Language of document : ECLI:EU:C:2013:65

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

JULIANE KOKOTT

vom 7. Februar 2013(1)

Rechtssache C‑476/11

HK Danmark, handelnd für Glennie Kristensen

gegen

Experian A/S

(Vorabentscheidungsersuchen des Vestre Landsret [Dänemark])

„Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf – Richtlinie 2000/78/EG – Verbot der Diskriminierung wegen des Alters – Betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit – Arbeitgeberbeiträge zur betrieblichen Altersvorsorge – Festbeitragssystem – Staffelung der Beitragshöhe nach dem Alter – Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie – Reichweite der Ausnahme“





I –    Einleitung

1.        Darf ein Unternehmen die Höhe der Arbeitgeberbeiträge zur betrieblichen Rentenversicherung nach dem Alter seiner Mitarbeiter staffeln, oder handelt es sich dabei um eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters? Um diese Frage geht es im Vorabentscheidungsersuchen des Vestre Landsret, das dem Gerichtshof Gelegenheit gibt, seine Rechtsprechung zur Altersdiskriminierung weiter zu präzisieren.(2)

2.        Konkret möchte das Vestre Landsret wissen, ob ein betriebliches Altersvorsorgesystem, das eine Staffelung der Beitragshöhe nach dem Alter vorsieht, von Art. 6 Abs. 2 der Gleichbehandlungsrichtlinie(3) 2000/78/EG gedeckt ist. Der Gerichtshof ist erstmalig aufgerufen, diese Vorschrift auszulegen.(4)

II – Rechtlicher Rahmen

A –    Unionsrecht

3.        Der unionsrechtliche Rahmen dieses Falls wird durch die Richtlinie 2000/78 bestimmt. Zweck dieser Richtlinie ist ausweislich ihres Art. 1

„die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten“.

4.        Art. 2 der Richtlinie 2000/78 bestimmt unter der Überschrift „Der Begriff ‚Diskriminierung‘“ Folgendes:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe geben darf.

(2)      Im Sinne des Absatzes 1

a)      liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person wegen eines der in Artikel 1 genannten Gründe in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

…“

5.        Der Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78 wird in ihrem Art. 3 festgelegt:

„(1)      Im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten gilt diese Richtlinie für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf

c)      die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts;

(3)      Diese Richtlinie gilt nicht für Leistungen jeder Art seitens der staatlichen Systeme oder der damit gleichgestellten Systeme einschließlich der staatlichen Systeme der sozialen Sicherheit oder des sozialen Schutzes.

…“

6.        Art. 6 der Richtlinie 2000/78, der die „[g]erechtfertigte Ungleichbehandlung wegen des Alters“ regelt, lautet:

„(1)      Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters keine Diskriminierung darstellen, sofern sie objektiv und angemessen sind und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, gerechtfertigt sind und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind.

Derartige Ungleichbehandlungen können insbesondere Folgendes einschließen:

a)      die Festlegung besonderer Bedingungen für den Zugang zur Beschäftigung und zur beruflichen Bildung sowie besonderer Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Bedingungen für Entlassung und Entlohnung, um die berufliche Eingliederung von Jugendlichen, älteren Arbeitnehmern und Personen mit Fürsorgepflichten zu fördern oder ihren Schutz sicherzustellen;

b)      die Festlegung von Mindestanforderungen an das Alter, die Berufserfahrung oder das Dienstalter für den Zugang zur Beschäftigung oder für bestimmte mit der Beschäftigung verbundene Vorteile;

(2)      Ungeachtet des Artikels 2 Absatz 2 können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft oder den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität einschließlich der Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen bzw. Kategorien von Beschäftigten und die Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellt, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt.“

B –    Nationales Recht

7.        Die Richtlinie 2000/78 wurde in Dänemark durch das Lov om forbud mod forskelsbehandling på arbejdsmarkedet m.v. (Forskelsbehandlingslov, im Folgenden: Gleichbehandlungsgesetz)(5) umgesetzt.

8.        § 1 des Gleichbehandlungsgesetzes enthält eine dem Art. 2 der Richtlinie entsprechende Definition des Begriffs Diskriminierung. § 2 Abs. 1 regelt das Verbot der Diskriminierung von Arbeitnehmern u. a. im Bezug auf die Einstellung, die Kündigung und das Gehalt. Abs. 3 enthält für den Fall der Diskriminierung beim Gehalt eine Anspruchsgrundlage für die Zahlung eines Ausgleichsbetrags.

9.        § 6a des Gleichbehandlungsgesetzes dient der Umsetzung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78. Er lautet wie folgt:

„Ungeachtet der §§2 bis 5 steht dieses Gesetz der Festsetzung von Altersgrenzen für den Zugang zu betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit oder der Verwendung im Rahmen dieser Systeme von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen nicht entgegen. Die Anwendung von Alterskriterien darf nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führen.“

III – Sachverhalt und Vorlagefragen

10.      Frau Kristensen war von November 2007 bis Oktober 2008 bei Experian A/S (im Folgenden: Experian) als Mitarbeiterin im Kundenservice angestellt.

11.      Experian verfügt über ein betriebliches Rentenversicherungssystem. Eine gesetzliche oder tarifvertragliche Verpflichtung dazu, eine betriebliche Altersvorsorge anzubieten, besteht für Experian nicht. Das System basiert vielmehr allein auf dem jeweiligen Arbeitsvertrag zwischen Experian und seinen Mitarbeitern. Die Mitgliedschaft in der betrieblichen Altersvorsorge ist für alle Mitarbeiter bei Experian verpflichtend und beginnt automatisch nach neunmonatiger Betriebszugehörigkeit. Das System sieht vor, dass Experian zwei Drittel des Beitrags einzahlt, der jeweilige Arbeitnehmer das verbleibende Drittel. Die Höhe der Beiträge wird durch einen Prozentsatz des Grundgehalts bestimmt und ist wie folgt gestaffelt:

–        Mitarbeiter unter 35 Jahre: Mitarbeiteranteil 3 % – Anteil von Experian 6 %;

–        Mitarbeiter von 35 bis 45 Jahre: Mitarbeiteranteil 4 % – Anteil von Experian 8 %;

–        Mitarbeiter über 45 Jahre: Mitarbeiteranteil 5 % – Anteil von Experian 10 %.

12.      Frau Kristensen war zum Zeitpunkt des Beginns ihres Arbeitsverhältnisses 29 Jahre alt. Deshalb zahlte Experian, wie im Arbeitsvertrag vorgesehen, 6 % ihres Grundgehalts an die betriebliche Rentenversicherung. Frau Kristensens monatliche Bezüge bestanden somit aus dem vereinbarten Grundgehalt in Höhe von 21 500,00 DKK, zuzüglich dem vom Arbeitgeber gezahlten Rentenversicherungsbeitrag in Höhe von 6 %, so dass sich ihr Gehalt auf insgesamt 22 790,00 DKK pro Monat belief. Wäre Frau Kristensen zwischen 35 und 45 Jahre alt gewesen, hätte sie aufgrund des dann höheren Arbeitgeberbeitrags zur Rentenversicherung stattdessen 23 220,00 DKK pro Monat erhalten, wäre sie über 45 Jahre alt gewesen hätte sie 23 650,00 DKK monatlich erhalten.

13.      Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der Handels- og Kontorfunktionærernes Forbund Danmark (HK)(6), handelnd für Frau Kristensen, sieht darin einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach § 2 des Gleichbehandlungsgesetzes und klagt auf Schadensersatz und Nachzahlung der Rentenversicherungsbeiträge.

14.      Nach Auffassung des vorlegenden Gerichts stellt sich die Frage, ob die von Experian vorgeschlagene Auslegung, nach der altersabgestufte Versicherungsbeiträge gemäß § 6a des Gleichbehandlungsgesetzes zulässig sind, mit Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie vereinbar ist.

15.      Das Vestre Landsret hat deshalb das Verfahren mit Beschluss vom 14. September 2011, eingegangen bei der Kanzlei des Gerichtshofs am 19. September 2011, ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Ist die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit generell vom Verbot der direkten oder indirekten Diskriminierung wegen des Alters nach Art. 2 der Richtlinie ausnehmen dürfen, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt?

2.      Ist die Ausnahme nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 dahin auszulegen, dass es einem Mitgliedstaat nicht verwehrt ist, eine Rechtslage aufrechtzuerhalten, nach der ein Arbeitgeber als Teil des Entgelts altersabgestufte Rentenversicherungsbeiträge zahlen kann, indem er z. B. einen Rentenversicherungsbeitrag von 6 % für Mitarbeiter unter 35 Jahren zahlt, von 8 % für Mitarbeiter von 35 bis 44 Jahren und von 10 % für Mitarbeiter über 45 Jahre, solange dies nicht zu Diskriminierungen wegen des Geschlechts führt?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

16.      Im Verfahren vor dem Gerichtshof haben neben HK und Experian die dänische Regierung und die Europäische Kommission schriftliche und mündliche Erklärungen abgegeben. Am schriftlichen Verfahren haben sich außerdem die belgische, die deutsche, die niederländische und die spanische Regierung beteiligt.

V –    Rechtliche Würdigung

 Zur ersten Vorlagefrage

17.      Hinsichtlich der ersten Vorlagefrage des Vestre Landsret bezweifle ich, wie auch die Kommission, die Entscheidungserheblichkeit der Frage für den Ausgang des Rechtsstreits. Ob das konkrete Rentenversicherungssystem von der Richtlinie gedeckt ist, ergibt sich nämlich bereits aus der Antwort des Gerichtshofs auf die zweite Vorlagefrage, so dass eine darüber hinausgehende Auslegung von Art. 6 Abs. 2 für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits nicht erforderlich ist. Die erste Vorlagefrage beantworte ich deshalb nicht.

 Zur zweiten Vorlagefrage

18.      Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das Vestre Landsret wissen, ob die Richtlinie es einem Mitgliedstaat gestattet, eine Rechtslage aufrechtzuerhalten, nach der ein Arbeitgeber im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge eine Staffelung der Beitragshöhe nach dem Alter vorsehen kann.

19.      Die Richtlinie 2000/78 verbietet grundsätzlich Diskriminierungen in Beschäftigung und Beruf, gestattet es den Mitgliedstaaten aber in Art. 6, für gewisse Fälle vorzusehen, dass bestimmte Maßnahmen keine Diskriminierung wegen des Alters darstellen. Dänemark hat von dieser Ermächtigung jedenfalls hinsichtlich des Art. 6 Abs. 2 Gebrauch gemacht, und die Vorschrift mittels § 6a des Gleichbehandlungsgesetzes ins nationale Recht übernommen. Aus dem Vorabentscheidungsersuchen ergibt sich, dass das dänische Arbeitsministerium § 6a des Gleichbehandlungsgesetzes so auslegt, dass ein betriebliches Altersvorsorgesystem, wie das von Experian, darunter fällt und deshalb zulässig ist.

20.      Fraglich ist daher, ob diese Auslegung mit Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie vereinbar ist. Im Kern ist also zu prüfen, ob ein Rentenversicherungssystem wie das von Experian praktizierte unter Art. 6 Abs. 2 subsumiert werden kann.

1.      Anwendbarkeit der Richtlinie

21.      Zunächst ist die Anwendbarkeit der Richtlinie zu prüfen. Nach Art. 3 Abs. 1 Buchst. c gilt die Richtlinie „im Rahmen der auf die Gemeinschaft übertragenen Zuständigkeiten … für alle Personen in öffentlichen und privaten Bereichen, einschließlich öffentlicher Stellen, in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, einschließlich der Entlassungsbedingungen und des Arbeitsentgelts“.

22.      Ihr Geltungsbereich erstreckt sich im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 in Verbindung mit dem 13. Erwägungsgrund jedoch weder auf die Sozialversicherungs- und Sozialschutzsysteme, deren Leistungen nicht einem Arbeitsentgelt im Sinne von Art. 157 AEUV gleichgestellt werden können, noch auf Vergütungen jeder Art seitens des Staates, die den Zugang zu einer Beschäftigung oder die Aufrechterhaltung eines Beschäftigungsverhältnisses zum Ziel haben(7).

23.      Wie auch die Kommission und die belgische Regierung ausführen, ist für die Anwendbarkeit der Richtlinie im konkreten Fall daher maßgeblich, ob die Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung einem Arbeitsentgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV gleichgestellt werden können(8). Dies ist meines Erachtens der Fall.

24.      Unter „Entgelt“ im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV sind nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs „alle gegenwärtigen oder künftigen in bar oder in Sachleistungen gewährten Vergütungen“ zu verstehen, „vorausgesetzt, dass sie der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wenigstens mittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses gewährt“(9). Wie zuletzt Generalanwalt Jääskinen in seinen Schlussanträgen in der Rechtssache Römer(10) ausgeführt hat, vertritt der Gerichtshof somit ein weites Verständnis des Begriffs Entgelt, der insbesondere alle Arten von Vorsorgebezügen einschließt.

25.      Für betriebliche Rentenzahlungen hat der Gerichtshof dementsprechend bereits entschieden, dass sie als Arbeitsentgelt anzusehen sind(11). Der vorliegende Fall betrifft zwar anders als die Rechtssache Barber(12) und die anderen eben zitierten Rechtssachen(13) nicht die Auszahlung der Rente an einen Arbeitnehmer im Ruhestand, sondern die laufenden Beitragszahlungen des Arbeitgebers zum Rentenversicherungssystem. Bei den Zahlungen von Experian geht es somit nicht um feststehende Leistungen an einen Arbeitnehmer (sogenannte Festleistungssysteme) sondern um feststehende Beiträge in die Rentenversicherung (sogenannte Festbeitragssysteme). Auch diese Beitragszahlungen sind jedoch als Arbeitsentgelt anzusehen.

26.      Zum einen handelt es sich bei den Beiträgen um eine gegenwärtige laufende Vergütung, da sie für jeden Mitarbeiter bei Experian ab neunmonatiger Betriebszugehörigkeit monatlich überwiesen werden. Zum anderen ergibt sich die Verpflichtung zur Zahlung allein aus dem Arbeitsvertrag, und die Beitragszahlung erfolgt ausschließlich für Mitarbeiter von Experian.(14) Sie wird somit unmittelbar aufgrund des Dienstverhältnisses und als Gegenleistung für die Tätigkeit bei Experian gewährt. Zwar erfolgt die Zahlung nicht direkt an den Arbeitnehmer selbst, sondern auf sein persönliches Rentenversicherungskonto. Auf Nachfrage des Gerichtshofs hat Experian jedoch in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass jeder Arbeitnehmer selbst über sein Rentenkonto verfügt und selbst, zusammen mit seinem Rentenberater, entscheidet, wie er den angesparten Betrag investiert, um später Rente zu beziehen. Folglich ist die Beitragszahlung Entgelt im Sinne von Art. 157 Abs. 2 AEUV(15).

2.      Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie

27.      Wie sich aus ihrem Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 ergibt, verbietet die Richtlinie sowohl eine unmittelbare als auch eine mittelbare Diskriminierung wegen des Alters in Beschäftigung und Beruf, wobei unter Diskriminierung jede ungerechtfertigte Ungleichbehandlung zu verstehen ist(16).

28.      Eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters liegt nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 1 der Richtlinie dann vor, wenn eine Person wegen des Alters in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde; die zugrunde liegende Ungleichbehandlung knüpft also direkt an das Alter an.

29.      Das Gehalt der Mitarbeiter von Experian setzt sich, wie das vorlegende Gericht ausführt, aus dem jeweiligen Grundgehalt und dem altersgestaffelten Rentenversicherungsbeitrag zusammen. Da Frau Kristensen während ihrer Tätigkeit bei Experian jünger als 35 Jahre war, betrug der Arbeitgeberbeitrag, den Experian für sie an die Rentenversicherung überwiesen hat, 6 % ihres Grundgehalts. Ihre monatlichen Gesamtbezüge (Grundgehalt + 6 % Arbeitgeberbeitrag) waren somit niedriger als die Bezüge, die ein älterer Mitarbeiter erhalten hätte (Grundgehalt + 8 % Arbeitgeberbeitrag für Mitarbeiter über 35 Jahre und Grundgehalt + 10 % Arbeitgeberbeitrag für Mitarbeiter über 45 Jahre). Die niedrigere Höhe der Bezüge, und damit die weniger günstige Behandlung, knüpft direkt an das Alter an. Das betriebliche Rentenversicherungssystem von Experian führt deshalb zu einer unmittelbaren Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a in Verbindung mit Art. 1 der Richtlinie 2000/78.

3.      Rechtfertigung der Ungleichbehandlung

30.      Die Staffelung der Rentenversicherungsbeiträge stellt jedoch dann keine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters dar, wenn die Ungleichbehandlung gerechtfertigt ist.

a)      Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie

31.      Experian vertritt die Ansicht, das Rentenversicherungssystem falle unter Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie und sei deshalb gerechtfertigt. HK nimmt den entgegengesetzten Standpunkt ein. HK macht auch geltend, Art. 6 Abs. 2 wäre auf den vorliegenden Fall schon gar nicht anwendbar.

i)      Zur Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie

32.      Art. 6 Abs. 2 enthält eine Regelung für altersbezogene Ungleichbehandlungen im Rahmen betrieblicher Systeme der sozialen Sicherheit. HK bestreitet die Anwendbarkeit auf den vorliegenden Fall mit dem Argument, es handle sich nicht um eine Diskriminierung im Rahmen eines solchen Systems, sondern um eine Diskriminierung zu einem früheren Zeitpunkt, nämlich zum Zeitpunkt der Zahlung von Entgelt. Experian könne sich daher nicht auf Art. 6 Abs. 2 berufen. Dies überzeugt mich jedoch nicht.

33.      Die Zahlung von Experian erfolgt als Beitrag zur betrieblichen Altersvorsorge auf das Rentenversicherungskonto des jeweiligen Arbeitnehmers. Es handelt sich somit ohne Zweifel um eine Leistung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge. Diese Zahlung ist, wie bereits oben erörtert(17), als Entgelt im Sinne des Art. 157 Abs. 2 AEUV anzusehen, was Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Richtlinie ist.

34.      Wenn man nun aber wie HK argumentierte, dass Art. 6 Abs. 2 immer dann nicht anwendbar ist, wenn es sich bei den Leistungen im Rahmen eines betrieblichen Systems der sozialen Sicherheit um Entgelt handelt, würde Art. 6 Abs. 2 vollkommen leerlaufen. Eine Bejahung der Anwendbarkeit der Richtlinie auf betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit hätte dann nämlich immer automatisch den Ausschluss der Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 zur Folge. Die Tatsache, dass die Richtlinie für ihre Anwendbarkeit auf solche Systeme eine Gleichstellung der konkreten Leistung des Arbeitgebers mit einem Entgelt verlangt und gleichzeitig eine Ausnahmevorschrift für betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit enthält, zeigt, dass die Argumentation von HK fehlgeht und die Entgelteigenschaft einer Zahlung nicht automatisch zum Ausschluss der Anwendbarkeit von Art. 6 Abs. 2 führen kann.

35.      Es handelt sich bei den Arbeitgeberbeiträgen deshalb um eine Leistung im Rahmen von betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit, so dass Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie anwendbar ist.

ii)    Voraussetzungen von Art. 6 Abs. 2

36.      Damit stellt sich die Frage, ob das konkrete betriebliche Altersvorsorgesystem von der Vorschrift gedeckt ist. Art. 6 Abs. 2 enthält drei Varianten,(18) im Rahmen deren die Verwendung von Alterskriterien zulässig ist, nämlich erstens die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft in einem betrieblichen System der sozialen Sicherheit(19), zweitens die Festsetzung von Altersgrenzen für den Bezug von Altersrente oder von Leistungen bei Invalidität und drittens die Verwendung von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen.

–       Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft

37.      Die erste Variante von Art. 6 Abs. 2 gestattet die Festsetzung von Alterskriterien als Voraussetzung für die Mitgliedschaft in betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit. Die Ungleichbehandlung bei der Beitragshöhe aufgrund des Alters der Arbeitnehmer wäre also dann gerechtfertigt, wenn es sich bei der Altersstaffelung um eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft im Rentenversicherungssystem von Experian handelt.

38.      Bei der Auslegung von Art. 6 Abs. 2 ist zu berücksichtigen, dass die Richtlinie 2000/78 den Grundsatz der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, der seinen Ursprung in verschiedenen völkerrechtlichen Verträgen und den gemeinsamen Verfassungstraditionen der Mitgliedstaaten hat, nicht selbst begründet, sondern lediglich einen allgemeinen Rahmen zur Bekämpfung verschiedener Formen der Diskriminierung in diesen Bereichen, u. a. wegen des Alters, schaffen soll.(20) Der Gerichtshof hat das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters als Ausdruck dieses allgemeinen Grundsatzes des Unionsrechts anerkannt(21). Die Richtlinie 2000/78 konkretisiert diesen Grundsatz lediglich(22). Zudem sind nach Art. 6 Abs. 1 EUV die Charta der Grundrechte der Europäischen Union und die Verträge rechtlich gleichrangig. Art. 21 Abs. 1 der Charta verbietet „Diskriminierungen insbesondere wegen … des Alters“. Aus diesem Grund müssen Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot grundsätzlich eng ausgelegt werden(23).

39.      HK und die spanische Regierung sind deshalb der Meinung, das Rentenversicherungssystem von Experian sei nicht von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie gedeckt. Sie argumentieren, die Altersstaffelung betreffe nicht die „Voraussetzung“ der Mitgliedschaft. Da jeder Mitarbeiter automatisch nach neunmonatiger Betriebszugehörigkeit an der betrieblichen Altersvorsorge teilnehme, sei das „ob“ der Mitgliedschaft altersunabhängig geregelt. Bei der Altersstaffelung handle es sich vielmehr um eine Ungleichbehandlung hinsichtlich der Ausgestaltung der Mitgliedschaft, also hinsichtlich des „wie“ der Mitgliedschaft, die nicht von Art. 6 Abs. 2 umfasst sei.

40.      Dennoch bin ich wie Experian, die deutsche, die belgische und die niederländische Regierung sowie die Kommission der Ansicht, dass Art. 6 Abs. 2 auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Zwar müssen Ausnahmen vom Diskriminierungsverbot, wie HK und Spanien zu Recht geltend machen, eng ausgelegt werden(24). Das Gebot der engen Auslegung steht aber solchen Maßnahmen nicht entgegen, die milder sind als Maßnahmen, die auch bei enger Auslegung zulässig wären. Dies ist vorliegend der Fall.

41.      Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie gestattet nach seinem klaren Wortlaut die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Experian könnte also ein System vorsehen, in dem beispielsweise Mitarbeiter unter 35 Jahren kategorisch von der betrieblichen Altersvorsorge ausgeschlossen werden. Der vollständige Ausschluss von der Mitgliedschaft hat für einen Mitarbeiter ohne Zweifel weiterreichende Folgen als eine Teilnahme mit niedrigerer Beitragszahlung.

42.      Wenn aber sogar die Mitgliedschaft an sich von bestimmten Altersgrenzen abhängig gemacht werden kann, dann sollte auch ein System zulässig sein, bei dem alle Mitarbeiter unabhängig von ihrem Alter an der betrieblichen Altersvorsorge teilnehmen dürfen und lediglich die Beitragshöhe nach dem Alter differenziert wird. Andernfalls käme die Richtlinie zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass eine mildere Form der Ungleichbehandlung unzulässig ist, während eine weiterreichende Ungleichbehandlung hingegen zulässig wäre.

43.      Die Beitragsstaffelung nach dem Alter, so wie sie von Experian vorgesehen ist, stellt im Vergleich zur Festsetzung von Altersgrenzen, nach denen die Teilnahme kategorisch ausgeschlossen ist, ein „Minus“ dar. Sie ist deshalb von Art. 6 Abs. 2 Variante 1 der Richtlinie umfasst.

–       Erfordernis einer zusätzlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung

44.      Zwischen einigen Verfahrensbeteiligten war umstritten, ob im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 eine Verhältnismäßigkeitsprüfung stattzufinden hat. HK bejaht dies unter Hinweis darauf, dass es sich bei Art. 6 Abs. 2 um eine Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung handle, die immer verhältnismäßig sein müsse. Experian und die dänische Regierung vertreten den entgegengesetzten Standpunkt. Art. 6 Abs. 2 enthalte eine „generelle“ Ausnahme vom Verbot der Diskriminierung wegen des Alters, so dass eine Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erforderlich sei. Diese Auffassung teile ich.

45.      Zunächst indiziert der Wortlaut der Vorschrift im Vergleich mit Art. 6 Abs. 1 diese Auslegung. Während eine Verhältnismäßigkeitsprüfung in Art. 6 Abs. 1 verlangt wird, fehlt eine entsprechende Regelung in Abs. 2. Hätte der Gesetzgeber eine zusätzliche Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgesehen, hätte er dies ausdrücklich festgelegt. Im Umkehrschluss lässt sich daher folgern, dass im Rahmen von Art. 6 Abs. 2 eine solche Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht erforderlich ist.

46.      Dieser Unterschied zwischen Art. 6 Abs. 1 und Abs. 2 ergibt sich bereits aus der Entstehungsgeschichte der Norm. Im ursprünglichen Richtlinienentwurf waren zunächst nur Regelungen zur Altersrente als ein weiterer Unterpunkt von Art. 5 vorgesehen(25) (der später zum jetzigen Art. 6 Abs. 1 wurde). Art. 5 verlangte ausdrücklich, dass die Ungleichbehandlungen „durch ein legitimes Ziel objektiv gerechtfertigt und zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich sind“. Auch in späteren Entwurfsfassungen der Richtlinie waren die Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge noch im jetzigen Art. 6 Abs. 1 enthalten(26) und standen somit unter dem Vorbehalt einer Verhältnismäßigkeitsprüfung.

47.      Wie sich aus dem Dokument des Rates der Europäischen Union vom 20. Oktober 2000 (Nr. 12494/00, S. 15) ergibt, wurden die Regelungen betreffend betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit erst später in Abs. 1 eingefügt. Im Anschluss wurden sie dann in einem eigenen Absatz neu formuliert (vgl. den Vorschlag für Art. 6 Abs. 3 im eben genannten Ratsdokument, der dem jetzigen Art. 6 Abs. 2 entspricht). Die Formulierung in Art. 6 Abs. 1 zur Verhältnismäßigkeitsprüfung wurde dabei nicht übernommen. In diesem Zusammenhang wurde auch der 25. Erwägungsgrund der Richtlinie hinzugefügt(27), der bestimmt, dass Ungleichbehandlungen wegen des Alters besondere Bestimmungen erfordern, die je nach Situation in den Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können. Die Tatsache, dass der Gesetzgeber für betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit einen neuen Absatz mit abweichendem Wortlaut formuliert hat, zeigt, dass diese Systeme hinsichtlich des Diskriminierungsverbots anderen Voraussetzungen unterliegen als Maßnahmen im Rahmen von Art. 6 Abs. 1. Andernfalls hätte man die Regelung als weiteren Unterpunkt im Rahmen von Abs. 1 belassen können bzw. eine Verhältnismäßigkeitsprüfung ausdrücklich verlangt.

48.      Auch die weitere Systematik der Richtlinie bestärkt dieses Verständnis. Wie die dänische Regierung ausführt, gibt es nämlich auch an anderen Stellen der Richtlinie Regelungen, die eine Verhältnismäßigkeitsprüfung explizit voraussetzen, und solche, die gerade keine verlangen. So sieht beispielsweise Art. 3 Abs. 4, der die Streitkräfte betrifft, eine Ausnahme vom Grundsatz der Altersdiskriminierung vor, ohne ausdrücklich eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verlangen. Art. 4 Abs. 1 hingegen bestimmt, dass Ungleichbehandlungen im Berufsleben nur dann keine Diskriminierung darstellen, „sofern es sich um einen rechtmäßigen Zweck und eine angemessene Anforderung handelt“. Der Gesetzgeber hat somit eine klare Trennung vorgenommen zwischen Situationen, die grundsätzlich vom Diskriminierungsverbot ausgenommen sind, und solchen, die zusätzlich einer Verhältnismäßigkeitsprüfung unterliegen.

49.      Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck von Art. 6 Abs. 2. Ziel der Vorschrift ist es, Hindernisse, die einer Verbreitung der betrieblichen Altersvorsorge entgegenstehen, abzubauen und die Funktionsfähigkeit der betrieblichen Altersvorsorge zu wahren. Da die bestehenden Regelungen in den verschiedenen Mitgliedstaaten zum einen sehr unterschiedlich und zum anderen sehr komplex sind, sollten die Mitgliedstaaten dafür über einen weiten Ermessensspielraum verfügen(28).

50.      Daraus ergibt sich, dass eine zusätzliche Verhältnismäßigkeitsprüfung entgegen der Ansicht von HK nicht erforderlich ist. Vor diesem Hintergrund könnte man sich zwar fragen, ob Art. 6 Abs. 2 aufgrund der Tatsache, dass er eine pauschale Ausnahme vom Diskriminierungsverbot vorsieht, ohne eine Verhältnismäßigkeitsprüfung zu verlangen, gegen die Charta verstoßen könnte. Die Gültigkeit der Vorschrift ist jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens.

–       Zwischenergebnis

51.      Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Rentenversicherungssystem, so wie es von Experian praktiziert wird, von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie umfasst ist.

b)      Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie

52.      Sollte der Gerichtshof diese Auffassung nicht teilen, kommt eine Rechtfertigung nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie in Betracht. Darauf beruft sich Experian hilfsweise. Zwar hat das vorlegende Gericht nicht nach einer Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie gefragt; um ihm aber eine sachdienliche Antwort geben zu können, werde ich im Folgenden dennoch hilfsweise dazu Stellung nehmen.

53.      Nach Art. 6 Abs. 1 stellt eine Ungleichbehandlung wegen des Alters keine Diskriminierung dar, sofern sie objektiv und angemessen ist und im Rahmen des nationalen Rechts durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist, worunter insbesondere rechtmäßige Ziele aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung zu verstehen sind, und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind(29). Letztlich kommt es also darauf an, dass sich die zugrunde liegende Maßnahme auf ein legitimes Ziel stützt und einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhält(30).

54.      Das nationale Gericht ist allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Rechtsstreits, mit dem es befasst ist, sowie für die Auslegung des anwendbaren nationalen Rechts zuständig. Es ist seine Sache festzustellen, ob und gegebenenfalls in welchem Maße „rechtmäßige“ Ziele im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 eine Bestimmung rechtfertigen. Jedoch kann der Gerichtshof in seiner Vorabentscheidung dem nationalen Gericht eine Richtschnur für die Auslegung geben.(31)

i)      Legitimes Ziel

55.      Was die Zielsetzung einer Maßnahme angeht, hat der Gerichtshof bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten und gegebenenfalls die Sozialpartner auf nationaler Ebene bei der Entscheidung, welches konkrete Ziel von mehreren im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik sie verfolgen wollen, über einen weiten Ermessensspielraum verfügen(32). Es muss es sich dabei aber in jedem Fall um sozialpolitische Ziele wie solche aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt oder berufliche Bildung handeln(33).

56.      Experian macht geltend, dass die Altersstaffelung der Beiträge zum einen älteren Arbeitnehmern ermöglichen soll, auch dann noch einen ausreichenden Betrag in der Rentenversicherung anzusparen, wenn sie erst zu einem späten Zeitpunkt ihrer Karriere eine Tätigkeit bei Experian beginnen.

57.      Zum anderen sollen jüngere Arbeitnehmer schon früh in das Rentenversicherungssystem einbezogen werden. Gleichzeitig haben diese jedoch in der Regel Interesse daran, einen größeren Teil ihres Gehalts zur freien Verfügung zu haben, anstatt dieses bereits in die Altersvorsorge zu investieren. Die Altersstaffelung der Beiträge (und damit auch der Beiträge des Arbeitnehmers) soll deshalb auch zu einer Entlastung jüngerer Arbeitnehmer beitragen.

58.      Mit dem Anliegen, älteren Arbeitnehmern zu ermöglichen, auch bei einem kürzeren Einzahlungszeitraum ein ausreichendes Guthaben anzusparen, um eine sinnvolle Rentenzahlung zu erlangen und jüngere Arbeitnehmer schon früh in das Rentensystem einzubinden, diese aber gleichzeitig durch die Beiträge finanziell nicht zu stark im Hinblick auf ein noch fernes Ziel zu belasten, verfolgt das Rentenversicherungssystem von Experian legitime sozialpolitische Ziele in den Bereichen Beschäftigungspolitik und Arbeitsmarkt. Gestützt auf solche Ziele lässt sich grundsätzlich eine Ungleichbehandlung wegen des Alters im Hinblick auf an die Beschäftigung gebundene Vorteile rechtfertigen (vgl. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 in Verbindung mit Unterabs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/78).

59.      Zu prüfen bleibt jedoch, ob es zur Erreichung dieser legitimen Ziele verhältnismäßig ist, die Arbeitgeberbeiträge mit zunehmendem Alter der Arbeitnehmer zu erhöhen. Wie sich aus dem Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 ergibt, ist die Altersstaffelung dann verhältnismäßig, wenn sie „angemessen und erforderlich“ ist, und wenn sie dazu führt, dass die angestrebten Ziele erreicht werden, ohne dabei jüngere Arbeitnehmer übermäßig zu beeinträchtigen.

ii)    Keine offensichtlich ungeeignete Maßnahme

60.      „Angemessen“ ist die Altersstaffelung dann, wenn sie geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen, d. h. älteren Arbeitnehmern das Ansparen eines ausreichend hohen Guthabens auf ihrem Rentenversicherungskonto zu ermöglichen und jüngere Arbeitnehmer schon früh am System teilhaben zu lassen, sie aber gleichzeitig finanziell nicht zu stark zu belasten.

61.      Angesichts der aus dem weiten Ermessensspielraum der Mitgliedstaaten folgenden Einschätzungsprärogative hinsichtlich der Wahl der Maßnahmen zur Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Arbeits- und Sozialpolitik(34) beschränkt sich die Rolle des Gerichtshofs darauf, sicherzustellen, dass die ergriffenen Maßnahmen nicht unvernünftig erscheinen(35), oder – anders ausgedrückt – dass die ergriffenen Maßnahmen nicht offensichtlich ungeeignet sind, das verfolgte Ziel zu erreichen(36).

62.      Dass die Staffelung der Beiträge nach dem Alter offensichtlich ungeeignet wäre, die angestrebten Ziele zu erreichen, ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist es durchaus nachvollziehbar, dass für ältere Arbeitnehmer, die ihre Tätigkeit bei Experian erst spät beginnen und somit über einen kürzeren Zeitraum auf das Rentenversicherungskonto einzahlen, eine höhere Beitragszahlung erforderlich ist, damit sie am Ende ihrer Karriere über ein ausreichendes Guthaben verfügen. Auch die Beteiligung jüngerer Arbeitnehmer kann durch das System von Experian erreicht werden.

iii) Erforderlichkeit

63.      Die Altersstaffelung der Beiträge müsste darüber hinaus jedoch auch erforderlich sein. „Erforderlich“ ist eine Maßnahme nur dann, wenn das angestrebte Ziel nicht durch ein milderes, gleich geeignetes Mittel hätte erreicht werden können.

64.      Eine denkbare mildere Alternative, um älteren Arbeitnehmern ein ausreichendes Guthaben auf ihrem Rentenversicherungskonto zu verschaffen, wäre zunächst, alle Mitarbeiter hinsichtlich der Beitragszahlungen gleich zu behandeln (entsprechend den Prozentsätzen, die aktuell für Arbeitnehmer über 45 Jahre gelten). Das Ziel, jüngere Arbeitnehmer nicht zu stark zu belasten, könnte so jedoch wohl nicht erreicht werden, da auch der Arbeitnehmerbeitrag in diesem Fall entsprechend höher wäre.

65.      Problematisch könnte darüber hinaus sein, dass Experian pauschal höhere Beiträge für alle älteren Arbeitnehmer vorsieht, ohne zu berücksichtigen, ob diese tatsächlich einen erhöhten Bedarf haben. Die Erhöhung der Beiträge kommt nämlich jedem älteren Arbeitnehmer zugute, unabhängig davon, ob es sich um einen langjährigen Mitarbeiter handelt, der schon über einen längeren Zeitraum bei Experian Beiträge ansparen konnte (und demnach keinen erhöhten Bedarf an Beitragszahlungen hat), oder um einen neuen Mitarbeiter (der möglicherweise bisher noch nichts oder nur geringere Beträge angespart hat). Darüber hinaus wird auch bei neuen Mitarbeitern nicht danach differenziert, ob diese bereits aus früheren Beschäftigungsverhältnissen über eine ausreichende betriebliche Altersvorsorge verfügen oder nicht.

66.      Fraglich ist deshalb, ob eine bedarfsabhängige Staffelung der Beitragshöhe, oder möglicherweise eine Staffelung der Beitragshöhe nach Dauer der (theoretisch noch möglichen) Betriebszugehörigkeit als mildere, gleich effektive Maßnahme zum Erreichen der verfolgten Ziele in Betracht kommt.

67.      Insoweit ist jedoch wiederum der Ermessensspielraum zu berücksichtigen, über den die Mitgliedstaaten im Bereich der Sozialpolitik verfügen(37). Dieser darf zwar nicht dazu führen, dass der Grundsatz des Verbots der Diskriminierung aus Gründen des Alters ausgehöhlt wird(38). Im Prinzip besteht aber die Möglichkeit, aus Vereinfachungsgründen von einer Prüfung des jeweiligen Einzelfalls Abstand zu nehmen und die Arbeitnehmer stattdessen im Wege einer typisierenden Betrachtung nach allgemeinen Kriterien bestimmten Fallgruppen zuzuordnen.(39) Deswegen können nur solche (milderen) Maßnahmen verlangt werden, die im Rahmen eines funktionsfähigen Systems machbar und wirtschaftlich vertretbar sind.

68.      Zudem ist zu bedenken, dass es nicht die Aufgabe eines Unternehmens ist, ein betriebliches Altersvorsorgesystem zur Verfügung zu stellen, das auf das individuelle Bedürfnis eines jeden Arbeitnehmers abstellt. Für eine ausreichende Grundsicherung hinsichtlich der Rente zu sorgen, ist vielmehr Aufgabe der staatlichen Systeme, auf die die Richtlinie 2000/78 nicht anwendbar ist. Entscheidend kann deshalb nur sein, dass das jeweilige betriebliche Rentenversicherungssystem für sich genommen kohärent geregelt ist. Experian möchte seinen Mitarbeitern, unabhängig vom Zeitpunkt des Beginns ihrer Tätigkeit und unabhängig von deren früheren Beschäftigungsverhältnissen, eine funktionierende betriebliche Altersvorsorge bieten. Darüber hinaus hat Experian geltend gemacht, die Überprüfung des individuellen Bedarfs eines Arbeitnehmers sei technisch nicht möglich. Aus diesen Gründen scheidet wohl auch eine bedarfsabhängige Staffelung der Beiträge aus.

69.      Problematisch ist auch, dass die Höhe des gesamten Beitrags zur Rentenversicherung variabel gestaltet ist. Was die Einbeziehung jüngerer Arbeitnehmer angeht, denen zunächst weniger Altersvorsorge abverlangt werden soll, ist fraglich, ob diese nicht auch durch eine variable Gestaltung lediglich des Arbeitnehmeranteils bei gleichbleibenden Arbeitgeberbeiträgen erreicht werden kann. Der Arbeitgeberbeitrag hat nämlich keine konkreten Auswirkungen auf den Nettolohn, den jüngere Arbeitnehmer monatlich tatsächlich zur Verfügung haben. Ob der Arbeitgeberbeitrag höher oder niedriger ist, „spürt“ ein jüngerer Arbeitnehmer somit nicht, lediglich der Arbeitnehmerbeitrag wirkt sich unmittelbar auf die tatsächlich verfügbaren monatlichen Bezüge aus. Ob es sich dabei um eine (wirtschaftlich) vertretbare Alternative handelt, lässt sich anhand der vorliegenden Informationen nicht beurteilen. Es ist somit Sache des vorlegenden Gerichts, diese Frage zu klären.

iv)    Keine übermäßige Beeinträchtigung

70.      Selbst wenn die Altersstaffelung jedoch das mildeste Mittel ist, um die verfolgten legitimen Ziele zu erreichen, bliebe noch zu prüfen, ob die Regelung nicht zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der jüngeren Arbeitnehmer führt. Aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit folgt nämlich, dass Maßnahmen, die ein unionsrechtlich garantiertes Recht beeinträchtigen – hier das Verbot der Diskriminierung aufgrund des Alters – für den einzelnen keine Nachteile verursachen dürfen, die außer Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen(40).

71.      In diesem Zusammenhang ist einerseits zu bedenken, dass das System für alle Mitarbeiter verpflichtend ist und sie somit nicht die Wahl haben, auf den Beitrag zur Altersvorsorge zu verzichten und sich die entsprechenden Beträge stattdessen auszahlen zu lassen. Auch das von Experian vorgebrachte Argument, jüngere Arbeitnehmer, die ein höheres Gesamtgehalt wünschen, könnten dieses individuell aushandeln, überzeugt nicht. Es kann nicht Sache eines einzelnen Mitarbeiters sein, eine ungünstigere Behandlung aufgrund des Alters, die in einem System angelegt ist, durch individualvertragliche Abrede zu verhindern oder auszugleichen. Dies gilt insbesondere aufgrund der schwächeren Verhandlungsposition, in der sich ein Arbeitnehmer in der Regel gegenüber dem Arbeitgeber befindet.

72.      Im vorliegenden Fall ist allerdings nicht auszuschließen, dass die Nachteile der Ungleichbehandlung durch die damit verbundenen Vorteile ausgeglichen werden. Zwar handelt es sich um eine Ungleichbehandlung in Höhe von bis zu 4 % des Grundgehalts und somit im Fall von Frau Kristensen um 860 DKK(41) weniger pro Monat. Dies ist zweifelsohne ein nicht unerheblicher Betrag. Jedoch ist zu bedenken, dass Frau Kristensen zum einen Vorteile aus dem betrieblichen Rentenversicherungssystem von Experian zieht, da monatlich zu ihrer Altersvorsorge beigetragen wird. Zum anderen ist bei niedrigen Arbeitgeberbeiträgen auch der Arbeitnehmerbeitrag niedriger, so dass Frau Kristensen selbst nur 3 % ihres Grundgehalts auf das Rentenkonto überweisen musste. Wäre sie über 45 Jahre alt, hätte ihr Eigenanteil 5 % betragen. Diese Umstände sind allerdings letztlich vom zuständigen innerstaatlichen Gericht abzuwägen.

v)      Zwischenergebnis

73.      Zusammenfassend gilt, dass eine Maßnahme wie die im vorliegenden Fall streitige gerechtfertigt sein kann, sofern die vorgesehene Altersstaffelung der Beiträge dem Ziel dient, es älteren Arbeitnehmern zu ermöglichen, auch dann ein ausreichendes Rentenguthaben anzusparen, wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe ihrer Karriere eine Tätigkeit bei dem betroffenen Unternehmen beginnen und mit der Altersstaffelung gleichzeitig jüngere Arbeitnehmer schon früh in die betriebliche Altersvorsorge miteinbezogen werden sollen, ohne sie bereits in frühen Jahren zu sehr mit Beiträgen zur Altersvorsorge zu belasten. Dies gilt jedoch nur, sofern mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand keine anderen gleichermaßen geeigneten praktikablen Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele ergriffen werden können, die sich weniger nachteilig auf jüngere Arbeitnehmer auswirken, und die Nachteile einer Ungleichbehandlung im Übrigen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen des Systems stehen.

vi)     Förderung der Betriebstreue

74.      Die belgische Regierung weist im Übrigen darauf hin, dass die Maßnahme auch darauf abzielen könnte, Arbeitnehmer länger an das Unternehmen zu binden. Experian hat sich im Verfahren vor dem Gerichtshof nicht dazu geäußert, ob mit der Altersstaffelung auch dieses Ziel verfolgt wurde. Es ist somit Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob dies der Fall ist und die Staffelung der Beitragshöhe eine Art Betriebstreueprämie darstellt.

75.      Wäre dies der Fall, würde es sich grundsätzlich um ein legitimes Ziel handeln. Die Altersstaffelung scheint auch, zumindest was jüngere Arbeitnehmer betrifft, grundsätzlich geeignet, Arbeitnehmer länger an das Unternehmen zu binden. Allerdings ist zu bedenken, dass die Beitragsstaffelung gerade nicht an die Dauer der Betriebszugehörigkeit anknüpft, sondern unabhängig von dieser gewährt wird und so auch den Arbeitnehmern zugutekommt, die erst sehr spät im Laufe ihrer Karriere ihre Tätigkeit bei Experian beginnen. Die Altersstaffelung ist deshalb bereits nicht erforderlich. Vielmehr käme als milderes und effektiveres Mittel in Betracht, die Beitragshöhe an die Betriebszugehörigkeit anstatt an das Lebensalter anzuknüpfen. Dies hat das vorlegende Gericht zu berücksichtigen, wenn es dieses Ziel miteinbezieht.

VI – Ergebnis

76.      Ich schlage dem Gerichtshof daher vor, die Vorlagefragen wie folgt zu beantworten:

1.         Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 gestattet es einem Mitgliedstaat, eine Rechtslage aufrechtzuerhalten, nach der ein Arbeitgeber als Teil des Entgelts altersabgestufte Beiträge zu einer betrieblichen Rentenversicherung zahlen kann, indem er z. B. einen Rentenversicherungsbeitrag von 6 % für Mitarbeiter unter 35 Jahren zahlt, von 8 % für Mitarbeiter von 35 bis 44 Jahren und von 10 % für Mitarbeiter über 45 Jahre.

2.         Ein solches Rentenversicherungssystem kann auch nach Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78 gerechtfertigt sein, sofern die vorgesehene Altersstaffelung der Beiträge dem Ziel dient, es älteren Arbeitnehmern zu ermöglichen, auch dann ein ausreichendes Rentenguthaben anzusparen, wenn sie erst zu einem späteren Zeitpunkt im Laufe ihrer Karriere eine Tätigkeit bei dem betroffenen Unternehmen beginnen und mit der Altersstaffelung gleichzeitig jüngere Arbeitnehmer schon früh in die betriebliche Altersvorsorge miteinbezogen werden sollen, diese gleichzeitig aber finanziell entlastet werden sollen. Dies gilt jedoch nur, sofern mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand keine anderen gleichermaßen geeigneten praktikablen Maßnahmen zur Verwirklichung dieser Ziele ergriffen werden können, die sich weniger nachteilig auf jüngere Arbeitnehmer auswirken, und die Nachteile einer Ungleichbehandlung im Übrigen nicht außer Verhältnis zu den Vorteilen des Systems stehen.


1 – Originalsprache: Deutsch.


2 – Vgl. dazu grundlegend das Urteil vom 16. Oktober 2007, Palacios de la Villa (C-411/05, Slg. 2007, I-8531) sowie die Urteile vom 12. Oktober 2010, Ingeniørforeningen i Danmark („Andersen“) (C-499/08, Slg. 2010, I-9343) und vom 6. Dezember 2012, Odar (C-152/11).


3 – Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, ABl. L 303, S. 16.


4 – Ein anderer Aspekt von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78 ist Gegenstand der Rechtssache C‑546/11, Toftgaard. Siehe hierzu meine Schlussanträge in dieser Sache vom heutigen Tag.


5 – Gesetz Nr. 459 vom 12. Juni 1996 über das Verbot der Ungleichbehandlung auf dem Arbeitsmarkt u. a. Mit dem Änderungsgesetz Nr. 1417 vom 22. Dezember 2004 wurden die Kriterien Alter und Behinderung in das Gleichbehandlungsgesetz aufgenommen. Das Änderungsgesetz trat am 28. Dezember 2004 in Kraft.


6 – Verband der Handels- und Büroangestellten Dänemark.


7 – Vgl. Urteil vom 10. Mai 2011, Römer (C-147/08, Slg. 2011, I-3591, Randnr. 32), und Urteil vom 1. April 2008, Maruko (C‑267/06, Slg. 2008, I‑1757, Randnr. 41).


8 – Da es sich vorliegend um eine rein betriebliche Rentenversicherung und nicht um eine Leistung staatlicher Systeme bzw. eine diesen gleichgestellte Leistung handelt, kommt der Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie offensichtlich nicht zur Anwendung. Insbesondere sind die Leistungen nicht unmittelbar durch Gesetz sondern ausschließlich durch den Arbeitsvertrag geregelt und gelten nur für eine spezielle Gruppe von Arbeitnehmern, nämlich die Mitarbeiter von Experian, vgl. Urteil vom 17. Mai 1990, Barber (C-262/88, Slg. 1990, I-1889, Randnr. 22).


9 – Vgl. Urteile vom 25. Mai 1971, Defrenne (80/70, Slg. 1971, 445, Randnr. 6), vom 9. Februar 1982, Garland (12/81, Slg. 1982, 359, Randnr. 5), Barber (zitiert in Fn. 8, Randnr. 12) und Römer (zitiert in Fn. 7, Randnr. 32).


10 – Schlussanträge vom 15. Juli 2010 in der Rechtssache Römer (C-147/08, Slg. 2011, I-3591, Nr. 54).


11 – Vgl. Urteile vom 13. Mai 1986, Bilka, (170/84, Slg. 1986, 1607, Randnr. 22), Barber (zitiert in Fn. 8, Randnr. 28) und vom 10. Februar 2000, Schröder (C-50/96, Slg. 2000, I-743, Randnr. 27). Siehe auch den 13. Erwägungsgrund der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (ABl. L 204, S. 23) der wie folgt lautet: „Mit seinem Urteil vom 17. Mai 1990 in der Rechtssache C-262/88 befand der Gerichtshof, dass alle Formen von Betriebsrenten Bestandteil des Entgelts im Sinne von Art. 141 des Vertrags sind.“


12 – Vgl. Urteil Barber (zitiert in Fn. 8).


13 – Siehe Fn. 11.


14 –      Urteil Barber (zitiert in Fn. 8, Randnr. 25).


15 –      Dieses Ergebnis entspricht auch dem Urteil des Gerichtshofs vom 22. Dezember 1993, Neath (C-152/91, Slg. 1993, I-6935, Randnr. 29), in dem der Gerichtshof für die Frage der Einordnung einer Leistung als Entgelt auf die konkrete vertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers abgestellt hat. Im Fall von Experian ist laut Arbeitsvertrag nur die Beitragszahlung geschuldet, nicht hingegen die spätere Auszahlung einer Rente.


16 – Vgl. diesbezüglich meine Schlussanträge vom 6. Mai 2010 in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 2, Nr. 28) und die dortigen Nachweise, sowie den letzten Satz des 25. Erwägungsgrundes der Richtlinie 2000/78: „Es ist daher unbedingt zu unterscheiden zwischen einer Ungleichbehandlung, die … gerechtfertigt ist, und einer Diskriminierung, die zu verbieten ist“.


17 – Siehe Nr. 22 dieser Schlussanträge.


18 – Dies gilt zumindest für die von mir verglichene deutsche, französische, englische, spanische und italienische Fassung der Richtlinie. Die dänische Sprachfassung enthält dem Wortlaut nach zunächst nur zwei Varianten, nämlich den Zugang zu betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit („adgang til“) und die Verwendung von Alterskriterien für versicherungsmathematische Berechnungen („anvendelse af alderskriteriet til aktuarberegninger inden for rammerne af disse ordninger“). Auf diesen Unterschied kommt es im vorliegenden Fall meines Erachtens jedoch nicht an, da jedenfalls die Festsetzung von Altersgrenzen als Voraussetzung für die Mitgliedschaft auch in dänischen Sprachfassung der Richtlinie genannt ist und das Rentenversicherungssystem von Experian bereits nach dieser ersten Variante gerechtfertigt ist.


19 – Umfasst ist jedoch nicht die Mitgliedschaft in allen betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit, sondern lediglich in solchen, die das Alter bzw. die Invalidität betreffen; vgl. insoweit meine Schlussanträge in der Rechtssache C-546/11, Toftgaard, vom heutigen Tag.


20 –      Urteile vom 22. November 2005, Mangold (C-144/04, Slg. 2005, I-9981, Randnr. 74), und vom 19. Januar 2010, Kücükdeveci, (C-555/07, Slg. 2010, I-365, Randnr. 20).


21 – Vgl. Urteil Mangold (zitiert in Fn. 20, Randnr. 75).


22 – Vgl. Urteil Kücükdeveci (zitiert in Fn. 20, Randnr. 21).


23 –      Vgl. Urteil vom 12. Januar 2010, Petersen (C-341/08, Slg. 2010, I-47, Randnr. 60).


24 – Vgl. hierzu auch Nr. 38 dieser Schlussanträge.


25 – Vgl. Art. 5 Buchst. b und c des Vorschlags der Kommission für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 25. November 1999, KOM(1999) 565 endg., S. 23.


26 – Vgl. die Fassung von Art. 6 Abs. 1 im Dokument des Rates der Europäischen Union vom 11. Oktober 2000 (Nr. 12269/00, S. 15), der bereits vom Begriff „betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit“ spricht. Erstmalig erwähnt wurden betriebliche Systeme der sozialen Sicherheit im Dokument des Rates der Europäischen Union vom 1. März 2000 (Nr. 6434/00, S. 4 [g] sowie in Art. 5 Buchst. b).


27 – Vgl. das Dokument des Rates der Europäischen Union vom 12. Oktober 2000 (Nr. 12270/00 ADD 1, S. 5).


28 – Vgl. diesbezüglich das Dokument des Rates der Europäischen Union vom 11. Oktober 2000 (Nr. 12270/00, S. 3), in dem das Vereinigte Königreich auf diesen Ermessensspielraum hinweist.


29 – Vgl. Urteil Odar (zitiert in Fn. 2, Randnr. 37).


30 – Vgl. hierzu bereits meine Schlussanträge vom 6. Mai 2010 in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 2, Nrn. 42 bis 47).


31 – Urteile vom 5. März 2009, Age Concern England (C-388/07, Slg. 2009, I-1569, Randnrn. 47 und 48), vom 23. November 2006, Asnef-Equifax und Administración del Estado (C-238/05, Slg. 2006, I-11125, Randnr. 40 sowie die dort zitierte Rechtsprechung).


32 – Vgl. Urteile Mangold (zitiert in Fn. 20, Randnr. 63) und Palacios de la Villa (zitiert in Fn. 2, Randnr. 68).


33 –      Urteile Age Concern England (zitiert in Fn. 31, Randnrn. 47 und 48), vom 18. Juni 2009, Hütter (C-88/08, Slg. 2009, I-5325, Randnr. 41), und vom 13. September 2011, Prigge u. a. (C-447/09, Slg. 2011, I-8003, Randnr. 80).


34 – Urteile Palacios de la Villa (zitiert in Fn. 2, Randnr. 68), Mangold (zitiert in Fn. 20, Randnr. 63), Age Concern England (zitiert in Fn. 31, Randnr. 51), und Kücükdeveci (zitiert in Fn. 20, Randnr. 38); im selben Sinne auch der 25. Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/78, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters „besondere Bestimmungen [erfordern], die je nach der Situation der Mitgliedstaaten unterschiedlich sein können“ (zitiert im Urteil Palacios de la Villa, zitiert in Fn. 2, Randnr. 69).


35 – Urteile Palacios de la Villa (zitiert in Fn. 2, Randnr. 72) und Petersen (zitiert in Fn. 23, Randnr. 70).


36 – Vgl. meine Schlussanträge in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 2, Nr. 54).


37 – Vgl. bereits Nr. 55 dieser Schlussanträge.


38 – Urteil Age Concern England (zitiert in Fn. 31, Randnr. 51 sowie die dort zitierte Rechtsprechung). Vergleiche auch meine Schlussanträge in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 2, Nr. 63) und vom 1. April 2004 in der Rechtssache Hlozek (C-19/02, Slg. 2004, I-11491, Nr. 59).


39 – Siehe wiederum meine Schlussanträge in den Rechtssachen Andersen (zitiert in Fn. 2, Nr. 62) und Hlozek (zitiert in Fn. 38, Nrn. 57 und 58).


40 – Vgl. bereits meine Schlussanträge in der Rechtssache Andersen (zitiert in Fn. 2, Nr. 67 und 68) sowie die Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder (265/87, Slg. 1989, 2237, Randnr. 21), vom 10. März 2005, Tempelman und van Schaijk (C-96/03 und C-97/03, Slg. 2005, I-1895, Randnr. 47), vom 9. März 2010, ERG u. a. (C-379/08 und C-380/08, Slg. 2010, I-2007, Randnr. 68) und Andersen (zitiert in Fn. 2, Randnr. 47).


41 – 860 Dänische Kronen entsprechen bei dem zum Zeitpunkt der Klageerhebung vor dem nationalen Gericht geltenden Wechselkurs in etwa 115,50 Euro.