Language of document : ECLI:EU:C:2018:815

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MELCHIOR WATHELET

vom 4. Oktober 2018(1)

Rechtssache C493/17

Heinrich Weiss,

Jürgen Heraeus,

Patrick Adenauer,

Bernd Lucke,

Hans-Olaf Henkel,

Joachim Starbatty,

Bernd Kölmel,

Ulrike Trebesius,

Peter Gauweiler,

Johann Heinrich von Stein,

Gunnar Heinsohn,

Otto Michels,

Reinhold von Eben-Worlée,

Michael Göde,

Dagmar Metzger,

Karl-Heinz Hauptmann,

Stefan Städter,

Markus C. Kerber

(Vorabentscheidungsersuchen des Bundesverfassungsgerichts [Deutschland])

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Wirtschaftspolitik und Währungspolitik – Beschluss (EU) 2015/774 der Europäischen Zentralbank (EZB) – Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten – Gültigkeit – Art. 119 und 127 AEUV – Befugnisse der EZB und des Europäischen Systems der Zentralbanken – Gewährleistung der Preisstabilität – Verhältnismäßigkeit – Art. 123 AEUV – Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets“






Inhaltsverzeichnis


I. Einleitung

II. Rechtsrahmen

A. Der AEU-Vertrag

B. Protokoll über das ESZB und die EZB

C. Beschluss 2015/774

1. Konsolidierte Fassung des Beschlusses 2015/774

2. Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/774 und der Beschlüsse, die ihn geändert haben

a) Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/774

b) Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/2101

c) Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/2464

d) Erwägungsgründe des Beschlusses 2016/702

e) Erwägungsgründe des Beschlusses 2017/100

III. Sachverhalt der Ausgangsverfahren

A. Wesentliche Gestaltungsmerkmale des PSPP

B. Die Ausgangsverfahren und der Vorlagebeschluss

IV. Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

V. Würdigung

A. Vorbemerkung zur maßgeblichen Fassung des Beschlusses 2015/774

B. Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

C. Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

1. Im Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C62/14, EU:C:2015:400), definierter Prüfungsrahmen

2. Zur Anwendung der Grundsätze auf das PSPP

a) Zur fehlenden Gewissheit der Marktteilnehmer

1) Zur Angemessenheit der im Beschluss 2015/774 vorgesehenen Garantien (erste Vorlagefrage einschließlich Buchst. a und b)

2) Zur Unerheblichkeit des Haltens der Anleihen bis zu ihrer Endfälligkeit und des Ankaufs von Anleihen mit negativer Rendite (Buchst. c und d der ersten Vorlagefrage)

i) Zum Halten der Anleihen bis zu ihrer Endfälligkeit

ii) Zum Ankauf von Anleihen mit negativer Rendite

3) Zur Unerheblichkeit der behaupteten Bestimmbarkeit der zu erwerbenden Wertpapiere für die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 (erste Vorlagefrage Buchst. a und zweite Vorlagefrage)

b) Zum Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen

3. Ergebnis zur ersten und zur zweiten Frage

D. Zur dritten und zur vierten Frage

1. In den Urteilen vom 27. November 2012, Pringle (C370/12, EU:C:2012:756), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C62/14, EU:C:2015:400), definierter Prüfungsrahmen

a) Zur Definition der Währungspolitik

b) Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum Umfang ihrer gerichtlichen Nachprüfung

2. Zur Anwendung der Grundsätze des PSPP

a) Zur Beachtung des Mandats der EZB

1) Zum Ziel des PSPP und zu den von ihm eingesetzten Instrumenten

2) Zu den mittelbaren Auswirkungen des PSPP

i) Theoretische Überlegungen zu den Beziehungen zwischen Währungspolitik und Wirtschaftspolitik sowie zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung

ii) Zu den Garantien des PSPP, die dessen wirtschaftspolitische Auswirkungen begrenzen

b) Zur Verhältnismäßigkeit des PSPP

1) Zur Eignung des PSPP, die Ziele des ESZB zu erreichen, und zu seiner Erforderlichkeit

2) Zur Verhältnismäßigkeit des PSPP im engeren Sinne

3. Ergebnis zur dritten und zur vierten Frage

VI. Ergebnis


I.      Einleitung

1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Gültigkeit des Beschlusses (EU) 2015/774 der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2015 über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten(2) in der durch den Beschluss (EU) 2015/2101 der Europäischen Zentralbank vom 5. November 2015(3) und den Beschluss (EU) 2016/702 der Europäischen Zentralbank vom 18. April 2016(4) geänderten Fassung (im Folgenden: Beschluss 2015/774) sowie die Auslegung des Art. 4 Abs. 2 EUV, der Art. 119, 123, 125 und 127 AEUV und der Art. 17 bis 24 des Protokolls Nr. 4 über die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank(5) (im Folgenden: Protokoll über das ESZB und die EZB).

2.        Dieses Ersuchen des Bundesverfassungsgerichts (Deutschland) ergeht im Rahmen mehrerer Verfassungsbeschwerden wegen der Anwendbarkeit verschiedener Beschlüsse der Europäischen Zentralbank (EZB) in der Bundesrepublik Deutschland, der Mitwirkung der Deutschen Bundesbank an der Umsetzung dieser Beschlüsse oder ihrer behaupteten Untätigkeit im Hinblick auf diese sowie der behaupteten Untätigkeit der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags im Hinblick auf diese Mitwirkung und auf diese Beschlüsse.

3.        Die Affinität dieser neuen Rechtssache zum Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ist unverkennbar. Zum einen wird das Vorabentscheidungsersuchen nämlich erneut vom Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Verfahrens vorgelegt, das auf die Feststellung gerichtet ist, dass ein Rechtsakt der EZB ultra vires ergangen und mit der deutschen Verfassungsidentität unvereinbar sei. Zum anderen betreffen die Rechtsakte, um die es in der vorliegenden Rechtssache und in der Rechtssache geht, in der das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ergangen ist, in beiden Fällen sogenannte „unkonventionelle“ Programme der EZB, denen entgegengehalten wird, sie fielen nicht in den Bereich der Währungspolitik und verstießen gegen das in Art. 123 AEUV enthaltene Verbot der monetären Finanzierung.

4.        Allerdings betraf das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), eine Pressemitteilung der EZB, in der ein Beschluss bekannt gegeben wurde, mit dem ein Programm für den Ankauf von Staatsanleihen von Mitgliedstaaten der Eurozone gebilligt wurde, das den Namen „Outright Monetary Transactions“ (geldpolitische Outright-Geschäfte, im Folgenden: OMT) erhalten sollte, aber – bis zum heutigen Tag – nie durchgeführt worden ist. Hingegen ist das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten („public sector asset purchase programme“, im Folgenden: PSPP), um das es in der vorliegenden Rechtssache geht, nicht nur formell beschlossen worden, sondern wird auch seit mehr als drei Jahren durchgeführt. Außerdem weisen das OMT‑Programm und das PSPP objektive Unterschiede auf, die sowohl das erklärte Ziel und die vorgesehenen technischen Modalitäten als auch die in Rede stehenden Beträge betreffen.

II.    Rechtsrahmen

A.      Der AEU-Vertrag

5.        Die maßgeblichen Bestimmungen finden sich im Wesentlichen in Titel VIII („Die Wirtschafts- und Währungspolitik“) des Dritten Teils des AEU-Vertrags. So bestimmt Art. 119 AEUV:

„(1)      Die Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union im Sinne des Artikels 3 des Vertrags über die Europäische Union umfasst nach Maßgabe der Verträge die Einführung einer Wirtschaftspolitik, die auf einer engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten, dem Binnenmarkt und der Festlegung gemeinsamer Ziele beruht und dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet ist.

(2)      Parallel dazu umfasst diese Tätigkeit nach Maßgabe der Verträge und der darin vorgesehenen Verfahren eine einheitliche Währung, den Euro, sowie die Festlegung und Durchführung einer einheitlichen Geld- sowie Wechselkurspolitik, die beide vorrangig das Ziel der Preisstabilität verfolgen und unbeschadet dieses Zieles die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unter Beachtung des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb unterstützen sollen.

(3)      Diese Tätigkeit der Mitgliedstaaten und der Union setzt die Einhaltung der folgenden richtungweisenden Grundsätze voraus: stabile Preise, gesunde öffentliche Finanzen und monetäre Rahmenbedingungen sowie eine tragfähige Zahlungsbilanz.“

6.        Art. 123 Abs. 1 AEUV sieht seinerseits das Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten mit folgendem Wortlaut vor:

„Überziehungs- oder andere Kreditfazilitäten bei der Europäischen Zentralbank oder den Zentralbanken der Mitgliedstaaten (im Folgenden als ‚nationale Zentralbanken‘ bezeichnet) für Organe, Einrichtungen oder sonstige Stellen der Union, Zentralregierungen, regionale oder lokale Gebietskörperschaften oder andere öffentlich-rechtliche Körperschaften, sonstige Einrichtungen des öffentlichen Rechts oder öffentliche Unternehmen der Mitgliedstaaten sind ebenso verboten wie der unmittelbare Erwerb von Schuldtiteln von diesen durch die Europäische Zentralbank oder die nationalen Zentralbanken.“

7.        Die Ziele und die grundlegenden Aufgaben der EZB sind in Art. 127 AEUV wie folgt niedergelegt:

„(1)      Das vorrangige Ziel des Europäischen Systems der Zentralbanken (im Folgenden ‚ESZB‘) ist es, die Preisstabilität zu gewährleisten. Soweit dies ohne Beeinträchtigung des Zieles der Preisstabilität möglich ist, unterstützt das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union, um zur Verwirklichung der in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der Union beizutragen. Das ESZB handelt im Einklang mit dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, wodurch ein effizienter Einsatz der Ressourcen gefördert wird, und hält sich dabei an die in Artikel 119 genannten Grundsätze.

(2)      Die grundlegenden Aufgaben des ESZB bestehen darin,

–        die Geldpolitik der Union festzulegen und auszuführen,

–        Devisengeschäfte im Einklang mit Artikel 219 durchzuführen,

–        die offiziellen Währungsreserven der Mitgliedstaaten zu halten und zu verwalten,

–        das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern.

…“

B.      Protokoll über das ESZB und die EZB

8.        Das Protokoll über das ESZB und die EZB zählt die geldpolitischen Instrumente auf, über die die EZB verfügt. Zu diesen Instrumenten zählen die Offenmarkt- und Kreditgeschäfte. Sie sind in Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB wie folgt definiert:

„Zur Erreichung der Ziele des ESZB und zur Erfüllung seiner Aufgaben können die EZB und die nationalen Zentralbanken

–        auf den Finanzmärkten tätig werden, indem sie auf Euro oder sonstige Währungen lautende Forderungen und börsengängige Wertpapiere sowie Edelmetalle endgültig (per Kasse oder Termin) oder im Rahmen von Rückkaufsvereinbarungen kaufen und verkaufen oder entsprechende Darlehensgeschäfte tätigen;

–        Kreditgeschäfte mit Kreditinstituten und anderen Marktteilnehmern abschließen, wobei für die Darlehen ausreichende Sicherheiten zu stellen sind.“

C.      Beschluss 2015/774

1.      Konsolidierte Fassung des Beschlusses 2015/774

9.        Im Mittelpunkt der Vorlagefragen des Bundesverfassungsgerichts steht der Beschluss 2015/774. Seit seinem Erlass am 4. März 2015 ist dieser Beschluss durch die Beschlüsse 2015/2101, 2015/2464 und 2016/702 sowie durch den Beschluss 2017/100 geändert worden.

10.      Art. 1 („Einführung und Anwendungsbereich des PSPP“) des Beschlusses 2015/774 bestimmt:

„Das Eurosystem führt hiermit das PSPP ein, in dessen Rahmen die Zentralbanken des Eurosystems notenbankfähige marktfähige Schuldtitel im Sinne von Artikel 3 an den Sekundärmarkten von zugelassenen Geschäftspartnern im Sinne von Artikel 7 unter bestimmten Bedingungen kaufen.“

11.      Art. 3 („Zulassungskriterien für marktfähige Schuldtitel“) des Beschlusses 2015/774 sieht vor:

„(1)      Vorbehaltlich der in Artikel 3 beschriebenen Anforderungen sind auf Euro lautende marktfähige Schuldtitel, die von Zentralregierungen, regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften eines Mitgliedstaats, dessen Währung der Euro ist, anerkannten Organen mit Sitz im Euro-Währungsgebiet, internationalen Organisationen mit Sitz im Euro-Währungsgebiet und multilateralen Entwicklungsbanken mit Sitz im Euro-Währungsgebiet für Ankäufe durch die Zentralbanken des Eurosystems begeben werden, im Rahmen des PSPP zulässig. Unter außergewöhnlichen Umständen, unter denen das vorgesehene Ankaufvolumen nicht erreicht werden kann, kann der EZB-Rat den Ankauf marktfähiger Schuldtitel, die von anderen Rechtssubjekten im Euro-Währungsgebiet begeben werden, … beschließen.

(2)      Um für Ankäufe im Rahmen des PSPP notenbankfähig zu sein, müssen marktfähige Schuldtitel den Zulassungskriterien marktfähiger Wertpapiere für Kreditgeschäfte des Eurosystems im Sinne von Teil 4 der Leitlinie (EU) 2015/510 der Europäischen Zentralbank (EZB/2014/60) entsprechen und folgende Anforderungen erfüllen:

a)      Der Emittent oder Garant der marktfähigen Schuldtitel hat mindestens eine Bonität der Kreditqualitätsstufe 3 in der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems …

d)      entspricht die Bonitätsbeurteilung des Emittenten, des Garanten oder der Emission durch eine zulässige [Externe Ratingagentur] nicht mindestens einer Bonität der Kreditqualitätsstufe 3 in der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems, so sind dessen marktfähige Schuldtitel nur notenbankfähig, wenn sie im Rahmen eines Finanzhilfeprogramms von der Zentralregierung eines Mitgliedstaats des Euro-Währungsgebiets begeben oder in vollem Umfang garantiert werden und für sie die Anwendung des Bonitätsschwellenwerts des Eurosystems durch den EZB-Rat gemäß Artikel 8 der Leitlinie EZB/2014/31 ausgesetzt wurde;

e)      im Falle der Überprüfung eines laufenden Finanzhilfeprogramms wird die Zulassung für Ankäufe im Rahmen des PSPP ausgesetzt und erst dann wieder eingesetzt, wenn ein positives Überprüfungsergebnis vorliegt.

(3)      Notenbankfähig für Ankäufe im Rahmen des PSPP im Sinne der Absätze 1 und 2 sind ausschließlich Schuldtitel, die zum Zeitpunkt ihres Ankaufs durch eine Zentralbank des Eurosystems eine Restlaufzeit von mindestens 1 Jahr und höchstens 30 Jahren ausweisen. …

(5)      Ankäufe nominaler marktfähiger Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite (oder mit einer Rendite im schlechtesten Fall) in Höhe oder über dem Zinssatz der Einlagefazilität sind zulässig. Ankäufe nominaler marktfähiger Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite (oder mit einer Rendite im schlechtesten Fall) unter dem Zinssatz für die Einlagefazilität sind im erforderlichen Umfang zulässig.“

12.      Art. 4 („Einschränkungen für die Durchführung von Ankäufen“) Abs. 1 des Beschlusses 2015/774 bestimmt:

„Um die Bildung eines Marktpreises für notenbankfähige Wertpapiere zu ermöglichen, sind Ankäufe von Neuemissionen und Daueremissionen und von marktfähigen Schuldtiteln mit einer Restlaufzeit, die kurz vor oder nach der Fälligkeit des zu begebenden marktfähigen Schuldtitels endet, erst nach Ablauf eines vom EZB-Rat festzulegenden Zeitraums (‚Sperrfrist‘) zulässig. Für Syndizierungen muss die fragliche Sperrfrist nach bestem Bemühen vor der Emission eingehalten werden.“

13.      In Art. 5 („Ankaufobergrenzen“) Abs. 1 und 2 des Beschlusses 2015/774 heißt es:

„(1)      Vorbehaltlich der Bestimmungen aus Artikel 3 gilt im Rahmen des PSPP eine Ankaufobergrenze pro Internationale Wertpapier‑Identifikationsnummer [ISIN] für marktfähige Schuldtitel, die die in Artikel 3 definierten Kriterien nach Konsolidierung der Anlagen in allen Portfolios der Zentralbanken des Eurosystems erfüllen. Die Ankaufsobergrenze ist wie folgt festgelegt:

a)      50 % pro ISIN für notenbankfähige marktfähige Schuldtitel, die von zugelassenen internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben wurden;

b)      33 % pro ISIN für andere notenbankfähige marktfähige Schuldtitel …

(2)      Für alle marktfähigen Schuldtitel, die für Ankäufe im Rahmen des PSPP notenbankfähig sind und die die in Artikel 3 festgelegte Restlaufzeit haben, gilt nach Konsolidierung der Anlagen in allen Portfolios der Zentralbanken des Eurosystems eine Gesamt-Ankaufobergrenze von:

a)      50 % der ausstehenden Wertpapiere eines Emittenten, der eine zugelassene internationale Organisation oder eine multilaterale Entwicklungsbank ist; oder

b)      33 % der ausstehenden Wertpapiere eines Emittenten, sofern er keine zugelassene internationale Organisation oder eine multilaterale Entwicklungsbank ist.“

14.      Art. 6 („Portfolioallokation“) des Beschlusses 2015/774 präzisiert:

„(1)      Vom Buchwert der im Rahmen des PSPP notenbankfähigen angekauften marktfähigen Schuldtitel werden 10 % in von zugelassenen internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begebene Wertpapiere investiert und 90 % dieses Buchwerts in Wertpapiere, die von zugelassenen Zentralregierungen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und anerkannten Organen … begeben wurden. Diese Allokation erfolgt vorbehaltlich einer Überprüfung durch den EZB-Rat. Ankäufe von Schuldtiteln, die von zugelassenen internationalen Organisationen, multilateralen Entwicklungsbanken und regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften begeben wurden, sind den [nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (im Folgenden: NZBen)] vorbehalten.

(2)      Der Anteil der NZBen am Buchwert der im Rahmen des PSPP notenbankfähigen angekauften marktfähigen Schuldtitel beträgt 90 %; die verbleibenden 10 % werden von der EZB angekauft. Die Verteilung der Ankäufe auf die verschiedenen Hoheitsgebiete erfolgt anhand des Schlüssels für die Kapitalzeichnung der EZB gemäß Artikel 29 der ESZB-Satzung.

(3)      Die Zentralbanken des Eurosystems wenden für die Allokation marktfähiger Schuldtitel, die im Rahmen des PSPP gekauft werden, ein Spezialprogramm an. Der EZB-Rat erlaubt ad hoc-Abweichungen von diesem Spezialprogramm, sofern objektive Sachverhalte das Erreichen der Ziele dieses Programms behindern oder Abweichungen anderweitig zum Erreichen der übergeordneten geldpolitischen Ziele des PSPP erforderlich sind. Insbesondere kauft jede NZB notenbankfähige Wertpapiere von Emittenten des eigenen Hoheitsgebiets. Wertpapiere, die von zugelassenen internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben werden, können von allen NZBen angekauft werden. Die EZB kauft Wertpapiere an, die von Zentralregierungen und anerkannten Organen aller Hoheitsgebiete begeben werden.“

15.      Art. 8 („Transparenz“) des Beschlusses 2015/774 lautet:

„(1)      Das Eurosystem veröffentlicht wöchentlich den Gesamtbuchwert der im Rahmen des PSPP gehaltenen Wertpapiere im Kommentar zum konsolidierten Wochenausweis.

(2)      Das Eurosystem veröffentlicht monatlich die gewichtete durchschnittliche Restlaufzeit ihrer PSPP-Anlagen nach Sitz des Emittenten, wobei zwischen internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken einerseits und anderen Emittenten andererseits zu trennen ist.

(3)      Der Buchwert der im Rahmen des PSPP gehaltenen Wertpapiere wird wöchentlich auf der Website der EZB unter ‚Offenmarktgeschäfte‘ veröffentlicht.“

2.      Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/774 und der Beschlüsse, die ihn geändert haben

a)      Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/774

16.      Die Erwägungsgründe 2, 3 und 4 des Beschlusses 2015/774 lauten:

„(2)      Am 4. September 2014 hat der EZB-Rat beschlossen, ein drittes Ankaufprogramm für gedeckte Schuldverschreibungen (nachfolgend das ‚CBPP3‘) und ein Ankaufprogramm für Asset-Backed Securities (ABSPP) einzuführen. Neben den im September 2014 eingeführten gezielten längerfristigen Refinanzierungsgeschäften sollen diese Ankaufprogramme die Transmission der Geldpolitik weiter verbessern, die Kreditversorgung der Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet erleichtern, die Finanzierungsbedingungen für private Haushalte und Unternehmen lockern und dazu beitragen, dass sich die Inflationsraten, entsprechend dem vorrangigen Ziel der EZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, wieder einem Niveau von 2 % annähern.

(3)      Am 22. Januar 2015 hat der EZB-Rat beschlossen, die Wertpapierankäufe um ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (nachfolgend das ‚PSPP‘) zu erweitern. Im Rahmen des PSPP können die NZBen im Verhältnis zu ihren jeweiligen Anteilen am Kapitalschlüssel der EZB und die EZB notenbankfähige marktfähige Schuldtitel von zugelassenen Geschäftspartnern an den Sekundärmärkten endgültig kaufen. Dieser Beschluss wurde als Teil der einheitlichen Geldpolitik angesichts verschiedener Faktoren gefasst, welche das Abwärtsrisiko in Bezug auf die Aussichten für die mittelfristige Preisentwicklung wesentlich erhöht haben, wodurch das Erreichen des vorrangigen Ziels der EZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, gefährdet ist. Zu diesen Faktoren zählen die hinter den Erwartungen zurückgebliebenen geldpolitischen Impulse der umgesetzten geldpolitischen Maßnahmen, ein Rückgang der meisten Indikatoren für die gegenwärtige und erwartete Inflation im Euro-Währungsgebiet – Gesamtinflationsindikatoren und um die Auswirkungen volatiler Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kerninflationsindikatoren – auf historische Tiefstände und die verstärkte Möglichkeit von Zweitrundeneffekten auf die Lohn- und Preissetzung aufgrund des starken Rückgangs der Ölpreise.

(4)      Das PSPP ist ein verhältnismäßiges Instrument, um die in Bezug auf die Aussichten für die Preisentwicklung bestehenden Risiken aufzufangen, da es eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen bewirkt, hierin eingeschlossen jene, die die Finanzierungsbedingungen für private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im Euro-Währungsgebiet betreffen. Es fördert damit insgesamt den Konsum und die Investitionsausgaben im Euro-Währungsgebiet und trägt somit dazu bei, dass die Inflationsraten sich mittelfristig wieder einem Niveau von unter, aber nahe 2 % annähern. In einem Umfeld, in dem die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht und die auf Vermögenswerte des privaten Sektors fokussierten Ankaufprogramme messbare, jedoch unzureichende Wirkung gezeigt haben, um den Risiken einer schwindenden Preisstabilität zu begegnen, ist es erforderlich, die geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems um das PSPP als ein Instrument mit hohem Transmissionspotenzial für die Realwirtschaft zu ergänzen. Dank der Portfolioumschichtungswirkung wird das erhebliche Ankaufvolumen des PSPP dazu beitragen, das zugrunde liegende geldpolitische Ziel zu erreichen, dass die Finanzintermediäre mehr Liquidität am Interbankenmarkt bereitstellen und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft im Euro-Währungsgebiet erhöhen.“

b)      Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/2101

17.      Die Erwägungsgründe 2 und 3 des Beschlusses 2015/2101 lauten:

„(2)      Am 3. September 2015 hat der EZB-Rat grundsätzlich beschlossen, die PSPP-Ankaufobergrenze von 25 % auf 33 % pro ISIN zu erhöhen, sofern im zu überprüfenden Einzelfall eine Anlage von 33 % pro ISIN nicht dazu führt, dass die Zentralbanken des Eurosystems Sperrminoritäten im geordneten Umschuldungsverfahren erlangen.

(3)      Die vorgesehene Erhöhung der PSPP-Ankaufobergrenze verfolgt das Ziel der vollständigen und reibungslosen Umsetzung des PSPP. Zugleich ermöglicht sie das reibungslose Funktionieren der Märkte für notenbankfähige marktfähige Schuldtitel und vermeidet die Behinderung von geordneten Umschuldungsverfahren.“

c)      Erwägungsgründe des Beschlusses 2015/2464

18.      Die Erwägungsgründe 2 bis 5 des Beschlusses 2015/2464 lauten:

„(2)      Entsprechend seinem Mandat, die Preisstabilität zu gewährleisten, hat der EZB-Rat am 3. Dezember 2015 beschlossen, bestimmte Gestaltungsmerkmale des PSPP zu ändern, um mittelfristig eine nachhaltige Anpassung der Inflationsentwicklung auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % zu erreichen. Die Änderungen stehen mit dem geldpolitischen Mandat des EZB-Rates im Einklang und berücksichtigen gebührend Risikomanagementerwägungen.

(3)      Folglich hat der EZB-Rat zur Erreichung der Ziele des PSPP beschlossen, den geplanten Zeitraum für Ankäufe im Rahmen des PSPP bis Ende März 2017 und, falls erforderlich, auch darüber hinaus zu verlängern, in jedem Fall aber, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Anpassung der Inflationsentwicklung erkennt, die mit seinem Ziel im Einklang steht, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen. Der EZB-Rat hat beschlossen, auch den geplanten Zeitraum für Ankäufe im Rahmen des CBPP3 und des ABSPP entsprechend zu verlängern.

(4)      Der EZB-Rat hat außerdem zur Erhöhung der Flexibilität des PSPP und damit zur Unterstützung der weiteren reibungslosen Umsetzung der Ankäufe zumindest bis zum geplanten Enddatum beschlossen, dass reguläre Ankäufe im Rahmen des PSPP von auf Euro lautenden marktfähigen Schuldtiteln, die von regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften im Euro-Währungsgebiet begeben wurden, durch die nationalen Zentralbanken, in deren Hoheitsgebiet sich die emittierende Gebietskörperschaft befindet, zulässig sind.

(5)      Der EZB-Rat hat weiterhin beschlossen, Tilgungszahlungen aus Wertpapieren, die im Rahmen des APP erworben wurden, bei Fälligkeit der zugrunde liegenden Wertpapiere so lange wie erforderlich zu reinvestieren und somit einen Beitrag zu günstigen Liquiditätsbedingungen und zu einer angemessenen geldpolitischen Ausrichtung zu leisten.“

d)      Erwägungsgründe des Beschlusses 2016/702

19.      Die Erwägungsgründe 2 bis 5 des Beschlusses 2016/702 präzisieren:

„(2)      Entsprechend dem Mandat des EZB-Rates, die Preisstabilität zu gewährleisten, sollten bestimmte Gestaltungsmerkmale des PSPP geändert werden, um mittelfristig eine nachhaltige Anpassung der Inflationsentwicklung auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % zu erreichen. Die Änderungen stehen mit dem geldpolitischen Mandat des EZB-Rates im Einklang und berücksichtigen gebührend Risikomanagementerwägungen.

(3)      Im Einzelnen wird zur Erreichung der Ziele des PSPP die dem Markt bereitgestellte Liquidität durch monatliche Ankäufe im Rahmen des APP auf 80 Mrd. [Euro] erhöht.

(4)      Darüber hinaus werden die Emittenten- und Ankaufobergrenzen für notenbankfähige marktfähige Schuldtitel, die von internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben wurden, erhöht. Die neue Obergrenze wurde festgelegt, um zu gewährleisten, dass die geplanten Ankäufe weiterhin in einem angemessenen Verhältnis zu den Zielen des PSPP stehen[,] und auch in Anbetracht des geringen Risikos geordnete Umschuldungsverfahren zu behindern.

(5)      Beginnend mit April 2016 wird die Verteilung zwischen Ankäufen von notenbankfähigen marktfähigen Schuldtiteln, die von internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben wurden[,] und Ankäufen von anderen notenbankfähigen marktfähigen Schuldtiteln im Rahmen des PSPP angepasst, um die Ziele des PSPP, seine reibungslose Umsetzung während der Laufzeit des PSPP, auch unter dem erhöhten Ankaufsvolumen, zu gewährleisten.“

e)      Erwägungsgründe des Beschlusses 2017/100

20.      In den Erwägungsgründen 3 bis 6 des Beschlusses 2017/100 heißt es:

„(3)      Am 8. Dezember 2016 hat der EZB-Rat in Übereinstimmung mit seinem Mandat[,] die … Preisstabilität zu gewährleisten, entschieden, dass bestimmte Parameter des APP angepasst werden müssten, damit die Ziele des APP erreicht werden können. Die Anpassungen stehen im Einklang mit dem geldpolitischen Mandat des EZB-Rates, erfüllen die in den Verträgen festgeschriebenen Pflichten der Zentralbanken des Eurosystems vollumfänglich und berücksichtigen gebührend Risikomanagementerwägungen.

(4)      Insbesondere muss der geplante Zeithorizont für Ankäufe im Rahmen des APP bis Ende Dezember 2017 oder wenn nötig darüber hinaus verlängert werden, in jedem Fall jedoch bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die im Einklang steht mit seinem Ziel, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen.

(5)      Die dem Markt durch die kombinierten monatlichen Ankäufe im Rahmen des APP bereitgestellte Liquidität sollte bis Ende März 2017 weiterhin 80 Mrd. [Euro] betragen. Ab April 2017 bis Ende Dezember 2017 oder wenn nötig darüber hinaus, in jedem Fall jedoch bis zu dem Zeitpunkt, zu dem der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die im Einklang mit seinem Inflationsziel steht, sollten die kombinierten monatlichen Ankäufe im Rahmen des APP mit einer Taktung in Höhe von 60 Mrd. [Euro] fortgesetzt werden. Wenn die Aussichten zwischenzeitlich weniger günstig sind oder die finanziellen Bedingungen nicht mehr im Einklang mit einem weiteren Fortschreiten auf dem Weg zu einer nachhaltigen Korrektur der Inflationsentwicklung stehen, beabsichtigt der EZB-Rat eine Erhöhung von Umfang und/oder Dauer des Programms.

(6)      Um auch weiterhin die reibungslose Durchführung von Ankäufen im Rahmen des APP über den geplanten Zeithorizont hinweg sicherzustellen, ist das Laufzeitband des PSPP zu erweitern, indem die Mindestrestlaufzeit von zulässigen Wertpapieren von zwei Jahren auf ein Jahr gekürzt wird. Außerdem sollten Ankäufe von Wertpapieren im Rahmen des APP mit einer Endfälligkeitsrendite unterhalb des Zinssatzes für die EZB-Einlagefazilität im erforderlichen Umfang zugelassen werden.“

III. Sachverhalt der Ausgangsverfahren

A.      Wesentliche Gestaltungsmerkmale des PSPP

21.      Der Beschluss 2015/774, auf den sich die Vorlagefragen des vorlegenden Gerichts beziehen, stellt die rechtliche Formalisierung des PSPP dar. Das PSPP ist eines der vier Teilprogramme des von der EZB am 22. Januar 2015 angekündigten erweiterten Programms zum Ankauf von Wertpapieren (Expanded Asset Purchase Programme, im Folgenden: APP).

22.      Das APP sieht nämlich – neben den bestehenden Teilprogrammen zum Ankauf von Anleihen des privaten Sektors(6) – den Ankauf von Anleihen des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten vor. Ein derartiges Programm wird allgemein als „quantitative Lockerung“ („quantitative easing“) bezeichnet, weil das große Volumen des Ankaufs von Anleihen die Menge des Zentralbankgeldes erhöht. Es wurde von der EZB im Januar 2015 als Reaktion auf den starken Abwärtsdruck auf die Inflation in der Eurozone beschlossen.

23.      Die wesentlichen Merkmale des PSPP, wie sie in der derzeit geltenden Fassung des Beschlusses 2015/774 vorgesehen sind, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

–        Die für einen Ankauf im Rahmen des PSPP notenbankfähigen Anleihen sind die auf Euro lautenden marktfähigen Schuldtitel, die von der Zentralregierung oder einer regionalen oder lokalen Gebietskörperschaft eines Mitgliedstaats, dessen Währung der Euro ist, von anerkannten Organen mit Sitz im Euro-Währungsgebiet, von internationalen Organisationen mit Sitz im Euro-Währungsgebiet und von multilateralen Entwicklungsbanken mit Sitz im Euro-Währungsgebiet begeben werden(7). Die notenbankfähigen Anleihen müssen zum Zeitpunkt ihres Ankaufs an den Sekundärmärkten eine Restlaufzeit von mindestens einem Jahr und höchstens 30 Jahren aufweisen(8).

–        Für jede Anleihe gilt eine Ankaufobergrenze, die grundsätzlich auf 33 % pro Emission festgelegt ist, sofern das Eurosystem hierdurch keine entscheidende Sperrminorität im geordneten Umschuldungsverfahren aufgrund von „Umschuldungsklauseln“ erlangt. Außerdem darf das Eurosystem keinesfalls mehr als 33 % der ausstehenden Wertpapiere eines Emittenten halten(9).

–        Die Notenbankfähigkeit der marktfähigen Schuldtitel im Rahmen des PSPP setzt voraus, dass ihre Emittenten (oder Garanten) mindestens eine Bonität der Kreditqualitätsstufe 3 in der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems haben(10).

–        Die Ankäufe im Rahmen des PSPP erfolgen nach Maßgabe bestimmter im PSPP-Beschluss definierter Aufteilungsschlüssel. Erstens setzen sich die Ankäufe zu 10 % aus Anleihen zusammen, die von internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben wurden, und zu 90 % aus Anleihen, die von Zentralregierungen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften und anerkannten Organen begeben wurden. Der Anteil der nationalen Zentralbanken am Buchwert der im Rahmen des PSPP angekauften notenbankfähigen Anleihen beträgt 90 % (auf die Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets anhand des Schlüssels für die Kapitalzeichnung der EZB verteilt), während die EZB den verbleibenden Anteil von 10 % ankauft. Abgesehen von internationalen Anleihen kauft jede nationale Zentralbank nur Anleihen von Emittenten des eigenen Hoheitsgebiets(11).

–        Die Risiken und Verluste werden in Höhe von 20 % der Gesamtankäufe (davon 10 % Ankäufe der EZB selbst und 10 % von den nationalen Zentralbanken gekaufte Anleihen internationaler Organisationen) unter den nationalen Zentralbanken aufgeteilt, während für die verbleibenden 80 % der Ankäufe keine Verteilung der Risiken und Verluste vorgesehen ist und jede nationale Zentralbank ihre eigenen Risiken trägt(12).

–        Schließlich werden in den (nicht öffentlichen) Leitlinien vom 4. März 2015 über ein Programm für den Erwerb von Vermögenswerten des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten (EZB/2015/NP3) (im Folgenden: PSPP-Leitlinien) mehrere Garantien präzisiert wie etwa eine Mindestsperrfrist (auch als „Stillhaltefrist“ oder „blackout period“ bezeichnet).

B.      Die Ausgangsverfahren und der Vorlagebeschluss

24.      Mehrere Gruppen von Privatpersonen erhoben beim vorlegenden Gericht Verfassungsbeschwerden gegen verschiedene Beschlüsse der EZB zum APP, gegen die Mitwirkung der Deutschen Bundesbank an der Umsetzung dieser Beschlüsse oder ihre behauptete Untätigkeit im Hinblick auf diese sowie gegen die behauptete Untätigkeit der Bundesregierung und des Deutschen Bundestags im Hinblick auf diese Mitwirkung und auf diese Beschlüsse.

25.      Nach Auffassung der Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren verstößt das PSPP gegen das in Art. 123 AEUV festgelegte Verbot der monetären Finanzierung der Mitgliedstaaten und gegen den in Art. 5 Abs. 1 EUV in Verbindung mit den Art. 119 und 127 AEUV aufgestellten Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung. Außerdem verletzten die Beschlüsse zum PSPP das im Grundgesetz niedergelegte Demokratieprinzip und beeinträchtigten dadurch die deutsche Verfassungsidentität.

26.      Das vorlegende Gericht hat ausgeführt, falls der Beschluss 2015/774 gegen Art. 123 AEUV verstoße oder über das Mandat der EZB hinausgehe, müsse es eine offensichtliche und strukturell bedeutsame Überschreitung der Kompetenzen der EZB feststellen und folglich den Anträgen des Ausgangsverfahrens stattgeben. Dies gelte auch, falls die sich aus dem Beschluss 2015/774 ergebende Verlustverteilung das Budgetrecht des Deutschen Bundestages beeinträchtige.

27.      Unter diesen Umständen hat das Bundesverfassungsgericht beschlossen, die Verfahren auszusetzen und den Gerichtshof um Vorabentscheidung zu ersuchen.

IV.    Vorabentscheidungsersuchen und Verfahren vor dem Gerichtshof

28.      Mit Entscheidung vom 18. Juli 2017, die am 15. August 2017 beim Gerichtshof eingegangen ist, hat das Bundesverfassungsgericht daher beschlossen, dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Verstößt der Beschluss 2015/774 in der Fassung des Beschlusses 2016/1041 bzw. die Art und Weise seiner Ausführung gegen Art. 123 Abs. 1 AEUV?

Verstößt es insbesondere gegen Art. 123 Abs. 1 AEUV, wenn im Rahmen des PSPP

a)      Einzelheiten der Ankäufe in einer Art und Weise mitgeteilt werden, die auf den Märkten die faktische Gewissheit begründet, dass das Eurosystem von den Mitgliedstaaten zu emittierende Anleihen teilweise erwerben wird;

b)      auch nachträglich keine Einzelheiten über die Einhaltung von Mindestfristen zwischen der Ausgabe eines Schuldtitels auf dem Primärmarkt und seinem Ankauf auf dem Sekundärmarkt bekannt gegeben werden, so dass insoweit eine gerichtliche Kontrolle nicht möglich ist;

c)      sämtliche erworbenen Anleihen nicht wieder verkauft, sondern bis zur Endfälligkeit gehalten und damit dem Markt entzogen werden;

d)      das Eurosystem nominal marktfähige Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite erwirbt?

2.      Verstößt der unter 1 genannte Beschluss jedenfalls dann gegen Art. 123 AEUV, wenn seine weitere Durchführung angesichts veränderter Bedingungen an den Finanzmärkten, insbesondere infolge einer Verknappung ankaufbarer Schuldtitel eine stetige Lockerung der ursprünglich geltenden Ankaufregeln erfordert und die in der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Beschränkungen für ein Anleihekaufprogramm, wie es das PSPP darstellt, ihre Wirkung verlieren?

3.      Verstößt der unter 1 genannte Beschluss 2015/774 in seiner aktuellen Fassung gegen Art. 119 und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB, weil er über das in diesen Vorschriften geregelte Mandat der Europäischen Zentralbank zur Währungspolitik hinausgeht und deshalb in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten übergreift?

Ergibt sich eine Überschreitung des Mandats der Europäischen Zentralbank insbesondere daraus, dass

a)      der unter 1 genannte Beschluss aufgrund des Volumens des PSPP, das am 12. Mai 2017 1 534,8 Mrd. Euro betrug, die Refinanzierungsbedingungen der Mitgliedstaaten erheblich beeinflusst;

b)      der unter 1 genannte Beschluss in Ansehung der unter a genannten Verbesserung der Refinanzierungsbedingungen der Mitgliedstaaten und deren Auswirkungen auf die Geschäftsbanken nicht nur mittelbare wirtschaftspolitische Folgen hat, sondern seine objektiv feststellbaren Auswirkungen eine wirtschaftspolitische Zielsetzung des Programms zumindest als gleichrangig neben der währungspolitischen Zielsetzung nahelegen;

c)      der unter 1 genannte Beschluss wegen seiner starken wirtschaftspolitischen Auswirkungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt;

d)      der unter 1 genannte Beschluss mangels spezifischer Begründung während des mehr als zwei Jahre andauernden Vollzugs nicht auf seine fortdauernde Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit hin überprüft werden kann?

4.      Verstößt der unter 1 genannte Beschluss jedenfalls deswegen gegen Art. 119 und Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV sowie die Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB, weil sein Volumen und sein mehr als zwei Jahre dauernder Vollzug und die sich hieraus ergebenden wirtschaftspolitischen Auswirkungen zu einer veränderten Betrachtung der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des PSPP Anlass geben und er sich dadurch ab einem bestimmten Zeitpunkt als eine Überschreitung des währungspolitischen Mandats der EZB darstellt?

5.      Verstößt die im unter 1 genannten Beschluss möglicherweise angelegte unbegrenzte Risikoverteilung bei Ausfällen von Anleihen der Zentralregierungen und ihnen gleichgestellter Emittenten zwischen den nationalen Zentralbanken des Eurosystems gegen Art. 123 und Art. 125 AEUV sowie gegen Art. 4 Abs. 2 EUV, wenn dadurch eine Rekapitalisierung nationaler Zentralbanken mit Haushaltsmitteln erforderlich werden kann?

29.      Herr Weiss u. a., Herr Lucke u. a., Herr von Stein u. a., die EZB, die Deutsche Bundesbank, die deutsche, die griechische, die französische, die italienische, die portugiesische und die finnische Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen eingereicht. Mit Ausnahme der finnischen Regierung haben sie sich alle in der mündlichen Verhandlung, die am 10. Juli 2018 stattgefunden hat, geäußert. Dort hat auch Herr Gauweiler seine Argumente vorgetragen.

V.      Würdigung

A.      Vorbemerkung zur maßgeblichen Fassung des Beschlusses 2015/774

30.      Mit seinen Fragen ersucht das Bundesverfassungsgericht den Gerichtshof um eine Entscheidung über die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774. In seiner ersten Frage präzisiert das vorlegende Gericht, es handele sich um den Beschluss 2015/774 in der Fassung des Beschlusses 2015/2101, des Beschlusses 2016/702 sowie des Beschlusses (EU) 2016/1041 der EZB vom 22. Juni 2016 über die Notenbankfähigkeit der von der Hellenischen Republik begebenen oder in vollem Umfang garantierten marktfähigen Schuldtitel und zur Aufhebung des Beschlusses (EU) 2015/300 (EZB/2016/18)(13).

31.      Der Beschluss 2016/1041 stützt sich zwar auf den Beschluss 2015/774, hat ihn aber nicht geändert. Hingegen ist der Beschluss 2015/774 durch den Beschluss 2015/2464 und den Beschluss 2017/100 geändert worden. Obwohl das vorlegende Gericht die beiden letztgenannten Beschlüsse nicht erwähnt, sind sie meines Erachtens für die Beantwortung der Vorlagefragen zu berücksichtigen.

32.      In seiner ersten Frage bezieht sich das Bundesverfassungsgericht nämlich auf den Beschluss 2015/774 „beziehungsweise die Art und Weise seiner Ausführung“. Zum Zeitpunkt des Vorabentscheidungsersuchens waren die Beschlüsse 2015/2464 und 2017/100 aber schon erlassen. Seine Durchführung erfolgte daher notwendigerweise auf der Grundlage der vier Beschlüsse, mit denen der ursprüngliche Wortlaut geändert worden war. Außerdem befragt das vorlegende Gericht den Gerichtshof in seiner dritten Frage zu dem „[in der ersten Frage] genannte[n] Beschluss 2015/774 in seiner aktuellen Fassung“, d. h. in der am 18. Juli 2017 geltenden Fassung. Schließlich scheint die vom vorlegenden Gericht im Vorabentscheidungsersuchen vorgeschlagene Auslegung selbst in mancher Hinsicht auf der letzten Fassung des Beschlusses 2015/774 zu beruhen.

33.      Ich schließe mich daher der Auffassung der Kommission an, dass es sinnvoller sei, die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 in der zum Zeitpunkt des Vorabentscheidungsersuchens geltenden Fassung und mit allen Gestaltungsmerkmalen zu beurteilen, die er zu diesem Zeitpunkt aufwies.

B.      Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens

34.      Die italienische Regierung wendet vorab ein, sämtliche Vorlagefragen des vorlegenden Gerichts seien unzulässig. Ich halte das Vorabentscheidungsersuchen jedoch – mit Ausnahme der fünften Vorlagefrage – für zulässig.

35.      Ich weise nämlich darauf hin, dass das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen unbestreitbar die Auslegung und Anwendung des Unionsrechts zum Gegenstand hat. Das bedeutet, wie der Gerichtshof anlässlich des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ausgeführt hat, dass die Antwort des Gerichtshofs konkrete Konsequenzen für die Entscheidung im Ausgangsverfahren haben wird und sein Urteil in dieser Rechtssache, wie jedes Urteil im Vorabentscheidungsverfahren, das vorlegende Gericht hinsichtlich der Auslegung oder der Gültigkeit der in Rede stehenden Handlungen der EZB bei der Entscheidung über den Ausgangsrechtsstreit bindet(14).

36.      Ferner geht aus dem Vorlagebeschluss auch hervor, dass das nationale Gericht mit einem tatsächlichen Rechtsstreit befasst ist, in dem sich inzident die Frage der Gültigkeit eines Rechtsakts der Union stellt. Das Vorabentscheidungsersuchen ist daher im Grundsatz zulässig(15).

37.      Es trifft zu, dass die erste, die zweite und die vierte Vorlagefrage zwar auf die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 insbesondere im Hinblick auf die Art. 119, 123 und 127 AEUV abzielen, das vorlegende Gericht dort aber Zweifel äußert, die sich eher aus der Durchführung des Beschlusses als aus diesem selbst ergeben. Die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts ist aber anhand der Sach- und Rechtslage zu beurteilen, die zum Zeitpunkt seines Erlasses bestand, und kann insbesondere nicht von einer rückschauenden Betrachtung des Wirkungsgrads dieses Rechtsakts abhängen(16). Wie der Gerichtshof bereits klarzustellen Gelegenheit hatte, bedeutet das, dass „[e]ntsprechend … bei der Beurteilung der Gültigkeit eines Aktes, die der Gerichtshof im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens vorzunehmen hat, normalerweise von der Lage auszugehen [ist], die zum Zeitpunkt des Erlasses dieses Aktes besteht“(17).

38.      Allerdings ergibt sich aus dem Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), dass die EZB, wenn sie Staatsanleihen an den Sekundärmärkten erwirbt, ihr Tätigwerden mit hinreichenden Garantien versehen muss, um sicherzustellen, dass es mit dem in Art. 123 Abs. 1 AEUV festgelegten Verbot der monetären Finanzierung in Einklang steht(18). Außerdem kann ein Programm, das einen solchen Ankauf gestattet, nach Art. 119 Abs. 2 und Art. 127 Abs. 1 AEUV nur in gültiger Weise beschlossen und durchgeführt werden, wenn die von ihm umfassten Maßnahmen in Anbetracht der währungspolitischen Ziele verhältnismäßig sind(19).

39.      Die vom vorlegenden Gericht in der ersten Vorlagefrage angesprochenen Punkte betreffen die Garantien, von denen die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 abhängig sein kann. Unter diesen Umständen können diese Punkte meines Erachtens berücksichtigt werden. Das scheint mir auch bei der zweiten Vorlagefrage der Fall zu sein, die auf die „in der Rechtsprechung des Gerichtshofs festgelegten Beschränkungen für ein Anleihekaufprogramm, wie es das PSPP darstellt“, verweist.

40.      Diese zweite Frage befasst sich zwar mit Ungewissheiten, weil sie eine mögliche Lockerung der geltenden Regeln im Fall veränderter Bedingungen an den Finanzmärkten in Betracht zieht. Sie ist jedoch zur Entscheidung der Rechtsstreitigkeiten, mit denen das vorlegende Gericht befasst ist, objektiv erforderlich(20), weil sie sich im Wesentlichen auf die Garantien bezieht, mit denen das PSPP versehen sein muss, um nicht gegen Art. 123 AEUV zu verstoßen. Nach meiner Auffassung ist sie folglich zulässig und kann zusammen mit der ersten Vorlagefrage behandelt werden.

41.      Die vierte Vorlagefrage betrifft ihrerseits im Wesentlichen die Zuordnung des PSPP zur Währungspolitik und die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, der der Beschluss 2015/774 zu unterziehen ist. Ich halte es daher für möglich, sie als zulässig anzusehen und eine sachdienliche Antwort darauf zu geben, indem man sie zusammen mit der dritten Frage prüft, die dieselbe Problematik betrifft.

42.      Skeptischer bin ich dagegen hinsichtlich der Zulässigkeit der fünften Vorlagefrage. Für die Entscheidungserheblichkeit von Vorlagefragen zum Unionsrecht spricht zwar eine Vermutung; diese gilt aber nicht, „wenn die erbetene Auslegung des Unionsrechts offensichtlich in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Ausgangsverfahrens steht, wenn das Problem hypothetischer Natur ist oder wenn der Gerichtshof nicht über die tatsächlichen und rechtlichen Angaben verfügt, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind“(21).

43.      Ebenso wie die EZB, die griechische, die französische, die italienische, die portugiesische und die finnische Regierung sowie die Kommission stelle ich fest, dass die fünfte Vorlagefrage eine Entwicklung betrifft, die ungewiss ist, und zwar in zweifacher Hinsicht. Zum einen geht diese fünfte Frage von der Hypothese einer unbegrenzten Risikoverteilung bei Ausfällen von Anleihen der Zentralregierungen und ihnen gleichgestellter Emittenten zwischen den Mitgliedstaaten der Eurozone aus, die „im … Beschluss [2015/774] möglicherweise angelegt“ sei(22). In der derzeitigen Fassung der im Rahmen des PSPP anwendbaren Bestimmungen ist eine solche unbegrenzte Risikoverteilung aber nicht vorgesehen. Im Gegenteil steht die Absicht, die Verteilung der Verluste auf die Zentralbanken strikt zu begrenzen, seit der Ankündigung des Programms am 22. März 2015 fest(23).

44.      Zum anderen kommt selbst dann, wenn eine solche unbegrenzte Risikoverteilung beschlossen werden sollte, ein Verstoß gegen die Art. 123 und 125 AEUV sowie gegen Art. 4 Abs. 2 EUV nur in Betracht, wie das vorlegende Gericht im Wortlaut seiner Frage selbst klarstellt, „wenn [durch diese unbegrenzte Risikoverteilung] eine Rekapitalisierung nationaler Zentralbanken mit Haushaltsmitteln erforderlich werden kann“(24). Es handelt sich daher in der Tat um eine schlichte Hypothese, ohne dass die Möglichkeit ihrer Verwirklichung bis heute in irgendeiner Weise nachgewiesen wäre. Das Vorabentscheidungsersuchen weist zwar auf eine wesentliche Aufstockung der Wagnisrückstellung der Deutschen Bundesbank im Geschäftsjahr 2016 hin. Das vorlegende Gericht präzisiert jedoch, dass diese Entscheidung mit zusätzlichen Risiken begründet worden sei, die sich aus den im Geschäftsjahr 2016 gefassten Beschlüssen des EZB-Rats, das APP um das PSPP zu erweitern, ergeben hätten. Festzustellen bleibt jedoch, dass keiner der Beschlüsse zum PSPP eine unbegrenzte Risikoteilung in Betracht zieht. Mangels zusätzlicher Anhaltspunkte zu den Gründen, die zur Aufstockung der Wagnisrückstellung der Deutschen Bundesbank geführt haben, lässt sich folglich die rein theoretische Annahme einer Rekapitalisierung nationaler Zentralbanken im Fall eines auf das PSPP zurückzuführenden größeren Ausfalls nicht konkretisieren.

45.      Das mit der fünften Vorlagefrage aufgeworfene Problem ist daher aus meiner Sicht in der Tat hypothetisch, weil sowohl der rechtliche als auch der tatsächliche Kontext, der eine Antwort auf diese Frage erforderlich machen würde, nicht der derzeitigen Situation entspricht und die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens nicht mit hinreichender Sicherheit dargetan ist. Selbst wenn eine unbegrenzte Risikoverteilung als eine Situation anzusehen wäre, deren Wahrscheinlichkeit mit hinreichender Sicherheit dargetan ist – quod non –, ist jedenfalls nicht zu bestreiten, dass diese Risikoverteilung noch nicht in einer Vorschrift des Unionsrechts konkretisiert oder auch nur angekündigt worden ist. Wie soll sich der Gerichtshof unter diesen Umständen zur Gültigkeit einer Regel äußern, die es noch gar nicht gibt?

46.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen halte ich die fünfte Vorlagefrage daher in diesem Kontext und zum gegenwärtigen Zeitpunkt für unzulässig.

C.      Zur ersten und zur zweiten Vorlagefrage

1.      Im Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C62/14, EU:C:2015:400), definierter Prüfungsrahmen

47.      Die ersten beiden Vorlagefragen betreffen im Wesentlichen die Einhaltung des in Art. 123 Abs. 1 AEUV aufgestellten Verbots der monetären Finanzierung von Staatsschulden.

48.      Das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), hat in diesem Zusammenhang den maßgeblichen Prüfungsrahmen vorgegeben. Bei dem PSPP und dem OMT‑Programm handelt es sich nämlich ungeachtet der Unterschiede, die zwischen ihnen bestehen, um zwei Programme zum Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten. In dem genannten Urteil hat der Gerichtshof die Grenzen klargestellt, die die EZB zu beachten hat, wenn sie ein Programm zum Ankauf von Staatsanleihen durchführt. Die große Mehrheit der Beteiligten, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens Erklärungen eingereicht haben, schließt sich im Übrigen diesem Prüfungsschema an.

49.      Zunächst hat der Gerichtshof bestätigt, dass Art. 123 Abs. 1 AEUV jede finanzielle Unterstützung des ESZB zugunsten eines Mitgliedstaats verbietet, ohne die für das ESZB bestehende Möglichkeit auszuschließen, Staatsanleihen an den Sekundärmärkten zu erwerben(25).

50.      Allerdings hat der Gerichtshof dieser Möglichkeit zwei Grenzen gesetzt:

–        Erstens „kann das ESZB nicht rechtmäßig Staatsanleihen an den Sekundärmärkten unter Voraussetzungen erwerben, die seinem Tätigwerden in der Praxis die gleiche Wirkung wie ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten verleihen“(26). Das wäre der Fall, wenn die Wirtschaftsteilnehmer, die möglicherweise Staatsanleihen auf dem Primärmarkt erwerben, die Gewissheit hätten, dass das ESZB diese Anleihen binnen eines Zeitraums und unter Bedingungen ankaufen würde, die es diesen Wirtschaftsteilnehmern ermöglichten, faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb dieser Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaats zu agieren.

–        Zweitens darf das Programm der EZB, das den Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten erlaubt, nicht geeignet sein, den Mitgliedstaaten den Anreiz zu nehmen, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. „Da nämlich aus Art. 119 Abs. 2 AEUV, Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV hervorgeht, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützt, darf die Tätigkeit des ESZB auf der Grundlage von Art. 123 AEUV nicht dergestalt sein, dass sie der Wirksamkeit dieser Politik zuwiderläuft, indem den Mitgliedstaaten der Anreiz genommen wird, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen.“(27)

51.      Aus diesen beiden Grenzen ergibt sich, dass die EZB, wenn sie Staatsanleihen an den Sekundärmärkten erwirbt, ihr Tätigwerden mit Garantien versehen muss, die zum einen hinreichend sicherstellen, dass es mit dem in Art. 123 Abs. 1 AEUV festgelegten Verbot der monetären Finanzierung in Einklang steht, und zum anderen dazu bestimmt sind, seine Auswirkungen auf den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen, zu begrenzen(28).

2.      Zur Anwendung der Grundsätze auf das PSPP

52.      Die grundsätzliche Rechtmäßigkeit eines Ankaufs von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten durch das ESZB lässt sich nicht bestreiten(29). Sie findet eine Stütze in Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB, der „dem ESZB [gestattet], zur Erreichung seiner Ziele und zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Finanzmärkten tätig zu werden, indem es u. a. börsengängige Wertpapiere, zu denen Staatsanleihen gehören, endgültig kauft und verkauft, ohne dass diese Ermächtigung an besondere Bedingungen geknüpft ist, sofern nicht der Charakter von Offenmarktgeschäften als solcher missachtet wird“(30), sowie in der Verordnung (EG) Nr. 3603/93 des Rates vom 13. Dezember 1993 zur Festlegung der Begriffsbestimmungen für die Anwendung der in Artikel 104 und Artikel 104b Absatz 1 des Vertrages [jetzt Art. 123 und 125 AEUV] vorgesehenen Verbote(31). Dem siebten Erwägungsgrund dieser Verordnung zufolge ist die Möglichkeit des Erwerbs von Staatsanleihen nämlich ausdrücklich vorgesehen, weil dort angegeben ist, dass „das mit [Art. 123 AEUV] verfolgte Ziel nicht durch den Erwerb auf dem Sekundärmarkt umgangen [werden darf]“.

53.      Die Gültigkeit eines Programms wie des PSPP hängt somit von den Garantien ab, mit denen es versehen ist. Konkret ist deren Eignung zu prüfen, zum einen zu verhindern, dass die auf den Märkten für Staatsanleihen tätigen Wirtschaftsteilnehmer faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb der Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaats agieren, und zum anderen den Mitgliedstaaten nicht den Anreiz zu nehmen, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen.

a)      Zur fehlenden Gewissheit der Marktteilnehmer

54.      Anders als die Beschwerdeführer der Ausgangsverfahren sind die Mitgliedstaaten und Unionsorgane, die sich geäußert haben, sämtlich der Ansicht, dass das PSPP hinreichende Garantien bietet, um zu verhindern, dass der Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten die gleiche Wirkung wie ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen an den Primärmärkten hat. Ich teile diese Auffassung.

1)      Zur Angemessenheit der im Beschluss 2015/774 vorgesehenen Garantien (erste Vorlagefrage einschließlich Buchst. a und b)

55.      Erstens ist der Umstand, dass der EZB-Rat dafür zuständig ist, über den Umfang, den Beginn, die Fortsetzung und die Aussetzung der vom PSPP vorgesehenen Interventionen an den Sekundärmärkten zu entscheiden, nicht ohne Bedeutung. Es handelt sich um einen Gesichtspunkt, den der Gerichtshof bei der Beurteilung der Gültigkeit des OMT‑Programms ausdrücklich berücksichtigt hat(32). Insbesondere aus den Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats geht aber hervor, dass das PSPP im Rahmen dessen, was zur Erreichung des angekündigten Ziels erforderlich ist, ständig in unabhängiger Weise überprüft und angepasst wird(33).

56.      Zweitens ist das PSPP nur eines der vier Teilprogramme des APP. Der Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten, den es erlaubt, ist aber den drei anderen Programmen gegenüber, die den Ankauf von Anleihen des privaten Sektors betreffen, subsidiär(34). Der Umstand, dass das Volumen der Ankäufe von Staatsanleihen monatlich auf der Grundlage der voraussichtlichen Ankäufe im Rahmen der drei anderen Teilprogramme festgelegt wird, trägt dazu bei, die Gewissheit eines Rückkaufs der am Primärmarkt erworbenen Staatsanleihen zu verhindern.

57.      Drittens trägt auch die fehlende Selektivität des PSPP dazu bei, die Unvorhersehbarkeit der Modalitäten der konkreten Durchführung dieses Programms sicherzustellen. Im Gegensatz zum OMT‑Programm sieht das PSPP nämlich keinen selektiven, sondern einen für alle Mitgliedstaaten der Eurozone repräsentativen Ankauf von Anleihen vor. Gemäß Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses 2015/774 erfolgt die Verteilung der Ankäufe auf die Mitgliedstaaten anhand des Schlüssels für die Kapitalzeichnung der EZB gemäß Art. 29 des Protokolls über das ESZB und die EZB(35).

58.      Viertens kann von einer bei den Wirtschaftsteilnehmern am Primärmarkt bestehenden Gewissheit des Ankaufs keine Rede sein, weil Art. 5 des Beschlusses 2015/774 für den Erwerb von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten – nach Konsolidierung der Anlagen in allen Portfolios der Zentralbanken des ESZB – zwei Grenzen setzt, die einerseits die begebenen Wertpapiere und andererseits den Emittenten betreffen. Die erste lässt es grundsätzlich zu, Wertpapiere bis zu 33 % einer einzelnen Emission zu halten(36); die zweite verbietet dem ESZB, während der gesamten Dauer des PSPP mehr als 33 % der ausstehenden Wertpapiere ein und desselben Emittenten zu halten(37). Abgesehen davon, dass es sich um Obergrenzen handelt und nicht um eine Verpflichtung, Staatsanleihen in diesem Umfang zu erwerben, haben die in Art. 5 des Beschlusses 2015/774 vorgesehenen Grenzen zur Folge, dass der Inhaber einer Staatsanleihe keine Gewissheit haben kann, ob das ESZB seine Anleihe ankaufen wird oder im Gegenteil dieser Ankauf wegen der Erreichung einer dieser beiden Schwellen unmöglich ist. Die tägliche Kontrolle dieser Grenzen durch den Ausschuss für Risikosteuerung des ESZB ist geeignet, die Wirksamkeit dieser Garantie zu gewährleisten(38).

59.      Fünftens trägt auch das Bestehen einer Mindestfrist zwischen der Ausgabe eines Schuldtitels auf dem Primärmarkt und seinem Ankauf an den Sekundärmärkten dazu bei, dass die Emissionsbedingungen für Staatsanleihen nicht durch die Gewissheit verfälscht werden, dass diese Anleihen nach ihrer Ausgabe durch das ESZB erworben werden(39). Diese Frist ist erforderlich, um die Bildung eines Marktpreises zu ermöglichen. Eine solche Sperrfrist ist ausdrücklich in Art. 4 Abs. 1 des Beschlusses 2015/774 vorgesehen und in Art. 15 des PSPP-Leitlinien präzisiert.

60.      Das Fehlen präziser Angaben zu dieser Frist ist eine conditio sine qua non ihrer Wirksamkeit. Eine Offenlegung der Dauer der Sperrfrist könnte die Vorhersehbarkeit der Ankäufe und die Preisbildung beeinflussen. Da die Konformität der Transaktionen mit dem Marktpreis durch den Ausschuss für Risikosteuerung des ESZB überprüft wird(40), reicht die Information, dass sich die Mindestfrist zwischen der Ausgabe einer Staatsanleihe am Primärmarkt und ihrem Erwerb an den Sekundärmärkten eher in Tagen als in Wochen bemisst, meines Erachtens aus, um die gerichtliche Kontrolle der Vereinbarkeit des Beschlusses 2015/774 mit Art. 123 AEUV zu gewährleisten(41). Zum einen verfügt der Ausschuss für Risikosteuerung des ESZB – mehr noch als ein Gericht – über die Mittel und das Fachwissen, die erforderlich sind, um die Bildung eines Preises zu Marktbedingungen und folglich die Angemessenheit der Sperrfrist, die diese zu garantieren geeignet ist, zu beurteilen. Zum anderen ist nicht auszuschließen, dass selbst eine nachträgliche präzise Offenlegung der Sperrfrist bei den auf den Märkten tätigen Wirtschaftsteilnehmern Erwartungen auslösen würde, die die Bildung eines Marktpreises erschweren könnten.

61.      Sechstens macht die Ausgewogenheit zwischen der Art der mitgeteilten Informationen und der Präzision der offenbarten Angaben es möglich, die Wirksamkeit des PSPP sicherzustellen und zugleich zu verhindern, dass die auf den Primärmärkten tätigen Wirtschaftsteilnehmer die Gewissheit eines Ankaufs der Staatsanleihen an den Sekundärmärkten erlangen.

62.      Die wesentlichen Modalitäten des PSPP wie das monatliche Ankaufvolumen, die voraussichtliche Dauer des APP oder auch das Kriterium für die Aufteilung des Erwerbs von Staatsanleihen auf die Mitgliedstaaten der Eurozone oder die Verteilung möglicher Risiken wurden bereits am 22. Januar 2015 vom Präsidenten der EZB bekannt gegeben(42). Diese Ankündigung trägt zur Wirksamkeit des APP bei; sie zielt darauf ab, die angestrebten Wirkungen der mit diesem Programm eingeführten Ankäufe von Anleihen des privaten und des öffentlichen Sektors zu verstärken. Mit dieser Mitteilung bekräftigt die EZB ihr Engagement, den deflationären Tendenzen entgegenzutreten, indem sie die zu diesem Zweck ergriffene Maßnahme glaubhaft erläutert. Es handelt sich um einen Weg, auf dem die EZB der Realwirtschaft die durch das PSPP bewirkte Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen vermittelt. In der Wirtschaft nennt man das einen „Kommunikationskanal“. Er ermöglicht es, die mit einem Programm zur quantitativen Lockerung angestrebten Effekte wirksam zu verstärken(43).

63.      Wie die EZB in ihren schriftlichen Erklärungen ausführt, wirken sich diese Mitteilungen aber nur auf der makroökonomischen Ebene aus. Die mitgeteilten Informationen verschaffen den Wirtschaftsteilnehmern, die möglicherweise Staatsanleihen auf dem Primärmarkt erwerben, nicht die Gewissheit, dass das ESZB diese Anleihen binnen eines Zeitraums und unter Bedingungen ankaufen wird, die es ihnen ermöglichen würden, faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb dieser Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaats zu agieren. In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2018 hat der Leiter der Rechtsabteilung der Deutschen Bundesbank bestätigt, dass die Ankündigungen der EZB zwar zu einer gewissen Vorhersehbarkeit führten – insbesondere im Hinblick darauf, dass im Rahmen des PSPP ein Drittel der Staatsanleihen erworben werden könne –, dies aber nicht für die mikroökonomische Ebene gelte.

64.      Die von der EZB mitgeteilten Modalitäten des PSPP bleiben nämlich allgemein gehalten. Bei der Höhe der monatlichen Ankäufe im Rahmen des APP handelt es sich um eine ungefähre Angabe, die nicht weiter aufgeschlüsselt wird, sei es nach Ankaufszeitpunkt oder Fälligkeit. Außerdem wird auch nicht mitgeteilt, in welchem Umfang die Ankaufobergrenzen pro Emission und pro Emittent ausgeschöpft werden. Schließlich wird das Anleiheportfolio des PSPP zwar wöchentlich veröffentlicht, aber nur auf aggregierter Basis(44), während die Restlaufzeit monatlich nach Sitz des Emittenten auf der Basis ihres gewichteten Durchschnitts veröffentlicht wird(45). Wie die EZB in der mündlichen Verhandlung vom 10. Juli 2018 erläutert hat, müssen die auf ihrer Website mitgeteilten Informationen ausführlich genug sein, damit die auf den Märkten tätigen Wirtschaftsteilnehmer wissen, über welche Wertpapiere das ESZB verfügt, ohne jedoch die konkrete Ankaufpraxis zu kennen.

65.      Diese verschiedenen Garantien sind aus meiner Sicht geeignet, zu verhindern, dass die Emissionsbedingungen für Staatsanleihen durch die Gewissheit verfälscht werden, dass diese Anleihen nach ihrer Ausgabe durch das ESZB erworben werden. Durch sie kann daher ausgeschlossen werden, dass die Durchführung eines Programms wie des PSPP in der Praxis die gleiche Wirkung hat wie der unmittelbare Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten.

2)      Zur Unerheblichkeit des Haltens der Anleihen bis zu ihrer Endfälligkeit und des Ankaufs von Anleihen mit negativer Rendite (Buchst. c und d der ersten Vorlagefrage)

66.      Im erweiterten Rahmen der ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, welchen Einfluss es auf die Rechtmäßigkeit des PSPP im Hinblick auf Art. 123 Abs. 1 AEUV hat, wenn zum einen sämtliche erworbenen Anleihen bis zur Endfälligkeit gehalten und zum anderen nominal marktfähige Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite erworben werden. Meines Erachtens können diese Umstände den Beschluss 2015/774 nicht ungültig machen.

i)      Zum Halten der Anleihen bis zu ihrer Endfälligkeit

67.      Was das Halten der Anleihen bis zu ihrer Endfälligkeit betrifft, hat der Gerichtshof im Zusammenhang mit der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ergangen ist, der Möglichkeit, die erworbenen Anleihen bis zum Eintritt ihrer Fälligkeit zu behalten, im Rahmen der Beurteilung der Gültigkeit des OMT‑Programms keine ausschlaggebende Rolle beigemessen, „weil diese Möglichkeit voraussetzt, dass eine solche Handlungsweise zur Verwirklichung der angestrebten Ziele erforderlich ist, und jedenfalls den beteiligten Wirtschaftsteilnehmern nicht die Gewissheit gewährt, dass das ESZB von dieser Option Gebrauch machen wird“(46). Ferner hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass eine solche Vorgehensweise durch Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB keinesfalls ausgeschlossen wird und keinen Verzicht darauf bedeutet, dass der Mitgliedstaat, der die Anleihe ausgegeben hat, bei Eintritt ihrer Fälligkeit seine Schuld begleicht(47).

68.      Ich stelle fest, dass Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB die Möglichkeit, börsengängige Wertpapiere auf den Finanzmärkten per Termin zu kaufen und zu verkaufen, ausdrücklich vorsieht, ohne sie irgendeinem Vorbehalt zu unterwerfen. Dass es für die Rechtmäßigkeit eines Programms wie des PSPP unerheblich ist, ob eine Anleihe bis zu ihrer Endfälligkeit gehalten wird, setzt unter diesen Umständen meines Erachtens – entgegen der Ansicht des vorlegenden Gerichts – nicht voraus, dass dies nur ausnahmsweise geschieht. Erforderlich ist vielmehr, dass es dem Ziel des betreffenden Programms entspricht.

69.      Das scheint mir vorliegend der Fall zu sein. Vorab stelle ich fest, dass die PSPP-Leitlinien bestätigen, dass das ESZB die im Rahmen dieses Programms erworbenen Wertpapiere jederzeit aus geldpolitischen Gründen verkaufen kann(48). Außerdem erlaubt Art. 3 Abs. 3 des Beschlusses 2015/774 den Ankauf von Wertpapieren mit einer Restlaufzeit von einem Jahr bis zu 30 Jahren und 364 Tagen. Dank einer so weiten Auffächerung der Wertpapiere können die Wirtschaftsteilnehmer nicht sicher sein, dass das ESZB alle Wertpapiere bis zu ihrer Endfälligkeit halten wird.

70.      Vor allem kann es meines Erachtens dem Ziel des PSPP entsprechen, die erworbenen Wertpapiere bis zu ihrer Endfälligkeit zu halten. Das PSPP zielt nämlich darauf ab, die Preisstabilität zu erhalten. Um genau zu sein, fügt der vierte Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774 hinzu, „[d]ank der Portfolioumschichtungswirkung [werde] das erhebliche Ankaufvolumen des PSPP dazu beitragen, das zugrunde liegende geldpolitische Ziel zu erreichen, dass die Finanzintermediäre mehr Liquidität am Interbankenmarkt bereitstellen und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft im Euro-Währungsgebiet erhöhen“.

71.      In Anbetracht dieses besonderen Ziels schließe ich mich der Auffassung der deutschen Regierung an, nach der es plausibel erscheint, dass die erworbenen Wertpapiere erst dann wieder verkauft werden sollen, wenn der geldpolitische Effekt des Ankaufs dadurch nicht mehr gefährdet ist(49). Eine solche Wirkung erfordert aber ein ausreichendes Anwachsen der Liquidität am Markt, um eine Portfolioumschichtung herbeizuführen, und setzt folglich voraus, dass die erworbenen Wertpapiere nicht vorzeitig verkauft werden. Meines Erachtens steht es daher im Einklang mit den vom PSPP verfolgten Zielen, Staatsanleihen, sogar die meisten von ihnen, bis zu ihrer Endfälligkeit zu halten.

ii)    Zum Ankauf von Anleihen mit negativer Rendite

72.      Art. 3 Abs. 5 des Beschlusses 2015/774 lässt Ankäufe nominaler marktfähiger Schuldtitel mit negativer Endfälligkeitsrendite in Höhe oder über dem Zinssatz der Einlagefazilität zu. Diese Möglichkeit führt meiner Ansicht nach nicht zu einer Umgehung des Verbots der monetären Finanzierung nach Art. 123 Abs. 1 AEUV.

73.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Offenmarktgeschäfte, die die EZB vorzunehmen hat, für sie unvermeidlich ein Verlustrisiko mit sich bringen, und zwar unabhängig von der angekündigten Rendite(50). Außerdem hat die EZB, was das PSPP betrifft, ausdrücklich erklärt, dass dem Ankauf von Wertpapieren, die eine positive Rendite aufweisen, der Vorzug gegeben werden solle(51).

74.      Da die Anleihen einiger Mitgliedstaaten der Eurozone aufgrund der Marktbedingungen mit negativem Zins begeben werden, stünde ein Verbot des Ankaufs ihrer Wertpapiere zudem im Widerspruch zu dem Offenmarktgrundsatz, dem die Tätigkeit des ESZB auf den Kapitalmärkten gemäß Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB unterworfen ist(52). Wie die EZB und die Kommission hervorheben, würde der Ausschluss des Ankaufs von Anleihen mit negativer Rendite im Rahmen des PSPP gegen den Grundsatz der Marktneutralität verstoßen, der Teil des Grundsatzes einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb ist, nach dem sich das Handeln des ESZB gemäß Art. 127 Abs. 1 AEUV richten muss(53).

75.      Schließlich würde, wie die deutsche Regierung zutreffend ausführt, ein Verzicht auf den Ankauf von Staatsanleihen mit negativer Rendite einem wesentlichen Element des PSPP zuwiderlaufen, das den Erwerb von Staatsanleihen aller Mitgliedstaaten der Eurozone vorsieht, was die Förderung des Ziels der Geldpolitik gewährleistet.

76.      Unter diesen Umständen bin ich der Ansicht, dass der Ankauf von Staatsanleihen mit negativer Rendite nicht gegen Art. 123 Abs. 1 AEUV verstößt.

3)      Zur Unerheblichkeit der behaupteten Bestimmbarkeit der zu erwerbenden Wertpapiere für die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 (erste Vorlagefrage Buchst. a und zweite Vorlagefrage)

77.      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts macht die Kombination aus dem angekündigten Gesamtvolumen des APP, seiner Aufschlüsselung anhand des Schlüssels für die Zeichnung des Kapitals der EZB und dem gleichbleibenden Anteil des Ankaufs von Staatsanleihen im Rahmen des APP es möglich, den Umfang des monatlichen Ankaufs von Anleihen des öffentlichen Sektors eines bestimmten Mitgliedstaats im Voraus zu berechnen. In diesem Zusammenhang versetze die Verknappung ankauffähiger Staatsanleihen angesichts der engen Zulassungsvoraussetzungen bezüglich der Restlaufzeit und der Rendite sowie angesichts der Regel, die die Ankäufe durch das ESZB auf 33 % des Volumens einer Emission beschränke, die Wirtschaftsteilnehmer in die Lage, faktische Gewissheit über die konkreten Wertpapiere zu erlangen, die im Rahmen des PSPP erworben würden.

78.      Diese mögliche – nicht rechtliche, aber tatsächliche – Gewissheit aufgrund der von der EZB angekündigten Modalitäten in Verbindung mit der seit Inkrafttreten des PSPP verfolgten Praxis der Wertpapierkäufe kann meines Erachtens nicht zur Ungültigkeit des Beschlusses 2015/774 führen.

79.      Zunächst einmal wäre die Gewissheit über den Ankauf von Staatsanleihen, sofern sie bestünde, makroökonomischer und nicht mikroökonomischer Natur(54). Außerdem scheinen die Analysen, auf die sich das vorlegende Gericht stützt, nicht oder zumindest nicht hinreichend zu berücksichtigen, dass ein Teil der im Rahmen des PSPP getätigten Ankäufe Anleihen betrifft, die nicht von den Zentralregierungen der Mitgliedstaaten begeben werden(55).

80.      Sodann soll diese behauptete Gewissheit nur wegen der Verknappung der verfügbaren Wertpapiere möglich sein. Aber selbst wenn diese Verknappung tatsächlich bestünde(56) und dargetan wäre, dass sie den sicheren Schluss auf den Erwerb bestimmter Staatsanleihen zulässt, würden diese Feststellungen darauf hinauslaufen, die Wirksamkeit der im Beschluss 2015/774 vorgesehenen Garantien auf der Grundlage von Umständen zu beurteilen, die nach seinem Erlass eingetreten sind. Wie ich bei der Prüfung der Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens ausgeführt habe, ist die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts aber anhand der Sach- und Rechtslage zu beurteilen, die zum Zeitpunkt seines Erlasses bestand, und kann insbesondere nicht von einer rückschauenden Betrachtung des Wirkungsgrads dieses Rechtsakts abhängen(57).

81.      Lassen sich die Auswirkungen einer Maßnahme zum Zeitpunkt ihres Erlasses nicht mit Bestimmtheit voraussagen, kann die Beurteilung der zuständigen Behörde nur dann beanstandet werden, wenn sie sich im Licht der Informationen, über die sie zum Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Regelung verfügte, als offensichtlich fehlerhaft erweist(58). Im vorliegenden Fall ist der Beschluss 2015/774 meiner Auffassung nach nicht das Ergebnis einer „offensichtlich fehlerhaften“ Beurteilung. Vielmehr ist unstreitig, dass er, wie in der Präambel des Beschlusses 2015/774 angegeben, „[i]n einem Umfeld [erlassen wurde], in dem die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht und die auf Vermögenswerte des privaten Sektors fokussierten Ankaufprogramme messbare, jedoch unzureichende Wirkung gezeigt ha[tt]en, um den Risiken einer schwindenden Preisstabilität zu begegnen“(59). Unter diesen Umständen konnte es mit Recht als „erforderlich [angesehen werden], die geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems um das PSPP als ein Instrument mit hohem Transmissionspotenzial für die Realwirtschaft zu ergänzen“(60). Die Garantien, mit denen das PSPP versehen ist, bestärken mich vollends in der Überzeugung, dass die EZB eine wohlüberlegte und abgewogene Beurteilung vorgenommen hat, als sie den Beschluss 2015/774 erließ.

82.      Ich bin zwar für die kürzlich von Generalanwalt Bobek in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Confédération paysanne u. a. (C‑528/16, EU:C:2018:20) vertretene These empfänglich, nach der nicht jede Fortentwicklung für die Beurteilung der Wirksamkeit eines Rechtsakts der Union unerheblich ist(61). Demnach bestehe eine Verpflichtung zur Aktualisierung von Rechtsvorschriften, die „in extremen Fällen einer technischen oder sozialen Bezugslosigkeit“ zu einer Ungültigerklärung führen könne(62).

83.      Mit einem solchen Fall haben wir es hier aber nicht zu tun, weil der Beschluss 2015/774 Gegenstand verschiedener nachfolgender Änderungen war, die zwar die ursprünglich vorgesehenen Ankaufbedingungen gelockert haben mögen, aber auch dazu beigetragen haben, die Wirksamkeit der für seine Gültigkeit erforderlichen Garantien aufrechtzuerhalten. Ich denke dabei u. a. an die Erhöhung der Obergrenze für den Ankauf von Wertpapieren pro Emission(63) oder an die Einbeziehung von Anleihen regionaler oder lokaler Gebietskörperschaften in die Liste der notenbankfähigen Wertpapiere(64). Diese Maßnahmen sind theoretisch geeignet, eine Verknappung der verfügbaren Wertpapiere zu verhindern oder zumindest abzuschwächen. Das war im Übrigen der ausdrücklich angeführte Grund für die zweite der genannten Änderungen. Der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank vom 2. und 3. Dezember 2015 zufolge wurde nämlich „die Ansicht vertreten, dass [die Aufnahme von Anleihen regionaler und lokaler Gebietskörperschaften in die Liste der notenbankfähigen Vermögenswerte] dazu beitragen werde, mögliche Beschränkungen hinsichtlich der Verfügbarkeit von Wertpapieren zu vermeiden“(65).

b)      Zum Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen

84.      Als Zwischenergebnis meiner Prüfung bin ich der Auffassung, dass der vom PSPP erlaubte Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten nicht die gleiche Wirkung hat wie ein unmittelbarer Erwerb dieser Art von Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten. Damit das PSPP dem in Art. 123 Abs. 1 AEUV festgelegten Verbot der monetären Finanzierung nicht zuwiderläuft, müssen die Garantien, die das PSPP begleiten, jedoch auch seine Auswirkungen auf den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen, begrenzen.

85.      Abgesehen davon, dass die Auswirkungen eines Programms wie des PSPP auf den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen, bereits durch die für das ESZB bestehende Möglichkeit beschränkt werden, die erworbenen Anleihen jederzeit wieder zu verkaufen(66) oder die Einstellung des Programms zu beschließen, halte ich drei Gestaltungsmerkmale dieses Programms für wesentlich.

86.      Erstens verlangt Art. 3 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2015/774, dass der Emittent oder Garant der im Rahmen des PSPP notenbankfähigen marktfähigen Schuldtitel mindestens eine Bonität der Kreditqualitätsstufe 3 in der harmonisierten Ratingskala des Eurosystems hat. Ist das nicht der Fall, präzisiert Art. 3 Abs. 2 Buchst. d des Beschlusses 2015/774, dass die marktfähigen Schuldtitel nur notenbankfähig sind, wenn sie im Rahmen eines Finanzhilfeprogramms von der Zentralregierung eines Mitgliedstaats des Euro-Währungsgebiets begeben oder in vollem Umfang garantiert werden und für sie die Anwendung des Bonitätsschwellenwerts des Eurosystems durch den EZB-Rat gemäß Art. 9 der Leitlinie EZB/2014/31 der EZB vom 9. Juli 2014 über zusätzliche zeitlich befristete Maßnahmen hinsichtlich der Refinanzierungsgeschäfte des Eurosystems und der Notenbankfähigkeit von Sicherheiten und zur Änderung der Leitlinie EZB/2007/9(67) ausgesetzt wurde.

87.      Dieses Erfordernis ist eine wichtige Garantie im Hinblick auf den Anreiz, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. Wenn ein Emittent von Staatsanleihen nämlich keine gesunde Haushaltspolitik mehr verfolgt, laufen die begebenen Anleihen Gefahr, dieses Kreditqualitätsrating zu verlieren. Dieser Verlust hätte automatisch die Beendigung des Ankaufs dieser Anleihen zur Folge(68).

88.      Zweitens richtet sich die Verteilung der Ankäufe auf die öffentlichen Emittenten aller Mitgliedstaaten der Eurozone nach einem objektiven und von der Wirtschaftslage oder ihrer Haushaltspolitik unabhängigen Kriterium, nämlich nach dem Schlüssel für die Kapitalzeichnung der EZB. Folglich kann das PSPP nicht als ein Mechanismus aufgefasst werden, der geeignet ist, Staaten zu unterstützen, die sich in Finanzierungsschwierigkeiten befinden. Die in Art. 5 Abs. 2 des Beschlusses 2015/774 vorgeschriebene Gesamtobergrenze pro Emittent verstärkt diese Garantie noch, indem sie die Mitgliedstaaten der Eurozone, was den wesentlichen Teil der von ihnen begebenen Anleihen betrifft, von der Nachfrage privater Anleger abhängig macht.

89.      Drittens trägt die Beschränkung der Risikoteilung auf von der EZB selbst getätigte Ankäufe und auf die Ankäufe von Anleihen internationaler Organisationen, d. h. auf 20 % des PSPP, ebenfalls dazu bei, den Anreiz aufrechtzuerhalten, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. Wie die Deutsche Bundesbank in ihren schriftlichen Erklärungen ausführt, sind es nämlich für 80 % der Ankäufe im Rahmen des PSPP die örtlichen Steuerzahler oder die anderen Gläubiger der öffentlichen Anleihen, die mögliche Verluste tragen und für die Rekapitalisierung der betroffenen Zentralbank aufkommen müssen. Dabei handelt es sich um einen „zentralen Programmparameter“ des PSPP(69).

90.      Im Beschluss 2015/774 ist diese Risikoteilung zwar nicht ausdrücklich erwähnt. Sie wird aber in den Einleitenden Bemerkungen des Präsidenten der EZB vom 22. Januar 2015 sowie in den Pressemitteilungen der EZB vom 22. Januar 2015 und vom 10. März 2016 ausdrücklich angesprochen. Außerdem spiegelt sich die Verteilung der Verluste, die sich aus dem Erwerb von Anleihen internationaler Organisationen und multilateraler Entwicklungsbanken mit Sitz in der Eurozone ergeben können, auf die Zentralbanken des Eurosystems – nach Angaben der EZB – in dem nicht veröffentlichen Beschluss der EZB vom 19. November 2015 über die Verteilung von Verlusten aus währungspolitischen Operationen (revidierte Fassung) (BCE/2015/NP29) wider, der sich auf Art. 32 Abs. 4 Unterabs. 2 der Satzung des ESZB und der EZB stützt. Die Verteilung der Verluste der EZB, die sich aus dem Erwerb von Anleihen der Mitgliedstaaten der Eurozone ergeben könnten, richte sich ihrerseits nach Art. 33 Abs. 2 der Satzung des ESZB und der EZB. Somit würden mögliche Verluste den jährlichen Überschuss vermindern, den die EZB an die Zentralbanken des Eurosystems ausschütten könne, oder zu einem Verlustvortrag führen.

91.      Diese verschiedenen Merkmale reichen meines Erachtens aus, um zu verhindern, dass ein Programm wie das PSPP den Mitgliedstaaten den Anreiz nimmt, eine gesunde Haushaltspolitik zu verfolgen. Außerdem ist festzustellen, dass es, nachdem der Rat am 22. Juni 2018 beschlossen hat, das Defizitverfahren gegen Frankreich einzustellen(70), nur noch einen einzigen Mitgliedstaat gibt, gegen den ein Verfahren wegen übermäßigen Defizits anhängig ist(71), während es im Jahr 2011 noch 24 waren. Diese objektive Lage deutet darauf hin, dass die Mitgliedstaaten der Eurozone eine gesunde Haushaltspolitik verfolgen.

3.      Ergebnis zur ersten und zur zweiten Frage

92.      Aus alledem folgt, dass das PSPP zum einen dem Tätigwerden des ESZB nicht die gleiche Wirkung wie ein unmittelbarer Erwerb von Staatsanleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen der Mitgliedstaaten verleiht und zum anderen nicht geeignet ist, den Mitgliedstaaten den Anreiz zur Verfolgung einer gesunden Haushaltspolitik zu nehmen. Unter diesen Umständen steht der Beschluss 2015/774 meines Erachtens nicht im Widerspruch zu Art. 123 Abs. 1 AEUV.

D.      Zur dritten und zur vierten Frage

93.      Die dritte und die vierte Frage betreffen im Wesentlichen die Zuordnung des PSPP zur Währungspolitik – die das Mandat der EZB eingrenzt – und die Prüfung der Verhältnismäßigkeit, der der Beschluss 2015/774 zu unterziehen ist, um seine Vereinbarkeit mit Art. 119 AEUV und mit Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV (sowie mit den Art. 17 bis 24 des Protokolls über das ESZB und die EZB) zu überprüfen. Das vorlegende Gericht fragt sich, ob das PSPP in Anbetracht seines Umfangs, der Dauer seines Vollzugs und der sich daraus ergebenden Folgen noch als vom Mandat der EZB gedeckt angesehen werden kann.

94.      Gemäß dem in Art. 5 Abs. 2 EUV niedergelegten Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung hat das ESZB innerhalb der Grenzen der Befugnisse zu handeln, die ihm das Primärrecht verleiht. Es kann daher nicht in gültiger Weise ein Programm beschließen und durchführen, das über den Bereich hinausgeht, der der Währungspolitik durch das Primärrecht zugewiesen wird. Um die Einhaltung dieses Grundsatzes zu gewährleisten, unterliegen die Handlungen des ESZB zudem nach Maßgabe der in den Verträgen festgelegten Voraussetzungen der gerichtlichen Kontrolle durch den Gerichtshof(72).

95.      Die zur Beantwortung dieser Fragen erforderlichen Parameter wurden in den Urteilen vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), aufgestellt.

1.      In den Urteilen vom 27. November 2012, Pringle (C370/12, EU:C:2012:756), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C62/14, EU:C:2015:400), definierter Prüfungsrahmen

a)      Zur Definition der Währungspolitik

96.      Obwohl der AEU-Vertrag die Währungspolitik nicht genau definiert, hat der Gerichtshof festgestellt, dass er deren Ziele festlegt und es daher möglich ist, die Mittel zu bestimmen, über die das ESZB zur Ausführung dieser Politik verfügt(73).

97.      In dieser Hinsicht zeigen die Urteile vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), zwar eine gewisse Entwicklung in ihren Formulierungen auf. Diese hat aber meines Erachtens keine Folgen. Im Urteil Pringle hat der Gerichtshof entschieden, dass der AEU-Vertrag in seinen die Währungspolitik betreffenden Bestimmungen „auf ihre Ziele und nicht auf ihre Instrumente“ Bezug nimmt(74). Dieses Über- und Unterordnungsverhältnis ist im Urteil Gauweiler u. a. entfallen, in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass der AEU-Vertrag „zugleich die Ziele der Währungspolitik und die Mittel festlegt, über die das ESZB zur Ausführung dieser Politik verfügt“(75). Trotz dieses lexikalischen Unterschieds ist jedoch, wenn es um die Entscheidung geht, ob eine Maßnahme zur Währungspolitik gehört, zweifellos auf die verfolgten Ziele und auf die eingesetzten Mittel abzustellen(76).

98.      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass eine währungspolitische Maßnahme nicht allein deshalb einer wirtschaftspolitischen Maßnahme gleichgestellt werden kann, weil sie mittelbare Auswirkungen auf die Stabilität des Euro-Währungsgebiets haben kann(77). Mögliche mittelbare Auswirkungen können nämlich nicht bedeuten, dass ein Programm der EZB notwendigerweise als eine wirtschaftspolitische Maßnahme einzustufen wäre, da sich aus dem Vertrag selbst – insbesondere aus Art. 119 Abs. 2 AEUV, Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV – ergibt, dass das ESZB ohne Beeinträchtigung des Ziels der Preisstabilität die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union unterstützt(78).

b)      Zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und zum Umfang ihrer gerichtlichen Nachprüfung

99.      Selbst wenn ein Programm der EZB zur Währungspolitik gehört, geht aus Art. 119 Abs. 2 AEUV und Art. 127 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 4 EUV hervor, dass ein Programm für den Ankauf von Anleihen wie das PSPP nur in gültiger Weise beschlossen und durchgeführt werden kann, wenn die von ihm umfassten Maßnahmen in Anbetracht der Ziele dieser Politik verhältnismäßig sind(79). Das bedeutet konkret, dass das PSPP, wie jeder Rechtsakt eines Organs der Union, zur Erreichung der verfolgten legitimen Ziele geeignet und notwendig sein muss und nicht über die Grenzen dessen hinausgehen darf, was zu ihrer Erreichung erforderlich ist.

100. Was indessen die richterliche Kontrolle der Einhaltung dieser Bedingungen betrifft, gilt in Bezug auf das PSPP dieselbe Beschränkung, die sich der Gerichtshof in Rn. 68 des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), in Bezug auf das OMT‑Programm auferlegt hat. Wenn das ESZB ein Programm für Offenmarktgeschäfte wie das PSPP ausarbeitet und durchführt, muss es nämlich ebenfalls Entscheidungen technischer Natur treffen und komplexe Prognosen und Beurteilungen vornehmen. In diesem Rahmen ist ihm daher ein weites Ermessen einzuräumen.

101. Gleichwohl hat der Gerichtshof klargestellt, dass in Fällen, in denen ein Unionsorgan über ein weites Ermessen verfügt, der Kontrolle der Einhaltung bestimmter verfahrensrechtlicher Garantien wesentliche Bedeutung zukommt, und dass zu diesen Garantien „die Verpflichtung des ESZB [gehört], sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidungen hinreichend zu begründen“(80).

2.      Zur Anwendung der Grundsätze des PSPP

a)      Zur Beachtung des Mandats der EZB

1)      Zum Ziel des PSPP und zu den von ihm eingesetzten Instrumenten

102. Gemäß Art. 119 Abs. 2 AEUV und Art. 127 Abs. 1 AEUV verfolgt das ESZB vorrangig das Ziel, die Preisstabilität zu gewährleisten. Das Ziel des PSPP – und allgemeiner des APP, von dem es eines der vier Teilprogramme ist – besteht darin, zu dieser Stabilität beizutragen, indem es dem seit dem Jahr 2013 zu beobachtenden und im Jahr 2014 beträchtlich verstärkten Rückgang der Inflation entgegenwirkt.

103. Dieses Ziel ist im vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774 ausdrücklich genannt. Die EZB stellt dort fest, dass das PSPP „eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen bewirkt, hierin eingeschlossen jene, die die Finanzierungsbedingungen für private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im Euro-Währungsgebiet betreffen. Es fördert damit insgesamt den Konsum und die Investitionsausgaben im Euro-Währungsgebiet und trägt somit dazu bei, dass die Inflationsraten sich mittelfristig wieder einem Niveau von unter, aber nahe 2 % annähern“, und zwar „[i]n einem Umfeld, in dem die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht … haben“. Nach diesem Ziel richtete sich auch jede Änderung des PSPP(81).

104. In seinen Einleitenden Bemerkungen vom 22. Januar 2015 hat der Präsident der EZB außerdem bestätigt, dass die Ankäufe im Rahmen des APP so lange erfolgen sollen, bis der EZB-Rat „eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkenn[t], die im Einklang steht mit [dem] Ziel, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen“. Da sich die Erreichung dieses Ziels abzeichnete, hat die EZB auf der Sitzung des EZB-Rats vom 14. Juni 2018 im Übrigen vorgesehen, den monatlichen Nettoerwerb von Vermögenswerten im Rahmen des APP von Oktober 2018 bis Ende Dezember 2018, dem Zeitpunkt, an dem der Nettoerwerb enden wird, grundsätzlich auf 15 Mrd. Euro zu reduzieren(82).

105. Der Zusammenhang des PSPP mit der Preisstabilität und folglich mit dem währungspolitischen Mandat der EZB erweist sich daher als ebenso unbestreitbar wie die Notwendigkeit einer Reaktion auf die bei Erlass des PSPP objektiv festgestellten Deflationsrisiken(83). Wie u. a. die italienische und die finnische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen hervorheben, wird die währungspolitische Zielsetzung des Programms durch die fehlende Selektivität des PSPP unterstrichen(84).

106. Die eingesetzten Mittel sind ebenfalls währungspolitische Instrumente, weil es sich gemäß Art. 3 des Beschlusses 2015/774 um die Erlaubnis handelt, Schuldtitel des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten zu erwerben. Wie der Gerichtshof in Rn. 54 des Urteils vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), festgestellt hat, geht „[a]us Art. 18.1 des Protokolls über das ESZB und die EZB, der zu dessen Kapitel IV gehört, … jedoch eindeutig hervor, dass die EZB und die nationalen Zentralbanken zur Erreichung der Ziele des ESZB und zur Erfüllung seiner Aufgaben, wie sie sich aus dem Primärrecht ergeben, grundsätzlich auf den Finanzmärkten tätig werden können, indem sie auf Euro lautende börsengängige Wertpapiere endgültig kaufen und verkaufen“.

107. Das vorlegende Gericht selbst sieht das Ziel des PSPP und die eingesetzten Mittel als eine grundsätzlich zulässige Konkretisierung der Aufgabe der EZB an, die Preisstabilität zu sichern. Da die Inflationsrate nämlich maßgeblich vom Ausgabeverhalten privater Haushalte und von der Realwirtschaft abhänge, komme die Erhöhung der Liquidität der Geschäftsbanken und ihrer Kunden – auf die das PSPP abziele – als taugliches Zwischenziel auf dem Weg zur Beeinflussung der Preissteigerung in Betracht(85).

2)      Zu den mittelbaren Auswirkungen des PSPP

108. Das große Volumen der durch den Beschluss 2015/774 erlaubten Ankäufe und die Dauer des PSPP lassen beim Bundesverfassungsgericht jedoch Zweifel dergestalt aufkommen, dass es sich fragt, welche Bedeutung die wirtschaftspolitischen Auswirkungen des PSPP auf die Gültigkeit des Beschlusses 2015/774 haben können.

109. Als Erstes führe das Volumen des PSPP zwangsläufig zu einer Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Der Umstand, dass die Banken aufgrund des PSPP eine beträchtliche Zahl riskanter Papiere an das ESZB verkaufen könnten, die sie ohne das PSPP nicht (oder nur unter Verlusten) hätten abstoßen können, weise auf ein wirtschaftspolitisches Ziel hin, weil das PSPP die wirtschaftliche Situation der Banken erheblich verbessere und ihre Bonität erhöhe. Als Zweites verbessere das PSPP die Refinanzierungsbedingungen der Mitgliedstaaten, die sich Kredite am Kapitalmarkt zu deutlich günstigeren Konditionen verschaffen könnten, als dies ohne das PSPP der Fall wäre. Wegen des besonders hohen Volumens des PSPP könne dies dazu führen, dass dieses Programm qualitativ als vorrangig wirtschaftspolitisch einzuordnen sei.

i)      Theoretische Überlegungen zu den Beziehungen zwischen Währungspolitik und Wirtschaftspolitik sowie zum Umfang der gerichtlichen Nachprüfung

110. Dass die Durchführung des PSPP Folgen für die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten nach sich zieht, ist unausweichlich, zumal es nach Art. 119 Abs. 2 AEUV, Art. 127 Abs. 1 AEUV und Art. 282 Abs. 2 AEUV das Sekundärziel der EZB ist, die Wirtschaftspolitik in der Union zu unterstützen(86). Deshalb können mittelbare Auswirkungen, wie der Gerichtshof im Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 59), entschieden hat, nicht bedeuten, dass ein Programm der EZB, das ein währungspolitisches Ziel verfolgt und hierzu Instrumente einsetzt, die dieser Politik eigen sind, als eine wirtschaftspolitische Maßnahme einzustufen wäre.

111. Die Schwierigkeit liegt daher in der Bestimmung der Grenzen der „mittelbaren Auswirkungen“ einer währungspolitischen Maßnahme. Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts kann dieser Begriff keine sicher vorhersehbare Konsequenz der angegriffenen Maßnahme bezeichnen, sondern lediglich Auswirkungen, die durch weitere Zwischenschritte mit ihr verbunden sind. Dieser Auslegung kann ich mich nicht anschließen.

112. Zunächst stelle ich fest, dass der Gerichtshof den Begriff „mittelbare Auswirkungen“ anlässlich der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ergangen ist, zwar nicht definiert hat, die im Rahmen dieser Rechtssache geprüfte Auswirkung aber nicht mit einem „Zwischenschritt“ des OMT‑Programms zusammenhing, sondern im Gegenteil mit einer conditio sine qua non seiner Anwendbarkeit – nämlich der Bindung der Durchführung des Programms an die vollständige Einhaltung der makroökonomischen Anpassungsprogramme der EFSF oder des ESM. Der Gerichtshof hat anerkannt, dass es mit dieser Bedingung zwar nicht ausgeschlossen ist, dass das OMT‑Programm geeignet ist, „inzident“ den Anreiz zur Einhaltung solcher Anpassungsprogramme zu stärken, und damit in gewissem Maße die Erreichung der mit diesen verfolgten wirtschaftspolitischen Ziele begünstigen kann. Gleichwohl wurden diese mehr als wahrscheinlichen und unmittelbar mit dem betreffenden Programm verbundenen Auswirkungen als mittelbare Auswirkungen angesehen(87).

113. Schließlich kann der Begriff „mittelbare Auswirkung“ nicht einer lediglich „begrenzten“, „begleitenden“ oder auch „unbedeutenden“ Auswirkung gleichgestellt werden, ohne den Sinn des vom Gerichtshof verwendeten Adjektivs zu verkennen. Eine solche Auslegung stünde auch im Widerspruch zum Wortlaut des AEU-Vertrags. Dieser stellt nämlich dem Ziel der Preisstabilität die Unterstützung der allgemeinen Wirtschaftspolitik in der Union zur Seite, ohne den Umfang einer solchen Unterstützung zu beschränken. Art. 127 Abs. 1 AEUV schreibt dem ESZB im Gegenteil vor, in dieser Weise tätig zu werden, weil er – im Indikativ Präsens formuliert – bestimmt, dass „das ESZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union [unterstützt], um zur Verwirklichung der in Artikel 3 des Vertrags über die Europäische Union festgelegten Ziele der Union beizutragen“. Die einzige Beschränkung dieser Unterstützung besteht darin, dass sie das Ziel der Preisstabilität nicht beeinträchtigen darf.

114. Schließlich bin ich der Ansicht, dass der Gerichtshof darauf achten muss, keine Zweckmäßigkeitskontrolle vorzunehmen, da dem ESZB „bei der Ausarbeitung und Durchführung eines Programms für Offenmarktgeschäfte“ ein weites Ermessen einzuräumen ist(88), und zwar mit Rücksicht darauf, dass es Entscheidungen technischer Natur treffen und komplexe Prognosen und Beurteilungen vornehmen muss.

115. Unter diesen Umständen ist es meines Erachtens, sofern die Zugehörigkeit der Ziele des betreffenden Programms und der für seine Durchführung eingesetzten Instrumente zur Währungspolitik festgestellt wurde, erforderlich, aber auch ausreichend, dass das Gericht das Bestehen von Garantien feststellt, die theoretisch ausreichen, um zu verhindern, dass dieses Programm in Wirklichkeit ein vorrangig wirtschaftspolitisches Ziel verfolgt oder dem Ziel der Preisstabilität zuwiderläuft.

116. Das entspricht meiner Ansicht nach der Aufgabe des Richters, der sich, wenn der Normgeber anerkanntermaßen wegen der hoch komplexen wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und technischen tatsächlichen Umstände über ein weites Ermessen verfügt, auf die Prüfung zu beschränken hat, ob dieses Ermessen nicht offensichtlich fehlerhaft ausgeübt oder missbraucht worden ist oder ob der Normgeber die Grenzen seines Ermessens nicht offensichtlich überschritten hat(89). „In einem solchen Kontext darf der Unionsrichter nämlich nicht seine Beurteilung der tatsächlichen Umstände [wirtschaftlicher], wissenschaftlicher und technischer Art an die Stelle derjenigen des [Organs] setzen, dem allein der Vertrag diese Aufgabe anvertraut hat“(90).

117. Eine solche Kontrolle mag begrenzt oder gar formal erscheinen. Dem Gerichtshof – oder einem anderen Gericht – kann aber nicht vorgeworfen werden, so zu verfahren, wenn eine eingehendere Prüfung nicht mehr eine juristische, sondern im vorliegenden Fall eine wirtschaftliche Analyse wäre, die nicht in die Fachkompetenz des Richters fällt(91). Bei einer Überlegung zur Gewaltentrennung und zur Lösung verfassungsrechtlicher Konflikte muss die Frage der Sachkunde aber zwangsläufig berücksichtigt werden(92). Ebenso wenig wie die Beschlussorgane der EZB sind die Gerichte, die deren Beschlüsse zu kontrollieren haben, gewählt. Die einen wie die anderen beziehen ihre Legitimität nicht nur aus ihrer Unabhängigkeit – was nicht bedeutet, dass sie nach Belieben schalten und walten können –, sondern auch aus ihrer Sachkunde, die es ermöglicht, die Grenzen ihres Mandats zu bestimmen.

ii)    Zu den Garantien des PSPP, die dessen wirtschaftspolitische Auswirkungen begrenzen

118. Die erste Auswirkung des PSPP, die das vorlegende Gericht anspricht, weil sie ein wirtschaftliches Ziel habe, soll in der Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Banken und in der Erhöhung ihrer Bonität infolge des beträchtlichen Volumens an das ESZB verkaufter riskanter Papiere sein, die sie ohne das PSPP nicht (oder nur unter Verlusten) hätten abstoßen können.

119. Insoweit stellt die in Art. 3 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2015/774 vorgeschriebene Kreditqualität nicht nur eine Garantie dar, die dazu beiträgt, den Anreiz zur Verfolgung einer gesunden Haushaltspolitik zu erhalten, sondern zeigt auch, dass das Ziel des PSPP nicht darin besteht, die Geschäftsbanken in die Lage zu versetzen, die von ihnen gehaltenen riskanten Papiere abzustoßen.

120. Die zweite mittelbare Auswirkung, die das vorlegende Gericht anführt, soll die Verbesserung der Refinanzierungsbedingungen der Mitgliedstaaten sein, die sich Kredite am Kapitalmarkt zu deutlich günstigeren Konditionen verschaffen könnten, als dies ohne das PSPP möglich wäre. Wegen des besonders hohen Volumens des PSPP könne dies dazu führen, dass dieses Programm qualitativ als vorrangig wirtschaftspolitisch einzuordnen sei.

121. Wie der Gerichtshof bereits schlüssig festgestellt hat, beinhaltet die Geldpolitik fortlaufend, dass auf die Zinssätze und die Refinanzierungsbedingungen der Banken eingewirkt wird, was zwangsläufig Konsequenzen für die Finanzierungsbedingungen des Haushaltsdefizits der Mitgliedstaaten hat(93). Das Handeln der EZB darf jedoch nicht der Gewährung einer Finanzhilfe für einen Mitgliedstaat gleichkommen, weil eine solche Maßnahme offenkundig nicht zur Währungspolitik gehört(94).

122. In dieser Hinsicht kann man sich auch anhand einiger der Garantien, die das PSPP im Hinblick auf Art. 123 AEUV legitimieren, davon überzeugen, dass dieses Programm nicht vorrangig wirtschaftspolitische Ziele verfolgt. Abgesehen von den Anforderungen an die Kreditqualität, denen der Ankauf von Staatsanleihen unterliegt(95), halte ich drei Garantien für wesentlich. Erstens sind die Ankäufe von Staatsanleihen im Rahmen des PSPP subsidiär gegenüber den im Rahmen der drei anderen Programme des APP erlaubten Maßnahmen, die alle den Ankauf von Anleihen des privaten Sektors betreffen(96). Zweitens werden die vom PSPP erlaubten Ankäufe nach einem festen, objektiven und von ihrer individuellen wirtschaftlichen Situation unabhängigen Schlüssel auf alle Mitgliedstaaten der Eurozone aufgeteilt. Drittens ist die Verteilung der Risiken auf 20 % der im Rahmen des PSPP getätigten Ankäufe beschränkt. Diese Merkmale, von denen die Durchführung des PSPP abhängig ist und mit denen es eingegrenzt wird, lassen es nicht zu, dieses Programm der Gewährung einer Finanzhilfe für einen Mitgliedstaat gleichzustellen.

123. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich daher der Auffassung, dass die EZB weder bei der Festlegung der Ziele des Programms noch bei der Wahl der einzusetzenden Instrumente einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat. Sie hat auch weder ihre Befugnisse missbraucht(97) noch offensichtlich die Grenzen ihres Ermessens überschritten. Aber auch dann, wenn das PSPP ein währungspolitisches Ziel durch den Einsatz von Instrumenten verfolgt, die zu dieser Politik gehören, müssen die damit verbundenen Maßnahmen im Hinblick auf das angekündigte Ziel verhältnismäßig sein.

b)      Zur Verhältnismäßigkeit des PSPP

124. Aus Art. 119 Abs. 2 AEUV und Art. 127 Abs. 1 AEUV in Verbindung mit Art. 5 Abs. 4 EUV geht hervor, dass ein zur Währungspolitik gehörendes Programm für den Ankauf von Anleihen nur in gültiger Weise beschlossen und durchgeführt werden kann, wenn die von ihm umfassten Maßnahmen in Anbetracht der Ziele dieser Politik verhältnismäßig sind(98).

125. Wie ich in den vorliegenden Schlussanträgen schon mehrfach erwähnt habe, verfügte das ESZB jedoch über ein weites Ermessen, weil es bei der Ausarbeitung und Durchführung eines Programms für Offenmarktgeschäfte wie des PSPP Entscheidungen technischer Natur treffen und komplexe Prognosen und Beurteilungen vornehmen musste(99). In diesem Rahmen „kommt … der Kontrolle der Einhaltung bestimmter verfahrensrechtlicher Garantien wesentliche Bedeutung zu. Zu diesen Garantien gehört die Verpflichtung des ESZB, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen und seine Entscheidungen hinreichend zu begründen.“(100)

1)      Zur Eignung des PSPP, die Ziele des ESZB zu erreichen, und zu seiner Erforderlichkeit

126. Dem vierten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774 zufolge ist das PSPP ein verhältnismäßiges Instrument, um die in Bezug auf die Aussichten für die Preisentwicklung bestehenden Risiken aufzufangen, weil „es eine weitere Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen bewirkt, hierin eingeschlossen jene, die die Finanzierungsbedingungen für private Haushalte und nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften im Euro-Währungsgebiet betreffen. Es fördert damit insgesamt den Konsum und die Investitionsausgaben im Euro-Währungsgebiet und trägt somit dazu bei, dass die Inflationsraten sich mittelfristig wieder einem Niveau von unter, aber nahe 2 % annähern.“ Nach demselben Erwägungsgrund ist die Maßnahme gerechtfertigt, weil es „[i]n einem Umfeld, in dem die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht und die auf Vermögenswerte des privaten Sektors fokussierten Ankaufprogramme messbare, jedoch unzureichende Wirkung gezeigt haben, um den Risiken einer schwindenden Preisstabilität zu begegnen, … erforderlich [ist], die geldpolitischen Maßnahmen des Eurosystems um das PSPP als ein Instrument mit hohem Transmissionspotenzial für die Realwirtschaft zu ergänzen. Dank der Portfolioumschichtungswirkung wird das erhebliche Ankaufvolumen des PSPP dazu beitragen, das zugrunde liegende geldpolitische Ziel zu erreichen, dass die Finanzintermediäre mehr Liquidität am Interbankenmarkt bereitstellen und die Kreditvergabe an die Realwirtschaft im Euro-Währungsgebiet erhöhen.“

127. Die zum Zeitpunkt des Erlasses des Beschlusses 2015/774 bestehende Gefahr einer Deflation ist unbestritten(101). Das deflationäre Umfeld, in das sich das PSPP einfügt, wird zudem im dritten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774 beschrieben. Nach dem Wortlaut dieses Erwägungsgrundes stellt die EZB nämlich fest, dass der Beschluss „angesichts verschiedener Faktoren gefasst [wurde], welche das Abwärtsrisiko in Bezug auf die Aussichten für die mittelfristige Preisentwicklung wesentlich erhöht haben, wodurch das Erreichen des vorrangigen Ziels der EZB, die Preisstabilität zu gewährleisten, gefährdet ist. Zu diesen Faktoren zählen die hinter den Erwartungen zurückgebliebenen geldpolitischen Impulse der umgesetzten geldpolitischen Maßnahmen, ein Rückgang der meisten Indikatoren für die gegenwärtige und erwartete Inflation im Euro-Währungsgebiet – Gesamtinflationsindikatoren und um die Auswirkungen volatiler Komponenten wie Energie und Nahrungsmittel bereinigte Kerninflationsindikatoren – auf historische Tiefstände und die verstärkte Möglichkeit von Zweitrundeneffekten auf die Lohn- und Preissetzung aufgrund des starken Rückgangs der Ölpreise.“

128. Wie das vorlegende Gericht anerkennt, hängt die Inflationsrate aber maßgeblich von dem Ausgabeverhalten privater Haushalte und der Realwirtschaft ab. Insoweit kommt die Erhöhung der Liquidität der Geschäftsbanken und ihrer Kunden als taugliches Zwischenziel auf dem Weg zur Beeinflussung der Preissteigerung in Betracht(102).

129. Die wirtschaftswissenschaftliche Lehre, auf die sich die EZB beruft, bestätigt weitgehend, dass ein Programm zur quantitativen Lockerung wegen seiner erheblichen und nachhaltigen Auswirkungen auf die Wirtschaft geeignet ist, das Ziel der Preisstabilität zu erreichen. Ein umfangreicher Ankauf von Wertpapieren einschließlich Anleihen des öffentlichen Sektors bewirkt nämlich eine Lockerung der monetären und finanziellen Bedingungen, die es Unternehmen und privaten Haushalten ermöglicht, kostengünstigere Finanzierungen zu erhalten. Das hat im Grundsatz zur Folge, die Investitionen und den Verbrauch anzuregen, was dazu beiträgt, die Inflationsrate wieder zu einem Niveau von unter, aber nahe 2 % zurückkehren zu lassen.

130. Wie die EZB in ihren schriftlichen Erklärungen überzeugend darlegt, ist der Beschluss 2015/774 geeignet, sein Ziel durch die Mobilisierung von drei verschiedenen Einflusskanälen zu erreichen: des Signalkanals, des Durationskanals und des Portfolioumschichtungskanals. Zunächst signalisiert das PSPP die Bereitschaft der EZB, deflationären Tendenzen entgegenzutreten, und untermauert hierdurch die Glaubwürdigkeit der Kommunikation über die zukünftige Entwicklung der Leitzinsen. Sodann verringert das PSPP die von den Marktteilnehmern geforderten Terminprämien, die mit der Übernahme von Zinsänderungsrisiken verbunden sind. Schließlich schafft die durch die Angebotsverknappung herbeigeführte Verringerung der Renditen auf Anleihen des öffentlichen Sektors einen Anreiz für private Investoren, ihre Portfolios in andere Marktsegmente umzuschichten, u. a. durch den Kauf von Unternehmensanleihen oder, im Fall von Banken, durch eine verstärkte Kreditvergabe an private Haushalte und Unternehmen.

131. Außerdem war das PSPP erforderlich, weil die EZB andere, ebenso wirksame währungspolitische Maßnahmen bereits ausgeschöpft hatte. Die einzige Wertpapierklasse, die aufgrund ihres bereits vorhandenen Marktvolumens geeignet war, das für das Schließen der Inflationslücke zusätzlich erforderliche Kaufvolumen bereitzustellen, waren Anleihen des öffentlichen Sektors.

132. Diese Merkmale einer Maßnahme zur quantitativen Lockerung und das Umfeld, in das sich der Beschluss 2015/774 einfügt, sind vom Präsidenten der EZB anlässlich seiner Einleitenden Bemerkungen vom 22. Januar 2015 und mehr noch in der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, auf der das PSPP beschlossen wurde, erläutert worden. Die Begründungspflicht, der die EZB unterliegt, ist zwar wichtig; ihre Beachtung ist aber nicht nur anhand des Wortlauts des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontexts und sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln(103). Die Einleitenden Bemerkungen des Präsidenten der EZB und die Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats gehören aber zweifelsfrei zu den Dokumenten, die diesen „Kontext“ darstellen können.

133. Die Einleitenden Bemerkungen des Präsidenten der EZB sind ein erstes sachdienliches Begründungselement. Darin wird nämlich in klarer und verständlicher Sprache erläutert, dass „[d]er heutige geldpolitische Beschluss zu zusätzlichen Ankäufen von Vermögenswerten … getroffen [wurde], um zwei ungünstigen Entwicklungen entgegenzuwirken. Erstens [fällt] die Inflationsdynamik nach wie vor schwächer aus als erwartet. Wenngleich die derzeitige Gesamtinflation weiterhin vor allem auf den starken Rückgang der Ölpreise in den letzten Monaten zurückzuführen ist, hat die Möglichkeit von Zweitrundeneffekten auf die Lohn- und Preissetzung zugenommen, was die mittelfristige Preisentwicklung negativ beeinflussen könnte. Untermauert wird diese Einschätzung durch eine weitere Abnahme marktbasierter Messgrößen der Inflationserwartungen über alle Zeithorizonte sowie die Tatsache, dass die meisten Indikatoren für die gegenwärtige und die erwartete Inflation historische Tiefstände erreicht haben oder sich diesen annähern. Zugleich besteht im Eurogebiet weiterhin eine beträchtliche Unterauslastung [der Produktionskapazitäten], und die Entwicklung der Geldmenge und der Kreditvergabe ist nach wie vor verhalten. Zweitens bewirkten die im Zeitraum Juni bis September 2014 verabschiedeten geldpolitischen Maßnahmen zwar eine deutliche Verbesserung im Hinblick auf die Preise an den Finanzmärkten, auf die quantitativen Ergebnisse traf dies aber nicht zu. Folglich reichte der vorherrschende Grad an geldpolitischer Akkommodierung nicht aus, um angemessen auf erhöhte Risiken einer zu lang anhaltenden Phase niedriger Inflation zu reagieren. Angesichts der Tatsache, dass die Leitzinsen der EZB ihre Untergrenze erreicht haben, war die heutige Verabschiedung weiterer die Bilanz betreffender Maßnahmen angebracht, um unser Ziel der Preisstabilität zu erreichen.“

134. Die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015 ist noch ausführlicher. So wird u. a. der Ausblick auf die Inflationsentwicklung in der Eurozone als „gedämpft“ bezeichnet; die jährliche Teuerungsrate des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) habe im Dezember 2014 bei –0,2 % gelegen. „Ausschlaggebend hierfür [sei] vor allem ein Rückgang der jährlichen Änderungsrate der Energiekomponente, aber auch der Nahrungsmittelkomponente“ gewesen(104). In Punkt 1 („Überblick über die finanziellen, wirtschaftlichen und monetären Entwicklungen sowie die geldpolitischen Optionen“) wird unter der Überschrift „Geldpolitische Erwägungen und Handlungsoptionen“ ausdrücklich die Frage gestellt, ob „die bereits getroffenen geldpolitischen Stimulierungsmaßnahmen noch angemessen seien, um auf mittlere Sicht Teuerungsraten von unter, aber nahe 2 % zu gewährleisten, oder ob ein erweitertes Programm zum Ankauf von Wertpapieren notwendig sei, um das Preisstabilitätsmandat der EZB zu erfüllen“, und zwar vor dem Hintergrund, dass „sich die aus einer zu lange anhaltenden Phase niedriger Inflation resultierenden gesamtwirtschaftlichen Risiken weiter erhöht haben und auch die Gefahr von Zweitrundeneffekten gestiegen ist“(105). Ferner wurde festgestellt, dass das „quantitative“ Element der vom EZB-Rat bislang getroffenen Maßnahmen weit hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückgeblieben sei.

135. In diesem Zusammenhang hat Herr Praet, Mitglied des Direktoriums der EZB, vorgeschlagen, zwei währungspolitische Handlungsoptionen in Betracht zu ziehen, nämlich entweder sofort Maßnahmen zur weiteren geldpolitischen Lockerung zu treffen – für die zwei Varianten ins Spiel gebracht wurden – oder eine abwartende Haltung einzunehmen, wobei „die Risiken des Nichthandelns auf der gegenwärtigen Sitzung gebührend berücksichtigt werden [müssten]; diese könnten höher sein als die Risiken, die sich aus einem Handeln ergäben“(106). Bei dieser Gelegenheit wurde auch die Frage der Risikoteilung und ihrer verschiedenen Möglichkeiten erörtert(107). Sodann wurden von Herrn Cœuré, einem anderen Mitglied des Direktoriums der EZB, die operativen Modalitäten eines möglichen Programms zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors vorgestellt.

136. In der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015 wird eine eingehende Diskussion über die Preisentwicklung wiedergegeben, die zwar nicht auf eine Deflationssituation hindeute, wohl aber auf die Gefahr von Zweitrundeneffekten, die sehr ernst genommen werden müsse. Auf der Grundlage dieser Diskussion wurden die geldpolitischen Beschlüsse gefasst. Die Zusammenfassung gibt ausdrücklich wieder, dass „[e]inige Mitglieder … sich auch für eine weiter abwartende Haltung aus[gesprochen hätten], weil ihrer Ansicht nach die Kosten-Nutzen-Analyse der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht positiv ausfalle“(108). Diese Gesichtspunkte wurden in der Zusammenfassung anschließend näher ausgeführt, ebenso wie die vorgeschlagenen alternativen Lösungen.

137. Allerdings „bestand weitgehende Einigkeit darüber, dass das Förderungspotenzial durch den Erwerb von Unternehmensanleihen angesichts des aktuellen Renditeniveaus von Unternehmensanleihen und der Größe des Marktes für Unternehmensanleihen als recht gering einzuschätzen sei; daher sei der Spielraum für den aktuell benötigten Grad an geldpolitischer Akkommodierung nur begrenzt“(109). Somit gelangte man nach einer offenen und fundierten Diskussion zu dem Ergebnis, dass „Staatsanleihekäufe … das einzig verbliebene Instrument mit ausreichender Wirkung [schienen], um die erforderlichen monetären Anreize zu schaffen, damit das Preisstabilitätsziel der EZB gewährleistet werden könne“(110). Sodann wurden die Risikoteilung, das Volumen des Programms und die technischen Gestaltungsmerkmale des PSPP erörtert und beschlossen.

138. Aus den vorstehenden Ausführungen ist ersichtlich, dass die Erwägungen und Beschlüsse des ESZB klar und unzweideutig entweder unmittelbar aus den Erwägungsgründen des Beschlusses 2015/774 hervorgehen, die in den Einleitenden Bemerkungen des EZB-Präsidenten vom 22. Januar 2015 erläutert wurden, oder aus der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015. Der Beschluss 2015/774 genügt somit den von Art. 296 Abs. 2 AEUV gestellten Anforderungen an die Begründung, weil die Betroffenen in der Lage sind, die Gründe für die getroffene Maßnahme zu erkennen, und der Gerichtshof seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann.

139. Außerdem geht aus diesen Begründungselementen hervor, dass das ESZB alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch untersucht hat und seine Analyse zum Zeitpunkt der Ankündigung des Programms und des Beschlusses 2015/774 keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler erkennen lässt.

2)      Zur Verhältnismäßigkeit des PSPP im engeren Sinne

140. Auch wenn das PSPP geeignet ist, das von ihm verfolgte Ziel der Preisstabilität zu erreichen, darf es nicht offensichtlich über das hinausgehen, was erforderlich ist.

141. Insoweit präzisieren die Erwägungsgründe 5 und 7 des Beschlusses 2015/774 zum einen, dass „[d]as PSPP … verschiedene Sicherungen [umfasst], um zu gewährleisten, dass die geplanten Ankäufe in einem angemessenen Verhältnis zu den Programmzielen stehen und die verbundenen finanziellen Risiken bei der Programmgestaltung ordnungsgemäß berücksichtigt wurden und mittels Risikomanagement begrenzt werden“, und zum anderen, dass „[i]m Hinblick auf den Umfang des PSPP, des ABSPP und des CBPP3 und die hierdurch dem Markt bereitgestellte Liquidität … monatliche Ankäufe in Höhe von insgesamt 60 Mrd. [Euro] geplant [sind]. Die Ankäufe sollen bis Ende September 2016 und in jedem Fall so lange erfolgen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die im Einklang steht mit seinem Ziel, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen.“

142. Zunächst geht der Betrag von 60 Mrd. Euro nicht über das hinaus, was seinerzeit erforderlich war. Aus der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015 geht nämlich hervor, dass ein Programm mit einem Volumen in der „Größenordnung von insgesamt 50 Mrd. [Euro] … in der Zeit von März 2015 bis Ende 2016 … als notwendig erachtet [wurde], um die schwächeren Inflationsaussichten und die geringer als erwartet ausgefallenen geldpolitischen Impulse zu kompensieren“. Jedoch wurde, „[u]m die Wirkung [des PSPP] zu beschleunigen, … mehrheitlich ein gewisses Vorziehen der Maßnahme befürwortet: Das monatliche Ankaufsvolumen sollte auf 60 Mrd. [Euro] erhöht werden, und die Ankäufe würden von März 2015 bis Ende September 2016 getätigt werden, wobei das Gesamtvolumen der beabsichtigten Käufe jedoch im Wesentlichen gleich bliebe.“(111)

143. Sodann waren es die in den Jahren 2015 und 2016 beobachteten ungünstigen Entwicklungen, die die Änderungen des Beschlusses 2015/774, insbesondere hinsichtlich der Dauer und des Umfangs des PSPP, gerechtfertigt haben.

144. So wurde insbesondere am 3. Dezember 2015 – nach einer fundierten Diskussion auf der Grundlage mehrerer Daten, die bestätigten, dass die Anpassung der Inflationsrate an einen näher bei 2 % liegenden Wert länger dauern werde, als im März 2015 erwartet worden war – die Verlängerung des PSPP beschlossen(112). Es steht außer Zweifel, dass eine Abwägung der bestehenden Interessen stattgefunden hat. In der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 2. und 3. Dezember 2015 heißt es nämlich u. a., es sei „auch dargelegt [worden], dass die Risiken geldpolitischer Untätigkeit … deutlich größer seien als die des geldpolitischen Handelns“, aber auch, dass einige Mitglieder des EZB-Rats „die Gründe für die … Rekalibrierung der Geldpolitik auf der gegenwärtigen Sitzung für nicht ausreichend [hielten]“ oder „zu bedenken [gaben], dass man bei der Beurteilung des Handlungsbedarfs auch die Art der noch verbleibenden Instrumente berücksichtigen müsse“, und dass „die Wirksamkeit weiterer geldpolitischer Maßnahmen gegen ihre potenziellen Kosten und Nebenwirkungen abgewogen werden“ müsse. So gab es zwar eine breite Unterstützung für die vorgeschlagene Verlängerung des APP von September 2016 bis März 2017; es bestand jedoch weitgehend Einigkeit darüber, dass die gegenwärtige Situation keine sonstigen Optionen wie eine weiter gehende Verlängerung des Programms oder eine Ausweitung des monatlichen Ankaufvolumens rechtfertige(113).

145. Der Beschluss vom 8. Dezember 2016, das monatliche Ankaufvolumen unter dem APP auf 80 Mrd. Euro zu erhöhen, wurde im Anschluss an eine ähnliche Debatte gefasst, und zwar, nachdem eine weitere Eintrübung der Aussichten für eine nachhaltige Korrektur der Inflation festgestellt worden war, vor allem wegen einer Verschlechterung der außenwirtschaftlichen Bedingungen(114). Wie in der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 9. und 10. März 2016 angegeben – und näher erläutert –, „wurden mit Blick auf die individuellen Komponenten des vorgeschlagenen Pakets unterschiedliche Ansichten zum Ausdruck gebracht“(115). So wurde u. a. von einigen Mitgliedern auf die mit dem Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors einhergehenden Kosten und Risiken hingewiesen(116) und auch die Einführung einer für die Überschussreserven der Banken geltenden Ausnahmeregelung hinsichtlich des Zinssatzes für die Einlagefazilität als nicht gerechtfertigt erachtet(117).

146. Der Beschluss, das APP bis zum Dezember 2017 zu verlängern, geht ebenfalls auf eine gewissenhafte Analyse der Aussichten für die Preisentwicklung zurück. So hat Herr Praet, ohne den Wiederanstieg der Inflation zu verschweigen, den EZB-Rat anlässlich seiner Ausführungen zum internationalen Umfeld und zu den wirtschaftlichen und monetären Entwicklungen in der Eurozone darauf aufmerksam gemacht, dass die Kerninflation noch keinen überzeugenden Aufwärtstrend erkennen lasse. Auf der Grundlage aller der EZB zu diesem Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Parameter hat Herr Praet den Standpunkt vertreten, dass die Verlängerung des Programms für den Ankauf von Vermögenswerten über den Monat März 2017 hinaus gerechtfertigt scheine, weil noch kein ausreichender Fortschritt hin zu einer nachhaltigen Korrektur der Inflationsentwicklung erkennbar sei(118). Dem EZB-Rat wurden sodann zwei Optionen vorgeschlagen, nämlich entweder die Ankäufe im derzeitigen Umfang von monatlich 80 Mrd. Euro weitere sechs Monate fortzusetzen oder das Programm in einem Umfang von monatlich 60 Mrd. Euro um neun Monate zu verlängern. Sowohl Herr Praet als auch Herr Cœuré sprachen sich – nach Erörterung der Fragen, die die Umsetzung der beiden Optionen aufwarf – für die zweite Option aus(119).

147. Diese Optionen waren Gegenstand einer ernsthaften Debatte im EZB-Rat. Aus der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 7. und 8. Dezember 2016 geht nämlich hervor, dass Argumente für einen kürzeren oder längeren Ankaufzeitraum vorgebracht wurden, andere Mitglieder sich aber für keine der vorgeschlagenen Optionen aussprachen(120). Die Fortsetzung der Ankäufe im monatlichen Umfang von 60 Mrd. Euro für einen Zeithorizont von neun Monaten wurde schließlich als die Option angesehen, die „für die richtige Balance zwischen der Aussendung eines Vertrauenssignals und der erforderlichen Wahrung von Stabilität in einem von Unsicherheit geprägten Umfeld sorge, wobei sie auch deutliche Vorteile habe, was die Flexibilität, auf widrige Umstände reagieren zu können, und die Gewährleistung der operationalen Umsetzbarkeit angehe“(121).

148. Die verschiedenen Änderungen des PSPP, insbesondere im Hinblick auf Dauer und Volumen, sind also das Ergebnis einer Abwägung der bestehenden Interessen. Insoweit gewährleistet die Praxis der EZB, Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats, in deren Verlauf das PSPP betreffende Beschlüsse gefasst werden, zu veröffentlichen, eine spezifische und hinreichende Begründung, die den Anforderungen von Art. 296 Abs. 2 AEUV genügt. Da die Verbindlichkeit der monatlichen Ankaufvolumina und die Anwendungsdauer des APP in den Pressemitteilungen der EZB angekündigt wurden und Eingang in die Erwägungsgründe der Beschlüsse der EZB zur Änderung des Beschlusses 2015/774 gefunden haben, können sie für das ESZB allein schon wegen des Grundsatzes der Selbstbindung (patere legem quam ipse fecisti) nicht in Frage gestellt werden. Nach Angaben der EZB haben diese Änderungen zudem zur Änderung von Art. 2 Abs. 2 und Art. 3 der PSPP-Leitlinien geführt, um die Änderungen des monatlichen Ankaufvolumens des APP sowie die Verlängerungen seiner Anwendungsdauer umzusetzen.

149. Über die Bindung der Durchführung des PSPP an das Ziel, auf mittlere Sicht eine Inflationsrate von unter, aber nahe 2 % zu erreichen – wovon seine Dauer, aber auch sein Volumen abhängt –, hinaus wird das potenzielle Ausmaß des PSPP zudem in mehrfacher Weise durch den Beschluss 2015/774 beschränkt.

150. Diese Beschränkungen stehen im Einklang mit einigen der Garantien, die verhindern, dass die auf den Märkten für Staatsanleihen tätigen Wirtschaftsteilnehmer faktisch als Mittelspersonen des ESZB für den unmittelbaren Erwerb der Anleihen von den öffentlich-rechtlichen Körperschaften und Einrichtungen des betreffenden Mitgliedstaats agieren. Ich beschränke mich daher darauf, erneut auf sie hinzuweisen:

–        Erstens ist das PSPP nur eines der vier Teilprogramme des APP, und der Ankauf von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten, den es erlaubt, ist den drei anderen Programmen gegenüber, die den Ankauf von Anleihen des privaten Sektors betreffen, subsidiär(122).

–        Zweitens ergibt sich aus Art. 6 Abs. 2 des Beschlusses 2015/774, dass die Verteilung der erlaubten Ankäufe auf alle Mitgliedstaaten der Eurozone anhand des Schlüssels für die Kapitalzeichnung der EZB gemäß Art. 29 des Protokolls über das ESZB und die EZB erfolgt.

–        Drittens setzt Art. 5 des Beschlusses 2015/774 den Ankäufen von Staatsanleihen an den Sekundärmärkten zwei Grenzen, die zum einen die jeweilige Wertpapieremission und zum anderen den Emittenten betreffen.

151. Die Merkmale des PSPP, wie sie durch den Beschluss 2015/774 festgelegt wurden, lassen daher erkennen, dass das ESZB die verschiedenen bestehenden Interessen in einer Weise gegeneinander abgewogen hat, die verhindert, dass sich bei der Durchführung des fraglichen Programms Nachteile ergeben, die offensichtlich außer Verhältnis zu dessen Zielen stehen.

152. Mein Ergebnis stellt die Kontroversen hinsichtlich der Wirksamkeit des PSPP nicht in Abrede. Wie der Gerichtshof bereits zutreffend hervorgehoben hat, kann jedoch „vom ESZB mit Rücksicht darauf, dass geldpolitische Fragen gewöhnlich umstritten sind und es über ein weites Ermessen verfügt, nicht mehr als der Einsatz seines wirtschaftlichen Sachverstands und der ihm zur Verfügung stehenden notwendigen technischen Mittel verlangt werden …, um diese Analyse mit aller Sorgfalt und Genauigkeit durchzuführen“(123). Die den Beschluss 2015/774 betreffenden Zusammenfassungen der geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats sind aber ein hinreichender Beleg für diese Sorgfalt.

3.      Ergebnis zur dritten und zur vierten Frage

153. Aus alledem folgt, dass die EZB mit dem Erlass des Beschlusses 2015/774 ihr Mandat, wie es in Art. 119 AEUV und in Art. 127 Abs. 1 und 2 AEUV definiert ist, nicht überschritten hat und das PSPP unter Beachtung der in Art. 5 Abs. 2 und 4 EUV niedergelegten Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung und der Verhältnismäßigkeit beschlossen und durchgeführt wurde.

VI.    Ergebnis

154. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die vom Bundesverfassungsgericht zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu antworten:

Die Prüfung des Beschlusses (EU) 2015/774 der Europäischen Zentralbank vom 4. März 2015 über ein Programm zum Ankauf von Wertpapieren des öffentlichen Sektors an den Sekundärmärkten in der durch den Beschluss (EU) 2015/2101 der Europäischen Zentralbank vom 5. November 2015, den Beschluss (EU) 2016/702 der Europäischen Zentralbank vom 18. April 2016, den Beschluss (EU) 2015/2464 der Europäischen Zentralbank vom 16. Dezember 2015 sowie den Beschluss (EU) 2017/100 der Europäischen Zentralbank vom 11. Januar 2017 geänderten Fassung hat nichts ergeben, was seine Gültigkeit beeinträchtigen könnte.


1      Originalsprache: Französisch.


2      ABl. 2015, L 121, S. 20.


3      ABl. 2015, L 303, S. 106.


4      ABl. 2016, L 121, S. 24. Obwohl das vorlegende Gericht dies in seinen Fragen nicht erwähnt, ist der Beschluss 2015/774 auch durch den Beschluss (EU) 2015/2464 der Europäischen Zentralbank vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 344, S. 1) und den Beschluss (EU) 2017/100 der Europäischen Zentralbank vom 11. Januar 2017 (ABl. 2017, L 16, S. 51) geändert worden.


5      ABl. 2012, C 326, S. 230.


6      D. h. das Ankaufprogramm für Asset-Backed Securities („asset-backed securities purchase programme“ oder „ABSPP“) und das dritte Programm zum Ankauf gedeckter Schuldverschreibungen („covered bond purchase programme“ oder „CBPP 3“). Das vierte Teilprogramm, das Programm zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors („corporate sector purchase programme“ oder „CSPP“) wurde am 10. März 2016 beschlossen (vgl. Beschluss [EU] 2016/948 der EZB vom 1. Juni 2016 zur Umsetzung des Programms zum Ankauf von Wertpapieren des Unternehmenssektors [EZB/2016/16], ABl. 2016, L 157, S. 28).


7      Art. 3 Abs. 1 des Beschlusses 2015/774.


8      Art. 3 Abs. 3 des Beschlusses 2015/774.


9      Art. 5 des Beschlusses 2015/774. Die Ankaufobergrenzen für Anleihen internationaler Organisationen und multilateraler Entwicklungsbanken belaufen sich auf 50 %.


10      Art. 3 Abs. 2 des Beschlusses 2015/774. Für Anleihen von Mitgliedstaaten, die einem Finanzhilfeprogramm unterworfen sind, gelten besondere Regelungen.


11      Art. 6 des Beschlusses 2015/774.


12      Vgl. die Einleitenden Bemerkungen des EZB-Präsidenten vom 22. Januar 2015 und die Pressemitteilung der EZB vom selben Tag sowie die Pressemitteilung der EZB vom 10. März 2016 zur Ergänzung des APP durch das CSPP und zu den Änderungen des APP.


13      ABl. 2016, L 169, S. 14.


14      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 14 und 16).


15      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 10. Dezember 2002, British American Tobacco (Investments) und Imperial Tobacco (C‑491/01, EU:C:2002:741, Rn. 40), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 29).


16      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2002, National Farmers’ Union (C‑241/01, EU:C:2002:604, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


17      Urteil vom 17. Juli 1997, SAM Schiffahrt und Stapf (C‑248/95 und C‑249/95, EU:C:1997:377, Rn. 46). Vgl. auch Urteil vom 1. Oktober 2009, Gaz de France – Berliner Investissement (C‑247/08, EU:C:2009:600, Rn. 49).


18      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 102).


19      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 66).


20      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, EU:C:1995:463, Rn. 65), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 28).


21      Urteil vom 6. Oktober 2015, Târşia (C‑-69/14, EU:C:2015:662, Rn. 14). Vgl. auch Urteile vom 26. Februar 2013, Melloni (C‑399/11, EU:C:2013:107, Rn. 29), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 25).


22      Hervorhebung nur hier.


23      Der Standpunkt der EZB zugunsten einer auf 12 % der getätigten Ankäufe begrenzten Verteilung von Verlusten auf nationale Zentralbanken wurde in den Einleitenden Bemerkungen des EZB-Präsidenten vom 22. Januar 2015 angekündigt und in einer Pressemitteilung vom selben Tag veröffentlicht. Diese Verteilung ist später sogar wegen der Entwicklung der Aufschlüsselung der Ankäufe auf 10 % reduziert worden (vgl. die Pressemitteilung der EZB vom 10. März 2016 und die Änderung von Art. 6 des Beschlusses 2015/774 durch Art. 1 des Beschlusses 2016/702).


24      Hervorhebung nur hier.


25      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 95).


26      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 97).


27      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 109).


28      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 102 und 115).


29      Vgl. in diesem Sinne Wilsher, D., „Ready to do Whatever it takes? The legal Mandate of the European Central Bank and the Economic Crisis“, Cambridge Yearbook of European Legal Studies, Bd. 15, 2012-2013, S. 510 bis 536, insbesondere S. 514.


30      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 96).


31      ABl. 1993, L 332, S. 1.


32      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 106).


33      So geht aus der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015 hervor, dass das APP „im März 2015 beginnen und monatliche Ankäufe in Höhe von 60 [Mrd. Euro] beinhalten [soll]. Diese sollen bis Ende September 2016 und in jedem Fall so lange erfolgen, bis der EZB-Rat eine nachhaltige Korrektur der Inflationsentwicklung erkennt, die in Einklang mit seinem Ziel steht, mittelfristig Inflationsraten von unter, aber nahe 2 % zu erreichen“ (S. 21 der deutschen Fassung; vgl. auch die Pressemitteilung der EZB vom 22. Januar 2015). Die späteren Zusammenfassungen bestätigen, dass „der EZB-Rat … willens und in der Lage [ist], bei Bedarf zu handeln und dabei alle im Rahmen seines Mandats zur Verfügung stehenden Instrumente einzusetzen, … [insbesondere] die Flexibilität [der Programme zum Ankauf von Wertpapieren] in Bezug auf das Volumen, die Struktur und die Dauer de[r] Programm[e] zu nutzen“ (Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 2. und 3. September 2015, S. 18 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht (Hervorhebung nur hier). Vgl. auch die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 2. und 3. Dezember 2015, insbesondere S. 18 bis 20 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht, oder auch die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 7. und 8. Dezember 2016, in der zu lesen ist, es sei „nochmals darauf hinzuweisen, dass der EZB-Rat angesichts der herrschenden Unsicherheit die Entwicklung der Aussichten für die Preisstabilität weiterhin genau beobachten und – falls zur Erreichung seines Ziels gerechtfertigt – handeln werde, indem er alle im Rahmen seines Mandats verfügbaren Instrumente nutze“ (S. 16 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht).


34      Art. 2 Abs. 2 der PSPP-Leitlinien.


35      Vorbehaltlich des Ausschlusses Griechenlands wegen der Bonitätsanforderungen. Auf der Grundlage dieser Garantien haben die Zentralbanken des Eurosystems im Rahmen des PSPP keine griechischen Staatsanleihen erworben (vgl. den Beschluss 2016/1041). Zu diesen Bedingungen siehe Nrn. 86 und 87 der vorliegenden Schlussanträge.


36      Ausnahmsweise ist diese Schwelle auf 25 % herabgesetzt (Art. 5 Abs. 1 Buchst. b des Beschlusses 2015/774). Im Übrigen beträgt sie 50 % für Anleihen, die von internationalen Organisationen und multilateralen Entwicklungsbanken begeben wurden (Art. 5 Abs. 1 Buchst. a des Beschlusses 2015/774).


37      Die Obergrenze pro Emittent beträgt 50 % für Emittenten, die internationale Organisationen oder multilaterale Entwicklungsbanken sind (Art. 5 Abs. 2 Buchst. a des Beschlusses 2015/774).


38      Art. 4 Abs. 3 der PSPP-Leitlinien in Verbindung mit Nr. 5 ihres Anhangs.


39      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 106 und 107).


40      Art. 9 der PSPP-Leitlinien in Verbindung mit Nr. 6 ihres Anhangs.


41      Von der EZB im Rahmen des Vorabentscheidungsverfahrens erteilte Information (Rn. 89 der Erklärungen der EZB). Ferner weise ich darauf hin, dass die EZB auch klargestellt hat, dass der tatsächliche Zeitraum zwischen der Ausgabe einer Anleihe am Primärmarkt und ihrem Erwerb an den Sekundärmärkten typischerweise länger sei als durch die Sperrfrist vorgeschrieben. Diese „tatsächliche“ Verlängerung der Sperrfrist verstärkt die Ungewissheit der Wirtschaftsteilnehmer über die Weiterveräußerung der am Primärmarkt erworbenen Anleihen des öffentlichen Sektors und begünstigt die Bildung eines dem Marktpreis entsprechenden Preises.


42      Vgl. die Einleitenden Bemerkungen des EZB-Präsidenten vom 22. Januar 2015 sowie die Pressemitteilung der EZB vom selben Tag. Die Anpassungen des PSPP wurden ebenfalls regelmäßig mitgeteilt (vgl. u. a. die Pressemitteilungen der EZB vom 10. März 2016 zu den geldpolitischen Beschlüssen und zu den vorgenommenen Veränderungen des APP sowie vom 8. Dezember 2016 zu den geldpolitischen Beschlüssen).


43      Vgl. in diesem Sinne u. a. Krishnamurthy, A., und Vissing-Jorgensen, A., „The Effects of Quantitative Easing on Interest Rates: Channels and Implications for Policy“, Brookings Papers on Economic Activity, 2011, S. 215 bis 287; Bauer, M. D., und Rudebusch, G. D., „The Signaling Channel for Federal Reserve Bond Purchases“, International Journal of Central Banking, 2014, S. 233 bis 289.


44      Art. 8 Abs. 1 des Beschlusses 2015/774.


45      Art. 8 Abs. 2 des Beschlusses 2015/774.


46      Rn. 118 dieses Urteils.


47      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 118).


48      Art. 12 Abs. 2 der PSPP-Leitlinien.


49      Rn. 16 der schriftlichen Erklärungen der deutschen Regierung.


50      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 125).


51      Vgl. die Pressemitteilung der EZB vom 19. Januar 2017 zu den Details der APP-Ankäufe von Wertpapieren mit Renditen unterhalb des Zinssatzes der Einlagefazilität.


52      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 96).


53      Vgl. auch Art. 119 Abs. 2 AEUV. Der sechste Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774 bezieht sich ausdrücklich auf den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb.


54      Siehe Nr. 63 der vorliegenden Schlussanträge.


55      Nach Angaben der EZB entfällt darauf ein Achtel des Umlaufvolumens der im Rahmen des PSPP gehaltenen Anleihen.


56      Diese Behauptung ist von mehreren Mitgliedstaaten in ihren Antworten auf die Fragen des Gerichtshofs förmlich bestritten worden. Zudem hat die Deutsche Bundesbank in ihren schriftlichen Antworten auf die Fragen des Gerichtshofs ausgeführt, trotz der im Jahr 2016 am Markt zu beobachtenden Anzeichen für eine Verknappung deutscher Staatsanleihen hätten diese stets in ausreichendem Umfang zur Verfügung gestanden.


57      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2002, National Farmers’ Union (C‑241/01, EU:C:2002:604, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).


58      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 5. Oktober 1994, Crispoltoni u. a. (C‑133/93, C‑300/93 und C‑362/93, EU:C:1994:364, Rn. 43), und vom 12. Juli 2001, Jippes u. a. (C‑189/01, EU:C:2001:420, Rn. 84).


59      Vierter Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774.


60      Vierter Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/774.


61      Vgl. Nrn. 131 bis 142 der genannten Schlussanträge; vgl. auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Coman u. a. (C‑673/16, EU:C:2018:2, Fn. 25).


62      Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Confédération paysanne u. a. (C‑528/16, EU:C:2018:20, Nr. 140).


63      Vgl. Beschluss 2015/2101.


64      Vgl. Beschluss 2015/2464.


65      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des Rates der Europäischen Zentralbank vom 2. und 3. Dezember 2015, S. 18 und 19 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank abrufbar ist.


66      Vgl. in diesem Sinne zum OMT‑Programm Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 117).


67      ABl. 2014, L 240, S. 28.


68      Der Ausschluss der griechischen Anleihen vom PSPP bestätigt die Wirksamkeit dieser Garantie (vgl. Beschluss 2016/1041).


69      Vgl. in diesem Sinne die Erklärung von Herrn Cœuré (Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des Rates der EZB vom 9. und 10. März 2016, S. 8 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht).


70      Entsprechend der Empfehlung der Kommission vom 23. Mai 2018, die Entscheidung 2009/414/EG über das Bestehen eines übermäßigen Defizits in Frankreich aufzuheben (vgl. Beschluss der Kommission COM[2018] 433 final).


71      Es handelt sich um Spanien.


72      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 41).


73      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 53), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 42)


74      Hervorhebung nur hier. Anmerkung nur für die deutsche Fassung der Schlussanträge: Die zitierte Textstelle aus der Rn. 53 des Urteils Pringle ist in der maßgeblichen englischen Sprachfassung weniger apodiktisch formuliert (dort heißt es: „to the objectives, rather than to the instruments“).


75      Hervorhebung nur hier.


76      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 55), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 46).


77      Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 56), und vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 52).


78      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 59).


79      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 66).


80      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 69).


81      So hat die EZB im zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2015/2464 präzisiert, dass „[e]ntsprechend seinem Mandat, die Preisstabilität zu gewährleisten, … der EZB-Rat am 3. Dezember 2015 beschlossen [hat], bestimmte Gestaltungsmerkmale des PSPP zu ändern, um mittelfristig eine nachhaltige Anpassung der Inflationsentwicklung auf ein Niveau von unter, aber nahe 2 % zu erreichen“. Vgl. auch den zweiten Erwägungsgrund des Beschlusses 2016/702 sowie die Erwägungsgründe 3 und 4 des Beschlusses 2017/100. Gemäß einem im Jahr 1998 gefassten Beschluss des EZB-Rats war die Preisstabilität als jährlicher Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex um weniger als 2 % definiert worden. Obwohl er diese Definition bestätigt hat, hat der EZB-Rat am 8. Mai 2003 beschlossen, beim Streben nach Preisstabilität darauf abzuzielen, mittelfristig eine Preissteigerungsrate von nahe 2 % beizubehalten. Damit wollte die EZB zum Schutz gegen Deflationsrisiken für eine ausreichende Sicherheitsmarge sorgen (vgl. Pressemitteilung der EZB vom 8. Mai 2003 zur geldpolitischen Strategie der EZB).


82      Vgl. Pressemitteilung der EZB vom 14. Juni 2018 zu den geldpolitischen Beschlüssen.


83      Vgl. in diesem Sinne Antonin, C., Blot, C., Bayon, S., Péléraux, H., Rifflart, C., u. a., „Banques centrales, dernier rempart contre la déflation: Perspectives économiques 2014-2015 pour l’économie mondiale“, Revue de l’OFCE – Analyse et prévision, 2014, S. 11 bis 51.


84      Zum Zusammenhang zwischen Währungspolitik und einheitlicher Anwendung des PSPP in allen Mitgliedstaaten der Eurozone vgl. Adamski, D., „Economic Constitution of the Euro Area after the Gauweiler Preliminary Ruling“, Common Market Law Review, Bd. 52, 2015, S. 1451 bis 1490, insbesondere S. 1488, Fn. 122. Im Rahmen der Rechtssache, in der das Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400), ergangen ist, hat der Gerichtshof festgestellt, dass die alleinige Tatsache, dass sich das OMT‑Programm spezifisch auf Staatsanleihen bestimmter Mitgliedstaaten beschränkt, als solche nicht bedeuten kann, dass die vom ESZB verwendeten Instrumente nicht zur Währungspolitik gehören (Rn. 55). Dies gilt erst recht, wenn es an einer solchen Selektivität fehlt.


85      Vgl. Rn. 117 des Vorabentscheidungsersuchens.


86      Vgl. in diesem Sinne Martucci, F., „La Cour de justice face à la politique monétaire en temps de crise de dettes souveraines: l’arrêt Gauweiler entre droit et marché“, Cahiers de droit européen, 2015, S. 493 bis 534, insbesondere S. 513 und 514. Der Autor spricht von einer „Durchlässigkeit“ zwischen den Zuständigkeitsbereichen auf dem Gebiet der Währungspolitik einerseits und auf dem der Wirtschaftspolitik andererseits.


87      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 56 bis 59).


88      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 68). Hervorhebung nur hier.


89      Vgl. in diesem Sinne zur Kontrolle der Tätigkeit des Unionsgesetzgebers auf wirtschaftlichem Gebiet Urteil vom 11. Januar 2017, Spanien/Rat (C‑128/15, EU:C:2017:3, Rn. 46), oder auf wissenschaftlichem Gebiet Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 150).


90      Urteil vom 21. Juni 2018, Polen/Parlament und Rat (C‑5/16, EU:C:2018:483, Rn. 150). Vgl. in diesem Sinne auch Urteile vom 22. November 2001, Niederlande/Rat (C‑301/97, EU:C:2001:621, Rn. 135), und vom 8. Juli 2010, Afton Chemical (C‑343/09, EU:C:2010:419, Rn. 28).


91      Vgl. in diesem Sinne Martucci, F., „La Cour de justice face à la politique monétaire en temps de crise de dettes souveraines: l’arrêt Gauweiler entre droit et marché“, Cahiers de droit européen, 2015, S. 493 bis 534, insbesondere S. 509; Classen, C. D., „Funktionsadäquate checks and balances statt richterliche Vollkontrolle unter demokratischem Vorwand“, Europarecht, 2015, Bd. 4, S. 477 bis 486; Herrmann, C., und Dornacher, C., „Grünes Licht vom EuGH für EZB-Staatsanleihenkäufe – ein Lob der Sachlichkeit!“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 2015, S. 579 bis 583, sowie Hinarejos, A., „Gauweiler and the Outright Monetary Transactions Programme: The Mandate of the European Central Bank and the Changing Nature of Economic and Monetary Union“, European Constitutional Law Review, Bd. 11, 2015, S. 563-576, insbesondere S. 575. Einige dieser Autoren stützen sich auch auf die notwendige Unabhängigkeit der EZB, um den beschränkten Umfang der vom Gerichtshof vorzunehmenden Kontrolle zu rechtfertigen.


92      Vgl. hierzu Halberstam, D., „Constitutional Heterarchy: The Centrality of Conflict in the European Union and the United States“, inDunoff, J., und Trachtman, J. (Hrsg.), Ruling the World? Constitutional, International Law and Global Government, Cambridge University Press, 2009, S. 326 bis 355. Vgl. auch zu einer Anwendung der Theorie von D. Halberstam auf die von der Union gefassten Beschlüsse zur Bekämpfung der Finanzkrise Fabbrini, F., „The Euro-Crisis and the Courts: Judicial Review and the Political Process in Comparative Perspective“, Berkeley Journal of International Law, Bd. 32:1, 2014, S. 64 bis 123, insbesondere S. 116 ff.


93      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 110).


94      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. November 2012, Pringle (C‑370/12, EU:C:2012:756, Rn. 57).


95      Zu dieser Voraussetzung siehe Nrn. 86 und 87 der vorliegenden Schlussanträge.


96      Art. 2 Abs. 2 der PSPP-Leitlinien.


97      Ich weise darauf hin, dass eine Rechtshandlung ermessensmissbräuchlich ist, „wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie ausschließlich oder zumindest vorwiegend zu anderen als den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erlassen worden ist, ein Verfahren zu umgehen, das der Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen“ (Urteil vom 22. November 2001, Niederlande/Rat, C‑301/97, EU:C:2001:621, Rn. 153).


98      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 66).


99      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 68).


100      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 69).


101      Vgl. u. a. Antonin, C., Blot, C., Bayon, S., Péléraux, H., Rifflart, C., u. a., „Banques centrales, dernier rempart contre la déflation: Perspectives économiques, 2014-2015 pour l’économie mondiale“, Revue de OFCE – Analyse et prévision, 2014, S. 11 bis 51.


102      Vgl. Rn. 117 des Vorabentscheidungsersuchens.


103      Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 70).


104      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 5 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


105      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 7 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


106      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 8 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


107      Vgl. Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 9 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


108      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 16 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


109      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 17 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


110      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 18 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


111      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 21. und 22. Januar 2015, S. 19 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht. In ihren schriftlichen Erklärungen präzisiert die EZB, sich auf eine Vielzahl von ökonometrischen Modellen gestützt zu haben, um die Kaufvolumina zu schätzen, die ungefähr erforderlich wären, um die angestrebte Inflationsrate zu erreichen (vgl. Rn. 22 dieser Erklärungen).


112      Vgl. hierzu die Darlegungen von Herrn Praet und die Diskussion im EZB-Rat zu diesem Punkt in der Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 2. und 3. Dezember 2015, insbesondere S. 6, 15 und 16 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


113      Vgl. die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 2. und 3. Dezember 2015, insbesondere S. 15, 16 und 18 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht


114      Insbesondere die niedrigen Energiepreise und die Entwicklung des Wechselkurses. Vgl. die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 9. und 10. März 2016, insbesondere S. 7, 12, 20 und 21 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


115      Insbesondere S. 16 der deutschen Fassung dieser Zusammenfassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


116      Vgl. die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 9. und 10. März 2016, insbesondere S. 17 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


117      Vgl. die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 9. und 10. März 2016, insbesondere S. 20 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


118      Zur Berücksichtigung der erzielten Fortschritte und ihrer Unzulänglichkeit vgl. auch die Diskussion im EZB-Rat (Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 7. und 8. Dezember 2016, insbesondere S. 6 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht).


119      Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 7. und 8. Dezember 2016, insbesondere S. 7 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


120      Insbesondere S. 14 und 15 der deutschen Fassung dieser Zusammenfassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


121      Vgl. die Zusammenfassung der geldpolitischen Sitzung des EZB-Rats vom 7. und 8. Dezember 2016, insbesondere S. 13 der deutschen Fassung, die auf der Website der Deutschen Bundesbank zur Verfügung steht.


122      Art. 2 Abs. 2 der PSPP-Leitlinien.


123      Urteil vom 16. Juni 2015, Gauweiler u. a. (C‑62/14, EU:C:2015:400, Rn. 75).