Language of document : ECLI:EU:C:2013:197

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 21. März 2013(1)

Rechtssache C‑86/12

Adzo Domenyo Alokpa,

Jarel Moudoulou,

Eja Moudoulou

gegen

Ministre du Travail, de l’Emploi et de l’Immigration

(Vorabentscheidungsersuchen der Cour administrative [Luxemburg])

„Unionsbürgerschaft – Art. 20 AEUV und 21 AEUV – Richtlinie 2004/38/EG – Aufenthaltsrecht – Minderjährige Kinder, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen und denen von einem Verwandten in aufsteigender Linie, der Angehöriger eines Drittstaats ist, Unterhalt gewährt wird – Weigerung eines Mitgliedstaats, den Aufenthalt zu gewähren sowie einen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis zu erteilen – Folgen für den tatsächlichen Genuss der mit dem Unionsbürgerstatus verbundenen Rechte“






I –    Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen der Cour administrative (Verwaltungsgerichtshof) (Luxemburg) betrifft die Auslegung von Art. 20 AEUV, gegebenenfalls im Licht der Grundrechte; hauptsächlich geht es allerdings um die Erfüllung der Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38/EG(2).

2.        Die dem Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Frau Alokpa, einer togolesischen Staatsangehörigen, und ihren beiden in Luxemburg geborenen Kindern, die die französische Staatsangehörigkeit besitzen, einerseits und dem luxemburgischen Ministre du Travail, de l’Emploi et de l’Immigration (Minister für Arbeit, Beschäftigung und Zuwanderung) andererseits über dessen Entscheidung, Frau Alokpa ein Aufenthaltsrecht in Luxemburg zu verweigern und sie aufzufordern, das luxemburgische Hoheitsgebiet zu verlassen.

3.        Im Einzelnen stellte Frau Alokpa, nachdem die luxemburgischen Behörden und Gerichte ihren Antrag auf internationalen Schutz abgelehnt hatten, einen Antrag auf Duldung, der zunächst ebenfalls abgelehnt wurde. Da jedoch ihre Zwillinge am 17. August 2008 in Luxemburg (Luxemburg) als Frühgeburten zur Welt kamen, wurde ihr eine Duldung bis zum 31. Dezember 2008 erteilt. Einige Tage nach ihrer Geburt erkannte Herr Moudoulou, ein französischer Staatsangehöriger, die Vaterschaft für die Zwillinge an, und diese erhielten am 15. Mai bzw. am 4. Juni 2009 französische Pässe und Personalausweise.

4.        Um ihren Status zu legalisieren, stellte die Klägerin des Ausgangsverfahrens am 6. Mai 2010 bei den luxemburgischen Behörden einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis als Familienangehörige von Bürgern der Europäischen Union. Nachdem die Behörden von ihr zusätzliche Informationen zu den Gründen erhalten hatten, aus denen sie sich gehindert sah, mit ihren Kindern einen Wohnsitz im französischen Hoheitsgebiet zu nehmen, wo der Vater der Kinder wohnte, lehnten sie den Antrag mit Entscheidung vom 14. Oktober 2010 unter Hinweis darauf ab, dass weder Frau Alokpa noch ihre Kinder die im luxemburgischen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/38 vorgesehenen Voraussetzungen erfüllten. Im Übrigen könne die medizinische Versorgung der Kinder ohne Weiteres in Frankreich erfolgen.

5.        Nachdem das Tribunal administratif (Verwaltungsgericht) die von Frau Alokpa im eigenen Namen und im Namen ihrer Kinder erhobene Klage auf Nichtigerklärung der oben genannten Entscheidungen mit Urteil vom 21. September 2011 für unbegründet erklärt hatte, legten die Kläger des Ausgangsverfahrens bei der Cour administrative ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil ein.

6.        Das vorlegende Gericht stellt erstens fest, dass Frau Alokpa und ihre Kinder ein gemeinsames Familienleben in einer luxemburgischen Aufnahmeeinrichtung führten und dass daher der Staat für sie aufkomme, während zum Vater kein Kontakt bestehe. Es gibt jedoch an, Frau Alokpa habe ein Angebot für eine unbefristete Beschäftigung in Luxemburg erhalten, das sie nur deshalb nicht habe annehmen können, weil sie keine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis habe.

7.        Zweitens führt das vorlegende Gericht aus, dass die Situation der beiden Kinder Gemeinsamkeiten mit der Rechtssache aufweise, in der das Urteil Ruiz Zambrano(3) ergangen sei, wobei die Kinder von Frau Alokpa jedoch nicht im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats wohnten, dessen Staatsangehörigkeit sie besäßen.

8.        Die Cour administrative hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:

Ist Art. 20 AEUV, gegebenenfalls zusammen mit einem oder mehreren der Art. 20, 21, 24, 33 und 34 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), getrennt oder in Verbindung miteinander, dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verwehrt, einem Drittstaatsangehörigen, der allein für den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder, die Unionsbürger sind, sorgt, zum einen den Aufenthalt im Wohnsitzmitgliedstaat der Kinder, in dem sie mit dem betreffenden Staatsangehörigen seit ihrer Geburt leben, ohne Angehörige dieses Mitgliedstaats zu sein, zu verweigern und zum anderen einen Aufenthaltstitel und unter Umständen in der Folge eine Arbeitserlaubnis?

Sind derartige Entscheidungen als geeignet anzusehen, den Kindern im Land ihres Wohnsitzes, in dem sie seit ihrer Geburt gelebt haben, den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, zu verwehren, wenn ihr anderer Verwandter in gerader aufsteigender Linie, mit dem sie nie ein gemeinsames Familienleben geführt haben, in einem anderen Staat der Union lebt, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt?

9.        Frau Alokpa, die luxemburgische, die belgische, die tschechische, die deutsche, die griechische, die litauische, die niederländische und die polnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen abgegeben und sich in der Sitzung vom 17. Januar 2013 mündlich geäußert, mit Ausnahme der belgischen, der tschechischen, der griechischen, der litauischen und der polnischen Regierung, die in dieser Sitzung nicht vertreten waren.

II – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkungen

10.      Das vorlegende Gericht möchte zum einen wissen, ob ein Drittstaatsangehöriger, der allein für den Unterhalt seiner minderjährigen Kinder sorgt, die Unionsbürger sind, in einem anderen Mitgliedstaat als dem, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, geboren wurden und nie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben, aus diesem Recht ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht im Sinne von Art. 20 AEUV herleiten kann, und zum anderen, ob den Kindern durch eine Entscheidung, den Aufenthalt zu verweigern und den Drittstaatsangehörigen aufzufordern, das luxemburgische Hoheitsgebiet zu verlassen, der tatsächliche Genuss des Kernbestands der Rechte, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht, verwehrt werden könnte.

11.      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort auf den ersten Teil seiner Frage zu geben, sind meines Erachtens zunächst seine Ausführungen, denen sich die belgische und die deutsche Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen angeschlossen haben, zurückzuweisen, wonach es sich im vorliegenden Fall ebenso wie in der Rechtssache, in der das Urteil Ruiz Zambrano ergangen sei, um einen „rein internen“ Sachverhalt handele.

12.      Aus dem Urteil Ruiz Zambrano sowie aus den Urteilen McCarthy und Dereci u. a.(4) ergibt sich nämlich, dass der in der Vorlagefrage genannte Art. 20 AEUV bei Fehlen eines gegenwärtigen grenzüberschreitenden Bezugs im Fall von Unionsbürgern zu berücksichtigen ist, deren Wohnsitz sich in dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, befindet und die noch nie von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht haben.

13.      Im Ausgangsfall halten sich die Kinder von Frau Alokpa, die beide Unionsbürger sind, jedoch in einem Mitgliedstaat auf, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen.

14.      Eine derartige Konstellation kann daher mit derjenigen gleichgestellt werden, die dem Urteil Zhu und Chen(5) zugrunde lag, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die Situation eines minderjährigen Kindes, das Unionsbürger war, seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen hatte, dessen Staatsangehörigkeit es besaß, und von seinem Recht auf Freizügigkeit keinen Gebrauch gemacht hatte, gleichwohl vom Geltungsbereich der Vorschriften des Unionsrechts über die Freizügigkeit erfasst wurde(6), insbesondere von denen der Richtlinie 90/364/EWG(7), die durch die Richtlinie 2004/38 ersetzt und aufgehoben wurde.

15.      Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2004/38 sieht im Übrigen vor, dass diese u. a. für jeden Unionsbürger gilt, der sich in einem anderen als dem Mitgliedstaat, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, aufhält, was auf die Kinder von Frau Alokpa zutrifft.

16.      Folglich ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob unter Berücksichtigung der Umstände des Ausgangsverfahrens minderjährige Kinder, die Unionsbürger sind und sich in einem Mitgliedstaat aufhalten, dessen Staatsangehörigkeit sie nicht besitzen, die in der Richtlinie 2004/38, insbesondere in ihrem Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, aufgestellten Voraussetzungen erfüllen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob sich ihre einem Drittstaat angehörende Mutter als Verwandte in gerader aufsteigender Linie auf ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht berufen kann(8).

17.      Daher ist der erste Teil der Vorlagefrage, wie es nach der Rechtsprechung zulässig ist, um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, in der Weise umzuformulieren, dass er die Auslegung der Richtlinie 2004/38 betrifft, die im Übrigen im Vorabentscheidungsersuchen erwähnt wird und auf die sich die Erklärungen der luxemburgischen, der tschechischen, der griechischen, der litauischen, der niederländischen und der polnischen Regierung sowie der Kommission im Wesentlichen beziehen(9).

B –    Zum ersten Teil der Vorlagefrage: Erfüllung der Voraussetzungen der Richtlinie 2004/38

18.      Zur Beantwortung der umformulierten Frage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 jeder Unionsbürger das Recht auf Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats für einen Zeitraum von über drei Monaten hat, wenn er für sich und seine Familienangehörigen über ausreichende Existenzmittel verfügt, so dass sie während ihres Aufenthalts keine Sozialhilfeleistungen des Aufnahmemitgliedstaats in Anspruch nehmen müssen, und er und seine Familienangehörigen über einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen.

19.      Wie der Gerichtshof im Urteil Zhu und Chen bezüglich der Bestimmung der Richtlinie 90/364, die im Wesentlichen mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 identisch ist, entschieden hat, genügt es, dass die Angehörigen der Mitgliedstaaten über die erforderlichen Mittel „verfügen“; irgendwelche Anforderungen in Bezug auf ihre Herkunft enthält diese Bestimmung nicht(10).

20.      Um die in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 genannte Voraussetzung „ausreichender Existenzmittel“ zu erfüllen, ist es daher nicht erforderlich, dass der Unionsbürger selbst über solche Mittel verfügt; er kann auch dann ein Aufenthaltsrecht beanspruchen, wenn die fraglichen Mittel von einem Verwandten in gerader aufsteigender Linie stammen, der für den Unionsbürger sorgt.

21.      Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich jedoch, dass – im Unterschied zum Sachverhalt des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache, in der das Urteil Zhu und Chen ergangen ist(11) – die Kinder von Frau Alokpa über keinerlei Mittel zur Sicherung ihres Lebensunterhalts verfügen, so dass für ihren Lebensunterhalt und den ihrer Mutter in vollem Umfang das Großherzogtum Luxemburg aufkommt, in dessen Hoheitsgebiet die drei Kläger des Ausgangsverfahrens in einer Aufnahmeeinrichtung leben.

22.      Wie mehrere der Verfahrensbeteiligten vor dem Gerichtshof ausgeführt haben, scheinen daher die Kinder von Frau Alokpa nicht die Voraussetzung zu erfüllen, dass sie im Sinne des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 über ausreichende Existenzmittel und einen umfassenden Krankenversicherungsschutz im Aufnahmemitgliedstaat verfügen.

23.      Aus der Vorlageentscheidung ergibt sich jedoch auch, dass Frau Alokpa nie die Absicht hatte, zu einer Belastung für den luxemburgischen Staat zu werden, und dass sie ein Angebot für eine unbefristete Beschäftigung in Luxemburg erhalten hat, das unter der einzigen Bedingung stand, dass ihr eine Aufenthalts- und eine Arbeitserlaubnis in Luxemburg erteilt würden. Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass Frau Alokpa im Verfahren vor dem vorlegenden Gericht eine Kopie dieses Beschäftigungsangebots vorgelegt hat.

24.      In diesem Stadium ist zu prüfen, ob das fragliche Beschäftigungsangebot relevant ist und ob somit im Hinblick auf die Erfüllung der Voraussetzung „ausreichender Existenzmittel“ in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 Mittel berücksichtigt werden können, die nicht gegenwärtig, sondern künftig oder potenziell zur Verfügung stehen.

25.      Diese Frage haben die Verfahrensbeteiligten in der mündlichen Verhandlung vor dem Gerichtshof recht lange erörtert.

26.      Hierbei haben die luxemburgische und die niederländische Regierung eine restriktive Auslegung der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 aufgestellten Voraussetzung vertreten; ihres Erachtens stellt ein bloßes Beschäftigungsangebot nicht mehr als eine hypothetische Möglichkeit dar, die erforderlichen Mittel zu erlangen, was vom Wortlaut dieser Bestimmung nicht erfasst sei. Die Existenzmittel müssten zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Aufenthalt bereits erworben worden sein, denn jede gegenteilige Auslegung würde dazu führen, dass der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie genannten Anforderung Sinn und praktische Wirksamkeit genommen würden.

27.      In grundsätzlicher Hinsicht überzeugt mich dieser Standpunkt nicht.

28.      Ich teile nämlich die Auffassung der deutschen Regierung und der Kommission, dass die Voraussetzung „ausreichender Existenzmittel“ durch die konkrete Aussicht auf künftige Einkünfte aus einem Beschäftigungsangebot, das der Unionsbürger oder ein Angehöriger seiner Familie in einem anderen Mitgliedstaat angenommen hat, erfüllt werden kann. Die gegenteilige Auslegung würde der Freizügigkeit der Unionsbürger die praktische Wirksamkeit nehmen, obwohl das Ziel der Richtlinie 2004/38 gerade darin besteht, das Recht auf Freizügigkeit zu stärken.

29.      Außerdem müssen die Mitgliedstaaten hinsichtlich des Betrags der ausreichenden Existenzmittel nach Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 2004/38 die persönliche Situation des Betroffenen berücksichtigen. Daher darf bei der Beurteilung der konkreten Situation einer Person nicht außer Acht gelassen werden, dass sie ein Angebot für eine Beschäftigung erhalten hat, mit der sie Einkünfte erzielen kann, die ihr die Erfüllung der in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 aufgestellten Voraussetzung ermöglichen. Jede andere Auslegung würde zu einer ungerechten Behandlung der individuellen Situation von Unionsbürgern und ihrer Familienangehörigen führen, die Art. 8 Abs. 4 dieser Richtlinie seines Sinns entleeren würde.

30.      Infolgedessen sollte das vorlegende Gericht grundsätzlich das Frau Alokpa unterbreitete Angebot einer unbefristeten Beschäftigung prüfen, um zu ermitteln, ob ihre Kinder, die Unionsbürger sind, über „ausreichende Existenzmittel“ im Sinne der Richtlinie 2004/38 verfügen.

31.      Einer solchen Prüfung könnten jedoch die nationalen Verfahrensregeln entgegenstehen, da das Angebot, wie ich bereits ausgeführt habe, erst während des Verfahrens vorgelegt worden ist, in dem über die von Frau Alokpa und ihren Kindern vor den luxemburgischen Verwaltungsgerichten erhobene Nichtigkeitsklage entschieden wird. Um diese Prüfung durchführen zu können, müsste das vorlegende Gericht daher befugt sein, die Rechtmäßigkeit der bei ihm angefochtenen Entscheidungen im Licht von Tatsachen zu prüfen, die nach ihrem Erlass eingetreten sind(12).

32.      Im Übrigen enthält die Richtlinie 2004/38, wie die deutsche Regierung in der mündlichen Verhandlung zutreffend ausgeführt hat, keine spezielle Bestimmung, die es erlaubte, die nationalen Verfahrensregeln außer Acht zu lassen.

33.      Es ist daher Sache des vorlegenden Gerichts, mit Blick auf die allgemein anerkannten Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität(13) zu beurteilen, ob die nationalen Verfahrensregeln ihm die Möglichkeit geben, das von Frau Alokpa während des Verfahrens vorgelegte Beschäftigungsangebot zu berücksichtigen.

34.      Ist dies nicht der Fall und sind daher die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 nicht erfüllt, könnte sich jedoch die Frage stellen, ob die Bestimmungen der Charta – auf die das vorlegende Gericht Bezug genommen hat – möglicherweise Anlass dazu geben, diese Voraussetzungen zu lockern oder sogar unbeachtet zu lassen, insbesondere um die Berücksichtigung des Kindeswohls (Art. 24 der Charta) und die Achtung des Familienlebens (Art. 7 und 33 der Charta) sicherzustellen.

35.      Dies erscheint jedoch kaum vorstellbar, da es dazu führen würde, dass die in Art. 21 AEUV aufgestellten Beschränkungen des Rechts der Unionsbürger, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten(14), außer Acht gelassen würden, wodurch meines Erachtens die in den Verträgen festgelegten Zuständigkeiten und Aufgaben unter Verstoß gegen Art. 51 Abs. 2 der Charta geändert würden.

36.      Unter diesen Umständen würde sich die Frage nach einem etwaigen abgeleiteten Aufenthaltsrecht von Frau Alokpa in Luxemburg nicht mehr stellen, da ihre Kinder, die Unionsbürger sind, die in der Richtlinie 2004/38 vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllen würden.

37.      Könnte das vorlegende Gericht das Frau Alokpa unterbreitete Beschäftigungsangebot und damit die künftigen oder potenziellen Existenzmittel ihrer Kinder berücksichtigen und hätte es dennoch Zweifel daran, dass diese Mittel ausreichen, müssten die Bestimmungen der Charta bei der Bewertung ihrer persönlichen Situation berücksichtigt werden, insbesondere in Anbetracht der Bindungen, die sie möglicherweise seit ihrer Geburt im Hoheitsgebiet des Großherzogtums Luxemburg zu diesem Mitgliedstaat geknüpft haben.

38.      Sollte das vorlegende Gericht der Auffassung sein, dass die Kinder von Frau Alokpa die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 erfüllen, stellt sich die Frage, ob ihrer Mutter ein abgeleitetes Recht zusteht.

39.      Von den Familienangehörigen der Unionsbürger werden durch Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2004/38 nur „die Verwandten in gerader aufsteigender Linie des Unionsbürgers …, denen … Unterhalt gewährt wird“, erfasst, was auf Frau Alokpa mit Sicherheit nicht zutrifft.

40.      Im Urteil Zhu und Chen, das einige Monate nach dem Erlass der Richtlinie 2004/38 zu einem Sachverhalt ergangen ist, der dem des Ausgangsverfahrens sehr ähnelt, war der Gerichtshof der Ansicht, dass sich die Mutter der minderjährigen Unionsbürgerin nicht auf die Eigenschaft eines Verwandten in aufsteigender Linie, dem „Unterhalt gewährt“ wird, im Sinne der Richtlinie 90/364 berufen konnte, um in den Genuss eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts im Aufnahmemitgliedstaat zu gelangen(15).

41.      Dagegen ist der Gerichtshof über eine enge Auslegung dieser – bereits in der Richtlinie 90/364(16), mit der er sich zu befassen hatte, enthaltenen – Voraussetzung hinausgegangen und hat entschieden, dass „dann, wenn … Artikel 18 EG [jetzt Art. 21 EUV] und die Richtlinie 90/364 dem minderjährigen Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaats im Kleinkindalter für unbestimmte Zeit ein Aufenthaltsrecht im Aufnahmemitgliedstaat verleihen, dieselben Vorschriften es dem Elternteil, der für diesen Staatsangehörigen tatsächlich sorgt, erlauben, sich mit ihm im Aufnahmemitgliedstaat aufzuhalten“(17).

42.      Bei Zugrundelegung des Urteils Zhu und Chen könnte Frau Alokpa somit in den Genuss eines sowohl auf Art. 21 AEUV als auch auf die Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 gestützten abgeleiteten Aufenthaltsrechts in Luxemburg gelangen.

43.      Im oben genannten Urteil Iida hat der Gerichtshof das im Urteil Zhu und Chen angesprochene abgeleitete Recht des einem Drittstaat angehörenden und keinen Unterhalt beziehenden Verwandten in gerader aufsteigender Linie eines minderjährigen Unionsbürgers dahin ausgelegt, dass es nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2004/38 fällt, sondern ausschließlich auf Art. 21 AEUV beruht(18).

44.      Mir scheint, dieser Ansatz macht den rechtlichen Rahmen kohärenter, der für die einem Drittstaat angehörenden und keinen Unterhalt beziehenden Verwandten in gerader aufsteigender Linie minderjähriger Unionsbürger, die in den Genuss der Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 kommen, gilt. Geht man nämlich davon aus, dass diese Verwandten in gerader aufsteigender Linie die Voraussetzung, dass ihnen der Unionsbürger „Unterhalt gewährt“, nicht erfüllen, so dass sie nicht vom persönlichen Geltungsbereich der Richtlinie 2004/38 erfasst werden, erschließt sich nicht, warum sich das abgeleitete Aufenthaltsrecht, das sie im Aufnahmemitgliedstaat beanspruchen können, auf die Bestimmungen dieser Richtlinie gründen sollte.

45.      Es ist daher, wie der Gerichtshof im Urteil Iida ausgeführt hat, logischer, ein solches abgeleitetes Aufenthaltsrecht unmittelbar und ausschließlich auf das Primärrecht der Union, d. h. auf Art. 21 AEUV, zu gründen.

46.      Sollte das vorlegende Gericht der Auffassung sein, dass die Kinder von Frau Alokpa, da sie sich auf neue Umstände berufen können, die im Verfahren vor ihm geltend gemacht worden sind, die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie 2004/38 erfüllen, könnte folglich ihre Mutter auf der Grundlage von Art. 21 AEUV als Verwandte in gerader aufsteigender Linie, die die tatsächliche Sorge für ihre Kinder, die Unionsbürger sind, wahrnimmt, in den Genuss eines abgeleiteten Aufenthaltsrechts in Luxemburg gelangen.

47.      Im Licht dieser Erwägungen schlage ich vor, auf den ersten Teil der Vorlagefrage zu antworten, dass sich minderjährige Kinder, die Unionsbürger und Unterhaltsberechtigte eines keinen Unterhalt beziehenden Verwandten in gerader aufsteigender Linie sind, der tatsächlich für sie sorgt, auf die Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 berufen können, um es diesem Verwandten, der Angehöriger eines Drittstaats ist, zu ermöglichen, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit die Kinder nicht besitzen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der betreffenden Unionsbürger, gegebenenfalls einschließlich künftiger oder potenzieller Existenzmittel, die aus einem dem Verwandten in gerader aufsteigender Linie unterbreiteten Beschäftigungsangebot wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden herrühren, und unter Beachtung der durch die nationalen Verfahrensregeln gezogenen Grenzen und der Anforderungen, die sich aus den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ergeben, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie erfüllt sind.

C –    Zum zweiten Teil der Vorlagefrage: Verlust des tatsächlichen Genusses des Kernbestands der Rechte, die der Unionsbürgerstatus verleiht

48.      Mit dem zweiten Teil seiner Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die im Urteil Ruiz Zambrano entwickelte Rechtsprechung auf den Fall Anwendung finden kann, dass Frau Alokpa und ihre Kinder, die französische Staatsangehörige sind, das luxemburgische Hoheitsgebiet verlassen müssen, wobei der Vater der Kinder, mit dem sie nie ein gemeinsames Familienleben geführt haben, in Frankreich lebt und ebenfalls französischer Staatsangehöriger ist.

49.      Wie bereits ausgeführt, wird die Situation der Kinder von Frau Alokpa vom Geltungsbereich des Unionsrechts, insbesondere der Vorschriften der Richtlinie 2004/38, erfasst.

50.      Folglich findet Art. 20 AEUV in seiner Auslegung durch den Gerichtshof im Urteil Ruiz Zambrano auf einen Sachverhalt wie den des Ausgangsverfahrens keine Anwendung, zumal davon auszugehen ist, dass die beiden minderjährigen Unionsbürger, sobald sie sich in einen anderen Mitgliedstaat – auch in den, dessen Staatsangehörige sie sind – begeben, von ihrem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch machen, so dass ihre Situation erst recht vom Geltungsbereich der Richtlinie 2004/38 erfasst wird.

51.      Auch wenn Art. 20 AEUV keine Anwendung findet, entfällt dadurch keineswegs die Erheblichkeit des zweiten Teils der Frage des vorlegenden Gerichts, da Frau Alokpa und, de facto, ihre Kinder mit einer der Entscheidungen, die dem Ausgangsverfahren zugrunde liegen, zum Verlassen des luxemburgischen Hoheitsgebiets verpflichtet werden, so dass zumindest die potenzielle Gefahr der Entfernung von Unionsbürgern aus dem Gebiet der Union geschaffen wird.

52.      Daher ist zu prüfen, ob die Vollstreckung einer solchen Entscheidung bewirken würde, dass sich die Unionsbürger im Sinne der Urteile Ruiz Zambrano und Dereci u. a. de facto gezwungen sähen, das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen(19), so dass ihnen der Kernbestand der Rechte verwehrt würde, die ihnen der Unionsbürgerstatus verleiht(20).

53.      Das in der mündlichen Verhandlung wiederholte Vorbringen der Kläger des Ausgangsverfahrens, es sei Frau Alokpa nicht möglich, sich mit ihren Kindern nach Frankreich zu begeben und dort aufzuhalten, und sie wäre daher gezwungen, nach Togo zurückzukehren – was das vorlegende Gericht wahrscheinlich veranlasst hat, in seiner Frage auf die Situation des Vaters dieser Kinder einzugehen – befremdet mich in diesem Zusammenhang.

54.      Es darf nämlich nicht außer Acht gelassen werden, dass die Kinder von Frau Alokpa als französische Staatsangehörige über das nicht an Bedingungen geknüpfte Recht verfügen, in das französische Hoheitsgebiet einzureisen und sich dort aufzuhalten, und zwar insbesondere auf der Grundlage von Art. 21 AEUV und eines völkerrechtlichen Grundsatzes, der durch Art. 3 des Protokolls Nr. 4 zu der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten bekräftigt wurde(21).

55.      Daher kann die Entscheidung der luxemburgischen Behörden, mit der Frau Alokpa und, de facto, ihre Kinder aufgefordert werden, das Hoheitsgebiet des Großherzogtums Luxemburg zu verlassen, sie nicht dazu zwingen, das Gebiet der Union als Ganzes zu verlassen. Als Mutter und diejenige Person, die seit der Geburt der Kinder allein tatsächlich für sie sorgt, steht Frau Alokpa ihrerseits ein abgeleitetes Recht auf Aufenthalt im französischen Hoheitsgebiet zu.

56.      Unter diesen Umständen ist nicht vorstellbar, dass die französischen Behörden es Frau Alokpa verweigern könnten, ihre Kinder in den Mitgliedstaat zu begleiten, dessen Staatsangehörige sie sind, und sich dort mit ihnen aufzuhalten, zumal sie die einzige Person ist, mit der die Kinder seit ihrer Geburt ein Familienleben geführt haben(22). Jede gegenteilige Lösung würde dazu führen, dass den Rechten, die mit dem vollen und umfassenden Genuss des grundlegenden Status als Unionsbürger verbunden sind, die praktische Wirksamkeit genommen würde.

57.      Überdies würde eine Entscheidung über die Entfernung aus dem luxemburgischen Hoheitsgebiet angesichts der geografischen Nähe der beiden betroffenen Mitgliedstaaten die Möglichkeit für Frau Alokpa, das Beschäftigungsangebot eines luxemburgischen Arbeitgebers anzunehmen, nicht unbedingt in Frage stellen, da sie ihre Erwerbstätigkeit z. B. – wie Tausende andere in Frankreich ansässige Arbeitnehmer – als Grenzgängerin ausüben könnte.

58.      Daraus folgt, dass eine Entscheidung der luxemburgischen Verwaltungsbehörden, mit der Frau Alokpa und, de facto, ihre Kinder verpflichtet würden, das luxemburgische Hoheitsgebiet zu verlassen, nicht als geeignet angesehen werden kann, die Kinder zum Verlassen des Gebiets der Union als Ganzes zu zwingen und ihnen damit den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte zu verwehren, die ihnen ihr Status als Unionsbürger verleiht, da sie unstreitig über ein nicht an Bedingungen geknüpftes Recht verfügen, sich in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu begeben, dessen Staatsangehörige sie sind, und sich dort aufzuhalten, wobei die Wahrung der praktischen Wirksamkeit dieses Rechts es gebietet, dass Frau Alokpa als der Person, die allein tatsächlich für sie sorgt und mit der sie seit ihrer Geburt ein gemeinsames Familienleben geführt haben, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht in Frankreich zuerkannt wird.

III – Ergebnis

59.      Nach alledem schlage ich vor, auf die Frage der Cour administrative wie folgt zu antworten:

Minderjährige Kinder, die Bürger der Europäischen Union und Unterhaltsberechtigte eines keinen Unterhalt beziehenden Verwandten in gerader aufsteigender Linie sind, der tatsächlich für sie sorgt, können sich auf die Bestimmungen der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG berufen, um es diesem Verwandten, der Angehöriger eines Drittstaats ist, zu ermöglichen, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats in Anspruch zu nehmen, dessen Staatsangehörigkeit die Kinder nicht besitzen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung der persönlichen Situation der betreffenden Unionsbürger, gegebenenfalls einschließlich künftiger oder potenzieller Existenzmittel, die aus einem dem Verwandten in gerader aufsteigender Linie unterbreiteten Beschäftigungsangebot wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden herrühren, und unter Beachtung der durch die nationalen Verfahrensregeln gezogenen Grenzen und der Anforderungen, die sich aus den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität ergeben, zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Richtlinie erfüllt sind.

Eine Entscheidung eines Mitgliedstaats, mit der ein Drittstaatsangehöriger, der als Verwandter in gerader aufsteigender Linie minderjähriger Kinder, die Unionsbürger und Angehörige eines anderen Mitgliedstaats sind, tatsächlich für diese Kinder sorgt, zum Verlassen des Hoheitsgebiets dieses Mitgliedstaats aufgefordert wird, kann nicht als geeignet angesehen werden, diese Unionsbürger zum Verlassen des Gebiets der Union als Ganzes zu zwingen und ihnen damit den tatsächlichen Genuss des Kernbestands der Rechte zu verwehren, die ihnen ihr Status verleiht, da sie über ein nicht an Bedingungen geknüpftes Recht verfügen, sich in das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats zu begeben, dessen Staatsangehörige sie sind, und sich dort aufzuhalten, wobei die Wahrung der praktischen Wirksamkeit dieses Rechts es gebietet, dass dem Verwandten in gerader aufsteigender Linie als der Person, die allein tatsächlich für sie sorgt und mit der sie seit ihrer Geburt ein gemeinsames Familienleben geführt haben, ein abgeleitetes Aufenthaltsrecht im letztgenannten Mitgliedstaat zuerkannt wird.


1 – Originalsprache: Französisch.


2 – Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. L 158, S. 77).


3 – Urteil vom 8. März 2011, Ruiz Zambrano (C‑34/09, Slg. 2011, I‑1177).


4 – Vgl. Urteile Ruiz Zambrano (Randnrn. 36, 38 und 39), vom 5. Mai 2011, McCarthy (C‑434/09, Slg. 2011, I‑3375, Randnr. 48), und vom 15. November 2011, Dereci u. a. (C‑256/11, Slg. 2011, I-11315, Randnr. 63).


5 – Urteil vom 19. Oktober 2004 (C‑200/02, Slg. 2004, I‑9925).


6 – Ebd. (Randnrn. 19, 20 und 25 bis 27).


7 – Richtlinie des Rates vom 28. Juni 1990 über das Aufenthaltsrecht (ABl. L 180, S. 26).


8 – Nach ständiger Rechtsprechung sind die Rechte, die den drittstaatsangehörigen Familienangehörigen eines nach den Vorschriften der Richtlinie 2004/38 berechtigten Unionsbürgers durch diese Richtlinie verliehen werden, keine eigenen Rechte dieser Angehörigen, sondern Rechte, die sie aus der Ausübung der Freizügigkeit durch einen Unionsbürger ableiten; vgl. in diesem Sinne Urteile McCarthy (Randnr. 42) und Dereci u. a. (Randnr. 55) sowie Urteil vom 8. November 2012, Iida (C‑40/11, Randnr. 67).


9 – Nach gefestigter Rechtsprechung kann der Gerichtshof dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts geben, die er für die Entscheidung des bei diesem anhängigen Verfahrens für nützlich hält, und zwar unabhängig davon, ob das vorlegende Gericht bei seiner Fragestellung darauf Bezug genommen hat (vgl. u. a. Urteil vom 8. November 2007, ING. AUER, C‑251/06, Slg. 2007, I‑9689, Randnr. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung). So hat der Gerichtshof in Anwendung dieser Rechtsprechung seiner Antwort in der Rechtssache McCarthy, in der das vorlegende Gericht nur um Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 2004/38 ersucht hatte, Art. 21 AEUV zugrunde gelegt, nachdem er festgestellt hatte, dass das Ausgangsverfahren nicht in den Geltungsbereich dieser Richtlinie fiel. Außerdem hat der Gerichtshof im Urteil vom 6. Dezember 2012, O. u. a. (C‑356/11 und C‑357/11), ebenfalls unter Hinweis auf diese Rechtsprechung, in seiner Antwort an das nationale Gericht auf die Bestimmungen der Richtlinie 2003/86/EG des Rates vom 22. September 2003 betreffend das Recht auf Familienzusammenführung (ABl. L 251, S. 12) abgestellt, obwohl das vorlegende Gericht in seinen Fragen ausschließlich auf Art. 20 AEUV Bezug genommen hatte.


10 – Randnr. 30 des Urteils.


11–      Ebd. (Randnr. 28).


12 – Der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass diese Erwägung nicht das vom Anwalt der Kläger des Ausgangsverfahrens und der luxemburgischen Regierung in der mündlichen Verhandlung angesprochene Verwaltungsverfahren betrifft, in dem es um den von Frau Alokpa Anfang 2012 bei den luxemburgischen Behörden gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltsrechts als Arbeitnehmerin geht.


13 – Diese beiden Grundsätze schränken die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten in der Weise ein, dass die nationalen Verfahrensregeln auf Sachverhalte, die dem Unionsrecht unterliegen, nur unter der Bedingung Anwendung finden, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz). Vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil vom 28. Februar 2012, Inter‑Environnement Wallonie und Terre wallonne (C‑41/11, Randnr. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14 – Es sei daran erinnert, dass dieses Recht nach Art. 21 Abs. 1 AEUV „vorbehaltlich der in den Verträgen und in den Durchführungsvorschriften vorgesehenen Beschränkungen und Bedingungen“ und damit der in der Richtlinie 2004/38 aufgestellten besteht.


15 – Randnr. 44 des Urteils.


16 – Vgl. Art. 1 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 90/364.


17 – Urteil Zhu und Chen (Randnr. 46) (Hervorhebung nur hier).


18 – Urteil Iida (Randnrn. 55, 69 und 72).


19 – Vgl. in diesem Sinne Urteil Dereci u. a. (Randnr. 66).


20 – Urteile Ruiz Zambrano (Randnrn. 43 und 44) und Dereci u. a. (Randnr. 65).


21 – Vgl. in diesem Sinne Urteil McCarthy (Randnr. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).


22 – Im Übrigen könnte der Aufenthalt der Kinder im französischen Hoheitsgebiet möglicherweise einen engeren Kontakt zu ihrem Vater erleichtern, was es ihnen ermöglichen würde, regelmäßig persönliche Beziehungen zu ihm zu unterhalten; dies ist ein Gesichtspunkt, der gemäß den Bestimmungen der Charta im Interesse des Kindeswohls berücksichtigt werden müsste (vgl. in diesem Sinne Urteil O. u. a., Randnr. 76).