Language of document : ECLI:EU:C:2014:2104

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PEDRO CRUZ VILLALÓN

vom 17. Juli 2014(1)

Rechtssache C‑364/13

International Stem Cell Corporation

gegen

Comptroller General of Patents

(Vorabentscheidungsersuchen des High Court of Justice [England & Wales], Chancery Division [Patents Court] [Vereinigtes Königreich])

„Richtlinie 98/44/EG – Rechtlicher Schutz biotechnologischer Erfindungen – Patentierbarkeit – Stammzellen – Im Wege der Parthenogenese erfolgende Anregung unbefruchteter menschlicher Eizellen zur Bildung von Stammzellen – Parthenoten – Aufzählung der von der Patentierbarkeit ausgenommenen Erfindungen – Nicht erschöpfender Charakter der Aufzählung – Ausschluss der ‚Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken‘ – Begriff ‚menschlicher Embryo‘ – Eignung, ‚den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen‘“





1.        Das vorliegende Verfahren gibt dem Gerichtshof die Gelegenheit, sich erneut mit der Bedeutung des Begriffs „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen (im Folgenden: Richtlinie)(2) zu befassen.

2.        Die Frage, die der High Court of Justice, Chancery Division (Patents Court), dem Gerichtshof in der vorliegenden Rechtssache vorgelegt hat, ist nämlich mit Ausnahme eines Unterschieds mit einer der Fragen identisch, die der Gerichtshof vor drei Jahren in der Rechtssache Brüstle(3) beantwortet hat, damals auf Vorlage des Bundesgerichtshofs.

3.        In der Rechtssache Brüstle hatte der Bundesgerichtshof u. a. gefragt, ob „unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind“, vom Begriff „menschliche Embryonen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie umfasst sind. Der Gerichtshof bejahte diese Frage. Das vorlegende Gericht hat Schwierigkeiten mit dieser Antwort und fragt mit seiner einzigen Frage in der vorliegenden Rechtssache danach, ob die Entscheidung in der Rechtssache Brüstle für parthenogenetisch aktivierte unbefruchtete menschliche Eizellen auch in Ansehung der Präzisierung gilt, dass die entsprechenden Eizellen „im Unterschied zu befruchteten Eizellen lediglich pluripotente Zellen enthalten und nicht fähig sind, sich zu einem Menschen zu entwickeln“.

4.        Nach Ansicht des vorlegenden Gerichts ist aus der Begründung des Gerichtshofs im Urteil Brüstle, insbesondere in Rn. 36 des Urteils(4), nicht mit hinreichender Sicherheit ersichtlich, ob der Gerichtshof in Ansehung der in der Vorlagefrage der vorliegenden Rechtssache enthaltenen Präzisierung dieselbe Antwort geben würde.

5.        Ich werde nach eingehender Auseinandersetzung mit der der Antwort des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle zugrunde liegenden Logik zu dem Ergebnis kommen, dass die dem Gerichtshof vorgelegte Frage „ausschließend“ beantwortet werden sollte, d. h., dass unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind, im Licht der von dem vorlegenden Gericht ergänzten präziseren Angaben vom Begriff „menschliche Embryonen“ auszuschließen sind.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Völkerrecht

6.        Art. 27 Abs. 1 und 2 des TRIPS-Übereinkommens, das den Anhang 1 C des am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichneten und durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994(5) genehmigten Übereinkommens zur Errichtung der Welthandelsorganisation bildet, bestimmt:

„(1)      Vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 ist vorzusehen, dass Patente für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erhältlich sind, sowohl für Erzeugnisse als auch für Verfahren, vorausgesetzt, dass sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind. Vorbehaltlich des Artikels 65 Absatz 4, des Artikels 70 Absatz 8 und des Absatzes 3 dieses Artikels sind Patente erhältlich und können Patentrechte ausgeübt werden, ohne dass hinsichtlich des Ortes der Erfindung, des Gebiets der Technik oder danach, ob die Erzeugnisse eingeführt oder im Land hergestellt werden, diskriminiert werden darf.

(2)      Die Mitglieder können Erfindungen von der Patentierbarkeit ausschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung innerhalb ihres Hoheitsgebiets zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch ihr Recht verboten ist.“(6)

7.        Art. 52 Abs. 1 des Übereinkommens über die Erteilung europäischer Patente (im Folgenden: Europäisches Patentübereinkommen oder EPÜ) vom 5. Oktober 1973(7), dem nur die Mitgliedstaaten – nicht aber die Europäische Union selbst – als Vertragsparteien angehören, lautet:

„Europäische Patente werden für Erfindungen auf allen Gebieten der Technik erteilt, sofern sie neu sind, auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen und gewerblich anwendbar sind.“

8.        Art. 53 Buchst. a EPÜ bestimmt:

„Europäische Patente werden nicht erteilt für:

a)      Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde; ein solcher Verstoß kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung in allen oder einigen Vertragsstaaten durch Gesetz oder Verwaltungsvorschrift verboten ist“.

9.        Durch die Regeln der Ausführungsordnung zum EPÜ ist das EPÜ mit der Richtlinie harmonisiert worden(8). Regel 28 Buchst. c der Ausführungsordnung zum EPÜ bestimmt:

„Nach Artikel 53 a) werden europäische Patente insbesondere nicht erteilt für biotechnologische Erfindungen, die zum Gegenstand haben:

c)      die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“.

B –    Unionsrecht

10.      Die Erwägungsgründe 5, 16, 20, 21, 36 bis 39 und 42 der Richtlinie lauten wie folgt:

„(5)      In den Rechtsvorschriften und Praktiken der verschiedenen Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Schutzes biotechnologischer Erfindungen bestehen Unterschiede, die zu Handelsschranken führen und so das Funktionieren des Binnenmarkts behindern können.

(16)      Das Patentrecht muss unter Wahrung der Grundprinzipien ausgeübt werden, die die Würde und die Unversehrtheit des Menschen gewährleisten. Es ist wichtig, den Grundsatz zu bekräftigen, wonach der menschliche Körper in allen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung, einschließlich der Keimzellen, sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile oder seiner Produkte, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines menschlichen Gens, nicht patentierbar sind. Diese Prinzipien stehen im Einklang mit den im Patentrecht vorgesehenen Patentierbarkeitskriterien, wonach eine bloße Entdeckung nicht Gegenstand eines Patents sein kann.

(20)      Infolgedessen ist darauf hinzuweisen, dass eine Erfindung, die einen isolierten Bestandteil des menschlichen Körpers oder einen auf eine andere Weise durch ein technisches Verfahren erzeugten Bestandteil betrifft und gewerblich anwendbar ist, nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen ist, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem eines natürlichen Bestandteils identisch ist, wobei sich die Rechte aus dem Patent nicht auf den menschlichen Körper und dessen Bestandteile in seiner natürlichen Umgebung erstrecken können.

(21)      Ein solcher isolierter oder auf andere Weise erzeugter Bestandteil des menschlichen Körpers ist von der Patentierbarkeit nicht ausgeschlossen, da er – zum Beispiel – das Ergebnis technischer Verfahren zu seiner Identifizierung, Reinigung, Bestimmung und Vermehrung außerhalb des menschlichen Körpers ist, zu deren Anwendung nur der Mensch fähig ist und die die Natur selbst nicht vollbringen kann.

(36)      Das TRIPS-Übereinkommen räumt den Mitgliedern der Welthandelsorganisation die Möglichkeit ein, Erfindungen von der Patentierbarkeit auszuschließen, wenn die Verhinderung ihrer gewerblichen Verwertung in ihrem Hoheitsgebiet zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten einschließlich des Schutzes des Lebens und der Gesundheit von Menschen, Tieren oder Pflanzen oder zur Vermeidung einer ernsten Schädigung der Umwelt notwendig ist, vorausgesetzt, dass ein solcher Ausschluss nicht nur deshalb vorgenommen wird, weil die Verwertung durch innerstaatliches Recht verboten ist.

(37)      Der Grundsatz, wonach Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, von der Patentierbarkeit auszuschließen sind, ist auch in dieser Richtlinie hervorzuheben.

(38)      Ferner ist es wichtig, in die Vorschriften der vorliegenden Richtlinie eine informatorische Aufzählung der von der Patentierbarkeit ausgenommenen Erfindungen aufzunehmen, um so den nationalen Gerichten und Patentämtern allgemeine Leitlinien für die Auslegung der Bezugnahme auf die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten zu geben. Diese Aufzählung ist selbstverständlich nicht erschöpfend. Verfahren, deren Anwendung gegen die Menschenwürde verstößt, wie etwa Verfahren zur Herstellung von hybriden Lebewesen, die aus Keimzellen oder totipotenten Zellen von Mensch und Tier entstehen, sind natürlich ebenfalls von der Patentierbarkeit auszunehmen.

(39)      Die öffentliche Ordnung und die guten Sitten entsprechen insbesondere den in den Mitgliedstaaten anerkannten ethischen oder moralischen Grundsätzen, deren Beachtung ganz besonders auf dem Gebiet der Biotechnologie wegen der potenziellen Tragweite der Erfindungen in diesem Bereich und deren inhärenter Beziehung zur lebenden Materie geboten ist. Diese ethischen oder moralischen Grundsätze ergänzen die übliche patentrechtliche Prüfung, unabhängig vom technischen Gebiet der Erfindung.

(42)      Ferner ist auch die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken von der Patentierbarkeit auszuschließen. Dies gilt jedoch auf keinen Fall für Erfindungen, die therapeutische oder diagnostische Zwecke verfolgen und auf den menschlichen Embryo zu dessen Nutzen angewandt werden.“

11.      Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sieht vor:

„(1)      Der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung sowie die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, können keine patentierbaren Erfindungen darstellen.

(2)      Ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil, einschließlich der Sequenz oder Teilsequenz eines Gens, kann eine patentierbare Erfindung sein, selbst wenn der Aufbau dieses Bestandteils mit dem Aufbau eines natürlichen Bestandteils identisch ist.“

12.      Art. 6 der Richtlinie lautet:

„(1)      Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, sind von der Patentierbarkeit ausgenommen, dieser Verstoß kann nicht allein daraus hergeleitet werden, dass die Verwertung durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften verboten ist.

(2)      Im Sinne von Absatz 1 gelten unter anderem als nicht patentierbar:

a)      Verfahren zum Klonen von menschlichen Lebewesen;

b)      Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität der Keimbahn des menschlichen Lebewesens;

c)      die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken;

d)      Verfahren zur Veränderung der genetischen Identität von Tieren, die geeignet sind, Leiden dieser Tiere ohne wesentlichen medizinischen Nutzen für den Menschen oder das Tier zu verursachen, sowie die mit Hilfe solcher Verfahren erzeugten Tiere.“

C –    Nationales Recht

13.      Anhang A2 Abs. 3 Buchst. d des Patents Act 1977 (Patentgesetz von 1977), der Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie umsetzt, lautet:

„Patentierbare Erfindungen sind nicht: …

(d)      die Verwendung von menschlichen Embryonen zu industriellen oder kommerziellen Zwecken“.

II – Sachverhalt und Ausgangsverfahren

14.      Die International Stem Cell Corporation (im Folgenden: ISC)(9) ist die Anmelderin zweier beim United Kingdom Intellectual Property Office (Amt für geistiges Eigentum des Vereinigten Königreichs, im Folgenden: IPO) eingereichter nationaler Patente: Anmeldung GB0621068.6 mit dem Titel „Parthenogenetische Aktivierung von Oozyten zur Herstellung menschlicher embryonaler Stammzellen“, mit der Methoden zur Herstellung von Linien pluripotenter menschlicher Stammzellen aus parthenogenetisch aktivierten Oozyten und nach diesen Methoden hergestellte Stammzelllinien beansprucht werden, sowie Anmeldung GB0621069.4 mit dem Titel „Synthetische Kornea aus retinalen Stammzellen“, mit der Methoden zur Herstellung von synthetischer Hornhaut oder synthetischem Hornhautgewebe unter Isolierung pluripotenter Stammzellen aus parthenogenetisch aktivierten Oozyten sowie synthetische Hornhaut oder synthetisches Hornhautgewebe – jeweils unter Verwendung dieser Methoden hergestellt – beansprucht werden.

15.      Im Laufe der Bearbeitung der Patentanmeldung wurde ISC entgegengehalten, dass die Anmeldungen nicht patentierbar seien, da die offenbarten Erfindungen Verwendungen von menschlichen Embryonen darstellten, die nach den vom Gerichtshof in der Rechtssache Brüstle aufgestellten Vorgaben nicht patentierbar seien. ISC machte geltend, dass das im Urteil Brüstle gefundene Ergebnis nicht anwendbar sei, da die in Rede stehenden Erfindungen parthenogenetisch aktivierte Oozyten beträfen, die aufgrund des Phänomens der genomischen Prägung nicht „geeignet [seien], wie der durch Befruchtung einer Eizelle entstandene Embryo den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“. Mit Forschungsergebnissen konfrontiert, die die Möglichkeit nahelegen, dass die Schranken der genomischen Prägung bei Mäusen mit dem Ergebnis lebendgeborener parthenogenetischer Mäuse überwunden werden können, machte ISC geltend, dass diese Forschungsergebnisse nicht die reine Parthenogenese beträfen, sondern umfangreiche genetische Manipulationen umfassten. ISC änderte ihre Anmeldungen dahin, dass diese derartige Manipulationsmethoden ausschlossen (indem beispielsweise das Wort „pluripotenter“ in die Wortfolge „Linie pluripotenter menschlicher Stammzellen“ eingefügt und auf eine fehlende väterliche Prägung hingewiesen wurde).

16.      Mit Entscheidung vom 16. August 2012 entschied der Hearing Officer (Anhörungsbeauftragte) des IPO im Namen des Comptroller, dass die in den Patentanmeldungen offenbarten Erfindungen Verwendungen von menschlichen Embryonen im Sinne der Definition des Gerichtshofs im Urteil Brüstle beträfen, nämlich Organismen, die „geeignet“ seien, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“, so dass sie nach Anhang A2 Abs. 3 Buchst. d des Patents Act 1977, der Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44 umsetze, von der Patentierbarkeit auszuschließen seien. Demgemäß wies er die Anmeldungen zurück.

17.      Gegen die Entscheidung erhob ISC Klage bei dem vorlegenden Gericht.

18.      ISC machte geltend, dass die vom Gerichtshof im Urteil Brüstle angewandten Kriterien lediglich solche Organismen von der Patentierbarkeit ausschließen sollten, die geeignet seien, den Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, der zur Entstehung eines Menschen führe; dies werde aus der Formulierung der Kriterien des Gerichtshofs und aus der Behandlung von befruchteten sowie von einem Somazellkern-Transfer unterzogenen unbefruchteten Eizellen durch den Gerichtshof deutlich und durch das abschließende Urteil des Bundesgerichtshofs im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle bestätigt. Parthenogenetisch aktivierte Eizellen seien somit nur insoweit von der Patentierbarkeit ausgeschlossen, als sie geeignet seien, zur Entstehung von totipotenten Zellen zu führen.

19.      Der Comptroller General (Präsident des IPO) war der Ansicht, dass die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle insoweit nicht eindeutig sei, als es um die Frage gehe, ob der Begriff „menschlicher Embryo“ Organismen, die geeignet seien, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen, unabhängig davon umfasse, ob der Prozess vollendet werden könne. Ebenso unklar sei, ob der Gerichtshof sich auf Vorbringen gestützt habe, das ein unzutreffendes Verständnis des technischen Hintergrunds, so wie er sich nach heutigem Stand darstelle, wiedergebe.

20.      Das vorlegende Gericht selbst ist der Ansicht, dass die in Rede stehenden parthenogenetisch aktivierten Oozyten, wenn sie nicht fähig seien, sich zu einem Menschen zu entwickeln, nicht als menschliche Embryonen angesehen werden sollten. Zwar seien totipotente Zellen von der Patentierbarkeit auszuschließen, nicht jedoch pluripotente Zellen. Bei einer anderen Auslegung würden die Förderung der biotechnologischen Forschung mit Hilfe des Patentrechts und die Achtung der Würde und der Unversehrtheit des Menschen nicht in den angemessenen Ausgleich gebracht, den die Richtlinie herbeiführen solle.

III – Vorlagefrage und Verfahren vor dem Gerichtshof

21.      Aufgrund der vorgenannten Erwägungen hat das vorlegende Gericht mit Beschluss vom 17. April 2013 das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof die folgende Frage vorgelegt:

Sind unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind und die im Unterschied zu befruchteten Eizellen lediglich pluripotente Zellen enthalten und nicht fähig sind, sich zu einem Menschen zu entwickeln, vom Begriff „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen umfasst?

22.      ISC, Frankreich, Polen, Portugal, Schweden, das Vereinigte Königreich und die Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht.

23.      Am 29. April 2014 hat eine mündliche Verhandlung vor dem Gerichtshof stattgefunden, in der ISC, das Vereinigte Königreich, Frankreich, Schweden und die Kommission Erklärungen abgegeben haben.

IV – Würdigung

A –    Vorbemerkungen

24.      Bevor ich die vom High Court vorgelegte Frage beantworte und erläutere, warum ich im Licht der Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle und der von dem vorlegenden Gericht ergänzten präziseren Angaben vorschlage, unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind, vom Begriff „menschliche Embryonen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie auszunehmen, werde ich einige Vorbemerkungen machen, die erstens den wissenschaftlichen Hintergrund der vorliegend in Rede stehenden Erfindung, zweitens den nicht erschöpfenden Charakter der Aufzählung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie und drittens Art. 5 der Richtlinie betreffen.

1.      Wissenschaftlicher Hintergrund nach Darstellung des vorlegenden Gerichts und der Beteiligten

25.      Die vorliegende Rechtssache betrifft unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind – diese Organismen werde ich im Folgenden der Einfachheit halber als „Parthenoten“ bezeichnen(10). Die Entscheidung der Frage, ob Parthenoten menschliche Embryonen darstellen, macht eine kurze wissenschaftliche Erläuterung erforderlich, die ich auf die von dem vorlegenden Gericht und den Verfahrensbeteiligten mitgeteilten Informationen stützen werde. Die von dem vorlegenden Gericht gemachten präziseren Angaben deuten bereits darauf hin, dass diese Informationen nicht mit denen übereinstimmen, die in der Rechtssache Brüstle zur Verfügung standen, was eine Besonderheit – und nicht die geringste – der vorliegenden Rechtssache darstellt. In seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Brüstle hat Generalanwalt Bot zu Recht die Schwierigkeiten hervorgehoben, die dabei bestehen, die Rechtslage in Gebieten, die unmittelbar vom wissenschaftlichen Erkenntnisstand in einem sich schnell entwickelnden Bereich abhängen, mit einem Mindestmaß an Beständigkeit festzustellen(11).

26.      Die Entwicklung eines Menschen beginnt mit der Befruchtung einer Eizelle. Durch Zellteilung entwickelt sich die befruchtete Eizelle zu einer als „Morula“ bezeichneten Struktur, die aus acht bis 16 Zellen besteht. Innerhalb von etwa fünf Tagen nach der Befruchtung entwickelt sich der Organismus zu einer sogenannten „Blastozyste“(12), einer Struktur, die aus einer inneren Zellmasse besteht, aus der später alle embryonalen Gewebe entstehen, die von einer äußeren Zellschicht umgeben ist, aus der extraembryonales Gewebe wie die Plazenta entsteht.

27.      Menschliche embryonale Stammzellen stammen aus menschlichen Embryonen in diesen frühen Entwicklungsstadien. Allgemein unterscheiden Wissenschaftler zwischen „totipotenten“ Zellen, d. h. Zellen, die sich zu allen menschlichen Zelltypen, einschließlich extraembryonalen Gewebes, und zu einem ganzen Menschen entwickeln können, und „pluripotenten“ Zellen, die sich zu allen den Körper bildenden Zellen, nicht aber zu extraembryonalem Gewebe und somit nicht zu einem Menschen entwickeln können(13). Die in den wenigen allerersten Teilungen einer befruchteten Eizelle entstehenden Zellen sind totipotent. Die Zellen der inneren Zellmasse einer Blastozyste sind pluripotent.

28.      Die Fähigkeit menschlicher Stammzellen, verschiedene Gewebe zu bilden, hat Hoffnungen geweckt, Therapien für zahlreiche bislang unheilbare Krankheiten zu finden. Dementsprechend hat die Forschung an diesen Zellen seit der Schaffung der ersten menschlichen Stammzelllinie im Jahr 1998 exponentiell zugenommen. Wenig überraschend stehen auch erhebliche wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel. Die Forschung an menschlichen embryonalen Stammzellen, die aus Embryonen gewonnen werden, wirft jedoch erhebliche ethische Bedenken auf, so dass nach alternativen Quellen für solche Zellen gesucht wird(14).

29.      Wissenschaftler haben Wege gefunden, den normalerweise mit Embryonen verbundenen Prozess der Zellteilung ohne Befruchtung einer Eizelle einzuleiten. Eine dieser Methoden ist die hier in Rede stehende parthenogenetische Aktivierung einer Eizelle, bei der die unbefruchtete Oozyte mit verschiedenen chemischen und elektrischen Techniken „aktiviert“ wird. Eine solche aktivierte Oozyte kann sich in das Blastozystenstadium entwickeln. Da sie nie befruchtet worden ist, enthält die Oozyte lediglich mütterliche und keine väterliche DNA. Der Prozess, in dem sich die Eizelle ohne Befruchtung zu einem Wesen entwickelt, wird als „Parthenogenese“, der so erzeugte Organismus als „Parthenote“ bezeichnet(15).

30.      Auch wenn bei einigen Arten Parthenoten entstehen, die sich bis zur Vollendung entwickeln(16), sind sich in der vorliegenden Rechtssache alle Beteiligten und das vorlegende Gericht (im Gegensatz zu den Beteiligten und dem vorlegenden Gericht in der Rechtssache Brüstle) darin einig, dass nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft das Phänomen der „genomischen Prägung“ verhindert, dass menschliche und andere Säugetier-Parthenoten sich bis zur Vollendung entwickeln(17). Genomische Prägung bedeutet, dass einige Gene nur aus der väterlichen, andere nur aus der mütterlichen DNA exprimiert werden. Beim Menschen werden beispielsweise einige an der Entwicklung von extraembryonalem Gewebe beteiligte Gene nur aus der väterlichen DNA exprimiert. Demzufolge können menschliche Parthenoten – die nur mütterliche DNA tragen – beispielsweise kein richtiges extraembryonales Gewebe entwickeln. Die Zellen solcher Parthenoten sind somit niemals totipotent, da sie sich auch in den wenigen ersten Zellteilungen nicht zu extraembryonalen Zellen entwickeln können. Aus der blastozystenähnlichen Struktur können jedoch Stammzellen gewonnen werden(18). Nach Ansicht von ISC stellen diese Zellen eine gute Alternative zu aus Embryonen gewonnenen menschlichen embryonalen Stammzellen dar.

31.      Zwischen dem vorlegenden Gericht und den Beteiligten besteht Einigkeit darüber, dass die aus der genomischen Prägung folgende Schranke möglicherweise durch genetische Manipulation überwunden werden könnte, auch wenn dies bislang beim Menschen nicht nachgewiesen worden ist. Die Regierungen Portugals und des Vereinigten Königreichs haben in diesem Zusammenhang beispielsweise erwähnt, dass bei Mäusen eine „tetraploide Komplementierung“ erfolgreich eingesetzt worden sei, um, ursprünglich von Parthenoten ausgehend, lebensfähige, das Erwachsenenalter erreichende Nachkommen zu gewinnen(19). ISC hat diese Möglichkeit in der mündlichen Verhandlung nicht in Abrede gestellt, aber erklärt, dass durch die genetische Manipulation, die zur Erreichung dieses Ergebnisses erforderlich sei, die eigentliche Natur der Parthenote verändert werde. Die Französische Republik hat darauf hingewiesen, dass die in Rede stehende Manipulation nach französischem Recht nicht zulässig sei. Das vorlegende Gericht hat als Tatsache festgestellt, dass die geänderten Anmeldungen der Patente, die Gegenstand des Verfahrens sind, es ausschlössen, dass es zu einer solchen Manipulation komme.

2.      Nicht erschöpfender Charakter der Aufzählung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie

32.      Vor dem Hintergrund der vorstehenden Beschreibung der „Parthenote“ und vor der Prüfung der vom High Court vorgelegten Frage müssen meines Erachtens die Bedeutung und die Tragweite der Aufzählung der Patentierungsverbote in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie erörtert werden, zu denen der Ausschluss gehört, der Gegenstand dieses Vorabentscheidungsersuchens ist.

33.      Aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 2 geht unmittelbar klar hervor, dass die Aufzählung der Verbote nicht erschöpfend ist („gelten unter anderem als nicht patentierbar“(20)); dies wird unmissverständlich auch durch den 38. Erwägungsgrund der Richtlinie herausgestellt („Diese Aufzählung ist selbstverständlich nicht erschöpfend.“). Die Kommission hat sich dieser Auslegung in der mündlichen Verhandlung angeschlossen.

34.      Der nicht erschöpfende Charakter der Aufzählung beschränkt somit grundsätzlich die praktische Wirkung der Antwort auf die in dieser Rechtssache vorgelegte Frage. Die Antwort des Gerichtshofs ist nämlich von ganz unterschiedlicher Bedeutung, je nachdem, ob das Unionsrecht auf die Frage der Patentierbarkeit von Parthenoten eine „vollständige Antwort“ oder lediglich einen Teil der Antwort bereithält. Sich diesen Punkt vor der Prüfung der dem Gerichtshof vorgelegten Frage bewusst zu machen, hat meines Erachtens zwei Vorteile. Erstens wird dem Gerichtshof der notwendige Kontext der Frage an die Hand gegeben, wodurch sich klarer erfassen lässt, worum es geht. Zweitens wird es dem Gerichtshof ermöglicht, dem vorlegenden Gericht eine genauere Antwort zu geben, die weitere Vorlagen vermeiden könnte.

35.      Natürlich müsste dieser Punkt nicht erörtert werden, wenn der Gerichtshof dem High Court eine, um es so zu formulieren, „einschließende“ Antwort gäbe, die seine Entscheidung in der Rechtssache Brüstle in vollem Umfang bestätigen würde, d. h., dass die Richtlinie die Patentierung der Verwendung von Parthenoten zu industriellen oder kommerziellen Zwecken verbietet, da sie menschliche Embryonen im Sinne der Richtlinie darstellen. Deshalb musste nach meinem Verständnis auf diesen Punkt in der Rechtssache Brüstle nicht eingegangen werden.

36.      Sollte der Gerichtshof jedoch meinem Vorschlag folgen und eine „ausschließende“ Antwort in dem Sinne geben, dass Parthenoten vom Begriff der menschlichen Embryonen ausgenommen sind – und das ist eindeutig die Ansicht, der das vorlegende Gericht zuneigt –, wird eine nähere Erläuterung der Bedeutung des Umstands unumgänglich, dass die Aufzählung der Verbote nicht erschöpfend ist.

37.      Aus dem nicht erschöpfenden Charakter der Aufzählung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie folgt meines Erachtens, dass der Ausschluss von Parthenoten vom Begriff des menschlichen Embryos in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran hindert, die Verwendung von Parthenoten zu industriellen oder kommerziellen Zwecken nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie von der Patentierbarkeit auszuschließen. Ich werde versuchen, meine Ansicht hierzu so kurz wie möglich zu erläutern.

38.      Die Vorlagefrage ist zweifelsfrei dem Bereich der Bioethik zuzuordnen. Das entzieht sie jedoch nicht der Ebene des Rechts. Wir können nämlich gegenwärtig das Entstehen eines „Bioethikrechts“ beobachten, was sich in der Gesetzgebung der Mitgliedstaaten zeigt(21). Die Richtlinie sollte jedoch eindeutig kein „Bioethikgesetz“ als solches sein, auch wenn sie einige Bestimmungen in dieser Hinsicht enthält. Vielmehr betrifft die Richtlinie, wie ihrem Titel und ihrer Rechtsgrundlage(22) zu entnehmen ist, lediglich den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen, namentlich durch Patente, und es kann davon ausgegangen werden, dass die öffentlichen Beratungen im Verfahren ihrer Ausarbeitung hierauf beschränkt waren und nicht alle relevanten Teilbereiche des sehr komplexen Themenbereichs Bioethik umfassten, wie dies ansonsten der Fall gewesen wäre.

39.      Die biotechnologischen Erfindungen, die Gegenstand der Richtlinie sind und deren rechtlicher Schutz durch Patente gewährt wird, sind nicht auf solche im Bereich der Humanbiotechnologie beschränkt. Vielmehr umfassen sie den Bereich der Biotechnologie im weitesten Sinne, einschließlich ihrer auf Tiere und Pflanzen bezogenen Bereiche. Aufgrund der Sensibilität des Themenbereichs eröffnet die Richtlinie Raum für ethische und moralische Erwägungen im Rahmen der Kategorien der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten(23); dieser Raum ist für die Biotechnologie, die sich auf die Spezies des homo sapiens bezieht, besonders ausgeprägt.

40.      Die zentrale Bestimmung in dieser Hinsicht ist zweifelsohne Art. 6 der Richtlinie. Soweit hier relevant, lautet Art. 6 Abs. 1: „Erfindungen, deren gewerbliche Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen würde, sind von der Patentierbarkeit ausgenommen“. In Art. 6 Abs. 2 wird dann ausgeführt, was „[i]m Sinne von Absatz 1 … unter anderem als nicht patentierbar [gilt]“(24).

41.      Diese beiden Absätze von Art. 6 sind meines Erachtens im Licht der Erwägungsgründe in Verbindung miteinander auszulegen. Eine solche Auslegung ist aufgrund der Einleitung von Art. 6 Abs. 2 geboten, die Abs. 2 eindeutig als Ergänzung zu Abs. 1 kennzeichnet. Wenn Art. 6 Abs. 2 also eine Aufzählung von Erfindungen für nicht patentierbar erklärt, geschieht dies, um – veranschaulichend und um den Mitgliedstaaten Leitlinien zu geben – Fälle anzuführen, in denen Erfindungen gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen. Wie im 38. Erwägungsgrund dargelegt, handelt es sich um „eine informatorische Aufzählung der von der Patentierbarkeit ausgenommenen Erfindungen …, um so den nationalen Gerichten und Patentämtern allgemeine Leitlinien für die Auslegung der Bezugnahme auf die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten zu geben“(25).

42.      Es scheint mir also nicht so zu sein, dass die beiden Absätze von Art. 6 zwei verschiedenen Sphären angehören, Abs. 1 der der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten und Abs. 2 der des Rechts. Vielmehr bringt Art. 6 Abs. 2 einen minimalen unionsweiten Konsens aller Mitgliedstaaten in Form einer Rechtsvorschrift zum Ausdruck, wonach Erfindungen aufgrund von Erwägungen der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten nicht als patentierbar angesehen werden dürfen. Art. 6 Abs. 2 ist somit eine Nebenbestimmung zu Art. 6 Abs. 1.

43.      Das bedeutet, dass die Richtlinie im Zusammenhang mit der jedem Mitgliedstaat anvertrauten Aufgabe, zu bestimmen, welche Erfindungen im Licht der Erwägungen der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten(26) nicht patentierbar sind, einen Kern der Nichtpatentierbarkeit, eine Art „Sperrgebiet“ schafft, das allen Mitgliedstaaten als Ausdruck dessen gemein ist, was in jedem Fall als nicht patentierbar angesehen werden muss. Wenn also Parthenoten vom Begriff der menschlichen Embryonen im Sinne der Richtlinie nicht umfasst sind, würde dies nicht bedeuten, dass Mitgliedstaaten ihre Patentierbarkeit nicht aufgrund sonstiger Erwägungen der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten – unter Beachtung des Umstands, dass der Begriff des menschlichen Embryos Parthenoten nicht umfasst – verbieten könnten(27).

44.      Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie den Behörden und Gerichten der Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum lässt und es dadurch ermöglicht, dem sozialen und kulturellen Umfeld der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen(28), wohingegen Art. 6 Abs. 2 keinen Spielraum lässt, was die Nichtpatentierbarkeit der genannten Verfahren und Verwendungen angeht(29), die unionsrechtlich autonom definiert sind.

45.      Mit den vorstehenden Ausführungen könnte es sein Bewenden haben, wenn nicht im Fall von Parthenoten die Besonderheit bestünde, dass sie eine äußerliche „Ähnlichkeit“ mit menschlichen Embryonen aufweisen. Durch diese Nähe könnte der Eindruck entstehen, dass sämtliche Einwände gegen die Patentierbarkeit von Parthenoten darauf abstellen müssten, ob sie vom Begriff des menschlichen Embryos umfasst sind oder nicht. Dann hinge mit anderen Worten die Behandlung von Parthenoten unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung oder der guten Sitten allein davon ab, ob sie vom Begriff des menschlichen Embryos umfasst sind oder nicht. Wiederum anders formuliert, schlösse der Umstand, dass das Unionsrecht den Begriff „menschlicher Embryo“ in der Richtlinie autonom definiert, die Möglichkeit aus, dass Mitgliedstaaten in der Frage der Patentierbarkeit von Parthenoten aufgrund von Erwägungen der öffentlichen Ordnung und der guten Sitten zu eigenen Ergebnissen kommen.

46.      Dies ist meines Erachtens nicht der Fall.

47.      Richtig ist sicherlich, dass der Gerichtshof festgestellt hat, dass der Begriff „menschlicher Embryo“ in der Richtlinie autonom und „weit auszulegen“ ist(30); auf diese Entscheidung werde ich später noch zurückkommen. Dies hat dazu geführt, dass der Gerichtshof menschliche Embryonen und andere, unter Einsatz wissenschaftlicher und technologischer Verfahren entstandene menschliche Organismen mit den gleichen Entwicklungsfähigkeiten wie menschliche Embryonen gleichgestellt hat(31).

48.      Parthenoten mögen diese Voraussetzung erfüllen oder nicht, was nachfolgend noch erörtert werden wird. Egal welcher Ansicht man in dieser Frage ist, kann angesichts des Ursprungs von Parthenoten (menschliche Eizellen) und der eingesetzten Technologie nicht ausgeschlossen werden, dass ein Mitgliedstaat Patente auf die Verwendung von Parthenoten zu industriellen oder kommerziellen Zwecken nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie und völlig unabhängig von den Verboten in Art. 6 Abs. 2 als Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten ansieht.

49.      Wenn also geprüft wird, ob Parthenoten im Licht der weiteren Erläuterungen des vorlegenden Gerichts als menschliche Embryonen im Sinne der Richtlinie anzusehen sind, ist im Blick zu behalten, dass diese Frage sich auf ein Verbot der Patentierbarkeit bezieht, das Teil einer nicht erschöpfenden Aufzählung in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie ist, die lediglich den Gedanken des Art. 6 Abs. 1 veranschaulicht.

3.      Art. 5 der Richtlinie

50.      Eine letzte Vorbemerkung ist zu Art. 5 der Richtlinie erforderlich. Der Gerichtshof hat den Teilnehmern der mündlichen Verhandlung zwei Fragen vorgelegt; mit der zweiten wurde danach gefragt, ob eine Parthenote als „menschlicher Körper“ in der Anfangsphase seiner Entstehung und Entwicklung im Sinne von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie oder, soweit dies zu verneinen ist, als „isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers“ im Sinne von Art. 5 Abs. 2 angesehen werden kann. Meiner Ansicht nach kann die Vorlagefrage durchaus beantwortet werden, ohne Art. 5 der Richtlinie zu berücksichtigen.

51.      Nach Art. 5 Abs. 1 und 2 der Richtlinie sind der menschliche Körper in den einzelnen Phasen seiner Entstehung und Entwicklung und die bloße Entdeckung eines seiner Bestandteile nicht patentierbar, während ein isolierter Bestandteil des menschlichen Körpers oder ein auf andere Weise durch ein technisches Verfahren gewonnener Bestandteil patentierbar ist. Die Unterscheidung bringt eines der grundlegenden Prinzipien des Patentrechts in Erinnerung, nämlich dass nur Erfindungen, nicht aber Entdeckungen patentierbar sind(32).

52.      Eine Parthenote ist weder ein menschlicher Körper in einer Phase seiner Entstehung und Entwicklung noch einer seiner Bestandteile. Vielmehr werden Parthenoten im Wege eines technischen Verfahrens erzeugt, so dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie als solcher ihrer Patentierbarkeit nicht entgegensteht. Wie der Gerichtshof in der Rechtssache Niederlande gegen Parlament und Rat entschieden hat, können „Gegenstand einer Patentanmeldung … Erfindungen sein, die einen natürlichen Bestandteil mit einem technischen Verfahren verknüpfen, durch das dieser im Hinblick auf eine gewerbliche Anwendung isoliert oder reproduziert werden kann“(33).

B –    Vorlagefrage

53.      Ich komme nun zu der Frage, ob Parthenoten im Sinne der Richtlinie als menschliche Embryonen anzusehen sind, und zwar insbesondere im Licht der Präzisierungen des vorlegenden Gerichts und des Urteils des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle, in der der Gerichtshof im Tenor seines Urteils für Recht erkannt hat, dass „… jede unbefruchtete menschliche Eizelle, die durch Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden ist, … ein ‚menschlicher Embryo‘ [ist]“(34).

54.      Bevor ich jedoch zu meiner eigenen Prüfung komme, werde ich die Ansichten der Beteiligten darstellen.

1.      Ansichten der Beteiligten

55.      Die Verfahrensbeteiligten vertreten in der Frage, ob Parthenoten als menschliche Embryonen anzusehen sind, unterschiedliche Ansichten.

56.      ISC, Frankreich, Schweden, das Vereinigte Königreich und die Kommission sehen Parthenoten nicht als „menschliche Embryonen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie an.

57.      ISC bringt vor, dass die Richtlinie einerseits die Forschung im Bereich der Gentechnik durch die Gewährung von Patentanreizen fördere und andererseits die Patentierbarkeit aus Gründen der Achtung der Menschenwürde beschränke, indem sie beispielsweise den menschlichen Körper(35) und die Verwendung totipotenter menschlicher Zellen von der Patentierbarkeit ausschließe(36). Die Auslegung des Begriffs „menschlicher Embryo“ müsse diese beiden Erwägungen in einen angemessenen Ausgleich bringen. Zwar verlangten die Würde und die Unversehrtheit des Menschen, dass befruchtete menschliche Eizellen als Embryonen angesehen werden müssten, doch könne ein Organismus, der nicht fähig sei, sich zu einem Menschen zu entwickeln oder auch nur den Prozess in Gang zu setzen, der zur Entstehung eines Menschen führe, nicht als Embryo angesehen werden. Da eine Eizelle ohne väterliche DNA sich in das Blastozystenstadium entwickeln könne, jedoch nicht bis zur Vollendung, da, anders ausgedrückt, die Zellen einer Parthenote selbst in den wenigen ersten Zellteilungen pluripotent und niemals totipotent seien, so dass eine Entwicklung bis zur Vollendung ausgeschlossen sei, könnten Parthenoten nicht als menschliche Embryonen angesehen werden. Sie unterschieden sich somit in allen Stadien ihrer Entwicklung von befruchteten Eizellen. Ein angemessener Ausgleich zwischen dem Schutz der Menschenwürde und der Gewährung von Patentanreizen für die Forschung könne nur dann erreicht werden, wenn Parthenoten nicht von der Patentierbarkeit ausgeschlossen würden.

58.      Im Hinblick auf die Entscheidung des Gerichtshofs in der Rechtssache Brüstle bringt ISC hauptsächlich vor, dass die Ansicht, dass Parthenoten keine menschlichen Embryonen seien, nicht im Widerspruch zu dieser Entscheidung stehe. Mit seiner Bezugnahme auf einen Organismus, der „geeignet“ sei, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“, habe der Gerichtshof feststellen wollen, dass geprüft werden müsse, ob Organismen geeignet seien, den Entwicklungsprozess in Gang zu setzen, der zur Entstehung eines Menschen führe, wobei es den nationalen Gerichten überlassen bleibe, zu entscheiden, ob diese Voraussetzung erfüllt sei. ISC sieht ihr Vorbringen dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof auf die Entwicklung eines Menschen abstelle und dass er sich mit genau dem gleichen Argument auf befruchtete Eizellen und unbefruchtete Eizellen, die einem Transfer von Somazellkernen unterzogen worden seien, beziehe, die sich beide zu einem Menschen entwickeln könnten. Schließlich hätten das vorlegende Gericht und die Beteiligten in der Rechtssache Brüstle unklare Informationen dazu vorgetragen, ob Parthenoten sich zu einem Menschen entwickeln könnten. Sollte die Entscheidung des Gerichtshofs anders zu verstehen sein, nämlich dahin, dass es sich bei Parthenoten aufgrund der Parallelität der Natur ihrer (anfänglichen) Entwicklung zu derjenigen von Embryonen um menschliche Embryonen handele, hält ISC eine Abkehr von der Entscheidung Brüstle angesichts dessen für gerechtfertigt, dass das vorlegende Gericht in der vorliegenden Rechtssache ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass Parthenoten und befruchtete Eizellen in keinem Stadium ihrer Entwicklung identisch seien. ISC sieht ihre Ansicht ferner durch die im Anschluss an das Vorabentscheidungsverfahren ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs in der Rechtssache Brüstle bestätigt, in der das deutsche Gericht bestimmte nicht lebensfähige Organismen, die sich aus im Rahmen einer In-vitro-Fertilisation befruchteten Oozyten entwickelt hätten, nicht als Embryonen im Sinne der Entscheidung des Gerichtshofs angesehen habe, da sie nicht geeignet seien, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen.

59.      Das Vereinigte Königreich bringt vor, dass der Gerichtshof seine mehrdeutige, auf die Formulierung „geeignet“, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“ gestützte Entscheidung in der Rechtssache Brüstle klarstellen müsse. Der technische Hintergrund in Bezug auf Parthenoten sei in den in der Rechtssache Brüstle eingereichten Erklärungen nicht zutreffend wiedergegeben worden, das wissenschaftliche Verständnis von Parthenoten habe sich seitdem weiterentwickelt, und Parthenoten könnten heute in keinem Stadium ihrer Entwicklung als mit Embryonen identisch angesehen werden. Sowohl der Gerichtshof als auch der Generalanwalt hätten in der Rechtssache Brüstle anerkannt, dass sich Antworten in einem sich noch entwickelnden technologischen Bereich mit dem technologischen Fortschritt ändern könnten. Die Formulierung „geeignet“, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“ müsse dahin verstanden werden, dass sie nur Entwicklungsprozesse umfasse, die zumindest das Potenzial hätten, bis zur Vollendung und zur Entstehung eines lebensfähigen Menschen zu führen, womit auch der notwendige Ausgleich zwischen den erwünschten Anreizen für den Biotechnologiesektor und der Würde und der Unversehrtheit des Menschen erreicht werde(37). Frankreich und Schweden vertreten ein ähnliches Verständnis der Formel des Gerichtshofs und sind der Ansicht, dass die Parthenogenese nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft nicht als eine Technik angesehen werden könne, die geeignet sei, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen. Die Kommission ist ähnlicher Ansicht und bringt vor, dass die Beurteilung des Gerichtshofs, wonach Parthenoten diese Voraussetzungen erfüllten und als menschliche Embryonen anzusehen seien, auf schriftlichem Vorbringen basiert habe, das sich im Licht der wissenschaftlichen Entwicklungen als falsch erwiesen habe. Die Kommission fordert den Gerichtshof auf, Kriterien festzulegen, bei denen nicht zu erwarten sei, dass sie infolge der raschen Entwicklung in der Biotechnologie Änderungen unterworfen seien.

60.      Portugal unterstützt ebenfalls diese Auslegung der Formel des Gerichtshofs, betont aber das Risiko weiterer, zu ihrer Lebensfähigkeit führender Manipulationen einer Parthenote. Es schlägt vor, die Frage zu bejahen, soweit nicht nachgewiesen werde, dass Parthenoten nicht fähig seien, sich durch irgendeine Form zusätzlicher Manipulation zu Menschen zu entwickeln. Es obliege dem nationalen Gericht, festzustellen, ob in der Patentanmeldung eindeutig nachgewiesen werde, dass eine solche Fähigkeit nicht bestehe, oder ob in den Patentansprüchen auf ein Recht zur Vornahme solcher Manipulationen verzichtet werde. Das Vereinigte Königreich stellt insbesondere die Relevanz der Möglichkeit solcher künftiger Manipulationen in Abrede und beruft sich insoweit auf die Begründung des deutschen Bundesgerichtshofs in der abschließenden Entscheidung in der Rechtssache Brüstle, in der festgestellt worden sei, dass das entscheidende Kriterium die Fähigkeit einer Zelle als solcher und nicht die Fähigkeit einer Zelle nach ihrer Manipulierung sei.

61.      Polen dagegen würde die Frage bejahen. Es bringt vor, dass der Gerichtshof zu Recht im Interesse der Wahrung der Menschenwürde auf die Fähigkeit abstelle, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen. Auch wenn sich Parthenoten nach unserem gegenwärtigen Verständnis nicht zu Menschen entwickeln könnten, durchliefen sie anfänglich die gleichen Entwicklungsstadien wie eine befruchtete Eizelle, nämlich Zellteilung und Differenzierung, und seien somit menschliche Embryonen.

2.      Würdigung

a)      Urteil in der Rechtssache Brüstle

62.      Der Gerichtshof hat in der Rechtssache Brüstle(38) eine Definition des Begriffs „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie vorgenommen. Er hat entschieden, dass „[j]ede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an, jede unbefruchtete menschliche Eizelle, in die ein Zellkern aus einer ausgereiften menschlichen Zelle transplantiert worden ist, und jede unbefruchtete menschliche Eizelle, die durch Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden ist, … ein ‚menschlicher Embryo‘ [ist]“(39). Für Zellen, die im Stadium der Blastozyste gewonnen werden, hat der Gerichtshof jedoch einen anderen Ansatz gewählt: „Es ist Sache des nationalen Gerichts, im Licht der technischen Entwicklung festzustellen, ob eine Stammzelle, die von einem menschlichen Embryo im Stadium der Blastozyste gewonnen wird, einen ‚menschlichen Embryo‘ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44 darstellt.“(40)

63.      Nach dieser Formulierung scheinen Parthenoten klar und eindeutig von der Definition der „menschlichen Embryonen“ erfasst zu werden. Der Tenor des Urteils muss jedoch im Licht der Gründe verstanden werden, die zu diesem geführt haben und die ihn tragen(41).

64.      Die Frage in der Rechtssache Brüstle wurde dem Gerichtshof in einem Verfahren über die Gültigkeit eines von Herrn Brüstle angemeldeten deutschen Patents für „isolierte und gereinigte neurale Vorläuferzellen, Verfahren zu ihrer Herstellung aus embryonalen Stammzellen und ihre Verwendung zur Therapie von neuralen Defekten“ vorgelegt(42). Im Rahmen seiner Frage nach der Bedeutung des Begriffs „menschliche Embryonen“ fragte der Bundesgerichtshof ausdrücklich, ob „unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind“, von diesem Begriff umfasst sind(43), da die Patentschrift solche Eizellen als alternativen Weg zur Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen bezeichnete.

65.      Gestützt auf den Zusammenhang und das Ziel der Richtlinie, namentlich die Erwägungsgründe 16 und 38, Art. 5 Abs. 1 und Art. 6, argumentierte der Gerichtshof, dass die Richtlinie jede Möglichkeit der Patentierung ausschließen soll, sobald die der Menschenwürde geschuldete Achtung beeinträchtigt werden könnte, und kam zu dem Schluss, dass der Begriff „menschlicher Embryo“ im Sinne von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie somit „weit auszulegen ist“(44).

66.      Der Gerichtshof führt im Anschluss weiter aus, dass dementsprechend „jede menschliche Eizelle vom Stadium ihrer Befruchtung an als ‚menschlicher Embryo‘ im Sinne und für die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie anzusehen [ist], da die Befruchtung geeignet ist, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“(45).

67.      Dieses Kriterium, nämlich die Frage, ob ein Organismus „geeignet“ ist, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“, ist der Schlüssel zur Argumentation des Gerichtshofs. Wenn ein Organismus diese Fähigkeit „wie der durch Befruchtung einer Eizelle entstandene Embryo“ hat, ist er einem Embryo funktional gleichgestellt und wird somit vom Begriff „menschlicher Embryo“ umfasst(46).

68.      Der Gerichtshof wendet das Kriterium sodann auf Parthenoten und unbefruchtete Eizellen nach einem Transfer von Somazellkernen an und sieht beide vorgenannten Organismen als geeignet an, den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen(47). Für Stammzellen, die von einem menschlichen Embryo im Stadium der Blastozyste gewonnen werden, überlässt der Gerichtshof es jedoch den nationalen Gerichten, zu entscheiden, ob sie diese Fähigkeit haben und „folglich unter den Begriff des menschlichen Embryos im Sinne und für die Anwendung von Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie fallen“(48).

b)      Mein Verständnis des Urteils Brüstle

69.      Wie soll man die Formulierung „geeignet“, „den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“ verstehen? Auf den ersten Blick könnte sie unklar erscheinen: Entweder wird damit die Parallelität der ersten Entwicklungsschritte hervorgehoben, nämlich die Frage, ob ein Organismus in einen Prozess der Zellteilung und Differenzierung eintritt, der dem einer befruchteten Eizelle ähnelt, oder aber die Tatsache, dass der Organismus die inhärente Fähigkeit hat, sich zu einem Menschen zu entwickeln.

70.      Sieht man sich das Urteil jedoch näher an, zeigt sich, dass der Gerichtshof die Prüfung meinte, ob eine unbefruchtete Eizelle die inhärente Fähigkeit hat, sich zu einem Menschen zu entwickeln.

71.      Meiner Ansicht nach hat der Gerichtshof im Urteil Brüstle eine funktionale Gleichstellung zwischen befruchteten Eizellen, unbefruchteten Eizellen, die einem Transfer von Somazellkernen unterzogen wurden, und Parthenoten vorgenommen. Obwohl Parthenoten, wie jetzt ersichtlich ist, unter diesen drei Organismen die einzigen sind, die sich nicht zu Menschen entwickeln können, behandelt der Gerichtshof Parthenoten und unbefruchtete Eizellen, die einem Transfer von Somazellkernen unterzogen wurden, in derselben Randnummer, ohne irgendeine Unterscheidung zwischen ihnen zu erwähnen; er führt vielmehr aus, dass beide Organismen, „wie aus den beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen Erklärungen hervorgeht, … geeignet [sind], wie der durch Befruchtung einer Eizelle entstandene Embryo den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen“(49). Wäre dem Gerichtshof der grundlegende Unterschied zwischen Parthenoten und unbefruchteten Eizellen, die einem Transfer von Somazellkernen unterzogen wurden, bewusst gewesen und hätte er gleichwohl eine funktionale Gleichstellung zwischen beiden vornehmen wollen, hätte er diesen Unterschied sicherlich erörtert.

72.      Es besteht daher Grund zu der Annahme, dass der Gerichtshof aufgrund der seinerzeit eingereichten Erklärungen den Eindruck hatte, dass alle drei Organismen die inhärente Fähigkeit besitzen, sich zu einem Menschen zu entwickeln. Die Kommission unterstützt diese Sichtweise in ihren Erklärungen in der vorliegenden Rechtssache und führt Beispiele für Ausführungen in den Erklärungen in der Rechtssache Brüstle an, die diesen Eindruck hervorgerufen haben könnten. Die Annahme wird auch durch die Schlussanträge des Generalanwalts Bot bestätigt, der argumentiert, dass Parthenoten Embryos seien, „soweit nach den beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen totipotente Zellen“, d. h. Zellen, die sich zu einem Menschen entwickeln können, aus ihnen gewonnen werden könnten(50).

73.      Nach meinem Verständnis der Argumentation des Gerichtshofs ist das entscheidende Kriterium für die Feststellung, ob es sich bei einer unbefruchteten Eizelle um einen menschlichen Embryo handelt, somit die Frage, ob diese unbefruchtete Eizelle die inhärente Fähigkeit hat, sich zu einem Menschen zu entwickeln, d. h., ob sie einer befruchteten Eizelle wirklich funktional entspricht.

74.      Angesichts der Tatsachen, die von dem vorlegenden Gericht und den Beteiligten des jetzt anhängigen Verfahrens unmissverständlich dargelegt worden sind, zeigt sich nun, dass eine Parthenote per se nicht die erforderliche inhärente Fähigkeit hat, sich zu einem Menschen zu entwickeln, und somit als solche kein „menschlicher Embryo“ ist(51).

75.      Demnach ist die vom High Court vorgelegte Frage – unter dem einzigen Vorbehalt, den ich anschließend behandeln werde – zu verneinen, d. h., dass unbefruchtete menschliche Eizellen, die entsprechend der Darstellung des vorlegenden Gerichts durch Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind, vom Begriff „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie nicht umfasst sind.

76.      Der fragliche Vorbehalt betrifft den oben(52) dargelegten möglichen Fall, dass eine Parthenote genetisch so manipuliert wird, dass sie sich bis zur Vollendung und somit zu einem Menschen entwickeln kann. Da derartige Manipulationen bereits erfolgreich an nicht menschlichen Säugetier-Parthenoten (nämlich bei Mäusen) versucht wurden, lässt sich nicht kategorisch ausschließen, dass sie in der Zukunft auch bei menschlichen Parthenoten möglich sein werden, auch wenn solche Manipulationen vielfach unzulässig sein werden(53).

77.      Die bloße Möglichkeit einer späteren genetischen Manipulation, die die grundlegenden Eigenschaften einer Parthenote verändert, ändert indessen den Charakter einer Parthenote vor der Manipulation nicht. Wie schon erwähnt, hat eine Parthenote als solche nach dem gegenwärtigen Stand der Wissenschaft nicht die Fähigkeit, sich zu einem Menschen zu entwickeln. Wird die Parthenote so manipuliert, dass sie die entsprechende Fähigkeit tatsächlich erlangt, kann sie nicht mehr als Parthenote angesehen und demzufolge nicht patentiert werden.

78.      Die Frage des High Court kann somit nicht in Form einer bloßen Verneinung beantwortet werden. Vielmehr gebietet es die Vorsicht, klar darauf hinzuweisen, dass Parthenoten nur insoweit vom Begriff der Embryonen ausgenommen werden können, als sie nicht genetisch so manipuliert worden sind, dass sie sich zu einem Menschen entwickeln können.

79.      Aufgrund dieser Erwägungen schlage ich vor, die Frage des vorlegenden Gerichts dahin zu beantworten, dass unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind, vom Begriff „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie nicht umfasst sind, solange sie nicht die Fähigkeit haben, sich zu einem Menschen zu entwickeln, und nicht genetisch so manipuliert worden sind, dass sie diese Fähigkeit erwerben.

V –    Ergebnis

80.      Nach alledem sollte die Frage des High Court of Justice, Chancery Division (Patents Court), meines Erachtens vom Gerichtshof wie folgt beantwortet werden:

Unbefruchtete menschliche Eizellen, die im Wege der Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden sind, sind vom Begriff „menschliche Embryonen“ in Art. 6 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Juli 1998 über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen nicht umfasst, solange sie nicht die Fähigkeit haben, sich zu einem Menschen zu entwickeln, und nicht genetisch so manipuliert worden sind, dass sie diese Fähigkeit erwerben.


1 – Originalsprache: Englisch.


2 – ABl. L 213, S. 13.


3 – Urteil Brüstle (C‑34/10, EU:C:2011:669).


4 – „Das Gleiche gilt für die unbefruchtete menschliche Eizelle, … die durch Parthenogenese zur Teilung und Weiterentwicklung angeregt worden ist. Selbst wenn diese Organismen, genau genommen, nicht befruchtet worden sind, sind sie, wie aus den beim Gerichtshof abgegebenen schriftlichen Erklärungen hervorgeht, infolge der zu ihrer Gewinnung verwendeten Technik geeignet, wie der durch Befruchtung einer Eizelle entstandene Embryo den Prozess der Entwicklung eines Menschen in Gang zu setzen.“


5 – Beschluss des Rates (vom 22. Dezember 1994) über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1).


6 –      Im Text enthaltene Fußnoten sind hier nicht wiedergegeben.


7 – In geänderter Fassung.


8 – Mellulis, K.-J., „Artikel 53“, in: Ehlers, J., und Kinkeldey, U., (Hrsg.) Benkard – Europäisches Patentübereinkommen, Beck, München, 2. Aufl. 2012, Rn. 39.


9 – Die Patente wurden ursprünglich für eine andere Gesellschaft angemeldet, dann jedoch an ISC abgetreten.


10 – Der Begriff ist nicht nur allgemein gebräuchlich – wie seine Aufnahme in das Shorter Oxford English Dictionary belegt –, sondern auch Gegenstand einer gesetzlichen Definition, nämlich in Art. 2 Buchst. d des schweizerischen Bundesgesetzes über die Forschung an embryonalen Stammzellen (AS 2005, 947, in geänderter Fassung).


11 – Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Brüstle (C‑34/10, EU:C:2011:138, Nrn. 47 und 48).


12 – Vgl. auch die Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Brüstle (C‑34/10, EU:C:2011:138, Fn. 17).


13 – Der deutsche Gesetzgeber hat eine gesetzliche Definition dieser Begriffe eingeführt, vgl. § 3 Nrn. 1 und 4 des Gesetzes zur Sicherstellung des Embryonenschutzes im Zusammenhang mit Einfuhr und Verwendung menschlicher embryonaler Stammzellen (Stammzellgesetz, BGBl. I, S. 2277, in geänderter Fassung). Generalanwalt Bot hat sich in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Brüstle (EU:C:2011:138) in hohem Maße auf diese Unterscheidung gestützt.


14 – Selbst wenn diese Zellen nicht aus Embryonen gewonnen werden, werden sie allgemein als „menschliche embryonale Stammzellen“ bezeichnet, was nicht zu terminologischer Klarheit beiträgt.


15 – Siehe auch meine Definition oben.


16 – Vgl. Mittwoch, U., „Parthenogenesis“, Journal of Medical Genetics 1978 (15), S. 165.


17 – Frankreich weist darauf hin, dass keine Einigkeit darüber bestehe, was die genauen Gründe für die Beendigung der Entwicklung einer Parthenote bei Säugetieren seien.


18 – Während einige Beteiligte diese Zellen für pluripotent halten, weist Frankreich darauf hin, dass die Wirkungen der genomischen Prägung nicht auf extraembryonales Gewebe beschränkt seien, sondern auch die richtige Organbildung behinderten und die Zellen somit nicht als pluripotent anzusehen seien.


19 – Chen, Z., u. a., „Birth of Parthenote Mice Directly from Parthenogenetic Embryonic Stem Cells“, Stem Cells 2009 (27), 2136.


20 – Hervorhebung nur hier. Den hervorgehobenen Wörtern entsprechen in anderen Sprachen „in particular“ (Englisch), „notamment“ (Französisch) bzw. „met name“ (Niederländisch).


21 – Vgl. explizit in Frankreich: loi n° 2011-814 relative à la bioéthique du 7 juillet 2011 (Bioethikgesetz, JORF n° 157 vom 8. Juli 2011, S. 11826), in geänderter Fassung; andere Mitgliedstaaten haben Teilbereiche der Bioethik gesetzlich geregelt, wie etwa im Vereinigten Königreich durch den Human Fertilisation and Embryology Act 1990 (Gesetz über menschliche Befruchtung und Embryologie von 1990), 1990 c. 37, in geänderter Fassung, oder in den Niederlanden durch das Wet van 20 juni 2002, houdende regels inzake handelingen met geslachtscellen en embryo’s (Embryowet, Gesetz zur Regelung des Umgangs mit Keimzellen und Embryonen, Stb. 2002, 338), in geänderter Fassung, oder durch das bereits erwähnte deutsche Gesetz. Vgl. Hennette-Vauchez, S., „1994-2004: Dix ans de droit de la bioéthique“, in: Hennette-Vauchez, S. (Hrsg.), Bioéthique, biodroit, biopolitique, LGDJ, Paris 2006, S. 11.


22 – Vgl. Urteil Niederlande/Parlament und Rat (C‑377/98, EU:C:2001:523).


23 – Der Ausschluss aus Gründen der öffentlichen Ordnung hat seinen Ursprung in Art. 27 Abs. 2 des TRIPS-Übereinkommens (Erwägungsgründe 36 und 37 der Richtlinie). Zu diesem Ausschluss im Einzelnen vgl. Barton, T., Der „Ordre public“ als Grenze der Biopatentierung, Erich Schmidt Verlag, Berlin 2004.


24 – Hervorhebung nur hier. In anderen Sprachfassungen heißt es an dieser Stelle: „On the basis of paragraph 1“ (Englisch); „En virtud de lo dispuesto en el apartado 1“ (Spanisch); „Au titre du paragraphe 1“ (Französisch).


25 – Im Englischen: „an illustrative list of inventions excluded from patentability so as to provide national courts and patent offices with a general guide to interpreting the reference to ordre public and morality“, im Spanischen: „una lista orientativa de las invenciones no patentables, con objeto de proporcionar a los jueces y a las oficinas nacionales de patentes una guía para interpretar la referencia al orden público o a la moralidad“; im Französischen: „une liste indicative des inventions exclues de la brevetabilité afin de donner aux juges et aux offices de brevets nationaux des orientations générales aux fins de lʼinterprétation de la référence à lʼordre public ou aux bonnes mœurs“ (Hervorhebung jeweils nur hier).


26 – Vgl. den 39. Erwägungsgrund der Richtlinie.


27 – Ein gutes Beispiel für eine solche Entscheidung ist der Fall der Schweiz, die eine Bestimmung über Gentechnologie bei Menschen in ihre Verfassung aufgenommen hat (Art. 119), die Entwicklung von Parthenoten, die Gewinnung von Stammzellen aus Parthenoten und die Verwendung solcher Stammzellen in Art. 3 Buchst. d des Bundesgesetzes über die Forschung an embryonalen Stammzellen (AS 2005, 947, in geänderter Fassung) gesetzlich verbietet und die Patentierbarkeit von Verfahren der Parthenogenese unter Verwendung menschlicher Keimzellen sowie von Parthenoten, die durch solche Verfahren erzeugt wurden, ausschließt, Art. 2 Buchst. c des Bundesgesetzes über die Erfindungspatente (AS 1955, 871, in geänderter Fassung). Die schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin führte als Argument für dieses Verbot nicht nur den Schutz von Embryonen, sondern auch Bedenken gegen die Spende von Oozyten an, da die Parthenogenese auf die Verfügbarkeit von Oozyten angewiesen ist. Schweizerische Nationale Ethikkommission im Bereich der Humanmedizin, Forschung an menschlichen Embryonen und Föten, Stellungnahme Nr. 11/2006, Bern, S. 15.


28 – Urteile Niederlande/Parlament und Rat (EU:C:2001:523, Rn. 37 und 38), Kommission/Italien (C‑456/03, EU:C:2005:388, Rn. 78) und Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 29).


29 – Urteile Kommission/Italien (EU:C:2005:388, Rn. 78) und Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 29).


30 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 26 und 34).


31 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 36).


32 – Vgl. auch den 16. Erwägungsgrund; Schlussanträge des Generalanwalts Jacobs in der Rechtssache Niederlande/Parlament und Rat (EU:C:2001:329, Rn. 199).


33 – Urteil Niederlande/Parlament und Rat (EU:C:2001:523, Rn. 72). Vgl. auch Erwägungsgründe 20 und 21 sowie Urteil Kommission/Italien (EU:C:2005:388, Rn. 66).


34 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Tenor).


35 – Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie.


36 – 38. Erwägungsgrund der Richtlinie.


37 – Das Vereinigte Königreich hat auch vorgeschlagen, die in den Schlussanträgen des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Brüstle vorgenommene Unterscheidung zwischen totipotenten und pluripotenten Zellen zu übernehmen.


38 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669).


39 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Tenor).


40 – Ebd.


41 – Urteile Asteris u. a./Kommission (verbundene Rechtssachen 97/86, 99/86, 193/86 und 215/86, EU:C:1988:199, Rn. 27) und Bosch (135/77, EU:C:1978:75, Rn. 4).


42 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 15).


43 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 23).


44 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 32 bis 34).


45 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 35, Hervorhebung nur hier).


46 – Vgl. Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 36).


47 – Ebd.


48 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 37).


49 – Urteil Brüstle (EU:C:2011:669, Rn. 36).


50 – Schlussanträge des Generalanwalts Bot in der Rechtssache Brüstle (C‑34/10, EU:C:2011:138, Nr. 91, Hervorhebung nur hier).


51 – Vgl. die Erörterung bei Austriaco, N., „Complete Moles and Parthenotes Are Not Organisms“, in: Suarez, A., und Huarte, J. (Hrsg.), Is this Cell a Human Being?, Springer, Heidelberg 2011, S. 45.


52 – Vgl. Nr. 31 der vorliegenden Schlussanträge.


53 – Frankreich hat in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass solche Manipulationen in Frankreich unzulässig seien. Vgl. hierzu auch Art. 13 des Übereinkommens zum Schutz der Menschenrechte und der Menschenwürde im Hinblick auf die Anwendung von Biologie und Medizin: Übereinkommen über Menschenrechte und Biomedizin, unterzeichnet am 4. April 1997 in Oviedo, das bestimmte Interventionen, die auf die Veränderung des menschlichen Genoms gerichtet sind, verbietet. Das Übereinkommen des Europarats ist von 29 Staaten ratifiziert worden, darunter verschiedene Mitgliedstaaten der Europäischen Union, nicht jedoch die Union selbst.