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Vorabentscheidungsersuchen des Sofiyski rayonen sad (Bulgarien), eingereicht am 8. Mai 2019 – „BOSOLAR“ EOOD/„CHEZ ELEKTRO BULGARIA“ AD

(Rechtssache C-366/19)

Verfahrenssprache: Bulgarisch

Vorlegendes Gericht

Sofiyski rayonen sad

Parteien des Ausgangsverfahrens

Klägerin: „BOSOLAR“ EOOD

Beklagte: „CHEZ ELEKTRO BULGARIA“ AD

Vorlagefragen

Ist Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der das Recht auf unternehmerische Freiheit in der Unionsrechtsordnung regelt, dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift wie § 18 der Prehodni i zaklyuchitelni razporedbi na Zakona za izmenenie i dopalnenie na zakona za energetikata (Übergangs- und Schlussbestimmungen des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung des Energiegesetzes, im Folgenden: PZR ZIDZE) entgegensteht, wonach trotz geschlossenen Vertrags und bestehenden Vertragsverhältnisses, die besonderen Vorschriften des geltenden Rechts unterliegen, eines der wesentlichen Vertragselemente (der Preis) zugunsten der einen Vertragspartei durch Gesetzgebungsakt geändert wird?

Ist der Grundsatz der Rechtssicherheit dahin auszulegen, dass er einer Neuregelung von bereits auf der Grundlage besonderer Vorschriften zwischen Privatpersonen oder zwischen dem Staat und Privatpersonen entstandenen Rechtsverhältnisse entgegensteht, wenn sich diese Neuregelung nachteilig auf die berechtigten Erwartungen der privatrechtlichen Personen und von ihnen bereits erworbene Rechte auswirkt?

Ist der Grundsatz des Vertrauensschutzes als grundlegendes Prinzip des Unionsrechts unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 10. September 2009, Plantanol (C-201/08, EU:C:2009:539), dahin auszulegen, dass es danach einem Mitgliedstaat verwehrt ist, die geltende rechtliche Regelung für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen ohne ausreichende Gewährleistung der Vorhersehbarkeit zu ändern, indem er gesetzlich vorgesehene Maßnahmen zur Förderung der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen, die mit langfristigen Stromkaufverträgen zusammenhängen, entgegen den Bedingungen, unter denen private Akteure Investitionen in die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen getätigt und langfristige Stromkaufverträge mit staatlich regulierten Stromversorgungsunternehmen geschlossen haben, vorzeitig aufhebt?

Sind die Art. 3 und 4 der Richtlinie 2009/28/EG1 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen unter Berücksichtigung der Erwägungsgründe 8 und 14 der Richtlinie dahin auszulegen, dass sie die Mitgliedstaaten verpflichten, durch nationale Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinie Rechtssicherheit für die Investoren im Bereich der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen, einschließlich von Solarenergie, zu gewährleisten?

Falls diese Frage bejaht wird: Ist nach den Art. 3 und 4 in Verbindung mit den Erwägungsgründen 8 und 14 der Richtlinie 2009/28 eine nationale Rechtsvorschrift wie § 18 PZR ZIDZE zulässig, die die Präferenzbedingungen für den Erwerb von Strom aus erneuerbaren Quellen auch für bereits geschlossene langfristige Verträge über den Erwerb von Strom aus solchen Quellen entsprechend den ursprünglich erlassenen nationalen Maßnahmen zur Richtlinienumsetzung wesentlich ändert?

Wie ist der Begriff „Mitgliedstaat“ für die Zwecke der Anwendung des Unionsrechts auf nationaler Ebene auszulegen? Umfasst dieser Begriff unter Berücksichtigung des Urteils des Gerichtshofs vom 12. Juli 1990, Foster u. a. (C-188/89, EU:C:1990:313), und der nachfolgenden Urteile des Gerichtshofs in dieser Rechtsprechungslinie auch den Erbringer einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Stromversorgung), wie das beklagte Unternehmen im anhängigen Gerichtsverfahren, dem unter gesetzlich geregelten Bedingungen die Erbringung dieser Dienstleistung kraft eines Aktes einer staatlichen Behörde und unter der Aufsicht dieser Behörde übertragen ist?

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1     Richtlinie 2009/28/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen und zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinien 2001/77/EG und 2003/30/EG (ABl. 2009, L 140, S. 16).