Language of document : ECLI:EU:F:2011:148

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)

20. September 2011

Rechtssache F‑117/10

Barry Van Soest

gegen

Europäische Kommission

„Öffentlicher Dienst – Einstellung – Auswahlverfahren – Zulassungsvoraussetzungen – Erforderlicher Bildungsabschluss – Begriff des Diploms, das einen sekundären Bildungsabschluss bescheinigt und Zugang zur postsekundären Bildung ermöglicht – Entscheidung des Prüfungsausschusses für ein Auswahlverfahren – Art der von der Anstellungsbehörde ausgeübten Kontrolle“

Gegenstand:      Klage gemäß Art. 270 AEUV, der gemäß Art. 106a EA auch für den EAG-Vertrag gilt, auf Aufhebung der Entscheidung der Kommission, den Kläger trotz seiner erfolgreichen Teilnahme am Auswahlverfahren EPSO/AST/41/07 nicht einzustellen

Entscheidung:      Die Klage wird abgewiesen. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Klägers.

Leitsätze

1.      Beamte – Auswahlverfahren – Prüfungsausschuss – Unabhängigkeit – Grenzen – Erlass rechtswidriger Entscheidungen – Pflichten der Anstellungsbehörde

2.      Verfahren – Kosten – Tragung – Berücksichtigung von Billigkeitsgesichtspunkten

(Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst, Art. 88)

1.      Die Anstellungsbehörde ist gehalten, bei der Ausübung ihrer eigenen Befugnisse rechtsfehlerfreie Entscheidungen zu treffen. Sie kann deshalb nicht durch Entscheidungen eines Prüfungsausschusses gebunden sein, deren Rechtswidrigkeit sich folgerichtig auf ihre eigenen Entscheidungen auswirken könnte. Lässt der Prüfungsausschuss einen Bewerber zu Unrecht zum Auswahlverfahren zu und setzt er ihn anschließend auf die Reserveliste, muss es die Anstellungsbehörde demnach durch eine mit Gründen versehene Entscheidung, anhand deren der Unionsrichter ihre Begründetheit beurteilen kann, ablehnen, diesen Bewerber zu ernennen.

Hat ein Prüfungsausschuss einen Bewerber, der den Nachweis für den nach der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens erforderlichen Bildungsabschluss nicht erbracht hat, zu Unrecht in die Reserveliste aufgenommen, ist die Anstellungsbehörde somit verpflichtet, das Verfahren zur Einstellung des Betroffenen zu beenden.

(vgl. Randnrn. 24 und 25)

Verweisung auf:

Gerichtshof: 23. Oktober 1986, Schwiering/Rechnungshof, 142/85, Randnrn. 19 und 20

Gericht erster Instanz: 16. März 2005, Ricci/Kommission, T‑329/03, Randnr. 35; 15. September 2005, T‑306/04, Luxem/Kommission, Randnr. 23

2.      Nach Art. 88 der Verfahrensordnung des Gerichts für den öffentlichen Dienst kann eine Partei, auch wenn sie obsiegt, zur Tragung eines Teils der Kosten oder sämtlicher Kosten verurteilt werden, wenn dies wegen ihres Verhaltens, auch vor Klageerhebung, gerechtfertigt erscheint; dies gilt insbesondere, wenn sie der Gegenpartei Kosten ohne angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.

Die Anwendung dieses Artikels beschränkt sich jedoch nicht allein auf diesen Fall. War ein Kläger zunächst vom Prüfungsausschuss in die Reserveliste dieses Auswahlverfahrens aufgenommen worden, bevor ihm die Anstellungsbehörde schließlich knapp ein Jahr später mitteilte, dass er nicht eingestellt werden könne, weil er die Zulassungsbedingungen der Bekanntmachung des Auswahlverfahrens in Bezug auf Diplome oder sonstige Bildungsabschlüsse nicht erfülle, erklärt die Tatsache, dass der Prüfungsausschuss der Ansicht gewesen war, der Kläger erfülle diese Bedingungen, dass der Betroffene guten Glaubens Zweifel an der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung haben konnte und folglich Klage erhob. Unter diesen Umständen ist das obsiegende Organ zur Tragung der dem Kläger entstandenen Kosten zu verurteilen.

(vgl. Randnrn. 29 und 30)