus verfahrensökonomischen Gründen – bereits in diesem Stadium zu beurteilen.

55.      Das in den finnischen Rechtsvorschriften vorgesehene Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung weist nämlich nicht die Merkmale eines vorgeschalteten Filters auf, mit dem die Zulässigkeit der Beschwerde geprüft werden soll. Wie die finnische Regierung ausgeführt hat, prüft das Berufungsgericht im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung, insbesondere im Hinblick auf die erstinstanzliche Entscheidung und die Verfahrensakten, ob Zweifel an die Richtigkeit der Entscheidung des erstinstanzlichen Gerichts bestehen. Die vom Berufungsgericht in diesem Stadium vorgenommene Beurteilung ähnelt also eher einer – wenn auch summarischen – Vorprüfung der Begründetheit der erstinstanzlichen Entscheidung(17).

56.      Im Übrigen impliziert das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zwar die Möglichkeit des Zugangs zu einem Gericht, doch wird dadurch nicht ein automatischer Zugang zu einem einheitlichen Verfahren herbeigeführt, auch wenn der Rechtsbehelf abzuweisen ist. Es scheint nämlich so zu sein, dass die Zulassung zur weiteren Prüfung in der Praxis nur in Fällen verweigert wird, in denen es für alle Mitglieder des Berufungsgerichts offensichtlich ist, dass der Rechtsbehelf jeder Grundlage entbehrt. Der finnischen Regierung zufolge müssen die Gründe für die Zulassung zur weiteren Prüfung nämlich flexibel und zugunsten der Partei ausgelegt werden, die die Zulassung zur weiteren Prüfung begehrt(18). Nur im Fall eines offensichtlich unbegründeten Rechtsbehelfs könnte dieser also bereits im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung zurückgewiesen werden. In allen anderen Fällen wird der Rechtsbehelf am Ende gründlich geprüft werden, nachdem er vom Berufungsgericht zugelassen worden ist.

57.      Drittens ist das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren nur dann mit Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar, wenn mögliche Entscheidungen, mit denen eine Zulassung abgelehnt wird, ordnungsgemäß begründet werden.

58.      Die mündliche Verhandlung hat in dieser Frage eine erhebliche Meinungsverschiedenheit zwischen der finnischen Regierung und der Kommission offenbart. Die finnische Regierung hat vorgetragen, dass eine solche Entscheidung nach der Prozessordnung begründet werden müsse, während die Kommission, ebenfalls gestützt auf die Prozessordnung, geltend gemacht hat, dass dies nicht zwingend der Fall sei.

59.      Es ist nicht Sache des Gerichtshofs, über diese entgegengesetzten Standpunkte betreffend die richtige Auslegung des nationalen Rechts zu entscheiden, sondern er muss darüber urteilen, welche Anforderungen sich aus dem Unionsrecht ergeben. Dieses schreibt nun aber vor, dass Entscheidungen wie die Ablehnung der Zulassung des Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung mit Gründen zu versehen sind.

60.      Zunächst basiert die Begründungspflicht allgemein auf zwei dieser Pflicht eigenen Funktionen. Die Begründungspflicht ermöglicht es den Beteiligten, von den Gründen Kenntnis zu nehmen, die das Gericht dazu veranlasst haben, eine Entscheidung zu erlassen, und dem Gericht, das möglicherweise mit einem gegen diese Entscheidung gerichteten Rechtsbehelf befasst wird, über alle zur Ausübung seiner richterlichen Kontrolle erforderlichen Informationen zu verfügen(19). Der Gerichtshof hat insoweit bereits darauf hingewiesen, dass das Recht auf ein faires Verfahren verlangt, dass jede gerichtliche Entscheidung mit Gründen zu versehen ist, damit der Beklagte die Gründe seiner Verurteilung verstehen und gegen eine solche Entscheidung auf zweckdienliche und wirksame Weise ein Rechtsmittel einlegen kann(20).

61.      Wenn das Berufungsgericht nicht verpflichtet wäre, seine Entscheidung zu begründen, insbesondere, wenn es die Zulassung zur weiteren Prüfung ablehnt, so wäre die im finnischen Recht vorgesehene Möglichkeit, gegen diese ablehnende Entscheidung beim Obersten Gerichtshof einen Rechtsbehelf einzulegen, weitgehend theoretisch. Ohne Begründung wäre es zumindest schwierig, die Entscheidung des Berufungsgerichts wirksam anzufechten, und wäre der Oberste Gerichtshof nicht in der Lage, ihre Begründetheit zu beurteilen.

62.      Ferner ist die Pflicht zur Begründung auf der Ebene einer Beschwerdeentscheidung im Rahmen des mit der Verordnung Nr. 44/2001 eingeführten Rechtsbehelfssystems besonders fundamental. So ist darauf hinzuweisen, dass zum einen die im ersten Rechtszug erlassene Entscheidung über den Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht der Begründungspflicht unterliegt. Auf der anderen Seite ist festzustellen, dass in Finnland, wie auch in anderen Mitgliedstaaten, das Rechtsmittel vor dem Obersten Gerichtshof gegen eine Beschwerdeentscheidung ebenfalls einem System der vorherigen Zulassung unterworfen ist.

63.      Folglich ist die auf den in Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Rechtsbehelf erlassene Entscheidung die erste (und potenziell auch die letzte) Entscheidung, in der die in den Art. 34 und 35 dieser Verordnung vorgesehenen Ablehnungsgründe in vollem Umfang berücksichtigt werden müssen. Es ist nicht vorstellbar, dass eine Partei von den durch diese Verordnung zuerkannten Möglichkeiten Gebrauch machen kann, um die Vollstreckung eines in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteils zu verhindern, wenn sie zu keinem Zeitpunkt eine mit Gründen versehene Entscheidung erhalten hat(21).

64.      Schließlich ist es im Hinblick auf die Begründungspflicht bedeutsam, dass das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung im vorliegenden Fall das Beschwerdestadium betrifft. Denn in Anbetracht dieses Umstands kann der – völlig vernünftige – Standpunkt des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach eine im Rahmen eines Verfahrens der Filterung im Kassationsstadium erlassene Entscheidung („zweites Rechtsmittel“ vor den obersten Gerichten, das im Allgemeinen auf Rechtsfragen beschränkt ist) nicht unbedingt begründet sein muss(22), logischerweise nicht auf das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung im Stadium des Beschwerdeverfahrens Anwendung finden, wenn dieses in Wirklichkeit einen ersten Rechtsweg darstellt, der die Berücksichtigung der Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung des in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Urteils ermöglicht.

65.      Deshalb ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob die Entscheidungen über die Ablehnung der Zulassung des Rechtsbehelfs in der Beschwerdeinstanz zwingend begründet werden müssen. Für den Fall, dass das Berufungsgericht dazu nicht verpflichtet sein sollte, wäre das Zulassungsverfahren meines Erachtens mit Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht vereinbar. Sollte sich nämlich herausstellen, dass das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung im Rahmen des nationalen Rechtsschutzsystems ohne Berücksichtigung der Besonderheiten des mit der Verordnung Nr. 44/2001 eingeführten Systems eingeführt wurde, könnte dies zu einer mechanischen Durchführung dieses Verfahrens führen, was schwerlich mit den Anforderungen der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar wäre.

66.      In Anbetracht dieser Erwägungen bin ich der Ansicht, dass Art. 43 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, erlaubt, sofern in materieller Hinsicht die in den Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001 enthaltenen Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung im Rahmen der Gründe für die Zulassung zur weiteren Prüfung geltend gemacht und berücksichtigt werden können und in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Entscheidungen, mit denen eine Zulassung zur weiteren Prüfung abgelehnt wird, verpflichtend mit Gründen zu versehen sind.

B.      Zur zweiten und zur dritten Vorlagefrage

67.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage will das vorlegende Gericht vom Gerichtshof im Wesentlichen wissen, ob ein Verfahren der Zulassung der Beschwerde zur weiteren Prüfung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende, in dem die gegnerische Partei bzw. die Partei, die den Rechtsbehelf nicht eingelegt hat, nicht angehört wird, mit dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens im Sinne von Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar ist.

68.      Was die dritte Frage des vorlegenden Gerichts betrifft, verstehe ich diese dahin, dass mit ihr die Folgen bestimmt werden sollen, die sich daraus ergeben, dass Art. 43 Abs. 1 dieser Verordnung vorsieht, dass der Rechtsbehelf nicht nur von der Partei erhoben werden kann, die die Vollstreckung beantragt hat, sondern auch von der Partei, gegen die die Vollstreckung erwirkt wurde.

69.      Daraus folgt, dass diese beiden Fragen im Wesentlichen das gleiche Ziel haben: Mit ihnen soll geklärt werden, ob das im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verfahren mit Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar ist. Ich schlage daher vor, diese Fragen zusammen zu behandeln.

70.      Zunächst vermag ich nicht zu erkennen, inwiefern ein solches Verfahren, das aus berechtigten Gründen geordneter Rechtspflege vor allem bezweckt, eine rasche Behandlung offensichtlich unbegründeter Rechtsbehelfe zu ermöglichen, nicht mit dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens vereinbar sein sollte.

71.      Wenn auch Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 eindeutig vorsieht, dass der Rechtsbehelf nach den Regeln des kontradiktorischen Verfahrens zu prüfen ist, so ist doch festzustellen, dass der Unionsgesetzgeber die mit dem kontradiktorischen Charakter des Verfahrens in Zusammenhang stehenden Erfordernisse nicht weiter erläutert hat. Folglich unterfällt die Ausgestaltung des Rechtsbehelfsverfahrens der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sofern der im Licht der Besonderheiten des durch die Verordnung Nr. 44/2001 eingeführten Exequatursystems verstandene Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens beachtet wird.

72.      Der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ist im Rahmen des durch die Verordnung Nr. 44/2001 errichteten Systems von grundlegender Bedeutung, um den freien Verkehr von gerichtlichen Entscheidungen in der Europäischen Union zu gewährleisten. Wie oben erwähnt(23), soll das Exequaturverfahren es dem Antragsteller nämlich ermöglichen, im Rahmen eines nicht kontradiktorischen Verfahrens(24) die Vollstreckung aus einem mit den erforderlichen Garantien in einem anderen Mitgliedstaat erlassenen Urteil einfach und rasch zu erreichen(25). Dagegen hat der Unionsgesetzgeber, da die erste „Instanz“ keinen kontradiktorischen Charakter hat, ausdrücklich verlangt, dass dies beim Rechtsbehelfsverfahren der Fall sein müsse(26).

73.      In Bezug auf die sich aus dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens ergebenden Anforderungen hat der Gerichtshof bereits wiederholt festgestellt, dass dieser Grundsatz im Rahmen sowohl der Verwaltungs- als auch der Gerichtsverfahren für die Parteien eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens als allgemeine Regel zur Folge hat, dass sie die rechtliche Möglichkeit haben, zu den Tatsachen und Schriftstücken Stellung zu nehmen, auf die eine behördliche oder gerichtliche Entscheidung gestützt wird, und die vor der Verwaltungsbehörde oder dem Gericht vorgebrachten Beweise und Erklärungen sowie die rechtlichen Gesichtspunkte zu erörtern, die von dieser Stelle von Amts wegen berücksichtigt wurden und auf die es ihre Entscheidung gründen möchte(27).

74.      Konkret schützt dieser Grundsatz eine Partei im Hinblick auf die Gesichtspunkte, die für den Erlass einer Entscheidung entscheidend(28) sind, die sie in ihren Interessen berührt(29). Somit ist die Wahrung des kontradiktorischen Verfahrens untrennbar mit dem Grundgedanken verbunden, dass die Gesichtspunkte, die einer zum Nachteil einer Partei ergangenen Entscheidung zugrunde liegen, von dieser Partei erörtert werden müssen(30).

75.      In Anbetracht dieser Definition des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens sehe ich keinen Grund für die Annahme, dass ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende diesen Grundsatz beeinträchtigt.

76.      Da das Berufungsgericht in der Phase der Zulassung zur weiteren Prüfung keine für die Gegenpartei, d. h. die Partei, die nicht den Rechtsbehelf eingelegt hat, nachteilige oder beschwerende Entscheidung erlassen kann, ist das Recht dieser Partei auf ein kontradiktorisches Verfahren nicht verletzt, wenn sie in diesem Stadium keine Stellungnahme abgibt.

77.      So hat erstens die Ablehnung der Zulassung zur weiteren Prüfung zur Folge, dass die für diese Partei günstige erstinstanzliche Entscheidung bestätigt und, sofern kein Rechtsmittel beim Obersten Gerichtshof eingelegt wird, unanfechtbar wird. Folglich kann diese Entscheidung die Partei, die von dem erstinstanzlichen Urteil begünstigt wird, nicht belasten(31).

78.      Zweitens hat die finnische Regierung in der mündlichen Verhandlung, von der Kommission unwidersprochen, bestätigt, dass das Berufungsgericht, unabhängig von der Stellung der Partei, die den Rechtsbehelf eingelegt hat, im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung die Entscheidung nicht in der Sache ändern kann. Insbesondere kann es z. B. den Rechtsbehelf nicht für offensichtlich begründet erklären, ohne dass die gegnerische Partei angehört worden wäre(32); andernfalls läge ganz offensichtlich ein schwerer Verstoß gegen den Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens vor.

79.      Drittens ist die im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung ergangene Entscheidung eine vorbereitende Entscheidung, deren Tragweite definitionsgemäß auf die Frage der Zulassung zur weiteren Prüfung beschränkt ist. Folglich greift sie der Prüfung des Rechtsbehelfs nach seiner vollumfänglichen Prüfung nicht vor. Wenn also die Zulassung erteilt wurde, ohne dass die Partei, die den Rechtsbehelf nicht eingelegt hat – gleich, ob es sich dabei, je nach Fallgestaltung, um die Person handelt, die die Vollstreckbarerklärung beantragt hat, oder diejenige, gegen die sich die Vollstreckbarkeitsentscheidung richtet –, zur Stellungnahme aufgefordert wurde, so ist eine solche Entscheidung als solche ebenfalls nicht geeignet, die Interessen dieses Beteiligten zu beeinträchtigen.

80.      In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission in Übereinstimmung mit ihren schriftlichen Erklärungen geltend gemacht, dass der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens von so großer Bedeutung sei, dass er keinen Beschränkungen unterworfen werden dürfe, und dass folglich das finnische System der Zulassung zur weiteren Prüfung diesen Grundsatz nicht beachte.

81.      Abgesehen davon, dass ein solcher „absoluter“ Standpunkt es nicht erlaubt, die zwingenden Erfordernisse des Schutzes der Verteidigungsrechte mit anderen völlig berechtigten Interessen, wie z. B. der Zügigkeit und der geordneten Rechtspflege, in Einklang zu bringen, weise ich vor allem darauf hin, dass die Kommission nicht in der Lage war, im vorliegenden Fall irgendeine konkrete Beeinträchtigung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens nachzuweisen.

82.      Schließlich weise ich darauf hin, dass gemäß den Erklärungen der finnischen Regierung die Partei, die den Rechtsbehelf nicht eingelegt hat, zwingend darum ersucht werden muss, sich in der Phase der vollumfänglichen Prüfung des Rechtsbehelfs zu äußern. Es ist daher offensichtlich so, dass gemäß Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 der Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens in dem Stadium gewahrt wird, in dem die Entscheidung des Berufungsgerichts diese Partei belasten kann.

83.      In Anbetracht aller obenstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, nicht gegen das Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens verstößt, da die im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung erlassene Entscheidung als solche nicht geeignet ist, die Interessen der Gegenpartei zu beeinträchtigen.

V.      Ergebnis

84.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland) zu antworten:

1.      Art. 43 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen erlaubt ein Verfahren der Zulassung eines Rechtsbehelfs zur weiteren Prüfung, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, sofern in materieller Hinsicht die in den Art. 34 und 35 dieser Verordnung enthaltenen Gründe für die Ablehnung der Vollstreckung im Rahmen der Gründe für die Zulassung zur weiteren Prüfung geltend gemacht und berücksichtigt werden können und in verfahrensrechtlicher Hinsicht die Entscheidungen, mit denen eine Zulassung zur weiteren Prüfung abgelehnt wird, verpflichtend mit Gründen zu versehen sind.

2.      Art. 43 Abs. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 ist dahin auszulegen, dass ein Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung, wie es im Ausgangsverfahren in Rede steht, nicht gegen das Erfordernis eines kontradiktorischen Verfahrens verstößt, da die im Stadium der Zulassung zur weiteren Prüfung erlassene Entscheidung als solche nicht geeignet ist, die Interessen der Gegenpartei zu beeinträchtigen.


1      Originalsprache: Französisch.


2      Verordnung des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).


3      ABl. 1998, C 27, S. 1.


4      Im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen.


5      Da die Klage vor dem estnischen Gericht vor dem 10. Januar 2015 erhoben wurde, ist die Verordnung Nr. 44/2001 gemäß Art. 66 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1) ratione temporis weiter anwendbar.


6      Vgl. Erwägungsgründe 16 und 17 der Verordnung Nr. 44/2001. Vgl. auch Urteil vom 14. Dezember 2006, ASML (C‑283/05, EU:C:2006:787, Rn. 23).


7      In einigen Sprachfassungen der Verordnung Nr. 44/2001, wie z. B. in der spanischen, der französischen oder der italienischen Fassung, wird für diese zweite Gerichtsinstanz der Begriff „recours“ (Rechtsbehelf) verwendet, was auf eine erste Instanz hindeuten könnte, so dass in funktioneller Hinsicht der Struktur dieser Verordnung entsprochen wird. Dagegen ist in anderen sprachlichen Versionen der verwendete Begriff jener des „appel“ (Berufung bzw. Beschwerde), wie die englische („appeal“) oder die tschechische („opravný prostředek“) Fassung zeigen, die insoweit an eine zweite Instanz denken lassen, entsprechend dem Umstand, dass es sich in formeller Hinsicht oft um ein Gericht der zweiten Instanz handelt.


8      Gemäß Art. 45 der Verordnung Nr. 44/2001.


9      Insoweit ist anzumerken, dass, auch wenn die Verordnung Nr. 1215/2012 das Exequaturverfahren beseitigt hat, eine Kontrolle der in den Art. 34 und 35 der Verordnung Nr. 44/2001 bezeichneten Gründe weiter stattfindet, wie die Art. 45 und 46 der Verordnung Nr. 1215/2012 zeigen.


10      Im Folgenden: Charta. Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. September 2014, A (C‑112/13, EU:C:2014:2195, Rn. 51 und die dort angeführte Rechtsprechung), wobei das Rechtsbehelfsverfahren, das auf die Anfechtung der Entscheidung über die Feststellung der Vollstreckbarkeit gemäß Art. 43 der Verordnung Nr. 44/2001 gerichtet ist, als Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art. 51 der Charta (Beschluss vom 13. Juni 2012, GREP, C‑156/12, nicht veröffentlicht, EU:C:2012:342, Rn. 31) anzusehen ist.


11      Vgl. Urteil vom 8. November 2005, Leffler (C‑443/03, EU:C:2005:665, Rn. 49).


12      Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte bereits über die Vereinbarkeit der Mechanismen der Filterfunktion von Rechtsbehelfen in der Berufungs- und Kassationsinstanz mit den Art. 6 und 13 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten [Europäischen] Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten zu entscheiden. Er hat wiederholt geurteilt, dass das Recht auf Zugang zu Gericht Beschränkungen unterliegen kann, vorausgesetzt, dass diese Beschränkungen Art. 6 dieser Konvention nicht in seinem Wesenskern antasten und dass sie ein berechtigtes Ziel verfolgen. Insoweit wurden die Ziele der guten Verwaltung und der Verhinderung der Überlastung der Gerichtsbehörden von ihm als berechtigt angesehen (EGMR, 13. Juli 1995, Tolstoy Miloslavsky/Vereinigtes Königreich, CE:ECHR:1995:0713JUD001813991, § 61, 11. Oktober 2001, Rodríguez Valín/Spanien, CE:ECHR:2001:1011JUD004779299, § 22, und 19. Dezember 1997, Brualla Gómez de la Torre/Spanien, CE:ECHR:1997:1219JUD002673795, § 36).


13      Vgl. in diesem Sinne betreffend die gerichtliche Zusammenarbeit in Zivilsachen Urteile vom 8. November 2005, Leffler (C‑443/03, EU:C:2005:665, Rn. 50), und vom 9. November 2016, ENEFI (C‑212/15, EU:C:2016:841, Rn. 30).


14      Vgl. Urteile vom 26. September 2018, Belastingdienst/Toeslagen (Aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels) (C‑175/17, EU:C:2018:776, Rn. 47), und vom 26. September 2018, Staatssecretaris van Veiligheid en justitie (Aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels) (C‑180/17, EU:C:2018:775, Rn. 43).


15      Dieses Recht ist nicht mit dem Recht auf mehrere Rechtszüge zu verwechseln. Insoweit folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Schutzes dem Einzelnen ein Recht auf Zugang zu einem Gericht und nicht zu mehreren Gerichtsinstanzen eröffnet (Urteil vom 28. Juli 2011, Samba Diouf, C‑69/10, EU:C:2011:524, Rn. 69).


16      Vgl. Beschluss vom 16. November 2010, Internationale Fruchtimport Gesellschaft Weichert/Kommission (C‑73/10 P, EU:C:2010:684, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte).


17      Insoweit lässt sich das Verfahren der Zulassung zur weiteren Prüfung mit dem Antrag auf Zulassung der Einlegung eines Rechtsbehelfs in der Rechtssache, die zu dem Urteil vom 15. März 2018, North East Pylon Pressure Campaign und Sheehy (C‑470/16, EU:C:2018:185), führte, vergleichen.


18      Im Übrigen folgt offensichtlich aus § 18 in Kapitel 25a des Prozessgesetzbuchs, dass die Zulassung zur weiteren Prüfung erfüllt wird, sofern bei einem aus drei Mitgliedern bestehenden Spruchkörper mindestens eines der Mitglieder die Zulassung befürwortet.


19      Vgl. insbesondere Urteil vom 15. November 2012, Rat/Bamba (C‑417/11 P, EU:C:2012:718, Rn. 49).


20      Vgl. Urteil vom 6. September 2012, Trade Agency (C‑619/10, EU:C:2012:531, Rn. 53).


21      Die Bedeutung, Adressat einer begründeten Entscheidung zu sein, wird auch durch den Umstand verstärkt, dass gemäß Art. 44 in Verbindung mit Anhang IV der Verordnung Nr. 44/2001 die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet sind, einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung vorzusehen, die auf einen Rechtsbehelf im Sinne von Art. 43 dieser Verordnung erlassen wurde.


22      Vgl. Entscheidungen des EGMR zur Zulässigkeit vom 9. März 1999, Société anonyme Immeuble groupe Kosser/Frankreich (CE:ECHR:1999:0309DEC003874897), vom 28. Januar 2003, Burg u. a./Frankreich (CE:ECHR:2003:0128DEC003476302), sowie vom 6. September 2005, Glender/Schweden (CE:ECHR:2005:0906DEC002807003).


23      Vgl. Nrn. 24 bis 26 der vorliegenden Schlussanträge.


24      Art. 41 der Verordnung Nr. 44/2001 stellt eindeutig klar, dass „[d]er Schuldner … in diesem Abschnitt des Verfahrens keine Gelegenheit [erhält], eine Erklärung abzugeben“.


25      Vgl. bezüglich des Brüsseler Übereinkommens Urteile vom 21. Mai 1980, Denilauler (125/79, EU:C:1980:130, Rn. 14), vom 12. Juli 1984, P. (178/83, EU:C:1984:272, Rn. 11), und vom 10. Juli 1986, Carron (198/85, EU:C:1986:313, Rn. 8).


26      Vgl. Urteil vom 11. Mai 2000, Renault (C‑38/98, EU:C:2000:225, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).


27      Vgl. im Hinblick auf Verwaltungsverfahren im Rahmen der Durchführung des Unionsrechts in den Mitgliedstaaten Urteile vom 22. Oktober 2013, Sabou (C‑276/12, EU:C:2013:678, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung), vom 5. November 2014, Mukarubega (C‑166/13, EU:C:2014:2336, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung), sowie vom 9. November 2017, Ispas (C‑298/16, EU:C:2017:843, Rn. 26). Vgl. im Hinblick auf Verwaltungs- oder Gerichtsverfahren vor den Behörden oder Gerichten der Union Urteil vom 17. Dezember 2009, Überprüfung M/EMEA (C‑197/09 RX‑II, EU:C:2009:804, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).


28      Vgl. Urteile vom 2. Dezember 2009, Kommission/Irland u. a. (C‑89/08 P, EU:C:2009:742, Rn. 56), und vom 17. Dezember 2009, Überprüfung M/EMEA (C‑197/09 RX‑II, EU:C:2009:804, Rn. 41). Vgl. entsprechend Standpunkt des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Urteil vom 20. Juli 2001, Pellegrini/Italien (CE:ECHR:2001:0720JUD003088296, § 44).


29      Im Bereich der Verwaltung ist es, damit die Verletzung der Verteidigungsrechte einer Partei festgestellt wird und diese Verletzung die Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts nach sich zieht, von Bedeutung, dass die Interessen dieser Partei beeinträchtigt wurden (vgl. als Beispiel für die Anwendung dieser Rechtsprechung Urteil vom 2. Oktober 2003, Corus UK/Kommission, C‑199/99 P, EU:C:2003:531, Rn. 19 bis 25). Im Hinblick auf die Verletzung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens vor dem Unionsrichter weise ich darauf hin, dass gemäß Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ein Rechtsmittel nur auf Fehler des Verfahrens vor dem Gericht gestützt werden kann, durch die die Interessen des Rechtsmittelführers beeinträchtigt werden.


30      Sowohl nach der Ansicht des Gerichtshofs als auch nach jener des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte kann die Tragweite der Garantien, die mit der Beachtung des entweder als eigenständig oder als Bestandteil der Verteidigungsrechte gesehenen kontradiktorischen Verfahrens zusammenhängen, je nach den Besonderheiten des in Rede stehenden Verfahrens variieren (Urteil vom 5. November 2014, Mukarubega, C‑166/13, EU:C:2014:2336, Rn. 54). Vgl. allgemein Fricero, N., „Le droit à une procédure civile contradictoire dans la jurisprudence de la Cour européenne des droits de l’homme“, Revue trimestrielle des droits de l’homme, Anthemis, Wavre, 2016, S. 381 bis 393, insbesondere S. 388 bis 390.


31      Nach § 17 in Kapitel 25a des Prozessgesetzbuchs wird, wenn der Rechtsbehelf nicht zur weiteren Prüfung zugelassen wird, die Entscheidung des Gerichts erster Instanz bestätigt.


32      Es lässt sich feststellen, dass insoweit eine Analogie zu der vereinfachten Behandlung der Rechtsmittel vor dem Gerichtshof besteht. Im Fall des offensichtlich unbegründeten Rechtsmittels kann der Gerichtshof entscheiden, dieses Rechtsmittel durch mit Gründen versehenen Beschluss zurückzuweisen, ohne die Parteien anzuhören. Dagegen kann der Gerichtshof im Fall eines offensichtlich begründeten Rechtsmittels dieses nur nach vorheriger Anhörung als offensichtlich begründet erklären (vgl. Art. 181 bzw. Art. 182 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs).