Language of document : ECLI:EU:T:2018:6

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

16. Januar 2018(*)

„Staatliche Beihilfen – Beihilfen der französischen Behörden zugunsten von EDF – Neueinstufung der im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen für die Erneuerung des allgemeinen Versorgungsnetzes als Kapitalerhöhung – Beschluss, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt wird – Rechtskraft – Kriterium des privaten Kapitalgebers“

In der Rechtssache T‑747/15

Électricité de France (EDF) mit Sitz in Paris (Frankreich), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt M. Debroux,

Klägerin,

unterstützt durch

Französische Republik, zunächst vertreten durch G. de Bergues, D. Colas und J. Bousin, dann durch D. Colas und J. Bousin als Bevollmächtigte,

Streithelferin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch É. Gippini Fournier, B. Stromsky und D. Recchia als Bevollmächtigte,

Beklagte,

wegen einer Klage nach Art. 263 AEUV auf Nichtigerklärung der Art. 1 bis 5 des Beschlusses (EU) 2016/154 der Kommission vom 22. Juli 2015 über die staatliche Beihilfe Frankreichs SA.13869 (C 68/2002) (ex NN 80/2002) zugunsten von EDF – Neueinstufung der im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen für die Erneuerung des allgemeinen Versorgungsnetzes als Kapital (ABl. 2016, L 34, S. 152)

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen (Berichterstatter), des Richters V. Kreuschitz und der Richterin N. Półtorak,

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

I.      Vorgeschichte des Rechtsstreits

A.      Einleitung

1        Mit Beschluss vom 16. Oktober 2002 (ABl. 2002, C 280, S. 8, im Folgenden: Einleitungsbeschluss) leitete die Kommission der Europäischen Gemeinschaften das formelle Prüfverfahren gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV in Bezug auf den Vorteil ein, der daraus entstanden sei, dass die Klägerin, die Électricité de France (EDF), bei der Umstrukturierung ihrer Bilanz im Jahr 1997 für einen Teil der Betriebsrücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des allgemeinen Versorgungsnetzes (im Folgenden: AVN) gebildet und als Kapitalerhöhung neueingestuft worden seien, die geschuldete Körperschaftsteuer nicht gezahlt habe.

2        Mit Entscheidung vom 16. Dezember 2003 (ABl. 2005, L 49, S. 9, im Folgenden: ursprüngliche Entscheidung) erklärte die Kommission die Beihilfemaßnahme, die EDF gewährt worden war, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und ordnete die Rückforderung der Beihilfe zuzüglich Zinsen an. Die Beihilfe wurde im Februar 2004 an die Französische Republik zurückgezahlt.

3        Mit Urteil vom 15. Dezember 2009, EDF/Kommission (T‑156/04, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache T‑156/04, EU:T:2009:505), erklärte das Gericht die Art. 3 und 4 der ursprünglichen Entscheidung für nichtig. Auf dieses Urteil hin zahlte die Französische Republik den Beihilfebetrag, den EDF zurückgezahlt hatte, erneut an EDF aus.

4        Mit Urteil vom 5. Juni 2012, Kommission/EDF (C‑124/10 P, im Folgenden: Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, EU:C:2012:318), wies der Gerichtshof das von der Kommission gegen das Urteil in der Rechtssache T‑156/04 eingelegte Rechtsmittel zurück.

5        Mit Beschluss vom 2. Mai 2013 (ABl. 2013, C 186, S. 73), der eine Aufforderung zur Stellungnahme nach Art. 108 Abs. 2 AEUV enthielt (im Folgenden: Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens), beschloss die Kommission, das förmliche Prüfverfahren auszuweiten.

6        Mit Beschluss (EU) 2016/154 vom 22. Juli 2015 über die staatliche Beihilfe Frankreichs SA.13869 (C 68/2002) (ex NN 80/2002) zugunsten von EDF – Neueinstufung der im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen für die Erneuerung des AVN als Kapital (ABl. 2016, L 34, S. 152, im Folgenden: angefochtener Beschluss) erklärte die Kommission die Beihilfemaßnahme, die EDF gewährt worden war, erneut für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und ordnete die Rückforderung der Beihilfe zuzüglich Zinsen an. Die Beihilfe wurde am 13. Oktober 2015 an die Französische Republik zurückgezahlt.

7        Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat EDF die vorliegende Klage erhoben.

B.      Zum Beihilfeempfänger

8        EDF wurde durch die Loi no 46‑628, du 8 avril 1946, sur la nationalisation de l’électricité et du gaz (Gesetz Nr. 46‑628 vom 8. April 1946 über die Verstaatlichung von Strom und Gas) (JORF vom 9. April 1946, S. 2651) gegründet. Nach Art. 1 dieses Gesetzes wurde die Erzeugung, die Übertragung, die Verteilung, die Einfuhr und die Ausfuhr von Strom in Frankreich verstaatlicht. Dieses Gesetz übertrug die Verwaltung der verstaatlichten Elektrizitätsunternehmen einem staatlichen Industrie- und Handelsunternehmen mit dem Namen „Électricité de France (EDF), Service National“.

9        Art. 16 des Gesetzes Nr. 46‑628 sah vor, dass der Nettobetrag der auf EDF übertragenen Vermögensgegenstände, Rechte und Verbindlichkeiten deren Kapital bildete, dem Staat gehörte, unveräußerlich war und, im Fall von Betriebsverlusten, aus den Ergebnissen der späteren Geschäftsjahre wieder aufzustocken war. Gemäß Art. 1 des Décret no 56‑493, du 14 mai 1956, relatif aux dotations en capital à EDF (Dekret Nr. 56‑493 vom 14. Mai 1956 über Kapitalerhöhungen bei EDF) (JORF vom 19. Mai 1956, S. 4613) unterlagen Kapitalerhöhungen den durch Art. 16 des vorgenannten Gesetzes festgelegten Regeln. Gemäß Art. 2 des Dekrets führten diese Erhöhungen zu Zins- und Dividendenzahlungen an den Staat.

10      Gemäß dem Gesetz Nr. 46‑628 war EDF seit ihrer Gründung und auch noch im Jahr 1997 ein staatliches Industrie- und Handelsunternehmen, das nicht den für Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen unterlag. Durch die Loi no 2004‑803, du 9 août 2004, relative au service public de l’électricité et du gaz et aux entreprises électriques et gazières (Gesetz Nr. 2004‑803 vom 9. August 2004 über die öffentliche Strom- und Gasversorgung und Unternehmen des Strom- und Gassektors) (JORF vom 11. August 2004, S. 14256) wurde diese Rechtsform geändert, und in Art. 24 dieses Gesetzes wurde festgelegt, dass EDF, bei der mehr als 70 % des Kapitals vom Staat gehalten werden mussten, den für Aktiengesellschaften geltenden Bestimmungen unterliegt, sofern durch Rechtsvorschriften nichts anderes geregelt ist. Art. 47 des Gesetzes Nr. 2004‑803 sieht auch die spätere Umwandlung des staatlichen Unternehmens EDF in eine Aktiengesellschaft vor, vorbehaltlich der Veröffentlichung eines Dekrets über die neue Rechtsform. Art. 46 dieses Gesetzes legt fest, dass die Bilanz der Gesellschaft EDF zum 31. Dezember 2004 auf Grundlage der Bilanz zum 31. Dezember 2003 und der Ergebnisrechnung für das Geschäftsjahr 2004 des öffentlichen Unternehmens EDF erstellt wird.

11      Die Umwandlung von EDF in eine Aktiengesellschaft wurde in Umsetzung des Décret no 2004‑1224, du 17 novembre 2004, portant statuts de la société anonyme EDF (Dekret Nr. 2004‑1224 vom 17. November 2004 über die Satzung der Aktiengesellschaft EDF) (JORF vom 19. November 2004, S. 19505) wirksam. Die Satzung im Anhang des Dekrets sieht vor, dass EDF nunmehr eine Aktiengesellschaft ist, die den für Handelsgesellschaften geltenden Gesetzen und Verordnungen, insbesondere dem Handelsgesetzbuch, unterliegt, sofern nicht durch speziellere Bestimmungen, hierin eingeschlossen die Satzung selbst, etwas anderes festgelegt wird.

12      Art. 6 der Satzung von EDF sieht vor, dass das anfänglich vollständig vom Staat gehaltene Gesellschaftskapital der Gesellschaft auf den Betrag von 8,129 Mrd. Euro festgesetzt wird, aufgeteilt in 1 625 800 000 Aktien zu jeweils 5 Euro. Das Gesellschaftskapital der neuen Aktiengesellschaft EDF wurde im November 2004 auf den Betrag festgesetzt, der dem Kapital und den bisher erfolgten Kapitalerhöhungen des staatlichen Industrie- und Handelsunternehmens EDF entsprach, d. h. auf 8,1 Mrd. Euro. Dieser Betrag aus Kapital und Kapitalerhöhungen wurde in Umsetzung der Loi no 97‑1026, du 10 novembre 1997, portant diverses mesures d’ordre économique et commercial (Gesetz Nr. 97‑1026 vom 10. November 1997 über verschiedene Wirtschafts- und Handelsmaßnahmen) (JORF vom 11. November 1997, S. 16387) erreicht und war zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Beschlusses seit 1997 unverändert.

13      Das Gesetz Nr. 2004‑803 und die Satzung von EDF sehen im Übrigen vor, dass der Staat jederzeit mehr als 70 % des Gesellschaftskapitals halten muss. Im November 2005 wurden neue EDF‑Aktien, die zur Notierung an der Euronext zugelassen waren, zu offenem Preis angeboten (Open Price Offer, im Folgenden: OPO), wodurch das Kapital von EDF auch für andere Aktionäre als den Staat geöffnet wurde.

C.      Zur Bildung von Betriebsrücklagen für die Erneuerung des AVN

14      Nach Art. 36 des Gesetzes Nr. 46‑628 wurden der EDF sämtliche verstaatlichten Stromkonzessionen übertragen. Gemäß Art. 37 dieses Gesetzes ist der Konzessionär im Hinblick auf diese Konzessionen zur Einhaltung eines Standard-Lastenhefts verpflichtet. Die auf diese Weise vom Staat auf EDF übertragenen verschiedenen Konzessionen für die Stromübertragung wurden 1958 vereinheitlicht und in einer einzigen Konzession, dem „AVN“ zusammengefasst.

15      Da es für die Konzessionen keine eigenen Buchhaltungsvorschriften gab, betrachtete sich EDF von 1946 an als Eigentümerin der zum AVN gehörenden Vermögensgegenstände und trug diese auf der Aktivseite der Bilanz ein.

16      Gemäß Art. 8 des durch das Dekret Nr. 56‑1225 vom 28. November 1956 angenommenen Lastenhefts war EDF verpflichtet, auf eigene Kosten alle Wartungs- und Erneuerungsarbeiten durchzuführen, die erforderlich sind, um die von der Konzession abgedeckten Anlagen in ordnungsgemäßem Betriebszustand zu erhalten.

17      Infolge einer im Jahr 1982 erfolgten Änderung des allgemeinen Kontenrahmens, die spezielle Vorschriften für Vermögensgegenstände vorsah, die nach Ablauf der Konzession an den Staat zurückfallen, änderte EDF im Jahr 1987 ihre Buchhaltungspraxis für die Sachwerte des AVN, die bisher als eigene Vermögensgegenstände betrachtet worden waren, und führte diese Vermögenswerte unter dem Bilanzposten „konzessionierte Vermögenswerte“ auf. EDF wandte somit auf diese Vermögenswerte die Sonderbuchhaltungsvorschriften an, die in Frankreich für die konzessionierten Vermögenswerte galten, die nach Ablauf der Konzession an den Staat zurückgegeben werden müssen, und bildete im Rahmen der Steuerfreigrenze Rücklagen für die Erneuerung des AVN.

18      In einem Bericht aus dem Jahr 1994 war der französische Rechnungshof der Auffassung, dass es im Falle eines einzigen und dauerhaften Konzessionärs des Staates, der wie EDF durch Gesetz bestimmt worden sei, schwer falle, die das AVN bildenden Vermögensgegenstände als Sachwerte, die nach Ablauf der Konzession an den Staat zurückfallen müssten, im Gegensatz zu den eigenen, im Eigentum von EDF stehenden Vermögensgegenständen des AVN zu betrachten. Mit anderen Worten war die von EDF 1987 eingeführte buchhalterische Änderung, die sich durch die Bildung von Rücklagen im Rahmen der Steuerfreigrenze manifestierte, nach Ansicht des französischen Rechnungshofs nicht gerechtfertigt. Das Unternehmen und die Aufsichtsbehörden nahmen daher Arbeiten auf, um die Situation von EDF zu bereinigen.

19      Im Jahr 1997 verzeichnete EDF in ihrer Rechnungslegung zwei Arten von Rücklagen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze für die Erneuerung des AVN gebildet wurden: die noch nicht verwendeten Rücklagen in Höhe von 38,5 Mrd. FRF und die Ansprüche des Konzessionsgebers, die den bereits durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen entsprachen, in Höhe von 18,345 Mrd. FRF.

D.      Zur Neueinstufung der Betriebsrücklagen

20      Das Gesetz Nr. 97‑1026 hat den Status der Vermögensgegenstände geklärt, aus denen das AVN besteht. Art. 4 dieses Gesetzes bestimmt:

„I.      Die Anlagen des allgemeinen Stromversorgungsnetzes werden als Eigentum von EDF angesehen, seit dieser die Konzession für dieses Netz übertragen wurde.

II.      Zum Zweck der Anwendung der Bestimmungen von Ziff. I wird am 1. Januar 1997 der Gegenwert der konzessionierten Sachwerte des AVN, der auf der Passivseite der Bilanz von EDF steht, nach Abzug entsprechender Wertberichtigungen in den Posten ‚Kapitalerhöhungen‘ aufgenommen …“

21      Fest steht, dass bei allen das Kapital von EDF betreffenden Transaktionen auf das Gesetz zurückzugreifen ist, da Art. 16 des Gesetzes Nr. 46‑628 in der im Jahr 1997 geltenden Fassung nämlich vorsah, dass das Kapital von EDF unveräußerlich war und dem Staat gehörte. Somit fielen die aus der Neueinstufung der Rücklagen für die Erneuerung des AVN resultierenden Kapitalerhöhungen von EDF, nach französischem Recht in den Anwendungsbereich des Gesetzes.

22      Durch das Gesetz Nr. 97‑1026 wird das Eigentum an den Sachwerten des AVN festgelegt. Die Bilanz von EDF wurde durch dieses Gesetz neu organisiert. Die Rücklagen, die von EDF zwischen 1987 und 1996 für die Erneuerung des AVN im Hinblick auf eine Rückgabe dieser Vermögenswerte an den Staat gebildet worden waren, wurden – unabhängig davon, ob sie verwendet wurden oder nicht – gegenstandslos, nachdem die Vermögensgegenstände des AVN als Eigentum von EDF angesehen wurden.

23      In Anlage 1 eines an EDF gerichteten Schreibens des Ministers für Wirtschaft, Finanzen und Industrie, des Staatssekretärs für den Haushalt und des Staatssekretärs für die Industrie vom 22. Dezember 1997 (im Folgenden: Schreiben vom 22. Dezember 1997) wird die Umstrukturierung des oberen Teils der Bilanz von EDF gemäß dem Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 erläutert:

„Neueinstufung der ‚Ansprüche des Konzessionsgebers‘ (18 345 563 605 FRF):

–        Konsolidierung in Kapitalerhöhungen des Gegenwertes der konzessionierten Sachwerte des AVN in Höhe von 14 119 065 335 FRF;

–        Zusammenfassung der Wertberichtigungen des AVN von 1959 (2 425 Mio. FRF) und von 1976 (nicht abschreibungsfähiges Anlagevermögen: 97 Mio. FRF) mit dem Posten ‚Wertberichtigungen AVN‘, dessen Betrag sich somit von 1 720 Mio. FRF auf 4 145 Mio. FRF erhöht;

–        Zusammenfassung der Pflichtrücklagen in Bezug auf die Neubewertung des abschreibungsfähigen Anlagevermögens von 1976 (1 704 Mio. FRF), wobei sich der Posten von 877 Mio. FRF auf 2 581 Mio. FRF erhöht;

–        Neueinstufung der Rücklagen für die Erneuerung, die ungerechtfertigt geworden sind (38 520 943 408 FRF), in den Vortrag auf neue Rechnung gemäß der Stellungnahme des Conseil National de la Comptabilité (französischer Rechnungslegungsrat) Nr. 97‑06 vom 18. Juni 1997 in Bezug auf Rechnungslegungsänderungen.“

24      Im Rahmen der Neuorganisation der Bilanz von EDF sind die französischen Behörden dem Avis no 97‑06, du 18 juin 1997, du Conseil national de la comptabilité (CNC), relatif aux changements de méthodes comptables, changements d’estimation, changements d’options fiscales et corrections d’erreurs (Stellungnahme Nr. 97‑06 des Conseil national de la comptabilité vom 18. Juni 1997 in Bezug auf Änderungen der Buchungsmethoden, Änderungen der Schätzungen, Änderungen der steuerlichen Optionen und Korrekturen von Fehlern, im Folgenden: Stellungnahme des Conseil National de la Comptabilité) gefolgt. Darin wird festgestellt, dass die Korrekturen von Buchungsfehlern, die sich naturgemäß auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, „im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden, in dem sie festgestellt werden“.

25      Gemäß dem Gesetz Nr. 97‑1026 und dem Schreiben vom 22. Dezember 1997 wurden die Wertberichtigungen ohne steuerliche Belastung in den Posten „Eigenkapital“ übertragen, weil sie Mehrwerten durch Wertberichtigung entsprachen, die im Rahmen der Steuerfreigrenze oder im Rahmen eines Systems der steuerlichen Neutralität im Anschluss an die Wertberichtigungsgesetze von 1959 und von 1976 erzielt wurden.

E.      Zur steuerlichen Belastung der Neueinstufung der Betriebsrücklagen

26      In Anlage 3 des Schreibens vom 22. Dezember 1997 werden außerdem die steuerlichen Auswirkungen der Neuorganisation der Bilanz von EDF aufgeführt. Mit der Neueinstufung der nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung in Höhe von 38,5 Mrd. FRF in den Vortrag auf neue Rechnung wird eine Veränderung des Nettovermögens festgestellt, die der Körperschaftsteuer zu dem im Jahr 1997 anwendbaren Satz von 41,66 % unterliegt. Somit wurden die noch nicht verwendeten Rücklagen in Höhe von 38,5 Mrd. FRF von den französischen Behörden besteuert. Dagegen zeigt sich nach Durchsicht dieser Anlage, dass der für die Erneuerung des AVN verwendete Teil der Rücklagen, der den Ansprüchen des Konzessionsgebers entspricht und ebenfalls im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildet und als Kapitalerhöhung konsolidiert wurde, nicht besteuert wurde.

27      Ein von den französischen Behörden an die Kommission gerichteter Vermerk der Generaldirektion Steuern vom 9. April 2002 (im Folgenden: Vermerk vom 9. April 2002) weist hierzu darauf hin, dass „[d]ie Ansprüche des Konzessionsgebers in Bezug auf das AVN … eine nicht bestehende Schuld dar[stellen], die bei der Einbeziehung in das Kapital auf ungerechtfertigte Weise von der Steuer befreit wurde“ und dass „diese Reserve vor ihrer Einbeziehung in das Kapital von der Passivseite der Unternehmensbilanz, wo sie zu Unrecht aufgeführt war, auf ein Reinvermögenskonto hätte übertragen werden müssen, was somit eine positive Veränderung des zu versteuernden Nettovermögens in Anwendung von Art. 38 [Abs. 2]“ des Code général des impôts (französisches Steuergesetzbuch) zur Folge gehabt hätte. Die französischen Behörden stellen fest, dass „[d]er so [1997 von EDF] erzielte Steuervorteil … mit 5,88 Mrd. FRF (14,119 × 41,66 %) bewertet werden kann“.

F.      Zum Einleitungsbeschluss

28      Mit dem Einleitungsbeschluss leitete die Kommission gemäß Art. 108 Abs. 2 AEUV das formelle Prüfverfahren in Bezug auf den Vorteil ein, der darin bestand, dass EDF bei der Umstrukturierung ihrer Bilanz im Jahr 1997 für den Teil der Betriebsrücklagen, die den Ansprüchen des Konzessionsgebers entsprachen, die geschuldete Körperschaftsteuer nicht gezahlt hatte.

29      Festzustellen ist, dass die Kommission im 52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses die Ansicht vertrat, dass der Einleitungsbeschluss, da weder der Gerichtshof noch das Gericht der Auffassung gewesen seien, dass dieser eine Unregelmäßigkeit aufweise, die Grundlage für eine neue abschließende Entscheidung, nämlich den angefochtenen Beschluss bilden könne.

G.      Zur ursprünglichen Entscheidung der Kommission

30      In der ursprünglichen Entscheidung hat die Kommission die Beihilfemaßnahme, die EDF gewährt worden war, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar erklärt und die Rückforderung der Beihilfe zuzüglich Zinsen angeordnet.

31      Der Begründung der ursprünglichen Entscheidung der Kommission ist insbesondere Folgendes zu entnehmen:

„(95)      Die französischen Behörden behaupten …, dass die Buchhaltungsreform von 1997 einer zusätzlichen Kapitalerhöhung um einen Betrag, der der teilweisen Steuerbefreiung entspricht, gleichkommt. Es würde sich also um eine Investition und nicht um eine Beihilfe handeln. Sie behaupten außerdem, dass EDF für den Zeitraum 1987-1996 dem Staat insgesamt eine Summe ausgezahlt hat, die höher war als die Körperschaftsteuer, die eine Gesellschaft des Handelsrechts gezahlt hätte, die keine Rücklagen für die Erneuerung des [AVN] gebildet hätte und die ihrem Aktionär eine Dividende in Höhe von 37,5 % des Nettoergebnisses nach Steuer ausgezahlt hätte.

(96)      Die Kommission kann diese Argumente nur zurückweisen, indem sie daran erinnert, dass der Grundsatz des [privaten Kapitalgebers] nur im Rahmen der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten gelten kann und nicht im Rahmen der Ausübung von Regulierungsbefugnissen. Eine öffentliche Behörde kann das Argument eventueller wirtschaftlicher Vorteile, die sie als Eigentümer eines Unternehmens erhalten könnte, nicht verwenden, um eine Beihilfe zu rechtfertigen, die nach Ermessen bewilligt wurde, durch die Vorrechte, die sie als Steuerbehörde gegenüber demselben Unternehmen besitzt.

(97)      Falls ein [Mitgliedstaat] neben der Ausübung seiner Funktion als öffentliche Gewalt als Aktionär tätig sein kann, so darf er nicht seine Funktionen als Staat, der die öffentliche Gewalt ausübt, und als staatlicher Aktionär miteinander vermischen. Eine Erlaubnis für die Mitgliedstaaten zur Verwendung ihrer Vorrechte als öffentliche Gewalt im Dienste ihrer Investitionen in Unternehmen, die auf für den Wettbewerb offenen Märkten tätig sind, würde die gemeinschaftlichen Vorschriften im Bereich staatliche Beihilfen jeglicher rechtlicher Wirksamkeit berauben. Falls der Vertrag darüber hinaus gemäß seinem Artikel 295 neutral in Bezug auf Kapitaleigentum ist, so müssen für die öffentlichen Unternehmen nichtsdestoweniger dieselben Vorschriften wie für die privaten Unternehmen gelten. Es bestünde keine Gleichbehandlung zwischen den öffentlichen Unternehmen und den Privatunternehmen mehr, wenn der Staat seine Vorrechte als öffentliche Gewalt zugunsten der Unternehmen, deren Aktionär er ist, nutzen würde.“

H.      Zum Urteil in der Rechtssache T156/04

32      EDF, unterstützt durch die Französische Republik, erhob gegen die Entscheidung der Kommission vom 16. Dezember 2003 Nichtigkeitsklage.

33      Mit dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 erklärte das Gericht die Art. 3 und 4 der ursprünglichen Entscheidung für nichtig.

34      In den Rn. 233 bis 237 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 vertrat das Gericht die Auffassung, dass für die Entscheidung der Frage, ob die Kommission die Intervention des französischen Staates zugunsten des Kapitals von EDF anhand des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hätte prüfen müssen, festzustellen ist, ob diese Intervention angesichts ihrer Natur und ihres Gegenstands und unter Berücksichtigung des mit ihr verfolgten Ziels eine Investition darstelle, die von einem privaten Kapitalgeber vorgenommen werden könne, und daher von diesem Staat als Wirtschaftsteilnehmer in gleicher Weise wie von einem privaten Kapitalgeber getätigt worden sei, oder ob es sich um eine Intervention des Staates als Träger öffentlicher Gewalt handle, so dass die Anwendung dieses Kriteriums ausgeschlossen sei. Insbesondere sei die betreffende Maßnahme nicht nur anhand ihrer Form zu prüfen, da der Erlass eines Gesetzes für sich genommen nicht ausreiche, um auszuschließen, dass die staatliche Intervention zugunsten des Kapitals eines Unternehmens einem wirtschaftlichen Ziel diene, das auch ein privater Kapitalgeber verfolgen könnte.

35      In den Rn. 240 bis 242 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 wies das Gericht darauf hin, dass die „Ansprüche des Konzessionsgebers“ in Höhe von 14,119 Mrd. FRF außerhalb der Ergebnisrechnung direkt unter dem Posten „Kapitalerhöhungen“ verbucht worden seien. Die Kommission habe nur die unterbliebene Besteuerung dieser Ansprüche vor der Kapitalerhöhung als staatliche Beihilfe angesehen, und alle Beteiligten seien sich einig gewesen, dass auf diesen Betrag vor seiner Verbuchung unter dem Posten „Kapitalerhöhung“ eine Steuer zu entrichten gewesen wäre.

36      In den Rn. 243 bis 245 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 vertrat das Gericht die Auffassung, dass Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026, der der Umstrukturierung der Bilanz von EDF und der Erhöhung ihrer Eigenmittel gedient habe, keine Bestimmung steuerrechtlicher Natur sei, sondern dass es sich um eine Bilanzierungsvorschrift handle, die steuerliche Auswirkungen habe. Es stellte jedoch fest, dass die Kommission nur die steuerlichen Auswirkungen dieser Maßnahme geprüft und darauf hingewiesen habe, dass sie aufgrund der steuerlichen Natur des von ihr festgestellten Vorteils nicht die vorgenommene Kapitalerhöhung oder das Kriterium des privaten Kapitalgebers habe berücksichtigen müssen, da der Erlass einer Steuerschuld, wie er hier vorliege, auf der Ausübung hoheitlicher Befugnisse des Staates beruhe.

37      In den Rn. 247 bis 250 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 führte das Gericht aus, dass die Kommission angesichts des mit der fraglichen Maßnahme verfolgten Ziels, das Kapital von EDF zu erhöhen, nicht allein aufgrund der steuerlichen Natur der betreffenden Forderung von der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hätte absehen dürfen. Die Kommission hätte die wirtschaftlichen Überlegungen hinter der betreffenden Investition sowie die Frage prüfen müssen, ob ein privater Kapitalgeber in der gleichen Lage eine Investition vergleichbaren Umfangs vorgenommen hätte. Dazu sei die Kommission nämlich unabhängig von der Form, in der das Kapital vom Staat erhöht worden sei, verpflichtet.

38      In den Rn. 251 und 252 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 präzisierte das Gericht, dass nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Form der betreffenden Investition Unterschiede bei den Kosten, die mit der Aufbringung des Kapitals verbunden seien, und der Kapitalrendite bewirke, so dass man zu dem Ergebnis gelangen könnte, dass ein privater Kapitalgeber eine solche Investition nicht getätigt hätte. Dies setze jedoch eine wirtschaftliche Prüfung im Rahmen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers voraus. Eine solche Prüfung sei gerechtfertigt gewesen, da zum einen eine Kapitalerhöhung durch Einbringung der Forderung eines privaten Aktionärs gegen das Unternehmen habe erfolgen können und zum anderen der hierbei erfolgte Rückgriff auf ein Gesetz als notwendige Folge des Umstands habe angesehen werden können, dass die Regeln über das Kapital von EDF selbst gesetzlich festgelegt gewesen seien.

39      Daher gelangte das Gericht in Rn. 253 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 zu dem Ergebnis, dass die Kommission, da die streitige Maßnahme in ihrem Zusammenhang zu würdigen gewesen sei, sich nicht darauf habe beschränken dürfen, deren steuerliche Auswirkungen zu prüfen, sondern gleichzeitig die Begründetheit des Vorbringens hätte prüfen müssen, wonach der Verzicht auf die Steuerforderung im Rahmen der Umstrukturierung der Bilanz und der Erhöhung des Kapitals von EDF das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllen könne.

40      Im Anschluss daran wies das Gericht in den Rn. 254 bis 259 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 das Vorbringen der Kommission zurück, wonach das Kriterium des privaten Kapitalgebers nicht angewandt werden könne, weil der französische Staat in diesem Fall seine hoheitlichen Befugnisse durch Rückgriff auf ein Gesetz ausgeübt habe, um auf eine Steuerforderung zu verzichten. In diesem Fall habe keine Verpflichtung des Staates als Träger öffentlicher Gewalt bestanden, und es sei nicht um die Beurteilung bestimmter Kosten gegangen, die dem Staat aufgrund seiner Verpflichtungen als Träger öffentlicher Gewalt oblägen.

41      In den Rn. 260 bis 263 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 wies das Gericht das Vorbringen der Kommission zurück, wonach das Kriterium des privaten Kapitalgebers nicht auf die Umwandlung einer Steuerforderung in Kapital angewandt werden könne, da einem privaten Kapitalgeber gegenüber einem Unternehmen niemals eine solche Steuerforderung, sondern nur eine private oder geschäftliche Forderung zustehen könne. Das Kriterium des privaten Kapitalgebers dient jedoch nach Ansicht des Gerichts gerade der Prüfung, ob trotz des Umstands, dass der Staat über Mittel verfüge, auf die ein privater Kapitalgeber nicht zurückgreifen könne, ein privater Kapitalgeber in der gleichen Lage eine vergleichbare Investitionsentscheidung getroffen hätte. Folglich seien die Natur der Forderung und somit der Umstand, dass einem privaten Kapitalgeber keine Steuerforderung zustehen könne, irrelevant.

42      In den Rn. 264 bis 277 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 wies das Gericht das Vorbringen der Kommission zurück, wonach ein privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Lage die Steuer hätte entrichten müssen, wodurch ihm höhere Kosten entstanden wären, da ein solcher Kapitalgeber für eine Einlage von 100 Euro in Wirklichkeit 141,66 Euro hätte aufbringen müssen.

43      Hierzu wies das Gericht erstens darauf hin, dass EDF und die Französische Republik geltend gemacht hätten und die Kommission selbst in Rn. 51 des Einleitungsbeschlusses der Auffassung gewesen sei, dass nach französischem Steuerrecht die Veränderung des Nettovermögens durch Kapitalerhöhung mittels Einbringung einer Forderung, die ein Aktionär gegen sein Unternehmen innehabe, bei der Berechnung der Körperschaftsteuer nicht zu berücksichtigen sei und daher bei der Umwandlung der Forderung in Kapital keine Steuer auf den Forderungsbetrag anfalle.

44      Zweitens widerspreche die Argumentation der Kommission, dass ein privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Lage die Steuer hätte entrichten müssen, ihren Darlegungen zu dem von ihr in der ursprünglichen Entscheidung festgestellten Vorteil, da sie zu einer Prüfung der Gesamtkosten führe, die einem privaten Kapitalgeber bei einer Investition von 14,119 Mrd. FRF entstünden, obwohl die Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers in Höhe dieses Betrags von der Kommission nicht als Beihilfe angesehen worden sei.

45      Drittens sah das Gericht das Vorbringen der Kommission, dass ein privater Kapitalgeber in einer vergleichbaren Lage die Steuer hätte entrichten müssen, nicht als schlüssig an, da die Kommission einräume, dass sie die zusätzliche Kapitalerhöhung in Höhe von mehreren Milliarden FRF geprüft hätte, wenn EDF diesen Betrag als Steuer gezahlt hätte und der französische Staat ihr den gleichen Betrag zurückübertragen hätte, weil in diesem Fall – und nur in diesem Fall – die dem Staat entstandenen Kosten mit den Kosten, die einem privaten Kapitalgeber entstanden wären, vergleichbar gewesen wären. Nach Ansicht des Gerichts wären aber in diesem Fall für den Staat die gleichen Kosten angefallen, und EDF hätte den gleichen Betrag erhalten, den sie mittels der streitigen Maßnahme erhalten habe.

46      Viertens wären einem privaten Kapitalgeber – unterstellt, dass er tatsächlich Steuern hätte entrichten müssen – durch eine Kapitalerhöhung mittels Forderungseinbringung Kosten in Höhe von 5,88 Mrd. FRF entstanden, also exakt dieselben Kosten, wie sie im vorliegenden Fall dem französischen Staat entstanden seien. Außerdem lasse sich ein etwaiger Kostenunterschied nur durch Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers überprüfen.

47      Fünftens stünde, selbst wenn sich die Kosten einer Kapitalaufstockung in Höhe von 14,119 Mrd. FRF für den französischen Staat auf 0 FRF und für einen privaten Kapitalgeber auf 5,88 Mrd. FRF beliefen, dieser Kostenunterschied einer Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht entgegen.

48      In Rn. 283 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 wies das Gericht das Vorbringen der Kommission zurück, wonach die Anerkennung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers dazu führen könne, dass jede Form von Steuerbefreiung, die die Mitgliedstaaten vornähmen, gültig sei. Hierzu hat das Gericht zum einen festgestellt, dass es sich im vorliegenden Fall nicht nur um eine Steuerbefreiung zugunsten eines Unternehmens handle, sondern um den Verzicht auf eine Steuerforderung im Rahmen einer Erhöhung des Kapitals eines Unternehmens, dessen einziger Aktionär der Staat gewesen sei, und zum anderen, dass das Ergebnis der Anwendung des Kriteriums nicht vorweggenommen werden dürfe, da dieses sonst völlig sinnlos wäre.

I.      Zum Urteil in der Rechtssache C124/10 P

49      Die Kommission hat am 26. Februar 2010 ein Rechtsmittel gegen das Urteil in der Rechtssache T‑156/04 eingelegt.

50      Mit Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P hat der Gerichtshof dieses Rechtsmittel mit folgender Begründung zurückgewiesen:

„16      Mit Schreiben vom 16. Oktober 2002, das am 16. November 2002 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften (ABl. [2002], C 280, S. 8) veröffentlicht wurde, teilte die Kommission den französischen Behörden drei verbundene Entscheidungen mit, die EDF betrafen. Insbesondere beschloss die Kommission gemäß Art. 88 Abs. 2 EG die Einleitung des formellen Prüfverfahrens wegen des Vorteils von EDF, keine Körperschaftsteuer für den Teil der Betriebsrücklagen zu zahlen, die steuerfrei für die Erneuerung des AVN gebildet worden waren.

19      Art. 3 dieser Entscheidung lautet:

‚Die Nichtzahlung von EDF im Jahr 1997 in Bezug auf die Körperschaftsteuer für den Teil der Rücklagen, die [steuerfrei] für die Erneuerung des [AVN] gebildet wurden und die den 14,119 Mrd. FRF an Ansprüchen des [Konzessionsgebers], die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, entsprechen, stellt eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar.

Das in der Nichtzahlung der Körperschaftsteuer enthaltene Element staatlicher Beihilfe beläuft sich auf 888,89 Mio. EUR.‘

21      Zum Steuervorteil, von dem EDF 1997 profitiert haben soll, führte die Kommission in der Begründung dieser Entscheidung u. a. aus:

‚(88)      Das Schreiben des Wirtschaftsministers, in dem die steuerlichen Auswirkungen der Sanierung der Bilanz von EDF festgestellt werden, zeigt, dass die französischen Behörden auf die nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung des [AVN] den 1997 geltenden Körperschaftsteuersatz von 41,66 % angewandt haben.

(89)      Dagegen wurde gemäß Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 … ein Teil dieser Rücklagen, die Ansprüche des [Konzessionsgebers], die den bereits durchgeführten Erneuerungsmaßnahmen entsprechen, unter Kapitalerhöhungen in Höhe von 14,119 Mrd. FRF neu eingestuft, ohne der Körperschaftsteuer zu unterliegen. … In einer an die Kommission gerichteten Anmerkung der Generaldirektion Steuern vom 9. April 2002 [stellen] die französischen Behörden … fest, dass ‚der so [1997 von EDF] erhaltene Steuervorteil mit 5,88 Mrd. FRF bewertet werden kann (14,119 × 41,66 %)‘; dies entspricht 888,89 Mio. EUR. …

(91)      Die Kommission ist der Ansicht, dass die Ansprüche des [Konzessionsgebers] gleichzeitig und zum gleichen Satz wie die anderen [steuerfrei] gebildeten Betriebsrücklagen hätten besteuert werden müssen. Dies bedeutet, dass die 14,119 Mrd. FRF an Ansprüchen des [Konzessionsgebers] den 38,5 Mrd. FRF an nicht verwendeten Rücklagen hätten hinzugefügt werden müssen, um zu einem Satz von 41,66 % besteuert zu werden, der für die Sanierung der Bilanz von EDF durch die französischen Behörden angewandt wurde. Indem [sie] nicht die gesamte, bei der Sanierung [ihrer] Bilanz fällige Körperschaftsteuer gezahlt hat, hat EDF 888,89 Mio. EUR eingespart.

(95)      Die französischen Behörden behaupten überdies, dass die Buchhaltungsreform von 1997 einer zusätzlichen Kapitalerhöhung um einen Betrag, der der teilweisen Steuerbefreiung entspricht, gleichkommt. Es würde sich also um eine Investition und nicht um eine Beihilfe handeln. …

(96)      Die Kommission kann diese Argumente nur zurückweisen, indem sie daran erinnert, dass der Grundsatz des [privaten Kapitalgebers] nur im Rahmen der Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten gelten kann und nicht im Rahmen der Ausübung von Regulierungsbefugnissen. Eine öffentliche Behörde kann das Argument eventueller wirtschaftlicher Vorteile, die sie als Eigentümer eines Unternehmens erhalten könnte, nicht verwenden, um eine Beihilfe, die nach Ermessen bewilligt wurde, durch die Vorrechte zu rechtfertigen, die sie als Steuerbehörde gegenüber demselben Unternehmen besitzt.

(97)      Falls ein Staat neben der Ausübung seiner Funktion als öffentliche Gewalt als Aktionär tätig sein kann, so darf er nicht seine Funktionen als Staat, der die öffentliche Gewalt ausübt, und als staatlicher Aktionär miteinander vermischen. Eine Erlaubnis für die Mitgliedstaaten zur Verwendung ihrer Vorrechte als öffentliche Gewalt im Dienste ihrer Investitionen in Unternehmen, die auf für den Wettbewerb offenen Märkten tätig sind, würde die gemeinschaftlichen Vorschriften im Bereich der staatlichen Beihilfen jeglicher rechtlicher Wirksamkeit berauben. Falls der Vertrag darüber hinaus gemäß seinem Artikel 295 neutral in Bezug auf Kapitaleigentum ist, so müssen für die öffentlichen Unternehmen nichtsdestoweniger dieselben Vorschriften wie für die privaten Unternehmen gelten. Es bestünde keine Gleichbehandlung zwischen den öffentlichen Unternehmen und den Privatunternehmen mehr, wenn der Staat seine Vorrechte als öffentliche Gewalt zugunsten der Unternehmen, deren Aktionär er ist, nutzen würde.‘

35      [In Rn. 253 dieses Urteils ist das Gericht] zum Ergebnis gekommen, dass die Kommission, da die streitige Maßnahme in ihrem Zusammenhang zu würdigen gewesen sei, sich nicht darauf habe beschränken dürfen, deren steuerliche Auswirkungen zu prüfen, sondern gleichzeitig die Begründetheit des Vorbringens hätte prüfen müssen, dass der Verzicht auf die Steuerforderung im Rahmen der Umstrukturierung der Bilanz und der Erhöhung des Kapitals von EDF das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllen könne.

51      Die Kommission stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe: erstens eine Verfälschung der Tatsachen und zweitens einen Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 87 EG, insbesondere bei der Bestimmung des Anwendungsbereichs und des Inhalts des Kriteriums des umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers.

52      Zu prüfen ist zunächst der zweite Rechtsmittelgrund.

Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Auslegung von Art. 87 EG

53      [Der] zweite Rechtsmittel[grund] besteht aus vier Teilen, die gemeinsam zu prüfen sind.

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Würdigung durch den Gerichtshof

75      Die Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde und Iberdrola werfen dem Gericht im Wesentlichen vor, bei der Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erstens das vom französischen Staat mit dem Erlass der streitigen Maßnahme verfolgte Ziel berücksichtigt zu haben, zweitens die Rolle des Staates als Anteilseigner und die des Staates in Ausübung seiner Steuerhoheit verwechselt zu haben, drittens gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen und viertens gegen die Regeln über die Beweislastverteilung verstoßen zu haben.

76      Aus der Rechtsprechung folgt, dass bei einer aus Staatsmitteln finanzierten Maßnahme, die das begünstigte Unternehmen in eine günstigere finanzielle Lage als seine Mitbewerber versetzt und daher gleichzeitig den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht und den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt, nicht von vorneherein aufgrund der von diesem Staat verfolgten Ziele ausgeschlossen werden kann, dass diese Maßnahme als ‚Beihilfe‘ im Sinne von Art. 87 EG einzustufen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 19. Mai 1999, Italien/Kommission, C‑6/97, Slg. 1999, I‑2981, Randnr. 15, vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, C‑156/98, Slg. 2000, I‑6857, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 9. Juni 2011, Comitato ‚Venezia vuole vivere‘ u. a./Kommission, C‑71/09 P, C‑73/09 P und C‑76/09 P, Slg. 2011, I‑4727, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Art. 87 Abs. 1 EG unterscheidet nämlich nicht nach den Gründen oder Zielen der staatlichen Maßnahmen, sondern bestimmt diese nach ihren Wirkungen (Urteil Comitato ‚Venezia vuole vivere‘ u. a./Kommission, Randnr. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Nach ständiger Rechtsprechung werden jedoch die Voraussetzungen, die eine Maßnahme erfüllen muss, um unter den Begriff ‚Beihilfe‘ im Sinne von Art. 87 EG zu fallen, nicht erfüllt, wenn das begünstigte öffentliche Unternehmen denselben Vorteil, der ihm aus Staatsmitteln gewährt wurde, unter Umständen, die normalen Marktbedingungen entsprechen, hätte erhalten können, wobei diese Beurteilung bei öffentlichen Unternehmen grundsätzlich unter Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erfolgt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 21. März 1991, Italien/Kommission, C‑303/88, Slg. 1991, I‑1433, Randnr. 20, und vom 16. Mai 2002, Frankreich/Kommission, C‑482/99, Slg. 2002, I‑4397, Randnrn. 68 bis 70, sowie Comitato ‚Venezia vuole vivere‘ u. a./Kommission, Randnr. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).

79      Insbesondere geht aus der Rechtsprechung hervor, dass zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Kapitalgeber, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre, nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen sind, die mit der Eigenschaft des Staates als Anteilseigner zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt knüpfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Juli 1986, Belgien/Kommission, 234/84, Slg. 1986, 2263, Randnr. 14, und Belgien/Kommission, 40/85, Slg. 1986, 2321, Randnr. 13, vom 14. September 1994, Spanien/Kommission, C‑278/92 bis C‑280/92, Slg. 1994, I‑4103, Randnr. 22, und vom 28. Januar 2003, Deutschland/Kommission, C‑334/99, Slg. 2003, I‑1139, Randnr. 134).

80      Daher sind die Rollen des Staates als Anteilseigner eines Unternehmens auf der einen Seite und als Träger öffentlicher Gewalt auf der anderen Seite zu unterscheiden, wie die Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde und Iberdrola zu Recht ausführen und wie das Gericht in den Randnrn. 223 bis 228 des angefochtenen Urteils festgestellt hat.

81      Folglich hängt die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers letztlich davon ab, ob der betroffene Mitgliedstaat einem ihm gehörenden Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gewährt.

82      Daher muss ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf dieses Kriterium beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat.

83      Aus diesen Nachweisen muss klar hervorgehen, dass der betroffene Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils (vgl. in diesem Sinne Urteil Frankreich/Kommission, Randnrn. 71 und 72) die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital in das von ihm kontrollierte öffentliche Unternehmen zu investieren.

84      Insoweit können insbesondere Nachweise erforderlich sein, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen.

85      Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen demgegenüber nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Frankreich/Kommission, Randnrn. 71 und 72).

86      Wenn der betroffene Mitgliedstaat der Kommission die erforderlichen Nachweise vorgelegt hat, hat diese eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vom betroffenen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob dieser Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder in der als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat. Wie das Gericht in Randnr. 229 des angefochtenen Urteils entschieden hat, können hierbei insbesondere die Natur und der Gegenstand dieser Maßnahme, der Kontext, in den sie eingebettet ist, sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist, von Bedeutung sein.

87      Folglich hat das Gericht unter den vorliegenden Umständen zu Recht entschieden, dass das vom französischen Staat verfolgte Ziel im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung berücksichtigt werden konnte, um festzustellen, ob dieser Staat tatsächlich in seiner Eigenschaft als Anteilseigner gehandelt hat und somit das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall anwendbar ist.

88      Hinsichtlich der Frage, ob die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall allein aufgrund der [steuerlichen] Natur der vom französischen Staat eingesetzten Mittel ausgeschlossen werden konnte, ist daran zu erinnern, dass Art. 87 Abs. 1 EG vorsieht, dass aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art, die aufgrund ihrer Wirkungen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. September 2000, Deutschland/Kommission, Randnr. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

89      Außerdem ist in Randnr. 78 des vorliegenden Urteils darauf hingewiesen worden, dass die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers dazu dient, festzustellen, ob der einem öffentlichen Unternehmen aus staatlichen Mitteln – in welcher Form auch immer – gewährte wirtschaftliche Vorteil aufgrund seiner Wirkungen den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann.

90      Somit sollen diese Bestimmung und dieses Kriterium verhindern, dass sich das begünstigte öffentliche Unternehmen durch staatliche Mittel in einer günstigeren finanziellen Lage befindet als seine Mitbewerber (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. März 1994, Banco Exterior de España, C‑387/92, Slg. 1992, I‑877, Randnr. 14, und vom 19. Mai 1999, Italien/Kommission, Randnr. 16).

91      Die finanzielle Lage des begünstigten öffentlichen Unternehmens hängt aber nicht von der Form der Gewährung dieses Vorteils, ganz gleich, welcher Art sie sein mag, ab, sondern vom Betrag, der ihm letztlich zufließt. Das Gericht hat somit rechtsfehlerfrei seine Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf die Verbesserung der finanziellen Lage von EDF im Hinblick auf die Öffnung des Elektrizitätsmarktes für den Wettbewerb und auf die Auswirkungen der betreffenden Maßnahme auf den Wettbewerb und nicht auf die steuerliche Natur der vom französischen Staat eingesetzten Mittel konzentriert.

92      Aufgrund all dessen ergibt sich somit, dass im Hinblick auf die mit Art. 87 Abs. 1 EG sowie mit dem Kriterium des privaten Kapitalgebers verfolgten Ziele ein wirtschaftlicher Vorteil, selbst wenn er aus Mitteln steuerlicher Natur gewährt wird, namentlich anhand des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zu beurteilen ist, wenn sich am Ende der gegebenenfalls erforderlichen Gesamtwürdigung zeigt, dass der betroffene Mitgliedstaat diesen Vorteil trotz des Einsatzes von Mitteln, die unter die öffentliche Gewalt fallen, in seiner Eigenschaft als Anteilseigner des ihm gehörenden Unternehmens gewährt hat.

93      Folglich ist die vom Gericht in Randnr. 250 des angefochtenen Urteils getroffene Feststellung rechtsfehlerfrei, dass die Verpflichtung der Kommission zur Prüfung der Frage, ob die Kapitaleinlage des Staates unter Umständen erfolgte, die den normalen Marktbedingungen entsprechen, unabhängig von der Form besteht, in der die Kapitaleinlage des Staates erbracht wird.

94      Was das Vorbringen der Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und von Iberdrola betrifft, wonach ein privater Kapitalgeber eine Kapitalanlage, wie sie der französische Staat getätigt habe, unter vergleichbaren Umständen nicht hätte tätigen können, da er die Steuer hätte zahlen müssen und nur dieser Staat aufgrund seiner Steuerhoheit noch über die dieser Steuer entsprechenden Beträge habe verfügen können, so ist zum einen darauf hinzuweisen, dass das private Unternehmen, das sich in der Lage von EDF befindet, und nicht sein Anteilseigner diese aus dem betreffenden Buchungsvorgang folgende Steuer hätte zahlen müssen.

95      Im vorliegenden Fall hätte also durch Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers festgestellt werden können, ob ein privater Anteilseigner unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, einen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer zugeführt hätte.

96      Zum anderen [würde], wie das Gericht in den Randnrn. 275 und 276 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, … ein etwaiger Unterschied zwischen den von einem private[n] Kapitalgeber getragenen Kosten und jenen, die dem Kapital gebenden Staat entstehen, einer Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht entgegenstehen. Mit diesem Kriterium kann nämlich u. a. genau das Vorliegen eines solchen Unterschieds festgestellt und bei der Beurteilung der Frage, ob die von diesem Kriterium aufgestellten Bedingungen erfüllt sind, berücksichtigt werden.

97      Entgegen dem Vorbringen der Kommission, der EFTA-Überwachungsbehörde und der Iberdrola missachtet daher die Würdigung des Gerichts nicht den Grundsatz der Gleichbehandlung von öffentlichen und privaten Unternehmen, ruft keine Wettbewerbsverzerrungen hervor und läuft dem mit dem Kriterium des privaten Kapitalgebers verfolgten Ziel nicht zuwider.

98      Somit hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es festgestellt hat, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers sogar dann anwendbar sein kann, wenn Mittel steuerlicher Natur eingesetzt wurden.

99      Dem ist hinzuzufügen, dass das Gericht mit dem angefochtenen Urteil weder die Anwendbarkeit dieses Kriteriums auf den vorliegenden Fall noch, wie in Randnr. 283 dieses Urteils ausgeführt, das Ergebnis der etwaigen Anwendung dieses Kriteriums vorweggenommen hat.

100      Insbesondere hat das Gericht dadurch, dass es sich auf die Prüfung beschränkt hat, ob die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers allein aufgrund der [steuerlichen] Natur der vom französischen Staat eingesetzten Mittel ausgeschlossen werden kann, in keiner Weise eine Würdigung vorgenommen, die den Mitgliedstaaten im Ergebnis erlaubte, bei der Anwendung dieses Kriteriums die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt oder subjektiven und manipulierbaren Umständen zusammenhängen.

101      Zur Frage, ob es im vorliegenden Fall notwendig war, einen Referenzkapitalgeber zu bestimmen, ist darauf hinzuweisen, dass die Rechtsprechung, auf die sich die Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde und Iberdrola hierbei stützen, auf das völlige Fehlen von Vergleichsmöglichkeiten zwischen der Lage eines öffentlichen Unternehmens und jener eines privaten Unternehmens, das keine Monopolstellung hat, abstellt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 3. Juli 2003, Chronopost u. a./Ufex u. a., C‑83/01 P, C‑93/01 P und C‑94/01 P, Slg. 2003, I‑6993, Randnr. 38).

102      Die Kommission, die EFTA-Überwachungsbehörde und Iberdrola machen aber nicht geltend, dass es unmöglich sei, die Lage von EDF mit der eines privaten Unternehmens, das in denselben Bereichen wie EDF tätig ist, zu vergleichen. Überdies geht aus eben dieser Rechtsprechung hervor, dass für einen solchen Vergleich eine Beurteilung unter Bezugnahme auf die verfügbaren objektiven und nachprüfbaren Umstände vorzunehmen ist.

103      Zudem stellt das Kriterium des privaten Kapitalgebers entgegen dem Vorbringen der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde keine Ausnahme dar, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein Mitgliedstaat auf sie beruft und die in Art. 87 Abs. 1 EG enthaltenen Merkmale des Begriffs der mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfe vorliegen. Es ergibt sich nämlich aus Randnr. 78 des vorliegenden Urteils, dass dieses Kriterium, sofern anwendbar, zu den Merkmalen gehört, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festzustellen.

104      Wenn sich daher erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers anwendbar sein könnte, hat die Kommission den betroffenen Mitgliedstaat um alle einschlägigen Informationen zu ersuchen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit und Anwendung dieses Kriteriums erfüllt sind. Sie kann sich nur dann weigern, solche Informationen zu prüfen, wenn die vorgelegten Beweise aus der Zeit nach Erlass der Entscheidung über die Vornahme der betreffenden Kapitalanlage stammen.

105      In den Randnrn. 83 bis 85 des vorliegenden Urteils ist nämlich bereits festgestellt worden, dass für die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nur die im Zeitpunkt der Entscheidung über die Vornahme der Kapitalanlage verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen relevant sind. Dies gilt insbesondere, wenn die Kommission wie im vorliegenden Fall das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe im Zusammenhang mit einer Kapitalanlage prüft, die ihr nicht mitgeteilt und vom betreffenden Mitgliedstaat bereits getätigt worden war, als sie ihre Prüfung durchführte.

106      Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

Zum ersten Rechtsmittelgrund: Verfälschung der Tatsachen

107      Die Kommission ist im Wesentlichen der Auffassung, das Gericht habe Beweise verfälscht, indem es davon ausgegangen sei, dass die Französische Republik mit der streitigen Maßnahme eine Steuerforderung in Kapital umgewandelt habe. Nach Ansicht der Kommission hat die Französische Republik nämlich EDF durch diese Maßnahme eine Befreiung von der Körperschaftsteuer gewährt. Die Kommission macht geltend, das Kriterium des privaten Kapitalgebers sei im Fall einer Steuerbefreiung nicht relevant.

108      Wie im Rahmen der Beurteilung des zweiten Rechtsmittelgrundes festgestellt worden ist, ist jedoch, wenn ein Mitgliedstaat einem ihm gehörenden Unternehmen einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft, die steuerliche Natur der für die Gewährung dieses Vorteils gewählten Vorgehensweise nicht geeignet, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers von vorneherein auszuschließen. Dies gilt umso mehr, wenn die einzelne vom betroffenen Mitgliedstaat gewählte Vorgehensweise für die Beurteilung der Anwendbarkeit dieses Kriteriums irrelevant ist.

109      Unter diesen Umständen wäre die vermeintliche Verfälschung des Sachverhalts durch das Gericht, angenommen, sie wäre erwiesen, jedenfalls nicht geeignet, die Begründetheit des angefochtenen Urteils in Frage zu stellen. Daraus folgt, dass der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen ist.

110      Nach alledem ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.“

J.      Zum Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens

51      Im Anschluss an das Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P erließ die Kommission den Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens.

52      Besondere Beachtung verdienen die Rn. 58 bis 73 des Beschlusses über die Ausweitung des Verfahrens, in denen die Kommission zum einen die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers und zum anderen, hilfsweise, die Anwendung dieses Kriteriums auf die in Rede stehende Maßnahme prüft.

53      Bezüglich der Anwendbarkeit des Kriteriums kommt die Kommission zu dem Schluss:

„66.      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass in diesem Stadium und vorbehaltlich der Klarstellungen, die die französischen Behörden zu den bei einer Vor-Zuweisung einer Steuereinnahme für eine Investition durch eine Kapitalerhöhung bei einem Unternehmen wie EDF im Jahr 1997 anwendbaren Vorschriften zu erbringen haben, sowie weiterer objektiver und nachprüfbarer Umstände, aus denen hervorgeht, dass sie mittels der betreffenden steuerlichen Maßnahme eine Kapitalanlage tätigen wollten, die Gesamtwürdigung des Sachverhalts des vorliegenden Falls darauf hindeutet, dass die Französische Republik diese Maßnahme in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat, was die Anwendbarkeit des Grundsatzes des privaten Kapitalgebers nach den vom [Gerichtshof] angegebenen Kriterien ausschließt.“

54      Hinsichtlich der Anwendung des Kriteriums kommt die Kommission zu dem Schluss:

„71.      [Mangels Nachweisen, wie sie nach dem Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P erforderlich sind], ist … in diesem Stadium nicht nachgewiesen, dass ein privater Anteilseigner unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, einen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer zugeführt hätte. Damit erscheint die Nichtentrichtung durch EDF [von 888,89 Mio. Euro] Körperschaftsteuer im Jahr 1997 nicht als produktive Investition seitens des Staates als Aktionär, sondern eher als eine Ausnahmeregelung steuerlicher Art, die EDF einen wirtschaftlichen Vorteil verschaffen konnte.

72.      Ein solcher Vorteil würde zwangsläufig die Position von EDF im Vergleich zu den Wettbewerbern stärken, da der Betrag des Eigenkapitals neben anderen Faktoren die Leistungsfähigkeit und die externen Finanzierungsbedingungen eines Unternehmens festlegt. Der wirtschaftliche Vorteil schafft folglich eine Wettbewerbsverfälschung gemäß Art. 107 Abs. 1 AEUV. Der Vorteil wäre zwangsläufig selektiv, da die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer für einen Teil der Betriebsrücklagen eine Ausnahme von der normalerweise auf eine solche Transaktion anwendbaren steuerlichen Behandlung darstellt und, im vorliegenden Fall, diese Ausnahme nur bei dem Unternehmen EDF [angewandt] wurde.“

K.      Zum angefochtenen Beschluss

55      Mit dem angefochtenen Beschluss erklärte die Kommission die Beihilfemaßnahme, die EDF gewährt worden war, für mit dem Binnenmarkt unvereinbar und ordnete die Rückforderung der Beihilfe zuzüglich Zinsen an.

56      Die Kommission führt hierfür im angefochtenen Beschluss folgende Gründe an.

57      Erstens gibt die Kommission in den Erwägungsgründen 62 bis 108 des angefochtenen Beschlusses die Argumente wieder, die die Französische Republik und EDF im ausgeweiteten förmlichen Prüfverfahren auf den Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens hin vorgetragen haben.

58      Zweitens ist die Kommission, nachdem sie in den Erwägungsgründen 113 bis 123 des angefochtenen Beschlusses den Inhalt der streitigen Maßnahme wiedergegeben hat, der Auffassung, der Verzicht auf die Erhebung der Steuer bei der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapital stelle prima facie einen selektiven Vorteil zugunsten von EDF dar.

59      Drittens gibt die Kommission im 124. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses das Vorbringen der Französischen Republik in deren Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 wieder, wonach der Verzicht auf die Erhebung der Steuer einer zusätzlichen Kapitalerhöhung um einen Betrag gleichkomme, der dem geschuldeten Steuerbetrag entspreche.

60      Viertens weist die Kommission darauf hin, der Gerichtshof habe in Rn. 99 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P festgestellt, dass das Gericht weder die Anwendbarkeit des Kriteriums des umsichtigen marktwirtschaftlich handelnden privaten Kapitalgebers auf den vorliegenden Fall noch das Ergebnis einer etwaigen Anwendung dieses Kriteriums auf die streitige Maßnahme vorweggenommen habe.

61      Fünftens prüft die Kommission dann in den Erwägungsgründen 126 bis 153 des angefochtenen Beschlusses die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers vor dem Hintergrund der Erläuterungen, die der Gerichtshof hierzu im Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P gegeben hat. Zu diesem Zweck untersucht sie die Elemente, die mit der vermeintlichen Investitionsentscheidung im Zusammenhang stehen, die wirtschaftlichen Bewertungen, die erstellt worden seien, um die Rentabilität der Kapitalanlage zu bestimmen, die Natur und den Gegenstand der streitigen Maßnahme sowie den Kontext, in den sie eingebettet ist, und die Regeln, denen sie unterworfen ist.

62      Die Kommission fasst diese Analyse mit folgenden Erwägungen zusammen:

„(154)      Die große Mehrheit der vorstehenden Elemente gibt klar an, dass [die Französische Republik] nicht vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils durch die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer die Entscheidung getroffen hat, durch die Steuerbefreiung eine Investition in EDF zu tätigen. Aus diesem Grund scheint das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers auf diese Maßnahme nicht anwendbar zu sein. Die nun folgenden Erwägungen zu der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers haben folglich einen subsidiären Charakter.“

63      Die Kommission untersucht dann in den Erwägungsgründen 155 bis 193 des angefochtenen Beschlusses hilfsweise, ob das Kriterium des privaten Kapitalgebers, wenn es anwendbar wäre, im vorliegenden Fall erfüllt ist.

64      Die Kommission fasst diese Analyse mit folgenden Erwägungen zusammen:

„(191)      Selbst wenn das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers anwendbar wäre, lässt angesichts der von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen, die diesen zufolge die Rentabilitätsaussichten und die mit der vermeintlichen Investition in Form einer Steuerbefreiung verbunden[en] Risiken erläuterten, die Anwendung der Prüfung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers darauf schließen, dass ein Privatanleger im Jahr 1997 keinen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer in eine Kapitalerhöhung von EDF investiert hätte.

(192)      Die Nichtentrichtung der 5,88 Mrd. FRF Körperschaftsteuer durch EDF erscheint bei Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers nicht als produktive Investition seitens des Aktionärs Staat. Sie erscheint eher als eine Ausnahmeregelung einer Ad hoc-Steuerbefreiung, die EDF einen wirtschaftlichen Vorteil verschafft hat, der dem Betrag der nicht entrichteten Steuer entspricht. Ein solcher Vorteil stärkt zwangsläufig die Position von EDF im Vergleich zu den Wettbewerbern, da der Betrag des Eigenkapitals neben anderen Faktoren die Leistungsfähigkeit und die externen Finanzierungsbedingungen eines Unternehmens festlegt, während zudem die so eingesparten Mittel für andere Zwecke verwendet werden konnten, wie vor allem die Investition in Frankreich oder andere Mitgliedstaaten, in denen Wettbewerber 1997 ihre Tätigkeit ausübten.

(193)      Der wirtschaftliche Vorteil schafft folglich eine Wettbewerbsverfälschung gemäß Artikel 107 Absatz 1 AEUV. Der Vorteil ist selektiv, da die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer für einen Teil der Betriebsrücklagen eine Ausnahme von der normalerweise auf eine solche Transaktion anwendbaren steuerlichen Behandlung darstellt und, im vorliegenden Fall, diese Ausnahme nur bei dem Unternehmen EDF [angewandt] wurde.“

65      Nachdem die Kommission zu dem Ergebnis gekommen war, dass staatliche Mittel verwendet worden seien (Erwägungsgründe 194 und 195 des angefochtenen Beschlusses), eine Wettbewerbsverfälschung und eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten vorlägen (Erwägungsgründe 196 bis 206 dieses Beschlusses) und die Beihilfe nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar sei (Erwägungsgründe 207 bis 215 dieses Beschlusses), stellte sie fest, dass die streitige Maßnahme eine mit dem Binnenmarkt unvereinbare Beihilfe darstelle, und ordnete deren Rückforderung an.

II.    Verfahren und Anträge der Parteien

66      Mit Klageschrift, die am 22. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat EDF die vorliegende Klage erhoben.

67      Mit Schriftsatz, der am 20. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Französische Republik beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge von EDF zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 24. Mai 2016 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts diesen Streitbeitritt zugelassen. Die Streithelferin hat ihren Streithilfeschriftsatz und die Hauptparteien haben ihre Stellungnahmen hierzu fristgerecht eingereicht.

68      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts gemäß Art. 27 Abs. 5 der Verfahrensordnung des Gerichts ist der Berichterstatter der Dritten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache daher zugewiesen worden ist.

69      Der Abschluss des schriftlichen Verfahrens ist den Parteien am 26. September 2016 bekannt gegeben worden. Die Parteien haben innerhalb der in Art. 106 Abs. 2 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist von drei Wochen ab dieser Bekanntgabe keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt.

70      Mit Beschluss, der den Parteien am 19. Mai 2017 zugestellt worden ist, hat das Gericht, da es sich für durch die Aktenstücke hinreichend unterrichtet hielt und die Parteien keinen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt hatten, gemäß Art. 106 Abs. 3 der Verfahrensordnung beschlossen, ohne mündliches Verfahren zu entscheiden.

71      Mit Schriftsatz an die Kanzlei des Gerichts vom 19. Mai 2017 hat die Klägerin wegen der Bedeutung, die das Verfahren für sie habe, und insbesondere dessen finanzieller Folgen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.

72      Mit Schriftsatz, der am 12. Juni 2017 zugestellt worden ist, ist festgestellt worden, dass die Frist für die Einreichung eines Antrags auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 31. Oktober 2016 abgelaufen und dieser Antrag daher nach Ablauf der in Art. 106 der Verfahrensordnung vorgesehenen Frist gestellt worden war und die Klägerin keine Umstände vorgetragen hat, anhand deren das Vorliegen eines Zufalls oder ein Falles höherer Gewalt gemäß Art. 45 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, der für die gesetzlichen Fristen wie die in Rede stehende gilt, festgestellt werden könnte.

73      Am 20. September 2017 hat der Gerichtshof das Urteil Kommission/Frucona Košice, C‑300/16 P (EU:C:2017:706, im Folgenden: Urteil Frucona Košice), verkündet, mit dem er das gegen das Urteil vom 16. März 2016, Frucona Košice/Kommission (T‑103/14, EU:T:2016:152), eingelegte Rechtsmittel zurückgewiesen hat.

74      Mit Schriftsatz, der am 3. Oktober 2017 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin beantragt, dass die Auswirkungen des Urteils Frucona Košice auf die vorliegende Rechtssache zwischen den Parteien mündlich oder schriftlich erörtert werden.

75      Mit Beschluss vom 12. Oktober 2017 hat das Gericht beschlossen, das schriftliche Verfahren wiederzueröffnen und den Antrag der Klägerin zu den Akten zu nehmen, und die Parteien aufgefordert, zu den Konsequenzen, die ihres Erachtens aus dem Urteil Frucona Košice für die vorliegende Rechtssache zu ziehen sind, schriftlich Stellung zu nehmen.

76      Die Parteien sind dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.

77      Am 9. November 2017 hat der Präsident der Dritten Kammer beschlossen, das schriftliche Verfahren abzuschließen. Dieser Beschluss ist den Parteien mit dem Hinweis zugestellt worden, dass diese Bekanntgabe nicht die Frist für die Stellung eines Antrags auf mündliche Verhandlung gemäß Art. 106 der Verfahrensordnung in Gang setze.

78      EDF, unterstützt durch die Französische Republik, beantragt,

–        die Art. 1 bis 5 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        hilfsweise, die Art. 1 bis 3 des angefochtenen Beschlusses für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

79      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        EDF die Kosten und der Französischen Republik die durch ihre Streithilfe verursachten Kosten aufzuerlegen.

III. Rechtliche Würdigung

80      EDF stützt ihre Klage auf vier Hauptklagegründe und zwei hilfsweise geltend gemachte Klagegründe.

81      Mit dem ersten Hauptklagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 266 AEUV geltend gemacht, der darin bestehe, dass die Kommission sowohl den Tenor des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 als auch die ihn tragenden Gründe verkannt habe.

82      Mit dem zweiten Hauptklagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 107 AEUV geltend gemacht, der darin bestehe, dass die Kommission bei der Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers sowohl Rechts- als auch Tatsachenfehler begangen habe.

83      Mit dem dritten Hauptklagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 107 AEUV geltend gemacht, der darin bestehe, dass die Kommission bei der Prüfung der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers sowohl Rechts- als auch Tatsachenfehler begangen habe.

84      Mit dem vierten Hauptklagegrund wird eine unzureichende Begründung des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht.

85      Mit dem ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund wird zum einen geltend gemacht, die fraglichen Maßnahmen seien – wenn man unterstelle, dass sie als Beihilfen eingestuft werden könnten – größtenteils als bestehende Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Art. [88 EG] (ABl. 1999, L 83, S. 1) anzusehen, da sie vor der tatsächlichen Liberalisierung des Stromsektors durchgeführt worden seien, und zum anderen, dass ein erheblicher Teil dieser Maßnahmen als bestehend im Sinne von Art. 15 Abs. 1 dieser Verordnung anzusehen sei.

86      Mit dem zweiten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund macht EDF geltend, der angefochtene Beschluss enthalte jedenfalls mehrere Rechenfehler, die seine Gültigkeit beeinträchtigten.

87      Die Französische Republik hält die von EDF vorgetragenen Klagegründe für begründet, sie hat jedoch nur zu den ersten drei Hauptklagegründen Stellung genommen.

A.      Zum ersten Hauptklagegrund

1.      Vorbringen der Parteien

88      EDF, unterstützt durch die Französische Republik, macht geltend, die Kommission habe gegen Art. 266 AEUV verstoßen, indem sie nicht dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 nachgekommen sei, da sie zum einen in dem angefochtenen Beschluss die Auffassung vertreten habe, dass der Einleitungsbeschluss keine Unregelmäßigkeit aufweise und folglich die Grundlage für einen neuen Beschluss bilden könne, während, so EDF, der Einleitungsbeschluss auf einer falschen Sachverhaltsdarstellung beruhe, die das Gericht gerade dazu veranlasst habe, den abschließenden Beschluss, der eben auf diese Fehler bei der Tatsachenfeststellung gestützt gewesen sei, für nichtig zu erklären. Der angefochtene Beschluss sei daher mit denselben Fehlern und inhaltlichen Unrichtigkeiten behaftet, die auch die Nichtigerklärung des abschließenden Beschlusses gerechtfertigt hätten.

89      Zum anderen stütze die Kommission ihre Analyse in dem angefochtenen Beschluss weiterhin darauf, dass EDF ein Steuergeschenk gewährt worden sei, das in einer ungerechtfertigten Steuererleichterung bestehe, während diese Sachverhaltsdarstellung vom Gericht in seinem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 ausdrücklich zurückgewiesen worden sei.

90      Nach Ansicht von EDF betrachtet nämlich die Kommission nach wie vor, auch in ihrer Klagebeantwortung, die tatsächlich durchgeführte Maßnahme, d. h. die Erhöhung des Kapitals von EDF, die sich aus der Aufnahme der Rücklagen für die Erneuerung in den Posten „Kapitalerhöhungen“ ergebe, getrennt von einer ihrer steuerlichen Auswirkungen, nämlich der unterbliebenen Besteuerung der „Ansprüche des Konzessionsgebers“, obwohl das Gericht diese Betrachtungsweise zurückgewiesen und das Schreiben vom 22. Dezember 1997 als erläuterndes Dokument für die durchgeführte Maßnahme angesehen habe, die nach Auffassung des Gerichts in der Aufstockung des Unternehmenskapitals durch das Gesetz Nr. 97‑1026 bestanden habe. Nach Ansicht von EDF hat das Gericht nämlich nie innerhalb der Maßnahme zur Kapitalerhöhung zwischen der Art und der Behandlung der verschiedenen Bestandteile der Rücklagen für die Erneuerung unterschieden.

91      EDF zufolge beruht die Argumentation der Kommission somit auf einer Verwechslung der Einstufung der streitigen Maßnahme, d. h. der Frage des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe, und der Feststellung der streitigen Maßnahme. Das Gericht habe sich nämlich nicht zur Einstufung der streitigen Maßnahme im Hinblick auf die Anwendbarkeit oder die Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers geäußert, sondern vielmehr die Maßnahme genau festgestellt. Solche tatsächlichen Feststellungen seien aber nicht nur eine notwendige Voraussetzung für jede anschließende rechtliche Würdigung, sondern vor allem eine Befugnis des Gerichts als unabhängige Tatsacheninstanz. Folglich gehe das Vorbringen der Kommission, dass das Gericht den Sachverhalt nicht endgültig festgestellt habe, sachlich fehl.

92      Insoweit sei zu untersuchen, inwiefern die in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Schilderung des Sachverhalts von der vom Gericht vorgenommenen Sachverhaltsdarstellung abweiche, und sodann, ob die vom Gericht vorgenommenen Tatsachenfeststellungen tragende Gründe der vom Gericht im Jahr 2009 ausgesprochene Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung darstellten.

93      EDF zufolge hat das Gericht als streitgegenständliche Maßnahme die mit dem Gesetz Nr. 97‑1026 vorgenommene Erhöhung des Kapitals von EDF angesehen, ohne zwischen den Rücklagen zu unterscheiden, die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft worden seien, während die Kommission weiterhin nur auf die unterbliebene Besteuerung eines Teils dieser Rücklagen abstelle. EDF schließt hieraus, dass die Kommission die mit diesem Gesetz vorgenommene Kapitalerhöhung zwar „berücksichtigt“ habe, jedoch als bloßes Element der Rahmenbedingungen und nicht als Umstand, der die fragliche Maßnahme selbst ausmache.

94      Die Kritik, dass die Kommission die betreffende Maßnahme nur teilweise festgestellt habe, stelle jedoch den Ausgangspunkt und gerade die Voraussetzung für die Erwägungen des Gerichts dar, die zur Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung geführt hätten. Folglich sei die Feststellung der Maßnahme sehr wohl eine Rechtsfrage, zu der sich das Gericht tatsächlich und notwendigerweise geäußert habe, und damit auch ein den Tenor des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 tragender Grund.

95      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

2.      Würdigung durch das Gericht

96      Was die Rechtskraft anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof entschieden hat, dass zur Gewährleistung des Rechtsfriedens und der Beständigkeit rechtlicher Beziehungen sowie einer geordneten Rechtspflege Gerichtsentscheidungen, die nach Ausschöpfung des Rechtswegs oder nach Ablauf der entsprechenden Rechtsmittelfristen unanfechtbar geworden sind, nicht mehr in Frage gestellt werden können sollen (Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 86).

97      Außerdem erstreckt sich die Rechtskraft zum einen lediglich auf diejenigen Tatsachen- und Rechtsfragen, die tatsächlich oder notwendigerweise Gegenstand der betreffenden gerichtlichen Entscheidung waren. Zum anderen umfasst die Rechtskraft nicht nur den Tenor dieser Entscheidung, sondern auch deren Gründe, die den Tenor tragen und daher von diesem nicht zu trennen sind (Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 87).

98      Der Umfang der Rechtskraft des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 muss daher im Licht des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P bestimmt werden, das auf das Rechtsmittel erging, das die Kommission gegen das Urteil in der Rechtssache T‑156/04 eingelegt hatte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. April 2012, Artegodan/Kommission, C‑221/10 P, EU:C:2012:216, Rn. 88).

99      Im vorliegenden Fall ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Kommission in den Rn. 50 und 51 des Einleitungsbeschlusses Folgendes festgestellt hat:

„50.      [Es] ist zwischen den bereits verwendeten und den noch nicht verwendeten Rücklagen zu unterscheiden, die sich Ende 1997 auf 18 345 Mio. FRF bzw. 38 521 Mio. [FRF] beliefen.

51.      Vom Gesamtbetrag der verwendeten Rücklagen wurden 14 119 Mio. FRF in den Bilanzposten ‚Kapitalerhöhungen‘ umgebucht und der Saldo von 4 226 Mio. FRF auf verschiedene Wertberichtigungskonten verteilt. Da die Neueinstufung nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht wurde und die Kapitalerhöhungen für die Zwecke der Berechnung der Körperschaftsteuer nicht als Erhöhung des Nettovermögens der Gesellschaft angesehen werden, hat diese Umbuchung die Steuererleichterung konsolidiert, die EDF in Bezug auf diese Rücklagen gewährt wurde.

Den französischen Behörden zufolge kann der Vorteil, der EDF in Form von Steuererleichterungen gewährt wurde, auf 5 883 Mio. FRF [14 119 × 41,67 %] geschätzt werden.“

100    Zweitens war die Kommission in den Erwägungsgründen 91 und 99 der ursprünglichen Entscheidung der Ansicht, dass „die Ansprüche des [Konzessionsgebers] gleichzeitig und zum gleichen Satz wie die anderen im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildeten Betriebsrücklagen hätten besteuert werden müssen“, dass „[d]ies bedeutet, dass die 14,119 Mrd. FRF an Ansprüchen des [Konzessionsgebers] den 38,5 Mrd. FRF an nicht verwendeten Rücklagen hätten hinzugefügt werden müssen, um zu einem Satz von 41,66 % besteuert zu werden, der für die Sanierung der Bilanz von EDF durch die französischen Behörden angewandt wurde“, dass „[EDF, indem sie] nicht die gesamte, bei der Sanierung [ihrer] Bilanz fällige Körperschaftsteuer gezahlt hat, … 888,89 Mio. EUR eingespart [hat]“ und dass „[d]ie Nichtzahlung von 888,89 Mio. EUR an Steuern durch EDF im Jahr 1997 … also einen Vorteil für den Konzern dar[stellte]“.

101    Die Kommission kam nach ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass „[d]ie Nichtzahlung von EDF im Jahr 1997 in Bezug auf die Körperschaftsteuer für den Teil der Rücklagen, die [steuerfrei] für die Erneuerung des [AVN] gebildet wurden und die den 14,119 Mrd. FRF an Ansprüchen des [Konzessionsgebers], die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, [entsprachen], … eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfe dar[stellte]“ (Art. 3 der ursprünglichen Entscheidung).

102    Drittens hat das Gericht im Urteil in der Rechtssache T‑156/04 Folgendes ausgeführt:

„111      [Sowohl] im Einleitungsbeschluss als auch in der angefochtenen Entscheidung [prüfte die Kommission] die steuerliche Behandlung der Ansprüche des Konzessionsgebers im Rahmen der Sanierung der Bilanz der EDF, die durch das Gesetz Nr. 97‑1026 vorgenommen wurde (im Folgenden: streitige Maßnahme). Folglich galt für beide Entscheidungen der gleiche Prüfungsrahmen.“

103    Im Urteil in der Rechtssache T‑156/04 hat das Gericht daraufhin entschieden:

„253      Da die streitige Maßnahme in ihrem Zusammenhang zu würdigen war, durfte die Kommission sich somit nicht darauf beschränken, die steuerlichen Auswirkungen der von der Französischen Republik erlassenen Bestimmungen zu prüfen, ohne gleichzeitig die Begründetheit des Vorbringens der Französischen Republik zu prüfen (und das Vorbringen gegebenenfalls nach Prüfung zu verwerfen), dem zufolge der Verzicht auf die Steuerforderung im Rahmen der Sanierung der Bilanz und der Erhöhung des Kapitals der EDF, die das Ziel von Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 darstellte, als Transaktion angesehen werden konnte, die das Kriterium des privaten Kapitalgebers erfüllte.“

104    Festzustellen ist, dass sich die streitige Maßnahme, wie sie vom Gericht ermittelt wurde, auf die „steuerliche Behandlung der Ansprüche des Konzessionsgebers im Rahmen der Sanierung der Bilanz der EDF“ bezieht, und das Gericht beanstandet hat, dass die Kommission jegliche Prüfung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers allein wegen der steuerlichen Natur dieser Maßnahme ausgeschlossen hat, die die Französische Republik, so die Kommission, in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe, und dass die Kommission diese Maßnahme nicht in ihrem Kontext, nämlich der Erhöhung des Kapitals von EDF, untersucht hat, um zu beurteilen, ob das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall anwendbar war, ohne dass die steuerliche Natur einer Maßnahme es grundsätzlich ausschlösse, dass sich der Staat auf dieses Kriterium beruft.

105    Viertens sind zum einen die Rn. 16, 19, 21 und 35 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P (siehe oben, Rn. 50) zu beachten, in denen der Inhalt des Vorteils, wie er von der Kommission und vom Gericht festgestellt wurde, wiedergegeben wird, und zum anderen ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof in Rn. 99 dieses Urteils entschieden hat, dass das Gericht mit dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 im vorliegenden Fall weder die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers noch das Ergebnis einer etwaigen Anwendung dieses Kriteriums vorweggenommen hat.

106    Entgegen der Behauptung von EDF kann daher aus dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04, im Licht insbesondere der (oben in Rn. 50 wiedergegebenen) Rn. 87, 92, 93, 98 bis 100 und 108 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P, nicht gefolgert werden, dass die Maßnahme, die zu prüfen gewesen wäre, in Wirklichkeit nicht der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers gewesen sei, sondern „die durch das Gesetz Nr. 97‑1026 vorgenommene Erhöhung des Kapitals von EDF, ohne dass zwischen den Rücklagen, die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, unterschieden wird“ (Rn. 9 der Klageschrift sowie Rn. 7 und 17 der Erwiderung) oder „eine Aufstockung des Kapitals eines Unternehmens, dessen Aktionär der Staat ist“, der sich „naturgemäß[, wie vom Gericht angenommen, entnehmen lässt,] dass der ‚Staat ein Investitionsziel verfolgte, das dem Ziel eines privaten Kapitalgebers vergleichbar war‘“ (Rn. 86 der Klageschrift).

107    Folglich hat die Kommission rechtsfehlerfrei und ohne gegen die Rechtskraft des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 zu verstoßen, nach der Wiederaufnahme des Verwaltungsverfahrens in dem angefochtenen Beschluss die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf die Maßnahme untersucht, mit der die Französische Republik darauf verzichtet hat, die Ansprüche des Konzessionsgebers bei ihrer Neueinstufung unter Kapitalerhöhungen zu besteuern (Rn. 117 und 188 sowie Art. 1 des angefochtenen Beschlusses), die Maßnahme, die, wie die Kommission hervorhebt, von der Französischen Republik in ihrem an die Kommission gerichteten Vermerk vom 9. April 2002 im Übrigen klar und eindeutig als die streitige Maßnahme genannt wird (siehe oben, Rn. 27).

108    Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.

B.      Zum zweiten Hauptklagegrund

109    Der zweite Hauptklagegrund, mit dem EDF im Wesentlichen geltend macht, dass die Kommission zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei, besteht aus fünf Teilen.

110    Im Rahmen des ersten Teils macht EDF geltend, die Kommission habe, als sie die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers beurteilt habe, ohne Rechtfertigung zahlreiche Dokumente und Unterlagen, die ihr übermittelt worden seien, nicht berücksichtigt.

111    Mit dem zweiten Teil macht EDF geltend, die Kommission habe unter Verkennung des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P die Gesichtspunkte, die die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers beträfen, und diejenigen, die die Anwendung dieses Kriteriums beträfen, systematisch verwechselt.

112    Mit dem dritten Teil macht EDF geltend, die Kommission habe zu Unrecht die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers mit der Begründung ausgeschlossen, dass die Französische Republik insbesondere Erwägungen, die sich aus ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt ergäben, neben Erwägungen, die sich aus ihrer Eigenschaft als Anteilseigner ergäben, berücksichtigt habe.

113    Im Rahmen des vierten Teils trägt EDF vor, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein formeller Geschäftsplan vorliegen müsse, um die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zu rechtfertigen.

114    Im fünften Teil macht EDF schließlich geltend, die Kommission hätte, wenn sie nicht die verschiedenen Rechts- und Tatsachenfehler begangen hätte, angesichts der Natur und des Gegenstands der Maßnahme, des Kontextes, in den diese eingebettet gewesen sei, sowie des verfolgten Ziels und der Regeln, denen die Maßnahme unterworfen gewesen sei, zwangsläufig zu dem Ergebnis kommen müssen, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers anwendbar sei.

1.      Angefochtener Beschluss

115    Nach einer Zusammenfassung der streitigen Maßnahme in den Erwägungsgründen 113 bis 123 des angefochtenen Beschlusses hat die Kommission die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf diese Maßnahme in den Erwägungsgründen 126 bis 154 dieses Beschlusses wie folgt geprüft:

„(126)      Um die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers zu ermitteln, empfiehlt es sich, im Rahmen einer allgemeinen Bewertung festzustellen, ob die Steuerbefreiung von der Französischen Republik in der Eigenschaft als Aktionär oder in der Eigenschaft als öffentliche Staatsgewalt bewilligt wurde. Der Gerichtshof hält in seinem Urteil vom 5. Juni 2012 mehrere bei dieser allgemeinen Bewertung zu berücksichtigende Elemente fest. Diese Elemente, die nachstehend im Hinblick auf die Umstände des Falles umfassender geprüft werden, sind Folgende:

Ein Mitgliedstaat muss im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat; aus diesen Nachweisen muss klar hervorgehen, dass der betroffene Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital in das von ihm kontrollierte öffentliche Unternehmen zu investieren;

insoweit können insbesondere Nachweise erforderlich sein, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen; die Kommission kann sich weigern, Beweise zu prüfen, die aus der Zeit nach Erlass der Entscheidung über die Vornahme der betreffenden Kapitalanlage stammen;

es können hierbei insbesondere die Natur und der Gegenstand dieser Maßnahme, der Kontext, in den sie eingebettet ist, sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist, von Bedeutung sein;

durch Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers muss festgestellt werden können, ob ein privater Anteilseigner unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, einen Betrag in Höhe der geschuldeten Steuer zugeführt hätte.

(127)      In ihrer unter Erwägungsgrund 42 erwähnten Stellungnahme vom 11. Dezember 2002 machen die französischen Behörden geltend, dass es als wirksamer und neutraler für EDF beurteilt worden wäre, die Ansprüche des [Konzessionsgebers] unmittelbar in Höhe des Gesamtbetrags den Eigenmitteln zuzuweisen, ohne die Körperschaftsteuer zu entrichten. Jedoch wird in keinem Dokument aus einer früheren Zeit oder aus der betreffenden Zeit der vermeintlichen Entscheidung, das von [der Französischen Republik] oder von EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme zum Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens übermittelt wurde, direkt oder indirekt die vermeintliche Investitionsentscheidung, ihre Auswirkungen, Vorteile und Nachteile oder die vergleichbare Entscheidung, den Betrag der Kapitalerhöhungen durch Nichterhebung der Steuer zu erhöhen, erwähnt. Die von den französischen Behörden übermittelten, unter den Erwägungsgründen 87 bis 108 genannten Unterlagen erwähnen und, a fortiori, analysieren nicht die dem Staat entstehenden Vorteile und Nachteile in Zusammenhang mit der Entscheidung, keine Körperschaftsteuer auf den Teil der Rücklagen der Ansprüche des [Konzessionsgebers] zu erheben, der gemäß dem Gesetz Nr. 97‑1026 vom 10. November 1997 unter Kapitalerhöhungen von EDF neu eingestuft wurde.

(128)      [Die Französische Republik] muss bei Zweifeln bezüglich der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers, so wie sie von der Kommission vorgebracht wurden, eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass die durchgeführte Maßnahme in der Eigenschaft als Aktionär getroffen wurde. Nun, angesichts der vorgelegten Elemente hat es den Anschein, dass die Entscheidung, eine Investition zu tätigen und auf die Erhebung der im Prinzip von EDF geschuldeten Steuer zu verzichten, als stillschweigend getroffene Entscheidung angesehen werden muss, ohne eine begründete Rechtshandlung, durch die der genaue Inhalt dieser Entscheidung, die Gründe und die Rechtsgrundlage, die diese stützt, sowie durch welche zuständige Behörde und an welchem Datum sie getroffen wurde, erkannt oder nachgeprüft werden können. Angesichts der Elemente, die von dem Gerichtshof zur Prüfung der Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers vorgebracht wurden, nämlich insbesondere die Notwendigkeit, über objektive und nachprüfbare Elemente, eine tatsächlich umgesetzte Maßnahme oder vorherige wirtschaftliche Bewertungen zu verfügen, muss das Fehlen von Bezugnahmen oder materiellen Beweisen als erster Hinweis für die Nicht-Anwendbarkeit dieses Prinzips betrachtet werden.

(129)      Da keine Unterlagen vorliegen, in denen die angegebene Entscheidung rückverfolgbar wird, empfiehlt sich eine Beschreibung der eventuellen Investitionsmaßnahme, die der französische Staat durchgeführt hätte. Im vorliegenden Fall war der Gerichtshof der Auffassung, dass anhand des Kriteriums des marktwirtschaftlich handelnden Kapitalgebers festgestellt werden können muss, ob ein privater Aktionär unter ähnlichen Umständen dem Kapital eines Unternehmens, das sich in einer vergleichbaren Lage wie EDF befindet, 5,88 Mrd. FRF zugeführt hätte. Eine Investition durch [die Französische Republik] würde den Verzicht auf die Einziehung dieses Betrages im Hinblick auf die Erzielung eines Gewinns, der die ursprünglich aufgewendeten Mittel übersteigt, darstellen. Folglich ist die Analyse im Vergleich zu dem Betrag der geschuldeten Körperschaftsteuer durchzuführen.

(130)      In dieser Hinsicht stellt sich das Fehlen von Studien, Bezugnahmen oder speziellen Analysen zu der Rentabilität der Investition über den Betrag der Steuerbefreiung als schwierig dar, um die Auswirkungen der angeführten Investition aus den von [der Französischen Republik] oder von EDF übermittelten Informationen herauszuarbeiten. Diese Schwierigkeit ist nicht unüberwindbar, da für die Analyse bei den meisten relevanten Faktoren zur Prüfung der Anwendbarkeit und der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers angenommen wird, dass die Erhöhung der Kapitaleinlage von EDF um den nicht erhobenen Steuerbetrag durch Rechte, die mit dem Paket der Kapitalerhöhungen verbunden waren, begünstigt wurde. Wenn die Erhöhungen mit einem bestimmten Satz vergütet wurden, musste somit dieser Satz auf den Betrag der nicht erhobenen Steuer [angewandt] werden und wurde faktisch auch [angewandt]. In den Fällen dagegen, in denen es die marginale oder inkrementelle Wirkung ist, die betrachtet wird, kann mit den von [der Französischen Republik] oder von EDF übermittelten Informationen nicht auf den ersten Blick die Auswirkung belegt werden, dass der Betrag der Kapitalerhöhung in Höhe des Betrags der nicht erhobenen Steuer erhöht wurde.

(131)      Die Nichterhebung der Steuer hatte zur Folge, dass die Kapitalerhöhung von EDF und folglich die Eigenmittel von EDF in Höhe von zusätzlichen 5,88 Mrd. FRF zu einem Gesamtbetrag von 14,119 Mrd. FRF der neu eingestuften Rücklagen aufgestockt wurden. Diese Rücklagen, die keiner vorherigen Einlage von frischem Geld durch den Aktionär Staat entsprachen, wurden unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft, indem sie in den entsprechenden Posten des oberen Teils der Bilanz von EDF verschoben wurden, unter die anderen Eigenkapitalposten (Kapital, Kapitalerhöhungen usw. – Aufstellung 2). Ohne Steuerbefreiung hätten die Eigenmittel von EDF, die im Jahr 1997 79,8 Mrd. [FRF] erreichen mussten, gemäß den seinerzeit geprüften Unterlagen 72,1 Mrd. FRF erreicht (Erwägungsgrund 100, Aufstellung 2). Anstatt bei 50,7 Mrd. FRF wären die Kapitalerhöhungen von EDF durch den Staat bei 44,8 Mrd. FRF gelegen.

Vermeintliche Investitionsentscheidung: Analyseelemente

(132)      Erstens wurde, wie von den französischen Behörden betont wird, aufgrund der Tatsache, dass die Einbindung des Betrags der nicht entrichteten Steuer die Bemessungsgrundlage der Kapitalerhöhungen erhöhte und diese mit einem Festsatz (3 %) vergütet wurde, der Absolutwert der Vergütung des Staates durch die Steuerbefreiung oder Nichterhebung der Steuer erhöht (Erwägungsgrund 83). Jedoch führte die der Steuerbefreiung entsprechende Aufstockung der Kapitalerhöhung nicht zu einer relativen Erhöhung der Vergütung des Staates. Es steht diesbezüglich fest, dass die Vergütung der durch den Staat getätigten Kapitalerhöhungen bei EDF seit dem Dekret Nr. 56‑1360 vom 30. Dezember 1956 vorgesehen ist (Erwägungsgründe 18 und 103). Unterschiedliche Vergütungen wurden somit in den [Unternehmensverträgen] vor und nach dem für den Zeitraum 1997-2000 geltenden [Unternehmensvertrag] vorgesehen, wie unter den Erwägungsgründen 93 und 102 dargelegt. Das Prinzip einer Vergütung existierte vor der vermeintlichen Entscheidung und wurde auch nach dieser beibehalten.

(133)      Zudem zeigt die Prüfung des Sachverhalts, dass die in Rede stehende Steuerbefreiung geeignet war, eine Verringerung der Vergütung der Investition für den Staat zu bewirken. Der Bericht der Nationalversammlung vom September 1997 zeigt unmissverständlich, dass die Aufstockung des Gesamtbetrags der Kapitalerhöhung zu einer Senkung von deren Vergütung geführt hat, um nicht ‚die Steuerlast für EDF zu erhöhen‘ (Erwägungsgrund 103). Der Bericht des Senats bestätigt diese von den Behörden gewollte Senkung (Erwägungsgrund 108).

(134)      Zwischen 1991 und 1996 hat EDF dem Staat eine bessere Vergütung auf eine geringere Bemessungsgrundlage der Kapitalerhöhungen bezahlt, verglichen mit derjenigen, die zwischen 1997 und 2000 für eine höhere Bemessungsgrundlage vorgesehen war. Die durchschnittliche jährliche Vergütung mit einem Absolutwert von 3,41 Mrd. FRF für den Zeitraum 1991-1996, in dem der Betrag der Kapitalerhöhungen 36,6 Mrd. FRF betrug, ist deutlich höher als der Betrag von 2,35 Mrd. FRF, der für eine auf 50,7 Mrd. FRF aufgestockte Bemessungsgrundlage im Zeitraum 1997-2000 vorgesehen war (Erwägungsgründe 92 und 102-103, Aufstellung 3). Daraus folgt, dass die vom Staat in seiner Eigenschaft als Aktionär für den Zeitraum 1997-2000 erhoffte laufende Marginalrendite der Aufstockung des Betrags der Kapitalerhöhung um 5,88 Mrd. FRF folglich im Hinblick auf den Zeitraum 1991-1996 als negativ bewertet werden konnte.

(135)      Wie die Berichte der Nationalversammlung und des Senats unmissverständlich belegen, sorgten die französischen Behörden dafür, dass die relative und absolute Vergütung, die im Rahmen der Kapitalerhöhung an den französischen Staat bezahlt wurde, umso geringer war, je breiter die Bemessungsgrundlage wurde. Daraus folgt, dass durch die Aufstockung des Betrags der Kapitalerhöhung insgesamt bei geringerer Vergütung als der vor dem Gesetz Nr. 97‑1026 existierenden Erhöhung die Entscheidung der Gewährung einer Steuerbefreiung nicht zwangsläufig als Investition anzusehen ist.

(136)      Zweitens ist die Art der Planung und Festlegung der Vergütung der Aufstockung der Kapitalerhöhungen nicht die Art, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte in Betracht ziehen können.

(137)      Denn wie es die Bezugnahmen in den unter den Erwägungsgründen 97, 103 und 106 erwähnten Schreiben der zuständigen Minister sowie in den parlamentarischen Berichten belegen, wurden im Jahr 1997 bei der Prüfung der Vergütung des französischen Staates nach der Umstrukturierung der Bilanz von EDF von den französischen Behörden zugleich die dem Staat [als Aktionär] stricto sensu zufallende Vergütung der Kapitalerhöhungen und die erhofften Steuerbeträge berücksichtigt, die der Staat ab 1997 nach mehreren Jahren steuerlicher Verlustvorträge einnehmen würde, welche dem bei der Erhebung der Steuer als öffentliche Gewalt handelnden Staat zufallen. Wie es unter dem Erwägungsgrund 93 dargelegt wird, war die Vergütung der Kapitalerhöhungen ihrerseits, in Abweichung vom allgemeinen Recht, von der Körperschaftsteuer abzugsfähig.

(138)      Das von den französischen Behörden 1997 geprüfte und validierte Konzept war somit das einer Gesamterhebung bei EDF, bei der Steuer und Vergütung des Aktionärs kumuliert waren. Der Betrag der bei EDF erhobenen Gesamtsteuer – auch abgesehen von der strittigen Befreiung, die steuerliche Vorrechte aufdeckt – und die an den Staat als Aktionär bezahlte Vergütung geraten in den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen durcheinander. Gemäß diesen belegen diese Unterlagen jedoch das Vorhandensein einer Investitionsentscheidung. Die dauerhafte Berücksichtigung der Entrichtung der fälligen Steuern durch EDF an den einziehenden Staat, einschließlich durch Berichtigung und Bereinigung der nicht erhobenen Steuer vor dem Gesetz Nr. 97‑1026 zum Zweck der Prüfung und Festlegung der Vergütung des Aktionärs Staat, weist dagegen darauf hin, dass die strittige Steuerbefreiung von dem als öffentliche Gewalt handelnden Staat und nicht von dem als Anleger handelnden Staat bewilligt wurde.

(139)      Dieser Hinweis wird zudem durch die Art der Ziele bestärkt, die EDF 1997 von dem Staat – unter Berücksichtigung der Anliegen und Ziele der öffentlichen Gewalt und nicht des Aktionärs – vorgegeben wurden. Diese Anliegen werden bei der Festlegung der Tarife von EDF deutlich, so wie diese in dem [Unternehmensvertrag] für den Zeitraum 1997-2000 vereinbart wurden, von dem die Vergütung des Aktionärs Staat abhängt. Der Staat forderte EDF nämlich auf, zu der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie und der Stärkung der Kaufkraft der französischen Haushalte beizutragen. Dies sind viele Überlegungen, die nicht nur nichts mit denjenigen Überlegungen zu tun haben, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger in Betracht gezogen hätte, sondern sogar zu den finanziellen Interessen dieses hypothetischen Anlegers im Widerspruch stehen. Dasselbe gilt für das EDF in dem [Unternehmensvertrag] 1997-2000 vorgegebene Ziel, eine ehrgeizige Politik zur Förderung der Wirtschaftstätigkeit und Beschäftigung umzusetzen, indem man sich in den Dienst der Körperschaften stellt (Erwägungsgründe 89 und 95).

Wirtschaftliche Bewertungen zur Ermittlung der Rentabilität der vermeintlichen Investition

(140)      Der am 8. April 1997 unterzeichnete [Unternehmensvertrag] zwischen dem Staat und EDF beinhaltete vorherige Bewertungen des Finanzszenarios, in die sich Ertragsprognosen für die Investition in Kapitalerhöhungen von EDF für den Aktionär Staat eingliederten (Erwägungsgrund 92). Diese Unterlagen und die von den französischen Behörden vorgelegten Analysen beziehen sich auf die Auswirkungen, die durch die Neueinstufung aller von EDF gebildeten Rücklagen erwartet wurden, unabhängig davon, ob diese besteuert wurden oder nicht bzw. ob sie das Ergebnis der Umsetzung des Gesetzes Nr. 97‑1026 waren oder nicht. Die einzige von den französischen Behörden vorgelegte systematische Bewertung, die in der Anmerkung von EDF vom 18. Februar 1997 enthalten ist (Erwägungsgrund 92), ist allgemeiner Art und auf die ordnungsgemäße Vergütung begrenzt, die auf die Kapitalerhöhungen, einschließlich jener vor der Umstrukturierung der Bilanz von EDF, [angewandt] wurde, ohne beispielsweise die Vergütung des Kapitals mit Ausnahme der Erhöhungen oder die Vergütung der Eigenmittel einzubeziehen.

(141)      Kein von [der Französischen Republik] oder von EDF übermitteltes Dokument belegt, dass die angeblich getroffene Investitionsentscheidung, nämlich eine größere Kapitalerhöhung bei EDF vorzunehmen und keine Steuer auf die Neueinstufung zu erheben, Gegenstand von Prüfungen, Studien oder speziellen Analysen gewesen wäre. Unter Berücksichtigung der betreffenden Beträge hätte jedoch ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger wahrscheinlich eine Finanz- und Wirtschaftsanalyse der Investition durchführen lassen, bevor er entschieden hätte, ob unter Berücksichtigung einer ordnungsgemäßen Rentabilität der Kapitalerhöhungen der Betrag von 5,88 Mrd. FRF der Steuerbefreiung notwendig war, damit das Unternehmen die langfristige Rentabilität seiner Gesamtinvestition garantiert und damit der Aktionär zu diesem Zweck eine ausreichende Vergütung erhält. Diese Art vorheriger Wirtschaftsstudie, die der Gerichtshof unter der Randnummer 84 seines Urteils bei den Elementen nennt, die einen positiven Rückschluss auf die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers ermöglichen, fehlt.

(142)      Es ist insbesondere bemerkenswert festzustellen, dass abgesehen von der Vergütung, die dem Staat für den Zeitraum 1997-2000 bewilligt wurde, keine Studie über die Vergütung oder langfristige Rendite durchgeführt wurde, während [die Französische Republik] gerade behauptet, eine langfristige Investition getätigt zu haben. Ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte nicht unterlassen, eine Rentabilitätsanalyse einer Investition für den Zeitraum nach dem Jahr 2000 durchzuführen.

(143)      Wenn vernunftgemäß anzunehmen ist, dass ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger die Auswirkungen der Senkung der Schuldenquote von EDF berücksichtigt hätte, ist festzustellen, dass der Vorteil für EDF, wegen einer verbesserten Schuldenquote in Bezug auf die Eigenmittel zu geringeren Kosten Kapital aufzunehmen, in allgemeinen Worten in einigen Unterlagen erwähnt wird, die von [der Französischen Republik] (Erwägungsgründe 101 und 105) und von EDF vorgelegt wurden. Kein Element weist jedoch auf die Vorteile und die Rentabilität für den Aktionär Staat hin, die durch eine Senkung der Fremdkapitalkosten von EDF oder eine niedrigere Schuldenquote entstehen. Gemäß den unter dem Erwägungsgrund 101 dargelegten Bezifferungen sollte die Quote Nettoschulden/Eigenkapital von EDF mit der vollständigen neuen Kapitalerhöhung, die sich auf 50,7 Mrd. FRF – hierin einbegriffen die 5,88 Mrd. FRF der strittigen Befreiung – belief, 148 % erreichen. Ohne die Steuerbefreiung hätte die Quote bei etwa 163 % gelegen, d. h. ungefähr dreimal geringer als die Quote von 480 % vor dem Gesetz Nr. 97‑1026. Getrennt von den anderen Auswirkungen der Neueinstufung verschiedener Rücklagen betrachtet, ist der Beitrag der Steuerbefreiung zu der Verbesserung dieser Quote unbedeutend und seine konkrete Mitwirkung im Hinblick auf die Senkung der Fremdkapitalkosten bei EDF sehr zweifelhaft (Erwägungsgründe 170 bis 172). In jedem Fall werden in den von den französischen Behörden vorgelegten Unterlagen weder die aus einer Quote von 148 % resultierende Vergütung für den Aktionär noch, a fortiori, die aus einer Quote von 163 % resultierende Vergütung als eine Investition erwähnt oder analysiert. Es gibt diesbezüglich keine vorherigen wirtschaftlichen Bewertungen, die mit jenen vergleichbar sind, die ein marktwirtschaftlich handelnder Privatanleger hätte erstellen lassen, wie von dem Gerichtshof unter Randnummer 84 seines Urteils ausgeführt.

(144)      In dieser Hinsicht belegt die von EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme übermittelte Wirtschaftsstudie (Erwägungsgründe 69 [und] 70) nicht, dass [die Französische Republik] als Anleger und nicht als öffentliche Gewalt gehandelt habe. Die Studie wurde nach der in 1997 getroffenen vermeintlichen Investitionsentscheidung angefertigt und wurde von den für das Treffen einer solchen Entscheidung zuständigen Behörden nicht geprüft. Aus diesem Grund allein ist die Studie gemäß den Ausführungen des Gerichtshofs (Erwägungsgrund 126, Randnummer 104 des Urteils vom 5. Juni) nicht als Beweis zulässig. Dass die Studie auf der Grundlage derzeit verfügbarer authentischer Daten angefertigt wurde, vermag diese Schlussfolgerung nicht zu entkräften. Die Studie wurde für sachdienliche Zwecke infolge der Ausweitung des Verfahrens im Mai 2013 in Auftrag gegeben und die Schlussfolgerungen, zu denen sie kommen würde, waren EDF im Juli 2013 offensichtlich bekannt, während die Studie aus dem Oktober 2013 stammt. Weitere Gründe entkräften zudem die zahlenmäßigen Ergebnisse, zu denen die Studie kommt[,] und berauben demnach die Schlussfolgerungen, die EDF zur Stützung ihrer Stellungnahme zieht, einer Grundlage, nämlich:

Die Studie stützt sich auf Grunddaten [die fast alle aus dieser Zeit stammen] und in ihr werden methodologische Ansätze, die für die Bewertung des Wertes von Unternehmen allgemein anerkannt sind, unter den nachstehend formulierten bedeutenden Vorbehalten [angewandt]. Deswegen liefert sie trotzdem eine sehr komplexe wirtschaftliche Bewertung, nach einer recht gründlichen Datenrecherche, für deren Durchführung und Validierung ungefähr drei Monate erforderlich waren. Diese Aufbereitung enthält fortwährende und zahlreiche und manchmal beanstandbare Wahlen von Methoden. Ohne diese Aufbereitung ist es vollständig unmöglich, ausgehend von zerstreuten Grunddaten unterschiedlicher Herkunft einen zusammenfassenden Überblick oder eine mögliche Prognose der quantifizierten Ergebnisse in Bezug auf die Rentabilität zu erhalten, die der französische Staat im Jahr 1997 angeblich erwarten konnte, welche die Studie vorweist. Der Gerichtshof fordert, dass sich die Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers auf Bewertungen stützt, die im Zeitpunkt der Entscheidung vorhersehbar waren (Randnummer 105 des Urteils vom 5. Juni 2012). Im Gegensatz zu den Behauptungen von EDF liefert die Tatsache, dass die zuständigen Dienststellen des französischen Staates, auf Grundlage der 1996-1997 verfügbaren Daten, weder selbst eine Studie dieses Umfangs und dieser Komplexität durchgeführt noch in Auftrag gegeben haben, einen Hinweis darauf, dass die alleinige Rentabilität für den Aktionär der vermeintlichen Investition für die französischen Behörden vor dem Treffen der Entscheidung nicht der relevante Gesichtspunkt war.

Die Studie analysiert das Verhalten des französischen Staates im Hinblick auf das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers anhand von Informationen und Hypothesen, die deutliche Unterschiede zu denjenigen, die unter den Erwägungsgründen 87 bis 108 dargelegt sind, aufweisen und die laut den französischen Behörden die angeblich getroffene Entscheidung begründen und rechtfertigen. Die Investitionsentscheidung wurde nicht von EDF getroffen und, dem Gerichtshof zufolge (Randnummern 82 und 83 des Urteils vom 5. Juni 2012), obliegt es [der Französischen Republik], die Details vorzulegen, aus denen die Art und der Zusammenhang der getroffenen Entscheidung ersichtlich sind. Da sich [die Französische Republik] darauf beruft, dass die Entscheidung im Hinblick auf die vorgelegten Informationen und Daten getroffen wurde, treten die Studie und somit EDF faktisch an die Stelle des genannten Anlegers und behaupten, die Erwägungen und Informationen, die tatsächlich die bereits getroffene Entscheidung motiviert haben, sowie die in Betracht gezogenen Hypothesen besser als der französische Staat zu kennen. Aus diesem Grund stützt sich die Studie auf Spekulationen und Mutmaßungen über die Daten, Informationen und Hypothesen, die von den französischen Behörden – unter anderen, die nicht auszuschließen sind – im Jahr 1997 hätten berücksichtigt werden können, und hat folglich im Jahr 2015 (oder im Oktober 2013, als sie angefertigt wurde) keinerlei Beweiskraft, um die 1997 tatsächlich von den französischen Behörden getroffene Entscheidung zu erläutern und zu belegen, die diese Behörden anhand von anderen Daten und Hypothesen begründen.

Diese Beweiskraft fehlt umso mehr, da sich die Studie, um zu den unter dem Erwägungsgrund 70 dargelegten Ergebnissen zu kommen, auf Hypothesen stützt, die entweder willkürlich oder gewagt sind oder nicht durch die Tatsachen belegt werden oder widersprüchlich zu den Informationen sind, die sich aus den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen ergeben und die, diesen zufolge, die Anwendbarkeit und positive Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers in dem vorliegenden Fall belegen. So mutmaßt die Studie erstens, dass nach dem Jahr 2000 die Vergütung an den Aktionär Staat nicht durch das Dekret geregelt und durch einen [Unternehmensvertrag] zwischen dem Staat und EDF niedergelegt worden sei, sondern gemäß Dividenden, die andere Unternehmen des Sektors 1996-1997 bezahlten, festgelegt worden sei. Nun, die Vergütung der Kapitalerhöhungen von EDF wurde seit 1956 durch ein Dekret geregelt (Erwägungsgrund 102) und wurde in den mehrjährigen [Unternehmensverträgen] vor und nach 1997 ordnungsgemäß festgelegt und wiedergegeben, in Abhängigkeit von Erwägungen, die in keinem Zusammenhang mit den Dividenden standen, die Unternehmen des Sektors bezahlten, die in anderen Märkten als in [der Französischen Republik] tätig waren (Erwägungsgründe 94 und 95). Zweitens lässt die Studie ohne Rechtfertigung in die Ergebnisrechnung von EDF wieder Rücklagen aus den Gesellschaftsabschlüssen von EDF in Höhe von 11,6 Mrd. FRF (ohne Steuer) und 7,3 Mrd. FRF (nach Steuer) einfließen und erhöht somit künstlich den Wert von EDF, ohne die 1997 verfügbaren Informationen und vorhersehbaren Entwicklungen im Hinblick auf die Verpflichtungen von EDF bezüglich des Altersversorgungssystems ihres Personals (Erwägungsgründe 168 [und] 169) zu berücksichtigen.

Drittens ist auch das Wachstum des Wertes von EDF, das aus dem Wachstum der Erträge und Ergebnisse resultiert, in der Studie basierend auf ‚Markterwartungen‘ im Jahr 1997 berechnet. Die französischen Behörden verfügten über spezielle und bezifferte Prognosen über die Einkünfte und Ergebnisse von EDF für die Jahre 1997 bis 2000, die im Rahmen der Ausarbeitung des [Unternehmensvertrags] für diesen Zeitraum validiert wurden, und behaupten, sich auf diese Prognosen und Informationen gestützt zu haben, um ihre Entscheidung zu treffen (Erwägungsgründe 78[,] 79, 90, 94, 96), wobei sie 1997 eine gute Kenntnis von dem Unternehmen und seinen finanziellen Perspektiven hatten (Erwägungsgrund 77). Das Zurückgreifen auf ‚Markterwartungen‘, die von Drittpersonen formuliert worden waren, um in fine einen geschätzten Wert von EDF festzulegen, ist unter diesen Bedingungen weder bewiesen noch kohärent zu den Argumenten, die [die Französische Republik] vorbringt, um die Entscheidung, die von den französischen Behörden angeblich getroffen wurde, zu erläutern und zu untermauern. Und zwar umso weniger, da die französischen Behörden anführen, dass die überwiegende Geschäftstätigkeit von EDF in Frankreich im Jahr 1997 zu geregelten Tarifen erfolgte (Erwägungsgrund 85). Zudem waren diese Tarife im Hinblick auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der französischen Industrie sowie der Kaufkraft der französischen Haushalte auf ein geringes Niveau festgelegt (Erwägungsgründe 89 und 95). [In der Studie wird nicht erläutert, geschweige denn ausreichend gerechtfertigt,] warum die Vergütung, die Dividenden und die Betriebsergebnisse von an der Börse notierten Aktiengesellschaften, die in Frankreich keine bedeutende Präsenz hatten und in Märkten mit unterschiedlichen Wettbewerbsbedingungen und rechtlichen Bedingungen tätig waren (z. B. Endesa, Gas Natural und Union Fenosa in Spanien, RWE, EON und Verbund in Deutschland, Fluxys in Belgien usw.) die Ergebnisse, die Vergütung und die Dividenden von EDF festlegen konnten, was in den Hypothesen steht, von denen die unter dem Erwägungsgrund 70 vorgelegten Ergebnisse abhängen.

Viertens schließlich postuliert die Studie ohne jegliche [Recht]fertigung, dass eine Aufstockung der Kapitalerhöhung von EDF im Jahr 1997, zumindest potenziell, dem Erwerb einer liquiden Finanzanlage gleichkam. EDF war jedoch 1997 ein staatliches Industrie- und Handelsunternehmen ohne Gesellschaftskapital (Erwägungsgrund 19), von dem die französischen Behörden und EDF seinerzeit bestätigten, dass es denselben Status zukünftig behalten werde (Erwägungsgründe 95, 105). Der gewagte Charakter dieses Postulats, von dem jedoch die Ergebnisse der Studie entscheidend abhängen, wird unter den Erwägungsgründen 179 bis 181 deutlicher aufgezeigt.

Natur und Gegenstand der Maßnahme, Kontext, in den sie eingebettet ist[,] und Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist

(145)      Der Gerichtshof betont, dass die Natur der getroffenen Maßnahme zu den erheblichen Anhaltspunkten gehört, die zu berücksichtigen sind, um einen positiven Rückschluss auf die Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers zu ziehen (Randnummer 86 des Urteils). Die Entscheidung, die Kapitalerhöhung bei EDF um einen zusätzlichen Betrag aufzustocken und keine Steuer auf die Neueinstufung der regelwidrigen Rücklagen für das [AVN] zu erheben, ist zugleich eine buchhalterische Entscheidung der Neuzuweisung innerhalb der Bilanzposten von EDF (Erwägungsgründe 100 und 105) und eine steuerliche Entscheidung, da die zuständigen Behörden der Ansicht sind, dass die Körperschaftsteuer vor der Neueinstufung erhoben werden musste (Erwägungsgrund 35), selbst wenn für andere neu eingestufte Betriebsrücklagen die Steuer entrichtet wurde. Entgegen den Behauptungen der französischen Behörden ist nicht nachgewiesen, dass diese zwei buchhalterischen und steuerlichen Teile untrennbar in einer einzigen Maßnahme verknüpft sind, die durch das Gesetz Nr. 97‑1026 vom 10. November 1997 eingeführt wurde.

(146)      Artikel 4 Absatz 2 des Gesetzes sieht vor, dass der Gegenwert der konzessionierten Sachwerte des [AVN], der auf der Passivseite der Bilanz von EDF steht, nach Abzug entsprechender Wertberichtigungen in den Posten ‚Kapitalerhöhungen‘ aufgenommen werden musste (Erwägungsgrund 28). Daraus ließe sich ableiten, dass das Gesetz vorsah, dass abgesehen von eventuellen Bewertungsunterschieden, keine buchhalterische oder steuerliche Bereinigung den Betrag des Gegenwertes beschneiden sollte, der als Kapitalerhöhung von EDF zu verbuchen war. Die Entscheidung der Erhebung oder Nichterhebung der Steuer bei EDF fällt jedoch gemäß dem Artikel 34 der Verfassung [der Französischen Republik] nicht unter den Bereich des Gesetzes und das Gesetz Nr. 97‑1026 konnte in dieser Frage nicht gültig entscheiden. Dieser Artikel begrenzt die legislativen Kompetenzen des Parlaments in Steuersachen auf die Festlegung der Bemessungsgrundlage, des Satzes und der Bestimmungen für die Einziehung der Steuern aller Arten. Somit hat EDF im Rahmen derselben durch das Gesetz vorgenommenen Neueinstufung Körperschaftsteuer für einige Betriebsrücklagen entrichtet, für andere aber nicht.

(147)      Die von den französischen Behörden übermittelten, unter dem Erwägungsgrund 104 genannten vorbereitenden Unterlagen belegen überdies, dass der [französische] Staatsrat 1997 der Ansicht war, dass Bestimmungen ohne gesetzgeberischen Charakter aus dem Text des Gesetzentwurfs ausgeklammert werden mussten; weiterhin wurde auch ein Änderungsentwurf zu dem Gesetzentwurf der Regierung verworfen, der die Erhebungen, die der Staat kraft Gesetz bei EDF durchführen konnte, begrenzen sollte. Die verantwortlichen Minister waren im April 1997 der Ansicht, dass die ausführlichen Bestimmungen zur Umsetzung der Umstrukturierung von EDF im buchhalterischen und im steuerlichen Bereich das Thema zusätzlicher Austausche zwischen den [Aufsichtsbehörden] und dem Unternehmen sein mussten (Erwägungsgrund 98).

(148)      Diese Elemente, die in dem [Schreiben vom 22. Dezember 1997] nach der Verabschiedung des Gesetzes (Erwägungsgrund 31) präzisiert und quantifiziert wurden, geben an, dass die steuerlichen Aspekte der Umsetzung von den Bestimmungen des Gesetzes Nr. 97-1026 vom 10. November 1997 zu trennen sind. Diese Minister erläutern in ihrem an EDF gerichteten Schreiben die Umstrukturierung des oberen Teils der Bilanz von EDF durch die Anwendung von Artikel 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 vom 10. November 1997 und scheinen stillschweigend über die steuerlichen Auswirkungen der Umstrukturierung zu entscheiden, ohne dass es um eine rentable Investition oder bindende Bestimmungen in dem Gesetz ging.

(149)      Was den Kontext der Maßnahme betrifft, den der Gerichtshof als Element anführt, das neben anderen für die Bewertung der eventuellen Anwendbarkeit des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers relevant ist, belegen die vorbereitenden Treffen und die stützenden Unterlagen für den betreffenden Zeitraum, die zu dem am 8. April 1997 unterzeichneten [Unternehmensvertrag] zwischen dem Staat und EDF geführt haben, dass die Neueinstufung der Rücklagen in Zusammenhang mit der Perspektive auf eine teilweise Liberalisierung der Elektrizitätsmärkte in der Union erfolgte, die seit 1996 beschlossen war. Auch das Anliegen, die Geschäftstätigkeit von EDF internationaler zu gestalten[,] ist in dem [Unternehmensvertrag] 1997-2000 und den vorbereitenden Unterlagen, ebenso wie in den parlamentarischen Unterlagen, vorhanden. Der [Unternehmensvertrag] selbst setzt voraus, dass für seine Durchführung eine gesetzgeberische Maßnahme zur Regelung – wie die von dem Gesetz Nr. 97‑1026 vorgesehene Maßnahme – erforderlich ist, und bildet somit einen faktischen Zusammenhang zwischen den Zielen des Vertrags und denen des Gesetzgebers. Jedoch nehmen weder der im April 1997 abgeschlossene [Unternehmensvertrag] noch die vorbereitenden Unterlagen und Austausche mit den für EDF zuständigen [Aufsichtsbehörden] zu dem genauen Steuerbetrag Stellung.

(150)      Dieser anhand der von [der Französischen Republik] in [ihrer] Stellungnahme vorgebrachten Elemente rückverfolgte Kontext erlaubt jedoch nicht mit Sicherheit festzulegen, dass die Maßnahme aus einem Verhalten eines Aktionärs, der eine Investition tätigt, hervorgegangen ist. Denn die Notwendigkeit, die von dem [französischen] Rechnungshof im Oktober 1994 festgestellten Regelwidrigkeiten zu beseitigen, gehört auch zu diesem Kontext. Während es einerseits darum geht, eine buchhalterische Regelwidrigkeit zu beseitigen, die EDF ermöglicht hatte, über Jahre keine Körperschaftsteuer zu entrichten, betonten die französischen Behörden, dass die Verfügung nicht das Monopol von EDF in Frage stellte (Erwägungsgrund 105) und dass der durch die Liberalisierung des Marktes ermöglichte stabile Rahmen beibehalten werden musste (Erwägungsgrund 95). Es ist wahr, dass die Liberalisierung Expansionsperspektiven auf den nationalen Märkten anderer Mitgliedstaaten eröffnet und dass in dem [Unternehmensvertrag] 1997-2000 einige Maßnahmen vorgesehen waren, damit EDF internationaler wird. Gleichwohl beschränkt sich das Anliegen der öffentlichen Behörden, die nationalen Unternehmen durch Maßnahmen einer finanziellen Unterstützung zu Beginn einer Liberalisierung zu begünstigen, nicht auf die öffentlichen Unternehmen, noch charakterisiert es das Verhalten eines umsichtigen Aktionärs eines öffentlichen Unternehmens.

(151)      Der Gerichtshof führt schließlich an, dass die Prüfung der Regeln, denen die strittige Maßnahme unterworfen ist, relevant ist, um deren Charakter einer Investition durch den Aktionär Staat oder eines Vorrechts der öffentlichen Gewalt zu ermitteln. Die Einstufung der Maßnahme in die eine oder andere Kategorie kann folglich die Einhaltung der geltenden Regeln, denen sie unterliegt, berücksichtigen. Es empfiehlt sich, die Regeln zu prüfen, die für eine Investition von Steuermitteln in Unternehmen wie EDF bestehen. Ohne die betreffende Maßnahme wäre der Ertrag der nicht erhobenen Körperschaftsteuer den allgemeinen Einnahmen des Haushalts des französischen Staates 1997 zugewiesen worden. Wie in Artikel 18 der zur Zeit des Sachverhalts geltenden gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 59‑2 vom 2. Januar 1959 über ein Organgesetz zu den Haushaltsgesetzen vorgesehen ist, werden alle die Durchführung der gesamten Ausgaben gewährleistenden Einnahmen, alle Einnahmen und alle Ausgaben des Staates einem einzigen Konto mit der Bezeichnung Gesamthaushalt zugeschrieben. Somit werden Steuereinnahmen dem Haushalt und dem Gewinn des Staates zugewiesen und nicht dem der öffentlichen Unternehmen.

(152)      Der Haushalt unterliegt dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Vollständigkeit, gemäß dem alle Einnahmen und alle Mittel in zwei verschiedenen Sparten eingetragen werden, ohne dass eine besondere Verbindung, z. B. zwischen einer Körperschaftsteuereinnahme und einer Anlage, wie einer Kapitalerhöhung zugunsten eines öffentlichen Unternehmens wie EDF, hergestellt wird. Sicher ist die Vor-Zuweisung einer Steuereinnahme an eine andere juristische Person als den Staat als Subvention oder als Investition im französischen Recht möglich, sofern die Zuweisung Gegenstand ausdrücklicher Bestimmungen ist. Artikel 18 der gesetzesvertretenden Verordnung Nr. 59‑2 sah vor, dass abgesehen von Darlehen und Vorschüssen die Zuweisung von Einnahmen des Staates eine Ausnahme darstellt und nur durch eine haushaltsgesetzliche Bestimmung auf Regierungsinitiative erfolgen kann.

(153)      Nun, das [Gesetz Nr. 97‑1026] war kein Haushaltsgesetz und konnte daher keine Steuerquelle zugunsten des Kapitals von EDF zuweisen. Zudem ist nicht ersichtlich, dass spezielle Bestimmungen auf Regierungsinitiative bei dem für den Haushalt von 1997 geltenden Haushaltsgesetz verabschiedet wurden, um eine Vor-Zuweisung des Ertrags der von EDF geschuldeten Steuern zu den Ausgaben des französischen Staates im Rahmen einer Investition in das Kapital von EDF innerhalb desselben Haushalts vorzunehmen. Diese Regel, die eine Investition einer festgelegten Steuereinnahme zugunsten des Staates an eine andere juristische Person als den Staat, wie EDF, ermöglicht, scheint folglich nicht [angewandt] worden zu sein.

(154)      Die große Mehrheit der vorstehenden Elemente gibt klar an, dass [die Französische Republik] nicht vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils durch die Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer die Entscheidung getroffen hat, durch die Steuerbefreiung eine Investition in EDF zu tätigen. Aus diesem Grund scheint das Prinzip des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers auf diese Maßnahme nicht anwendbar zu sein. Die nun folgenden Erwägungen zu der Anwendung des Prinzips des marktwirtschaftlich handelnden Privatanlegers haben folglich einen subsidiären Charakter.“

2.      Vorüberlegungen

116    Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 113 ff. des angefochtenen Beschlusses fehlerfrei im Wesentlichen angenommen, dass sie zu prüfen habe, ob das Kriterium des privaten Kapitalgebers auf die streitige Maßnahme, die von der Französischen Republik in dem Vermerk vom 9. April 2002 klar als der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers bezeichnet wird (siehe oben, Rn. 107), anwendbar ist.

117    Daher sind zunächst die verschiedenen, von EDF im Rahmen ihres zweiten Klagegrundes wiederholt vorgetragenen Behauptungen zurückzuweisen, denen zufolge die Kommission nicht diesen Verzicht auf die Erhebung der Steuer hätte prüfen müssen, sondern die Maßnahme zur Erhöhung des Kapitals von EDF, ohne zwischen den Rücklagen, die unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft wurden, zu unterscheiden.

3.      Zum ersten Teil

a)      Vorbringen der Parteien

118    Im Rahmen des ersten Teils des zweiten Hauptklagegrundes trägt EDF im Wesentlichen vor, die Kommission habe sich, unter Verstoß gegen ihre Verpflichtung, sowohl bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers als auch bei der Beurteilung seiner Anwendung alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte im Rahmen ihrer Untersuchung zu berücksichtigen, lediglich auf die von der Französischen Republik übermittelten Informationen und Elemente gestützt und diejenigen unberücksichtigt gelassen, die EDF ihr übermittelt habe, was die Kommission mit angeblichen Widersprüchen zwischen den vom französischen Staat und den von EDF übermittelten Dokumenten rechtfertige.

119    EDF erkennt zugleich an, dass „die Kommission die ihr von EDF übermittelten Elemente inzident erwähnt hat“, und verweist hierzu auf den 66. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses, in dem von „rund 40 Dokumente[n] aus dieser Zeit, die EDF den Aufzeichnungen [beigefügt hat]“, die Rede sei.

120    EDF macht jedoch geltend, dass von den 53 Dokumenten aus der betreffenden Zeit, die sie der Kommission übermittelt habe, rund 40 Dokumente in dem angefochtenen Beschluss nicht erwähnt würden und folglich nicht untersucht worden seien, wobei die Kommission nicht darlege, weshalb diese Dokumente in Widerspruch zu den von der Französischen Republik übermittelten Unterlagen stünden oder nicht relevant seien.

121    Unter diesen Umständen sei unbestreitbar, dass die Kommission im vorliegenden Fall nur die von der Französischen Republik übermittelten Elemente untersucht habe, was zeige, dass die Kommission die von EDF übermittelten Unterlagen bewusst nicht geprüft und damit ihre Sorgfaltspflicht verletzt habe.

122    EDF macht auch geltend, manche Gesichtspunkte, die sich aus einigen der Dokumente, die sie der Kommission übermittelt habe, ergäben, zeigten, dass die Kommission, wenn sie diese berücksichtigt hätte, zu einem anderen Ergebnis als dem in dem angefochtenen Beschluss gefundenen hätte kommen müssen. EDF benennt hierzu Punkte, die im Schriftstück Nr. 18 (Schreiben von EDF an den Wirtschaftsminister betreffend die für EDF geltenden Buchführungs- und Steuervorschriften), im Schriftstück Nr. 20 (kurze Darstellung des Treffens vom 27. Oktober 1995 im Finanzministerium), im Schriftstück Nr. 22 (Schreiben von EDF an den Minister für Wirtschaft, Finanzen und Planung, das eine Anlage „Anpassung der Bilanz von EDF zum 31.12.1994“ enthalte), im Schriftstück Nr. 23 (Schreiben von EDF an das Haushaltsministerium, mit dem eine Anlage „Vorschlag für eine Umstrukturierung der Bilanz von EDF“ übersandt worden sei), im Schriftstück Nr. 32 (Schreiben des Ministers für Wirtschaft und Finanzen sowie des Ministers für Industrie, Post und Telekommunikation), wobei angegeben wird, dass diese Anlage in dem Beschluss berücksichtigt worden sei, in den Schriftstücken Nrn. 50 bis 56 (Stellungnahmen von Ratingagenturen aus dieser Zeit, die in der Oxera-Studie von 2013 berücksichtigt seien) und im Schriftstück Nr. 57 (Studie „Pan-European Utilities“) enthalten seien; diese Anlagen sind in der Auflistung in Rn. 77 der Klageschrift aufgeführt.

123    EDF fügt hinzu, dass die Behauptung der Kommission, sie habe diese Dokumente berücksichtigt, falsch sei und die einzigen beiden Unterlagen, die in dem angefochtenen Beschluss als von EDF vorgelegte Unterlagen genannt würden, in Wirklichkeit Unterlagen seien, die auch die Französische Republik übermittelt habe.

124    EDF ist der Auffassung, die Kommission könne nicht behaupten, dass bereits ihre Entscheidung, die von EDF übermittelten Unterlagen nicht zu berücksichtigen, selbst belege, dass eine eingehende Analyse vorgenommen worden sei.

125    EDF ist der Ansicht, die Urteile vom 16. März 2016, Frucona Košice/Kommission (T‑103/14, EU:T:2016:152), und vom 26. Mai 2016, Frankreich und IFP Énergies nouvelles/Kommission (T‑479/11 und T‑157/12, mit Rechtsmittel angefochten, EU:T:2016:320), stützten ihr Vorbringen, dass es im Wesentlichen Sache der Kommission sei, jeden relevanten Umstand zu berücksichtigen, auch diejenigen, die dem Urheber der Maßnahme, d. h. dem betroffenen Mitgliedstaat, nicht mitgeteilt worden seien.

126    EDF trägt außerdem vor, eine objektive und unparteiische Betrachtung der in Rn. 80 der Klageschrift genannten Unterlagen zeige eindeutig, dass es sich bei der betreffenden Maßnahme sehr wohl um die Entscheidung handle, das Kapital von EDF zu erhöhen, was z. B. klar aus dem Schriftstück Nr. 20 hervorgehe, das sie der Kommission übermittelt habe.

127    Im Rahmen ihrer nach dem Urteil Frucona Košice abgegebenen Stellungnahme macht die Klägerin, unterstützt durch die Französische Republik, schließlich geltend, nach diesem Urteil habe die Kommission, da sie alle maßgeblichen Aspekte berücksichtigen müsse, auch wenn sie dadurch über die von dem Staat vorgelegten Nachweise hinausgehe und die subjektive Ansicht des Staates unberücksichtigt lasse, die ihr vom Staat und von EDF übermittelten Elemente nicht unberücksichtigt lassen können.

128    Die Französische Republik macht zur Stützung des Vorbringens von EDF geltend, in den Erwägungsgründen 87 bis 108 des angefochtenen Beschlusses würden die neun Dokumente, die der an die Kommission gerichteten Stellungnahme der französischen Behörden vom 1. Juli 2013 als Anlagen beigefügt gewesen seien, nur beschrieben, aber es werde nicht begründet, weshalb die Kommission aufgrund dieser Dokumente zu der Auffassung gelangt sei, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei.

129    Die Französische Republik legt eine Auflistung (Anlage 10 des Streithilfeschriftsatzes) mit einer kommentierten Aufstellung der von ihr und von EDF vorgelegten Unterlagen vor, die die Kommission nicht berücksichtigt habe, obwohl diese Dokumente entscheidende Aspekte für die Beurteilung der Anwendbarkeit des Kriteriums im vorliegenden Fall enthalten hätten.

130    Die Französische Republik führt hierzu drei Beispiele an.

131    Erstens nennt die Französische Republik ein Schreiben des Finanzdirektors von EDF vom 19. Februar 1997 an den Leiter der dem Finanzministerium unterstellten Dienststelle für Finanzierungen und Beteiligungen, das die Kommission in den Erwägungsgründen 88 und 91 des angefochtenen Beschlusses lediglich erwähne, ohne es bei ihren Überlegungen zu berücksichtigen, obwohl dieses Schreiben zeige, dass der französische Staat im Rahmen der Vorbereitung des am 8. April 1997 zwischen ihm und EDF geschlossenen Unternehmensvertrags 1997–2000 (im Folgenden: Unternehmensvertrag) die Vergütung geprüft habe, die er als Aktionär für den Zeitraum 1997–2000 erhalten würde, und sich dabei insbesondere auf wirtschaftliche und finanzielle Erwägungen gestützt habe. In diesem Schreiben würden nämlich die Prognosen dargelegt, die auf den Hypothesen dieses Unternehmensvertrags beruhten (Entwicklung der Tarife, Modalitäten der Vergütung des Staates als Anteilseigner, Investitions- und Entschuldungsziele).

132    Zweitens erwähnt die Französische Republik einen Analysevermerk von EDF vom 27. Juli 1996, der dem französischen Senat auf dessen Ersuchen am 15. September 1997 übermittelt worden sei und den die Kommission im 88. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lediglich erwähne, obwohl dieser Vermerk zeige, dass der französische Staat beim Erlass der betreffenden Maßnahme dieselben Anliegen verfolgt habe wie ein öffentlicher Anteilseigner. In diesem Vermerk würden insbesondere die Vergütungsaussichten des öffentlichen Anteilseigners im Vergleich zu den Bilanzen der europäischen Unternehmen dieses Wirtschaftszweigs untersucht.

133    Drittens nennt die Französische Republik das Schreiben von EDF vom 26. Dezember 1995 an den Minister für Wirtschaft, Finanzen und Planung zusammen mit einer Anlage „Anpassung der Bilanz von EDF zum 31.12.1994“, das die Kommission in dem angefochtenen Beschluss nicht berücksichtigt habe, obwohl es buchhalterische Analysen enthalte, die zeigten, dass der französische Staat die Umstrukturierung der Bilanz des Kapitals von EDF und ihre Folgen seit 1995 genau geprüft habe.

134    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

135    EDF trägt im Wesentlichen vor, die Kommission habe bei ihrer Beurteilung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers auf die streitige Maßnahme unter Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht zahlreiche Dokumente, die EDF ihr übermittelt habe, nicht berücksichtigt und ohne weitere Erläuterung nur diejenigen untersucht, die ihr von der Französischen Republik übermittelt worden seien, obwohl die diesen Unterlagen zu entnehmenden Gesichtspunkte sie zu der Schlussfolgerung hätten veranlassen müssen, dass dieses Kriterium anwendbar sei.

136    Erstens ist daran zu erinnern, dass ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver, nachprüfbarer und aus der betreffenden Zeit stammender Nachweise belegen muss, dass er diese Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat und diese auf den erforderlichen vorherigen wirtschaftlichen Bewertungen beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 82, 85 und 104).

137    Zweitens gilt die sich aus dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung ergebende Sorgfaltspflicht generell für das Handeln der Unionsverwaltung in den Beziehungen zur Öffentlichkeit und gebietet, dass die Unionsverwaltung sorgsam und umsichtig handelt (Urteil vom 4. April 2017, Bürgerbeauftragter/Staelen, C‑337/15 P, EU:C:2017:256, Rn. 34).

138    In den Fällen, in denen die Unionsorgane über einen Beurteilungsspielraum verfügen, kommt der Beachtung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehören insbesondere die Verpflichtung des zuständigen Organs, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalles zu untersuchen, das Recht des Betroffenen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, und das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung. Nur so können der Gerichtshof und das Gericht überprüfen, ob die für die Wahrnehmung des Beurteilungsspielraums maßgeblichen sachlichen und rechtlichen Umstände vorgelegen haben (Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, EU:C:1991:438, Rn. 14).

139    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs zu den Grundsätzen der Beweiserhebung auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen hat außerdem die Kommission das Verfahren zur Prüfung der beanstandeten Maßnahmen sorgfältig und unvoreingenommen zu führen, damit sie bei Erlass einer endgültigen Entscheidung, in der das Vorliegen und gegebenenfalls die Unvereinbarkeit oder Rechtswidrigkeit der Beihilfe festgestellt wird, über möglichst vollständige und verlässliche Informationen verfügt (vgl. Urteil vom 3. April 2014, Frankreich/Kommission, C‑559/12 P, EU:C:2014:217, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

140    Drittens ist auch darauf hinzuweisen, dass der Unionsrichter die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich staatlicher Beihilfen aufgrund der Informationen zu beurteilen hat, über die die Kommission bei Erlass der Entscheidung verfügte (Urteile vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, EU:C:2008:224, Rn. 54, und vom 2. September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, EU:C:2010:480, Rn. 91).

141    Viertens schließlich hat der Mitgliedstaat zwar aufgrund der in Art. 4 Abs. 3 EUV vorgesehenen Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit der Kommission die Informationen zu liefern, die es ihr gestatten, sich zur Beihilfeeigenschaft der fraglichen Maßnahme zu äußern, die Kommission muss jedoch aufgrund ihrer Pflicht zur sorgfältigen und unvoreingenommenen Prüfung die ihr vom Mitgliedstaat zur Kenntnis gebrachten Gesichtspunkte sorgfältig prüfen. Entsprechend dem Geist des förmlichen Prüfverfahrens, das den Beteiligten die Rolle von Informationsquellen der Kommission zuweist, besteht eine solche Verpflichtung auch für die Kommission, was die ihr von den Beteiligten übermittelten Informationen betrifft (vgl. Urteil vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission, T‑305/13, EU:T:2015:435, Rn. 112 und die dort angeführte Rechtsprechung).

142    Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass sich die Französische Republik schon im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers berufen hat (vgl. den 95. Erwägungsgrund der ursprünglichen Entscheidung, oben, Rn. 31). Sie musste folglich eindeutig und anhand objektiver, nachprüfbarer und aus der betreffenden Zeit stammender Nachweise belegen, dass sie die durchgeführte Maßnahme in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat und diese Maßnahme auf den erforderlichen vorherigen wirtschaftlichen Bewertungen beruht (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 82, 85 und 104).

143    Die Klägerin, unterstützt durch die Französische Republik, wirft der Kommission im Rahmen dieses ersten Teils vor, nicht alle von EDF in diesem Zusammenhang vorgelegten Beweise berücksichtigt und nur die bzw. einen Teil der von der Französischen Republik vorgebrachten Beweise untersucht zu haben.

144    Zunächst ist festzustellen, dass die Behauptungen von EDF äußerst allgemein und wenig detailliert sind, was die Feststellung der angeblich wichtigen Elemente in den der Kommission von ihr vorgelegten Dokumenten angeht, die diese nicht berücksichtigt haben soll.

145    EDF legt nämlich in Rn. 77 der Klageschrift nur eine Auflistung vor, in der sie 50 Dokumente aufführt (und nicht 53, wie sie in Rn. 78 der Klageschrift behauptet), die sie der Kommission übermittelt habe. Zu zehn dieser Dokumente gibt sie an, auf diese werde in dem angefochtenen Beschluss Bezug genommen, und zu den anderen macht sie lediglich geltend, sie seien nicht erwähnt und erst recht nicht von der Kommission analysiert worden. Sie seien daher ohne Begründung zurückgewiesen worden, obwohl die Kommission alle relevanten tatsächlichen und rechtlichen Umstände berücksichtigen müsse.

146    In Rn. 80 der Klageschrift erwähnt EDF dann „mehrere Elemente, die ohne Begründung zurückgewiesen wurden“, die in den der Anlage A‑7 der Klageschrift beigefügten Unterlagen enthalten seien und aufgrund deren die Kommission zu der Auffassung hätte gelangen müssen, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers auf die streitige Maßnahme anwendbar gewesen sei:

–        „Schriftstück Nr. 18: ‚Bessere Abgrenzung zwischen der Rolle als Anteilseigner/Eigentümer, Regulierungsbehörde und Konzessionsgeber‘;

–        Schriftstück Nr. 20: ‚Kapitalisierung von EDF durch eine Umwandlung der Ansprüche des Staates als Konzessionsgeber und der damit verbundenen Rücklagen für die Erneuerung in Kapital und durch eine Konsolidierung der Kapitalerhöhungen, um eine dauerhafte Grundlage für die Vergütung des Anteilseigners festzulegen‘;

–        Schriftstück Nr. 22: ‚Vorschlag für die Entwicklung der Bilanz von EDF zum 31.12.1994, Umwandlung des AVN in Eigenkapital, Neuklassifizierung der Ansprüche des Konzessionsgebers [der öffentlichen Versorgung]‘;

–        Schriftstück Nr. 23: ‚Umstrukturierung des Eigenkapitals auf der Passivseite der Bilanz‘ (vgl. Nr. 1.1, 1.2 und 1.3);

–        Schriftstück Nr. 32: ‚Ehrgeiziges Ziel in Bezug auf die Vergütung des Staates‘;

–        Schriftstücke Nrn. 50-56: Berichte von Ratingagenturen zur Leistung und den Perspektiven der Unternehmen, die in der von Oxera durchgeführten Analyse (aus dem Jahr 2013) als Vergleichsunternehmen herangezogen wurden. Diese Dokumente enthalten Angaben zum wirtschaftlichen Kontext in Europa sowie eine Beschreibung der Maßnahmen, die von den Unternehmen getroffen wurden, um diesen neuen Perspektiven zu begegnen. Dies sind wichtige Gesichtspunkte, die die Kommission ohne Begründung unberücksichtigt gelassen hat.

–        Schriftstück Nr. 57: ‚Morgan Stanley, Pan-European Utilities‘: Dieses wichtige, aus der betreffenden Zeit stammende Dokument, in dem die von einem privaten Kapitalgeber angestellten methodischen Überlegungen und Erwägungen klar dargelegt werden, wurde von der Kommission unerklärlicherweise unberücksichtigt gelassen“.

147    EDF schließt hieraus, die Kommission habe Unterlagen, die ihrer Auffassung entgegengestanden hätten, bewusst unberücksichtigt gelassen, ohne dies zu begründen.

148    Erstens kann die Kommission nicht aufgrund ihrer Sorgfaltspflicht, wie sie oben in Rn. 138 beschrieben wurde, verpflichtet sein, in dem angefochtenen Beschluss jedes ihr von EDF übermittelte Dokument zu erwähnen und zu jedem dieser Dokumente Stellung zu beziehen, hinsichtlich deren EDF nicht dartut, inwiefern sie für die von der Kommission vorzunehmende Prüfung relevant sind.

149    Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, in dieser Hinsicht ihre Sorgfaltspflicht verletzt zu haben.

150    Soweit EDF zudem geltend macht, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen sei, ist außerdem festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext abhängt, in dem dieser Rechtsakt erlassen wurde. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Unionsrichter die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es dem Betroffenen möglich ist, Kenntnis von den Gründen für die getroffene Maßnahme zu erlangen, damit er seine Rechte verteidigen und prüfen kann, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist oder nicht. In der Begründung brauchen nicht alle einschlägigen tatsächlichen und rechtlichen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, EU:T:2003:57 Rn. 278 bis 280).

151    Die Kommission musste daher in dem angefochtenen Beschluss auch nicht aufgrund ihrer Begründungspflicht zu jedem ihr von EDF übermittelten Dokument Stellung beziehen.

152    Das Vorbringen von EDF kann daher auch keinen Erfolg haben, soweit es sich auf einen angeblichen Begründungsmangel bezieht.

153    Zweitens ist in Bezug auf die von EDF in Rn. 80 der Klageschrift erwähnten Unterlagen, die „Elemente“ enthalten sollen, die von der Kommission unberücksichtigt oder unerwähnt gelassen worden seien, zum einen festzustellen, dass sich die, gelinde gesagt, knappen Zitate, auf die sich EDF beruft, nicht auf die von der Kommission untersuchte streitige Maßnahme beziehen, sondern allenfalls auf die Maßnahme, wie sie von EDF falsch ausgelegt wurde, d. h. die Erhöhung des Kapitals von EDF. Zum anderen wird in keinem der genannten Dokumente, selbst wenn man deren gesamten Text liest, die streitige Maßnahme erwähnt, auch nicht inzident. Das Vorbringen von EDF geht daher tatsächlich fehl.

154    Außerdem ist festzustellen, dass EDF keinerlei Erklärung vorbringt, aus der verständlich würde, inwiefern die von ihr in Rn. 80 der Klageschrift angeführten „Elemente“ die von der Kommission vorgenommene Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers radikal ändern oder sogar revidieren könnten, wie EDF geltend macht.

155    Drittens ist festzustellen, dass die Kommission, wie sie selbst vorträgt, auch wenn sie nicht ausdrücklich auf alle von EDF genannten Dokumente Bezug nimmt, im angefochtenen Beschluss gleichwohl die von EDF vorgetragenen Gesichtspunkte, die angeblich außer Acht gelassen wurden, berücksichtigt hat.

156    Die Klärung der verschiedenen Rollen des französischen Staates als Anteilseigner, Konzessionsgeber und Regulierungsbehörde (Anlage A‑7‑18 der Klageschrift) und das „ehrgeizige“ Ziel in Bezug auf die Vergütung des Staates (Anlage A‑7‑32 der Klageschrift) werden nämlich im 89. Erwägungsgrund und im 95. Erwägungsgrund dritter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses angesprochen.

157    Die Erhöhung des Kapitals von EDF, mit der eine Grundlage für die Vergütung des Staates als Anteilseigner geschaffen wurde (Anlage A‑7‑20 der Klageschrift), die Vorschläge für die Entwicklung der Bilanz (Anlage A‑7‑22 der Klageschrift) und die Umstrukturierung des Eigenkapitals von EDF (Anlage A‑7‑23 der Klageschrift) werden im Zusammenhang mit der Vorgehensweise der Französischen Republik in den Erwägungsgründen 25 bis 30 und 100 bis 103 des angefochtenen Beschlusses beschrieben.

158    Die durchgeführten Maßnahmen und die Treffen, die seit 1995 zwischen EDF und den Aufsichtsbehörden stattfanden, aus denen die von EDF in Rn. 80 der Klageschrift angeführten Unterlagen stammen, werden in den Erwägungsgründen 28, 89 und 90 des angefochtenen Beschlusses erwähnt, in denen sich die Kommission eher mit den Ergebnissen als mit dem Ablauf dieser Maßnahmen und Treffen befasst hat, was nicht zu beanstanden ist.

159    Zu den Berichten der Ratingagenturen, die bei der Durchführung der Oxera-Studie berücksichtigt wurden (Anlage A‑7‑50 bis A‑7‑56 der Klageschrift), die zwar – im Gegensatz zur Oxera-Studie, die aus dem Jahr 2013 stammt – aus der betreffenden Zeit stammen, ist anzumerken, dass sie sich nicht speziell auf EDF beziehen, geschweige denn auf die streitige Maßnahme.

160    Der erste von einer Ratingagentur stammende Bericht („Rating methodology – European electric utilities“) betrifft eine allgemeine Analyse des Wirtschaftszweigs, der sich im Jahr 1999 im Wandel befand. Er enthält keine spezielle Analyse der buchhalterischen und steuerlichen Situation von EDF, wie sie sich aus der Struktur ihrer Bilanz und den Rücklagen für die Erneuerung ergibt. In diesem Bericht werden die Erhöhung des Kapitals von EDF und die Umstrukturierung ihrer Bilanz nicht einmal erwähnt. Nur auf einer Seite (S. 875 der Anlagen der Klageschrift) werden ein paar allgemeine Informationen zur Bewertung des Unternehmens schematisch dargestellt.

161    Bei den Anlagen A‑7‑51 bis A‑7‑55 der Klageschrift handelt es sich um fünf von einer Ratingagentur erstellte Analysen, die jeweils andere Unternehmen als EDF betreffen.

162    Diese verschiedenen Berichte helfen daher nicht weiter, um die Begründung zu erklären oder gar die streitige Maßnahme selbst zu verstehen, und stellen allenfalls Hintergrundinformationen dar, auf die die Oxera-Studie gestützt ist.

163    Die aus dem Jahr 2013 stammende Oxera-Studie selbst wird zusammen mit ihrer Bewertung im 144. Erwägungsgrund dritter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses dargestellt und wurde somit von der Kommission berücksichtigt.

164    Was schließlich den Bericht einer Bank zum europäischen Energiesektor insgesamt – und nicht in erster Linie zu EDF – anbelangt (Anlage A‑7‑57 der Klageschrift), ist festzustellen, dass die Kommission im 144. Erwägungsgrund dritter Gedankenstrich des angefochtenen Beschlusses erläutert, weshalb ihres Erachtens die Dividenden, die andere Unternehmen als EDF bezahlt hätten, nicht als Referenz für die Vergütung des französischen Staates im Rahmen der Kapitalerhöhung von EDF gedient hätten, sondern, wie die Französische Republik selbst angibt, andere Erwägungen geprüft worden seien und deren Entscheidung begründet hätten (die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auf den 87. Erwägungsgrund, den 102. Erwägungsgrund dritter Gedankenstrich, den 107. Erwägungsgrund achter Gedankenstrich und den 161. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

165    Festzustellen ist außerdem, dass die Kommission auch die drei Unterlagen, die von der Französischen Republik im Streithilfeschriftsatz genannt worden sind, berücksichtigt hat.

166    Erstens ist der Inhalt des Schreibens des Finanzdirektors von EDF vom 19. Februar 1997, das sich auf „die wesentlichen Hypothesen des Finanzszenarios in Zusammenhang mit dem Unternehmensvertrag“ bezieht, in den Erwägungsgründen 90 und 91 des angefochtenen Beschlusses dargestellt. In diesem Schreiben wird die streitige Maßnahme mit keinem Wort erwähnt und dessen Inhalt lässt nicht auf die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers schließen, was die Kommission im Übrigen in den Erwägungsgründen 132 ff. des Beschlusses erläutert.

167    Zweitens enthält der Analysevermerk von EDF vom 27. Juli 1996 nur sehr allgemeine Ausführungen zum Verhalten der Regulierungsbehörden und zur Vergütung der Anteilseigner im Stromsektor im Ausland, aber keine praktischen Schlussfolgerungen in Bezug auf EDF.

168    Was schließlich drittens das Schreiben von EDF vom 26. Dezember 1995 und insbesondere dessen Anlage „Anpassung der Bilanz von EDF zum 31.12.1994“ anbelangt, ist Folgendes anzumerken.

169    Das Schreiben von EDF vom 26. Dezember 1995 hat mehrere Anlagen. Als Erstes werden in verschiedenen Diagrammen die Bilanzpositionen der „Konzessionen der öffentlichen Versorgung“ (auch Konzessionen der Gebietskörperschaften genannt) vor und nach der Neueinstufung dargestellt, die von der AVN-Konzession zu unterscheiden sind, wie die Anlagen A‑7‑23 und A‑7‑24 der Klageschrift belegen, die die unterschiedliche Behandlung dieser beiden Arten von Konzessionen, die auch in dem Bericht von Herrn Migaud, Berichterstatter der Finanzkommission, Nr. 204 (korrigierte Fassung) (im Folgenden: Migaud-Bericht) (Anlage I‑8 des Streithilfeschriftsatzes) kurz angesprochen wird, klar aufzeigen. Als Zweites gibt es zu diesen Konzessionen eine „Gegenüberstellung des heutigen Rechnungsführungssystems und des geplanten neuen Systems“. Als Drittes wird, ebenfalls zu diesen Konzessionen, die „Finanzierung des Konzessionsgebers und des Konzessionsnehmers, die als Grundlage für die Berechnung der Abschreibungen bei Beendigung der Konzession und für die Feststellung der von den beiden Parteien jeweils zu tragenden Wertberichtigung dient“ angesprochen. Als Viertes wird eine Anlage „Anpassung der Bilanz zum 31.12.1994“ vorgelegt. Diese Anlage besteht aus drei Teilen: Erstens eine „detaillierte, entsprechend den letzten Vorschlägen von EDF zu den Konzessionen und zur Umstrukturierung der Bilanz angepasste Bilanz“, in der zwischen den „F. H.“-Konzessionen und den Konzessionen der öffentlichen Versorgung unterschieden wird (in der Aufstellung zur Erläuterung dieses ersten Teils werden zwar die auf der Passivseite der Bilanz infolge der Änderung des Status des AVN geplanten Änderungen angesprochen, die mit den im Jahr 1997 erfolgten Änderungen vergleichbar sind, nicht jedoch die steuerlichen Auswirkungen der Neueinstufung der verwendeten Rücklagen); zweitens „dieselbe Bilanz, jedoch so dargestellt, dass die Neuklassifizierungen im Zusammenhang mit den Konzessionen [der öffentlichen Versorgung] hervorgehoben werden“; drittens „eine dritte Aufstellung, in der die Bilanzposten im Zusammenhang mit den Konzessionen [der öffentlichen Versorgung] (die in der vorherigen Aufstellung grau unterlegten Elemente) gesondert dargestellt werden, um die Logik der die Konzessionen [der öffentlichen Versorgung] betreffenden Neuklassifizierungen zu zeigen“. Als Fünftes werden die „langfristigen Entwicklungen der Konten der Konzessionen [der öffentlichen Versorgung] in der Bilanz von EDF“ mit einigen zusammenfassenden Prognosen bis zum Jahr 2015 dargestellt.

170    Zum einen ist festzustellen, dass die streitige Maßnahme in dem Schreiben von EDF vom 26. Dezember 1995 und seinen Anlagen nicht angesprochen wird.

171    Zum anderen ist festzustellen, dass die Kommission die wenigen erheblichen Elemente, die in dem Schreiben von EDF vom 26. Dezember 1995 enthalten sind, in die Erwägungsgründe 25 bis 30 und 100 bis 103 des angefochtenen Beschlusses übernommen hat, in dessen Erwägungsgründen 26, 89 und 90 außerdem die Maßnahmen und die Treffen, die seit 1995 zwischen dem französischen Staat und EDF stattfanden, erwähnt werden. In diesen Erwägungsgründen werden die buchhalterischen und steuerlichen Aspekte der streitigen Maßnahme detailliert dargelegt, wobei im Übrigen nicht einmal vorgetragen wurde, dass diese Darlegungen falsch seien.

172    Der Kommission kann schließlich nicht vorgeworfen werden, im angefochtenen Beschluss eher auf die Ergebnisse der verschiedenen Vorarbeiten zwischen EDF und dem französischen Staat zu dem Gesetz Nr. 97‑1026 als auf deren Ablauf abgestellt zu haben, zumal die streitige Maßnahme und ihre erwarteten Wirkungen auf die Investition darin keinerlei Berücksichtigung fanden.

173    Darüber hinaus ist, was die in Anlage 10 des Streithilfeschriftsatzes enthaltene Aufstellung anbelangt, in der Auszüge aus Dokumenten, die nicht berücksichtigt worden sein sollen, wiedergegeben und kommentiert werden, ohne dass über die Zulässigkeit eines solchen Verweises auf eine Aufstellung in einer Anlage des Streithilfeschriftsatzes entschieden zu werden braucht, festzustellen, dass in keiner der zitierten Passagen oder Kommentierungen auf die streitige Maßnahme Bezug genommen wird.

174    Die vorstehend in Rn. 173 genannten Auszüge beziehen sich allenfalls auf den Kontext, in dem diese Maßnahme getroffen wurde und von dem nicht behauptet wird, dass die Kommission ihn nicht berücksichtigt hätte.

175    EDF hat folglich weder nachgewiesen, dass die Kommission ihre Sorgfaltspflicht verletzt hätte, indem sie die ihr übermittelten Unterlagen nicht untersucht oder berücksichtigt habe, noch, dass die Kommission ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen wäre.

176    Daher ist der erste Teil des zweiten Hauptklagegrundes zurückzuweisen, da er teilweise in tatsächlicher Hinsicht fehlgeht und im Übrigen völlig unbegründet ist.

4.      Zum zweiten Teil

a)      Vorbringen der Parteien

177    Zur Stützung des zweiten Teils des zweiten Klagegrundes, mit dem eine Verwechslung der für die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers geltenden Elemente mit den für dessen Anwendung maßgeblichen Elementen geltend gemacht wird, weist EDF darauf hin, die Kommission habe die Ansicht vertreten, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall nicht anwendbar gewesen sei, da die Französische Republik nicht „vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des sich aus der Nichtentrichtung der Körperschaftsteuer ergebenden wirtschaftlichen Vorteils die Entscheidung getroffen hat, durch die Steuerbefreiung eine Investition in EDF zu tätigen“.

178    Die Argumentation der Kommission beruhe auf verschiedenen Ungenauigkeiten bei der Untersuchung der relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte und verkenne die Vorgaben aus den Urteilen in den Rechtssachen T‑156/04 und C‑124/10 P.

179    Der Gerichtshof habe entschieden, dass die Frage der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers davon abhänge, in welcher Eigenschaft der Staat gehandelt habe, nämlich ob als Anteilseigner oder als Träger öffentlicher Gewalt.

180    Außerdem sei das Gericht, da es sich bei der fraglichen Maßnahme um die Erhöhung des Kapitals eines Unternehmens handle, dessen Anteilseigner der Staat sei, der Auffassung gewesen, dass diese Maßnahme ihrer Art nach zeige, dass der Staat ein Investitionsziel verfolgt habe, das dem Ziel eines privaten Kapitalgebers vergleichbar sei.

181    Der angefochtene Beschluss verkenne daher die Vorgaben aus dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 zur Annahme des Vorliegens eines „Steuergeschenks“ und verwechsle im Übrigen nahezu systematisch die Bedingungen für die Anwendbarkeit dieses Kriteriums und diejenigen für dessen Anwendung.

182    Hierzu macht EDF geltend, die Erwägungsgründe 132 bis 135 des angefochtenen Beschlusses betreffend die Erhöhung der Vergütung des Staates bezögen sich auf die Anwendung des Kriteriums und nicht auf seine Anwendbarkeit, wie auch die Erwägungsgründe 140 bis 144 dieses Beschlusses, in denen die Frage der Rentabilität der betreffenden Investition behandelt werde.

183    Schließlich hätten zum einen die Rn. 82 und 84 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P nicht die Tragweite, die die Kommission ihnen zumesse. Nach diesen Randnummern sei die Anwendbarkeit des Kriteriums an die Eigenschaft zu knüpfen, in der der Staat gehandelt habe. Zum anderen sei die Rentabilität der Investitionsentscheidung von der Eigenschaft, in der der Staat gehandelt habe, zu unterscheiden und hänge mit der Anwendung des Kriteriums zusammen. Indem die Kommission das Gegenteil behaupte, verkenne sie daher das Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P.

184    Die Französische Republik ist der Auffassung, die Kommission hätte zunächst gesondert feststellen müssen, ob der Staat die Entscheidung, das Kapital von EDF aufzustocken, als öffentlicher Anteilseigner oder als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe, und dann die Frage der Rentabilität prüfen müssen, die nur die Anwendung des Kriteriums betreffe.

185    Die Kommission hält diese Argumentation für nicht stichhaltig.

b)      Würdigung durch das Gericht

186    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die für die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers erforderliche Prüfung und die für die Anwendung dieses Kriteriums erforderliche Prüfung systematisch verwechselt.

187    Hierzu macht EDF Folgendes geltend.

188    Zum einen habe der Gerichtshof entschieden, dass die Frage der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers davon abhänge, ob der Staat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder als Träger öffentlicher Gewalt gehandelt habe. Da es sich bei der streitigen Maßnahme um die Erhöhung des Kapitals eines Unternehmens handle, dessen Anteilseigner der Staat sei, habe das Gericht in Rn. 259 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 entschieden, dass diese Maßnahme ihrer Art nach zeige, dass der Staat ein Investitionsziel verfolgt habe, das dem Ziel eines privaten Kapitalgebers vergleichbar sei.

189    Dieses Vorbringen kann keinen Erfolg haben.

190    Entgegen den Ausführungen von EDF ist die streitige Maßnahme nämlich nicht eine Maßnahme zur Erhöhung des Kapitals dieses Unternehmens, sondern der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers (vgl. oben, Rn. 106 und 107). Das fragliche Vorbringen beruht daher auf einem fehlerhaften Verständnis der Urteile in den Rechtssachen T‑156/04 und C‑124/10 P.

191    Außerdem ist festzustellen, dass dieses Vorbringen in Wirklichkeit darauf gerichtet ist, dass anerkannt wird, dass sich aus den Urteilen in den Rechtssachen T‑156/04 und C‑124/10 P ergebe, dass der Staat, da es sich bei der Maßnahme um eine Kapitalerhöhung handle, in seiner Eigenschaft als Anteilseigner gehandelt und damit ein Investitionsziel verfolgt habe, das seiner Art nach dem Ziel eines privaten Kapitalgebers vergleichbar gewesen sei, und die Kommission daher das Kriterium für anwendbar hätte erklären müssen.

192    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass in den Urteilen in den Rechtssachen T‑156/04 und C‑124/10 P der Frage der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nicht vorgegriffen wurde.

193    Der Gerichtshof hat vielmehr in seinem Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P ausgeführt:

„82      [Ein] Mitgliedstaat [muss], wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf dieses Kriterium beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat.

83      Aus diesen Nachweisen muss klar hervorgehen, dass der betroffene Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils … die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital in das von ihm kontrollierte öffentliche Unternehmen zu investieren.“

194    Mit anderen Worten reicht es nicht aus, dass der Staat behauptet, dass er in seiner Eigenschaft als Anteilseigner eine Investitionsentscheidung getroffen habe, sondern er muss dies eindeutig und anhand objektiver, nachprüfbarer und aus der betreffenden Zeit stammender Nachweise belegen.

195    Das betreffende Vorbringen beruht folglich auf einem fehlerhaften Verständnis der Urteile in den Rechtssachen T‑156/04 und C‑124/10 P.

196    Zum anderen trägt EDF, unterstützt durch die Französische Republik, im Wesentlichen vor, die Kommission habe bei der Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums fälschlicherweise die Erhöhung der Vergütung des französischen Staates und die Rentabilität der Maßnahme geprüft (die Maßnahme wird von EDF zu Unrecht als „Investition“ gewertet), wohingegen diese Gesichtspunkte EDF zufolge die Anwendung des Kriteriums betreffen.

197    Der Gerichtshof hat jedoch in seinem Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P entschieden:

„84      Insoweit können insbesondere Nachweise erforderlich sein, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen.

85      Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen demgegenüber nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Frankreich/Kommission, Randnrn. 71 und 72).“

198    Der Kommission kann daher nicht vorgeworfen werden, dass sie sich bereits bei der Beurteilung der Anwendbarkeit des Kriteriums mit der Rentabilität der behaupteten Investition befasst habe.

199    Der zweite Teil des zweiten Hauptklagegrundes ist folglich in vollem Umfang zurückzuweisen.

5.      Zum dritten Teil

a)      Vorbringen der Parteien

200    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, trägt im Rahmen des dritten Teils des zweiten Hauptklagegrundes vor, die Kommission habe die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall zu Unrecht mit der Begründung ausgeschlossen, dass die Französische Republik ihre Eigenschaft als öffentliche Gewalt und als Kapitalgeber vermischt habe, d. h., dass sie die Maßnahme sowohl auf der Grundlage von Erwägungen in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner als auch auf der Grundlage von Erwägungen in ihrer Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe, was sich nach Ansicht der Kommission in der Vermischung von Erwägungen zur Vergütung des Staates und von Erwägungen zum Betrag der infolge der Umstrukturierung der Bilanz von EDF geschuldeten Steuer in den von den französischen Behörden übermittelten Unterlagen zeige.

201    Nach Ansicht von EDF beruht diese Argumentation sowohl auf Fehlern bei der Tatsachenfeststellung, die sich aus einer selektiven und voreingenommenen Lektüre der Unterlagen ergäben, als auch auf einem Rechtsfehler betreffend die Natur des Kriteriums des privaten Kapitalgebers selbst.

202    In Bezug auf die Fehler bei der Tatsachenfeststellung ist EDF der Ansicht, zahlreiche Unterlagen – wobei sie insbesondere die Schriftstücke Nrn. 23 bis 25 im Blick hat, die sie ihren im Juli 2013 an die Kommission übermittelten Stellungnahmen beigefügt hatte (Anlagen A‑7‑23 bis A‑7‑25 der Klageschrift) – zeigten, dass die Auswirkungen der geplanten Umstrukturierung ihrer Bilanz auf die von ihr geschuldete Steuer parallel zur Vergütung des Staates als Anteilseigner, jedoch gesondert, untersucht worden seien, und enthielten keine Hinweise auf irgendeine Vermischung der steuerlichen Erwägungen und der Investitionserwägungen, die den Staat geleitet hätten.

203    In Bezug auf den Rechtsfehler macht EDF geltend, in den Erwägungsgründen 137 bis 139 des angefochtenen Beschlusses werde der Französischen Republik in Wirklichkeit vorgeworfen, dass sie die Auswirkungen der Umstrukturierung der Bilanz von EDF auf die Unternehmenssituation im steuerlichen Bereich und damit auf die künftigen Steuererhebungen, wie sie zum damaligen Zeitpunkt hätten veranschlagt werden können, untersucht habe, obwohl sie diese Untersuchung parallel zur Untersuchung der Auswirkungen auf die Vergütung des Staates als Anteilseigner, jedoch gesondert, vorgenommen habe. Die Französische Republik fügt hinzu, ein solcher Ansatz stehe im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil vom 24. September 2008, Kahla/Thüringen Porzellan/Kommission, T‑20/03, EU:T:2008:395).

204    Nach Ansicht von EDF zeuge die Argumentation der Kommission daher von einer Verkennung der Natur des Kriteriums des privaten Kapitalgebers und führe zu einer Ungleichbehandlung zwischen dem Staat und einem solchen Kapitalgeber. Der Zweck dieses Kriteriums bestehe nämlich darin, eine Unterscheidung zwischen den Entscheidungen, die der Staat als Kapitalgeber treffen könne, und denjenigen, die er als Träger öffentlicher Gewalt treffen könne, zu ermöglichen. Die Anwendbarkeit dieses Kriteriums könne aber nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, dass die erstgenannten Entscheidungen neben den zweitgenannten bestehen könnten. Solche Erwägungen der Kommission belegten ein weiteres Mal den übertriebenen Formalismus, der vom Gericht geahndet worden sei.

205    Das Kriterium des privaten Kapitalgebers könne nur ausgeschlossen werden, wenn der Staat ausschließlich in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt gehandelt habe, aber wenn er bei seiner Investitionsentscheidung verschiedene Faktoren berücksichtigt habe, sei das Kriterium nicht nur anwendbar, sondern unverzichtbar, um die Faktoren wirtschaftlicher Art, die im Hinblick auf die Beihilfevorschriften relevant seien, von den anderen Faktoren zu unterscheiden, wie die Bekanntmachung der Kommission zum Begriff der staatlichen Beihilfe im Sinne des [Art. 107 Abs. 1 AEUV] (ABl. 2016, C 262, S. 1) zeige.

206    EDF zufolge hätte die Kommission lediglich prüfen müssen, ob ein privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie der Staat die betreffende Investition aufgrund der zu erwartenden Rentabilität vorgenommen hätte, ohne die steuerlichen Erwägungen zu berücksichtigen, die der Staat habe gesondert prüfen können, mit anderen Worten, ob das Kriterium bei isolierter Betrachtung der Gesichtspunkte, die die Festlegung der Maßnahme und die Eigenschaft ihres Urhebers (eine vom Staat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner beschlossene Kapitalerhöhung) sowie deren Rentabilität betreffen, anwendbar war und korrekt angewandt wurde.

207    Zudem habe die Koexistenz solcher Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt und als Kapitalgeber die Kommission nicht davon abgehalten, das Kriterium des privaten Kapitalgebers in ihrem Beschluss C(2015) 4569 endg. vom 7. Juli 2015 betreffend eine mutmaßliche Beihilfe für Altrad anzuwenden, in dem sie die Anwendbarkeit des Kriteriums nicht grundsätzlich ausgeschlossen habe, sondern dessen korrekte Anwendung geprüft habe. Die Rechtsprechung knüpfe nämlich die Anwendbarkeit dieses Kriteriums an die Eigenschaft, in der der Staat die Maßnahme erlassen habe, aber sie verbiete dem Staat nicht, parallel und im Rahmen einer gesonderten Analyse alle Folgen dieser Maßnahme zu untersuchen.

208    In Anbetracht von Rn. 52 des Urteils vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission (C‑214/12 P, C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682), seien bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers Erwägungen, die aufgrund der Eigenschaft des Staates als Träger öffentlicher Gewalt angestellt würden, nicht zu berücksichtigen, aber es verstoße gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, hieraus den Schluss zu ziehen, dass dieses Kriterium bereits deshalb nicht anwendbar sei, weil solche Erwägungen neben wirtschaftlichen Erwägungen bestünden. Die Nichtberücksichtigung solcher Erwägungen bei der Beurteilung der Anwendung des Kriteriums impliziere daher nicht, dass es diese Erwägungen bei der Beurteilung der Anwendbarkeit dieses Kriteriums nicht gegeben habe.

209    Außerdem beruhe die Behauptung der Kommission, dass sich andere als wirtschaftliche Erwägungen kaum von der mit dem Gesetz Nr. 97‑1026 getroffenen Maßnahme trennen ließen, nur auf einer petitio principii und stehe in Widerspruch zu den Tatsachen, da die Kapitalerhöhung durch dieses Gesetz umgesetzt worden sei, während die anderen Erwägungen (Tarifsenkungen, Förderung der Beschäftigung) in dem Unternehmensvertrag enthalten seien.

210    Schließlich macht EDF, unterstützt durch die Französische Republik, im Rahmen ihrer auf das Urteil Frucona Košice hin abgegebenen Stellungnahme geltend, der Gerichtshof habe den objektiven Charakter des Begriffs der staatlichen Beihilfe bestätigt und ausgeführt, dass es auf die subjektive Wahrnehmung, die der Staat von der von ihm durchgeführten Maßnahme haben möge, nicht ankomme. Hieraus folgt nach Ansicht der Klägerin, dass, selbst wenn die Französische Republik nicht klar zwischen steuerlichen und Investitionserwägungen unterschieden hätte, was nicht der Fall sei, dieser Umstand für die im vorliegenden Fall durchzuführende Analyse jedenfalls unerheblich sei.

211    Im Übrigen ist die Französische Republik der Ansicht, verschiedene Unterlagen, die sie der Kommission übermittelt habe, zeigten, dass sie sich beim Erlass der betreffenden Maßnahme in erster Linie von Erwägungen als Anteilseigner habe leiten lassen.

212    Die Französische Republik bezieht sich erstens auf den Unternehmensvertrag, in dem unter dem Abschnitt „Gerechte Finanzierung der öffentlichen Aufgaben“ die Finanzierungsmodalitäten dieser Aufgaben gesondert behandelt würden, was den Willen des französischen Staates zeige, die Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt von den Erwägungen als Anteilseigner zu trennen.

213    Zweitens nennt die Französische Republik den von dem Abgeordneten Migaud am 12. September 1997 zum Gesetzentwurf Nr. 201 vorgelegten „Migaud-Bericht“, in dem die Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt und als Anteilseigner getrennt betrachtet würden. Der Bericht stelle die Auswirkungen der Umstrukturierung der Bilanz von EDF auf das Verhältnis der Bruttoschulden zum Eigenkapital und auf das Verhältnis der Nettoschulden zum Eigenkapital dar und vergleiche dann diese Quoten mit und ohne Umstrukturierung der Bilanz mit den Quoten der wichtigsten europäischen Wettbewerber von EDF, wodurch die im Vergleich zur ihrem Eigenkapital unverhältnismäßige Verschuldung von EDF im Vergleich zur Verschuldungssituation ihrer europäischen Wettbewerber aufgezeigt werde. Dieser Bericht zeige daher, dass sich der französische Staat in erster Linie von Erwägungen als Anteilseigner habe leiten lassen.

214    Die Französische Republik führt des Weiteren ein an EDF gerichtetes Schreiben der Kabinettsdirektoren der Minister für Wirtschaft, Industrie, Post und Telekommunikation sowie Außenhandel und des Haushaltsministers zu einem Arbeitsprogramm zu den Konzessionen vom 4. April 1995 (Anlage A‑7‑17 der Klageschrift, im Folgenden: Schreiben vom 4. April 1995) an, das von der Kommission nicht berücksichtigt worden sei, aber zeige, dass eines der Anliegen des französischen Staates beim Erlass der betreffenden Maßnahme gewesen sei, ob die Maßnahme mit den Interessen des Staates als Anteilseigner im Einklang stehe. Es sei nämlich insbesondere darum gegangen, „gegebenenfalls die Änderungen festzustellen, die in Bezug auf die bestehenden Regelungen notwendig sind, um die Interessen des Staates als Anteilseigner im Hinblick auf eine mögliche Öffnung der Monopole bestmöglich zu schützen“. Vor diesem Hintergrund habe sie EDF aufgefordert, Wirtschaftsanalysen vorzulegen.

215    Die Französische Republik verweist schließlich auf ein an den Haushaltsminister gerichtetes Schreiben von EDF vom 31. Oktober 1995 (Anlage A‑7‑23 der Klageschrift, im Folgenden: Schreiben vom 31. Oktober 1995) mit insbesondere einer Anlage „Vorschlag für eine Umstrukturierung der Bilanz von EDF“, das zeige, dass der französische Staat vor allem eine wirkliche Rentabilität von EDF und eine Verbesserung des Finanzimages des Unternehmens angestrebt habe.

216    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

217    EDF behauptet im Wesentlichen, die Kommission habe, indem sie die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers mit der Begründung ausgeschlossen habe, dass die Französische Republik die Maßnahme sowohl auf der Grundlage von Erwägungen als Anteilseigner als auch von Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt getroffen habe, sowohl einen Rechtsfehler begangen als auch die Tatsachen und die verschiedenen ihr vorgelegten Unterlagen verkannt.

1)      Zum behaupteten Rechtsfehler

218    EDF macht zum einen geltend, die Französische Republik habe zwar die Auswirkungen der Umstrukturierung der Bilanz des Unternehmens auf die künftigen Steuererhebungen geprüft, aber sie habe diese Prüfung parallel zur Prüfung der Auswirkungen dieses Vorgangs auf die Vergütung des französischen Staates und gesondert vorgenommen. Zum anderen ist EDF der Ansicht, die Kommission hätte sich auf die Prüfung beschränken müssen, ob ein privater Kapitalgeber im Hinblick auf die Rentabilität eine vergleichbare Investition vorgenommen hätte, ohne steuerliche Erwägungen zu berücksichtigen, die der Staat gesondert, getrennt von den Gesichtspunkten, die die Festlegung der Maßnahme und die Eigenschaft ihres Urhebers beträfen, d. h. im vorliegenden Fall eine von diesem Staat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner beschlossene Kapitalerhöhung, habe untersuchen können. Das Kriterium diene nämlich dazu, eine Unterscheidung zwischen den Entscheidungen, die der Staat als Kapitalgeber treffen könne, und denjenigen, die er als Träger öffentlicher Gewalt treffen könne, zu ermöglichen, wobei eine mögliche Koexistenz der beiden Arten von Erwägungen nicht dazu führen könne, die Anwendbarkeit des Kriteriums auszuschließen. Außerdem folge aus der Rechtsprechung, dass es auf die subjektive Wahrnehmung, die ein Staat von der von ihm durchgeführten Maßnahme haben möge, nicht ankomme und dass daher, selbst wenn die Französische Republik nicht klar zwischen steuerlichen und Investitionserwägungen unterschieden hätte, was nicht der Fall sei, dieser Umstand für die im vorliegenden Fall durchzuführende Analyse jedenfalls unerheblich sei.

219    Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der streitigen Maßnahme um den Verzicht der Französischen Republik handelt, die Ansprüche des Konzessionsgebers, d. h. die von EDF verwendeten Rücklagen für die Erneuerung, bei ihrer Neueinstufung als Kapital zu besteuern.

220    Die Französische Republik hat im Verwaltungsverfahren vorgetragen, die Steuer, auf die sie verzichtet habe, sei eine zusätzliche Kapitalerhöhung gewesen, so dass sie in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner von EDF gehandelt habe und das Kriterium des privaten Kapitalgebers folglich anzuwenden sei.

221    Erstens ist in Anbetracht der oben in Rn. 50 wiedergegebenen Rn. 80 und 81 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P zwischen dem Staat als Anteilseigner und dem Staat als Träger öffentlicher Gewalt zu unterscheiden, da die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers davon abhängt, dass der Mitgliedstaat dem Unternehmen den Vorteil in seiner Eigenschaft als Anteilseigner gewährt hat und nicht in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt.

222    Insoweit hatte nach den Rn. 82 und 83 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P die Französische Republik, da sie sich im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers berufen hat, eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise zu belegen, dass sie die durchgeführte Maßnahme in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat, wobei aus diesen Nachweisen klar hervorgehen musste, dass sie vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils, d. h. im vorliegenden Fall des Verzichts, bei der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapitalerhöhung Steuer zu erheben, die Entscheidung getroffen hatte, mit dieser Maßnahme eine Investition in EDF zu tätigen.

223    Außerdem konnte die Französische Republik gemäß Rn. 84 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P hierfür, um den wirtschaftlichen Charakter ihres Vorgehens zu belegen, der Kommission Nachweise vorlegen, die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruhte, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie die Französische Republik vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen.

224    Diese Elemente müssen aus der Zeit der streitigen Maßnahme stammen. Nach Rn. 85 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P reichen nämlich wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat.

225    Darüber hinaus hat die Kommission gemäß Rn. 86 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P, wenn der betroffene Mitgliedstaat ihr die erforderlichen Nachweise vorgelegt hat, eine Gesamtwürdigung vorzunehmen und dabei neben den vom betroffenen Mitgliedstaat vorgelegten Nachweisen auch jeden anderen im betreffenden Fall erheblichen Anhaltspunkt zu berücksichtigen, der es ihr ermöglicht, festzustellen, ob dieser Mitgliedstaat die in Rede stehende Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder in der als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat. Hierbei können insbesondere die Natur und der Gegenstand dieser Maßnahme, der Kontext, in den sie eingebettet ist, sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist, von Bedeutung sein.

226    Im vorliegenden Fall haben die Französische Republik und EDF der Kommission verschiedene Informationen übermittelt, um nachzuweisen, dass der französische Staat die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen habe.

227    Die Kommission war im Wesentlichen der Auffassung, die ihr von der Französischen Republik und EDF übermittelten Informationen belegten nicht eindeutig, dass der französische Staat eine Investitionsentscheidung getroffen habe, indem er darauf verzichtet habe, die Ansprüche des Konzessionsgebers bei ihrer Neueinstufung unter Kapitalerhöhungen zu besteuern (vgl. insbesondere die Erwägungsgründe 128 bis 131, 138 und 139 des angefochtenen Beschlusses).

228    Die Kommission hat nämlich eine Würdigung aller ihr zur Verfügung gestellten Informationen vorgenommen, bei der sie neben den von der Französischen Republik übermittelten Informationen die relevanten von EDF übermittelten Informationen berücksichtigt hat, um festzustellen, ob der französische Staat die streitige Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat, insbesondere hat sie die Natur und den Gegenstand dieser Maßnahme, den Kontext, in den sie eingebettet war, sowie das verfolgte Ziel und die Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen war, geprüft (vgl. die Erwägungsgründe 145 ff. des angefochtenen Beschlusses), nachdem sie zunächst die anderen ihr übermittelten Informationen geprüft hatte.

229    Die Kommission hat daher die Bedingungen der Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers rechtsfehlerfrei angewandt.

230    Die Annahme von EDF und der Französischen Republik, dass sich die Kommission auf die Untersuchung habe beschränken müssen, ob ein privater Kapitalgeber im Hinblick auf die Rentabilität eine vergleichbare Investition vorgenommen hätte, ohne steuerliche Erwägungen zu berücksichtigen, die der Staat angeblich „gesondert“ habe prüfen können, und unter isolierter Betrachtung der Gesichtspunkte, die die Festlegung der Maßnahme und die Eigenschaft ihres Urhebers betreffen, d. h. im vorliegenden Fall eine von dem Staat in seiner Eigenschaft als Anteilseigner beschlossene Kapitalerhöhung, beruht nämlich auf einem fehlerhaften Verständnis der Rn. 80 bis 86 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P.

231    Die Kommission darf nämlich nicht die Gesichtspunkte außer Acht lassen, aus denen sich das Vorliegen von Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt ergibt, und nur die Informationen untersuchen, die die Behauptung einer möglichen Kapitalanlage stützen. Eine solche Vorgehensweise würde zu einer Missachtung des Erfordernisses führen, alle erheblichen Anhaltspunkte, zu denen insbesondere der Kontext und die Natur der streitigen Maßnahme gehören, zu würdigen, um festzustellen, ob der Mitgliedstaat die betreffende Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner oder in seiner Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt getroffen hat.

232    Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass mögliche Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt gegebenenfalls neben Erwägungen als Anteilseigner bestehen können, sie können sich jedoch nicht auf die Beurteilung der Frage auswirken, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Kapitalgeber, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre. Es sind nämlich nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit der Eigenschaft des Staates als Anteilseigner zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt knüpfen (Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 79).

233    Im vorliegenden Fall hat weder die Französische Republik noch EDF nachgewiesen, dass der französische Staat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung eines Betrags, der dem Steuerbetrag entsprach, auf den bei der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapitalerhöhung verzichtet wurde, die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital zu investieren, oder dass eine solche Entscheidung auf der Grundlage vorheriger wirtschaftlicher Bewertungen getroffen worden wäre, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 83, 84 und 104).

234    Stellt sich heraus, dass keine solchen Erwägungen eines Anteilseigners vorliegen, muss die Kommission die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers ablehnen.

235    Dieses Ergebnis wird nicht durch das Vorbringen von EDF hinsichtlich des Urteils vom 24. Oktober 2013, Land Burgenland u. a./Kommission (C‑214/12 P, C‑215/12 P und C‑223/12 P, EU:C:2013:682), in Frage gestellt. Dieses erweist sich nämlich als nicht einschlägig, da sich die Ausführungen des Gerichtshofs in Rn. 52 dieses Urteils speziell auf die Anwendung und nicht auf die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers beziehen und daher nicht rechtfertigen können, dass bei der Prüfung der Anwendbarkeit des Kriteriums allein die Erwägungen eines Anteilseigners berücksichtigt werden.

236    Dieses Ergebnis wird auch nicht durch das auf den Beschluss der Kommission C(2015) 4569 endg. vom 7. Juli 2015 betreffend eine mutmaßliche Beihilfe für Altrad gestützte Vorbringen von EDF in Frage gestellt.

237    Zum einen handelte es sich bei der Maßnahme, um die es in dem Verfahren ging, das zu diesem Beschluss geführt hat, um eine direkte Beteiligung am Gesellschaftskapital von Altrad durch den Fonds Stratégique d’Investissement [französischer Staatsfonds] mit der Option auf einen zusätzlichen Betrag, und von der Kommission wurde nicht in Frage gestellt, dass es sich dabei um eine Investition handelte.

238    Zum anderen ist jedoch, selbst wenn man unterstellt, dass die Vorgänge vergleichbar gewesen wären, der Begriff der staatlichen Beihilfe ein objektiver Begriff, der voraussetzt, dass die Maßnahme, damit sie als Beihilfe angesehen werden kann, den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen kann oder den Wettbewerb verfälschen kann oder zu verfälschen droht, und der zu dem Zeitpunkt zu beurteilen ist, zu dem die Kommission ihre Entscheidung trifft, und sich nur danach bestimmt, ob eine staatliche Maßnahme einem oder mehreren bestimmten Unternehmen einen Vorteil verschafft oder nicht. Die Entscheidungspraxis der Kommission in diesem Bereich, über die sich die Parteien im Übrigen nicht einig sind, kann daher nicht maßgeblich sein (vgl. Urteil vom 4. März 2009, Associazione italiana del risparmio gestito und Fineco Asset Management/Kommission, T‑445/05, EU:T:2009:50, Rn. 145 und die dort angeführte Rechtsprechung, vgl. in diesem Sinne auch Urteil vom 20. Mai 2010, Todaro Nunziatina & C., C‑138/09, EU:C:2010:291, Rn. 21).

239    Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die von EDF auf das Urteil Frucona Košice hin geltend gemachten Argumente in Frage gestellt, wonach die „subjektive Wahrnehmung“, die die Französische Republik von ihrer Maßnahme habe, nicht relevant sei, was dazu führe, dass es ohne Folgen bleibe, dass beim Erlass der streitigen Maßnahme möglicherweise nicht klar zwischen den Erwägungen als Anteilseigner und den Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt unterschieden worden sei.

240    In Bezug auf die Auswirkungen des Urteils Frucona Košice ist nämlich daran zu erinnern, dass gemäß diesem Urteil das Kriterium des privaten Gläubigers oder des privaten Kapitalgebers keine Ausnahme darstellt, die nur zur Anwendung kommt, wenn sich ein Mitgliedstaat auf sie beruft und die in Art. 107 Abs. 1 AEUV enthaltenen Merkmale des Begriffs der mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren staatlichen Beihilfe vorliegen. Dieses Kriterium, sofern anwendbar, gehört nämlich zu den Merkmalen, die von der Kommission zu berücksichtigen sind, um das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe festzustellen (Urteil Frucona Košice, Rn. 23, und Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 103).

241    Wenn sich daher erkennen lässt, dass das Kriterium des privaten Gläubigers anwendbar sein könnte, hat die Kommission diese Möglichkeit unabhängig von einer dahin gehenden Anfrage des betroffenen Mitgliedstaats zu prüfen und ist daher der Beihilfeempfänger nicht daran gehindert, sich auf die Anwendbarkeit dieses Kriteriums zu berufen (vgl. in diesem Sinne Urteil Frucona Košice, Rn. 25 und 26).

242    Der Gerichtshof hat schließlich klargestellt, dass in den beiden letztgenannten Fällen, wenn sich der Mitgliedstaat nicht auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers beruft, für die Feststellung, ob das Kriterium anwendbar war, der wirtschaftliche Charakter der Maßnahme des Mitgliedstaats der Ausgangspunkt sein muss, und nicht, wie dieser Mitgliedstaat subjektiv zu handeln gedachte, oder welche Handlungsalternativen er in Erwägung gezogen hat, bevor er die fragliche Maßnahme erließ (vgl. in diesem Sinne Urteil Frucona Košice, Rn. 12 und 27).

243    Hingegen hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Mitgliedstaat, wenn er sich im Verwaltungsverfahren auf das Kriterium des privaten Kapitalgebers beruft, im Zweifelsfall eindeutig und anhand objektiver und nachprüfbarer Nachweise belegen muss, dass er die durchgeführte Maßnahme in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat, wobei aus diesen Nachweisen klar hervorgehen muss, dass der betroffene Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des wirtschaftlichen Vorteils die Entscheidung getroffen hat, mit der tatsächlich durchgeführten Maßnahme Kapital in das von ihm kontrollierte öffentliche Unternehmen zu investieren (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 82 und 83).

244    Wirtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betreffenden Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise reichen jedoch nicht für den Nachweis aus, dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 85 und 104).

245    Außerdem sind, wie oben in Rn. 232 ausgeführt, zur Beurteilung der Frage, ob dieselbe Maßnahme unter normalen Marktbedingungen von einem privaten Kapitalgeber, der sich in einer möglichst ähnlichen Lage befindet wie der Staat, getroffen worden wäre, nur die Vorteile und Verpflichtungen zu berücksichtigen, die mit der Eigenschaft des Staates als Anteilseigner zusammenhängen, nicht aber jene, die sich an seine Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt knüpfen (Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P, Rn. 79).

246    Die Kommission musste daher für die Feststellung, ob das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall tatsächlich anwendbar war, prüfen, ob die Französische Republik eindeutig und anhand objektiver, nachprüfbarer und aus der betreffenden Zeit stammender Nachweise belegt hat, dass sie die durchgeführte Maßnahme in ihrer Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat, und ob sie hierzu Nachweise vorgebracht hat, aus denen klar hervorgeht, dass sie vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils und auf der Grundlage einer erforderlichen vorherigen wirtschaftlichen Bewertung der Rentabilität die Entscheidung getroffen hat, durch die tatsächlich durchgeführte Maßnahme eine Investition in EDF zu tätigen.

247    Festzustellen ist, dass die Kommission in den Rn. 126 bis 154 des angefochtenen Beschlusses eine solche Prüfung vorgenommen hat.

248    Das Vorbringen von EDF, unterstützt durch die Französische Republik, kann daher nicht durchgreifen.

249    Schließlich muss auch die Behauptung von EDF, dass sich die Kommission allein auf die „Vermischung“ von Erwägungen als Anteilseigner und als Träger öffentlicher Gewalt gestützt habe, um das Kriterium des privaten Kapitalgebers für nicht anwendbar zu erklären, zurückgewiesen werden, da sie einer tatsächlichen Grundlage entbehrt.

250    Die Kommission kam nämlich nach einer Gesamtwürdigung und einer Prüfung jedes möglicherweise relevanten Elements zu dem Ergebnis, dass die Maßnahme keine Investition der Französischen Republik darstelle, da es an auf der Grundlage objektiver, nachprüfbarer und aus der betreffenden Zeit stammender Nachweise belegter Erwägungen eines Aktionärs, wie sie der Gerichtshof in den Rn. 82 bis 85 des Urteils in der Rechtssache C‑124/10 P fordert, fehle.

251    Das Vorbringen von EDF und der Französischen Republik, dass die Kommission einen Rechtsfehler begangen habe, ist folglich zurückzuweisen.

2)      Zu den behaupteten Fehlern bei der Tatsachenfeststellung

252    EDF macht geltend, zahlreiche Schriftstücke, insbesondere die Schriftstücke Nr. 23 bis 25 (Anlage A‑7‑23 bis A‑7‑25), die sie ihren der Kommission im Juli 2013 übermittelten Stellungnahmen beigefügt habe, zeigten, dass die Auswirkungen der geplanten Umstrukturierung ihrer Bilanz auf die von ihr geschuldete Steuer neben den Konsequenzen für die Vergütung des Staates als Anteilseigner, jedoch gesondert untersucht worden seien. Diese Schriftstücke enthielten keine Hinweise auf eine Vermischung der steuerlichen Erwägungen und der Investitionserwägungen, die den französischen Staat geleitet hätten. Die Französische Republik trägt außerdem vor, mehrere Unterlagen, die sie der Kommission übermittelt habe, zeigten, dass sie sich beim Erlass der betreffenden Maßnahme in erster Linie von Erwägungen eines Anteilseigners habe leiten lassen.

253    Zunächst ist hervorzuheben, dass sich unter den von EDF und der Französischen Republik genannten Unterlagen kein Dokument aus der Zeit vor der Antwort der Französischen Republik an die Kommission im Jahr 2002 findet, in dem erwähnt wird, dass auf die Ansprüche des Konzessionsgebers, d. h. die von EDF verwendeten Rücklagen, bei ihrer Neueinstufung als Kapitalerhöhung eine Steuer zu entrichten war, und erst recht nicht, dass der Verzicht auf die Erhebung der Steuer als eine zusätzliche Investition in das Kapital von EDF anzusehen ist, wie die Kommission in den Erwägungsgründen 128 und 129 des angefochtenen Beschlusses dargelegt hat.

254    Zu den von EDF genannten Schriftstücken, die belegen sollen, dass die steuerlichen Erwägungen und die Erwägungen in Bezug auf die Vergütung des Staates nicht vermischt worden seien, ist auf Folgendes hinzuweisen.

255    Bei der Anlage A‑7‑23 der Klageschrift handelt es sich um das Schreiben vom 31. Oktober 1995, das etwas mehr als zwei Jahre vor der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 97‑1026 an den Haushaltsminister übersandt wurde und zwei Anlagen hat, nämlich ein drei Seiten umfassendes Dokument „Vorschlag für eine Umstrukturierung der Bilanz von EDF“ und eine Aufstellung „Vorschlag für die Entwicklung der Bilanz von EDF“.

256    Das drei Seiten umfassende Dokument, das dem Schreiben vom 31. Oktober 1995 beigefügt war, enthält drei Punkte, in denen die „Umstrukturierung des Eigenkapitals auf der Passivseite der Bilanz“, insbesondere die Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapital, die „Anpassung der Ansprüche der ‚Körperschaften‘, die Konzessionen [der öffentlichen Versorgung] gewährt haben“ und schließlich die „Bereinigung des steuerlichen Verlustvortrags“ allgemein behandelt werden.

257    Punkt 1.1 dieses Dokuments betrifft die „Neueinstufung der Ansprüche des ‚Staates‘ als Konzessionsgeber und der damit verbundenen Rücklagen für die Erneuerung als Kapital“. Darin wird der Vorschlag genannt, „das Kapital von EDF zu erhöhen, indem die Ansprüche des Konzessionsgebers des AVN und die entsprechende Rücklage für die Erneuerung als Kapital eingestuft werden“, wobei dieser „Vorgang zu einer Rückkehr zur buchhalterischen Analyse von vor 1987 führt“.

258    In Punkt 1.2 dieses Dokuments („Konsolidierung der Kapitalzuführungen zum Kapital von EDF“) wird ausgeführt, „[die Konsolidierung der Kapitalerhöhungen] würde bestärken, dass es sich um eine ‚Kapitalzufuhr als Anteilseigner‘ handelt“, da sie sich „als Kapitalerhöhung darstellen, selbst wenn das Dekret von 1956 sie eher einem verzinslichen Darlehen gleichsetzte“.

259    Punkt 1.3 dieses Dokuments betrifft die „Folgen dieser beiden Maßnahmen“, und dort heißt es, dass diese „folgende beiden Vorteile“ hätten:

–        „Der Staat könnte eine wirkliche Rentabilität von EDF anstreben, in Form einer Dividende auf das Kapital des Unternehmens, d. h. auf die Beträge, die als vom Anteilseigner eingebracht angesehen werden. Die Konsolidierung als Kapital würde die Diskussion beenden, die nach der Steuerprüfung im Jahr 1982 in Bezug auf die Art der Vergütung aufgekommen ist, nämlich ob es sich um eine ‚Dividende‘ oder um einen ‚Zins‘ handelt.“

–        „EDF würde ihr Finanzimage verbessern, indem sie ein Vermögen von ca. 85 [Mrd. FRF] (im Gegensatz zu derzeit 2,6 [Mrd. FRF]) und ein Reinvermögen von 80 [Mrd. FRF] (im Gegensatz zu derzeit 19,9 [Mrd. FRF]) vor einer Berücksichtigung der Maßnahmen zur Reduzierung des Verlustvortrags vorweisen würde. Mit diesen Neueinstufungen würde außerdem der Kritik des Rechnungshofs entgegengekommen, dem zufolge die staatlichen Konzessionen keine wirklichen Konzessionen sind.“

260    Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass die Frage einer „Kapitalerhöhung“, die in dem Schreiben vom 31. Oktober 1995 lediglich erwähnt wird, jedenfalls nicht den Verzicht auf die Erhebung der auf die Ansprüche des Konzessionsgebers geschuldeten Steuer betrifft; dieser wird in diesem Schreiben gar nicht angesprochen.

261    Zum anderen ist festzustellen, dass die buchhalterischen und steuerlichen Erwägungen sowie die Erwägungen als Anteilseigner in dem drei Seiten umfassenden Dokument, das dem Schreiben vom 31. Oktober 1995 beigefügt war, unmittelbar nebeneinander bestehen; dieses enthält außerdem keine Bewertung oder Beurteilung der Rentabilität der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapital.

262    Die Anlage A‑7‑24 der Klageschrift ist ein zwei Seiten umfassender interner Vermerk von EDF vom 7. Dezember 1995 („Ursprung, Inhalt und Auswirkungen des Vorschlags für eine Umstrukturierung der Bilanz von EDF“) (im Folgenden: interner Vermerk vom 7. Dezember 1995).

263    Nachdem in einem ersten Teil des internen Vermerks vom 7. Dezember 1995 auf die Kontrollen des Französischen Rechnungshofs und ihre Auswirkungen auf die Rücklagen für die Erneuerung sowie auf die von der Steuerverwaltung im Jahr 1994 durchgeführte Prüfung hingewiesen wird und dann in einem zweiten Teil in drei Unterpunkten die Ziele des dem Ministerium unterbreiteten Vorschlags für eine Umstrukturierung der Passivseite der Bilanz von EDF genannt werden, wird in dem Vermerk der von EDF vorgeschlagene „doppelte Ansatz“ dargestellt: Zum einen soll der obere Teil der Bilanz umstrukturiert werden, was insbesondere zu einer Verbesserung der „Finanzbeziehungen zwischen EDF und dem [französischen] Staat“ führen würde. Letzterer könnte nunmehr eine wirkliche Rentabilität von EDF anstreben, in Form einer Dividende, die durch das Kapital des Unternehmens gerechtfertigt ist“. Zum anderen gehe es darum, „die Bilanzierung der Konzessionen der öffentlichen Versorgung zu klären“.

264    Erneut ist festzustellen, dass die Rentabilität der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapital in dem internen Vermerk vom 7. Dezember 1995 allenfalls erwähnt wird, ohne jegliche Bewertung, und dass jedenfalls an keiner Stelle von dem Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf diese Ansprüche des Konzessionsgebers die Rede ist.

265    Selbst wenn man unterstellt, dass der interne Vermerk vom 7. Dezember 1995 als eine separate und „parallele“ Untersuchung der Auswirkungen der Erhöhung des Kapitals von EDF verstanden werden könnte, ist er für die Prüfung der streitigen Maßnahme unerheblich und stellt allenfalls ein Indiz für den Kontext dar, in dem diese getroffen wurde.

266    Im Übrigen ist festzustellen, dass der interne Vermerk vom 7. Dezember 1995, der letztlich einen ähnlichen Inhalt hat wie das Schreiben vom 31. Oktober 1995, genauso wenig wie dieses eine detaillierte Analyse der Erwägungen als Anteilseigner und in Bezug auf die Vergütung oder Rentabilität aufweist, die vom Staat oder für ihn im Hinblick auf die Erhöhung des Kapitals von EDF durchgeführt worden wäre.

267    Bei der Anlage A‑7‑25 der Klageschrift handelt es sich schließlich um ein an einen Büroleiter im Finanzministerium gerichtetes Schreiben von EDF vom 10. April 1997 (im Folgenden: Schreiben vom 10. April 1997) mit einer eine Seite umfassenden Anlage in Form einer schematischen Übersicht „Annahmen betreffend die Zahlungen, die der Staat in den Jahren 1997 und 1998 zu erwarten hat“.

268    Zwar könnte das Schreiben vom 10. April 1997 als ein Indiz für eine kurze Darstellung der möglichen Vergütung des französischen Staates angesehen werden, doch ist festzustellen, dass diese Darstellung gleichzeitig in vollem Umfang auf den steuerlichen Auswirkungen beruht, die sich aus den Zahlungen an den Staat ergeben würden.

269    Sofern nicht nur jede zweite Zeile betrachtet werden soll, kann daher das Schreiben vom 10. April 1997, entgegen der Ansicht von EDF, nicht als eine separate und „parallele“ Analyse der Vergütung des Staates als Anteilseigner angesehen werden.

270    Die von EDF erwähnten Schriftstücke belegen folglich weder, dass eine gesonderte und eigenständige Untersuchung der Erwägungen des französischen Staates in seiner Eigenschaft als Anteilseigner in Bezug auf die streitige Maßnahme vorgenommen wurde, noch – entgegen dem Vorbringen von EDF –, dass die steuerlichen Erwägungen und die Erwägungen in Bezug auf die Vergütung des Staates nicht vermischt wurden.

271    Zu den von der Französischen Republik angeführten Punkten ist festzustellen, dass sich die Französische Republik zum einen auf eine Aufstellung in Anlage 11 des Streithilfeschriftsatzes bezieht. Dabei handelt es sich um eine quasi identische Wiedergabe der Zitate und Kommentare, die in der Aufstellung in Anlage 10 dieses Schriftsatzes zu lesen sind, die zur Stützung der im Rahmen des ersten Teils des zweiten Hauptklagegrundes vorgetragenen Argumente vorgelegt wurde und in der Auszüge aus verschiedenen Dokumenten zitiert werden. Zum anderen nimmt die Französische Republik in dem Streithilfeschriftsatz Bezug auf mehrere dieser „beispielhaft“ genannten Dokumente.

272    Zu den beispielhaft genannten Dokumenten gehört in erster Linie der Unternehmensvertrag.

273    Festzustellen ist, dass in dem Unternehmensvertrag die Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt nicht nur unmittelbar neben den Erwägungen als Anteilseigner stehen, sondern darin vor allem zweifellos überwiegen.

274    Die Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt, die insbesondere die Umsetzung der Energiepolitik des Staates, die Notwendigkeit der Gewährleistung der Versorgungssicherheit unter Beachtung des Umweltschutzes und bei möglichst geringen Kosten sowie der Gewährleistung einer hochwertigen Versorgung der Verbraucher, wo diese auch wohnen, und die Förderung der Beschäftigung und der Wirtschaftstätigkeit, der Solidarität mit den Bedürftigen sowie der Raumordnung betreffen, werden in Titel I des („Stärkung der wesentlichen Aufgaben des staatlichen Unternehmens“) des Unternehmensvertrags dargelegt, der aus drei Abschnitten besteht („Stärkung und Erneuerung von fünf öffentlichen Aufgaben“, „Mitgestaltung der Raumordnung und Solidarität“ und „Schritte in Richtung einer Neuregelung des Stromsektors“).

275    Titel II des Unternehmensvertrags befasst sich damit, „[h]eute die Zukunft des Unternehmens [vorzubereiten]“, durch die Entwicklung des Unternehmens in Frankreich (durch eine Verbesserung der Leistungen und die Verwendung der Produktivitätsgewinne vorrangig zur Senkung der Preise, durch Tarifsenkungen, die eine Anpassung der Tarifstruktur und der Beziehungen zwischen EDF und den unabhängigen Erzeugern voraussetzen, und durch die Weiterentwicklung der Dienstleistungen, insbesondere durch Maßnahmen zur Kundenbindung, durch eine bessere Positionierung auf den Elektrizitätsmärkten und den verbundenen Märkten mit darauf abgestimmten handelspolitischen Mitteln, nämlich mit „handelsbezogenen Hilfen“ in Höhe von 2,8 Mrd. FRF), durch die Erschließung neuer Märkte im Ausland (zu denen nur ausgeführt wird, dass die „Rentabilität des investierten Eigenkapitals“ berücksichtigt werden müsse, ohne dass dies näher präzisiert wird), durch einen Beitrag zu technologischen Innovationen und technologischem Fortschritt (Forschung und Entwicklung, Zusammenarbeit mit den französischen Unternehmen) und durch die „Einbindung des gesamten Unternehmens in die Entwicklung“ (in diesem Abschnitt werden Personalfragen behandelt: Personalverwaltung, Weiterbildung, Verbesserung der Arbeitsorganisation und der Arbeitssicherheit, Vergütung der Mitarbeiter, sozialer Zusammenhalt usw.).

276    Die in Titel II des Unternehmensvertrags enthaltenen Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt stehen daher unmittelbar neben recht allgemeinen Erwägungen zur künftigen Entwicklung des Unternehmens, die jedoch nicht als Erwägungen als Anteilseigner zur Ermittlung der Rentabilität einer Investition und erst recht nicht einer Investition durch die Umsetzung der streitigen Maßnahme angesehen werden können.

277    In Titel III („Einbettung des Unternehmens in einen neuen finanziellen und institutionellen Rahmen“) des Unternehmensvertrags werden schließlich auf drei Seiten die folgenden Ziele nacheinander behandelt: „Stabilisierung der Beziehungen zum Staat als Anteilseigner“, „Gerechte Finanzierung der öffentlichen Aufgaben“, „Vorbereitung der für die Entwicklung der Regelungen erforderlichen Instrumente“, „Schaffung von Ressourcen, um die Zukunft vorzubereiten“ und „Überwachung der Ziele und Verpflichtungen“.

278    Nur zwei Absätze auf den drei fraglichen Seiten beziehen sich auf die Umstrukturierung der Bilanz von EDF, darunter ein Absatz, in dem die Vergütung des französischen Staates nur vage erwähnt wird.

279    Der erste Absatz, aus dem sich jedoch keine Erkenntnisse gewinnen lassen, befindet sich in der Einleitung von Titel III des Unternehmensvertrags und lautet wie folgt:

„Die Bilanz der EDF wird saniert, um erstens das Reinvermögen des Unternehmens zu verbessern und zweitens die Finanzbeziehungen zwischen dem Staat und dem Unternehmen auf dem allgemeinen Recht angenäherten Grundlagen zu stabilisieren“.

280    Der zweite Absatz, der sich im Unterabschnitt „Stabilisierung der Beziehungen zum Staat als Anteilseigner“ von Titel III des Unternehmensvertrags befindet, lautet wie folgt:

„Die Vergütung des Staates besteht aus zwei Elementen:

–        eine Vergütung der Kapitalerhöhungen mit einem Zinssatz von 3 %;

–        eine zusätzliche Vergütung in Höhe von 40 % des Nettoergebnisses des Unternehmens“.

281    Es ist anzumerken, dass in der in den betreffenden Absätzen enthaltenen knappen Information zur Vergütung des Staates nicht von einer zusätzlichen Investition in Höhe des Betrags der Steuerforderung des französischen Staates und auch nicht von deren Rentabilität die Rede ist.

282    Der Unternehmensvertrag ist daher nicht erheblich, um zu belegen, dass die Vergütung des französischen Staates und die Erwägungen als Anteilseigner, ganz zu schweigen von Erwägungen in Bezug auf die streitige Maßnahme, gesondert und „parallel“ zu den Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt geprüft worden wären.

283    Das zweite Dokument, auf das die Französische Republik Bezug nimmt, ist ein Auszug aus dem „Migaud-Bericht“, der der Nationalversammlung im Hinblick auf die Verabschiedung des Gesetzes Nr. 97‑1026 vorgelegt wurde.

284    Im ersten Teil des „Migaud-Berichts“ werden die historischen Hintergründe des vermögensrechtlichen Status der konzessionierten Vermögenswerte beschrieben (Erteilung einer Konzession für die Vermögenswerte, Konsequenzen für die Rechnungslegung und Standpunkt des Rechnungshofs), die zur Vorlage des Gesetzentwurfs geführt haben.

285    Im zweiten Teil des „Migaud-Berichts“ wird die „buchhalterische Neuklassifizierung“ vorgestellt, die aufgrund der Stellungnahme des Französischen Rechnungshofs geboten war und „Veränderungen bei den Finanzbeziehungen zwischen dem Staat und EDF“ zur Folge hat.

286    Im ersten Unterabschnitt des „Migaud-Berichts“ werden die Konsequenzen für die Rechnungslegung dargestellt, die sich aus der Anerkennung des Eigentums am AVN ergeben, sowie die Veränderung der Kapitalstruktur von EDF, die diese mit sich bringt: „Der Gegenwert der konzessionierten Sachwerte des AVN, die unter den Eigenmitteln im Posten ‚Sonstige Eigenmittel‘ verbucht sind, wird in den Posten ‚Eigenkapital‘ aufgenommen, um dem vermögensrechtlichen Status der Anlagen Rechnung zu tragen.“

287    Danach werden in dem „Migaud-Bericht“ die eigentlichen Buchungsbewegungen beschrieben, die sich aus der streitigen Maßnahme ergeben (diese werden in den Erwägungsgründen 28 ff. des angefochtenen Beschlusses angegeben).

288    Der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers wird in diesem Zusammenhang jedoch nicht angesprochen.

289    Im zweiten Unterabschnitt des „Migaud-Berichts“ werden die Änderungen der Finanzbeziehungen zwischen dem französischen Staat und EDF behandelt und die Einzelheiten der Vergütung des Staates nach den vorzunehmenden buchhalterischen Änderungen angegeben:

„Diese Vergütung besteht aus zwei Elementen.

Zum einen wird eine Vergütung der Kapitalerhöhungen zu einem jährlich durch interministeriellen Erlass festgelegten Satz gezahlt. Das Dekret sieht hierfür eine Obergrenze von 8 % vor. Seit 1989 ist der Satz auf 5 % festgesetzt.

Zum anderen wird eine zusätzliche Vergütung (die ‚Dividende‘) auf das Ergebnis des Unternehmens nach Abzug der Steuern und des festen Zinses gezahlt.

Deren Höhe wird auf der Grundlage des Ergebnisses der Planrechnungen durch Erlass festgesetzt.

Da die Kapitalerhöhungen die Bemessungsgrundlage des festen Zinses bilden, könnte deren durch den vorliegenden Artikel ausgelöster Anstieg zu einer Erhöhung der Steuerlast für EDF führen. In dem am 8. April 1997 unterzeichneten Unternehmensvertrag 1997-2000 ist daher eine Änderung der Vergütungsbedingungen vorgesehen.

Der feste Zins wird auf 3 % gesenkt, um die Wirkung der Bemessungsgrundlage zu kompensieren. Der jährliche Betrag des festen Zinses wird daher von 1 816 Mio. [FRF] auf 1 522 Mio. [FRF] herabgesetzt.

Die zusätzliche Vergütung des Staates wird auf 40 % des Nettoergebnisses des Unternehmens festgesetzt.

Schließlich wird festgelegt, dass der Gesamtbetrag dieser beiden Komponenten 6 % des Betrags der Kapitalerhöhungen nicht überschreiten darf (d. h. maximal 3 044 Mio. [FRF] hinsichtlich der Erhöhungen, wie sie sich aus dem vorliegenden Artikel ergeben).“

290    Danach werden in dem „Migaud-Bericht“ die steuerlichen Auswirkungen der vorgenommenen Änderungen beschrieben.

291    Insbesondere heißt es in dem „Migaud-Bericht“:

„Der Anstieg der Rücklagen in Zusammenhang mit der AVN-Konzession im Vortrag auf neue Rechnung wird eine Bereinigung der buchhalterischen und steuerlichen Verlustvorträge ermöglichen.

Zum einen führt die unmittelbare Übertragung von 38,5 Mrd. [FRF] zu einem Gewinnvortrag von 18,3 Mrd. [FRF], was zu einer Erhöhung des der [Körperschaftsteuer] unterliegenden Nettovermögens führt. Gemäß Art. 38-2 des [Code général des impôts] ergibt sich nämlich der Nettogewinn aus der Differenz der Werte des Nettovermögens bei Abschluss und zu Beginn des Geschäftsjahres. Da ‚als Nettovermögen der Überschuss der Aktiva über den Gesamtbetrag der Passiva, gebildet aus den Forderungen Dritter, den Abschreibungen und den nachgewiesenen Rückstellungen, angesehen wird‘, führt die Übertragung der Rücklagen automatisch zu einer Erhöhung des Nettogewinns.

Zum anderen wird EDF, um den Anmerkungen des Rechnungshofs zu den Konzessionen ‚Wasserkraft‘ und ‚Öffentliche Versorgung‘ Rechnung zu tragen, buchhalterische Anpassungen vornehmen, mit denen der steuerliche Verlustvortrag um 14 Mrd. [FRF] gesenkt wird.

In der Summe sollte dieser damit einen positiven Betrag in Höhe von 3,4 Mrd. [FRF] aufweisen.

Nach den Informationen, die das Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Industrie dem Berichterstatter vorgelegt hat, würde sich die von dem staatlichen Unternehmen nach diesen Reformen zu entrichtende Körperschaftsteuer auf 3 Mrd. [FRF] im Jahr 1997 und auf 2,5 Mrd. [FRF] im Jahr 1998 belaufen.“

292    Festzustellen ist, dass in dem „Migaud-Bericht“ weder im Zusammenhang mit den buchhalterischen Anpassungen noch im Zusammenhang mit den steuerlichen Auswirkungen der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers bei ihrer Neueinstufung als Kapitalerhöhung erwähnt wird, obwohl sich auch diese Forderung, wie sich der Antwort der Französischen Republik an die Kommission in dem Vermerk vom 9. April 2002 entnehmen lässt, aus der Veränderung des Nettovermögens ergeben würde.

293    Im Übrigen enthält der „Migaud-Bericht“ zwar ein paar Daten zu der Vergütung, die der Staat aus der Erhöhung des Kapitals von EDF zu erwarten hatte, und die nach der Kapitalerhöhung nominal verringert wurde. Jedoch geht aus diesem Dokument offenkundig hervor, dass diese wenigen Angaben nur einen geringen Teil der – hauptsächlich in der Eigenschaft als Träger öffentlicher Gewalt angestellten – Erwägungen, ausmachen, die zur Verabschiedung des Gesetzes Nr. 97‑1026 geführt haben.

294    Schließlich lässt sich feststellen, dass der Inhalt des „Migaud-Berichts“ als Vorlage für die Erwägungsgründe 23 ff. des angefochtenen Beschlusses gedient und die Kommission diese Gesichtspunkte daher berücksichtigt hat.

295    Das dritte von der Französischen Republik genannte Dokument ist das Schreiben vom 4. April 1995. Es handelt sich um ein vier Seiten umfassendes Dokument, darunter das ihm beigefügte, an EDF gerichtete Dokument der Kabinettsdirektoren der Minister für Wirtschaft, Industrie, Post und Telekommunikation sowie Außenhandel und des Haushaltsministers, das die Einführung eines „Arbeitsprogramms“ zur Formulierung und zum Erlass von Maßnahmen, die der Französische Rechnungshof hinsichtlich der Konzessionen von EDF verlangt, zum Gegenstand hat.

296    Der Staat als Anteilseigner wird in dem Schreiben vom 4. April 1995 nur zweimal genannt und dies nur sehr kurz:

–        auf S. 1 der Anlage des Schreibens, wo im Zusammenhang mit den Zielen des Arbeitsprogramms die Frage gestellt wird, ob „[das aktuelle System] mit den Interessen des Staates als Anteilseigner im Einklang steht“;

–        auf S. 3 dieser Anlage, wo verschiedene Punkte, über die nachgedacht werden sollte, angesprochen werden, darunter „vermögensrechtliche Aspekte“, zu denen es heißt, dass „gegebenenfalls die Änderungen festgestellt werden, die bei den bestehenden Regelungen notwendig sind, um die Interessen des Staates als Anteilseigner im Hinblick auf eine mögliche Öffnung der Monopole bestmöglich zu schützen“.

297    Die anderen Anliegen, die in dem Schreiben vom 4. April 1995 angesprochen werden (das im Übrigen nur das Arbeitsprogramm betrifft und nicht dessen Ergebnisse), betreffen in Wirklichkeit vor allem die Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt, und es ist festzustellen, dass dieses Schreiben keine gesonderte und eigenständige Prüfung der Erwägungen als Anteilseigner belegt.

298    Das letzte von der Französischen Republik angeführte Dokument ist schließlich das Schreiben vom 31. Oktober 1995; für die Analyse dieses Dokuments wird auf die Rn. 168 ff. oben verwiesen.

299    Im Übrigen ist, ohne dass darüber zu entscheiden wäre, ob eine bloße Verweisung auf eine Aufstellung in einer Anlage des Streithilfeschriftsatzes, die – zum Teil kommentierte – Auszüge aus Dokumenten enthält, die in diesem Schriftsatz nicht genannt werden, zulässig ist, festzustellen, dass in keinem der zitierten Auszüge oder Kommentare auf die streitige Maßnahme Bezug genommen wird.

300    Die vorstehend in Rn. 299 genannten Auszüge aus Dokumenten beziehen sich allenfalls auf den Kontext, in dem die streitige Maßnahme erlassen wurde. Es wird aber nicht einmal behauptet, dass dieser Kontext von der Kommission, die seiner Beschreibung insbesondere diese Dokumente zugrunde gelegt hat, nicht berücksichtigt wurde.

301    Darüber hinaus ist mit der Kommission festzustellen, dass den oben in Rn. 299 genannten Auszügen aus Dokumenten, die in der betreffenden Aufstellung enthalten sind, zu entnehmen ist, dass die Erwägungen als Anteilseigner im Verhältnis zu den Erwägungen als Träger öffentlicher Gewalt nur eine sehr untergeordnete Rolle spielen.

302    Diese Auszüge enthalten außerdem keinerlei detaillierte Ausführungen zu Erwägungen, die in der Eigenschaft als Anteilseigner zur Beurteilung der Rentabilität einer Investition und erst recht einer Investition durch die Umsetzung der streitigen Maßnahme angestellt wurden.

303    Die von der Französischen Republik und auch die von EDF genannten Unterlagen zeugen daher nicht von einer „gesonderten und eigenständigen“ Analyse der Erwägungen des Staates in seiner Eigenschaft als Anteilseigner und belegen nicht, dass die steuerlichen Erwägungen und die Erwägungen im Zusammenhang mit der Vergütung des Staates nicht vermischt wurden.

304    Folglich ist der dritte Teil des zweiten Hauptklagegrundes zurückzuweisen.

6.      Zum vierten Teil

a)      Vorbringen der Parteien

305    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, trägt vor, die Kommission sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Investitionsentscheidung nicht Gegenstand von Studien, Bezugnahmen, speziellen Analysen oder eines Geschäftsplans zur Rentabilität der Investition über den Betrag der Steuerbefreiung gewesen sei, so dass es schwierig sei, die Auswirkungen der Investition aus den von der Französischen Republik oder von EDF übermittelten Informationen herauszuarbeiten (130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses).

306    EDF zufolge beruht die Analyse der Kommission auf der Annahme, dass die in Rede stehende Maßnahme allein in der Steuerbefreiung bestanden habe, die, wie EDF im Rahmen des ersten Klagegrundes vorträgt, nicht die zu prüfende Maßnahme sei.

307    Außerdem seien die Erwägungen der Kommission, die sich im Wesentlichen darauf bezögen, dass es an einem formellen Geschäftsplan fehle, rechtlich unbegründet, da zum einen die Rechtsprechung des Gerichtshofs oder des Gerichts keinen solchen Plan fordere und zum anderen ein solcher Plan jedenfalls nicht notwendig sei, da der französische Staat alleiniger Anteilseigner sei, das Unternehmen genau kenne und ein privater Kapitalgeber in einer solchen Situation auch keinen solchen Plan erstellt hätte.

308    Zudem widersprächen die Erwägungen der Kommission, die sich im Wesentlichen darauf bezögen, dass es an einem formellen Geschäftsplan fehle, den Tatsachen, da verschiedene Dokumente, die in tempore non suspecto erstellt und im Rahmen der der Kommission im Jahr 2013 übermittelten Stellungnahmen vorgelegt worden seien, den Kern solcher planerischer Überlegungen bildeten. Sie belegten nämlich eindeutig, dass der französische Staat beabsichtigt habe, eine Investition in das Unternehmen zu tätigen, und zahlreiche prospektive Analysen und Bewertungen vorgenommen habe.

309    Die Französische Republik verweist auf die Aufstellung 3 in Anlage 12 des Streithilfeschriftsatzes, die verschiedene, zum Teil kommentierte Zitate aus Dokumenten enthält, und geht in diesem Schriftsatz „beispielhaft“ auf drei dieser Dokumente ein.

310    Erstens verweist die Französische Republik auf das Schreiben vom 10. April 1997 und den ihm beigefügten Vermerk „Annahmen betreffend die Zahlungen, die der Staat in den Jahren 1997 und 1998 zu erwarten hat“. Dieses Dokument zeige, dass der Staat EDF um eine Analyse der Entwicklung seiner Vergütung gebeten habe und die wirtschaftlichen Bewertungen der geplanten Umstrukturierung der Bilanz im Hinblick auf den Erlass der in Rede stehenden Maßnahme verfeinert und präzisiert worden seien.

311    Zweitens nennt die Französische Republik das Schreiben des Direktors der Finanz- und Rechtsabteilung von EDF vom 9. Februar 1996 an den Verwaltungsrat von EDF mit einer Anlage „Umstrukturierung der Bilanz von EDF“ (Anlage A‑7‑30 der Klageschrift, im Folgenden: Schreiben vom 9. Februar 1996), die eine wirtschaftliche Bewertung der Umstrukturierung der Bilanz von EDF enthalte.

312    Drittens zitiert die Französische Republik schließlich den Strategieplan 1996–1998 (Anlage A‑7‑34 der Klageschrift, im Folgenden: Strategieplan), den der Staat beim Erlass der in Rede stehenden Maßnahme berücksichtigt habe. Dabei handle es sich um einen Plan der Art, wie sie bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers in der Regel berücksichtigt werde.

313    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

314    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, trägt im Wesentlichen erstens vor, die Analyse der Kommission im 130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beruhe auf einer fehlerhaften Annahme, denn die streitige Maßnahme bestehe nicht allein in dem Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die von EDF für die Erneuerung verwendeten Rücklagen, zweitens, die Kommission habe im vorliegenden Fall zu Unrecht einen formellen Geschäftsplan verlangt, und drittens, die Erwägungen der Kommission in Bezug auf das Fehlen eines solchen formellen Geschäftsplans widersprächen den Tatsachen, da verschiedene Dokumente aus der maßgeblichen Zeit den Kern dieses formellen Geschäftsplans bildeten. Die Französische Republik nennt in diesem Zusammenhang vier Dokumente, die nach ihrer Ansicht zeigen, dass in Bezug auf die Investition prospektive Analysen und Bewertungen vorgenommen worden seien.

315    Zunächst ist das erste Argument von EDF zurückzuweisen, da es sich bei der streitigen Maßnahme um den Verzicht auf die Erhebung der Steuer bei der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapitalerhöhung handelt.

316    Zudem ist auch das Vorbringen von EDF zurückzuweisen, dass die Kommission im vorliegenden Fall zu Unrecht einen formellen Geschäftsplan verlangt habe, da es auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Beschlusses beruht.

317    Die Kommission stellt nämlich im angefochtenen Beschluss im Wesentlichen fest, dass es kein Dokument aus der maßgeblichen Zeit gebe, das eine Bewertung der Rentabilität der vermeintlichen Investition enthielte, die in dem Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers zu sehen sein soll.

318    Es gibt zwar Dokumente, in denen die Vergütung des französischen Staates, wie sie sich aus der Erhöhung des Kapitals von EDF ergeben würde, und damit die Rentabilität dieses Vorgangs recht knapp zusammengefasst bewertet wird, mehr jedoch nicht.

319    Zwar stellt die Erhöhung des Kapitals von EDF zweifelsohne den Kontext dar, in den sich die Beurteilung der streitigen Maßnahme einfügen muss, nach dem Urteil in der Rechtssache C‑124/10 P war es gleichwohl Sache der Französischen Republik, insbesondere „Nachweise [vorzulegen], die zeigen, dass diese Entscheidung auf wirtschaftlichen Bewertungen beruht, die mit jenen vergleichbar sind, die ein rationaler privater Kapitalgeber in einer möglichst ähnlichen Lage wie dieser Mitgliedstaat vor dieser Kapitalanlage hätte erstellen lassen, um die künftige Rentabilität einer solchen Kapitalanlage zu bestimmen“, wobei „[w]irtschaftliche Bewertungen, die nach Gewährung dieses Vorteils erstellt werden, die rückblickende Feststellung der tatsächlichen Rentabilität der vom betroffenen Mitgliedstaat getätigten Kapitalanlage oder spätere Rechtfertigungen der tatsächlich gewählten Vorgehensweise … demgegenüber nicht für den Nachweis aus[reichen], dass dieser Mitgliedstaat vor oder gleichzeitig mit dieser Gewährung eine solche Entscheidung in seiner Eigenschaft als Anteilseigner getroffen hat“ (Rn. 84 und 85 dieses Urteils).

320    Daher hat die Kommission im 130. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses rechtsfehlerfrei festgestellt, dass „sich das Fehlen von Studien, Bezugnahmen oder speziellen Analysen zu der Rentabilität der Investition über den Betrag der Steuerbefreiung als schwierig dar[stellt], um die Auswirkungen der angeführten Investition aus den von [der Französischen Republik] oder von EDF übermittelten Informationen herauszuarbeiten“.

321    Darüber hinaus ist das Vorbringen von EDF zurückzuweisen, mit dem eine Parallele zu dem Urteil vom 25. Juni 2015, SACE und Sace BT/Kommission (T‑305/13, EU:T:2015:435), gezogen wird, denn in dieser Rechtssache war das Fehlen eines detaillierten Geschäftsplans vor dem Hintergrund einer Wirtschaftskrise zu beurteilen. Das Gericht war zwar der Auffassung, dass in einem solchen Fall die Unmöglichkeit zu berücksichtigen sei, die Entwicklung der wirtschaftlichen Situation und die Ergebnisse der einzelnen Wirtschaftsteilnehmer verlässlich und detailliert vorauszusehen, es hat jedoch entschieden, dass „[d]ie Unmöglichkeit, detaillierte und vollständige Voraussagen zu treffen, … einen öffentlichen Kapitalgeber aber nicht davon entbinden [kann], eine angemessene vorherige Bewertung der Rentabilität seiner Investition vorzunehmen, die mit derjenigen vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber in einer ähnlichen Situation anhand der verfügbaren und vorhersehbaren Daten hätte erstellen lassen“.

322    Sodann sind die Dokumente zu untersuchen, zu denen die Französische Republik vorträgt, dass sie wirtschaftliche Bewertungen darstellten bzw. enthielten, die mit jenen vergleichbar seien, die ein privater Kapitalgeber vor der Durchführung der streitigen Maßnahme hätte erstellen lassen, um deren künftige Rentabilität zu bestimmen.

323    Die Französische Republik nennt zunächst das Schreiben vom 10. April 1997 sowie den ihm beigefügten Vermerk „Annahmen betreffend die Zahlungen, die der Staat in den Jahren 1997 und 1998 zu erwarten hat“ (Anlage A‑7‑25 der Klageschrift).

324    Das Schreiben vom 10. April 1997, das aus drei Zeilen besteht, dient lediglich dazu, dem Büroleiter im Finanzministerium eine Anlage zu übersenden. In dieser Anlage werden auf einer Seite und in Form einer schematischen Übersicht die möglichen Zahlungen an den französischen Staat in fünf Zeilen, gefolgt von einer Zahl für das jeweilige Jahr, dargestellt: buchhalterisches Ergebnis vor Abzug der Steuer und der zusätzlichen Vergütung, steuerliches Ergebnis, Vergütung der Kapitalerhöhungen, Körperschaftsteuer und zusätzliche Vergütungen.

325    Das Schreiben vom 10. April 1997 enthält keine Ausführungen zur Vergütung der Ansprüche des Konzessionsgebers als solcher und auch nicht zu der theoretisch in eine Investition umgewandelten Steuer, auf die der französische Staat verzichtet hat.

326    Daher ist festzustellen, dass das Schreiben vom 10. April 1997 nicht erheblich ist und keine wirtschaftliche Bewertung darstellt oder enthält, die mit jener vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber vor der Durchführung der streitigen Maßnahme hätte erstellen lassen, um deren künftige Rentabilität zu bestimmen.

327    Die Französische Republik nennt sodann das Schreiben vom 9. Februar 1996, dem eine Anlage „Umstrukturierung der Bilanz von EDF“ beigefügt ist (Anlage A‑7‑30 der Klageschrift), die eine wirtschaftliche Bewertung der Umstrukturierung der Bilanz von EDF enthält.

328    Mit dem Schreiben vom 9. Februar 1996, das vom Direktor der Finanz- und Rechtsabteilung von EDF stammt, wird lediglich dem Vorsitzenden des Verwaltungsrats von EDF eine „Zusammenfassung“ von einer Seite übersandt, in dem der „Sachstand der Verhandlungen mit dem Staat“ mitgeteilt wird.

329    In der mit dem Schreiben vom 9. Februar 1996 übersandten „Zusammenfassung“ heißt es unter der Überschrift „Stärkung der Posten des oberen Teils der Bilanz von EDF“:

„Die laufende Umstrukturierung der Bilanz umfasst drei Schritte:

–        Einbeziehung der vom Staat geleisteten Kapitalerhöhungen in das Kapital im engeren Sinne;

–        Einbeziehung der vom Staat (oder in dessen Auftrag) im Rahmen der AVN-Konzession getätigten Kapitalerhöhungen sowie der für diese Konzession gebildeten Rücklagen in das Kapital. Dieser Vorgang würde die recht subtile Unterscheidung zwischen den Kapitalerhöhungen und den im Wege der Konzession gebildeten Einlagen des Staates beenden;

–        Bereinigung des buchhalterischen Verlustvortrags, der derzeit die Vermögenslage von EDF belastet.

Mit diesen Maßnahmen sollte die Finanzlage des Unternehmens verbessert werden, indem das Kapital von 2,6 auf 85 Mrd. [FRF] und das Reinvermögen von 20 auf 90 Mrd. [FRF] erhöht wird, was sein Aktivvermögen besser widerspiegelt, und somit eine mit den anderen europäischen Stromerzeugern vergleichbare Darstellung erreicht werden.

Indem nunmehr ein Eigenkapital von knapp hundert Milliarden [FRF] ausgewiesen und die Konzessionen deutlicher dargestellt würden, würde EDF über eine Bilanz verfügen, die die finanzielle Lage des Unternehmens besser widerspiegeln würde.“

330    In dem Schreiben vom 9. Februar 1996 werden weder die Ansprüche des Konzessionsgebers noch der Verzicht auf die Erhebung der Steuer bei deren Einbeziehung in das Kapital erwähnt.

331    Daher ist festzustellen, dass das Schreiben vom 9. Februar 1996 nicht erheblich ist und keine wirtschaftliche Bewertung darstellt oder enthält, die mit jener vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber vor der Durchführung der streitigen Maßnahme hätte erstellen lassen, um deren künftige Rentabilität zu bestimmen.

332    Die Französische Republik erwähnt schließlich den Strategieplan, den sie beim Erlass der in Rede stehenden Maßnahme berücksichtigt habe. Ihr zufolge wird ein Plan dieser Art in der Regel bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers berücksichtigt.

333    Der Strategieplan ist ein 36 Seiten umfassendes Dokument, in dem, wohl für die Mitarbeiter des Unternehmens, die zukünftige Ausrichtung des Unternehmens und die bis 1998 zu treffenden Maßnahmen dargestellt werden.

334    In dem Strategieplan werden weder der Verzicht des französischen Staates auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers noch die Ansprüche des Konzessionsgebers noch die Rücklagen im Zusammenhang mit der AVN-Konzession noch der vermögensrechtliche, buchhalterische und steuerliche Status des AVN noch auch die Erhöhung des Kapitals von EDF, die Gegenstand des Gesetzes Nr. 97‑1026 war, erwähnt.

335    Der Strategieplan ist daher nicht erheblich und enthält oder stellt keine wirtschaftliche Bewertung dar, die mit jener vergleichbar ist, die ein privater Kapitalgeber vor der Durchführung der streitigen Maßnahme hätte erstellen lassen, um deren künftige Rentabilität zu bestimmen.

336    Im Übrigen ist, ohne dass darüber zu entscheiden wäre, ob eine bloße Verweisung auf eine Aufstellung in einer Anlage des Streithilfeschriftsatzes, die – zum Teil kommentierte – Auszüge aus Dokumenten enthält, die in diesem Schriftsatz nicht genannt werden, zulässig ist, festzustellen, dass in keinem der in der Aufstellung in Anlage 12 dieses Schriftsatzes zitierten Auszüge oder Kommentare auf die streitige Maßnahme Bezug genommen wird.

337    Der vierte Teil des zweiten Hauptklagegrundes ist folglich insgesamt zurückzuweisen.

7.      Zum fünften Teil

a)      Vorbringen der Parteien

338    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, behauptet abschließend im Wesentlichen, die Kommission habe, wie die von EDF im Rahmen der ersten beiden Klagegründe angeführten Argumente zeigten, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall zu Unrecht ausgeschlossen. Eine objektive und unvoreingenommene Analyse der Natur und des Gegenstands der Maßnahme, des Kontextes, in den sie eingebettet sei, sowie des verfolgten Ziels und der Regeln, denen sie unterworfen sei, hätte die Kommission nämlich dazu veranlassen müssen, die Anwendbarkeit des Kriteriums auf die fragliche Maßnahme zu bejahen.

339    Was die Natur und den Gegenstand der in Rede stehenden Maßnahme angehe, handle es sich um eine Maßnahme zur Erhöhung des Kapitals von EDF durch die Französische Republik, dem einzigen Anteilseigner von EDF.

340    Der Kontext, in dem die Maßnahme getroffen worden sei, sei in den Rn. 9 bis 36 des Urteils in der Rechtssache T‑156/04 klar beschrieben worden und im Jahr 1997 durch die Aussicht auf die baldige Öffnung des europäischen Elektrizitätsmarkts für den Wettbewerb geprägt gewesen. In diesem Kontext sei die Fähigkeit von EDF, auf diese Liberalisierung zu reagieren und von internationalen Investitionsmöglichkeiten zu profitieren, aufgrund des Zustands ihrer Bilanz beschränkt gewesen.

341    Was das verfolgte Ziel angehe, habe gemäß dem Urteil in der Rechtssache T‑156/04 (Rn. 243 und 247) das Gesetz Nr. 97‑1026 dazu gedient, „die Bilanz der EDF zu sanieren und deren Eigenmittel zu erhöhen“ sowie „das Kapital der EDF zu erhöhen“.

342    Was schließlich die Regeln anbelange, denen die Maßnahme unterworfen sei, habe diese Maßnahme, da es sich um eine Erhöhung des Kapitals von EDF gehandelt habe, deren Kapital durch ein Gesetz festgelegt werde, nur durch ein Gesetz umgesetzt werden können, wie das Gericht in Rn. 252 seines Urteils in der Rechtssache T‑156/04 anerkannt habe.

343    EDF gelangt zu dem Schluss, dass sich die Französische Republik mit der Verabschiedung des Gesetzes Nr. 97‑1026 zur Erhöhung des Kapitals von EDF wie ein Anteilseigner verhalten habe, was die der Kommission übermittelten Dokumente aus der maßgeblichen Zeit belegten, und dass die Kommission die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers hätte bejahen müssen.

344    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

345    EDF, unterstützt durch die Französische Republik, behauptet abschließend im Wesentlichen, die Kommission habe, wie die von EDF im Rahmen des ersten Hauptklagegrundes und der ersten vier Teile des zweiten Hauptklagegrundes angeführten Argumente zeigten, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall zu Unrecht ausgeschlossen. Eine objektive und unvoreingenommene Analyse der Natur und des Gegenstands der Maßnahme, des Kontextes, in den sie eingebettet sei, sowie des verfolgten Ziels und der Regeln, denen sie unterworfen sei, hätte die Kommission nämlich dazu veranlassen müssen, die Anwendbarkeit des Kriteriums auf die betreffende Maßnahme zu bejahen.

346    Das Vorbringen von EDF und der Französischen Republik ist in Wirklichkeit darauf gerichtet, die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers allein aufgrund der Aspekte betreffend die Natur und den Gegenstand der Maßnahme, des Kontextes, in den sie eingebettet ist, sowie des verfolgten Ziels und der Regeln, denen diese Maßnahme unterworfen ist, feststellen zu lassen.

347    Aus den im Rahmen der ersten vier Teile des zweiten Hauptklagegrundes ausgeführten Gründen reichen diese Gesichtspunkte jedoch nicht aus, um die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers darzutun. EDF und die Französische Republik haben nämlich keine Nachweise beigebracht, anhand deren sich eindeutig belegen ließe, dass die Französische Republik vor oder gleichzeitig mit der Gewährung des Vorteils, d. h. im vorliegenden Fall des Verzichts auf die Erhebung der Steuer bei der Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapitalerhöhung, die Entscheidung getroffen hat, durch diese Maßnahme eine Investition in EDF zu tätigen, und, als sie diese Entscheidung getroffen hat, die Rentabilität dieser Investition, die die Gewährung eines solchen Vorteils an EDF darstellen würde, geprüft hat, wie ein privater Kapitalgeber dies getan hätte.

348    Der fünfte Teil des zweiten Hauptklagegrundes ist somit ebenfalls zurückzuweisen.

8.      Ergebnis zum zweiten Hauptklagegrund

349    Der vorliegende Klagegrund ist folglich insgesamt zurückzuweisen.

C.      Zum dritten Hauptklagegrund

350    Mit dem dritten Hauptklagegrund wird wegen verschiedener Fehler, die die Kommission bei der Prüfung der Voraussetzungen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers gemacht habe, ein Verstoß gegen Art. 107 AEUV geltend gemacht.

351    Es ist jedoch daran zu erinnern, dass die Kommission in dem angefochtenen Beschluss festgestellt hat, dass das Kriterium des privaten Kapitalgebers im vorliegenden Fall nicht anwendbar sei, und die Voraussetzungen der Anwendung dieses Kriteriums nur hilfsweise geprüft hat.

352    Da EDF nicht nachgewiesen hat, dass die Kommission die Anwendbarkeit des Kriteriums des privaten Kapitalgebers zu Unrecht ausgeschlossen hat, und der zweite Klagegrund insofern zurückzuweisen ist, geht der dritte Klagegrund ins Leere und ist daher zurückzuweisen.

D.      Zum vierten Hauptklagegrund

1.      Vorbringen der Parteien

353    EDF macht geltend, indem die Kommission gegen ihre Verpflichtung verstoßen habe, alle für die Prüfung des Vorteils maßgeblichen Gesichtspunkte zu berücksichtigen, was EDF im Rahmen der ersten drei Hauptklagegründe dargetan habe, sei sie auch ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. EDF wirft der Kommission insoweit vor, Unterlagen, die belegten, dass die in Rede stehende Maßnahme nicht in einer Entscheidung bestanden habe, die Ansprüche des Konzessionsgebers nicht zu besteuern, und Unterlagen, in denen die bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers anzuwendende Methode erläutert werde, ohne Begründung außer Acht gelassen habe.

354    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

2.      Würdigung durch das Gericht

355    Nach ständiger Rechtsprechung hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des in Rede stehenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen wurde, ab. Die Begründung muss die Überlegungen des Organs so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass der Unionsrichter die ihm obliegende Rechtmäßigkeitskontrolle wahrnehmen kann und es den Betroffenen möglich ist, Kenntnis von den Gründen für die getroffene Maßnahme zu erlangen, damit sie ihre Rechte verteidigen und prüfen können, ob die Entscheidung in der Sache begründet ist oder nicht. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich und rechtlich einschlägigen Aspekte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet. Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der Entscheidung eine wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil vom 6. März 2003, Westdeutsche Landesbank Girozentrale und Land Nordrhein-Westfalen/Kommission, T‑228/99 und T‑233/99, EU:T:2003:57, Rn. 278 bis 280).

356    EDF wirft der Kommission vor, unter Verstoß gegen ihre Begründungspflicht Unterlagen außer Acht gelassen zu haben, die belegten, dass die streitige Maßnahme nicht in einer Entscheidung bestanden habe, die Ansprüche des Konzessionsgebers nicht zu besteuern.

357    Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission in den Erwägungsgründen 23 bis 35, 74 und 112 bis 123 des angefochtenen Beschlusses erläutert hat, weshalb sie auf der Grundlage der von der Französischen Republik mitgeteilten Informationen, insbesondere des Vermerks vom 9. April 2002 (vgl. 35. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses) der Ansicht war, dass der Verzicht auf die Erhebung der Steuer auf die Ansprüche des Konzessionsgebers bei deren Neueinstufung als Kapitalerhöhung einen Vorteil zugunsten von EDF darstellte. Der Beschluss leidet insofern nicht an einem Begründungsmangel.

358    EDF wirft der Kommission außerdem vor, unter Verstoß gegen ihre Begründungspflicht Unterlagen außer Acht gelassen zu haben, in denen die bei der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers anzuwendende Methode erläutert werde.

359    Da die Prüfung der Voraussetzungen der Anwendung des Kriteriums des privaten Kapitalgebers nur hilfsweise erfolgt ist und die Kommission fehlerfrei angenommen hat, dass dieses Kriterium im vorliegenden Fall nicht anwendbar war, geht das Vorbringen von EDF insoweit ins Leere.

360    Der vierte Hauptklagegrund ist folglich als teilweise unbegründet und teilweise ins Leere gehend zurückzuweisen.

E.      Zum ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund

361    Mit dem ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund wird zum einen geltend gemacht, dass bestimmte Beihilfen als bestehende Beihilfen hätten eingestuft werden müssen, und zum anderen ein Verstoß gegen Art. 1 Buchst. b Ziff. v und Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999.

1.      Angefochtener Beschluss

Der 215. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses lautet:

„Die Kommission ist auch der Auffassung, dass die Verjährungsfrist entgegen der Behauptung der französischen Behörden im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist. Zugegebenermaßen hat EDF von 1987 bis 1996 Betriebsrücklagen im Rahmen der Steuerfreigrenze gebildet. Es sollte jedoch darauf hingewiesen werden, dass einerseits dem [Conseil National de la Comptabilité] zufolge die Korrekturen von Fehlern, die sich aufgrund ihrer Art selbst auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden müssen, in dem sie festgestellt werden, und dass andererseits das Gesetz, dem zufolge die Ansprüche des [Konzessionsgebers] unter Kapitalerhöhungen neu eingestuft werden, ohne der Körperschaftsteuer zu unterliegen, vom 10. November 1997 stammt. Der Steuervorteil geht also auf das Jahr 1997 zurück, und die Verjährung ist nicht auf eine neue Beihilfe anwendbar, die zu diesem Zeitpunkt ausgezahlt wurde, da die erste Handlung der Kommission in Bezug auf diese Maßnahme am 10. Juli 2001 erfolgte. Zudem setzt gemäß Artikel 15 der Verordnung … Nr. 659/1999 das Streitverfahren die Verjährungsfrist aus.“

2.      Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999

a)      Vorbringen der Parteien

362    EDF ist der Auffassung, die streitige Maßnahme müsse, ihre Einstufung als Beihilfe unterstellt, jedenfalls als bestehende Maßnahme eingestuft werden.

363    EDF macht geltend, dass gemäß Art. 1 Buchst. b Ziff. v. der Verordnung Nr. 659/1999 Beihilfen, die in einem anfänglich für den Wettbewerb geschlossenen Wirtschaftszweig gewährt worden seien, bestehende Beihilfen darstellten und diese Einstufung erst mit dem für die Liberalisierung des Wirtschaftszweigs festgelegten Termin entfalle.

364    EDF ist der Ansicht, das Ergebnis, zu dem das Gericht in Rn. 143 seines Urteils vom 15. Juni 2000, Alzetta u. a./Kommission (T‑298/97, T‑312/97, T‑313/97, T‑315/97, T‑600/97 bis T‑607/97, T‑1/98, T‑3/98 bis T‑6/98 und T‑23/98, EU:T:2000:151), gelangt sei, könne auf den vorliegenden Fall übertragen werden. Der Stromsektor sei nämlich mit der Richtlinie 96/92/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Dezember 1996 betreffend gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. 1997, L 27, S. 20) liberalisiert worden, die am 19. Februar 1997 in Kraft getreten sei und eine Umsetzungsfrist vorgesehen habe, die am 19. Februar 1999 abgelaufen sei. Die Französische Republik habe diese Richtlinie jedoch erst am 10. Februar 2000 umgesetzt.

365    EDF ist der Auffassung, jede Maßnahme, die vor diesem Zeitpunkt erlassen oder durchgeführt worden sei – die Einstufung als staatliche Beihilfe unterstellt – sei daher zwangsläufig als bestehende Beihilfe einzustufen und könne daher nicht Gegenstand einer Rückforderungsanordnung sein. Dies sei bei dem Gesetz Nr. 97‑1026, das 15 Monate vor Ablauf der in der Richtlinie vorgesehenen Umsetzungsfrist erlassen worden sei, mangels früherer nationaler Umsetzungsmaßnahmen der Fall.

366    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

367    Im vierten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 659/1999 heißt es: „Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit sollte festgelegt werden, unter welchen Umständen staatliche Beihilfen als bestehende Beihilfen zu betrachten sind. Die Vollendung und Vertiefung des Binnenmarkts ist ein schrittweiser Prozess, der sich in der ständigen Entwicklung der Politik im Bereich der staatlichen Beihilfen widerspiegelt. In der Folge dieser Entwicklungen können bestimmte Maßnahmen, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung keine staatlichen Beihilfen darstellten, zu Beihilfen geworden sein.“

368    Bestehende Beihilfen sind gemäß Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 Beihilfen, die als bestehende Beihilfen gelten, weil nachgewiesen werden kann, dass sie zu dem Zeitpunkt, zu dem sie eingeführt wurden, keine Beihilfen waren und später aufgrund der Entwicklung des Gemeinsamen Marktes zu Beihilfen wurden, ohne dass sie eine Änderung durch den betreffenden Mitgliedstaat erfahren haben. Werden bestimmte Maßnahmen im Anschluss an die Liberalisierung einer Tätigkeit durch gemeinschaftliche Rechtsvorschriften zu Beihilfen, so gelten derartige Maßnahmen nach dem für die Liberalisierung festgelegten Termin nicht als bestehende Beihilfen.

369    Gemäß Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999 ist der Zeitpunkt der Liberalisierung einer Tätigkeit durch das Gemeinschaftsrecht daher allein zu dem Zweck zu berücksichtigen, um auszuschließen, dass nach diesem Zeitpunkt eine Maßnahme, die vor der Liberalisierung durch das Gemeinschaftsrecht keine Beihilfe darstellte, danach als bestehende Beihilfe eingestuft wird. Dagegen reicht das Vorliegen eines Termins für die Liberalisierung, der sich aus einer Richtlinie wie der hier in Rede stehenden ergibt, nicht aus, um auszuschließen, dass eine Maßnahme als neue Beihilfe eingestuft werden kann, wenn aufgrund des Kriteriums der Entwicklung des Marktes nachgewiesen werden kann, dass die Maßnahme auf einem Markt getroffen wurde, der vor dem Zeitpunkt der Liberalisierung der betreffenden Tätigkeit durch das Gemeinschaftsrecht bereits ganz oder teilweise für den Wettbewerb geöffnet war (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. April 2001, Regione Autonoma Friuli-Venezia Giulia/Kommission, T‑288/97, EU:T:2001:115, Rn. 95).

370    Die Kommission hat in den Erwägungsgründen 196 bis 204 des angefochtenen Beschlusses ausgeführt, dass die Beihilfe in einem Wirtschaftszweig gewährt worden sei, der schrittweise für den Wettbewerb geöffnet worden sei und in dem EDF bereits vor dem Jahr 1997 Strom in andere Mitgliedstaaten ausgeführt habe, über Tochtergesellschaften auf für den Wettbewerb geöffneten Dienstleistungsmärkten tätig gewesen sei, in anderen Mitgliedstaaten mit anderen Marktteilnehmern auf dem Strommarkt in der Europäischen Union tatsächlich oder potenziell im Wettbewerb gestanden habe, und dass EDF in Frankreich mit Lieferanten anderer Energieformen, wie z. B. Gas, konkurriert habe. Dies ist von EDF, die hierzu im Rahmen der Klage, die zum Urteil in der Rechtssache T‑156/04 geführt hat, einen Klagegrund geltend gemacht hat, den das Gericht in den Rn. 134 bis 155 dieses Urteils zurückgewiesen hat, nicht bestritten worden.

371    Unter diesen Umständen kann die streitige Maßnahme nicht als eine bestehende Maßnahme angesehen werden, die zum Zeitpunkt ihrer Einführung keine Beihilfe gewesen und später aufgrund der Entwicklung des Marktes nach Ablauf der Umsetzungsfrist für die Richtlinie 92/96 zu einer Beihilfe geworden wäre.

372    Daher ist der erste Teil des ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.

3.      Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999

a)      Vorbringen der Parteien

373    EDF weist zunächst darauf hin, dass die Komplexität und die Unsicherheiten in Bezug auf den vermögensrechtlichen Status des AVN durch Art. 4 Abs. 1 Gesetzes Nr. 97‑1026 geklärt worden seien, wonach das AVN Eigentum von EDF sei, seit dieser die Konzession für das Netz übertragen worden sei.

374    Hieraus sei der Schluss zu ziehen, dass ihr, wie die Kommission in dem Einleitungsbeschluss (Rn. 45, 49 und 52) feststelle, mit der Bildung von Rücklagen für die Erneuerung von 1987 bis 1996 tatsächlich für jedes der Jahre 1987 bis 1996 ein ungerechtfertigter Steuervorteil gewährt worden sei, der durch die im Jahr 1997 vorgenommenen buchhalterischen Anpassungen und Neueinstufungen nur teilweise ausgeglichen worden sei.

375    Da die Kommission ihre erste Untersuchungsmaßnahme am 10. Juli 2001 vorgenommen habe, könnten daher angesichts der in Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 festgelegten Verjährungsfrist die vor dem 10. Juli 1991 gebildeten Rücklagen bei der Berechnung der Maßnahme, von der EDF profitiert habe, nicht berücksichtigt werden.

376    Der Betrag der nach dem 10. Juli 1991 entstandenen Ansprüche des Konzessionsgebers, die als neue Beihilfe eingestuft werden könnten, belaufe sich in diesem Fall nur auf 7,976 Mrd. FRF von insgesamt 14,119 Mrd. FRF.

377    EDF macht außerdem geltend, die Kommission habe ihre Beurteilung der streitigen Maßnahme zwischen dem Einleitungsbeschluss und dem angefochtenen Beschluss geändert, um die Verjährung zu umgehen. Aus dem Einleitungsbeschluss folge, dass die Beihilfe seit dem Jahr 1987 jedes Jahr gewährt worden sei. In dem angefochtenen Beschluss beziehe sich die Kommission auf den Begriff der Konsolidierung der Beihilfe und nehme an, dass die Nichtbesteuerung der früher gebildeten Rücklagen zum Zeitpunkt dieser Nichtbesteuerung, d. h. im Jahr 1997, eine Beihilfe dargestellt habe.

378    EDF trägt vor, im Einleitungsbeschluss, der die Grundlage für den angefochtenen Beschluss bilde (52. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses), werde nämlich von einem selektiven Vorteil ausgegangen, der ihr im Zeitraum 1987 bis 1996 gewährt worden sei, dessen Betrag „der Differenz zwischen dem kapitalisierten Wert der während dieses Zeitraums nicht entrichteten Körperschaftsteuer auf die Rücklagen und dem Betrag der von [ihr] 1997 infolge des Inkrafttretens von Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 entrichteten Körperschaftsteuer“ entspreche.

379    Die in dem angefochtenen Beschluss letztendlich angewandte Berechnungsmethode beruhe jedoch nicht auf der Differenz zwischen dem kapitalisierten Wert der während dieses Zeitraums nicht entrichteten Körperschaftsteuer auf die Rücklagen und dem Betrag der von EDF im Jahr 1997 entrichteten Körperschaftsteuer. Im 220. Erwägungsgrund des angefochtenen Beschlusses beziehe sich die Kommission nämlich auf den Betrag „in Form einer Befreiung von der Körperschaftsteuer in Höhe von 5 882 849 762 FRF für die Neueinstufung eines Teils der Rücklagen in Höhe von 14 119 065 335 FRF als Kapital“.

380    Außerdem verkenne die Kommission damit den Begriff der bestehenden Beihilfe, indem sie eine Maßnahme, die zuvor bewilligte Vorteile nur teilweise ausgeglichen habe, als neue Beihilfe einstufe (Rn. 49 des Einleitungsbeschlusses).

381    EDF macht schließlich im Wesentlichen geltend, die Kommission könne ihrem Vorbringen zum Vorliegen einer neuen Beihilfe nicht eine nationale Rechnungslegungsvorschrift entgegenhalten.

382    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

b)      Würdigung durch das Gericht

383    EDF trägt im Wesentlichen vor, ein Großteil der Beihilfe sei verjährt, da die Kommission in dem Einleitungsbeschluss (Rn. 45, 49 und 52) davon ausgegangen sei, dass EDF mit der Bildung von Rücklagen für die Erneuerung in den Jahren 1987 bis 1996 in Wirklichkeit ein ungerechtfertigter Steuervorteil für jedes der Jahre 1987 bis 1996 gewährt worden sei, der mit den im Jahr 1997 vorgenommenen buchhalterischen Anpassungen und Neueinstufungen nur teilweise ausgeglichen worden sei, wohingegen die Kommission in dem angefochtenen Beschluss ihre Beurteilung bewusst geändert habe, um davon ausgehen zu können, dass der Vorteil durch das Gesetz Nr. 97‑1026 konsolidiert worden sei.

384    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die französischen Behörden im Rahmen der Neuorganisation der Bilanz von EDF der Stellungnahme des Conseil national de la comptabilité gefolgt sind, in der festgestellt wird, dass die Korrekturen von Buchungsfehlern, die sich ihrer Art nach auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, „im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden, in dem sie festgestellt werden“. Dies wird von der Französischen Republik nicht bestritten.

385    Es ist auch anzumerken, dass aus dem Schreiben vom 22. Dezember 1997 (vgl. oben, Rn. 23) hervorgeht, dass die „Rücklagen für die Erneuerung, die ungerechtfertigt geworden sind (38 520 943 408 FRF) [d. h. die nicht verwendeten Rücklagen], gemäß der [Stellungnahme des Conseil national de la comptabilité] in den Vortrag auf neue Rechnung [neu eingestuft werden]“.

386    Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die Französische Republik in dem Vermerk vom 9. April 2002 (Anlage D.2 der Gegenerwiderung) angegeben hat, dass „[d]ie Ansprüche des Konzessionsgebers [die den für die Erneuerung verwendeten Rücklagen entsprachen] in Bezug auf das AVN eine nicht bestehende Schuld [von EDF gegenüber dem Staat, wie sie in der Bilanz ausgewiesen war] dar[stellten], die bei der Einbeziehung in das Kapital auf ungerechtfertigte Weise von der Steuer befreit [wurde]“. Sie hat in diesem Vermerk näher ausgeführt, dass EDF, „[d]a sich das AVN aus eigenen Sachwerten zusammensetzte, … nicht verpflichtet [war], dem Staat diese Vermögenswerte zurückzugeben, so dass die entsprechenden Beträge, die unter dem Posten ‚Ansprüche des Konzessionsgebers‘ verbucht waren, keine wirkliche Verbindlichkeit, sondern eine steuerpflichtige Rücklage darstellten“ und dass „[u]nter diesen Umständen … diese Rücklage vor ihrer Einbeziehung in das Kapital von der Passivseite der Unternehmensbilanz, wo sie zu Unrecht aufgeführt war, auf ein Reinvermögenskonto [hätte] übertragen werden müssen, was somit eine positive Veränderung des zu versteuernden Nettovermögens … zur Folge gehabt hätte. … Der so erzielte Steuervorteil wird mit 5,88 Mrd. FRF (14,119 × 41,67 %) angesetzt“. In einer Fußnote wird zu diesen Zahlen Folgendes erläutert: „Normaler Körperschaftsteuersatz (31,1/3 %) zuzüglich der für die zwischen dem 1. Januar 1997 und 1. Januar 1999 endenden Geschäftsjahre geltenden weiteren Abgaben“.

387    Folglich bestehen keine Zweifel daran, dass die am 1. Januar 1997 erfolgte Neueinstufung der Ansprüche des Konzessionsgebers als Kapitalerhöhung der die Besteuerung auslösende Tatbestand war.

388    Unter diesen Umständen war die Verjährung noch nicht eingetreten, da die Kommission ihre erste Untersuchungsmaßnahme am 10. Juli 2001 vorgenommen hat.

389    Zweitens ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 die Kommission ein förmliches, die Unterrichtung der Beteiligten vorsehendes Prüfverfahren eröffnen muss, sobald sie nach Abschluss einer vorläufigen Prüfung ernsthafte Zweifel an der Vereinbarkeit der fraglichen finanziellen Maßnahme mit dem Gemeinsamen Markt hat. Folglich kann die Kommission nicht verpflichtet sein, in ihrer Mitteilung über die Einleitung des förmlichen Verfahrens eine abschließende Untersuchung der fraglichen Beihilfe zu präsentieren. Erforderlich ist allerdings, dass die Kommission den Rahmen ihrer Prüfung so genau festlegt, dass das Recht der Beteiligten zur Stellungnahme nicht seinen Sinn verliert (vgl. Urteil in der Rechtssache T‑156/04, Rn. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung).

390    Im Übrigen kann, wenn die Kommission beschließt, das förmliche Prüfverfahren einzuleiten, der Einleitungsbeschluss nach Art. 6 der Verordnung Nr. 659/1999 auf eine Zusammenfassung der wesentlichen Sach- und Rechtsfragen, eine vorläufige Würdigung des Beihilfecharakters der fraglichen staatlichen Maßnahme und Ausführungen über die Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt beschränkt werden (vgl. Urteil in der Rechtssache T‑156/04, Rn. 109 und die dort angeführte Rechtsprechung).

391    Somit muss der Einleitungsbeschluss die Beteiligten in die Lage versetzen, sich in wirksamer Weise am förmlichen Prüfverfahren zu beteiligen, in dem sie ihre Argumente geltend machen können. Hierfür genügt es, dass die Beteiligten erfahren, welche Überlegungen die Kommission zu der vorläufigen Ansicht veranlasst haben, dass die in Rede stehende Maßnahme eine neue, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe darstellen könnte (vgl. Urteil in der Rechtssache T‑156/04, Rn. 110 und die dort angeführte Rechtsprechung).

392    Die im Einleitungsbeschluss enthaltene Beurteilung der Maßnahme ist folglich eine vorläufige Analyse, die daher von der Kommission im Rahmen der abschließenden Entscheidung verfeinert oder berichtigt werden kann.

393    Die im vorliegenden Fall im Einleitungsbeschluss vorgenommene Beurteilung der streitigen Maßnahme war damit nicht endgültig, und die Kommission durfte diese Analyse in dem angefochtenen Beschluss präzisieren oder korrigieren.

394    Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission jedenfalls bereits in Rn. 71 des Einleitungsbeschlusses der Ansicht war, dass „die buchhalterischen Neueinstufungen und Anpassungen, die einen Teil des Vorteils, den EDF mit der regelwidrigen Schaffung von Rücklagen für die Erneuerung des allgemeinen Hochspannungsversorgungsnetzes erhalten hatte, konsolidiert haben, im Jahr 1997 verbucht wurden, nach der Verabschiedung von Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 vom 10. November 1997 durch das französische Parlament“, dass „das Beihilfeelement, das in dem kapitalisierten Wert des Vorteils besteht, der mit diesen Neueinstufungen und Berichtigungen nicht ausgeglichen wurde, daher mit Zustimmung der französischen Behörden während der in Art. 15 Abs. 3 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen Verjährungsfrist von zehn Jahren und unter Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 des Vertrags konsolidiert wurde“ und dass „dieses Beihilfeelement daher eine neue Beihilfe darstellte“.

395    Drittens schließlich deckt sich das Vorbringen zur Einstufung als neue Beihilfe, das zur Stützung des vorliegenden Teils des Klagegrundes vorgebracht wurde, im Übrigen mit dem Vorbringen von EDF zur Stützung des ersten Teils des vorliegenden Klagegrundes und ist daher im Hinblick auf die oben in den Rn. 367 bis 372 dargelegten Gründe ebenfalls zurückzuweisen.

396    Der zweite Teil des ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.

F.      Zum zweiten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund

1.      Vorbringen der Parteien

397    EDF macht zum einen im Rahmen eines ersten Teils geltend, die Kommission sei von einem Betrag von 56 886 Mio. FRF ausgegangen, indem sie die Summe der nicht verwendeten Rücklagen für die Erneuerung in der Bilanz zum 31. Dezember 1996 (38 520 Mio. FRF) und die unter Eigenkapital neu eingestuften Beträge (18 345 Mio. FRF) addiert habe. EDF zufolge beläuft sich der Gesamtbetrag der im Zeitraum 1987 bis 1996 gebildeten Rücklagen für die Erneuerung jedoch auf 47 943 Mio. FRF, die wie folgt zugewiesen worden seien: 9 423 Mio. FRF für die Ansprüche des Konzessionsgebers im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Erneuerung der Anlagen des AVN, die sie in den Jahren 1987 bis 1996 durchgeführt habe; der Saldo, d. h. 38 520 Mio. FRF, auf ein Rücklagenkonto außerhalb der Ergebnisrechnung bei der Umstrukturierung der Bilanz.

398    Die Differenz zwischen dem Gesamtbetrag der unter Eigenkapital neu eingestuften Beträge (18 345 Mio. FRF) und der Verwendung der den Ansprüchen des Konzessionsgebers zugewiesenen Rücklagen für die Erneuerung (9 423 Mio. FRF) sei auf Wertberichtigungen (4 226 Mio. FRF) und die Finanzierung bestimmter Anlagen des AVN durch den Konzessionsgeber (4 696 Mio. FRF) in dem Zeitraum von 1987 bis 1996 zurückzuführen.

399    Zum anderen macht EDF zur Stützung eines zweiten Teils geltend, für die Berechnung der Rückerstattung sei der Körperschaftsteuersatz von 1996 anzuwenden gewesen und nicht der Steuersatz von 1997. Mit Art. 1 des Gesetzes Nr. 97‑1026 sei für die zwischen dem 1. Januar 1997 und dem 31. Dezember 1998 endenden Geschäftsjahre ein neuer Zusatzbeitrag zur Körperschaftsteuer in Höhe von 15 % dieser Steuer eingeführt worden, der vorher nicht bestanden habe. Nur ein Zusatzbeitrag von 10 % auf die Körperschaftsteuer sei in Kraft gewesen.

400    EDF behauptet, die bei der Umstrukturierung ihrer Bilanz vorgenommenen Berichtigungen seien zu dem für das Jahr 1997 geltenden Körperschaftsteuersatz besteuert worden, d. h. mit 33,33 %, zuzüglich der beiden Zusatzbeiträge von 10 % bzw. 15 % (Art. 235 ter ZA und ter ZB des Code général des impôts [allgemeines Steuergesetzbuch]), d. h. mit einem Gesamtsteuersatz von 41,67 %.

401    Für das Geschäftsjahr 1996 hätte die Berichtigung jedoch zu einem Gesamtsteuersatz von 36,67 % erfolgen müssen. Art. 4 des Gesetzes Nr. 97‑1026 bestimme nämlich ausdrücklich, dass die Anlagen des allgemeinen Stromversorgungsnetzes das Eigentum von EDF bildeten, seit dieser die Konzession für das Netz übertragen worden sei.

402    EDF sei daher so zu behandeln, als ob sie stets das Eigentum am AVN gehabt habe, d. h. als ob sie nie Rücklagen für die Erneuerung dieser Sachwerte gebildet habe. Unter diesen Umständen hätte sie, wenn sie diese Rücklagen nicht gebildet hätte, die Steuer für das Geschäftsjahr 1996 geschuldet, da ihr zu versteuernder Gewinn nach Verrechnung der früheren Verlustvorträge zum 31. Dezember 1996 und aufgrund der sonstigen mit ihrer Buchhaltungsreform zusammenhängenden Korrekturen positiv gewesen wäre. Daher sei für das Geschäftsjahr der Berichtigung und erst recht für eine Gesamtbeurteilung eines möglichen Steuerausfalls der für das Geschäftsjahr 1996 geltende Steuersatz anzuwenden.

403    Schließlich sei festzustellen, dass die Bilanz zum 31. Dezember 1996 als Grundlage für die Umstrukturierung gedient habe, dass die im Jahr 1997 im Zusammenhang mit dieser Umstrukturierung der Bilanz gezahlte Steuer ohne Berücksichtigung des Ergebnisses des Geschäftsjahrs 1997 berechnet worden sei und dass die zum 31. Dezember 1996 verfügbaren Steuergutschriften auf diese Steuer angerechnet worden seien.

404    EDF ist daher der Ansicht, der Betrag der Ansprüche des Konzessionsgebers, der als neue Beihilfe angesehen werden könnte, wenn man dieser Auffassung folgte, belaufe sich auf 7 655 Mio. FRF, auf die der für das Jahr 1996 geltende Körperschaftsteuersatz anzuwenden sei, d. h. 36,67 %. Von diesem Betrag sei die Überbesteuerung des Betrags von 38 520 Mio. FRF abzuziehen, die aus der Anwendung eines Steuersatzes von 41,67 % anstatt von 36,67 % folge, d. h. 1 926 Mio. FRF. Unter diesen Umständen belaufe sich der Betrag der Beihilfe auf [7 976 × 36,67 %] – [38 520 × (41,67 – 36,67)] = 998,80 Mio. FRF, d. h. 151 Mio. Euro.

405    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

2.      Würdigung durch das Gericht

406    Im Rahmen des ersten Teils des zweiten hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes trägt EDF vor, bei der Feststellung des Betrags der Rücklagen für die Erneuerung seien Rechenfehler gemacht worden.

407    Im Rahmen eines zweiten Teils führt sie im Wesentlichen aus, für die Berechnung des Steuervorteils, der ihr gewährt worden sei, sei zu Unrecht der im Jahr 1997 geltende Steuersatz angewandt worden. Vielmehr sei der im Jahr 1996 anwendbare Steuersatz anzuwenden gewesen, der für sie günstiger gewesen sei.

408    Erstens ist darauf hinzuweisen, dass in dem Schreiben vom 22. Dezember 1997 (vgl. oben, Rn. 23) in Bezug auf die Ansprüche des Konzessionsgebers näher ausgeführt wird: „Konsolidierung in Kapitalerhöhungen des Gegenwertes der konzessionierten Sachwerte des AVN in Höhe von 14 119 065 335 FRF“.

409    Zweitens hat die Französische Republik in dem Vermerk vom 9. April 2002 (Anlage D.2 der Gegenerwiderung) Folgendes angegeben:

„[Es] ist zwischen der Neuklassifizierung der Rückstellungen, die für die Erneuerung verwendet wurden und gemäß den Angaben von EDF unter dem Posten ‚Ansprüche des Konzessionsgebers‘ in Höhe von 14,119 [Mrd. FRF] und nicht in Höhe von 18,345 [Mrd. FRF] verbucht waren, und der Neuklassifizierung der noch nicht verwendeten Rückstellungen in Höhe von 38,5 [Mrd. FRF] zu unterscheiden.

Die Ansprüche des Konzessionsgebers [die den verwendeten Rückstellungen für die Erneuerung entsprechen] betreffend das AVN stellen eine nicht bestehende Schuld [von EDF gegenüber dem Staat, wie sie in der Bilanz ausgewiesen war] dar, die bei der Einbeziehung in das Kapital auf ungerechtfertigte Weise von der Steuer befreit wurde.

… Da sich das AVN aus eigenen Sachwerten zusammensetzte, war EDF nicht verpflichtet, dem Staat diese Vermögenswerte zurückzugeben, so dass die entsprechenden Beträge, die unter dem Posten ‚Ansprüche des Konzessionsgebers‘ verbucht waren, keine wirkliche Verbindlichkeit, sondern eine steuerpflichtige Rücklage darstellten. Unter diesen Umständen hätte diese Rücklage vor ihrer Einbeziehung in das Kapital von der Passivseite der Unternehmensbilanz, wo sie zu Unrecht aufgeführt war, auf ein Reinvermögenskonto übertragen werden müssen, was somit eine positive Veränderung des zu versteuernden Nettovermögens … zur Folge gehabt hätte. … Der so erzielte Steuervorteil wird mit 5,88 Mrd. FRF (14,119 × 41,67 %) angesetzt“.

410    In einer Fußnote des Vermerks vom 9. April 2002 wird zu diesen Zahlen Folgendes erläutert: „Normaler Körperschaftsteuersatz (31,1/3 %) zuzüglich der für die zwischen dem 1. Januar 1997 und 1. Januar 1999 endenden Geschäftsjahre geltenden weiteren Abgaben“.

411    Drittens ist darauf hinzuweisen, dass die französischen Behörden im Rahmen der Neuorganisation der Bilanz von EDF der Stellungnahme des Conseil national de la comptabilité gefolgt sind, in der festgestellt wird, dass die Korrekturen von Buchungsfehlern, die sich ihrer Art nach auf die Verbuchung vergangener Transaktionen beziehen, „im Ergebnis des Geschäftsjahres verbucht werden, in dem sie festgestellt werden“ (vgl. Anlage I‑8 des Streithilfeschriftsatzes).

412    Im Schreiben vom 22. Dezember 1997 (vgl. oben, Rn. 23) wird hierzu näher ausgeführt, dass die „Rücklagen für die Erneuerung, die ungerechtfertigt geworden sind (38 520 943 408 FRF), in den Vortrag auf neue Rechnung, gemäß der [Stellungnahme des Conseil national de la comptabilité], [neu eingestuft werden]“. Aus der Anlage 3 dieses Schreibens ergibt sich außerdem, dass diese Neueinstufung der nicht verwendeten Rücklagen zu einer Veränderung des Nettovermögens geführt hat, die der Körperschaftsteuer zu einem Satz von 41,66 % unterlag, dem – wie zwischen den Parteien unstreitig ist – im Jahr 1997 anwendbaren Steuersatz.

413    Der Kommission kann folglich nicht vorgeworfen werden, dass sie sich für die Beurteilung des Betrags der in Rede stehenden Beihilfe auf die ihr von der Französischen Republik im Verwaltungsverfahren mitgeteilten Informationen insbesondere zur Höhe der Rücklagen für die Erneuerung und des anwendbaren Steuersatzes gestützt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2009, Frankreich und France Télécom/Kommission, T‑427/04 und T‑17/05, EU:T:2009:474, Rn. 302 und 303, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch das Urteil vom 8. Dezember 2011, France Télécom/Kommission, C‑81/10 P, EU:C:2011:811, Rn. 102 bis 104).

414    Infolgedessen sind die beiden Teile des zweiten hilfsweise geltend gemachten Klagegrundes und damit dieser Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

415    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Wenn mehrere Parteien unterliegen, entscheidet im Übrigen nach Art. 134 Abs. 2 der Verfahrensordnung das Gericht über die Verteilung der Kosten. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen zudem die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

416    Da im vorliegenden Fall EDF und die Französische Republik unterlegen sind, sind ihnen neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Kommission gemäß deren Antrag aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Électricité de France (EDF) wird verurteilt, neben ihren eigenen Kosten die Kosten der Europäischen Kommission mit Ausnahme der dieser durch die Streithilfe der Französischen Republik entstandenen Kosten zu tragen.

3.      Die Französische Republik wird verurteilt, neben ihren eigenen Kosten die der Kommission durch ihre Streithilfe entstandenen Kosten zu tragen.

Frimodt Nielsen

Kreuschitz

Półtorak

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. Januar 2018.

 

Unterschriften      

 


Inhaltsverzeichnis


I. Vorgeschichte des Rechtsstreits

A. Einleitung

B. Zum Beihilfeempfänger

C. Zur Bildung von Betriebsrücklagen für die Erneuerung des AVN

D. Zur Neueinstufung der Betriebsrücklagen

E. Zur steuerlichen Belastung der Neueinstufung der Betriebsrücklagen

F. Zum Einleitungsbeschluss

G. Zur ursprünglichen Entscheidung der Kommission

H. Zum Urteil in der Rechtssache T156/04

I. Zum Urteil in der Rechtssache C124/10 P

J. Zum Beschluss über die Ausweitung des Verfahrens

K. Zum angefochtenen Beschluss

II. Verfahren und Anträge der Parteien

III. Rechtliche Würdigung

A. Zum ersten Hauptklagegrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch das Gericht

B. Zum zweiten Hauptklagegrund

1. Angefochtener Beschluss

2. Vorüberlegungen

3. Zum ersten Teil

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

4. Zum zweiten Teil

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

5. Zum dritten Teil

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

1) Zum behaupteten Rechtsfehler

2) Zu den behaupteten Fehlern bei der Tatsachenfeststellung

6. Zum vierten Teil

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

7. Zum fünften Teil

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

8. Ergebnis zum zweiten Hauptklagegrund

C. Zum dritten Hauptklagegrund

D. Zum vierten Hauptklagegrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch das Gericht

E. Zum ersten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund

1. Angefochtener Beschluss

2. Zum ersten Teil: Verstoß gegen Art. 1 Buchst. b Ziff. v der Verordnung Nr. 659/1999

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

3. Zum zweiten Teil: Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999

a) Vorbringen der Parteien

b) Würdigung durch das Gericht

F. Zum zweiten hilfsweise geltend gemachten Klagegrund

1. Vorbringen der Parteien

2. Würdigung durch das Gericht

Kosten


*      Verfahrenssprache: Französisch.