Language of document : ECLI:EU:F:2011:101

URTEIL DES GERICHTS FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
DER EUROPÄISCHEN UNION (Erste Kammer)

5. Juli 2011(1)

„Öffentlicher Dienst – Vertragsbediensteter – Einstellungsbedingungen – Körperliche Eignung – Ärztliche Einstellungsuntersuchung – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Ärztliche Schweigepflicht – Übermittlung medizinischer Daten zwischen den Organen – Recht auf Achtung des Privatlebens“

In der Rechtssache F‑46/09

betreffend eine Klage nach den Art. 236 EG und 152 EA,

V, Bewerberin um eine Stelle als Vertragsbedienstete beim Europäischen Parlament, wohnhaft in Brüssel (Belgien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte É. Boigelot und S. Woog,

Klägerin,

unterstützt durch

Europäischer Datenschutzbeauftragte, vertreten durch V. Pérez Asinari und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Europäisches Parlament, vertreten durch K. Zejdová und S. Seyr als Bevollmächtigte,

Beklagter,

erlässt

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer),

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Gervasoni (Berichterstatter), des Richters H. Kreppel und der Richterin M. I. Rofes i Pujol,

Kanzler: R. Schiano, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. März 2011

folgendes

Urteil

1        Mit Klageschrift, die am 5. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat V die vorliegende Klage erhoben; sie begehrt die Aufhebung der Entscheidung vom 19. Dezember 2008, mit der der Direktor der Personalverwaltung des Europäischen Parlaments das ihr am 10. Dezember 2008 gemachte Einstellungsangebot wegen mangelnder Eignung zur Einstellung zurückgezogen hat, und des Gutachtens des Vertrauensarztes des Parlaments vom 18. Dezember 2008 sowie Schadensersatz.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 82 Abs. 3 der Beschäftigungsbedingungen für die sonstigen Bediensteten der Europäischen Union (im Folgenden: BSB) lautet:

„Als Vertragsbediensteter darf nur eingestellt werden, wer

d)      die für die Ausübung seiner Tätigkeit erforderliche körperliche Eignung besitzt …“

3        Art. 83 der BSB lautet:

„Vor der Einstellung wird der Vertragsbedienstete durch einen Vertrauensarzt des Organs untersucht, damit dieses die Gewissheit erhält, dass der Bewerber die Voraussetzungen des Artikels 82 Absatz 3 Buchstabe d) erfüllt.

Artikel 33 [Abs. 2] des Statuts [der Beamten der Europäischen Union] gilt entsprechend.“

4        Art. 33 Abs. 2 des Statuts der Beamten der Europäischen Union (im Folgenden: Statut) lautet:

„Hat die ärztliche Untersuchung nach Absatz 1 ein negatives ärztliches Gutachten zur Folge, so kann der Bewerber innerhalb von 20 Tagen nach der entsprechenden Mitteilung seitens des Organs beantragen, dass sein Fall einem Ärzteausschuss aus drei Ärzten, die die Anstellungsbehörde unter den Vertrauensärzten der Organe auswählt, zur Stellungnahme unterbreitet wird. Der Vertrauensarzt, der das erste negative Gutachten abgegeben hat, wird von dem Ärzteausschuss gehört. Der Bewerber kann dem Ärzteausschuss das Gutachten eines von ihm gewählten Arztes vorlegen. Werden die Schlussfolgerungen der in Absatz 1 vorgesehenen ärztlichen Untersuchung durch den Ärzteausschuss bestätigt, so sind die Honorare und Nebenkosten zur Hälfte vom Bewerber zu tragen.“

5        Art. 15 der Entscheidung des Präsidiums des Europäischen Parlaments vom 3. Mai 2004 über die interne Regelung über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten (im Folgenden: interne Regelung) lautet:

„Der Vertragsbedienstete wird vor seiner Einstellung gemäß Art. 83 der BSB untersucht. Das Ergebnis dieser Untersuchung ist ein Jahr gültig, vorbehaltlich einer anderslautenden Angabe durch den Vertrauensarzt des Organs, der gegebenenfalls eine kürzere Gültigkeitsdauer bestimmen kann.“

6        Das Verfahrenshandbuch des Ärztlichen Dienstes der Europäischen Kommission bestimmt, dass die Akte, wenn der Dienst nach der Unterzeichnung der Eignung oder Nichteignung nicht angetreten wird, nach sechs Monaten geschlossen und zum Archiv gegeben wird.

7        Art. 1 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) lautet:

„Die durch die Verträge zur Gründung der Europäischen [Union] oder aufgrund dieser Verträge geschaffenen Organe und Einrichtungen, nachstehend ‚Organe und Einrichtungen der [Union]‘ genannt, gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten; sie dürfen den freien Verkehr personenbezogener Daten untereinander oder mit Empfängern, die dem in Anwendung der Richtlinie 95/46/EG erlassenen einzelstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten unterliegen, weder beschränken noch untersagen.“

8        Art. 4 der Verordnung Nr. 45/2001 lautet:

„(1)      Personenbezogene Daten dürfen nur

a)      nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden;

b)      für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. Die Weiterverarbeitung von Daten für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke ist nicht als unvereinbar anzusehen, sofern der für die Verarbeitung Verantwortliche geeignete Garantien vorsieht, um insbesondere sicherzustellen, dass die Daten nicht für andere Zwecke verarbeitet werden und nicht für Maßnahmen oder Entscheidungen gegenüber einzelnen Betroffenen verwendet werden;

c)      den Zwecken entsprechen, für die sie erhoben und/oder weiterverarbeitet werden, dafür erheblich sein und nicht darüber hinausgehen;

d)      verwendet werden, wenn sie sachlich richtig und, wenn nötig, auf den neuesten Stand gebracht sind; es sind alle angemessenen Maßnahmen zu treffen, damit im Hinblick auf die Zwecke, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, unrichtige oder unvollständige Daten gelöscht oder berichtigt werden;

e)      so lange, wie es für die Erreichung der Zwecke, für die sie erhoben oder weiterverarbeitet werden, erforderlich ist, in einer Form gespeichert werden, die die Identifizierung der betroffenen Person ermöglicht. Die Organe oder Einrichtungen der [Union] sehen für personenbezogene Daten, die für historische, statistische oder wissenschaftliche Zwecke über den vorstehend genannten Zeitraum hinaus aufbewahrt werden sollen, vor, dass diese Daten entweder überhaupt nur in anonymisierter Form oder, wenn dies nicht möglich ist, nur mit verschlüsselter Identität der Betroffenen gespeichert werden. Die Daten dürfen jedenfalls nicht für andere als historische, statistische oder wissenschaftliche Verwendungszwecke verwendet werden.

(2)      Der für die Verarbeitung Verantwortliche hat für die Einhaltung der Bestimmungen des Absatzes 1 zu sorgen.“

9        Art. 6 der Verordnung Nr. 45/2001 lautet:

„Unbeschadet der Artikel 4, 5 und 10 gilt Folgendes:

1.      Personenbezogene Daten dürfen nur dann für andere Zwecke als die, für die sie erhoben wurden, verarbeitet werden, wenn die Änderung der Zwecke durch die internen Vorschriften des Organs oder der Einrichtung der [Union] ausdrücklich erlaubt ist.

…“

10      Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 lautet:

„Unbeschadet der Artikel 4, 5, 6 und 10 gilt Folgendes:

1.      Personenbezogene Daten werden innerhalb der Organe oder Einrichtungen der [Union] oder an andere Organe oder Einrichtungen der [Union] nur übermittelt, wenn die Daten für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, die in den Zuständigkeitsbereich des Empfängers fallen.

…“

11      Art. 10 Abs. 1 bis 3 der Verordnung Nr. 45/2001 lautet:

„(1)      Die Verarbeitung personenbezogener Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen oder die Gewerkschaftszugehörigkeit hervorgehen, sowie die Verarbeitung von Daten über Gesundheit oder Sexualleben sind untersagt.

(2)      Absatz 1 findet nicht Anwendung, wenn

a)      die betroffene Person ausdrücklich in die Verarbeitung der genannten Daten eingewilligt hat, es sei denn, die internen Vorschriften des Organs oder der Einrichtung der [Union] sehen vor, dass das Verbot nach Absatz 1 durch die Einwilligung der betroffenen Person nicht aufgehoben werden kann; oder

b)      die Verarbeitung erforderlich ist, um den Pflichten und spezifischen Rechten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, sofern sie aufgrund der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder anderer auf der Grundlage dieser Verträge erlassener Rechtsakte zulässig ist oder sie, falls notwendig, vom Europäischen Datenschutzbeauftragten vorbehaltlich angemessener Garantien genehmigt wird; …

(3)      Absatz 1 gilt nicht, wenn die Verarbeitung der Daten zum Zweck der Gesundheitsvorsorge, der medizinischen Diagnostik, der Gesundheitsversorgung oder Behandlung oder für die Verwaltung von Gesundheitsdiensten erforderlich ist und die Verarbeitung dieser Daten durch dem Berufsgeheimnis unterliegendes ärztliches Personal oder durch sonstige Personen erfolgt, die einer entsprechenden Geheimhaltungspflicht unterliegen.“

 Sachverhalt

12      Die Klägerin war in der Zeit von Februar 1997 bis März 2006 für eine Dauer von insgesamt ungefähr drei Jahren in mehreren Dienststellen der Kommission als Hilfskraft oder Bedienstete auf Zeit beschäftigt. Sie war u. a. zuletzt von September 2005 bis März 2006 befristet als Assistentin im Referat „Gemeinsame Untersuchungen mit anderen Einrichtungen“ des Europäischen Amts für Betrugsbekämpfung (OLAF) tätig.

13      Mit Nachricht vom 27. Februar 2006 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass sie die Auswahltests für Vertragsbedienstete, die sogenannten CAST 25, für die 25 Mitgliedstaaten im Bereich Sekretariat bestanden habe. Ihr Name wurde dementsprechend in die endgültige Datenbank des Europäischen Amts für Personalauswahl (EPSO) der erfolgreichen Bewerber aufgenommen, die drei Jahre lang gültig war.

14      Im Juni 2006 äußerten zwei Generaldirektionen der Kommission den Wunsch, die Klägerin einzustellen.

15      Die Klägerin wurde gemäß Art. 83 der BSB zu einer ärztlichen Untersuchung zur Beurteilung ihrer Eignung für die Ausübung ihrer Tätigkeit bestellt.

16      Die ärztliche Einstellungsuntersuchung fand am 26. Juni 2006 in den Räumen des Ärztlichen Dienstes der Kommission in Brüssel (Belgien) statt; die Klägerin wurde von Dr. K empfangen.

17      Am 29. Juni 2006 sandte die Klägerin eine E‑Mail an Herrn F, den Leiter des Ärztlichen Dienstes der Kommission, um sich über das unangemessene Verhalten zu beschweren, das Dr. K ihr gegenüber bei der ärztlichen Untersuchung am 26. Juni 2006 an den Tag gelegt habe.

18      Herr F ging dieser Beschwerde im Juli 2006 nach, indem er zum einen Dr. K anhörte, der die ihm zur Last gelegten Tatsachen bestritt, und zum anderen die Klägerin zu einem Gespräch empfing.

19      Nach dieser Untersuchung wurde trotz fehlender Beweise für die Dr. K zur Last gelegten Tatsachen beschlossen, einen anderen Arzt mit der Bearbeitung des Falles der Klägerin zu betrauen.

20      Am 26. September 2006 stellte der Vertrauensarzt der Kommission gutachtlich die mangelnde körperliche Eignung der Klägerin fest.

21      Mit Schreiben vom 9. November 2006 teilte Frau S., Direktorin in der Generaldirektion (GD) „Personal und Verwaltung“, der Klägerin mit, dass sie mithin nicht die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche körperliche Eignung besitze; sie könne gemäß Art. 33 Abs. 2 des Statuts innerhalb von 20 Tagen beantragen, dass ihr Fall einem Ärzteausschuss zur Stellungnahme unterbreitet werde.

22      Mit Schreiben vom 18. November 2006 beantragte die Klägerin, dass ihr Fall einem Ärzteausschuss zur Stellungnahme unterbreitet werde.

23      In seiner von den drei Mitgliedern einvernehmlich abgegebenen Stellungnahme vom 17. April 2007 vertrat der Ärzteausschuss nach Prüfung des gesamten Inhalts der Akte der Klägerin und Einholung eines psychiatrischen Gutachtens „die Auffassung, dass die [Klägerin] nicht die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche Eignung [besitze]“. Am Ende der Stellungnahme hieß es, dass „die medizinische Begründung der Schlussfolgerung … unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht [dem Ärztlichen Dienst der Kommission] übermittelt worden [sei]“.

24      Mit Schreiben vom 15. Mai 2007 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass „[sie] … nach der Stellungnahme des Ärzteausschusses [von der eine Kopie beigefügt war] nicht die für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderliche körperliche Eignung [besitze]“. In dem Schreiben hieß es weiter, dass „[d]ie medizinische Begründung der Schlussfolgerungen … unter Wahrung der ärztlichen Schweigepflicht dem Leiter des Ärztlichen Dienstes der Kommission in Brüssel übermittelt worden [sei], der sie zu [der] medizinischen Akte [der Klägerin] genommen [habe]“.

25      Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin am 9. Mai 2007 Beschwerde ein.

26      Mit Entscheidung vom 12. Juli 2007 wies die Kommission die Beschwerde zurück.

27      Am 4. März 2008 erhob die Klägerin u. a. gegen die Entscheidung vom 15. Mai 2007 Klage (Rechtssache F‑33/08). Mit Urteil vom 21. Oktober 2009 wies das Gericht diese Klage ab. Das Gericht der Europäischen Union, bei dem ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil eingelegt wurde, bestätigte es mit Urteil vom 15. Juni 2011 (V/Kommission, T‑510/09 P).

28      Nachdem der Ärztliche Dienst des Parlaments die Dienststellen der Kommission mit Mitteilung vom 9. Dezember 2008 um die Mitteilung der medizinischen Akte der Klägerin ersucht hatte, bot das Parlament der Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 für die Zeit vom 2. Februar 2009 bis zum 2. August 2009 eine Stelle als Vertragsbedienstete der Funktionsgruppe II im Generalsekretariat an. In diesem Schreiben hieß es, dass das Angebot unter dem Vorbehalt der Erfüllung der Einstellungsbedingungen gemäß Art. 82 der BSB und des positiven Ergebnisses der ärztlichen Einstellungsuntersuchung gemacht werde. Die Klägerin wurde ferner gebeten, die erforderlichen Unterlagen innerhalb von zwei Wochen mit Fernkopie zu übermitteln, u. a. beglaubigte Kopien der Arbeitszeugnisse sämtlicher früherer Arbeitgeber. Mit E‑Mail vom selben Tag teilte der für die Einstellung der Klägerin verantwortliche Sachbearbeiter dieser u. a. die Modalitäten der ärztlichen Einstellungsuntersuchung mit und bat sie darum, „für die Anlage [ihrer] medizinischen Akte“ ein Passbild mitzubringen.

29      Mit E‑Mail vom 10. Dezember 2008 nahm die Klägerin das Einstellungsangebot des Parlaments an. Mit einer weiteren E‑Mail vom selben Tag teilte sie dem Parlament mit, dass es ihr wegen einer Auslandsreise nicht möglich sei, die erbetenen Unterlagen innerhalb von zwei Wochen mit Fernkopie zu übermitteln, und dass sie wegen der Weihnachtszeit um eine Verlängerung der Frist bis Januar bitte.

30      Mit Schreiben vom 10. Dezember 2008 wurde die Klägerin zur ärztlichen Einstellungsuntersuchung am 7. Januar 2009 bestellt. In diesem Schreiben waren unten die sechs Ärzte des Ärztlichen Dienstes des Parlaments in Brüssel angegeben. Unterzeichnet war das Schreiben von Dr. B. Einer der angegebenen sechs Ärzte war Dr. K, der die Einstellungsuntersuchung der Klägerin vom 26. Juni 2006 durchgeführt hatte und dessen Verhalten von der Klägerin beanstandet worden war.

31      Mit E‑Mail vom 11. Dezember 2008 teilte der zuständige Sachbearbeiter der Klägerin mit, dass sie die erbetenen Unterlagen ohne Probleme im Januar einreichen könne; die Einstellung sei ja für den 2. Februar 2009 vorgesehen.

32      Die Klägerin stellte sich von sich aus am 12. Dezember 2008 in der Clinique du Parc Léopold in Brüssel vor, um ihr Blut untersuchen zu lassen.

33      Am selben Tag erhielt der Ärztliche Dienst des Parlaments eine Kopie der medizinischen Einstellungsakte der Klägerin; das Original war, nachdem die Kommission es abgelehnt hatte, die Klägerin einzustellen, in deren Archiv aufbewahrt worden.

34      Mit Stellungnahme vom 18. Dezember 2008 stellte der Vertrauensarzt des Parlaments nach Einsicht in die von der Kommission übermittelten Unterlagen fest, dass die Klägerin für die Ausübung „sämtlicher Tätigkeiten in sämtlichen europäischen Organen“ körperlich ungeeignet sei. Diese Stellungnahme trägt den Titel „Ergebnis der bei der Kommission in Brüssel durchgeführten ärztlichen Untersuchung vom 26. [Juni] 2006“ und beruht auf der Feststellung, dass der Vertrauensarzt der Kommission am 26. September 2006 die mangelnde Eignung der Klägerin festgestellt habe, was am 17. April 2007 durch den Ärzteausschuss bestätigt worden sei und „auch derzeit noch für sämtliche Tätigkeiten in sämtlichen europäischen Organen [gelte]“.

35      Mit Schreiben vom 19. Dezember 2008 unterrichtete das Parlament die Klägerin von der genannten gutachtlichen Feststellung der mangelnden Eignung vom 18. Dezember 2008 und zog das Einstellungsangebot vom 10. Dezember 2008 zurück (im Folgenden: streitige Entscheidung). In diesem Schreiben wies das Parlament die Klägerin als Erstes darauf hin, dass sie verpflichtet gewesen wäre, es von jeder anderen in der Vergangenheit bei einem anderen Organ durchgeführten Einstellungsuntersuchung zu unterrichten, um das Einstellungsverfahren zu erleichtern und die Übermittlung der im Besitz des betreffenden Organs befindlichen medizinischen Akte zu ermöglichen. Als Zweites wies das Parlament darauf hin, dass es die Übermittlung der im Besitz der Kommission befindlichen medizinischen Akte der Klägerin erwirkt habe, nachdem es durch Einsicht in die CAST-Datenbank erfahren habe, dass die Klägerin zuvor bei diesem Organ beschäftigt gewesen sei.

36      Mit Schreiben vom 5. Januar 2009 legte die Klägerin gegen die streitige Entscheidung gemäß Art. 90 Abs. 2 des Statuts Beschwerde ein. Das Parlament macht, ohne dass ihm insoweit widersprochen worden wäre, geltend, dass diese bei ihm am 7. Januar 2009 eingegangen sei.

37      Mit E‑Mails vom 26. Januar 2009 und vom 13. März 2009 ergänzte die Klägerin ihre Beschwerde. Außerdem bat sie um Mitteilung der Ergebnisse der am 12. Dezember 2008 in der Clinique du Parc Léopold und am 26. Juni 2006 vom Ärztlichen Dienst der Kommission genommenen Blutproben und beschuldigte Dr. K, die Ergebnisse dieser medizinischen Analysen gefälscht zu haben.

38      Am 18. Februar 2009 ließ die Klägerin ihr Blut erneut untersuchen; die Untersuchung ergab nach den von ihr benannten Quellen „beträchtliche und auf den ersten Blick schwer zu erklärende Unterschiede gegenüber den Ergebnissen der Blutuntersuchungen vom 12. Dezember 2008“.

39      Mit Schreiben vom 30. April 2009 teilte das Parlament der Klägerin mit, dass es den Vorwurf, Dr. K habe die Ergebnisse der genannten Blutuntersuchungen gefälscht, zurückweise.

40      Die Beschwerde wurde am 7. Mai 2009 stillschweigend zurückgewiesen.

41      Mit Schreiben vom 12. Mai 2009 teilte das Parlament der Klägerin die Ergebnisse der Blutuntersuchungen mit.

42      Mit Schreiben vom 24. Juni 2009, das der Klägerin am 2. Juli 2009 mitgeteilt wurde, wies der Generalsekretär des Parlaments die Beschwerde ausdrücklich zurück.

 Anträge der Parteien und Verfahren

43      Die Klägerin beantragt,

–        vor einer Entscheidung in der Sache dem Parlament aufzugeben, die Ergebnisse der am 12. Dezember 2008 in der Clinique du Parc Léopold durchgeführten Blutuntersuchungen wegen Fälschung durch Dr. K aus ihrer medizinischen Akte zu entfernen und die falschen Antworten, die sie bei der Einstellungsuntersuchung bei der Kommission unter Druck von Dr. K gegeben habe, aus ihrer medizinischen Akte zu entfernen, dort zu ersetzen oder zu berichtigen;

–        die streitige Entscheidung aufzuheben;

–        das ärztliche Gutachten des Vertrauensarztes vom 18. Dezember 2008 aufzuheben;

–        dem Parlament aufzugeben, eine wirkliche, nicht diskriminierende ärztliche Einstellungsuntersuchung durchzuführen und die ihr bei der GD „Kommunikation“ des Parlaments angebotene Stelle erneut zur Verfügung zu stellen;

–        das Parlament zu verurteilen, als Ersatz für den erlittenen materiellen und immateriellen Schaden 70 000 Euro zuzüglich Verzugszinsen zu zahlen;

–        dem Parlament die Kosten aufzuerlegen.

44      Das Parlament beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin sämtliche Kosten aufzuerlegen.

45      Mit Schreiben vom 12. Februar 2010 hat das Gericht das Parlament im Wege einer prozessleitenden Maßnahme aufgefordert, die Entscheidung des Präsidiums des Parlaments vom 3. Mai 2004 über die interne Regelung über die Einstellung der Beamten und sonstigen Bediensteten vorzulegen. Das Parlament ist dieser Aufforderung nachgekommen.

46      Mit Schreiben vom 12. April 2010 hat das Gericht gemäß Art. 58 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verfahrensordnung eine Beweisaufnahme angeordnet; es hat die Kommission aufgefordert, u. a. anzugeben, welche internen Regeln bei ihr für die Übermittlung medizinischer Daten an ein anderes Organ gelten und unter welchen tatsächlichen Umständen die Übermittlung der medizinischen Daten von V an das Parlament erfolgt ist. Mit Schreiben vom 23. April 2010 ist die Kommission dieser Aufforderung nachgekommen.

47      Mit Schreiben vom 12. April 2010 hat das Gericht das Parlament im Wege einer prozessleitenden Maßnahme aufgefordert, zum einen anzugeben, unter welchen tatsächlichen Umständen die Übermittlung der medizinischen Daten der Klägerin an es erfolgt ist, und zum anderen gemäß Art. 111 Abs. 1 der Verfahrensordnung zur Zweckdienlichkeit einer Aufforderung des Europäischen Datenschutzbeauftragten (EDSB) zum Beitritt Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 23. April 2010 ist das Parlament der prozessleitenden Maßnahme nachgekommen und hat dem Gericht mitgeteilt, dass es zur Zweckdienlichkeit einer Aufforderung des EDSB zum Beitritt nichts zu bemerken habe.

48      Mit Schreiben vom 12. April 2010 hat das Gericht die Klägerin gemäß Art. 111 Abs. 1 der Verfahrensordnung aufgefordert, zur Zweckdienlichkeit einer Aufforderung des EDSB zum Beitritt Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 23. April 2010 hat die Klägerin geantwortet, dass sie eine solche Aufforderung zum Beitritt für zweckdienlich halte.

49      Das Gericht hat die Auffassung vertreten, dass die Kommission im vorliegenden Fall nicht zum Beitritt aufzufordern ist, da sie gegenüber dem Gericht im Rahmen der genannten prozessleitenden Maßnahme die erforderlichen ergänzenden Angaben gemacht hat. Im Übrigen können im vorliegenden Rechtsstreit die Rechte der Kommission nicht unmittelbar verletzt werden; keine Maßnahme dieses Organs ist Gegenstand der Klageanträge.

50      Mit E‑Mail vom 23. April 2010 hat die Klägerin dem Gericht mitgeteilt, dass sie die Prozessvollmacht ihres Rechtsanwalts bis zur Entscheidung über den Antrag auf Abgabe, den sie beim Gerichtshof der Europäischen Union gestellt habe, ausgesetzt habe.

51      Nach einem Austausch von Schreiben und E‑Mails zwischen dem Gericht und der Klägerin, u. a. einem Schreiben der Kanzlerin vom 21. Mai 2010 und einem Schreiben des Präsidenten des Gerichts vom 10. Juni 2010, hat die Klägerin mit einem Schreiben an den Präsidenten des Gerichts vom 15. Juni 2010 bestätigt, dass sie ihre Klage vor dem Gericht und die Prozessvollmacht, die sie Rechtsanwalt Boigelot in der vorliegenden Rechtssache erteilt habe, aufrechterhalte. Dieses Schreiben der Klägerin ist nicht zu den Akten genommen worden. Mit Schreiben vom 1. Juli 2010 hat Rechtsanwalt Boigelot bestätigt, dass er immer noch Prozessvollmacht habe. Diesem Schreiben war das Schreiben der Klägerin vom 15. Juni 2010 beigefügt.

52      Mit Schreiben vom 8. Juli 2010 hat das Gericht den EDSB aufgefordert, ihm gegenüber zu erklären, ob er dem vorliegenden Verfahren als Streithelfer beizutreten wünsche. In diesem Schreiben hat das Gericht u. a. darauf hingewiesen, dass die Klägerin einen Verstoß gegen die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001 geltend mache.

53      Mit Schreiben vom 31. August 2010 hat der EDSB geantwortet, dass er dem vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerin beizutreten wünsche.

54      Mit Schreiben vom 16. September 2010 hat das Gericht die Parteien gemäß Art. 111 Abs. 2 der Verfahrensordnung aufgefordert, ihm gegebenenfalls die Unterlagen zu nennen, die sie als geheim oder vertraulich ansähen und deren Übermittlung an den Streithelfer sie deshalb nicht wünschten. Mit Schreiben vom 20. September 2010 hat das Parlament dem Gericht geantwortet, dass keine der unter den Akten befindlichen Unterlagen geheim oder vertraulich sei. Mit Schreiben vom 24. September 2010 hat die Klägerin, um jede Möglichkeit der Identifizierung auszuschließen, die vertrauliche Behandlung ihrer personenbezogenen Daten in jedem Schriftstück des vorliegenden Verfahrens beantragt und dem Gericht eine nicht vertrauliche Fassung der Klageschrift übersandt.

55      Den Parteien ist mit Schreiben vom 11. Oktober 2010 mitgeteilt worden, dass das Gericht die von der Klägerin beantragte vertrauliche Behandlung gewährt hat. Das Parlament ist aufgefordert worden, beim Gericht eine nicht vertrauliche Fassung der Klagebeantwortung und des Schreibens vom 23. April 2010 einzureichen, in dem es u. a. mitgeteilt hatte, dass es zu der Zweckdienlichkeit einer Aufforderung zum Beitritt des EDSB nichts zu bemerken habe. Das Parlament ist dieser Aufforderung nachgekommen.

56      Mit Beschluss vom 10. November 2010 ist der Beitritt des EDSB als Sreithelfer zugelassen worden.

57      Am 10. Januar 2011 hat der EDSB seinen Streihilfeschriftsatz eingereicht. Er stellt in diesem Schriftsatz klar, dass er dem Verfahren nur insoweit als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerin beitrete, als diese geltend mache, dass das Verhalten des Ärztlichen Dienstes des Parlaments nicht mit den Datenschutzbestimmungen vereinbar gewesen sei.

58      Mit Schriftsätzen vom 3. Februar 2011 haben sich die Parteien zu diesem Schriftsatz geäußert.

 Rechtliche Würdigung

1.     Zum Antrag auf Aufhebung des Gutachtens des Vertrauensarztes vom 18. Dezember 2008

59      Nach ständiger Rechtsprechung stellen nur Maßnahmen, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung beeinträchtigen können, Handlungen oder Entscheidungen dar, gegen die die Anfechtungsklage gegeben ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 15. Juni 1994, Pérez Jiménez/Kommission, T‑6/93, Randnr. 34). Im Fall von Handlungen oder Entscheidungen, die in mehreren Phasen zustande kommen, insbesondere nach Durchführung eines internen Verfahrens, können Gegenstand einer Anfechtungsklage grundsätzlich nur Maßnahmen sein, die den Standpunkt des Organs zum Abschluss dieses Verfahrens endgültig festlegen, nicht aber Zwischenmaßnahmen, die die abschließende Entscheidung vorbereiten sollen (vgl. zu einer Stellungnahme des Ärzteausschusses u. a. Urteil des Gerichts erster Instanz vom 11. April 2006, Angeletti/Kommission, T‑394/03, Randnr. 36; zu einem Gutachten des Invaliditätsausschusses Urteil des Gerichts vom 4. November 2008, Marcuccio/Kommission, F‑41/06, Randnrn. 53 und 54).

60      Das Gutachten des Vertrauensarztes vom 18. Dezember 2008 stellt eine Maßnahme zur Vorbereitung der streitigen Entscheidung dar; die Klägerin ist mithin nicht befugt, es unmittelbar anzufechten. Der gegen dieses Gutachten gerichtete Antrag ist somit als unzulässig zurückzuweisen.

2.     Zu den Anträgen auf Anordnung bestimmter Maßnahmen

61      Die Klägerin beantragt, dem Parlament aufzugeben, die Ergebnisse der am 12. Dezember 2008 durchgeführten Blutuntersuchungen aus ihrer medizinischen Akte zu entfernen und die falschen Antworten, die sie bei der Einstellungsuntersuchung bei der Kommission unter Druck von Dr. K gegeben habe, aus ihrer medizinischen Akte zu entfernen, dort zu ersetzen oder zu berichtigen. Sie beantragt ferner, dem Parlament aufzugeben, eine ärztliche Einstellungsuntersuchung durchzuführen und die ihr bei der GD „Kommunikation“ des Parlaments angebotene Stelle erneut zur Verfügung zu stellen.

62      Diese Anträge zielen, wie das Parlament zu Recht geltend macht, auf Anordnungen ab.

63      Nach ständiger Rechtsprechung ist der Unionsrichter aber nicht befugt, gegenüber den Organen Anordnungen zu treffen (Urteil des Gerichtshofs vom 21. November 1989, Becker und Starquit/Parlament, C‑41/88 und C‑178/88, abgekürzte Veröffentlichung, Randnr. 6; Urteile des Gerichts erster Instanz vom 9. Juni 1994, X/Kommission, T‑94/92, Randnr. 33, vom 9. Juni 1998, Chesi u. a./Rat, T‑172/95, Randnr. 33, und vom 15. Dezember 1999, Latino/Kommission, T‑300/97, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 7. November 2007, Hinderyckx/Rat, F‑57/06, Randnr. 65).

64      Mithin sind die genannten Anträge als unzulässig zurückzuweisen.

3.     Zum Antrag auf Aufhebung der streitigen Entscheidung

65      Die Klägerin macht im Wesentlichen vier Klagegründe geltend:

–        erstens, dass das Gutachten des Vertrauensarztes des Parlaments nicht ordnungsgemäß erstellt worden sei, nämlich auf der Grundlage von über zwei Jahre alten Unterlagen des Ärztlichen Dienstes der Kommission und ohne vorherige klinische und psychologische Untersuchung der Klägerin;

–        zweitens die Nichteinhaltung des Verfahrens gemäß Art. 33 Abs. 2 des Statuts und einen Verstoß gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte dadurch, dass die streitige Entscheidung erlassen worden sei, ohne dass der Klägerin Gelegenheit gegeben worden sei, vorher den Ärzteausschuss anzurufen;

–        drittens einen Verstoß gegen den Grundsatz der Achtung des Privatlebens und die Bestimmungen der Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001;

–        viertens das Vorliegen von Mobbing.

 Zum ersten Klagegrund: Nicht ordnungsgemäße Erstellung des Gutachtens des Vertrauensarztes

 Vorbringen der Parteien

66      Die Klägerin macht geltend, das Gutachten des Vertrauensarztes, auf dessen Grundlage die streitige Entscheidung erlassen worden sei, sei nicht ordnungsgemäß erstellt worden. Der Vertrauensarzt habe sein Gutachten nämlich ohne ärztliche Untersuchung allein auf der Grundlage einer früheren medizinischen Akte aus dem Ärztlichen Dienst der Kommission erstellt, deren Informationen über zwei Jahre alt gewesen seien und die in der Rechtssache F‑33/08 in Zweifel gezogen worden sei. Nach der Rechtsprechung der Unionsgerichte müsse die Einstellungsuntersuchung aber, wenn sie nicht ganz und gar nutzlos sein solle, notwendigerweise eine klinische Untersuchung umfassen. Außerdem habe ein Gutachten, in dem die Eignung festgestellt werde, nach der Regelung der Kommission eine auf sechs Monate begrenzte Gültigkeit.

67      Das Parlament bestreitet nicht, dass die Klägerin von ihrem Vertrauensarzt nicht klinisch untersucht worden ist. Es meint aber, im vorliegenden Fall sei der Vertrauensarzt nicht verpflichtet gewesen, eine solche Untersuchung durchzuführen.

68      Als Erstes habe das Gericht in seinem Urteil vom 21. Oktober 2009 (V/Kommission) festgestellt, dass die von der Kommission gegenüber der Klägerin erlassene Entscheidung über die mangelnde Eignung rechtmäßig sei. Die streitige Entscheidung und das Gutachten des Vertrauensarztes seien somit auf eine völlig rechtmäßig erlassene Entscheidung der Kommission gestützt.

69      Als Zweites handele es sich bei der Frage, ob es zweckmäßig sei, eine klinische Untersuchung des Bewerbers durchzuführen, um eine rein medizinische, die der gerichtlichen Kontrolle entzogen sei. Die Rechtsprechung der Unionsgerichte zur Zweckmäßigkeit für den Invaliditätsausschuss, eine ärztliche Untersuchung des Beamten vorzunehmen, sei entsprechend anwendbar.

70      Als Drittes sei ihr Vertrauensarzt im Besitz der von der Kommission übermittelten medizinischen Akte der Klägerin gewesen, die die Ergebnisse mehrerer klinischer Untersuchungen und ergänzender Gutachten enthalte. Die in dieser Akte enthaltenen Informationen seien aber in Anbetracht des chronischen und dauerhaften Charakters des Leidens der Klägerin ausreichend aktuell und aussagekräftig gewesen, um es ihm zu ermöglichen, sein Gutachten zu erstellen.

71      Als Viertes hält das Parlament dem auf das Verfahrenshandbuch des Ärztlichen Dienstes der Kommission gestützten Vorbringen entgegen, dass dieser Text auf das Parlament nicht anwendbar sei. Die einzige interne Regelung, die das Parlament hinsichtlich der Gültigkeit einer Einstellungsuntersuchung erlassen habe, sei Art. 15 der internen Regelung, die für Gutachten, in denen die Eignung festgestellt werde, eine Gültigkeitsdauer von einem Jahr vorsehe. Diese Regelung gelte aber nur für positive Gutachten; sie könne nicht dem entgegenstehen, dass der Vertrauensarzt des Parlaments sich bei der Erstellung des streitigen Gutachtens auf ein mehr als ein Jahr altes Gutachten eines Vertrauensarztes der Kommission beziehe, in dem die mangelnde Eignung festgestellt werde.

 Würdigung durch das Gericht

72      Zwar darf der Unionsrichter bei der Kontrolle der Rechtmäßigkeit einer mit mangelnder körperlicher Eignung begründeten Ablehnung einer Einstellung seine eigene Beurteilung nicht an die Stelle einer spezifisch ärztlichen Stellungnahme setzen; er hat jedoch zu prüfen, ob das Einstellungsverfahren rechtmäßig abgelaufen ist, und insbesondere zu untersuchen, ob die Ablehnung der Einstellung auf einem mit Gründen versehenen ärztlichen Gutachten beruht, in dem ein nachvollziehbarer Zusammenhang zwischen den in ihm enthaltenen ärztlichen Feststellungen und dem Ergebnis hergestellt wird, zu dem das Gutachten gelangt (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. April 1994, A/Kommission, T‑10/93, Randnr. 61).

73      Der Vertrauensarzt eines Organs kann seine gutachtliche Feststellung der mangelnden körperlichen Eignung nicht nur auf das Vorhandensein gegenwärtiger körperlicher oder psychischer Störungen stützen, sondern auch auf eine medizinisch begründete Prognose künftiger Störungen, die in absehbarer Zukunft die ordnungsgemäße Ausübung des vorgesehenen Amtes in Frage stellen können (Urteil A/Kommission, Randnr. 62).

74      Außerdem kommt der Kontrolle der Einhaltung der Garantien, die die Unionsrechtsordnung für Verwaltungsverfahren vorsieht, in Fällen, in denen ein Unionsorgan über einen weiten Ermessensspielraum verfügt, wesentliche Bedeutung zu. Der Unionsrichter hat klargestellt, dass zu diesen Garantien u. a. die Verpflichtung des zuständigen Organs gehört, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidung hinreichend zu begründen (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Randnr. 14, vom 7. Mai 1992, Pesquerias De Bermeo und Naviera Laida/Kommission, C‑258/90 und C‑259/90, Randnr. 26, vom 22. November 2007, Spanien/Lenzing, C‑525/04 P, Randnr. 58; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. September 2009, ETF/Landgren, T‑404/06 P, Randnr. 163).

75      Im vorliegenden Fall geht bereits aus dem Wortlaut des Gutachtens vom 18. Dezember 2008 hervor, dass sich der Vertrauensarzt des Parlaments bei der Erstellung dieses Gutachtens ausschließlich auf medizinische Daten gestützt hat, die von der Kommission 2006 und 2007, also mehr als eineinhalb Jahre zuvor, im Rahmen eines anderen ärztlichen Einstellungsverfahrens erhoben worden waren. Das Parlament bestreitet im Übrigen nicht, dass diese medizinischen Daten von der Kommission mehr als eineinhalb Jahre vor dem vom Vertrauensarzt des Parlaments am 18. Dezember 2008 erstellten Gutachten, in dem die mangelnde Eignung festgestellt wird, erhoben worden waren.

76      Zunächst ist festzustellen, dass Art. 15 der internen Regelung des Parlaments, eine Verhaltensregel, die sich das Parlament selbst auferlegt hat und von der es nicht abweichen kann, ohne die Gründe dafür anzugeben, die Gültigkeit des Ergebnisses einer im Rahmen der Bestimmungen von Art. 83 der BSB durchgeführten ärztlichen Untersuchung generell auf ein Jahr begrenzt. Somit hätte das Parlament angesichts dieser Bestimmung zumindest Zweifel an der Gültigkeit der bei der Kommission erhobenen Daten haben müssen, da es sie, wenn sie im Rahmen eines von ihm selbst durchgeführten Einstellungsverfahrens erhoben worden wären, mehr als ein Jahr nach der Einstellungsuntersuchung nicht mehr hätte als gültig ansehen können.

77      Außerdem ist bereits entschieden worden, dass die ärztliche Einstellungsuntersuchung, wenn sie nicht ganz und gar nutzlos sein soll, notwendigerweise eine klinische Untersuchung und gegebenenfalls die vom Vertrauensarzt angeordneten zusätzlichen biologischen Tests umfassen muss (Urteil A/Kommission, Randnrn. 49 bis 51).

78      Schließlich ergibt sich aus der oben in den Randnrn. 73 und 74 angeführten Rechtsprechung, dass ein Gutachten, in dem die mangelnde Eignung festgestellt wird, um ordnungsgemäß zu sein, gegenwärtige oder künftige Störungen feststellen und auf relevante Gesichtspunkte gestützt sein muss.

79      Zwar macht das Parlament unter Berufung auf die Rechtsprechung im Bereich der Feststellung des ursächlichen Zusammenhangs einer Dienstunfähigkeit mit der Berufstätigkeit geltend, dass die Frage, ob die betreffende Person unter den gegebenen Umständen klinisch zu untersuchen sei, in das den Mitgliedern des Invaliditätsausschusses eingeräumte Ermessen falle (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 23. November 2004, O/Kommission, T‑376/02, Randnr. 44).

80      Diese Rechtsprechung bezieht sich aber auf die Grenzen der gerichtlichen Kontrolle von rein medizinischen Beurteilungen und kann nicht rechtfertigen, dass sich der Vertrauensarzt der Verpflichtung gemäß Art. 83 der BSB entzieht, eine ärztliche Untersuchung durchzuführen, um selbst Gewissheit über die Eignung des Betroffenen für die Ausübung seiner Tätigkeit zu erhalten.

81      Außerdem verbietet das dem Arzt im medizinischen Bereich eingeräumte Ermessen dem Richter nicht, die sachliche Richtigkeit der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz zu prüfen und zu kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermögen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts erster Instanz vom 12. Mai 2004, Hecq/Kommission, T‑191/01, Randnr. 63).

82      So verfügte der Vertrauensarzt im vorliegenden Fall, als er sein Gutachten, in dem die mangelnde Eignung festgestellt wird, erstellte, in Anbetracht des Alters der von der Kommission übermittelten Daten und der Tatsache, dass sich diese in der Zwischenzeit möglicherweise geändert hatten, nicht über alle relevanten Daten über den Gesundheitszustand der Klägerin.

83      Dem Vorbringen des Parlaments zur Krankheit, aufgrund derer 2007 die mangelnde Eignung der Klägerin durch die Kommission festgestellt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Es ist nämlich bereits entschieden worden, dass psychische Störungen, die typischerweise dynamisch sind, nicht rechtfertigen können, dass eine Person, die darunter leidet, endgültig vom Dienst ausgeschlossen ist; die Verwaltung ist verpflichtet, dafür zu sorgen, dass die betroffene Person in angemessenen Abständen immer wieder neu untersucht wird (vgl. zur krankheitsbedingten Beurlaubung eines Beamten von Amts wegen Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2006, de Brito Sequeira Carvalho/Kommission, F‑17/05, Randnrn. 129 und 130, bestätigt durch das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Oktober 2009, de Brito Sequeira Carvalho/Kommission, T‑40/07 P, und Kommission/de Brito Sequeira Carvalho, T‑62/07 P, Randnrn. 231 bis 240).

84      Dass das Gericht festgestellt hat, dass die von der Kommission 2007 erlassene Entscheidung über die mangelnde Eignung der Klägerin rechtmäßig ist, ist nach den Erwägungen in den vorstehenden Randnummern für die Beurteilung der Begründetheit des vorliegenden Klagegrundes unerheblich.

85      Außerdem haben die Bevollmächtigten des Parlaments in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts hin ausgeführt, dass sie wegen der ärztlichen Schweigepflicht ebenso wenig wie die Anstellungsbehörde, als sie über die Beschwerde der Klägerin entschieden habe, Zugang zu den Unterlagen gehabt hätten, aufgrund derer der Vertrauensarzt des Parlaments sein Gutachten, in dem die mangelnde Eignung festgestellt werde, erstellt habe. Sie haben daher gegenüber dem Gericht nicht angeben können, welcher Natur diese Unterlagen gewesen sind, noch bestätigen können, dass der Vertrauensarzt des Parlaments aufgrund der von der Kommission dem Parlament übermittelten Akte umfassend über den besonderen Kontext der bei der Kommission durchgeführten ärztlichen Einstellungsuntersuchung und über die Tatsache, dass die Klägerin in der Vergangenheit bereits mehrmals von der Kommission eingestellt worden war, im Bilde sein konnte. Ebenso war die zuständige Stelle des Parlaments nicht in der Lage, zu überprüfen, ob das Gutachten des Vertrauensarztes auf allen relevanten Daten beruhte.

86      Schließlich ist festzustellen, dass der Vertrauensarzt des Parlaments, ohne die Klägerin untersucht zu haben, ein Gutachten erstellt hat, das kategorisch und allgemein formuliert ist, obwohl die vom Ärzteausschuss benannten Sachverständigen im Rahmen des ärztlichen Einstellungsverfahrens bei der Kommission eine differenziertere Stellungnahme abgegeben hatten.

87      Folglich ist dem Klagegrund des nicht ordnungsgemäßen Charakters des Gutachtens des Vertrauensarztes stattzugeben.

 Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 des Statuts

 Vorbringen der Parteien

88      Die Klägerin macht geltend, das Parlament habe gegen Art. 33 des Statuts und den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte verstoßen. Die streitige Entscheidung sei nämlich erlassen worden, noch bevor sie den in diesen Bestimmungen vorgesehenen Ärzteausschuss habe anrufen können.

89      Das Parlament macht als Erstes geltend, die Klägerin sei in der streitigen Entscheidung darauf hingewiesen worden, dass sie, wenn sie es für zweckdienlich halte, den Ärzteausschuss anrufen könne, um das Gutachten des Vertrauensarztes in Zweifel zu ziehen; sie habe von dieser Möglichkeit nicht Gebrauch gemacht.

90      Als Zweites erläutert das Parlament, warum die streitige Entscheidung sofort erlassen worden sei. Zunächst habe die Klägerin, indem sie den Ärztlichen Dienst nicht von den ärztlichen Untersuchungen unterrichtet habe, der sie sich bei der Kommission unterzogen habe, das Vertrauensverhältnis zwischen ihr und dem Organ zerstört. Ferner habe die der Klägerin angebotene Stelle wegen der Abwesenheit einer Beamtin in Mutterschaftsurlaub schnell besetzt werden müssen. Schließlich hätte es der Klägerin, wenn das Gutachten des Vertrauensarztes vom Ärzteausschuss in Frage gestellt worden wäre, angesichts der Natur der angebotenen Stelle eine vergleichbare Stelle anbieten können.

 Würdigung durch das Gericht

91      Nach den Art. 82 und 83 der BSB wird der Bewerber um eine Stelle als Vertragsbediensteter vor der Einstellung durch den Vertrauensarzt des Organs untersucht, um zu überprüfen, ob er die für die Ausübung der angebotenen Tätigkeit erforderliche körperliche Eignung besitzt.

92      Art. 33 Abs. 2 des Statuts, der für die Vertragsbediensteten entsprechend gilt, sieht ein internes Verfahren der Nachprüfung eines negativen ärztlichen Gutachtens des Vertrauensarztes des Organs vor.

93      Es ist bereits entschieden worden, dass, wenn der Gesetzgeber in Art. 33 Abs. 2 des Statuts einen Berufungsärzteausschuss vorgesehen habe, dies mit dem Ziel geschehen sei, eine zusätzliche Garantie für die Bewerber zu schaffen und damit den Schutz ihrer Rechte zu verbessern (Urteil A/Kommission, Randnr. 23). Bei dieser Garantie, die zum Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte gehört (Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, N/Kommission, F‑95/05, Randnrn. 69 und 76), handelt es sich um ein wesentliches Formerfordernis.

94      Diese Garantie muss im Übrigen notwendigerweise vor dem Erlass der Entscheidung über die Ablehnung der Bewerbung beachtet werden und nicht später, wenn sie nicht ihre Daseinsberechtigung verlieren soll, nämlich die Verteidigungsrechte der Bewerber zu garantieren (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 8. Juli 1999, Hercules Chemicals/Kommission, C‑51/92 P, Randnrn. 75 bis 78; Urteil des Gerichts erster Instanz vom 8. Juli 2008, Franchet und Byk/Kommission, T‑48/05, Randnr. 151). Der Wortlaut von Art. 33 Abs. 2 des Statuts ist insofern eindeutig: Der Bewerber hat für die Anrufung des Ärzteausschusses eine Frist von 20 Tagen; diese Frist beginnt nicht mit der Mitteilung der Entscheidung über die Ablehnung der Einstellung, sondern mit der Mitteilung des Gutachtens des Vertrauensarztes.

95      Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass das Parlament die streitige Entscheidung erlassen hat, ohne der Klägerin vorher Gelegenheit gegeben zu haben, den Ärzteausschuss anzurufen. Zwar hat das Parlament die Klägerin bei der Mitteilung der streitigen Entscheidung auf diese Möglichkeit hingewiesen. Allerdings ist dieser Umstand für die festgestellte Rechtsverletzung unerheblich, da die streitige Entscheidung bereits erlassen worden ist, bevor der Klägerin Gelegenheit gegeben worden ist, innerhalb von 20 Tagen nach der Mitteilung des Gutachtens des Vertrauensarztes den Ärzteausschuss anzurufen.

96      Schließlich rechtfertigt das Parlament den Verstoß gegen die Bestimmungen von Art. 33 des Statuts damit, dass es im dienstlichen Interesse habe schnell einen Bediensteten einstellen müssen, um eine Beamtin in Mutterschaftsurlaub zu ersetzen, und daher mit dem Erlass der streitigen Entscheidung nicht habe warten können, bis die Frist von 20 Tagen gemäß Art. 33 des Statuts abgelaufen sei und im Fall einer Anrufung des Ärzteausschusses dieser seine Stellungnahme abgegeben habe.

97      Ein solcher Beweggrund konnte aber nicht rechtfertigen, dass sich das Parlament den verfahrensrechtlichen Pflichten gemäß Art. 33 des Statuts entzieht. Jedenfalls ist die Abwesenheit einer Beamtin in Mutterschaftsurlaub nichts Außergewöhnliches; das Parlament hätte entweder die Person in Mutterschaftsurlaub durch einen anderen Vertragsbediensteten ersetzen oder das Einstellungsverfahren früh genug einleiten müssen, um das wesentliche Formerfordernis gemäß Art. 33 Abs. 2 des Statuts beachten zu können. Jedenfalls war es im vorliegenden Fall wegen des zeitlichen Abstands zwischen dem Gutachten des Vertrauensarztes und dem vorgesehenen Einstellungstermin, dem 2. Februar 2009, a priori nicht unmöglich, die Stellungnahme des Ärzteausschusses einzuholen.

98      Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift, insbesondere gegen den Grundsatz der Wahrung der Verteidigungsrechte, nur insoweit zur Aufhebung der Entscheidung führen, als dieser Verstoß sich auf den Inhalt der endgültigen Entscheidung ausgewirkt hat. Dies ist hier aber der Fall; es ist nämlich nicht ausgeschlossen, dass der Ärzteausschuss, der über alle relevanten Daten über den Gesundheitszustand der Klägerin zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung verfügt hätte, möglicherweise eine von dem Gutachten des Vertrauensarztes abweichende Stellungnahme abgegeben oder die Möglichkeit, sich auf mehr als eineinhalb Jahre vorher durch die Kommission erhobene medizinische Daten zu stützen, in Zweifel gezogen hätte.

99      Mithin ist auch dem Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 des Statuts stattzugeben.

 Zum dritten Klagegrund: Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens und Verstoß gegen die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001

 Vorbringen der Parteien

100    Die Klägerin vertritt die Auffassung, das Parlament habe ihr Recht auf Achtung des Privatlebens verletzt und gegen die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten verstoßen, insbesondere gegen die die Übermittlung ihrer medizinischen Akte betreffenden. Der Vertrauensarzt des Parlaments habe sein Gutachten auf Unterlagen der Kommission gestützt. Zum einen hätten diese Unterlagen aber gemäß dem Verfahrenshandbuch des Ärztlichen Dienstes der Kommission im Archiv dieses Organs abgelegt werden müssen, und sie hätten nicht Bestandteil einer medizinischen Akte sein dürfen, da die Klägerin keine Tätigkeit bei der Kommission ausübe. Zum anderen verböten die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001 die Übermittlung medizinischer Daten über sie von der Kommission an das Parlament. Die medizinischen Daten im Besitz der Kommission seien ausschließlich für ihre Einstellung bei diesem Organ erhoben worden. Außerdem sei es Aufgabe des Vertrauensarztes des Parlaments, eine ärztliche Einstellungsuntersuchung durchzuführen und nicht Nachforschungen über ihre medizinische Vergangenheit anzustellen.

101    Das Parlament vertritt die Auffassung, die streitige Entscheidung verstoße in keiner Weise gegen die Vorschriften zum Schutz personenbezogener Daten. Nach Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 sei die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Organen nämlich zulässig, wenn die Daten für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben erforderlich seien, die in den Zuständigkeitsbereich des Empfängers fielen. Die streitige Übermittlung sei aber mit dem Ziel durchgeführt worden, es dem Parlament zu ermöglichen, eine seiner Aufgaben zu erfüllen, nämlich die körperliche Eignung eines Bewerbers zu überprüfen. Außerdem sei diese Übermittlung durch das Anliegen gerechtfertigt gewesen, unnötige ärztliche Untersuchungen zu vermeiden und es der Verwaltung zu ermöglichen, über vollständige Informationen zu verfügen.

102    Der EDSB vertritt die Auffassung, dass die Übermittlung und die Weiterverarbeitung der 2006 und 2007 erhobenen medizinischen Daten über den Gesundheitszustand der Klägerin gegen die Verordnung Nr. 45/2001 verstoßen hätten. Zunächst sei festzustellen, dass diese Daten nicht Bestandteil der medizinischen Akte der Klägerin als ehemalige Bedienstete auf Zeit und Vertragsbedienstete der Kommission seien und sich die Frage der Rechtmäßigkeit ihrer Übermittlung anders stelle als die Frage der Rechtmäßigkeit der Übermittlung der medizinischen Akte einer von einem Organ beschäftigten Person zwischen Organen. Das Verfahrenshandbuch des Ärztlichen Dienstes der Kommission enthalte keine Angaben dazu, zu welchem Zweck die im Rahmen eines Einstellungsverfahrens erhobenen medizinischen Daten länger als sechs Monate lang im Archiv aufbewahrt würden noch, unter welchen Bedingungen diese Daten zugänglich seien. In zwei 2007 und 2008 erlassenen Stellungnahmen sei dem Parlament bzw. der Kommission empfohlen worden, bei den Bewerbern, bei denen festgestellt worden sei, dass sie körperlich nicht für eine Einstellung geeignet seien, die im Rahmen des Einstellungsverfahrens erhobenen Daten nur eine bestimmte Zeit lang zu speichern, etwa so lange, wie die Daten oder die auf deren Grundlage erlassene Entscheidung angefochten werden könnten.

103    Die Übermittlung personenbezogener Daten zwischen Organen sei in erster Linie durch Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 geregelt, allerdings unbeschadet der Art. 4, 5, 6 und 10 dieser Verordnung. Die Beachtung von Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 mache also die Übermittlung und Weiterverarbeitung der Daten nicht vereinbar mit dieser Verordnung insgesamt, anders als das Parlament offenbar geltend mache, das in seiner Klagebeantwortung nur auf diese Bestimmung eingehe. Nach Art. 10 Abs. 1 der Verordnung Nr. 45/2001 sei die Verarbeitung besonderer Datenkategorien wie medizinischer Daten untersagt; nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte komme dem Schutz dieser Daten eine grundlegende Bedeutung für die Ausübung des durch Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) garantierten Rechts auf Beachtung des Privat- und Familienlebens zu. Da die Klägerin nicht in die Verarbeitung der streitigen Daten eingewilligt habe, greife die Ausnahme gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 45/2001 nicht. Ferner habe das Parlament nicht dargetan, dass die Übermittlung dieser Daten, obwohl im Hinblick auf Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 berechtigt, im Sinne der zweiten Ausnahme gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung tatsächlich erforderlich gewesen wäre, um seinen Rechten und Pflichten auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen. Das Parlament hätte diese Information nämlich auf eine andere, weniger in das Privatleben eingreifende Weise erlangen können; es hätte die Klägerin z. B. bitten können, diese Information zu liefern, oder eine ärztliche Untersuchung durch seine Dienststellen durchführen lassen können. In seiner genannten Stellungnahme von 2007 habe er dem Parlament empfohlen, in dem Vordruck der ärztlichen Einstellungsuntersuchung die Fragen zu streichen, ob der Bewerber bereits aus medizinischen Gründen eine Stelle nicht bekommen habe oder ober er einen Neurologen, Psychiater, Psychoanalytiker oder Psychotherapeuten aufgesucht habe. Das Parlament sei dieser Empfehlung gefolgt.

104    Im Übrigen seien die medizinischen Daten über die Klägerin, als das Parlament sie vom Ärztlichen Dienst der Kommission erhalten habe, nicht mehr für ihren ursprünglichen Zweck gespeichert gewesen, nämlich die Überprüfung der medizinischen Eignung der Klägerin für die Ausübung einer Stelle bei der Kommission. Zudem seien diese Daten im Archiv der Kommission abgelegt worden, nachdem nach der Entscheidung über die mangelnde Eignung die Sechsmonatsfrist gemäß dem Verfahrenshandbuch der Kommission abgelaufen war. Die Übermittlung und die Nutzung dieser Daten seien somit unter Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und e der Verordnung Nr. 45/2001 erfolgt. Auch könne die Änderung der Zweckbestimmung der Verarbeitung dieser Daten nicht auf der Grundlage von Art. 6 dieser Verordnung gerechtfertigt werden. Im Übrigen sei das Parlament, das um die Übermittlung ersucht habe, zusammen mit der Kommission verpflichtet gewesen, dafür zu sorgen, dass die Übermittlung insgesamt rechtmäßig ist.

105    Selbst wenn die Klägerin es vorsätzlich unterlassen hätte, das Parlament von den früheren ärztlichen Untersuchungen zu unterrichten, ließe dies ihr sich aus der Verordnung Nr. 45/2001 ergebendes Recht auf Schutz ihrer Daten unberührt.

106    In ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz erklärt die Klägerin, dass sie sich die Analyse des EDSB, dass das Parlament gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und e und Art. 10 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 verstoßen habe, in vollem Umfang zu eigen mache. Die Feststellung, dass die Übermittlung der medizinischen Daten nicht wirklich erforderlich gewesen sei im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung, gelte aus denselben Gründen für Art. 7 Abs. 1 der Verordnung; auch gegen diese Bestimmung sei schließlich verstoßen worden; es könne nämlich nicht angenommen werden, dass die streitige Übermittlung für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben des Parlaments erforderlich gewesen wäre. Dieses Organ habe gegen den Grundsatz der Beschränkung der Zwecke, der sachlichen Richtigkeit und des neuesten Stands der Daten sowie gegen die Regeln der Speicherung der Daten verstoßen und somit Art. 4 Abs. 1 Buchst. b, d und e der Verordnung Nr. 45/2001 nicht beachtet.

107    Das Parlament macht in seiner Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz geltend, dass die Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Klägerin erforderlich gewesen sei, um den Pflichten des Organs auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen, nämlich die körperliche Eignung der Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit zu überprüfen, wie es Art. 83 der BSB und Art. 33 des Statuts vorsähen. Die Verarbeitung dieser Daten sei somit gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 rechtmäßig. Ebenso sei die Verarbeitung dieser Daten allein durch die Mitarbeiter des Ärztlichen Dienstes des Parlaments, die dem Berufsgeheimnis unterlägen, zum Zweck der medizinischen Diagnostik der Arbeitsfähigkeit durch den Vertrauensarzt erforderlich und damit gemäß Art. 10 Abs. 3 der Verordnung rechtmäßig. Die Verarbeitung sei in legitimer Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt und sei mithin gemäß Art. 5 Buchst. a dieser Verordnung rechtmäßig.

108    Was die Übermittlung der Daten angeht, macht das Parlament geltend, dass diese für die rechtmäßige Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich gewesen sei. Es hätte seine Aufgaben ohne diese Übermittlung nämlich nicht erfüllen können: Zum einen habe die Klägerin seinem Ärztlichen Dienst, als sie sich mit diesem in Verbindung gesetzt habe, nicht mitgeteilt, dass sie sich vorher bei einem anderen Organ einer ärztlichen Untersuchung unterzogen habe; zum anderen liege seine Praxis, bei Bewerbern, die sich bereits einer Einstellungsuntersuchung bei einem anderen Organ unterzogen hätten, um die Übermittlung der medizinischen Einstellungsakte zu ersuchen, sowohl im Interesse des Organs als auch im Interesse der betroffenen Person, weil dadurch verhindert werden könne, dass bestimmte ärztliche Untersuchungen erneut durchgeführt werden müssten. Die vom EDSB angesprochene Möglichkeit einer erneuten ärztlichen Untersuchung bei ihm sei eine rein medizinische Frage; es bleibe dem Arzt überlassen, auf der Grundlage der übermittelten Akte darüber zu entscheiden.

109    Was die Qualität der Daten angeht, vertritt das Parlament die Auffassung, dass es nicht gegen Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und e der Verordnung Nr. 45/2001 verstoßen habe. Die Daten seien für einen festgelegten Zweck erhoben worden, nämlich die Überprüfung der körperlichen Eignung der Klägerin für die Ausübung einer Tätigkeit im Dienst der Union, ein eindeutiger und rechtmäßiger Zweck, weil er u. a. in Art. 33 des Statuts vorgesehen sei; sie seien für denselben Zweck verarbeitet worden. Die Einstellungsuntersuchung werde im Übrigen von allen Organen auf derselben rechtlichen Grundlage und auf die gleiche Weise durchgeführt. Die Anforderungen an die Eignung seien in allen Organen im Allgemeinen gleich. Die Übermittlung der streitigen Daten sei vergleichbar mit der Übermittlung der medizinischen Akte eines zu einem anderen Organ versetzten Beamten, die vom EDSB in seinem Gutachten vom 14. Juni 2007 für rechtmäßig erachtet worden sei. Die von der Kommission erhobenen Daten seien auch nicht länger, als es für die Erreichung der Zwecke der Erhebung und Verarbeitung erforderlich gewesen sei, gespeichert worden. Der EDSB habe in seinen „Leitlinien für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Zusammenhang mit der Einstellung von Personal“ von Oktober 2008 ausdrücklich anerkannt, dass die personenbezogenen Daten der nicht eingestellten Bewerber nach dem Ende des Verfahrens zwei Jahre lang gespeichert werden dürften, eine Frist, die im vorliegenden Fall nicht überschritten worden sei. Schließlich betreffe die Jahresfrist gemäß Art. 15 der internen Regelung des Parlaments nur die Gültigkeit einer Untersuchung.

 Würdigung durch das Gericht

–       Zum ersten Teil des Klagegrundes: Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens

110    Die Parteien haben in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung den Schwerpunkt auf den zweiten Teil des Klagegrundes, die Verletzung der Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001, gelegt. Dieser zweite Teil stand auch wegen des Beitritts des EDSB zum Verfahren im Mittelpunkt der Auseinandersetzung. Nach Auffassung des Gerichts ist der erste Teil des Klagegrundes, mit dem eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens gerügt wird, in den in der mündlichen Verhandlung noch weiter entwickelten Abschnitten 14.1 und 16.12 der Klageschrift aber hinreichend genau dargelegt, um darauf gesondert einzugehen.

111    Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt das Recht auf Achtung des Privatlebens, das in Art. 8 EMRK verankert ist und sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten herleitet, ein von der Unionsrechtsordnung geschütztes Grundrecht dar. Es umfasst insbesondere das Recht einer Person, ihren Gesundheitszustand geheim zu halten (vgl. u. a. Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, C‑404/92 P, Randnr. 17; vgl. auch Urteile des EGMR vom 25. Februar 1997, Z/Finnland, Recueil des arrêts et décisions 1997‑I, § 71, und vom 4. Dezember 2008, S. und Marper/Vereinigtes Königreich, Nrn. 30562/04 und 30566/04, § 66).

112    Die Übermittlung von personenbezogenen Daten über den Gesundheitszustand einer Person, die von einem Organ erhoben worden sind, an einen Dritten, auch an ein anderes Organ, stellt als solche einen Eingriff in das Privatleben der betreffenden Person dar, unabhängig von der späteren Verwendung der übermittelten Informationen (vgl. entsprechend Urteil des Gerichtshofs vom 20. Mai 2003, Österreichischer Rundfunk u. a., C‑465/00, C‑138/01 und C‑139/01, Randnrn. 73 bis 75).

113    Es ist allerdings bereits entschieden worden, dass die Grundrechte Beschränkungen unterworfen werden können, sofern diese tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen entsprechen und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstellen, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antastet (Urteil vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnr. 18). Insofern ist Art. 8 Abs. 2 der EMRK als Bezugspunkt anzusehen. Nach dieser Bestimmung kann der Eingriff einer Behörde in das Privatleben gerechtfertigt sein, soweit i) er „gesetzlich vorgesehen“ ist, ii) mit ihm ein oder mehrere abschließend aufgezählte Ziele verfolgt werden und iii) er für die Erreichung dieser Ziele „notwendig“ ist.

114    Im vorliegenden Fall ist also zu prüfen, ob die Übermittlung von medizinischen Daten von einem Organ an ein anderes zur Erleichterung der Arbeit des Vertrauensarztes im Rahmen einer ärztlichen Einstellungsuntersuchung im Hinblick auf diese drei Voraussetzungen als rechtmäßig angesehen werden kann.

115    Als Erstes ist zur ersten Voraussetzung festzustellen, dass die Übermittlung personenbezogener Daten von einem Organ an ein anderes wegen der Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 als „gesetzlich vorgesehen“ angesehen werden kann.

116    Diese Art der Verarbeitung personenbezogener Daten ist nämlich in Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 geregelt.

117    Allerdings stellt sich die Frage, ob diese Bestimmung so genau formuliert ist, dass die Adressaten des Gesetzes ihr Verhalten einrichten können, und damit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit genügt, wie es in der Rechtsprechung des EGMR entwickelt worden ist (vgl. u. a. Urteil des EGMR vom 20. Mai 1999, Rekvényi/Ungarn, Recueil des arrêts et décisions 1999‑III, § 34). Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 ist nämlich sehr allgemein formuliert: Die Übermittlung von Daten zwischen Organen ist nur möglich, wenn die übermittelten Daten „für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, die in den Zuständigkeitsbereich des Empfängers fallen“.

118    Darüber hinaus sieht Art. 6 der Verordnung Nr. 45/2001 ausdrücklich vor, dass „[p]ersonenbezogene Daten … nur dann für andere Zwecke als die, für die sie erhoben wurden, verarbeitet werden [dürfen], wenn die Änderung der Zwecke durch die internen Vorschriften des Organs oder der Einrichtung der Gemeinschaft ausdrücklich erlaubt ist“.

119    Das Parlament hat aber nicht geltend gemacht, dass irgendeine schriftliche Regelung existierte, die nicht bei Personen, die bei Organen beschäftigt sind, sondern bei Bewerbern die Übermittlung medizinischer Daten zwischen Organen oder den Austausch medizinischer Informationen zwischen den Ärztlichen Diensten von Organen vorsähe.

120    Als Zweites macht das Parlament geltend, die Übermittlung medizinischer Daten von einem Organ an ein anderes solle ermöglichen, zu überprüfen, ob ein Bewerber die Voraussetzung der körperlichen Eignung für die Ausübung der ihm angebotenen Tätigkeit erfülle und im Fall einer Einstellung tatsächlich in der Lage sei, diese Tätigkeit auszuüben. Der Gerichtshof hat insofern festgestellt, dass die Durchführung einer Einstellungsuntersuchung einem legitimen Interesse der Unionsorgane dient (Urteil vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnr. 20). Das angeführte Ziel ist also geeignet, einen Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der EMRK zu rechtfertigen.

121    Als Drittes ist zu prüfen, ob der in Rede stehende Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft für die Erreichung des mit ihm verfolgten berechtigten Zweckes notwendig ist.

122    Nach der Rechtsprechung des EGMR gilt ein Eingriff in einer demokratischen Gesellschaft für einen berechtigten Zweck als notwendig, wenn er einem zwingenden gesellschaftlichen Bedürfnis entspricht, insbesondere, wenn er in einem angemessenen Verhältnis zu dem verfolgten berechtigten Zweck steht und wenn die von den nationalen Behörden als Begründung angeführten Gründe stichhaltig und ausreichend sind. Die nationalen Behörden verfügen in diesem Bereich über ein gewisses Ermessen. Der Umfang dieses Ermessens ist unterschiedlich und hängt von einer Reihe von Faktoren ab, u. a. dem Wesen des in Rede stehenden durch die EMRK garantierten Rechts, dessen Bedeutung für den Betroffenen, der Art des Eingriffs und dessen Zweck. Dieser Ermessensspielraum ist umso geringer, je entscheidender das fragliche Recht dafür ist, dass die Person ihr zustehende „vertrauliche“ oder zentrale Rechte wirksam in Anspruch nehmen kann. Wenn es um einen Aspekt geht, der für die Existenz oder die Identität eines Einzelnen besonders wichtig ist, ist das dem Staat eingeräumte Ermessen gering (Urteil des EGMR vom 10. April 2007, Evans/Vereinigtes Königreich, Nr. 6339/05, § 77).

123    Im vorliegenden Fall kommt dem Schutz der personenbezogenen Daten für die Ausübung des in Art. 8 der EMRK verankerten Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens wie bereits ausgeführt eine grundlegende Bedeutung zu. Die Beachtung des vertraulichen Charakters der Informationen über die Gesundheit stellt ein von der Unionsrechtsordnung geschütztes Grundrecht dar (vgl. Urteile des Gerichtshofs vom 8. April 1992, Kommission/Deutschland, C‑62/90, Randnr. 23, und vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnr. 17). Dieser Grundsatz ist nicht nur wesentlich, um das Privatleben der Kranken zu schützen, sondern auch, um deren Vertrauen in die Ärzteschaft und das Gesundheitswesen insgesamt aufrechtzuerhalten (Urteil des EGMR Z/Finnland, § 95). Wegen des überaus intimen und sensiblen Charakters medizinischer Daten ist die Möglichkeit, solche Informationen ohne Einwilligung der betroffenen Person einem Dritten zu übermitteln oder mitzuteilen, auch wenn es sich dabei um ein anderes Organ oder eine andere Einrichtung der Union handelt, besonders streng zu prüfen (vgl. entsprechend Urteile des EGMR Z/Finnland, § 95, und S. und Marper/Vereinigtes Königreich, § 103). Die Verordnung Nr. 45/2001 bestimmt insofern in ihrem Art. 10 Abs. 1, dass die Verarbeitung medizinischer Daten grundsätzlich untersagt ist, vorbehaltlich der in Abs. 2 dieses Artikels vorgesehenen Ausnahmen.

124    Es sind also gegeneinander abzuwägen das Interesse des Parlaments, die Gewissheit zu erhalten, dass es eine Person einstellt, die fähig ist, die Tätigkeiten auszuüben, die sie ausüben soll, und die Schwere des Eingriffs in das Recht der betroffenen Person auf Achtung ihres Privatlebens.

125    Im vorliegenden Fall ist das Gericht aber der Auffassung, dass die Einstellungsuntersuchung zwar einem berechtigten Interesse der Unionsorgane dient, die in der Lage sein müssen, ihre Aufgabe zu erfüllen; jedoch rechtfertigt dieses Interesse nicht, dass eine Übermittlung medizinischer Daten von einem Organ an ein anderes ohne Einwilligung der betroffenen Person erfolgt (vgl. entsprechend Urteil vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnr. 20). Wie bereits ausgeführt stellen medizinische Daten nämlich besonders sensible Daten dar. Ferner sind diese Daten ungefähr zwei Jahre zuvor für einen ganz bestimmten Zweck erhoben worden, von einem Organ, zwischen dem und der Klägerin nach dem Verfahren der Überprüfung der medizinischen Eignung für die Einstellung kein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Schließlich hätte das Parlament seine Aufgabe unter Umständen wahrnehmen können, die weniger in die Grundrechte der Klägerin eingegriffen hätten. Es hätte die für den 7. Januar 2009 vorgesehene Einstellungsuntersuchung durchführen, gegebenenfalls neue ärztliche Untersuchungen anordnen, die Klägerin um Zustimmung zur Übertragung der streitigen medizinischen Daten bitten oder auch sich auf die Informationen stützen können, die sich die Klägerin verpflichtet hatte, ihm im Januar 2009 zukommen zu lassen.

126    Entgegen dem Vorbringen des Parlaments handelt es sich bei der Entscheidung, mit der sein Vertrauensarzt um die Übermittlung der von der Kommission erhobenen Daten ersucht hat, nicht um eine Maßnahme mit rein medizinischer Tragweite, die der gerichtlichen Kontrolle entzogen wäre. Um die Übermittlung ist nämlich ersucht worden, noch bevor der Vertrauensarzt die Klägerin untersucht hat und diese dem Ärztlichen Dienst die Informationen mitgeteilt hat, um die sie gebeten worden war.

127    Nach alledem ist das Gutachten des Vertrauensarztes der Kommission unter Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens der Klägerin erstellt worden und die streitige Entscheidung folglich auch aus diesem Grund rechtswidrig. Dem ersten Teil des Klagegrundes ist somit stattzugeben.

–       Zum zweiten Teil des Klagegrundes: Verstoß gegen die Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001

128    Zunächst ist festzustellen, dass Art. 1 der Verordnung Nr. 45/2001 ausdrücklich vorsieht, dass die Organe und Einrichtungen der Union nach den Bestimmungen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen gewährleisten. Auch können die Bestimmungen dieser Verordnung nicht so ausgelegt werden, dass sie eine Beeinträchtigung des durch Art. 8 der EMRK garantierten Rechts auf Achtung des Privatlebens rechtfertigen könnten (vgl. Urteil Österreichischer Rundfunk u. a., Randnr. 91).

129    Nach Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 kann ein Organ oder eine Einrichtung der Union einem anderen Organ oder einer anderen Einrichtung der Union personenbezogene Daten übermitteln, wenn die Daten für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben erforderlich sind, die in den Zuständigkeitsbereich des Empfängers fallen.

130    Im vorliegenden Fall steht außer Zweifel, dass die Überprüfung der körperlichen Eignung der Klägerin für die Einstellung durch die Dienststellen des Parlaments zur rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben dieses Organs gehört.

131    Wie der EDSB aber in seinem Streithilfeschriftsatz zu Recht geltend macht, reicht diese Feststellung allein nicht für den Nachweis aus, dass die streitige Übermittlung der medizinischen Daten der Klägerin mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 in Einklang steht. Zum einen muss die Übermittlung nämlich für die rechtmäßige Erfüllung der Aufgaben des Organs „erforderlich“ sein. Im vorliegenden Fall ist also der Nachweis zu erbringen, dass die Übermittlung für die Beurteilung der körperlichen Eignung der Klägerin durch die Dienststellen des Parlaments unerlässlich gewesen ist. Zum anderen sieht Art. 7 dieser Verordnung ausdrücklich vor, dass er „[u]nbeschadet der Artikel 4, 5, 6 und 10“ dieser Verordnung gilt.

132    Um auf die von der Klägerin vorgebrachte Rüge eines Verstoßes gegen die Verordnung, insbesondere gegen deren Art. 7, einzugehen, ist also zu prüfen, ob diese Übermittlung unter Beachtung der in diesem Artikel aufgestellten Voraussetzung der Erforderlichkeit und in Einklang mit den Bestimmungen erfolgt ist, auf die dieser Artikel verweist, insbesondere Art. 6 der Verordnung. Im vorliegenden Fall sind zunächst die Art. 4, 6 und 10 der Verordnung Nr. 45/2001 zu prüfen, gegen die nach Auffassung der Klägerin verstoßen worden sein soll, sodann, ob die Voraussetzung der Erforderlichkeit der Übermittlung gemäß Art. 7 dieser Verordnung erfüllt ist.

133    Was als Erstes die Art. 4 und 6 der Verordnung Nr. 45/2001 angeht, ist festzustellen, dass personenbezogene Daten nach Art. 4 Abs. 1 dieser Verordnung nur nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden, nur für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden dürfen. Und nach Art. 6 dieser Verordnung dürfen personenbezogene Daten nur dann für andere Zwecke als die, für die sie erhoben wurden, verarbeitet werden, wenn die Änderung der Zwecke durch die internen Vorschriften des Organs oder der Einrichtung der Gemeinschaft ausdrücklich erlaubt ist.

134    Im vorliegenden Fall ist, wie die Klägerin und der EDSB zu Recht geltend machen, unstreitig, dass die von der Kommission im Rahmen der Einstellungsuntersuchung gemäß Art. 83 der BSB über die Klägerin erhobenen Daten lediglich den Zweck hatten, es zu ermöglichen, zu ermitteln, ob die Klägerin zum Zeitpunkt ihrer Einstellung körperlich geeignet war, ihre Tätigkeit in den Dienststellen der Kommission auszuüben.

135    Zum einen stellte die Weiterverarbeitung dieser ärztlichen Daten, um zu überprüfen, ob die Klägerin fähig war, im Dezember 2008 eine Tätigkeit im Parlament auszuüben, aber einen anderen Zweck dar, als der, für den diese Daten erhoben wurden. Das Parlament kann sich insofern nicht darauf berufen, dass die von allen Organen durchgeführten ärztlichen Untersuchungen auf derselben Rechtsgrundlage beruhten, auf dieselbe Weise durchgeführt würden und nach denselben Kriterien der Eignung erfolgten. Der Unionsrichter hat nämlich in mehreren Urteilen die Bedeutung der Autonomie eines jeden Organs in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber unterstrichen; er hat Vorbringen, mit dem auf die Einheitlichkeit des öffentlichen Dienstes der Union abgestellt wurde, nicht gelten lassen. So ist bereits entschieden worden, dass von einem Organ eingestellte Beamte keinen Anspruch auf dieselbe Besoldungsgruppe haben wie die eines anderen Organs, obwohl alle diese Beamten erfolgreiche Bewerber desselben Auswahlverfahrens waren (Urteil des Gerichts vom 9. Dezember 2010, Liljeberg u. a./Kommission, F‑83/05, Randnr. 58). Zwar unterliegen alle Beamten aller Organe der Union nach dem Grundsatz eines einheitlichen öffentlichen Dienstes, wie er in Art. 9 Abs. 3 des Vertrags von Amsterdam zum Ausdruck kommt, einem einheitlichen Statut; dieser Grundsatz bedeutet aber nicht, dass die Organe das ihnen durch das Statut eingeräumte Ermessen auf dieselbe Weise ausüben müssten; vielmehr gilt für sie bei der Personalverwaltung der „Grundsatz der Autonomie“, um die vom Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 16. September 1997, Gimenez/Ausschuss der Regionen (T‑220/95, Randnr. 72), gewählte Formulierung aufzugreifen.

136    Zum anderen muss eine Änderung der Zweckbestimmung der Datenerhebung nach Art. 6 der Verordnung Nr. 45/2001 ausdrücklich in einer internen Vorschrift des Organs vorgesehen gewesen sein; aus den Schriftsätzen und der mündlichen Verhandlung geht aber hervor, dass die Änderung des Zwecks, für den die medizinischen Daten der Klägerin 2006 und 2007 von der Kommission erhoben worden sind, durch keinen Rechtsakt vorgesehen ist, den dieses Organ oder das Parlament erlassen hätte. Die Übermittlung solcher Daten zwischen den betreffenden Organen beruht allein auf einer bloßen Praxis, über die die Bewerber in keiner Weise unterrichtet werden. Im Übrigen hat der EDSB in der mündlichen Verhandlung, ohne dass ihm insoweit widersprochen worden wäre, ausgeführt, dass ihm die Praxis des Parlaments, um die Übermittlung medizinischer Daten über Bewerber zu ersuchen, nicht gemeldet worden sei, obwohl eine solche Meldung durch Art. 27 der Verordnung Nr. 45/2001 vorgeschrieben sei. Was die Kommission angeht, führt der EDSB aus, dass er in einer Stellungnahme vom 10. September 2007 im Rahmen seiner Vorabprüfung der Akte „Verwaltung der Tätigkeiten des Ärztlichen Dienstes – Brüssel, Luxemburg – insbesondere mittels des Programms SERMED“ dieses Organs lediglich geprüft habe, ob die Übermittlung medizinischer Daten in Ausnahmefällen auf Antrag an die Rechtsabteilung der Kommission, an das Gericht oder an den Europäischen Bürgerbeauftragten mit den Bestimmungen der Verordnung Nr. 45/2001 vereinbar sei. Der EDSB hat sich in dieser Stellungnahme hingegen überhaupt nicht mit der Übermittlung von einem Organ bei einer ärztlichen Einstellungsuntersuchung erhobener medizinischer Daten an ein anderes Organ oder eine andere Einrichtung der Union befasst; der Datenschutzbeauftragte der Kommission hatte diese Art von Übermittlung von Daten nämlich nicht gemeldet. Der EDSB weist darauf hin, dass er der Kommission in dieser Stellungnahme empfohlen habe, bei Bewerbern, bei denen festgestellt worden sei, dass sie körperlich ungeeignet für die Einstellung seien, die im Rahmen des Einstellungsverfahrens erhobenen Daten nur eine begrenzte Zeit zu speichern, etwa so lange, wie die Daten oder die auf deren Grundlage ergangene Entscheidung angefochten werden könnten. Somit durfte die Kommission die 2006 und 2007 erhobenen Daten über den Gesundheitszustand der Klägerin speichern, aber lediglich für die Bearbeitung der von dieser nach der Ablehnung der Kommission, sie einzustellen, vor den Unionsgerichten in den Rechtssachen F‑33/08 und T‑510/09 P eingeleiteten Verfahren.

137    Als Zweites ist zu Art. 10 der Verordnung Nr. 45/2001 festzustellen, dass die Verarbeitung medizinischer Daten nach Abs. 1 dieses Artikels grundsätzlich untersagt ist. Nach Art. 2 dieses Artikels findet Abs. 1 u. a. dann nicht Anwendung, wenn die betroffene Person in die Verarbeitung einwilligt oder die Verarbeitung erforderlich ist, um den Pflichten und spezifischen Rechten des für die Verarbeitung Verantwortlichen auf dem Gebiet des Arbeitsrechts Rechnung zu tragen.

138    Zum einen ist aber unstreitig, dass die Klägerin nicht in die Übermittlung der sie betreffenden medizinischen Daten durch die Kommission an das Parlament eingewilligt hat.

139    Zum anderen ist die streitige Übermittlung zwar durchgeführt worden, um das Parlament in die Lage zu versetzen, die körperliche Eignung der Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit in diesem Organ zu überprüfen, eine Pflicht, die sich aus den Art. 82 und 83 der BSB ergibt und die als „[Pflicht] … auf dem Gebiet des Arbeitsrechts“ im Sinne von Art. 10 Abs. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 eingestuft werden kann; es ist aber nicht erwiesen, dass diese Übermittlung „erforderlich“ war, um dieser Pflicht nachzukommen. Wie der EDSB geltend macht und wie bereits in Randnr. 125 ausgeführt, kamen andere, weniger in das Privatleben eingreifende Maßnahmen in Frage, mit denen das Parlament die vollständige Anwendung der Art. 82 und 83 der BSB hätte gewährleisten können. Bevor es die Kommission darum ersuchte, ihr diese Daten zu übermitteln, hätte das Parlament insbesondere die Klägerin bitten können, bestimmte Angaben zu ihrer Krankheitsgeschichte zu machen, und durch seine eigenen Dienststellen die erforderlichen Untersuchungen durchführen lassen können. Außerdem spricht die Tatsache, dass die übermittelten Daten, die 2006 und 2007, also mehr als eineinhalb Jahre vor der streitigen Entscheidung, erhoben worden waren, relativ alt gewesen sind, nicht für die Auffassung des Parlaments, dass diese Übermittlung erforderlich gewesen sei.

140    Wie die Klägerin zu Recht geltend macht, kann sich das Parlament auch nicht darauf berufen, dass Rechtsgrundlage der streitigen Übermittlung Art. 10 Abs. 3 der Verordnung Nr. 45/2001 sei. Zwar ermächtigt diese Bestimmung die Mitglieder des Ärztlichen Dienstes eines Organs, die für die medizinische Diagnose der Eignung einer Person für die Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Daten zu verarbeiten; sie hat aber weder das Ziel noch die Wirkung, eine Übermittlung medizinischer Daten, wie sie im vorliegenden Fall angefochten wird, zu erlauben, die zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Ärztlichen Dienste der beiden betreffenden Organe durchgeführt worden ist.

141    Als Drittes ist zu Art. 7 der Verordnung Nr. 45/2001 festzustellen, dass, wie die Klägerin zu Recht geltend macht, eine Übermittlung, die nicht als erforderlich im Sinne von Art. 10 der Verordnung eingestuft wird, ebenso wenig als erforderlich im Sinne von Art. 7 derselben Verordnung eingestuft werden kann, da es um dieselbe Aufgabe geht, nämlich die Untersuchung der körperlichen Eignung der Klägerin für die Einstellung.

142    Angesichts des besonders sensiblen Charakters der medizinischen Daten der Klägerin und der Umstände, unter denen diese erlangt worden sind, ist das Gericht somit der Ansicht, dass das Parlament, indem es diese Daten verarbeitet hat, nicht die ihm durch die Bestimmungen der Art. 82 und 83 der BSB übertragene Aufgabe rechtmäßig erfüllt hat. Es hätte dafür um die Zustimmung der Klägerin zur Übermittlung der Daten bitten oder spezielle medizinische Untersuchungen durchführen müssen; es durfte sich nicht ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Person auf im Rahmen eines anderen Verfahrens von einem anderen Organ erhobene medizinische Daten stützen.

143    Die Klägerin macht also zu Recht geltend, dass der Vertrauensarzt des Parlaments dadurch, dass er die Kommission um die Übermittlung dieser medizinischen Daten ersucht hat, gegen die Bestimmungen der Art. 6 und 7 der Verordnung Nr. 45/2001 verstoßen und dadurch, dass er sich auf diese Daten gestützt hat, ein nicht ordnungsgemäßes Gutachten über die körperliche Eignung der Klägerin abgegeben hat. Folglich ist dem zweiten Teil des Klagegrundes stattzugeben.

144    Das Parlament macht in seinen Schriftsätzen allerdings geltend, dass die streitige Entscheidung nicht nur auf die mangelnde körperliche Eignung, sondern auch auf die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses gestützt sei.

145    Das Gericht hat also zu prüfen, ob dieser zweite Grund tatsächlich geltend gemacht worden ist und ob er geeignet ist, die streitige Entscheidung zu rechtfertigen.

146    Das Parlament stellt in der streitigen Entscheidung und in der Entscheidung über die Zurückweisung der Beschwerde zwar fest, dass die Klägerin der Verpflichtung, die sie gehabt habe, anzugeben, dass sie sich vorher bei einem anderen Organ einer Einstellungsuntersuchung unterzogen habe, nicht nachgekommen sei; es leitet daraus aber nicht unmittelbar eine Rechtsfolge ab; diese Entscheidungen sind rechtlich allein auf die Feststellung gestützt, dass die Klägerin nicht die Voraussetzung der körperlichen Eignung für die Ausübung ihrer Tätigkeit erfülle. Entgegen dem Vorbringen des Parlaments ist die streitige Entscheidung also nicht auf die Zerstörung des Vertrauensverhältnisses gestützt.

147    Für den Fall, dass das Parlament mit seinem Vorbringen vor dem Gericht die Begründung auswechseln will, ist festzustellen, dass die Geltendmachung einer Begründung im Rahmen des Gerichtsverfahrens, die die streitige Entscheidung hätte rechtlich rechtfertigen können, einer Aufhebung dieser Entscheidung nicht entgegenstehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts erster Instanz vom 10. Dezember 2003, Tomarchio/Kommission, T‑173/02, Randnr. 86, und vom 15. März 2006, Leite Mateus/Kommission, T‑10/04, Randnr. 43), es sei denn, es handelt sich um eine gebundene Entscheidung.

148    Im vorliegenden Fall kann das Parlament aber nicht behaupten, dass es eine gebundene Entscheidung zu treffen gehabt hätte, da es bei der als Begründung angeführten Zerstörung des Vertrauensverhältnisses über einen großen Ermessensspielraum verfügt (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 15. Dezember 2010, Angulo Sánchez/Rat, F‑67/09, Randnrn. 76 bis 78).

149    Im Übrigen konnte das Parlament jedenfalls zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung nicht behaupten, dass die Klägerin es vorsätzlich unterlassen hätte, ihr mitzuteilen, dass sie bei der Kommission beschäftigt gewesen sei oder dass sie sich bereits bei einem anderen Organ einer ärztlichen Untersuchung unterzogen habe. Aus den Randnrn. 29 bis 31 des vorliegenden Urteils geht nämlich hervor, dass die Klägerin und die Verwaltung übereingekommen waren, dass die Klägerin dem Parlament im Januar 2009 die erforderlichen Unterlagen für die Einstellungsakte zukommen lasse. Es war also nicht auszuschließen, dass die Klägerin diese Angaben gegenüber dem Parlament vor ihrem Dienstantritt oder bei der ärztlichen Untersuchung gemacht hätte, zu der sie geladen war und die am 7. Januar 2009 hatte stattfinden sollen.

150    Somit ist, ohne dass der letzte Klagegrund geprüft zu werden brauchte, mit dem das Vorliegen von Mobbing geltend gemacht wird, festzustellen, dass die streitige Entscheidung aufzuheben ist.

4.     Zum Antrag auf Schadensersatz

 Vorbringen der Parteien

151    Die Klägerin macht geltend, die Unregelmäßigkeiten des ärztlichen Einstellungsverfahrens stellten Fehler dar, die geeignet seien, die Haftung des Parlaments zu begründen, da ihr durch diese ein materieller und ein immaterieller Schaden entstanden seien und zwischen ihnen und diesen Schäden ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe.

152    Was den materiellen Schaden angeht, macht die Klägerin geltend, dass sie durch die vom Parlament begangenen Fehler um eine sehr ernsthafte Chance gebracht worden sei, eine bei diesem Organ zu besetzende Stelle zu erhalten; sie habe Chancen gehabt, diese Stelle unbefristet zu besetzen. Entsprechend beantragt sie Schadensersatz in Höhe von 95 % der Differenz zwischen den Bezügen, die sie vom 2. Februar bis 2. August 2009 habe erhalten sollen, und dem Arbeitslosengeld, das sie für diese Zeit tatsächlich erhalten habe. Sie beantragt insoweit einen „Vorschuss“ in Höhe von 50 000 Euro.

153    Was den immateriellen Schaden angeht, verlangt die Klägerin 20 000 Euro wegen des Gefühls der Ungerechtigkeit, das sie aufgrund der Verhinderung ihrer Einstellung beim Parlament und der zahlreichen Rechtsverletzungen, die begangen worden seien, insbesondere der Verletzung ihres Rechts auf Achtung ihres Privatlebens, empfunden habe.

154    Nach Auffassung des Parlaments ist der Antrag auf Schadensersatz zurückzuweisen. Die Klägerin habe nämlich keinen Fehler nachgewiesen.

155    Im Übrigen macht das Parlament zum materiellen Schaden zum einen geltend, dass dieser nicht tatsächlich und sicher sei, da nicht erwiesen sei, dass die Klägerin eingestellt worden wäre, wenn die ärztliche Untersuchung ohne die von der Kommission übermittelten medizinischen Daten durchgeführt worden wäre. Zum anderen sei dieser Schaden zu hoch angesetzt; er könne in keinem Fall 50 000 Euro betragen. Die Klägerin hätte in der Zeit vom 2. Februar bis zum 2. August 2009 Bezüge in Höhe von höchstens 15 600,60 Euro erhalten können. Zudem sei von diesem Betrag das Arbeitslosengeld abzuziehen, das für diese Zeit gezahlt worden sei. Schließlich sei der so errechnete Betrag mit einem Verringerungskoeffizienten zu gewichten, um der Tatsache Rechnung zu tragen, dass die Einstellungschancen der Klägerin gering gewesen seien.

156    Was den immateriellen Schaden angeht, macht das Parlament geltend, dass die Klägerin nicht hinreichend dargetan habe, worin dieser Schaden bestehe; es verweist auf die ständige Rechtsprechung, dass die Aufhebung der streitigen Entscheidung grundsätzlich eine angemessene und hinreichende Wiedergutmachung des erlittenen Schadens darstelle.

 Würdigung durch das Gericht

157    Nach ständiger Rechtsprechung ist die Haftung der Verwaltung an das Zusammentreffen mehrerer Voraussetzungen geknüpft: Die den Organen vorgeworfene Handlung muss rechtswidrig sein, es muss ein tatsächlicher Schaden eingetreten sein, und zwischen der Handlung und dem behaupteten Schaden muss ein Kausalzusammenhang bestehen (Urteile des Gerichtshofs vom 1. Juni 1994, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a., C‑136/92 P, Randnr. 42, und vom 21. Februar 2008, Kommission/Girardot, C‑348/06 P, Randnr. 52). Diese drei Voraussetzungen sind kumulativ. Für die Abweisung einer Schadensersatzklage genügt es, dass eine von ihnen nicht vorliegt.

158    Was den Kausalzusammenhang angeht, so muss der Kläger grundsätzlich den Beweis für einen unmittelbaren und sicheren ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Fehler des Organs und dem geltend gemachten Schaden erbringen (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 28. September 1999, Hautem/EIB, T‑140/97, Randnr. 85).

159    Der für die Feststellung des Kausalzusammenhangs erforderliche Grad an Sicherheit ist jedoch erreicht, wenn das rechtswidrige Verhalten eines Unionsorgans den Betroffenen zwar nicht unbedingt um die Einstellung, auf die einen Anspruch gehabt zu haben er kaum je wird nachweisen können, aber mit Sicherheit um eine ernsthafte Chance auf Einstellung als Beamter oder sonstiger Bediensteter gebracht hat, so dass der Betroffene als Folge hiervon einen materiellen Schaden in Form eines Einkommensverlusts erlitten hat. Erscheint es im konkreten Fall außerordentlich wahrscheinlich, dass das betreffende Gemeinschaftsorgan bei Einhaltung der Vorschriften den Betroffenen eingestellt hätte, steht die theoretische Ungewissheit, die hinsichtlich des Ausgangs eines ordnungsgemäß durchgeführten Verfahrens immer bleibt, dem Ersatz des tatsächlichen materiellen Schadens nicht entgegen, den der Betroffene dadurch erlitten hat, dass seine Bewerbung auf eine Stelle, die zu erhalten er gute Chancen hatte, nicht zu einer Einstellung geführt hat (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 5. Oktober 2004, Sanders u. a./Kommission, T‑45/01, Randnr. 150; Urteil des Gerichts vom 22. Oktober 2008, Tzirani/Kommission, F‑46/07, Randnr. 218).

160    Was den materiellen Schaden angeht, macht die Klägerin zu Recht geltend, dass sie ohne die vom Parlament begangene Rechtsverletzung, dessen Vertrauensarzt sich auf nicht aktuelle medizinische Daten gestützt hat und die in den BSB vorgesehene ärztliche Eignungsuntersuchung nicht selbst vorgenommen hat, ernsthafte Chancen auf Einstellung gehabt hätte.

161    Zunächst ist nämlich festzustellen, dass das Parlament der Klägerin bereits mitgeteilt hatte, dass sie eingestellt sei. Die Einstellung war somit nicht nur lediglich möglich, sondern bereits vollzogen; sie hing nur noch von der Feststellung der körperlichen Eignung der Klägerin für die Ausübung ihrer Tätigkeit ab.

162    Ferner ist entgegen dem Vorbringen des Parlaments nicht nachgewiesen, dass die Klägerin, wenn die ärztliche Einstellungsuntersuchung ordnungsgemäß durchgeführt worden wäre, allein auf der Grundlage der Informationen, die der Ärztliche Dienst des Parlaments über den Gesundheitszustand der Klägerin im Januar 2009 erhoben hätte, nicht eingestellt worden wäre. Die medizinischen Daten, die die Ablehnung der Einstellung der Klägerin durch die Kommission 2007 gerechtfertigt hatten, hatten sich nämlich möglicherweise geändert und hätten die Feststellung der Eignung der Klägerin für die Einstellung durch die Dienststellen des Parlaments rechtfertigen können.

163    Schließlich kann von einem Bewerber nicht verlangt werden, dass er seinem zukünftigen Arbeitgeber seine gesamte Krankheitsgeschichte offenbart. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs stellt das in Art. 8 der EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privatlebens, das sich aus den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten herleitet, nämlich ein von der Unionsrechtsordnung geschütztes Grundrecht dar (vgl. Urteil Kommission/Deutschland, Randnr. 23). Es umfasst insbesondere das Recht einer Person, ihren Gesundheitszustand geheim zu halten (Urteil des Gerichtshofs vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnr. 17).

164    Zwar kann der Arbeitgeber die Untersuchungen durchführen, aufgrund derer sich die körperliche Eignung der einzustellenden Person beurteilen lässt, und wenn diese, was ihr gutes Recht ist, sich weigert, sich solchen Untersuchungen zu unterziehen, aus einer solchen Weigerung die entsprechenden Schlüsse ziehen, indem er das mit ihrer Einstellung verbundene Risiko nicht eingeht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 1994, X/Kommission, Randnrn. 20 und 21).

165    Im vorliegenden Fall ist aber nicht sicher, dass das Parlament, ohne die Informationen, die es vom Ärztlichen Dienst der Kommission erhalten hat, Zweifel an dem Gesundheitszustand der Klägerin gehabt hätte und sich veranlasst gesehen hätte, eingehende Untersuchungen durchzuführen, zumal dieser nur ein Vertrag kurzer Dauer angeboten worden ist. Selbst wenn die Klägerin, wie sie offenbar geltend macht, dem Parlament im Rahmen der ärztlichen Untersuchung, die im Januar 2009 stattfinden sollte, mitgeteilt hätte, dass sie unter bestimmten Störungen gelitten habe, wegen derer sie einen Psychiater aufgesucht habe, ist nicht sicher, dass das Organ die Bewerbung der Klägerin wegen einer solchen Information abgelehnt hätte. Wenn allein die Kenntnis von Störungen, die über physiologische hinausgehen, von vornherein eine Ablehnung der Einstellung durch den Arbeitgeber rechtfertigen würde, würde dies bedeuten, dass viele Personen, die in der Vergangenheit, wenn auch nur kurze Zeit, unter solchen Störungen gelitten haben, große Schwierigkeiten hätten, einen Arbeitsplatz zu finden.

166    Das Gericht ist daher der Ansicht, dass die Klägerin um eine ernsthafte Chance auf eine befristete Einstellung gebracht worden ist und dass der Verlust dieser Chance nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung sämtlicher dem Gericht vorliegenden Angaben mit 50 % anzusetzen ist (vgl. entsprechend Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. Juni 2006, Girardot/Kommission, T‑10/02, Randnrn. 118 und 119). In Anbetracht der Bezüge, die die Klägerin für die Zeit ihrer Beschäftigung als Vertragsbedienstete hätte erhalten können, die vom Parlament auf 15 600,60 Euro geschätzt werden, und der Einkünfte, die die Klägerin in dieser Zeit erzielt hat, in der sie Arbeitslosengeld in Höhe von 960 Euro im Monat erhalten hat, und mangels jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass das Beschäftigungsverhältnis der Klägerin über sechs Monate hinaus hätte verlängert werden können, ist das Parlament nach billigem Ermessen zu verurteilen, der Klägerin 5 000 Euro als Schadensersatz zu zahlen.

167    Was den immateriellen Schaden angeht, ist festzustellen, dass die Aufhebung einer angefochtenen Handlung als solche ein angemessener und grundsätzlich hinreichender Ersatz für diesen Schaden sein kann (Urteile des Gerichts erster Instanz vom 26. Januar 1995, Pierrat/Gerichtshof, T‑60/94, Randnr. 62, und vom 21. Januar 2004, Robinson/Parlament, T‑328/01, Randnr. 79; Urteil des Gerichts vom 13. Dezember 2007, Sundholm/Kommission, F‑42/06, Randnr. 44).

168    Der Unionsrichter hat aber einige Ausnahmen von dieser Regel zugelassen.

169    Als Erstes kann die Aufhebung der rechtswidrigen Handlung der Verwaltung keine vollständige Wiedergutmachung des immateriellen Schadens darstellen, wenn diese Handlung eine Beurteilung der Qualitäten oder des Verhaltens des Betroffenen enthält, die geeignet ist, diesen zu kränken (vgl. Urteil des Gerichtshofs vom 7. Februar 1990, Culin/Kommission, C‑343/87, Randnrn. 25 bis 29; Urteil Pierrat/Gerichtshof, Randnr. 62).

170    Im vorliegenden Fall können die Beurteilungen des Verhaltens der Klägerin durch das Parlament in der streitigen Entscheidung und in der Antwort auf die Beschwerde aber in gewisser Weise als kränkend für diese angesehen werden. Das Parlament wirft der Klägerin nämlich ausdrücklich vor, es vorsätzlich unterlassen zu haben, ihm anzuzeigen, dass sie sich bereits bei der Kommission einer ärztlichen Einstellungsuntersuchung unterzogen gehabt habe, und dadurch gegen ihre Pflichten verstoßen zu haben. Durch diese Ausführungen hat das Parlament offen den guten Glauben der Klägerin in Zweifel gezogen, obwohl diese das Parlament zum einen von ihrer Berufserfahrung in den Dienststellen der Kommission unterrichtet hatte und zum anderen bei der ärztlichen Untersuchung Angaben zu diesen Tatsachen und ihrem Kontext hätte machen können. So ist der Klägerin durch die Beurteilungen des Parlaments, die in einer oben bereits als rechtswidrig eingestuften Entscheidung geäußert worden sind, unmittelbar ein immaterieller Schaden entstanden (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 23. März 2000, Rudolph/Kommission, T‑197/98, Randnr. 98).

171    Als Zweites kann die Aufhebung der rechtswidrigen Handlung der Verwaltung keine vollständige Wiedergutmachung des erlittenen immateriellen Schadens darstellen, wenn die begangene Rechtsverletzung besonders schwer ist (Urteil des Gerichts erster Instanz vom 30. September 2004, Ferrer de Moncada/Kommission, T‑16/03, Randnr. 68; Urteil des Gerichts vom 7. Juli 2009, Bernard/Europol, F‑99/07 und F‑45/08, Randnr. 106).

172    Im vorliegenden Fall sind die verschiedenen Rechtsverletzungen, die das Parlament begangen hat, insbesondere die Verletzung des Rechts der Klägerin auf Achtung ihres Privatlebens und der Verstoß gegen die Verordnung Nr. 45/2001 besonders schwer, was die Zuerkennung eines Betrags als Ersatz des immateriellen Schadens rechtfertigt.

173    Als Drittes ist bereits entschieden worden, dass die Aufhebung einer Handlung, wenn sie jeder praktischen Wirksamkeit entbehrt, als solche kein angemessener und grundsätzlich hinreichender Ersatz für den gesamten Schaden sein kann, der durch die aufgehobene Handlung entstanden ist (Urteil Tzirani/Kommission, Randnr. 223).

174    Im vorliegenden Fall ist es zwar noch möglich, Maßnahmen zu erlassen, mit denen die begangenen Rechtsverletzungen korrigiert werden können, z. B. die Durchführung einer neuen ärztlichen Untersuchung; die Aufhebung der streitigen Entscheidung wird jedoch wahrscheinlich ohne jegliche konkrete Wirkung bleiben. Die Informationen über die Gesundheit der Klägerin, von denen das Parlament rechtswidrig Kenntnis erlangt hat, sind nämlich geeignet, Zweifel zu begründen, die eine objektive Analyse des Gesundheitszustands der Klägerin durch den Ärztlichen Dienst dieses Organs erschweren; jedenfalls ist es wenig wahrscheinlich, dass das Parlament in Betracht zieht, die Klägerin einzustellen, die bei ihm zu keinem Zeitpunkt als Vertragsbedienstete beschäftigt war.

175    Der immaterielle Schaden der Klägerin wird durch die Aufhebung der streitigen Entscheidung also nicht in vollem Umfang wiedergutgemacht. In Anbetracht insbesondere der Schwere der festgestellten Rechtsverletzungen und ihrer Folgen hält das Gericht eine Entschädigung von 20 000 Euro für angemessen.

176    Nach alledem wird das Parlament verurteilt, an die Klägerin als Ersatz des entstandenen materiellen und immateriellen Schadens einschließlich aller Zinsen 25 000 Euro zu zahlen.

 Kosten

177    Nach Art. 87 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist vorbehaltlich der übrigen Bestimmungen des Achten Kapitels des Zweiten Titels der Verfahrensordnung die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

178    Nach Art. 89 Abs. 2 der Verfahrensordnung kann das Gericht, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt.

179    Da im vorliegenden Fall der Klage im Wesentlichen stattgegeben worden ist, erscheint es bei angemessener Berücksichtigung der Umstände des Falls geboten, dass das Parlament seine eigenen Kosten und die der Klägerin trägt.

180    Der Streithelfer trägt gemäß Art. 89 Abs. 4 der Verfahrensordnung seine eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT FÜR DEN ÖFFENTLICHEN DIENST
(Erste Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Entscheidung vom 19. Dezember 2008, mit der das Europäische Parlament das V zuvor gemachte Einstellungsangebot zurückzog, wird aufgehoben.

2.      Das Europäische Parlament wird verurteilt, an V einen Betrag von 25 000 Euro zu zahlen.

3.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4.      Das Europäische Parlament trägt neben seinen eigenen Kosten die Kosten der Klägerin.

5.      Der Europäische Datenschutzbeauftragte trägt als Streithelfer seine eigenen Kosten.

Gervasoni

Kreppel

Rofes i Pujol

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Juli 2011.

Die Kanzlerin

 

       Der Präsident

W. Hakenberg

 

       S. Gervasoni


1 Verfahrenssprache: Französisch.