Language of document : ECLI:EU:C:2014:2189

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

10. September 2014(*)

„Vorabentscheidungsersuchen – Richtlinie 93/13/EWG – Missbräuchliche Klauseln – Verbraucherkreditvertrag – Art. 1 Abs. 2 – Auf einer bindenden Rechtsvorschrift beruhende Klausel – Geltungsbereich der Richtlinie – Art. 3 Abs. 1, Art. 4, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 – Sicherung der Forderung durch ein Grundpfandrecht – Möglichkeit der Verwertung dieser Sicherheit im Wege der Versteigerung – Gerichtliche Nachprüfung“

In der Rechtssache C‑34/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Krajský súd v Prešove (Slowakei) mit Entscheidung vom 20. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Januar 2013, in dem Verfahren

Monika Kušionová

gegen

SMART Capital a.s.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juni 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der slowakischen Regierung, vertreten durch B. Ricziová als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Kemper als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Tokár und M. van Beek als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinien 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) und 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern im Binnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates sowie der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149, S. 22) im Licht von Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) sowie des Urteils Simmenthal (106/77, EU:C:1978:49).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Kušionová und der SMART Capital a.s. (im Folgenden: SMART Capital) wegen der Art und Weise der Verwertung einer für einen Hypothekendarlehensvertrag bestellten Sicherheit und wegen der Zulässigkeit der in diesem Vertrag enthaltenen Klauseln.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Art. 7 der Charta lautet: „Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation.“

4        Art. 38 der Charta bestimmt, dass die Politik der Union ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherstellt.

5        Art. 47 der Charta bestimmt in Abs. 1:

„Jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, hat das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen.“

6        Die Erwägungsgründe 12 bis 14 und 24 der Richtlinie 93/13 lauten wie folgt:

„Beim derzeitigen Stand der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften kommt allerdings nur eine teilweise Harmonisierung in Betracht. So gilt diese Richtlinie insbesondere nur für Vertragsklauseln, die nicht einzeln ausgehandelt wurden. Den Mitgliedstaaten muss es freigestellt sein, dem Verbraucher unter Beachtung des [EG-]Vertrags einen besseren Schutz durch strengere einzelstaatliche Vorschriften als den in dieser Richtlinie enthaltenen Vorschriften zu gewähren.

Bei Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten, in denen direkt oder indirekt die Klauseln für Verbraucherverträge festgelegt werden, wird davon ausgegangen, dass sie keine missbräuchlichen Klauseln enthalten. Daher sind Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften … beruhen, … nicht dieser Richtlinie zu unterwerfen; der Begriff „bindende Rechtsvorschriften“ in Artikel 1 Absatz 2 umfasst auch Regeln, die nach dem Gesetz zwischen den Vertragsparteien gelten, wenn nichts anderes vereinbart wurde.

Die Mitgliedstaaten müssen jedoch dafür sorgen, dass darin keine missbräuchlichen Klauseln enthalten sind …

Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird“.

7        Art. 1 der Richtlinie 93/13 sieht vor:

„(1)      Zweck dieser Richtlinie ist die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

(2)      Vertragsklauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften … beruhen, … unterliegen nicht den Bestimmungen dieser Richtlinie.“

8        Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.“

9        Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest …“

10      Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie lautet:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

 Slowakisches Recht

11      § 151j Abs. 1 des Občiansky zákonník (Bürgerliches Gesetzbuch) lautet:

„Wird die durch ein Pfandrecht gesicherte Forderung nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig erfüllt, kann der Pfandgläubiger die Verwertung des Pfandes betreiben. Soweit dieses Gesetz oder ein besonderes Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, kann sich der Pfandgläubiger im Rahmen der Verwertung des Pfandes in der vertraglich bestimmten Weise oder durch Verkauf des Pfandes im Wege der Versteigerung nach einem besonderen Gesetz … befriedigen oder Befriedigung durch Verkauf des Pfandes nach besonderen gesetzlichen Vorschriften … verlangen, vorbehaltlich entgegenstehender Bestimmungen dieses Gesetzes oder eines besonderen Gesetzes.“

12      Das vorlegende Gericht gibt an, dass dieser Abs. 1 eine erste, nach den Worten „nach einem besonderen Gesetz“ eingefügte Fußnote enthält, die auf das Gesetz Nr. 527/2002 über freiwillige Versteigerungen verweist, welches das Gesetz des slowakischen Nationalrats Nr. 323/1992 über die Notare und die notariellen Tätigkeiten (Notariatsordnung) in geänderter Fassung („Gesetz über freiwillige Versteigerungen“) ergänzt, sowie eine zweite, nach den Worten „nach besonderen gesetzlichen Vorschriften“ eingefügte Fußnote, die auf das Bürgerliche Gesetzbuch und die Vollstreckungsordnung verweist.

13      § 151m des Bürgerlichen Gesetzbuchs lautet:

„(1)      Soweit ein besonderes Gesetz nicht etwas anderes bestimmt, kann der Pfandgläubiger das Pfand frühestens nach Ablauf von 30 Tagen seit dem Tag, an dem er dem Verpfänder und, falls der Schuldner nicht mit dem Verpfänder identisch ist, dem Schuldner die Einleitung der Verwertung des Pfandes angezeigt hat, in der im Vertrag über die Bestellung des Pfandrechts bestimmten Weise oder im Wege der Versteigerung verkaufen …

(2)      Der Verpfänder und der Pfandgläubiger können nach der Anzeige der Einleitung der Pfandverwertung vereinbaren, dass der Pfandgläubiger berechtigt ist, das Pfand auch vor Ablauf der Frist nach Abs. 1 in der im Vertrag über die Bestellung des Pfandrechts vereinbarten Weise oder im Wege der Versteigerung zu verkaufen.

(3)      Der Pfandgläubiger, der die Verwertung des Pfandes eingeleitet hat, um seine Forderung in der im Vertrag über die Bestellung des Pfandrechts vereinbarten Weise zu befriedigen, kann im Lauf der Verwertung des Pfandes deren Art und Weise jederzeit ändern und das Pfand im Rahmen einer Versteigerung verkaufen oder seine Befriedigung durch den Verkauf des Pfandes nach besonderen gesetzlichen Vorschriften verlangen. Der Pfandgläubiger ist verpflichtet, den Verpfänder über die Änderung der Art und Weise der Verwertung des Pfandes zu informieren.“

14      Nach § 74 Abs. 1 der Zivilprozessordnung kann das Gericht einstweilige Maßnahmen anordnen, wenn es erforderlich ist, die Beziehungen zwischen den Parteien vorläufig zu regeln, oder wenn die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung gefährdet ist. Gemäß § 76 Abs. 1 dieses Gesetzes kann das Gericht einstweilige Anordnungen gegen eine Partei erlassen, insbesondere, „etwas zu tun, etwas zu unterlassen oder etwas zu dulden“.

15      Das Gesetz über freiwillige Versteigerungen definiert in seinem § 6 den Versteigerer als „die Person, die die Versteigerung durchführt und die Voraussetzungen erfüllt, unter denen dieses besondere Gesetz sie zur Ausübung des entsprechenden Berufs befugt“, sowie in § 7 Abs. 1 die die Versteigerung betreibende Person als den Eigentümer des zu versteigernden Gegenstands, den Pfandgläubiger oder jede andere Person, die nach einem besonderen Gesetz berechtigt ist, die Durchführung einer Versteigerung zu beantragen.

16      Insbesondere in Bezug auf den Pfandgläubiger bestimmt § 7 Abs. 2 dieses Gesetzes, dass dieser schriftlich nicht nur zu erklären hat, dass der zu verkaufende Gegenstand versteigert werden kann, sondern auch, dass und in welcher Höhe die Forderung, zu deren Befriedigung die Vollstreckung in das Pfand nach diesem Gesetz beantragt wurde, besteht und fällig ist.

17      Gemäß § 16 Abs. 1 dieses Gesetzes kann eine Versteigerung nur auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrags zwischen der die Versteigerung betreibenden Person und dem Versteigerer durchgeführt werden.

18      Nach § 17 des Gesetzes über freiwillige Versteigerungen hat der Versteigerer den Verkauf durch Veröffentlichung einer Versteigerungsanzeige bekannt zu machen. Handelt es sich bei dem Versteigerungsgegenstand um eine Wohnung, ein Haus, ein sonstiges Gebäude oder ein Unternehmen oder eines seiner Teile oder übersteigt das geringste Gebot 16 550 Euro, veröffentlicht der Versteigerer die Versteigerungsanzeige mindestens 30 Tage vor Beginn der Versteigerung. Ferner übermittelt der Versteigerer die Versteigerungsanzeige unverzüglich dem Ministerium zur Veröffentlichung im Handelsamtsblatt. Die Versteigerungsanzeige wird ferner der die Versteigerung betreibenden Person, dem Schuldner des Pfandgläubigers und dem Eigentümer des Versteigerungsgegenstands übermittelt, wenn dieser nicht mit dem Schuldner identisch ist.

19      Für den Fall, dass es sich bei dem Gegenstand der Versteigerung um eine Wohnung, ein Haus oder ein sonstiges Gebäude handelt, bestimmt § 20 Abs. 13 des besagten Gesetzes, dass über den Ablauf dieser Versteigerung eine notarielle Urkunde zu errichten ist, in der der Notar zugleich die Verpflichtung des bisherigen Eigentümers gemäß § 29 Abs. 2 Satz 1 dieses Gesetzes angibt.

20      § 21 Abs. 2 desselben Gesetzes sieht vor, dass im Fall eines Verstoßes gegen eine Bestimmung dieses Gesetzes eine Person, die sich hierdurch in ihren Rechten beeinträchtigt fühlt, bei Gericht die Nichtigerklärung der Versteigerung beantragen kann. Das Antragsrecht erlischt jedoch drei Monate nach der Versteigerung, es sei denn, dass die Nichtigkeit mit der Begehung einer Straftat begründet wird und die Versteigerung ein Haus oder eine Wohnung betrifft, in dem oder in der der bisherige Eigentümer behördlich als wohnhaft gemeldet war.

21      § 21 Abs. 4 des genannten Gesetzes präzisiert, dass Parteien des gemäß § 21 Abs. 2 auf Nichtigerklärung einer Versteigerung gerichteten Verfahrens die die Versteigerung betreibende Person, der Versteigerer, der Zuschlagsempfänger, der bisherige Eigentümer und die Person sind, die eine Verletzung ihrer Rechte gemäß diesem Abs. 2 geltend macht.

22      Leistet der Zuschlagsempfänger keine Zahlung oder erkennt das Gericht auf Nichtigkeit des Verkaufs, sieht § 21 Abs. 5 des betreffenden Gesetzes vor, dass die Versteigerung vom Zeitpunkt des Zuschlags an als unwirksam gilt.

23      Im Fall der Versteigerung eines Gegenstands im Sinne des § 20 Abs. 13 des Gesetzes über freiwillige Versteigerungen bestimmt dessen § 29 Abs. 2 zunächst, dass der bisherige Eigentümer verpflichtet ist, den Versteigerungsgegenstand gegen Vorlage einer beglaubigten Abschrift der notariellen Niederschrift und eines Identitätsnachweises des Zuschlagsempfängers gemäß den in der Versteigerungsanzeige genannten Bedingungen unverzüglich zu übergeben. Der Versteigerer hat daraufhin an Ort und Stelle eine Niederschrift über die Übergabe des verkauften Gegenstands anzufertigen. Diese Niederschrift enthält insbesondere eine detaillierte Beschreibung des Zustands der Sache und der Umstände, unter denen die mit dem verkauften Gegenstand und gegebenenfalls seinem Zubehör verbundenen Rechte und Pflichten übertragen wurden.

24      Vorbehaltlich entgegenstehender Bestimmungen sieht § 32 Abs. 1 dieses Gesetzes vor, dass der Versteigerungserlös nach Erstattung der Kosten, Befriedigung des Pfandgläubigers und Zahlung des Zuschlagspreises unverzüglich an den bisherigen Eigentümer ausgezahlt wird.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

25      Am 26. Februar 2009 schloss Frau Kušionová mit SMART Capital einen Verbraucherkreditvertrag über einen Betrag von 10 000 Euro. Zur Sicherung der Forderung wurde ein Grundpfandrecht an dem Einfamilienhaus bestellt, in dem die Klägerin des Ausgangsverfahrens wohnt.

26      Diese erhob beim Okresný súd Humenné (Bezirksgericht Humenné) Klage auf Nichtigerklärung des Kreditvertrags und des Vertrags über die Bestellung des Pfandrechts wegen Missbräuchlichkeit der zwischen ihr und dieser Gesellschaft vereinbarten Vertragsklauseln. Dieses Gericht des ersten Rechtszugs stellte fest, dass einige Klauseln missbräuchlich seien, und erklärte den Kreditvertrag für teilweise nichtig. Der Pfandbestellungsvertrag wurde insgesamt für nichtig erklärt. Gegen dieses Urteil legten beide Parteien Berufung zum Krajský súd v Prešove (Regionalgericht Prešov) ein.

27      Das vorlegende Gericht möchte wissen, ob eine der Klauseln des Pfandbestellungsvertrags, nämlich diejenige über die außergerichtliche Verwertung des vom Verbraucher als Sicherheit bestellten Grundpfandrechts, missbräuchlich ist, und weist darauf hin, dass diese Klausel dem Gläubiger erlaubt, das bestellte Pfand zu verwerten, ohne dass eine gerichtliche Kontrolle stattfindet.

28      Im Rahmen dieser Beurteilung hat das vorlegende Gericht jedoch auf eine weitere Schwierigkeit hingewiesen, die sich daraus ergibt, dass die betreffende Klausel auf einer gesetzlichen Vorschrift beruht, nämlich auf § 151j des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

29      Da die Vertragsklauseln, die das vorlegende Gericht zu prüfen hat, möglicherweise als missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13 anzusehen seien und eine dieser Klauseln auf einer gesetzlichen Grundlage beruhe, ist dieses Gericht der Auffassung, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Auslegung des Unionsrechts abhängt.

30      Unter diesen Umständen hat der Krajský súd v Prešove beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind die Richtlinie 93/13 und die Richtlinie 2005/29 im Licht von Art. 38 der Charta dahin auszulegen, dass sie einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats wie § 151j Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der im Ausgangsverfahren einschlägigen Regelung entgegenstehen, die es dem Gläubiger ermöglicht, im Wege der Zwangsvollstreckung in eine als Sicherheit dienende Immobilie des Verbrauchers eine auf unzulässigen Vertragsbedingungen beruhende Leistung zu fordern, ohne dass diese Vertragsbedingungen durch ein Gericht geprüft werden, und obwohl die Parteien hinsichtlich der Frage, ob es sich um unzulässige Vertragsbedingungen handelt, widerstreitende Ansichten vertreten?

2.      Stehen die in der ersten Frage angeführten Rechtsvorschriften der Europäischen Union einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift wie § 151j Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der im Ausgangsverfahren einschlägigen Regelung entgegen, die es dem Gläubiger ermöglicht, im Wege der Zwangsvollstreckung in eine als Sicherheit dienende Immobilie des Verbrauchers eine auf unzulässigen Vertragsbedingungen beruhende Leistung zu fordern, ohne dass diese Vertragsbedingungen durch ein Gericht geprüft werden, und obwohl die Parteien hinsichtlich der Frage, ob es sich um unzulässige Vertragsbedingungen handelt, widerstreitende Ansichten vertreten?

3.      Ist das Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache Simmenthal (EU:C:1978:49) dahin zu verstehen, dass für die Erreichung des Zwecks der in der ersten Frage angeführten Richtlinien das nationale Gericht im Licht von Art. 38 der Charta die innerstaatlichen Bestimmungen wie § 151j Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit den übrigen Bestimmungen der im Ausgangsverfahren einschlägigen Regelung unangewandt lässt, die es dem Gläubiger ermöglicht, im Wege der Zwangsvollstreckung in eine als Sicherheit dienende Immobilie des Verbrauchers eine auf unzulässigen Vertragsbedingungen beruhende Leistung zu fordern, ohne dass diese Vertragsbedingungen durch ein Gericht geprüft werden, wodurch ihre amtswegige gerichtliche Kontrolle verhindert wird, obwohl die Parteien widerstreitende Ansichten vertreten?

4.      Ist Art. 4 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass eine in einem Vertrag mit einem Verbraucher enthaltene Vertragsbedingung, die von diesem ohne anwaltlichen Beistand vereinbart wird und die es dem Gläubiger ermöglicht, ohne gerichtliche Kontrolle die außergerichtliche Vollstreckung in ein Pfand zu betreiben, den unionsrechtlichen Grundsatz der amtswegigen gerichtlichen Kontrolle von Vertragsklauseln umgeht und daher auch dann missbräuchlich ist, wenn der Wortlaut dieser Vertragsklausel aus einer innerstaatlichen Rechtsvorschrift stammt?

 Die nach der Einreichung des Vorabentscheidungsersuchens eingetretenen Entwicklungen

31      In der mündlichen Verhandlung vom 5. Juni 2014 hat die slowakische Regierung dem Gerichtshof mitgeteilt, dass die verfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Verwertung von Sicherheiten durch den Erlass des Gesetzes Nr. 106/2014 vom 1. April 2014, das mit Wirkung vom 1. Juni 2014 auf alle laufenden Verträge anzuwenden sei, geändert worden seien.

32      Insbesondere habe § V Abs. 7 dieses Gesetzes § 21 Abs. 2 des Gesetzes über freiwillige Versteigerungen ergänzt, so dass diese Bestimmung seither wie folgt laute:

„Im Fall der Anfechtung der Gültigkeit des Vertrags über die Pfandrechtsbestellung oder eines Verstoßes gegen eine Bestimmung dieses Gesetzes kann eine Person, die eine aufgrund dieses Verstoßes eingetretene Beeinträchtigung ihrer Rechte geltend macht, bei Gericht die Nichtigerklärung der Versteigerung beantragen …“

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zulässigkeit der Vorlagefragen

33      Die deutsche Regierung ist in erster Linie der Ansicht, die ersten beiden Vorlagefragen seien unzulässig.

34      Zunächst habe das vorlegende Gericht weder die tatsächlichen noch die rechtlichen Angaben gemacht, die der Gerichtshof für die zweckdienliche Beantwortung dieser Fragen benötige. Zum einen stelle die Möglichkeit der Pfandverwertung ohne gerichtliche Kontrolle keine Frage dar, die eine unlautere Geschäftspraxis betreffe. Zum anderen habe das vorlegende Gericht nicht konkret auf die Bestimmungen der Richtlinie 2005/29 Bezug genommen.

35      Ferner handele es sich bei diesen Fragen um hypothetische Fragen, für deren Beantwortung der Gerichtshof nicht zuständig sei. Die Pfandverwertung sei von SMART Capital nämlich noch nicht eingeleitet worden, so dass die vom vorlegenden Gericht dargestellte Situation nicht vorliege.

36      Schließlich sei Gegenstand des Ausgangsverfahrens die Frage der Nichtigkeit des Darlehensvertrags sowie des Pfandbestellungsvertrags. Mit den ersten beiden Vorlagefragen erstrebe das vorlegende Gericht vielmehr eine Beurteilung, ob die nationalen Verfahrensvorschriften mit der Richtlinie 93/13 in Einklang stünden. Da diese Richtlinie indes die Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln bezwecke, beziehe sie sich nur auf Klauseln, die in Verträgen enthalten seien, nicht aber auf eine nach innerstaatlichem Recht vorgesehene Möglichkeit der Verwertung einer derartigen Sicherheit.

37      Die slowakische Regierung räumt zwar ein, dass das Vorabentscheidungsersuchen gewisse Lücken aufweist, hält die ersten beiden Fragen des vorlegenden Gerichts aber für zulässig. Die Europäische Kommission hat in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, dass die Voraussetzungen der Unzulässigkeit, wie der Gerichtshof sie im Beschluss SKP (C‑433/11, EU:C:2012:702) definiert habe, in der vorliegenden Rechtssache nicht gegeben seien, und hält die ersten beiden Fragen daher für zulässig.

38      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Vermutung für die Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen des nationalen Gerichts spricht, die es zur Auslegung des Unionsrechts in dem rechtlichen und sachlichen Rahmen stellt, den es in eigener Verantwortung festgelegt und dessen Richtigkeit der Gerichtshof nicht zu prüfen hat. Der Gerichtshof kann die Entscheidung über die Vorlagefrage eines nationalen Gerichts nur ablehnen, wenn die erbetene Auslegung des Gemeinschaftsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsrechtsstreits steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder er nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben verfügt, die für eine sachdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind (Urteil Pohotovosť, C‑470/12, EU:C:2014:101, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Zunächst ist festzustellen, dass die erste Vorlagefrage in der Tat neben der Richtlinie 93/13 auch die Richtlinie 2005/29 betrifft. Wie die deutsche Regierung zu Recht vorträgt, beschränkt sich das vorlegende Gericht allerdings darauf, die letztgenannte Richtlinie zu zitieren, ohne zu begründen, warum deren Auslegung für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits entscheidend sei. Es führt auch nicht aus, in welcher Hinsicht das von der Klägerin des Ausgangsverfahrens angegriffene Verfahren der Pfandverwertung eine unlautere Geschäftspraxis darstellen könne.

40      Zum Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens ist ferner anzumerken, dass es die Bedeutung von Art. 1 Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 4, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 betrifft, mit denen der Unionsgesetzgeber jeweils eine Ausnahme vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie vorgesehen hat, definiert hat, wann eine Vertragsklausel missbräuchlich ist, die Regel aufgestellt hat, dass eine missbräuchliche Vertragsklausel für den Verbraucher unverbindlich ist, und festgelegt hat, dass die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende gesetzt wird.

41      Mithin sind die Vorlagefragen allein im Hinblick auf die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 zu beantworten.

42      Der Umstand, dass die Sicherheit noch nicht vollständig verwertet wurde, bedeutet zweitens nicht, dass diese Fragen hypothetischer Natur sind. Zum einen hebt das vorlegende Gericht hervor, dass SMART Capital dem Verbraucher gegenüber tatsächlich Schritte unternommen hat, die den Verkauf der verpfändeten Immobilie zum Ziel haben. Selbst wenn die Verwertung der Sicherheit noch nicht abgeschlossen sein sollte, zielen die Vorlagefragen weniger darauf ab, zu wissen, ob der Verkauf zustande gekommen ist, sondern darauf, ob der Gläubiger von Rechts wegen einen solchen Verkauf durchführen kann und ob der Schuldner die Möglichkeit hat, gerichtlich gegen die Vollstreckung vorzugehen.

43      In diesem Sinne sind die Vorlagefragen nicht hypothetisch, und die erbetene Auslegung der Bestimmungen der Richtlinie 93/13 ist für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits erforderlich.

44      Nach alledem ist das Vorabentscheidungsersuchen für zulässig zu erklären.

 Zur Beantwortung der Fragen

 Zu den Fragen 1 bis 3

45      Auch wenn die erste Frage allein Art. 38 der Charta erwähnt, ist darauf hinzuweisen, dass sich das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen im Wesentlichen auf Art. 47 der Charta bezieht und diesen unter den einschlägigen Bestimmungen des Unionsrechts ausdrücklich aufführt. Da es bei den ersten drei Vorlagefragen darum geht, das Niveau des Schutzes der Verbraucher sowie die ihnen zur Verfügung stehenden Rechtsbehelfe zu bestimmen, ist dieser Artikel zu den Rechtsvorschriften der Union zu zählen, um deren Auslegung das vorlegende Gericht den Gerichtshof bittet.

46      Mit seinen ersten drei Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 im Licht der Art. 38 und 47 der Charta dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die die Beitreibung einer auf möglicherweise missbräuchlichen Vertragsklauseln beruhenden Forderung im Wege der außergerichtlichen Verwertung eines vom Verbraucher eingeräumten Grundpfandrechts erlaubt. Bejahendenfalls möchte dieses Gericht wissen, ob diese innerstaatlichen Vorschriften entsprechend der mit dem Urteil Simmenthal (EU:C:1978:49) begründeten Rechtsprechung außer Betracht zu bleiben haben.

47      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Art. 38 der Charta bestimmt, dass die Politik der Union ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherstellt, während Art. 47 der Charta das Recht auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz betrifft. Diese Gebote gelten für die Umsetzung der Richtlinie 93/13 (vgl. in diesem Sinne Urteil Pohotovosť, EU:C:2014:101, Rn. 52).

48      Zum anderen hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können (Urteile Pohotovosť, EU:C:2014:101, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, Kásler und Káslerné Rábai, C‑26/13, EU:C:2014:282, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Sánchez Morcillo und Abril García, C‑169/14, EU:C:2014:2099, Rn. 22).

49      Hinsichtlich der Inanspruchnahme von Sicherheiten für Verbraucherkreditverträge ist festzustellen, dass die Richtlinie 93/13 keinerlei Hinweis in Bezug auf die Verwertung von Sicherheiten enthält.

50      Jedenfalls ist es nach ständiger Rechtsprechung mangels einer unionsrechtlichen Harmonisierung der nationalen Zwangsvollstreckungsverfahren nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, entsprechende Regeln festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass diese Modalitäten nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der den Verbrauchern durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. in diesem Sinne Urteile Aziz, C‑415/11, EU:C:2013:164, Rn. 50 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Pohotovosť, EU:C:2014:101, Rn. 46).

51      Hinsichtlich des Äquivalenzgrundsatzes ist festzustellen, dass der Gerichtshof über keinerlei Anhaltspunkte verfügt, die einen Zweifel an der Vereinbarkeit der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung mit diesem Prinzip hervorrufen könnten.

52      Was den Effektivitätsgrundsatz angeht, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist (Urteil Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León, C‑413/12, EU:C:2013:800, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Außerdem sind die spezifischen Merkmale der nach nationalem Recht zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern geführten gerichtlichen Verfahren kein Faktor, der den Rechtsschutz, der den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zu gewähren ist, beeinträchtigen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteile Banco Español de Crédito, C‑618/10, EU:C:2012:349, Rn. 55 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Aziz, EU:C:2013:164, Rn. 62).

54      In einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens ist daher zu prüfen, in welchem Ausmaß die Verwirklichung des Schutzes, den diese Richtlinie gewährt, unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird.

55      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass § 151m Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in Verbindung mit § 17 Abs. 3 des Gesetzes über freiwillige Versteigerungen zum einen vorsieht, dass eine Versteigerung innerhalb einer Frist von 30 Tagen nach der Anzeige der Einleitung der Verwertung des Pfandrechts angefochten werden kann, und zum anderen, dass die Person, die die Art und Weise dieser Versteigerung angreift, hierzu gemäß § 21 Abs. 2 dieses Gesetzes über eine Frist von drei Monaten nach dem Zuschlag verfügt.

56      Auch wenn die Richtlinie 93/13 in Rechtsstreitigkeiten, an denen ein Gewerbetreibender und ein Verbraucher beteiligt sind, ein positives, von den Vertragsparteien unabhängiges Eingreifen durch das mit solchen Rechtsstreitigkeiten befasste nationale Gericht vorschreibt (Urteile Asbeek Brusse und de Man Garabito, C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Pohotovosť, EU:C:2014:101, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung), geht die Wahrung des Effektivitätsgrundsatzes aber nicht so weit, eine völlige Untätigkeit des betroffenen Verbrauchers auszugleichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Asturcom Telecomunicaciones, C‑40/08, EU:C:2009:615, Rn. 47).

57      Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfung ist die von den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Rechtsvorschriften vorgesehene Fristenkombination, wie sie in Rn. 55 des vorliegenden Urteils dargestellt ist, weder mit der Frist von 20 Tagen vergleichbar, um die es in der Rechtssache ging, die dem Urteil Banco Español de Crédito (EU:C:2012:349) zugrunde lag, noch mit den Umständen, die in der Rechtssache, die zu dem Urteil Aziz (EU:C:2013:164, Rn. 57 bis 59) geführt hat, vorlagen und unter denen der Rechtsbehelf des Verbrauchers gegen derartige Maßnahmen zum Scheitern verurteilt war.

58      Zur Wahrung der den Verbrauchern aus der Richtlinie 93/13 erwachsenden Rechte sind die Mitgliedstaaten im Übrigen nach Art. 7 Abs. 1 dieser Richtlinie insbesondere verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um der Verwendung als missbräuchlich anzusehender Klauseln ein Ende zu setzen. Dies wird zudem durch den 24. Erwägungsgrund dieser Richtlinie bestätigt, der insoweit bestimmt, dass die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten über angemessene und wirksame Mittel verfügen müssen.

59      Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs zum Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, der nunmehr in Art. 4 Abs. 3 EUV verankert ist, müssen die Mitgliedstaaten, denen die Wahl der Maßregeln für Verstöße gegen das Unionsrecht überlassen bleibt, vor allem darauf achten, dass diese einen wirksamen, verhältnismäßigen und abschreckenden Charakter haben (vgl. in diesem Sinne Urteil LCL Le Crédit Lyonnais, C‑565/12, EU:C:2014:190, Rn. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Hinsichtlich des wirksamen und abschreckenden Charakters führt die slowakische Regierung in ihren beim Gerichtshof eingereichten schriftlichen Erklärungen aus, dass das zuständige nationale Gericht im Verlauf eines solchen Verfahrens der außergerichtlichen Verwertung einer Sicherheit gemäß §§ 74 Abs. 1 und 76 Abs. 1 der Zivilprozessordnung einstweilige Anordnungen erlassen kann, die die weitere Durchführung einer solchen Versteigerung untersagen.

61      Im Übrigen hat das Gesetz Nr. 106/2014 vom 1. April 2014, das am 1. Juni 2014 in Kraft getreten ist und auf alle zu diesem Zeitpunkt laufenden Pfandbestellungsverträge anzuwenden ist, die verfahrensrechtlichen Vorschriften, die für eine Klausel wie die im Ausgangsverfahren gelten, wie in den Rn. 31 und 32 des vorliegenden Urteils ausgeführt, offenbar geändert. Insbesondere soll das Gericht nach § 21 Abs. 2 des Gesetzes über freiwillige Versteigerungen in seiner nunmehr geltenden Fassung im Fall der Anfechtung der Gültigkeit der Sicherungsabrede den Verkauf für nichtig erklären können, was den Verbraucher gleichermaßen in seine ursprüngliche Lage zurückversetzen und den Ersatz seines Schadens im Fall der Unzulässigkeit des Verkaufs somit nicht auf eine bloße Entschädigung in Geld beschränken würde.

62      Hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Sanktion ist dem Umstand besondere Bedeutung beizumessen, dass es sich im Ausgangsverfahren bei dem vom Verfahren der außergerichtlichen Verwertung der Sicherheit betroffenen Gegenstand um das Haus handelt, in dem der Verbraucher mit seiner Familie wohnt.

63      Der Verlust der Familienwohnung ist nämlich nicht nur geeignet, das Recht des Verbrauchers erheblich zu beeinträchtigen (Urteil Aziz, EU:C:2013:164, Rn. 61), sondern bringt die Familie des betroffenen Verbrauchers in eine besonders gefährdete Lage (vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs Sánchez Morcillo und Abril García, EU:C:2014:1388, Rn. 11).

64      Insoweit hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte einerseits den Verlust der Wohnung als einen der schwersten Eingriffe in das Recht auf Achtung der Wohnung angesehen und andererseits ausgeführt, dass jede Person, die von einem solchen Eingriff bedroht ist, grundsätzlich die Möglichkeit haben muss, die Verhältnismäßigkeit dieser Maßnahme überprüfen zu lassen (vgl. Urteile des EGMR McCann/Vereinigtes Königreich, Beschwerde Nr. 19009/04, Recueil des arrêts et décisions 2008, § 50, und Rousk/Schweden, Beschwerde Nr. 27183/04, § 137).

65      Im Unionsrecht ist die Achtung der Wohnung ein durch Art. 7 der Charta geschütztes Grundrecht, das das vorlegende Gericht bei der Anwendung der Richtlinie 93/13 zu berücksichtigen hat.

66      Was speziell die Folgen betrifft, die mit der Zwangsräumung der dem Verbraucher und seiner Familie als Hauptwohnsitz dienenden Wohnung verbunden sind, hat der Gerichtshof bereits betont, wie wichtig es für das zuständige nationale Gericht ist, vorläufige Maßnahmen zur Aussetzung oder Verhinderung eines unzulässigen Hypothekenvollstreckungsverfahrens treffen zu können, wenn der Erlass solcher Maßnahmen erforderlich ist, um die volle Wirksamkeit des durch die Richtlinie 93/13 gewollten Schutzes zu gewährleisten (vgl. in diesem Sinne Urteil Aziz, EU:C:2013:164, Rn. 59).

67      Im vorliegenden Fall erscheint die Befugnis des nationalen Gerichts, vorläufige Maßnahmen wie die in Rn. 60 des vorliegenden Urteils bezeichneten treffen zu können, als angemessenes und wirksames Mittel, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, was zu überprüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.

68      Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sind die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach eine auf möglicherweise missbräuchliche Vertragsklauseln gegründete Forderung durch die außergerichtliche Verwertung eines vom Verbraucher als Sicherheit bestellten Grundpfandrechts beigetrieben werden kann, nicht entgegenstehen, soweit diese Regelung die Wahrung der dem Verbraucher durch diese Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.

69      Angesichts dieser Antwort auf den ersten Teil der ersten drei Fragen ist es nicht erforderlich, deren zweiten Teil, der die Bedeutung des Urteils Simmenthal (EU:C:1978:49) für eine nationale Regelung betrifft, die die außergerichtliche Verwertung einer Sicherheit erlaubt, zu beantworten.

 Zur vierten Frage

70      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer Klausel, die in einem von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag enthalten ist, auch dann entgegensteht, wenn diese Klausel mit einer Rechtsvorschrift übereinstimmt.

71      Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass der Umstand, dass ein nationales Gericht eine Vorlagefrage ihrer Form nach unter Bezugnahme auf bestimmte Vorschriften des Gemeinschaftsrechts formuliert hat, den Gerichtshof nicht daran hindert, diesem Gericht unabhängig davon, worauf es in seinen Fragen Bezug genommen hat, alle Auslegungshinweise zu geben, die ihm bei der Entscheidung des bei ihm anhängigen Verfahrens von Nutzen sein können. Der Gerichtshof hat insoweit aus dem gesamten vom einzelstaatlichen Gericht vorgelegten Material, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen Elemente des Unionsrechts herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Gegenstands des Rechtsstreits einer Auslegung bedürfen (Urteil Vicoplus u. a., C‑307/09 bis C‑309/09, EU:C:2011:64, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

72      Soweit das vorlegende Gericht sich umfassend darauf bezieht, dass Vertragsklauseln, die auf Vorschriften des innerstaatlichen Rechts beruhen, vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 ausgenommen sind, ist zu berücksichtigen, dass deren Art. 1 Abs. 2, obwohl im Vorabentscheidungsersuchen nicht erwähnt, stillschweigend, aber notwendigerweise Gegenstand der vierten Vorlagefrage ist. Daher ist das Vorabentscheidungsersuchen dahin zu verstehen, dass es sich auf Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie bezieht.

73      Schließlich kann der Gerichtshof nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen der Ausübung der Zuständigkeit zur Auslegung des Unionsrechts, die ihm in Art. 267 AEUV übertragen ist, die vom Unionsgesetzgeber zur Definition des Begriffs der missbräuchlichen Klausel verwendeten allgemeinen Kriterien auslegen (vgl. in diesem Sinne Beschluss Pohotovosť, C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 60 und die dort angeführte Rechtsprechung). Es ist jedoch Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung dieser Kriterien über die konkrete Bewertung einer bestimmten Vertragsklausel anhand der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Infolgedessen muss sich der Gerichtshof darauf beschränken, dem vorlegenden Gericht Hinweise an die Hand zu geben, die dieses bei der Beurteilung der Missbräuchlichkeit der betreffenden Klausel zu beachten hat (Urteile Aziz, EU:C:2013:164, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung, Kásler und Káslerné Rábai, EU:C:2014:282, Rn. 45, sowie Beschluss Sebestyén, C‑342/13, EU:C:2014:1857, Rn. 25).

74      Während Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 deren Anwendungsbereich festlegt, nimmt Art. 1 Abs. 2 Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen, hiervon aus.

75      Insoweit schlagen die slowakische und die deutsche Regierung dem Gerichtshof vor, zu antworten, dass die im Ausgangsverfahren fragliche Klausel, nämlich die freiwillige Versteigerung, unter diese Ausnahme fällt. Demgegenüber ist die Kommission der Auffassung, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 93/13 gefährdet wäre, wenn ein Fall wie der des Ausgangsverfahrens unter eine solche Ausnahme fiele.

76      Der Gerichtshof hat bereits darauf hingewiesen, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 Klauseln, die auf bindenden Rechtsvorschriften beruhen, vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausnimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil RWE Vertrieb, C‑92/11, EU:C:2013:180, Rn. 25).

77      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass diese Bestimmung – wie jede Ausnahme – im Hinblick auf das Ziel der Richtlinie, nämlich den Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln in Verträgen zwischen ihnen und Gewerbetreibenden, eng auszulegen ist.

78      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Urteil RWE Vertrieb (EU:C:2013:180), dass diese Ausnahme vom Vorliegen zweier Voraussetzungen abhängt. Erstens muss die Vertragsklausel auf einer Rechtsvorschrift beruhen, und zweitens muss diese Rechtsvorschrift bindend sein.

79      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass das nationale Gericht zur Feststellung, ob eine Vertragsklausel vom Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 ausgenommen ist, zu prüfen hat, ob diese Klausel auf Bestimmungen des nationalen Rechts beruht, die unabdingbar sind oder von Gesetzes wegen greifen, wenn sie nicht abbedungen wurden (vgl. in diesem Sinne Urteil RWE Vertrieb, EU:C:2013:180, Rn. 26).

80      Demnach ist auf die vierte Frage zu antworten, dass Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass eine Vertragsklausel, die in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher enthalten ist, nur dann vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist, wenn diese Vertragsklausel auf dem Inhalt einer bindenden Rechtsvorschrift beruht, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.

 Zur zeitlichen Wirkung des vorliegenden Urteils

81      Für den Fall, dass der Gerichtshof zu dem Ergebnis gelangen sollte, die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 seien dahin auszulegen, dass der außergerichtlichen Verwertung einer Sicherheit wie der im Ausgangsverfahren zwingend eine richterliche Prüfung vorausgehen muss, beantragt die slowakische Regierung, die Wirkungen des vorliegenden Urteils zeitlich zu beschränken.

82      In Anbetracht der Antwort auf die ersten drei Fragen bedarf dieser Antrag der slowakischen Regierung keiner Entscheidung.

 Kosten

83      Die Auslagen anderer Beteiligter als der Parteien des Ausgangsverfahrens für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Die Bestimmungen der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen, wonach eine auf möglicherweise missbräuchlichen Vertragsklauseln beruhende Forderung im Wege der außergerichtlichen Verwertung eines vom Verbraucher eingeräumten Grundpfandrechts beigetrieben werden kann, nicht entgegenstehen, soweit diese Regelung die Wahrung der dem Verbraucher durch diese Richtlinie verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.

2.      Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 ist dahin auszulegen, dass eine in einem Vertrag zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher enthaltene Vertragsklausel nur dann vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen ist, wenn sie auf dem Inhalt einer bindenden Rechtsvorschrift beruht, was zu prüfen Aufgabe des vorlegenden Gerichts ist.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Slowakisch.