Language of document : ECLI:EU:C:2019:557

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Vierte Kammer)

3. Juli 2019(*)

„Rechtsmittel – Unionsmarke – Verfallsverfahren – Wortmarke Boswelan – Ernsthafte Benutzung – Fehlen – Benutzung der Marke im Rahmen einer klinischen Studie vor Beantragung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Arzneimittels – Berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung – Begriff“

In der Rechtssache C‑668/17 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 28. November 2017,

Viridis Pharmaceutical Ltd mit Sitz in Tortola, Britische Jungferninseln (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Spintig, S. Pietzcker und M. Prasse,

Rechtsmittelführerin,

andere Parteien des Verfahrens:

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch S. Hanne als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,


Hecht-Pharma GmbH mit Sitz in Hollnseth (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt J. Sachs und Rechtsanwältin C. Sachs,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin) sowie der Richter D. Šváby, S. Rodin und N. Piçarra,

Generalanwalt: M. Szpunar,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Januar 2019

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Viridis Pharmaceutical Ltd (im Folgenden: Viridis) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 15. September 2017, Viridis Pharmaceutical/EUIPO – Hecht-Pharma (Boswelan) (T‑276/16, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:611) (im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Fünften Beschwerdekammer des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) vom 29. Februar 2016 (Sache R 2837/2014–5) zu einem Verfallsverfahren zwischen der Hecht-Pharma GmbH und Viridis (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

2        Das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (im Folgenden: TRIPS-Übereinkommen), das den Anhang 1 C des Übereinkommens von Marrakesch zur Errichtung der Welthandelsorganisation bildet, wurde mit dem Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. 1994, L 336, S. 1) genehmigt. Es nennt in Art. 19 Abs. 1 das Erfordernis der Benutzung der eingetragenen Marke mit folgenden Worten:

„Wird für die Aufrechterhaltung einer Eintragung die Benutzung einer Fabrik- oder Handelsmarke verlangt, so darf die Eintragung erst gelöscht werden, wenn die Marke für einen ununterbrochenen Zeitraum von mindestens drei Jahren nicht benutzt wurde, es sei denn, der Markeninhaber bringt triftige Gründe vor, die darauf beruhen, dass der Benutzung Hindernisse entgegenstanden. Umstände, die unabhängig vom Willen des Markeninhabers eintreten und ein Hindernis für die Benutzung der Marke darstellen, wie etwa Einfuhrbeschränkungen oder sonstige staatliche Vorschriften für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen, werden als triftige Gründe für die Nichtbenutzung anerkannt.“

 Unionsrecht

3        Die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die [Unionsmarke] (ABl. 2009, L 78, S. 1) wurde durch die am 23. März 2016 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2015/2424 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 (ABl. 2015, L 341, S. 21) geändert. Später wurde sie durch die Verordnung (EU) 2017/1001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2017 über die Unionsmarke (ABl. 2017, L 154, S. 1) mit Wirkung vom 1. Oktober 2017 aufgehoben und ersetzt. Dennoch gelten angesichts des Zeitpunkts der Erhebung der fraglichen Verfallsklage, hier der 18. November 2013, der für die Bestimmung des anwendbaren materiellen Rechts maßgeblich ist, für den vorliegenden Rechtsstreit die materiell-rechtlichen Vorschriften der Verordnung Nr. 207/2009.

4        Der zehnte Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 207/2009 lautet:

„Der Schutz der [Unionsmarke] sowie jeder eingetragenen älteren Marke, die ihr entgegensteht, ist nur insoweit berechtigt, als diese Marken tatsächlich benutzt werden.“

5        Art. 15 („Benutzung der [Unionsmarke]“) Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

„Hat der Inhaber die [Unionsmarke] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, innerhalb von fünf Jahren, gerechnet von der Eintragung an, nicht ernsthaft in der [Union] benutzt, oder hat er eine solche Benutzung während eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren ausgesetzt, so unterliegt die [Unionsmarke] den in dieser Verordnung vorgesehenen Sanktionen, es sei denn, dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.

Folgendes gilt ebenfalls als Benutzung im Sinne des Unterabsatzes 1:

a)      die Benutzung der [Unionsmarke] in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird;

…“

6        In Art. 51 („Verfallsgründe“) Abs. 1 der Verordnung heißt es:

„Die [Unionsmarke] wird auf Antrag beim [EUIPO] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für verfallen erklärt,

a)      wenn die Marke innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren in der [Union] für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, nicht ernsthaft benutzt worden ist und keine berechtigten Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen; der Verfall der Rechte des Inhabers kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage die Benutzung der Marke ernsthaft begonnen oder wieder aufgenommen worden ist; wird die Benutzung jedoch innerhalb eines nicht vor Ablauf des ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren der Nichtbenutzung beginnenden Zeitraums von drei Monaten vor Antragstellung oder vor Erhebung der Widerklage begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber Kenntnis davon erhalten hat, dass der Antrag gestellt oder die Widerklage erhoben werden könnte;

…“

7        Der 24. Erwägungsgrund sowie Art. 18 und Art. 58 der Verordnung 2017/1001 entsprechen dem zehnten Erwägungsgrund sowie Art. 15 bzw. Art. 51 der Verordnung Nr. 207/2009.

8        Der 25. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001, der in der Verordnung Nr. 207/2009 keine Entsprechung findet, hat folgenden Wortlaut:

„Aus Gründen der Billigkeit und Rechtssicherheit sollte die Benutzung einer Unionsmarke in einer Form, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abweicht, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke beeinflusst wird, ausreichend sein, um die Rechte aus der Marke zu wahren, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch eingetragen ist.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

9        Die Vorgeschichte des Rechtsstreits und der wesentliche Inhalt des streitigen Beschlusses, wie er in den Rn. 1 bis 11 des angefochtenen Urteils dargestellt ist, lassen sich für die Zwecke des vorliegenden Verfahrens wie folgt zusammenfassen.

10      Am 30. September 2003 meldete die Pharmasan GmbH Freiburg, deren Rechtsnachfolgerin Viridis ist, beim EUIPO das Wortzeichen „Boswelan“ als Unionsmarke für „pharmazeutische Erzeugnisse sowie Präparate für die Gesundheitspflege“ der Klasse 5 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung an.

11      Die Anmeldung wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr. 31/2004 vom 2. August 2004 veröffentlicht. Am 24. April 2007 wurde die Marke (im Folgenden: angegriffene Marke) eingetragen.

12      Am 18. November 2013 stellte die Hecht-Pharma GmbH einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der Marke für alle eingetragenen Waren gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, da die Marke nicht ernsthaft benutzt worden sei.

13      Mit Entscheidung vom 26. September 2014 erklärte die Löschungsabteilung des EUIPO die Marke von Viridis hinsichtlich aller eingetragenen Waren für verfallen.

14      Am 6. November 2014 legte Viridis gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung bei der Beschwerdekammer des EUIPO eine Beschwerde nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 ein.

15      Mit der streitigen Entscheidung wies die Fünfte Beschwerdekammer des EUIPO (im Folgenden: Beschwerdekammer) die Beschwerde zurück.

16      Die Beschwerdekammer führte erstens aus, die von Viridis eingereichten Unterlagen seien nicht zum Nachweis dafür geeignet, dass die angefochtene Marke in der Union innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls für die mit ihr gekennzeichneten Waren ernsthaft benutzt worden sei. Diese Unterlagen bezögen sich nämlich auf rein interne und eine klinische Studie betreffende Handlungen. Diese hätten weit vor der Vermarktung des Produkts gelegen und außerhalb des Wettbewerbs stattgefunden. Es handele sich nicht um nach außen gerichtete und im Zusammenhang mit der Vermarktung oder Bewerbung der fraglichen Ware stehende Handlungen. Sie stellten auch weder eine direkte Vorbereitungshandlung dar noch eine Handlung, die zu einer unmittelbar bevorstehenden Markteinführung beitrage.

17      Zweitens sah die Beschwerdekammer unter Rückgriff insbesondere auf die Definition des Begriffs des berechtigten Grundes im TRIPS-Übereinkommen im vorliegenden Fall in der Durchführung einer klinischen Studie allein keinen vom Willen von Viridis unabhängigen Grund, der die Nichtbenutzung der angegriffenen Marke rechtfertigen würde. Die Dauer einer klinischen Studie hänge nämlich von den finanziellen Mitteln ab, die der Markeninhaber einsetzen wolle, wobei dieser Umstand nicht zu den von seinem Willen unabhängigen Hindernissen zähle. Erst ab dem Zeitpunkt des förmlichen Antrags auf Genehmigung für das Inverkehrbringen könne angenommen werden, dass die Verantwortung für die Dauer des Verfahrens einer externen Behörde übertragen worden sei. Vor der Stellung eines solchen förmlichen Antrags erscheine der Schutz, den die Verordnung Nr. 207/2009 Unionsmarken gewähre, nicht notwendig. Entscheide sich ein Pharmaunternehmen gleichwohl dafür, eine Unionsmarke viele Jahre vor der Stellung eines solchen Antrags anzumelden, fielen Verzögerungen bei der klinischen Studie in seinen Verantwortungsbereich.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

18      Mit am 30. Mai 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangener Klageschrift erhob Viridis Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung, soweit die Beschwerdekammer mit dieser ihre Beschwerde gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung zurückgewiesen hatte, mit der ihre Rechte in Bezug auf Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose für verfallen erklärt wurden.

19      Viridis stützte ihre Klage auf drei Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügte sie einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009. Die Beschwerdekammer habe zu Unrecht die vorgebrachten Tatsachen und Beweise nicht als ausreichenden Nachweis für eine ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke in Bezug auf Arzneimittel zur Behandlung von Multipler Sklerose angesehen. Mit dem zweiten Klagegrund rügte sie einen Verstoß gegen dieselbe Bestimmung, der darin bestehe, dass die Beschwerdekammer die vorgebrachten Tatsachen und Beweise zu Unrecht nicht als hinreichenden Nachweis für das Vorliegen eines berechtigten Grundes für die Nichtbenutzung der Marke in Bezug auf die betreffenden Arzneimittel gewertet habe. Mit dem dritten Klagegrund machte sie einen Verstoß gegen Art. 83 der Verordnung Nr. 207/2009 und insbesondere den Grundsatz des Vertrauensschutzes geltend.

20      Das Gericht hat unter Zurückweisung aller Klagegründe die Klage insgesamt abgewiesen.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

21      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt Viridis,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben,

–        die Sache an das Gericht zurückzuverweisen und

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen oder, hilfsweise, die Kostenentscheidung vorzubehalten.

22      Das EUIPO beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        Viridis die Kosten aufzuerlegen.

23      Hecht-Pharma beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        Viridis die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

24      Viridis stützt ihr Rechtsmittel auf zwei Gründe, mit denen sie jeweils Verstöße gegen Art. 58 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung 2017/1001 rügt: erstens, weil das Gericht das Fehlen der ernsthaften Benutzung der angefochtenen Marke zu Unrecht festgestellt habe, und zweitens, weil das Gericht das Vorliegen eines berechtigten Grundes für die Nichtbenutzung der Marke zu Unrecht verneint habe.

 Vorbemerkungen

25      Zum einen ist darauf hinzuweisen, dass Viridis und Hecht-Pharma in ihren Schriftsätzen auf die Bestimmungen der Verordnung 2017/1001 Bezug nehmen. Da jedoch, wie aus den Rn. 3 und 7 des vorliegenden Urteils hervorgeht, für die vorliegende Rechtssache die Verordnung Nr. 207/2009 gilt und die Art. 18 und 58 der Verordnung 2017/1001 den Art. 15 und 51 der Verordnung Nr. 207/2009 entsprechen, sind die von den Parteien auf die erstgenannten Artikel vorgenommenen Bezugnahmen als Bezugnahmen auf die zweitgenannten Artikel zu verstehen.

26      Zum anderen werden, wie der Generalanwalt in den Nrn. 32 und 33 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, mit den beiden, im Wesentlichen Verstöße gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 betreffenden Rechtsmittelgründen Rechtsfragen hinsichtlich der Auslegung der Begriffe „ernsthafte Benutzung“ und „berechtigter Grund für die Nichtbenutzung“ im Sinne der Verordnung Nr. 207/2009 aufgeworfen. Entgegen dem Vorbringen von Hecht-Pharma sind diese Rechtsmittelgründe, mit denen keine neue Beurteilung des Sachverhalts und der Umstände des Einzelfalls angestrebt wird, folglich zulässig.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

27      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt Viridis im Wesentlichen, das Gericht habe gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem es bei der Beurteilung der ernsthaften Benutzung der angegriffenen Marke zwei Rechtsfehler begangen habe.

28      Als Erstes beanstandet Viridis Rn. 36 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht den Rechtssatz aufgestellt habe, dass eine Marke, mit der ein Arzneimittel gekennzeichnet wird, nur ernsthaft benutzt werden könne, wenn die Genehmigung für das Inverkehrbringen des Arzneimittels (im Folgenden: Zulassung) erteilt worden sei.

29      Nach Auffassung von Viridis wird dieser Rechtssatz auf eine enge Auslegung des Begriffs „ernsthafte Benutzung“ gestützt, die nicht gerechtfertigt sei, da die im vorliegenden Fall vom Gericht geprüften Benutzungshandlungen nicht rechtswidrig seien.

30      Ferner verstoße diese Auslegung gegen die Rechtsprechung des Gerichtshofs und des Gerichts, nach der die ernsthafte Benutzung einer Einzelfallbeurteilung unterliege. Auch eine geringfügige Benutzung und ein Verkauf an nur einen einzigen Kunden könnten als ausreichend angesehen werden, wenn diese Handlungen geschäftlich gerechtfertigt seien. Eine Benutzung nach außen bedeute nicht, dass sie notwendigerweise auf den Endverbraucher gerichtet sein müsse.

31      Daraus folge, dass die ernsthafte Benutzung nicht deswegen ausgeschlossen sei, weil die fragliche Ware gegenüber der Öffentlichkeit weder vermarktet noch beworben werden kann.

32      Vielmehr sei die Interessenlage der pharmazeutischen Industrie zu berücksichtigen und davon auszugehen, dass legale Handlungen der Markenverwendung wie die, die Viridis anlässlich der fraglichen klinischen Studie vorgenommen habe, ernsthafte Benutzungshandlungen darstellen können, wenn sie im Rahmen der Einzelfallbetrachtung ausreichend erschienen. Die in Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmte fünfjährige Frist sei nämlich für die Besonderheiten der pharmazeutischen Industrie sowie im Hinblick auf den kleinen Abnehmerkreis und die beschränkte Anzahl von Teilnehmern an klinischen Studien unzureichend.

33      Als Zweites beanstandet Viridis die Feststellung des Gerichts in Rn. 39 Satz 1 des angefochtenen Urteils, wonach die Benutzung der angegriffenen Marke im Rahmen einer klinischen Studie gegenüber Dritten weder einer Markteinführung noch einer direkten Vorbereitungshandlung gleichgestellt werden könne, da sie eine Benutzung interner Natur sei.

34      Das Gericht habe mit seiner Feststellung, dass die Benutzung einer Marke im Rahmen einer klinischen Studie eine interne Benutzung darstelle, wobei es ausgeschlossen habe, dass dies eine ernsthafte Benutzung darstellen kann, gegen die Rechtsprechung verstoßen, wonach eine ernsthafte Benutzung vorliegen könne, sobald die Vermarktung in Vorbereitung sei und unmittelbar bevorstehe. Nach dieser Rechtsprechung könne eine Benutzung auch dann als ernsthaft angesehen werden, wenn sie nur eine unbedeutende Anzahl von Adressaten betreffe.

35      Viridis fügt hinzu, dass die Verpflichtung zur Benutzung einer eingetragenen Marke kein Selbstzweck sei und das Benutzungserfordernis bezwecke, das Markenregister von unbenutzten Marken freizuhalten. Bei der Auslegung des Begriffs „Benutzung“ sei eine gewisse Großzügigkeit angezeigt, was sich daraus entnehmen lasse, dass Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 und der 25. Erwägungsgrund der Verordnung 2017/1001 die Benutzung einer Marke in einer Form, die von der eingetragenen Form abweicht, zuließen.

36      Das EUIPO und, hilfsweise, Hecht-Pharma halten den ersten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

37      Mit ihrem ersten Klagegrund macht Viridis geltend, dass das Gericht die ernsthafte Benutzung der angefochtenen Marke rechtsfehlerhaft beurteilt habe. Es habe nämlich zu Unrecht zum einen in Rn. 36 des angefochtenen Urteils den Rechtssatz aufgestellt, dass die Benutzung im Hinblick auf ein Arzneimittel nur rechtserhaltend sein könne, wenn dieses eine Zulassung erhalten habe, und zum anderen in Rn. 39 des Urteils ausgeschlossen, dass eine Benutzung der Marke im Rahmen einer klinischen Studie eine ernsthafte Benutzung darstellen könne.

38      Nach ständiger Rechtsprechung wird eine Marke ernsthaft benutzt im Sinne von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren oder Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen (Urteile vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43, und vom 8. Juni 2017, W. F. Gözze Frottierweberei und Gözze, C‑689/15, EU:C:2017:434, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).

39      Eine ernsthafte Benutzung der Marke setzt somit voraus, dass diese auf dem Markt der durch sie geschützten Waren oder Dienstleistungen und nicht nur innerhalb des betreffenden Unternehmens benutzt wird. Die Benutzung der Marke muss sich auf Waren und Dienstleistungen beziehen, die bereits vertrieben werden oder deren Vertrieb von dem Unternehmen zur Gewinnung von Kunden insbesondere im Rahmen von Werbekampagnen vorbereitet wird und unmittelbar bevorsteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 37).

40      Hingegen ist die Anbringung einer Marke auf Waren, die nicht mit dem Ziel vertrieben werden, auf den Markt der von der Markeneintragung erfassten Waren vorzudringen, nicht als ernsthafte Benutzung der Marke anzusehen, da eine solche Anbringung weder dazu beiträgt, einen Absatzmarkt für die Waren zu schaffen, noch dazu, sie im Interesse des Verbrauchers von Waren zu unterscheiden, die von anderen Unternehmen stammen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 15. Januar 2009, Silberquelle, C‑495/07, EU:C:2009:10, Rn. 21).

41      Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (Urteile vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43, und vom 31. Januar 2019, Pandalis/EUIPO, C‑194/17 P, EU:C:2019:80, Rn. 83).

42      Nach den Ausführungen des Gerichts in Rn. 36 des angefochtenen Urteils ließ sich im vorliegenden Fall den in dessen Rn. 35 erwähnten Unterlagen, die Viridis vor dem EUIPO vorgelegt habe, um die ernsthafte Benutzung der angegriffenen Marke zu belegen, entnehmen, dass Viridis unter dem Gesichtspunkt der Einreichung eines Antrags auf Zulassung vorbereitende Maßnahmen getroffen hatte, nämlich die Durchführung einer klinischen Studie einschließlich bestimmter Maßnahmen, denen bezogen auf diese Studie werblicher Charakter zukomme.

43      Das Gericht hat in Rn. 36 seines Urteils allerdings darauf hingewiesen, dass „ausschließlich die Erlangung einer Zulassung von den zuständigen Behörden geeignet [war], eine öffentliche und nach außen gerichtete Benutzung der … Marke zu garantieren“, da arzneimittelrechtliche Regelungen die Werbung für noch nicht zugelassene Arzneimittel und somit jegliche Kommunikationsmaßnahme, die auf Erschließung oder Sicherung eines Marktanteils gerichtet sei, verböten.

44      Das Gericht hat in den Rn. 37 und 38 des angefochtenen Urteils hinzugefügt, dass zwar eine ernsthafte Benutzung einer Marke auch vor irgendeiner Vermarktung der mit ihr bezeichneten Waren vorliegen könne, doch gelte dies nur dann, wenn der Vertrieb unmittelbar bevorstehe. Im vorliegenden Fall habe Viridis jedoch nicht dargetan, dass der Vertrieb eines mit der angegriffenen Marke bezeichneten Arzneimittels zur Behandlung der Multiplen Sklerose unmittelbar bevorgestanden hätte, da sie keine Beweismittel vorgelegt habe, aufgrund deren hätte festgestellt werden können, dass die Studie vor einem baldigen erfolgreichen Abschluss stand.

45      Schließlich hat das Gericht in der Auseinandersetzung mit bestimmten Argumenten von Viridis in Rn. 39 des angefochtenen Urteils die konkreten Umstände der Benutzung der angegriffenen Marke im Rahmen der fraglichen klinischen Studie gewürdigt und im Wesentlichen entschieden, dass diese Benutzung eine interne Benutzung darstelle, für die nicht belegt sei, dass ihr Umfang in der Arzneimittelbranche bedeutend gewesen wäre.

46      Als Erstes ergibt sich aus den vom Gericht im angefochtenen Urteil dargelegten Erwägungen, dass es im Einklang mit der in den Rn. 38 bis 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung den Sachverhalt und die Gesamtumstände der vorliegenden Rechtssache konkret gewürdigt hat, um zu bestimmen, ob die von Viridis geltend gemachten Benutzungshandlungen geeignet waren, eine Benutzung der angegriffenen Marke entsprechend ihrer Funktion als Hinweis auf die Herkunft der von ihr erfassten Waren und ihrem geschäftlichen Sinn und Zweck, nämlich, für die Waren, für die sie eingetragen ist, einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, widerzuspiegeln.

47      Im Hinblick auf das Vorbringen von Viridis, wonach das Gericht in Rn. 36 des angefochtenen Urteils den Rechtssatz aufgestellt habe, dass eine ernsthafte Benutzung einer für ein Arzneimittel eingetragenen Marke nur dann vorliegen könne, wenn für dieses eine Zulassung erteilt worden sei, ist Folgendes festzustellen. Das Gericht hat sich im Rahmen seiner konkreten Würdigung darauf beschränkt, auf die Folgen seiner Feststellung hinzuweisen, wonach gemäß den anwendbaren Vorschriften ein noch nicht zugelassenes Arzneimittel nicht einmal Gegenstand einer Werbung sein kann, die auf die Erschließung oder Sicherung eines Marktanteils gerichtet sei. Somit ist es entgegen dem, was die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung verlangt, nicht möglich, eine Marke, die ein derartiges Arzneimittel bezeichnet, auf dem betreffenden Markt zu nutzen.

48      Hinzu kommt, dass der Umstand, unterstellt man ihn als zutreffend, dass die von Viridis geltend gemachten Benutzungshandlungen den anwendbaren Rechtsvorschriften entsprechen – wie sie vorbringt –, nicht ausreicht, um die Ernsthaftigkeit der Benutzung gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 zu belegen, da diese konkret unter Berücksichtigung des Sachverhalts und der Gesamtumstände des betreffenden Einzelfalls zu beurteilen ist und nicht ausschließlich von der Rechtsnatur der Benutzungshandlungen abhängt. Vorliegend handelte es sich nicht um eine Benutzung auf dem Markt der von der angegriffenen Marke geschützten Waren.

49      Soweit Viridis als Argument anführt, dass die Fünfjahresfrist gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 für die Arzneimittelbranche nicht ausreiche, ist in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Generalanwalts in Nr. 45 seiner Schlussanträge darauf hinzuweisen, dass diese Frist unabhängig vom Wirtschaftszweig gilt, zu dem die Waren oder Dienstleistungen gehören, für die die fragliche Marke eingetragen wurde. Dieses Argument geht somit ins Leere.

50      Als Zweites hat das Gericht in Rn. 39 des angefochtenen Urteils, auf die in Rn. 45 des vorliegenden Urteils Bezug genommen wird, in Beantwortung eines bestimmten Vorbringens von Viridis festgestellt, dass die Benutzung der angegriffenen Marke im Rahmen einer klinischen Studie weder einer Markteinführung noch einer direkten Vorbereitungshandlung gleichgestellt werden könne, sondern als Benutzung interner Natur anzusehen sei, da sie außerhalb des Wettbewerbs in einem engen Teilnehmerkreis und ohne das Ziel, Marktanteile zu erschließen oder zu sichern, stattgefunden habe.

51      Hiermit hat das Gericht nicht gegen die in Rn. 39 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung, auf die sich Viridis beruft, verstoßen, wonach eine ernsthafte Benutzung einer Unionsmarke auch dann vorliegen kann, wenn die gekennzeichneten Waren noch nicht vertrieben werden. Vielmehr hat das Gericht in Rn. 37 des angefochtenen Urteils zu Recht darauf hingewiesen, dass eine ernsthafte Benutzung nur unter der Voraussetzung festgestellt werden könne, dass der Vertrieb der fraglichen Waren unmittelbar bevorstehe, und in den Rn. 38 und 39 hat es festgestellt, dass Viridis den Nachweis nicht erbracht habe, dass dies im vorliegenden Fall zutreffe.

52      Insbesondere hat das Gericht in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Ernsthaftigkeit der Benutzung geprüft, indem es untersucht hat, ob die vorgebrachte Benutzung der angegriffenen Marke gegenüber Dritten erfolgte und ob deren Umfang im Hinblick auf die Unwägbarkeiten der Arzneimittelbranche groß genug war.

53      Im Hinblick auf die in den Rn. 38 bis 41 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung ist, wie der Generalanwalt in den Nrn. 57, 59 und 61 bis 63 seiner Schlussanträge im Wesentlichen erläutert hat, nämlich Folgendes festzustellen. Da die ernsthafte Benutzung einer Unionsmarke durch in einem Stadium vor der Vermarktung der bezeichneten Waren oder Dienstleistungen angesiedelte Benutzungshandlungen nur dann belegt werden kann, wenn die Vermarktung unmittelbar bevorsteht, müssen die Benutzungshandlungen, mit denen eine solche ernsthafte Benutzung nachgewiesen werden kann, externer Art sein und Wirkungen für die zukünftigen Adressaten dieser Waren oder Dienstleistungen entfalten, und zwar selbst in einer solchen der Vermarktung vorgelagerten Phase.

54      Schließlich kann entgegen dem Vorbringen von Viridis aus Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 nicht hergeleitet werden, dass der Begriff „ernsthafte Benutzung“ großzügiger auszulegen wäre.

55      Nach dieser Bestimmung gilt nämlich die Benutzung der Marke in einer Form, die von der eingetragenen Form abweicht, als Benutzung im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009, sofern die Unterscheidungskraft der Marke in der eingetragenen Form nicht verändert worden ist (Urteil vom 11. Oktober 2017, EUIPO/Cactus, C‑501/15 P, EU:C:2017:750, Rn. 65).

56      Somit soll es Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, der keine strikte Übereinstimmung zwischen der im Handelsverkehr benutzten und der eingetragenen Form der Marke vorschreibt, deren Inhaber erlauben, im Rahmen der geschäftlichen Nutzung des Zeichens Veränderungen daran vorzunehmen, die es erlauben, die Marke, ohne ihre Unterscheidungskraft zu beeinflussen, den Anforderungen der Vermarktung und der Förderung des Absatzes der betreffenden Waren oder Dienstleistungen besser anzupassen (Urteil vom 11. Oktober 2017, EUIPO/Cactus, C‑501/15 P, EU:C:2017:750, Rn. 66).

57      Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 gestattet zwar eine gewisse Flexibilität bei der Art der Benutzung einer Unionsmarke, doch bleibt diese Bestimmung ohne Auswirkung auf die Beurteilung der Ernsthaftigkeit der Benutzung, die nach den Kriterien vorzunehmen ist, die von der in den Rn. 38 bis 41 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung festgelegt worden sind.

58      Daraus folgt, dass der erste Rechtsmittelgrund als teilweise ins Leere gehend und teilweise unbegründet zurückzuweisen ist.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

59      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund beanstandet Viridis im Wesentlichen, das Gericht habe gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem es das Vorliegen berechtigter Gründe für die Nichtbenutzung der angegriffenen Marke verneint habe.

60      Im Wesentlichen habe ihr das Gericht bei der Prüfung der Rechtfertigung für die Nichtbenutzung vorgeworfen, die angegriffene Marke verfrüht eingetragen zu haben. Somit habe es eine Rechtfertigung der Nichtbenutzung der Marke für die Fallkonstellation der Benutzung der Marke im Kontext einer klinischen Studie zur Vorbereitung eines arzneimittelrechtlichen Zulassungsantrags ausgeschlossen, wenn der diese Studie betreffende Zulassungsantrag erst viel später nach der Eintragung der Marke beantragt werde oder die eingesetzten finanziellen Mittel nicht ausreichten, um die klinische Studie schnellstmöglich abzuschließen.

61      Als Erstes habe das Gericht jedoch der Fünfjahresfrist gemäß Art. 15 Abs. 1 Unterabs. 1 und Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ihren Sinn genommen, indem es den Zeitablauf betont habe. Eine Marke für Arzneimittel, bei der die Frist fast oder bereits abgelaufen sei, werde nämlich faktisch unbenutzbar, da nur die Stellung eines Antrags auf Zulassung geeignet wäre, die Nichtbenutzung zu rechtfertigen. Die Dreimonatsfrist gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 sei insoweit unzureichend, da sie es nicht gestatte, eine klinische Studie abzuschließen.

62      Als Zweites führe, da die aufgewandten Finanzmittel berücksichtigt würden, die Auffassung des Gerichts dazu, dass finanzstarke Unternehmen es leichter hätten, markenrechtlich in adäquater Weise für ihre Investitionen geschützt zu werden, als dies bei finanzschwächeren Unternehmen der Fall sei. Jedenfalls könne das Gericht nicht die abstrakte Annahme postulieren, dass mit einem Mehr an Investitionen die in Rede stehende klinische Studie schneller hätte durchgeführt werden können.

63      Das EUIPO und, hilfsweise, Hecht-Pharma halten den zweiten Rechtsmittelgrund für unbegründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

64      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft Viridis dem Gericht im Wesentlichen vor, gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen zu haben, indem es ausgeschlossen habe, dass die Durchführung einer klinischen Studie als berechtigter Grund für die Nichtbenutzung der angegriffenen Marke dienen könne.

65      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 unter den in dieser Bestimmung genannten Voraussetzungen berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung dem Verfall einer Unionsmarke wegen fehlender Benutzung entgegenstehen können.

66      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs können allein die Hindernisse, die einen ausreichend unmittelbaren Zusammenhang mit der Marke aufweisen, ihre Benutzung unmöglich oder unzumutbar machen und vom Willen des Markeninhabers unabhängig sind, als „berechtigte Gründe“ für die Nichtbenutzung angesehen werden. Es ist jeweils im konkreten Fall zu prüfen, ob eine Änderung der Unternehmensstrategie zur Umgehung des jeweiligen Hindernisses die Benutzung der Marke unzumutbar macht (Urteile vom 14. Juni 2007, Häupl, C‑246/05, EU:C:2007:340, Rn. 54, und vom 17. März 2016, Naazneen Investments/HABM, C‑252/15 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2016:178, Rn. 96).

67      Ferner nennt Art. 19 Abs. 1 des TRIPS-Übereinkommens, dem die Union als Vertragspartei angehört und den der Gerichtshof in der in der vorstehenden Randnummer wiedergegebenen Rechtsprechung berücksichtigt hat, unter den Beispielen für triftige Gründe für die Nichtbenutzung einer Marke staatliche Auflagen für mit der Marke gekennzeichnete Waren oder Dienstleistungen.

68      Vorliegend hat das Gericht in Anwendung dieser Rechtsprechung, die es im Wesentlichen in Rn. 53 des angefochtenen Urteils angeführt hat, in dessen Rn. 61 festgestellt, dass, auch wenn die Durchführung einer klinischen Studie einen Grund für die Nichtbenutzung einer Marke darstellen könne, die im vorliegenden Fall von Viridis angeführten und vom Gericht in den Rn. 55 bis 60 des Urteils gewürdigten Handlungen und Ereignisse in ihrem Einfluss- und Verantwortungsbereich gelegen hätten, so dass sie nicht als von ihrem Willen unabhängige Hindernisse angesehen werden könnten.

69      Insbesondere ergibt sich aus den Rn. 55 bis 60 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen, dass erstens das Gericht festgestellt hat, dass Viridis nicht aufgrund einer Rechtspflicht, sondern aufgrund ihrer eigenen Entscheidung die streitige Marke bereits im Jahr 2003 angemeldet habe, obwohl eine beträchtliche Unsicherheit sowohl über den Zeitpunkt als auch über die Möglichkeit eines Vertriebs des mit dieser Marke bezeichneten Produkts bestanden habe, da es sich im Verfahrensstadium der klinischen Studie befunden habe. Zweitens hat das Gericht die Tatsache berücksichtigt, dass die Schwierigkeiten, die im Lauf der fraglichen klinischen Studie aufgetreten sein sollen, deren Abschlusstermin im Übrigen ungewiss geblieben sei, im Hinblick auf die Besonderheiten der betreffenden Branche auf eine unzureichende Investition seitens Viridis hinwiesen. Drittens sei der Antrag auf eine klinische Studie über drei Jahre nach der Eintragung der angegriffenen Marke gestellt worden.

70      Entgegen der von Viridis im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels vertretenen Auffassung hat das Gericht somit keineswegs ausgeschlossen, dass eine klinische Studie ein berechtigter Grund für die Nichtbenutzung einer Marke sein kann. Es hat im Gegenteil die in Rn. 66 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung des Gerichtshofs angewandt, indem es die ihm vorgetragenen Umstände konkret gewürdigt hat.

71      Gleichfalls ohne Rechtsfehler hat das Gericht festgestellt, dass der Zeitablauf zwischen einerseits den Zeitpunkten der Anmeldung und der Eintragung der angegriffenen Marke sowie andererseits dem Beginn der klinischen Studie sowie deren Dauer und die finanziellen Mittel, die zu ihrer schnellen Durchführung bewilligt worden seien, grundsätzlich im Verantwortungsbereich der Markeninhaberin lagen und somit nicht als von ihrem Willen unabhängige Hindernisse eingestuft werden konnten.

72      Im Übrigen läuft der vom Gericht verfolgte Ansatz entgegen der Ansicht von Viridis nicht darauf hinaus, der Fünfjahresfrist gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 ihren Sinn zu nehmen. Dass es diese Frist gibt, bedeutet nicht, dass der betreffende Markeninhaber der Verpflichtung enthoben wäre, rechtzeitig alle notwendigen Vorbereitungen abzuschließen, um die Marke ernsthaft benutzen zu können, sobald die Frist abgelaufen ist.

73      Im Licht des zehnten Erwägungsgrundes der Verordnung Nr. 207/2009 wird nämlich deutlich, dass es der Systematik von Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung widerspräche, wenn man den Begriff „berechtigte … Gründe für die Nichtbenutzung“ zu weit auslegte (vgl. entsprechend Urteil vom 14. Juni 2007, Häupl, C‑246/05, EU:C:2007:340, Rn. 51).

74      Nach alledem ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet und somit das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

75      Nach Art. 184 Abs. 2 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

76      Da das EUIPO und Hecht-Pharma die Verurteilung von Viridis beantragt haben und diese mit ihrem Rechtsmittel unterlegen ist, sind ihr außer ihren eigenen Kosten die Kosten des EUIPO und von Hecht-Pharma aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Vierte Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Viridis Pharmaceutical Ltd trägt ihre eigenen Kosten sowie die Kosten des Amtes der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und derHecht-Pharma GmbH.

Vilaras

Jürimäe

Šváby

Rodin

 

Piçarra

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. Juli 2019.

Der Kanzler

 

Der Präsident der Vierten Kammer

A. Calot Escobar

 

M. Vilaras


*      Verfahrenssprache: Deutsch.