Language of document : ECLI:EU:C:2017:52

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

26. Januar 2017(*)

„Rechtsmittel – Wettbewerb – Kartelle – Belgischer, deutscher, französischer, italienischer, niederländischer und österreichischer Markt für Badezimmerausstattungen – Beschluss, mit dem eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum festgestellt wird – Koordinierung der Verkaufspreise und Austausch sensibler Geschäftsinformationen – Einheitliche Zuwiderhandlung – Beweis – Geldbußen – Unbeschränkte Nachprüfung – Angemessene Verfahrensdauer – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑625/13 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. November 2013,

Villeroy & Boch AG mit Sitz in Mettlach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Klusmann und T. Kreifels im Beistand von Professor S. Thomas,

Rechtsmittelführerin,


andere Partei des Verfahrens:

Europäische Kommission, vertreten durch L. Malferrari, F. Castillo de la Torre und F. Ronkes Agerbeek als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer, der Richterin M. Berger sowie der Richter E. Levits, S. Rodin (Berichterstatter) und F. Biltgen,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 10. September 2015,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. November 2015

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Villeroy & Boch AG die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 16. September 2013, Villeroy & Boch Austria u. a./Kommission (T‑373/10, T‑374/10, T‑382/10 und T‑402/10, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2013:455), soweit mit ihm ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses K(2010) 4185 endg. der Kommission vom 23. Juni 2010 in einem Verfahren nach Artikel 101 [AEUV] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/39092 – Badezimmerausstattungen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), soweit er sie betrifft, teilweise abgewiesen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

 Verordnung (EG) Nr. 1/2003

2        In Art. 23 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ist bestimmt:

„(2)      Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen verhängen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig

a)      gegen Artikel [101] oder Artikel [102 AEUV] verstoßen …


Die Geldbuße für jedes an der Zuwiderhandlung beteiligte Unternehmen oder jede beteiligte Unternehmensvereinigung darf 10 % seines bzw. ihres jeweiligen im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigen.

(3)      Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist sowohl die Schwere der Zuwiderhandlung als auch deren Dauer zu berücksichtigen.“

 Leitlinien von 2006

3        Nach Ziff. 2 der Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen gemäß Artikel 23 Absatz 2 Buchstabe a) der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 (ABl. 2006, C 210, S. 2, im Folgenden: Leitlinien von 2006) muss die Kommission bei der Bemessung der Geldbußen „die Schwere und die Dauer der Zuwiderhandlung berücksichtigen“; außerdem „dürfen die in Artikel 23 Absatz 2 Unterabsätze 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 genannten Obergrenzen nicht überschritten werden“.

4        Ziff. 37 der Leitlinien von 2006 lautet:

„In diesen Leitlinien wird die allgemeine Methode für die Berechnung der Geldbußen dargelegt; jedoch können die besonderen Umstände eines Falles oder die Notwendigkeit einer ausreichend hohen Abschreckungswirkung ein Abweichen von dieser Methode oder der in Ziffer 21 festgelegten Obergrenze rechtfertigen.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss

5        Die vom Kartell betroffenen Produkte sind Badezimmerausstattungen, die zu einer der drei folgenden Produktuntergruppen gehören: Armaturen, Duschabtrennungen und ‑zubehör sowie Sanitärkeramik (im Folgenden: drei Produktuntergruppen).

6        Die vom Gericht in den Rn. 1 bis 19 des angefochtenen Urteils dargestellte Vorgeschichte des Rechtsstreits lässt sich wie folgt zusammenfassen.

7        Mit dem streitigen Beschluss stellte die Kommission eine Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 2. Mai 1992 (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) im Badezimmerausstattungssektor fest. Diese Zuwiderhandlung, an der 17 Unternehmen beteiligt gewesen seien, habe in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004 in Form eines Bündels wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder abgestimmter Verhaltensweisen in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich stattgefunden.

8        Im Einzelnen führte die Kommission im streitigen Beschluss aus, die festgestellte Zuwiderhandlung habe erstens die Koordinierung jährlicher Preiserhöhungen und weiterer Preisgestaltungselemente durch die genannten Hersteller von Badezimmerausstattungen im Rahmen regelmäßiger Treffen nationaler Verbände, zweitens die Festsetzung oder Koordinierung der Preise aus besonderen Anlässen wie dem Anstieg der Rohstoffkosten, der Einführung des Euro oder der Einführung einer Straßenmaut sowie drittens die Offenlegung und den Austausch sensibler Geschäftsinformationen umfasst. Außerdem stellte sie fest, dass die Preise im Badezimmerausstattungssektor in jährlichen Runden festgesetzt worden seien. In diesem Rahmen hätten die Hersteller ihre Preislisten beschlossen, die üblicherweise ein Jahr lang gegolten hätten und bei Verkäufen an Großhändler zugrunde gelegt worden seien.

9        Villeroy & Boch und die übrigen Klägerinnen, die Villeroy & Boch Austria GmbH (im Folgenden: Villeroy & Boch Österreich), die Villeroy & Boch SAS (im Folgenden: Villeroy & Boch Frankreich) und die Villeroy & Boch Belgium SA (im Folgenden: Villeroy & Boch Belgien), sind im Badezimmerausstattungssektor tätig. Villeroy & Boch ist die alleinige Anteilseignerin von Villeroy & Boch Österreich, Villeroy & Boch Frankreich, Villeroy & Boch Belgien, der Ucosan BV und deren Tochtergesellschaften sowie der Villeroy & Boch SARL (im Folgenden: Villeroy & Boch Luxemburg).

10      Am 15. Juli 2004 informierten die Masco Corp. und ihre Tochtergesellschaften, darunter die Hansgrohe AG, die Armaturen herstellt, und die Hüppe GmbH, die Duschabtrennungen herstellt, die Kommission über das Bestehen eines Kartells im Badezimmerausstattungssektor und beantragten gemäß der Mitteilung der Kommission über den Erlass und die Ermäßigung von Geldbußen in Kartellsachen (ABl. 2002, C 45, S. 3, im Folgenden: Kronzeugenregelung von 2002) den Erlass bzw. eine Ermäßigung der gegen sie zu verhängenden Geldbußen. Am 2. März 2005 beschloss die Kommission gemäß Rn. 8 Buchst. a und Rn. 15 der Kronzeugenregelung von 2002 einen bedingten Geldbußenerlass zugunsten von Masco.

11      Am 9. und 10. November 2004 führte die Kommission unangekündigte Nachprüfungen in den Räumlichkeiten verschiedener Unternehmen und nationaler Verbände des Badezimmerausstattungssektors durch.

12      Am 15. und am 19. November 2004 beantragten die Grohe Beteiligungs GmbH und ihre Tochtergesellschaften sowie die American Standard Inc. (im Folgenden: Ideal Standard) den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002.

13      Zwischen dem 15. November 2005 und dem 16. Mai 2006 versandte die Kommission an verschiedene Unternehmen und Verbände des Badezimmerausstattungssektors, darunter die Klägerinnen, Auskunftsverlangen. Am 26. März 2007 nahm sie dann eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an, die den Klägerinnen zugestellt wurde.

14      Am 17. und am 19. Januar 2006 beantragten die Roca SARL sowie die Hansa Metallwerke AG und ihre Tochtergesellschaften ebenfalls den Erlass bzw. eine Ermäßigung der Geldbuße gemäß der Kronzeugenregelung von 2002. Am 20. Januar 2006 stellte die Aloys F. Dornbracht GmbH & Co. KG Armaturenfabrik einen vergleichbaren Antrag.

15      Vom 12. bis 14. November 2007 fand eine Anhörung statt, an der die Klägerinnen teilnahmen. Am 9. Juli 2009 versandte die Kommission ein Sachverhaltsschreiben und lenkte die Aufmerksamkeit der Klägerinnen auf bestimmte Beweise, auf die sie sich im Rahmen des Erlasses einer endgültigen Entscheidung stützen wolle. Sie versandte u. a. an die Klägerinnen weitere Auskunftsverlangen. Am 23. Juni 2010 erließ die Kommission schließlich den streitigen Beschluss. Darin ging sie davon aus, dass die oben in Rn. 8 beschriebenen Verhaltensweisen Teil eines gemeinsamen Planes zur Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Adressaten des streitigen Beschlusses gewesen seien und die Merkmale einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung aufgewiesen hätten, deren Wirkungsbereich die drei Produktuntergruppen betroffen und sich auf Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, die Niederlande und Österreich erstreckt habe. Sie betonte insoweit vor allem, dass die besagten Verhaltensweisen nach einem wiederkehrenden Muster stattgefunden hätten, das in den sechs von ihrer Untersuchung betroffenen Mitgliedstaaten übereingestimmt habe. Sie verwies auch darauf, dass es folgende Verbände gegeben habe: alle drei Produktuntergruppen betreffende nationale Verbände (von ihr als „Dachverbände“ bezeichnet), nationale Verbände, deren Mitglieder in Bezug auf mindestens zwei der drei Produktuntergruppen tätig gewesen seien (von ihr als „produktübergreifende Verbände“ bezeichnet), und produktspezifische Verbände, deren Mitglieder in Bezug auf eine der drei Produktuntergruppen tätig gewesen seien. Schließlich stellte sie fest, dass es eine zentrale Gruppe von Unternehmen gegeben habe, die in verschiedenen Mitgliedstaaten im Rahmen von Dachverbänden und produktübergreifenden Verbänden am Kartell beteiligt gewesen seien.

16      Die Klägerinnen hätten sich als Mitglieder folgender Verbände an der in Rede stehenden Zuwiderhandlung beteiligt: das IndustrieForum Sanitär, das ab 2001 an die Stelle des Freundeskreises der deutschen Sanitärindustrie getreten sei, der Arbeitskreis Baden und Duschen, der ab 2003 an die Stelle des Arbeitskreises Duschabtrennungen getreten sei, sowie der Fachverband Sanitär-Keramische Industrie (im Folgenden: FSKI) in Deutschland, der Arbeitskreis Sanitärindustrie (im Folgenden: ASI) in Österreich, die Vitreous China-group (im Folgenden: VCG) in Belgien, die Sanitair Fabrikanten Platform in den Niederlanden und die Association française des industries de céramique sanitaire (im Folgenden: AFICS) in Frankreich. Zu der in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung stellte die Kommission in Rn. 1179 des streitigen Beschlusses im Wesentlichen fest, dass gegen die daran beteiligten Unternehmen wegen Verjährung keine Geldbuße verhängt werden könne.

17      In Art. 1 des streitigen Beschlusses führte die Kommission die Unternehmen auf, die wegen einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens ab dem 1. Januar 1994 mit einer Sanktion belegt wurden, und zwar wegen ihrer Beteiligung an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich in verschiedenen Zeiträumen zwischen dem 16. Oktober 1992 und dem 9. November 2004. Die Klägerinnen wurden in Art. 1 Abs. 1 des streitigen Beschlusses wie folgt mit einer Sanktion belegt: Villeroy & Boch, weil sie sich vom 28. September 1994 bis zum 9. November 2004 an der genannten einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt habe, und ihre Tochtergesellschaften Villeroy & Boch Belgien, Villeroy & Boch Frankreich und Villeroy & Boch Österreich, weil sie sich in Zeiträumen zwischen frühestens dem 12. Oktober 1994 und dem 9. November 2004 daran beteiligt hätten.

18      In Art. 2 Abs. 8 des streitigen Beschlusses verhängte die Kommission gegen Villeroy & Boch eine Geldbuße in Höhe von 54 436 347 Euro, gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Österreich gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 6 083 604 Euro, gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Belgien gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 2 942 608 Euro und gegen Villeroy & Boch und Villeroy & Boch Frankreich gesamtschuldnerisch eine Geldbuße in Höhe von 8 068 441 Euro. Gegen die Klägerinnen wurden also Geldbußen in Höhe von insgesamt 71 531 000 Euro verhängt.

19      Die Kommission zog bei der Festsetzung der Geldbußen die Leitlinien von 2006 heran.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

20      Mit Klageschrift, die am 8. September 2010 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Rechtsmittelführerin in der Rechtssache T‑374/10 Klage. Sie beantragte, den streitigen Beschluss, soweit er sie betrifft, für nichtig zu erklären, hilfsweise, die gegen sie verhängten Geldbußen herabzusetzen.

21      Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses machte die Rechtsmittelführerin vor dem Gericht geltend, die Kommission habe die festgestellte Zuwiderhandlung zu Unrecht als einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung eingestuft und, hilfsweise, sie habe insoweit ihre Begründungspflicht verletzt, u. a. dadurch, dass sie die relevanten Märkte nicht hinreichend abgegrenzt habe.

22      Die Rechtsmittelführerin machte ferner geltend, sie habe auf den relevanten Produktmärkten und räumlichen Märkten (Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich) keine Zuwiderhandlung begangen. Was insbesondere die Zuwiderhandlungen angehe, die in Deutschland, Frankreich und Österreich begangen worden sein sollten, könne ihr das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaften auf diesen Märkten nicht zugerechnet werden.

23      Schließlich rügte die Rechtsmittelführerin, dass gegen sie gesamtschuldnerische Geldbußen verhängt worden seien. Hilfsweise machte sie geltend, die Geldbußen seien herabzusetzen, u. a., weil die Kommission zu Unrecht Umsätze einbezogen habe, die nicht mit der Zuwiderhandlung in Zusammenhang gestanden hätten, weil die Geldbußen unverhältnismäßig seien, was einen Verstoß gegen Art. 23 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1/2003 darstelle, und wegen der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens.

24      Die Rechtsmittelführerin beantragte hilfsweise, die verhängten Geldbußen herabzusetzen.

25      In Rn. 395 des angefochtenen Urteils stellte das Gericht fest, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, dass sich Villeroy & Boch vor dem 12. Oktober 1994 an der einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt habe. Die teilweise Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 7 des streitigen Beschlusses durch das Gericht wirke sich jedoch nicht auf die Höhe der in Art. 2 Abs. 8 des streitigen Beschlusses gegen Villeroy & Boch verhängten Geldbußen aus. Wie eindeutig aus Tabelle D des streitigen Beschlusses hervorgehe, habe die Kommission bei deren Berechnung nämlich die Beteiligung von Villeroy & Boch an einer Zuwiderhandlung erst ab dem 12. Oktober 1994 berücksichtigt.

26      Im Übrigen wies das Gericht die Klage mit dem angefochtenen Urteil ab.

 Anträge der Parteien

27      Die Rechtsmittelführerin beantragt,

–        das angefochtene Urteil insgesamt aufzuheben, soweit mit ihm ihre Klage teilweise abgewiesen wurde;

–        hilfsweise, Art. 1 des streitigen Beschlusses in Gestalt des angefochtenen Urteils teilweise aufzuheben, soweit er sie betrifft;

–        weiter hilfsweise, die gegen sie in Art. 2 des streitigen Beschlusses verhängte Geldbuße angemessen herabzusetzen;

–        weiter hilfsweise, den Rechtsstreit zur neuerlichen Entscheidung an das Gericht zurückzuverweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

28      Die Kommission beantragt,

–        das Rechtsmittel insgesamt als zum Teil offensichtlich unzulässig und zum Teil offensichtlich unbegründet zurückzuweisen;

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

29      Die Rechtsmittelführerin macht elf Rechtsmittelgründe geltend.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

30      Mit ihrem ersten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, dem Gericht seien hinsichtlich des Tatkomplexes Frankreich mehrere sie belastende Rechtsfehler unterlaufen.

31      Im angefochtenen Urteil und im Urteil vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457, Rn. 118 bis 120), habe das Gericht durch dieselbe Kammer und denselben Berichterstatter zwei Beweise, nämlich die Kronzeugenaussage von Ideal Standard und die Aussage von Roca, am selben Tag hinsichtlich derselben Beweisfrage und in Bezug auf denselben Beschluss unter Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz und den Zweifelssatz zu ihren Lasten diametral entgegengesetzt gewürdigt.

32      So habe das Gericht in den Rn. 287 bis 290 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass aufgrund der Aussagen von Ideal Standard und Roca bewiesen sei, dass Villeroy & Boch Frankreich an drei AFICS-Treffen im Jahr 2004 teilgenommen habe, bei denen rechtswidrige Gespräche geführt worden seien. Das Gericht habe insoweit im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Kronzeugenaussage nach dem Grundsatz testis unus, testis nullus (ein Zeuge, kein Zeuge) nicht beweiskräftig sei, sofern sie nicht durch die Aussage eines anderen Kartellbeteiligten untermauert werde. Dies sei hier aber der Fall, weil die Kronzeugenaussage von Ideal Standard durch die Aussage von Roca bestätigt worden sei.

33      Diese Beweiswürdigung des Gerichts stehe aber in offenem Widerspruch zur Würdigung derselben Beweise im Urteil vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457, Rn. 118 bis 120), das ebenfalls den streitigen Beschluss betreffe.

34      Das Gericht habe zudem den Beweiswert der Aussage der Duravit AG im Urteil vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457), und im angefochtenen Urteil widersprüchlich gewürdigt und deshalb gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Beweismittel und gegen den Grundsatz in dubio pro reo verstoßen. In den Rn. 115 und 116 des erstgenannten Urteils habe das Gericht nämlich angenommen, dass die Aussage der Duravit AG in dieser Rechtssache nicht gegen die betreffenden Klägerinnen verwertet werden könne, weil sie ihnen im Verwaltungsverfahren nicht mitgeteilt worden sei. Im angefochtenen Urteil habe das Gericht die Aussage hingegen verwertet. Es habe dort in Rn. 293 ausgeführt, dass sich die Kommission im streitigen Beschluss zwar „überhaupt nicht auf diese Aussage stützt“, diese aber die Aussage von Ideal Standard hinsichtlich des Inhalts der rechtswidrigen Gespräche, die „wahrscheinlich“ am 25. Februar 2004 geführt worden seien, bestätigt habe.

35      Außerdem habe das Gericht dadurch, dass es die Aussage von Duravit in ihrem Fall verwertet habe, obwohl es gewusst habe, dass dies nicht zulässig sei und dass die Kommission selbst die Aussage im streitigen Beschluss nicht verwertet habe, dessen Begründung ausgewechselt und damit gegen Art. 263 und Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen.

36      Da keine sonstigen Beweise für einen ihr angeblich zuzurechnenden Verstoß in Frankreich angeführt worden seien, beruhe ihre Verurteilung, soweit der Tatkomplex Frankreich betroffen sei, auf den oben genannten Rechtsfehlern.

37      Nach Auffassung der Kommission ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

38      Bevor auf den ersten Rechtsmittelgrund eingegangen wird, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der Beweiskraft eines Schriftstücks durch das Gericht grundsätzlich nicht der Kontrolle durch den Gerichtshof im Rahmen eines Rechtsmittels unterliegt. Nach Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel nämlich auf Rechtsfragen beschränkt. Daher ist allein das Gericht für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie die Beweiswürdigung zuständig, vorbehaltlich einer Verfälschung des Sachverhalts oder der Beweise (vgl. u. a. Urteil vom 2. Oktober 2003, Salzgitter/Kommission, C‑182/99 P, EU:C:2003:526, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung). Eine Verfälschung des Sachverhalts oder der Beweise ist hier nicht geltend gemacht worden.

39      Hingegen stellt die Frage, ob die Begründung eines Urteils des Gerichts widersprüchlich oder ausreichend ist, nach ständiger Rechtsprechung eine Rechtsfrage dar, die als solche im Rahmen eines Rechtsmittels aufgeworfen werden kann (vgl. u. a. Urteil vom 21. September 2006, Nederlandse Federatieve Vereniging voor de Groothandel op Elektrotechnisch Gebied/Kommission, C‑105/04 P, EU:C:2006:592, Rn. 71 und die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Im vorliegenden Fall hat das Gericht in Rn. 287 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass sich die Kommission zum Nachweis der Teilnahme von Villeroy & Boch Frankreich an den AFICS-Treffen, die 2004 stattgefunden hätten, auf die Aussagen von Ideal Standard und Roca gestützt habe. In Rn. 289 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, die Erklärung eines Unternehmens, dem eine vollständige oder teilweise Ermäßigung der Geldbuße gewährt werde, müsse, wenn sie von einer Partei bestritten werde, nach der Rechtsprechung untermauert werden; eine solche Untermauerung könne aber durch das Zeugnis eines anderen am Kartell beteiligten Unternehmens erfolgen, auch wenn ihm ebenfalls eine Ermäßigung der Geldbuße gewährt worden sei. Das Gericht hat den Beweiswert der Aussage von Roca untersucht und ist dann in Rn. 290 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Aussage von Ideal Standard, untermauert durch die von Roca, rechtlich hinreichend beweise, dass die in Rede stehenden rechtswidrigen Gespräche geführt worden seien.

41      Nach Auffassung der Rechtsmittelführerin steht diese Begründung im Widerspruch zu der im Urteil vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457).

42      Nach ständiger Rechtsprechung kann die Verpflichtung des Gerichts, seine Urteile zu begründen, aber grundsätzlich nicht so weit gehen, dass es die in einer Rechtssache gewählte Lösung gegenüber der in einer anderen Rechtssache, mit der es befasst war, gewählten rechtfertigen müsste, selbst wenn sie denselben Beschluss betrifft (vgl. Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 66 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, es liege ein Widerspruch zwischen der Begründung des angefochtenen Urteils und der des Urteils vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457), vor, ist also zurückzuweisen.

44      Zu dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe die Aussage von Duravit nicht gegen sie verwerten dürfen, ist festzustellen, dass es auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils beruht. Die Aussage von Duravit wird in Rn. 293 des angefochtenen Urteils lediglich angesprochen, um auf ein von den Klägerinnen unter Berufung auf diese Aussage angeführtes Argument einzugehen, mit dem die Glaubwürdigkeit der Aussagen von Ideal Standard und Roca in Zweifel gezogen werden sollte. Das Gericht hat die Aussage von Duravit also nicht gegen die Rechtsmittelführerin verwertet. Dies wird durch Rn. 295 des angefochtenen Urteils bestätigt, in der das Gericht festgestellt hat, dass die Aussagen von Ideal Standard und Roca für die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV genügten.

45      Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

46      Mit ihrem aus zwei Teilen bestehenden zweiten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin als Erstes geltend, das Gericht habe dadurch gegen seine Begründungspflicht verstoßen, dass es in Rn. 233 des angefochtenen Urteils den Klagegrund, mit dem sie geltend gemacht habe, dass keine Zuwiderhandlung in Italien vorliege, unter der falschen Annahme zurückgewiesen habe, dass sie nicht bestritten habe, von der Durchführung wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in diesem Mitgliedsstaat Kenntnis gehabt zu haben.

47      Als Zweites macht die Klägerin geltend, das angefochtene Urteil verstoße gegen die Denkgesetze und das Gleichbehandlungsgebot betreffend die materielle Bewertung und die Zurechnung der angeblich in Italien begangenen Zuwiderhandlung. Das Gericht habe ihr diese von einem Dritten begangene Zuwiderhandlung in Rn. 234 des angefochtenen Urteils nämlich aufgrund ihrer angeblichen Kenntnis davon zugerechnet, obwohl sie in Italien weder tätig gewesen sei noch an Verbandssitzungen teilgenommen habe. Zugleich seien aber in drei anderen Urteilen vom selben Tag, die dieselbe Kammer in derselben Besetzung erlassen habe, die gegen die angeblichen Haupttäter dieser Zuwiderhandlung erhobenen Primärvorwürfe weitgehend oder vollständig verworfen worden.

48      Das Gericht habe in den Rn. 335 ff. des Urteils vom 16. September 2013, Duravit u. a./Kommission (T‑364/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:477), nämlich festgestellt, dass Duravit, der Duravit SA und der Duravit BeLux SPRL/BVBA weder eine Beteiligung an noch eine Kenntnis von Zuwiderhandlungen in Italien vorgeworfen werden könne, obwohl diese Gesellschaften über ein Gemeinschaftsunternehmen auf dem italienischen Markt aktiv gewesen seien.

49      Nichts anderes folge auch aus einem weiteren Urteil derselben Kammer und derselben Berichterstatterin vom selben Tag zum identischen Thema „Italien“, nämlich dem Urteil vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449, Rn. 70 ff.). Dort habe das Gericht festgestellt, dass die Unternehmen der Ideal Standard-Gruppe trotz ihrer erwiesenen Teilnahme an Verbandstreffen in Italien, bei denen kartellrechtswidrige Erörterungen stattgefunden haben sollten, für den Zeitraum März 1993 bis März 2000 zu entlasten gewesen seien.

50      Dieselbe Argumentation habe, anders als im angefochtenen Urteil, auch im Urteil vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457, Rn. 222 und 223), zur teilweisen Aufhebung der streitigen Entscheidung hinsichtlich des angeblichen Verstoßes in Italien geführt.

51      Die Beweiswürdigung des Gerichts in Rn. 233 des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dessen Rn. 66 ff. könne daher inhaltlich keinen Bestand haben.

52      Nach Auffassung der Kommission ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

53      Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist im Hinblick auf Rn. 59 der Klageschrift, auf die sich die Rechtsmittelführerin insoweit beruft, festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin, wie das Gericht in Rn. 233 des angefochtenen Urteils im Kern festgestellt hat, lediglich bestritten hat, Kenntnis von wettbewerbswidrigen Handlungen in Italien gehabt zu haben, ohne dies durch irgendein Argument zu untermauern oder substantiiert zu belegen. Außerdem bezieht sich Rn. 59 der Klageschrift nicht auf den dritten Teil des dritten Klagegrundes, sondern auf den ersten Klagegrund. Dem Gericht kann deshalb nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass es in den Rn. 231 bis 234 des angefochtenen Urteils bei der Prüfung des dritten Teils des dritten Klagegrundes nicht darauf eingegangen ist.

54      Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

55      Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 AEUV nach ständiger Rechtsprechung nicht nur aus einer isolierten Handlung, sondern auch aus einer Reihe von Handlungen oder einem fortgesetzten Verhalten ergeben kann, selbst wenn ein oder mehrere Teile dieser Reihe von Handlungen oder dieses fortgesetzten Verhaltens auch für sich genommen und isoliert betrachtet einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift darstellen könnten. Somit ist, wenn sich die verschiedenen Handlungen wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs im Binnenmarkt in einen „Gesamtplan“ einfügen, die Kommission berechtigt, die Verantwortung für diese Handlungen anhand der Beteiligung an der Zuwiderhandlung als Ganzes aufzuerlegen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 156 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

56      Ein Unternehmen, das sich durch eigene Handlungen, die den Begriff der Vereinbarung oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweise mit wettbewerbswidrigem Ziel im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV erfüllten und zur Verwirklichung der Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit beitragen sollten, an einer solchen einheitlichen und komplexen Zuwiderhandlung beteiligt hat, kann somit für die gesamte Zeit seiner Beteiligung an der Zuwiderhandlung auch für das Verhalten verantwortlich sein, das andere Unternehmen im Rahmen der Zuwiderhandlung an den Tag legten. Dies ist dann der Fall, wenn das Unternehmen nachweislich durch sein eigenes Verhalten zur Erreichung der von allen Beteiligten verfolgten gemeinsamen Ziele beitragen wollte und von dem von anderen Unternehmen in Verfolgung dieser Ziele beabsichtigten oder an den Tag gelegten rechtswidrigen Verhalten wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 157 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

57      Es ist somit möglich, dass sich ein Unternehmen an dem gesamten wettbewerbswidrigen Verhalten, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat; dann ist die Kommission berechtigt, es für dieses gesamte Verhalten und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen. Es ist auch möglich, dass sich ein Unternehmen nur an einem Teil des wettbewerbswidrigen Verhaltens, das die einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung bildet, unmittelbar beteiligt hat, aber von dem gesamten übrigen rechtswidrigen Verhalten, das die anderen Kartellbeteiligten in Verfolgung der gleichen Ziele beabsichtigten oder an den Tag legten, wusste oder es vernünftigerweise vorhersehen konnte und bereit war, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. In einem solchen Fall ist die Kommission ebenfalls berechtigt, dieses Unternehmen für das gesamte wettbewerbswidrige Verhalten, das eine solche Zuwiderhandlung bildet, und damit für die Zuwiderhandlung in ihrer Gesamtheit zur Verantwortung zu ziehen (vgl. Urteil vom 24. Juni 2015, Fresh Del Monte Produce/Kommission und Kommission/Fresh Del Monte Produce, C‑293/13 P und C‑294/13 P, EU:C:2015:416, Rn. 158 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Bei der Qualifizierung verschiedener Vorgänge als einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung ist nicht zu prüfen, ob sie insofern in einem Komplementaritätsverhältnis stehen, als jede von ihnen eine oder mehrere Folgen des normalen Wettbewerbs beseitigen soll und durch Interaktion zur Verwirklichung sämtlicher wettbewerbswidriger Wirkungen beiträgt, die ihre Urheber im Rahmen eines auf ein einheitliches Ziel gerichteten Gesamtplans anstreben. Die den Begriff „einheitliches Ziel“ betreffende Voraussetzung bedeutet vielmehr, dass geprüft werden muss, ob es nicht die verschiedenen Verhaltensweisen, die Bestandteil der Zuwiderhandlung sind, kennzeichnende Gesichtspunkte gibt, die darauf hindeuten könnten, dass die von anderen beteiligten Unternehmen vorgenommenen Handlungen nicht das gleiche Ziel oder die gleiche wettbewerbswidrige Wirkung haben und sich daher nicht wegen ihres identischen Zwecks der Verfälschung des Wettbewerbs innerhalb des Binnenmarkts in einen „Gesamtplan“ einfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 19. Dezember 2013, Siemens u. a./Kommission, C‑239/11 P, C‑489/11 P und C‑498/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:866, Rn. 247 und 248).

59      Außerdem kann aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht abgeleitet werden, dass Art. 101 Abs. 1 AEUV nur entweder Unternehmen betrifft, die auf dem von den Wettbewerbsbeschränkungen betroffenen Markt oder auch auf den diesem Markt vorgelagerten, nachgelagerten oder benachbarten Märkten tätig sind, oder Unternehmen, die ihre Selbständigkeit beim Verhalten auf einem bestimmten Markt aufgrund einer Vereinbarung oder einer abgestimmten Verhaltensweise beschränken. Nach gefestigter Rechtsprechung des Gerichtshofs bezieht sich nämlich der Wortlaut von Art. 101 Abs. 1 AEUV allgemein auf alle Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen, die – sei es in horizontalen oder vertikalen Beziehungen – den Wettbewerb im Binnenmarkt verfälschen, unabhängig davon, auf welchem Markt die Parteien tätig sind, und unabhängig davon, dass nur das Geschäftsverhalten einer der Parteien durch die Bedingungen der in Rede stehenden Vereinbarungen betroffen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 34 und 35 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

60      Nach der dargestellten Rechtsprechung ist die Annahme des Gerichts, die Rechtsmittelführerin habe sich an einer einheitlichen Zuwiderhandlung beteiligt, die sich u. a. auf Italien erstreckt habe, weil sie Kenntnis von wettbewerbswidrigen Verhaltensweisen in Italien gehabt habe, die Teil des oben in Rn. 15 beschriebenen Gesamtplans gewesen seien, auch wenn sie diese Verhaltensweisen nicht selbst durchgeführt habe, rechtlich nicht zu beanstanden.

61      Was das Vorbringen bezüglich der in den Urteilen vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449), vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457), und vom 16. September 2013, Duravit u. a./Kommission (T‑364/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:477), gewählten Lösung anbelangt, ist festzustellen, dass die Verpflichtung des Gerichts, seine Urteile zu begründen, wie oben in Rn. 42 ausgeführt, nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich nicht so weit gehen kann, dass es die in einer Rechtssache gewählte Lösung gegenüber der in einer anderen Rechtssache, mit der es befasst war, gewählten rechtfertigen muss, selbst wenn sie denselben Beschluss betrifft.

62      Im Übrigen wird die im angefochtenen Urteil enthaltene Feststellung, dass wegen des einheitlichen Ziels der betreffenden Verhaltensweisen, mit denen der Wettbewerb im Binnenmarkt verfälscht worden sei, ein Gesamtplan hinsichtlich der drei Produktuntergruppen und der sechs betroffenen Mitgliedstaaten existiert habe, nicht bereits dadurch entkräftet, dass das Gericht den streitigen Beschluss, soweit er die Beteiligung bestimmter anderer Kartellteilnehmer an den Zuwiderhandlungen auf bestimmten räumlichen Märkten und in bestimmten Zeiträumen betrifft, teilweise für nichtig erklärt hat. Solche Teilnichtigerklärungen können allenfalls zu einer Herabsetzung der gegen das betreffende Unternehmen verhängten Geldbuße führen, sofern bei deren Verhängung die betreffenden räumlichen Märkte berücksichtigt wurden.

63      Die Rechtsmittelführerin macht also zu Unrecht geltend, dass das Gericht dadurch einen Rechtsfehler begangen habe, dass es ihren auf das Fehlen einer Zuwiderhandlung in Italien gestützten Klagegrund zurückgewiesen habe, obwohl es bei bestimmten auf dem italienischen Markt tätigen Unternehmen die Beteiligung an der Zuwiderhandlung während sämtlicher von der Kommission festgestellten Zeiträume ganz oder teilweise als nicht erwiesen angesehen habe.

64      Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist mithin unbegründet.

65      Folglich ist der zweite Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

66      Mit dem ersten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes beanstandet die Rechtsmittelführerin im Wesentlichen, dass das Gericht rechtswidrig ein berechtigtes Interesse der Kommission an der Feststellung einer verjährten Zuwiderhandlung in den Niederlanden angenommen habe. Das Gericht habe insoweit seine Befugnisse aus Art. 263 AEUV überschritten und gegen die Begründungspflicht nach Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßen. Im vorliegenden Fall liege keine solche Situation vor.

67      Mit dem zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes macht die Rechtsmittelführerin geltend, zwischen den Gründen und Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils bestehe ein offensichtlicher Widerspruch. Die Kommission habe ursprünglich nämlich einen mehr als fünfjährigen, durchgehenden Verstoß in den Niederlanden festgestellt. In Rn. 321 des angefochtenen Urteils habe das Gericht dann aber festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin wegen der in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung nur für die Zeit vom 26. November 1996 bis zum 1. Dezember 1997 und vom 20. Januar bis zum 1. Dezember 1999 habe belangt werden können. Es hätte den streitigen Beschluss schon nach seinen eigenen Ausführungen, wie dies im Hinblick auf den Deutschland betreffenden Verstoß in Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils auch geschehen sei, insoweit für nichtig erklären müssen, als darin festgestellt werde, dass sie sich in den Niederlanden an einem Kartell im Badezimmerausstattungssektor für einen Zeitraum beteiligt habe, der über die genannten Zeiträume hinausgehe. Es habe dies unterlassen, was ein schwerer Rechtsfehler des angefochtenen Urteils sei, das folglich zumindest teilweise aufzuheben sei.

68      Nach Ansicht der Kommission ist der dritte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

69      Hinsichtlich des ersten Teils des dritten Rechtsmittelgrundes ist, was als Erstes das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen Art. 263 AEUV angeht, darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung aus Art. 256 AEUV, Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und Art. 169 Abs. 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs folgt, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils, dessen Aufhebung beantragt wird, sowie die rechtlichen Argumente, die diesen Antrag speziell stützen, genau bezeichnen muss. Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe und Argumente wiedergibt, aber keinerlei Ausführungen speziell zur Bezeichnung des Rechtsfehlers enthält, mit dem das angefochtene Urteil behaftet sein soll, genügt diesem Erfordernis nicht. Ein solches Rechtsmittel zielt nämlich in Wirklichkeit nur auf eine erneute Prüfung der beim Gericht eingereichten Klage ab, was nicht in die Zuständigkeit des Gerichtshofs fällt (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 30. Juni 2005, Eurocermex/HABM, C‑286/04 P, EU:C:2005:422, Rn. 49 und 50, sowie vom 12. September 2006, Reynolds Tobacco u. a./Kommission, C‑131/03 P, EU:C:2006:541, Rn. 49 und 50).

70      Die Rechtsmittelführerin hat allerdings nicht dargelegt, inwiefern das Gericht mit der Annahme, dass die Kommission im vorliegenden Fall ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der in den Niederlanden begangenen Zuwiderhandlung habe, seine Befugnisse gemäß Art. 263 AEUV überschritten haben soll.

71      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen Art. 263 AEUV ist also unzulässig.

72      Was als Zweites das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen die Begründungspflicht angeht, ist festzustellen, dass das Gericht nach ständiger Rechtsprechung nicht verpflichtet ist, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln, sofern die Begründung es den Betroffenen ermöglicht, zu erfahren, warum ihrem Vorbringen nicht gefolgt worden ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben an die Hand gibt, damit er seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann (vgl. u. a. Urteile vom 2. April 2009, Bouygues und Bouygues Télécom/Kommission, C‑431/07 P, EU:C:2009:223, Rn. 42, und vom 22. Mai 2014, Armando Álvarez/Kommission, C‑36/12 P, EU:C:2014:349, Rn. 31).

73      Das Gericht hat zunächst darauf hingewiesen, dass die Kommission eine Zuwiderhandlung, die verjährungsbedingt nicht mehr mit einer Geldbuße geahndet werden könne, nach ständiger Rechtsprechung gemäß Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1/2003 feststellen dürfe, wenn sie daran ein berechtigtes Interesse habe. Es hat dann in Rn. 304 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission im vorliegenden Fall ein solches berechtigtes Interesse gehabt habe. Zur Bekräftigung ihrer Feststellung, dass eine einheitliche Zuwiderhandlung begangen worden sei, habe die Kommission nämlich auch für Zeiträume, die als verjährt betrachtet werden könnten, ein berechtigtes Interesse daran gehabt, alle rechtswidrigen Verhaltensweisen festzustellen, an denen Unternehmen wie die Rechtsmittelführerin beteiligt gewesen seien, die sie als Mitglied der „zentralen Gruppe von Unternehmen“, die diese Zuwiderhandlung umgesetzt hätten, angesehen habe.

74      Das Gericht, das nicht auf sämtliches Vorbringen der Rechtsmittelführerin eingehen musste, hat das angefochtene Urteil damit rechtlich hinreichend begründet.

75      Der erste Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist also teils unzulässig, teils unbegründet.

76      Zum zweiten Teil des dritten Rechtsmittelgrundes, mit dem geltend gemacht wird, es bestehe ein Widerspruch zwischen den Gründen und Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils, der nicht den vom Gericht in Rn. 321 des angefochtenen Urteils getroffenen Feststellungen entspreche, ist hervorzuheben, dass diese nicht die Feststellung in Nr. 2 des Tenors des angefochtenen Urteils entkräften, wonach sich die Rechtsmittelführerin ab dem 12. Oktober 1994 an einer einheitlichen Zuwiderhandlung im Badezimmerausstattungssektor in Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Österreich beteiligt habe. Das Gericht hat nämlich ausgeführt, dass das betreffende rechtswidrige Verhalten in Österreich zu diesem Zeitpunkt begonnen habe. Außerdem hat es in der Rechtssache T‑374/10 entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, wie sich eindeutig aus Rn. 321 des angefochtenen Urteils in Verbindung mit dessen Rn. 395 ergibt, den streitigen Beschluss nicht deshalb teilweise für nichtig erklärt, weil der Kommission hinsichtlich der in Deutschland begangenen Zuwiderhandlung ein Beurteilungsfehler unterlaufen wäre, sondern deshalb, weil die Kommission rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen hatte, dass sich die Rechtsmittelführerin in den Niederlanden ab dem 28. September 1994 an einer Zuwiderhandlung beteiligt hatte.

77      Der zweite Teil des dritten Rechtsmittelgrundes ist also unbegründet.

78      Somit ist der dritte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

79      Mit ihrem aus vier Teilen bestehenden vierten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin als Erstes geltend, die Wiedergabe ihres Prozessvortrags zum Tatkomplex Belgien sei falsch und habe zu einem gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV verstoßenden Begründungsmangel des angefochtenen Urteils geführt. Die Erwägungen des Gerichts in den Rn. 243 ff. des angefochtenen Urteils fußten nämlich auf der falschen Prämisse, dass Herr Z. nach dem 1. Januar 2003 noch Villeroy & Boch Belgien angehört habe. In Wirklichkeit habe Herr Z., wie sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht vorgetragen und wie das Gericht selbst erhoben habe, ab diesem Zeitpunkt keinerlei arbeitsrechtliche oder organisatorische Beziehungen mehr zu Villeroy & Boch Belgien gehabt. Damit scheide jegliche Zurechnung ihr gegenüber aus.

80      Als Zweites macht die Rechtsmittelführerin hilfsweise geltend, das Gericht habe dadurch gegen Art. 101 AEUV verstoßen, dass es Villeroy & Boch Belgien die Beteiligung an einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Sanitärkeramik in Belgien zur Last gelegt habe, obwohl die Gesellschaft seit Ende 2002 nicht mehr auf diesem Markt tätig gewesen sei. Das Gericht habe insbesondere nicht dargelegt, welches „Verhalten“ Villeroy & Boch Belgien nach ihrem Marktrückzug mit den Kartellbeteiligten hätte koordinieren können, um den Wettbewerb auf dem belgischen Sanitärkeramikmarkt zu beschränken. Angesichts der Ausführungen des Gerichts in den Urteilen vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449, Rn. 79 ff.), und vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457, Rn. 222 ff.), bestehe keine Möglichkeit, Villeroy & Boch Belgien – oder abgeleitet ihr selbst – eine Haftung für Taten Dritter aufzuerlegen, die nach ihrem Marktrückzug begangen worden sein sollten. Wie das Gericht in diesen Urteilen ausgeführt habe, hätte ein solcher Vorwurf vielmehr die Darlegung der Erfüllung weiterer Tatbestandsmerkmale der einheitlichen Zuwiderhandlung, namentlich des übereinstimmenden „Bezweckens“ oder „Bewirkens“ von Wettbewerbsbeschränkungen auf dem belgischen Markt, erfordert, die hier aber evident nicht vorlägen. Die entgegengesetzte Würdigung des Sachverhalts im angefochtenen Urteil und im Urteil vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449), stelle jedenfalls einen sie benachteiligenden Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz dar.

81      Als Drittes macht die Rechtsmittelführerin hinsichtlich des Nachweises des Vorliegens abgestimmter Verhaltensweisen bei den Treffen vom 28. und 29. April 2003 in Belgien geltend, die Beweisführung des Gerichts erschöpfe sich in Rn. 271 des angefochtenen Urteils in der Aussage, aus dem Umstand, dass kein einheitlicher Prozentsatz für Großhändler-Boni vereinbart worden sei, könne nicht geschlossen werden, „dass der Wettbewerb durch den Austausch entsprechender Informationen nicht verfälscht worden wäre“. Selbst wenn man diese These des Gerichts als zutreffend unterstellte, wäre aber denkgesetzlich der Beweis einer Zuwiderhandlung nicht erbracht. Es liege entweder ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV oder gegen den in Art. 48 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) normierten Grundsatz in dubio pro reo vor.

82      Als Viertes macht die Rechtsmittelführerin geltend, das angefochtene Urteil sei in den Rn. 272 und 274 rechtsfehlerhaft, soweit es von einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung hinsichtlich sämtlicher festgestellter Zuwiderhandlungen auf dem belgischen Markt für Sanitärkeramik ausgehe.

83      Aus den von der Kommission auf der Grundlage der VCG-Treffen festgestellten Tatsachen ergebe sich nämlich nicht, dass der gesamte angenommene Verstoßzeitraum als einheitliche Zuwiderhandlung anzusehen wäre. Vielmehr habe nach dem VCG-Treffen am 28. und 29. April 2003 eine offensichtliche Zäsur vorgelegen, die der rechtlichen Zusammenfassung der vorhergehenden und nachfolgenden Treffen zu einer einheitlichen und fortgesetzten Zuwiderhandlung entgegenstehe.

84      Nach Auffassung der Kommission ist der vierte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

85      Als Erstes ist zum ersten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes, mit dem geltend gemacht wird, das Gericht habe dadurch gegen seine Begründungspflicht verstoßen, dass es das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, Herr Z. habe seit dem 1. Januar 2003 keinerlei Beziehungen mehr zu Villeroy & Boch Belgien gehabt, übergangen habe, festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin im schriftlichen Verfahren vor dem Gericht ihre Beteiligung an dem Kartell in Belgien ab diesem Zeitpunkt lediglich damit bestritten hatte, dass Villeroy & Boch Luxemburg „Ende 2002 das Keramikgeschäft von [der belgischen Gesellschaft] übernommen hat“. Erst in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht hat sie erstmals ausdrücklich geltend gemacht, dass sie für ein wettbewerbswidriges Verhalten auf dem belgischen Sanitärkeramikmarkt ab dem 1. Januar 2003 nicht verantwortlich gemacht werden könne, da Herr Z., der an den Kartelltreffen teilgenommen habe, ab diesem Zeitpunkt kein Mitarbeiter von Villeroy & Boch Belgien mehr gewesen sei, sondern Mitarbeiter von Villeroy & Boch Luxemburg.

86      Nach Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts können neue Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens aber nicht mehr vorgebracht werden, es sei denn, dass sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt werden, die erst während des Verfahrens zutage getreten sind. Mithin war das Vorbringen der Rechtsmittelführerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Gericht offensichtlich unzulässig. Mit ihm wurde nämlich ein neues Angriffsmittel vorgebracht, das auf einen rechtlichen Grund gestützt war, über den die Rechtsmittelführerin am besten informiert war und der nicht erst während des Verfahrens zutage getreten ist.

87      Zwar hat sich das Gericht zur Zulässigkeit und Begründetheit dieses Vorbringens nicht ausdrücklich geäußert. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs kann vom Gericht jedoch nicht verlangt werden, dass es jedes Mal, wenn sich eine Partei im Laufe des Verfahrens auf ein neues Angriffs- oder Verteidigungsmittel beruft, das offensichtlich nicht den Anforderungen von Art. 48 § 2 seiner Verfahrensordnung entspricht, in seinem Urteil entweder die Gründe erläutert, aus denen dieses Angriffs- oder Verteidigungsmittel unzulässig ist, oder es inhaltlich prüft (vgl. u. a. Urteil vom 20. März 2014, Rousse Industry/Kommission, C‑271/13 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:175, Rn. 22 und die dort angeführte Rechtsprechung).

88      Das Gericht hat somit nicht gegen die Begründungspflicht verstoßen, als es in Rn. 248 des angefochtenen Urteils, ohne das verspätete Vorbringen der Rechtsmittelführerin, Herr Z. sei ab dem 1. Januar 2003 kein Mitarbeiter von Villeroy & Boch Belgien mehr gewesen, zu berücksichtigen und ohne darzulegen, warum dieses Vorbringen offensichtlich unzulässig war, festgestellt hat, dass die Teilnahme von Herrn Z. an den Kartelltreffen „beweist …, dass sich Villeroy & Boch Belgien weiter in ihrem eigenen Interesse und dem des Unternehmens im Sinne des Wettbewerbsrechts, zu dem es gehörte, aktiv an der Zuwiderhandlung beteiligte“.

89      Mithin ist der erste Teil des vierten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

90      Als Zweites ist zum zweiten Teil des vierten Rechtsmittelgrundes, mit dem ein Verstoß gegen Art. 101 AEUV gerügt wird, festzustellen, dass sich die Rechtsmittelführerin nicht gegen die Feststellung des Gerichts wendet, dass die VCG-Treffen vor und nach dem 1. Januar 2003 rechtswidrig gewesen seien. Sie macht vielmehr geltend, das Gericht habe, obwohl Villeroy & Boch Belgien auf dem belgischen Sanitärkeramikmarkt seit Ende 2002 nicht mehr tätig gewesen sei, zu Unrecht festgestellt, dass sie sich an der Zuwiderhandlung beteiligt habe.

91      Nach der oben in Rn. 59 angeführten Rechtsprechung hat das Gericht in Rn. 242 des angefochtenen Urteils aber zu Recht angenommen, dass ein Unternehmen gegen das in Art. 101 Abs. 1 AEUV vorgesehene Verbot verstoßen kann, wenn sein Verhalten, das mit dem anderer Unternehmen koordiniert ist, die Einschränkung des Wettbewerbs auf einem relevanten speziellen Markt bezweckt, ohne dass dies unbedingt voraussetzen würde, dass es selbst auf diesem relevanten Markt tätig ist.

92      Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin hat das Gericht dargetan, dass sich Villeroy & Boch Belgien aktiv an der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung beteiligt hatte. Es hat in den Rn. 244 und 248 des angefochtenen Urteils ausgeführt, die Tatsache, dass Herr Z. vor und nach dem 1. Januar 2003, also auch nachdem Villeroy & Boch Belgien jegliche Tätigkeit auf dem Sanitärkeramikmarkt eingestellt habe, ununterbrochen für diese Gesellschaft an den VCG-Treffen teilgenommen habe, deren Rechtswidrigkeit die Rechtsmittelführerin nicht bestreite, beweise die aktive Beteiligung dieser Gesellschaft an der Zuwiderhandlung. Außerdem werden die einzelnen Verhaltensweisen, die den Unternehmen, die sich an dieser Zuwiderhandlung beteiligten, zur Last gelegt wurden, entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin in den Rn. 255 bis 277 des angefochtenen Urteils im Einzelnen dargestellt.

93      Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, Villeroy & Boch Belgien habe seit Ende 2002 jegliche Tätigkeit im Bereich Sanitärkeramik eingestellt, ist also zurückzuweisen.

94      Nach der oben in Rn. 42 angeführten Rechtsprechung ändert daran auch der in den Urteilen vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449, Rn. 84), und vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457, Rn. 220 ff.), gewählte Ansatz nichts.

95      Folglich ist der zweite Teil des vierten Rechtsmittelgrundes unbegründet.

96      Schließlich ist als Drittes zum Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen des dritten und des vierten Teils des vierten Rechtsmittelgrundes festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin damit unter dem Deckmantel von Rechtsfehlern, die das Gericht begangen haben soll, die Würdigung der Beweise zu verschiedenen rechtswidrigen Treffen in Zweifel ziehen will, die in die ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts fällt. Dieses Vorbringen ist daher als unzulässig zurückzuweisen.

97      Der vierte Rechtsmittelgrund ist somit als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum fünften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

98      Mit ihrem fünften Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das angefochtene Urteil verstoße insoweit gegen Art. 101 AEUV, als es das Vorliegen einer von 2002 bis 2004 in Deutschland begangenen Zuwiderhandlung bestätige.

99      Was speziell den Nachweis wettbewerbswidriger Verhaltensweisen in Bezug auf Duschabtrennungen im Jahr 2002 angeht, vertritt die Rechtsmittelführerin die Auffassung, die Ausführungen des Gerichts in den Rn. 116 und 117 des angefochtenen Urteils seien rechtsfehlerhaft, weil das Gericht ihren Vortrag in Rn. 135 ihrer Klageschrift und in Rn. 49 ihrer Erwiderung übergangen habe. Einen weiteren Rechtsfehler habe das Gericht dadurch begangen, dass es ein Gespräch zwischen Wettbewerbern über den Termin der alljährlichen Versendung neuer Preislisten als rechtswidrigen Austausch sensibler Geschäftsinformationen qualifiziert habe.

100    Was den Nachweis wettbewerbswidriger Verhaltensweisen im Bereich Sanitärkeramik im Jahr 2002 angeht, vertritt die Rechtsmittelführerin die Auffassung, das Gericht habe in Rn. 143 des angefochtenen Urteils nicht feststellen dürfen, dass sie ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen im Jahr 2002 nicht unterbrochen habe, da sich die wettbewerbswidrigen Wirkungen der im Jahr 2001 geführten rechtswidrigen Gespräche im Laufe des Jahres 2002 entfaltet hätten und sie sich weder von diesen Gesprächen noch von den im Laufe des Jahres 2003 geführten offen distanziert habe, zumal, wie das Gericht festgestellt habe, keine unmittelbaren Beweise dafür vorgelegen hätten, dass 2002 rechtswidrige Treffen stattgefunden hätten.

101    Was die ihr hinsichtlich des Sanitärkeramikmarkts im Jahr 2003 zur Last gelegten Verhaltensweisen angeht, macht die Rechtsmittelführerin geltend, in Rn. 144 des angefochtenen Urteils werde ihr Vortrag zum Nachweis ihrer Teilnahme an den FSKI-Treffen vom 17. Januar 2003 und vom 4. und 5. Juli 2003 verfälscht. Dies verletze Art. 101 AEUV und das Recht auf ein faires Verfahren. Das Gericht habe ausgeführt, es sei von ihr nicht bestritten worden, dass „sich die Sanitärkeramikhersteller laut Sitzungsprotokoll darauf geeinigt hätten, dass die Erhöhung der Mautkosten nicht nur von ihnen getragen werde, sondern an ihre Kunden weitergegeben werde“, und die „Glaubhaftigkeit“ des Protokolls sei von ihr nicht in Zweifel gezogen worden. Das sei falsch und widerspreche diametral ihrem eindeutigen Vorbringen vor dem Gericht.

102    Außerdem habe das Gericht in Rn. 145 des angefochtenen Urteils weder dargelegt, inwieweit der bei diesen Treffen erfolgte Informationsaustausch durch Beseitigung wettbewerbsrelevanter Unsicherheiten den Geheimwettbewerb beeinträchtige, noch, welche Aspekte der ausgetauschten Informationen überhaupt geheim seien. Wie sie vor dem Gericht dargelegt habe, seien die ausgetauschten Informationen im vorliegenden Fall allgemein bekannt gewesen, so dass ihr Austausch nicht als ein durch Art. 101 AEUV verbotenes rechtswidriges Kartell eingestuft werden könne.

103    Ebenso sei das Vorliegen einer Zuwiderhandlung in Bezug auf Duschabtrennungen und Sanitärkeramik im Jahr 2004 nicht nachgewiesen worden. Zur Begründung ihrer Beteiligung an dieser Zuwiderhandlung habe das Gericht in den Rn. 121 und 148 des angefochtenen Urteils ausschließlich darauf abgestellt, dass die Mitglieder des IndustrieForum Sanitär und des Freundeskreises der deutschen Sanitärindustrie bei einem Treffen vom 20. Juli 2004 „detaillierte Geschäftsinformationen über die einzelnen Unternehmen hinsichtlich der Entwicklung des Umsatzes in Deutschland, der Ausfuhren und der Wachstumsprognosen austauschten“, und insbesondere darauf, dass sie ausgeführt habe, ihr Umsatz sei um 5,5 % gestiegen, die Ausfuhren stiegen, und hinsichtlich ihres Umsatzes in Deutschland werde eine Steigerung von 5 % prognostiziert.

104    Zum einen leide das angefochtene Urteil insofern unter einem Begründungsmangel, als das Gericht nicht dargelegt habe, warum die bei dem Treffen vom 20. Juli 2004 geführten Gespräche seiner Auffassung nach den durch Art. 101 AEUV geschützten Geheimwettbewerb hätten verringern können.

105    Zum anderen könnten die Mitteilung von Vorjahres-Gesamtumsätzen eines Unternehmens bzw. eines Konzerns gegenüber Wettbewerbern und Nichtwettbewerbern, der Austausch von Informationen über steigende Ausfuhren oder die Mitteilung der Planung von Umsatzsteigerungen oder von Statistiken über die Entwicklung des Umsatzes nicht als Verstoß gegen Art. 101 AEUV qualifiziert werden. Solche kaufmännischen Kennzahlen ließen für sich keine Rückschlüsse auf ein bestimmtes Marktverhalten des betreffenden Unternehmens, die Profitabilität seiner Geschäftsvorgänge oder die Strategie zur Erreichung der Umsatzsteigerung zu. Kein Marktteilnehmer könne anhand der ausgetauschten Informationen zukünftiges geschäftliches Verhalten seiner Wettbewerber auf dem Markt mit größerer Sicherheit vorhersehen. Zudem würden einige dieser kaufmännischen Kennzahlen von praktisch allen Unternehmen regelmäßig und zeitnah veröffentlicht, wozu sie in den meisten Fällen aufgrund handelsrechtlicher und kapitalmarktrechtlicher Vorschriften sowie der Vorschriften über die Zusammenschlusskontrolle auch verpflichtet seien.

106    Nach Auffassung der Kommission ist der fünfte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

107    Soweit mit dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin im Rahmen ihres fünften Rechtsmittelgrundes eine neue Würdigung des Sachverhalts und der Beweise hinsichtlich der in Deutschland in den Jahren 2002 bis 2004 begangenen Zuwiderhandlungen begehrt wird, ist es nach der oben in Rn. 38 dargestellten Rechtsprechung unzulässig.

108    Im Übrigen ist als Erstes zu den im Jahr 2002 in Bezug auf Duschabtrennungen vorgenommenen Handlungen festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin dem Gericht zu Unrecht vorwirft, ihr Vorbringen in Rn. 135 ihrer Klageschrift und in Rn. 49 ihrer Erwiderung übergangen zu haben. Wie die Kommission geltend macht, betraf dieses Vorbringen nämlich nicht die in Deutschland, sondern die in Österreich begangene Zuwiderhandlung.

109    Außerdem beruht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe ein Gespräch zwischen Wettbewerbern über den Termin der alljährlichen Versendung neuer Preislisten als rechtswidrigen Informationsaustausch qualifiziert, auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils. In den Rn. 116 und 117 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich lediglich festgestellt, dass dieser Informationsaustausch einen Beweis dafür darstelle, dass die Rechtsmittelführerin und ihre Wettbewerber zwischen 2001 und 2003 weiter sensible Geschäftsinformationen ausgetauscht hätten. Das Gericht hat also nicht entschieden, dass der Informationsaustausch als solcher gegen Art. 101 AEUV verstieß.

110    Was als Zweites das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu den im Laufe des Jahres 2002 im Bereich Sanitärkeramik vorgenommenen Handlungen angeht, hat das Gericht in Rn. 143 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Kommission, obwohl keine unmittelbaren Beweise dafür vorgelegen hätten, dass die Rechtsmittelführerin 2002 an rechtswidrigen Treffen teilgenommen habe, zu Recht festgestellt habe, dass sie ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen 2002 nicht unterbrochen habe. Die wettbewerbswidrigen Wirkungen der 2001 geführten rechtswidrigen Gespräche über Erhöhungen der Preise im Jahr 2002, an denen die Rechtsmittelführerin teilgenommen habe, hätten sich nämlich im Laufe des Jahres 2002 entfaltet. Außerdem habe sie in den Jahren 2001 und 2003 an rechtswidrigen Gesprächen über Preiserhöhungen teilgenommen und sich von den geführten Gesprächen nicht offen distanziert.

111    Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs muss eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise oder Vereinbarung in den meisten Fällen aber aus einer Reihe von Koinzidenzen oder Indizien abgeleitet werden, die bei einer Gesamtbetrachtung mangels einer anderen schlüssigen Erklärung den Beweis für eine Verletzung der Wettbewerbsregeln darstellen können. Deshalb steht insbesondere bei einer sich über mehrere Jahre erstreckenden Zuwiderhandlung das Fehlen eines unmittelbaren Beweises für die Beteiligung einer Gesellschaft an der Zuwiderhandlung während eines bestimmten Zeitraums nicht der Feststellung entgegen, dass sich die Gesellschaft auch während dieses Zeitraums daran beteiligt hat, sofern die Feststellung auf objektiven und übereinstimmenden Indizien beruht. Das Fehlen einer offenen Distanzierung der Gesellschaft kann als ein solches Indiz herangezogen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 17. September 2015, Total Marketing Services/Kommission, C‑634/13 P, EU:C:2015:614, Rn. 26 bis 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

112    In Anbetracht dieser Rechtsprechung und unter Zugrundelegung der oben in Rn. 110 dargestellten tatsächlichen Feststellungen des Gerichts ist dessen Beurteilung, dass sich die Rechtsmittelführerin 2002 weiter an dem betreffenden Kartell beteiligt habe, demnach weder rechtlich noch in ihrer Begründung zu beanstanden.

113    Was als Drittes das Jahr 2003 angeht, ist zum einen hervorzuheben, dass der Umstand, dass die Rechtsmittelführerin entgegen den Ausführungen des Gerichts in Rn. 144 des angefochtenen Urteils in Rn. 115 ihrer Klageschrift der Auslegung des Protokolls des FSKI-Treffens vom 4. und 5. Juli 2013 durch die Kommission entgegengetreten sein soll, als solcher die tatsächlichen Feststellungen des Gerichts nicht zu entkräften vermag.

114    Zum anderen ist zur Richtigkeit der Feststellungen in Rn. 145 des angefochtenen Urteils festzustellen, dass das Gericht entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin nicht angenommen hat, dass jeglicher Informationsaustausch unter Wettbewerbern einen Verstoß gegen Art. 101 AEUV darstellen könne. Es hat auch dargelegt, warum die bei dem FSKI-Treffen vom 4. und 5. Juli 2003 geführten Gespräche seiner Auffassung nach wettbewerbswidrigen Charakter hatten. Die Annahme des Gerichts, die Gespräche, bei denen sich die Keramikhersteller darauf geeinigt hätten, die Erhöhung der Straßenmaut an die Kunden weiterzugeben, beseitigten die zwischen den Wettbewerbern bestehende Unsicherheit und kämen einer Koordinierung der Preise gleich, so dass sie unabhängig davon, ob die Weitergabe an die Kunden von Dritten oder der Öffentlichkeit vorhersehbar sei oder nicht, eine wettbewerbswidrige Verhaltensweise darstellten, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

115    Was als Viertes das Jahr 2004 angeht, ist zum einen das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, mit dem diese einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils geltend macht, zurückzuweisen. Entgegen ihrem Vorbringen hat das Gericht in den Rn. 123 und 149 des angefochtenen Urteils nämlich dargelegt, warum es den in den Rn. 121 und 148 des angefochtenen Urteils dargestellten Informationsaustausch für wettbewerbswidrig erachtet. Es hat ausgeführt, dass der Informationsaustausch die 2003 für das Jahr 2004 beschlossene Koordinierung der Preiserhöhungen begleitet habe und dass die Rechtsmittelführerin und ihre Wettbewerber aufgrund der ausgetauschten Informationen ihr zukünftiges geschäftliches Verhalten auf dem Markt mit größerer Sicherheit hätten vorhersehen können. Somit hat das Gericht das angefochtene Urteil begründet.

116    Zum anderen kann es, was die Richtigkeit dieser Feststellungen des Gerichts angeht, mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass sich die Rechtsmittelführerin nicht gegen die Feststellung des Gerichts in den Rn. 123 und 149 des angefochtenen Urteils wendet, wonach der in den Rn. 121 und 148 des angefochtenen Urteils dargestellte Informationsaustausch wettbewerbswidrig sei, weil er die 2003 für das Jahr 2004 beschlossene Koordinierung der Preiserhöhungen begleitet habe. Sie hat im Rahmen des vorliegenden Rechtsmittels auch nicht bestritten, dass eine solche Koordinierung stattgefunden habe. Da ein solcher Umstand für die Feststellung des Vorliegens einer Zuwiderhandlung genügt, geht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin, der Informationsaustausch stelle als solcher keinen Verstoß gegen die Wettbewerbsregeln dar, ins Leere.

117    Folglich ist der fünfte Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils ins Leere gehend und teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum sechsten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

118    Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Feststellungen des Gerichts zu den angeblich zwischen dem 12. Oktober 1994 und dem 9. November 2004 in Österreich begangenen Zuwiderhandlungen seien rechtsfehlerhaft und müssten aufgehoben werden.

119    Was speziell das Jahr 1994 angehe, habe das Gericht in den Rn. 175 und 176 des angefochtenen Urteils die zugrunde gelegten tatsächlichen Feststellungen der Kommission überdehnt und damit unter Verstoß gegen Art. 296 Abs. 2 AEUV die Begründung des streitigen Beschlusses ausgewechselt. Anders als das Gericht entschieden habe, habe die Kommission in den Rn. 299 bis 301 des streitigen Beschlusses nicht festgestellt, dass es bei den ASI-Sitzungen im Jahr 1994 nicht nur um Duschabtrennungen und Armaturen, sondern auch um den Bereich Sanitärkeramik gegangen sei.

120    Zu den Jahren 1995 bis 1997 habe das Gericht in den Rn. 185, 190 und 196 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass Villeroy & Boch Österreich bei den Treffen am 16. November 1995, 23. April 1996 und 15. Oktober 1997 an rechtswidrigen Gesprächen teilgenommen habe.

121    Diese Schlussfolgerung sei, was das Treffen am 16. November 1995 angehe, jedoch rechtsfehlerhaft, und zwar bereits deshalb, weil das Gericht nicht auf alle ihre Argumente eingegangen sei. Auch die in den Rn. 189 ff. des angefochtenen Urteils enthaltenen Ausführungen des Gerichts zu dem Treffen am 23. April 1996, wonach dahinstehen könne, ob das Gespräch auf Verlangen der Großhändler organisiert worden sei, seien rechtsfehlerhaft, weil es die rechtmäßige Alternativerklärung gebe, dass der Sanitär-Fachgroßhandel die Einführung einer Fachhandelspreisliste zu bestimmten Terminen zwecks Katalogerstellung ausdrücklich verlangt habe. Und hinsichtlich des Treffens am 15. Oktober 1997 sei das Gericht in Rn. 194 des angefochtenen Urteils über die Rechtmäßigkeitskontrolle gemäß Art. 263 AEUV hinausgegangen, indem es sich auf Gründe gestützt habe, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Kommission nicht enthalten gewesen seien.

122    Was das Jahr 1998 angehe, seien die in den Rn. 197 ff. des angefochtenen Urteils enthaltenen Ausführungen des Gerichts zur angeblichen Beteiligung von Villeroy & Boch Österreich an einem Kartellverstoß ebenfalls rechtsfehlerhaft, weil in sich widersprüchlich. Das Gericht habe in den Rn. 197 bis 202 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die Kommission nicht bewiesen habe, dass Villeroy & Boch Österreich 1998 an wettbewerbswidrigen Gesprächen teilgenommen habe. Insbesondere habe die mündliche Aussage von Masco eine solche Teilnahme nicht bewiesen. Es sei unlogisch, dass das Gericht dann in Rn. 203 des angefochtenen Urteils dieselbe Aussage von Masco heranziehe, um zu beweisen, dass sie sich nicht von rechtswidrigen Verhaltensweisen im Jahr 1998 distanziert habe. Das Gericht habe somit auch die in der Rechtsprechung aufgestellten rechtlichen Grundsätze verkannt, wonach ein Bündel von Indizien nur dann zum Nachweis des wettbewerbswidrigen Inhalts von Treffen ausreichen könne, wenn der systematische Charakter der Treffen und ihr wettbewerbswidriger Inhalt nachgewiesen und durch eine Unternehmenserklärung mit erheblichem Beweiswert untermauert würden. Beides sei hier nicht der Fall.

123    Was das Jahr 1999 angehe, sei die Schlussfolgerung des Gerichts in Rn. 208 des angefochtenen Urteils, wonach die Kommission die Beteiligung von Villeroy & Boch an rechtswidrigen Gesprächen durch das von Ideal Standard verfasste handschriftliche Protokoll des ASI-Treffens vom 6. September 1999 rechtlich hinreichend nachgewiesen habe, rechtsfehlerhaft. Eine Erklärung eines Kronzeugen könne keinen hinreichenden Beweis für das Vorliegen einer Zuwiderhandlung darstellen, wenn ihre Richtigkeit von mehreren anderen beschuldigten Unternehmen bestritten werde.

124    Was das Jahr 2000 angehe, habe das Gericht in Rn. 214 des angefochtenen Urteils unter Berufung auf das Protokoll des ASI-Treffens vom 12. und 13. Oktober 2000 festgestellt, dass „die 1999 geführten Gespräche … 2000 ihre Wirkungen entfaltet [haben]“, auch wenn unmittelbare Beweise für eine Beteiligung von Villeroy & Boch Österreich an wettbewerbswidrigen Handlungen in diesem Jahr fehlten. Dieses Protokoll, das vom Gericht im Übrigen auch nicht richtig ausgelegt worden sei, genüge insoweit jedoch nicht als Beweis.

125    Was das Jahr 2001 angehe, habe das Gericht in den Rn. 214 bis 218 des angefochtenen Urteils eine Beteiligung von Villeroy & Boch Österreich an rechtswidrigen Gesprächen allein deshalb bejaht, weil die angeblich rechtswidrigen Gespräche aus dem Jahr 2000 fortgewirkt hätten. Es habe zur Begründung lediglich auf die Rn. 652 bis 658 des streitigen Beschlusses verwiesen, ohne zu erläutern, wieso die dortigen Ausführungen überzeugend seien.

126    Was die Jahre 2002 und 2003 angehe, habe das Gericht ihren Vortrag ignoriert.

127    Was schließlich das Jahr 2004 angehe, seien die Feststellungen des Gerichts in Rn. 228 des angefochtenen Urteils widersprüchlich und rechtsfehlerhaft. Das Gericht habe dort angenommen, dass Villeroy & Boch Österreich, die an dem ASI-Treffen vom 22. Januar 2004 nicht teilgenommen habe, durch das Protokoll des Treffens von den dort von ihren Mitbewerbern getroffenen Entscheidungen unterrichtet worden sei. In Rn. 212 des angefochtenen Urteils habe es hingegen die Tatsache, dass Protokolle von ASI-Treffen grundsätzlich allen ASI-Mitgliedern übermittelt werden sollten, als allein nicht für den Nachweis ausreichend angesehen, dass Villeroy & Boch Österreich davon tatsächlich Kenntnis genommen habe.

128    Nach Auffassung der Kommission ist der sechste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

129    Mit ihrem sechsten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin verschiedene Fehler in Feststellungen des Gerichts zu den Zuwiderhandlungen, die in Österreich in der Zeit vom 12. Oktober 1994 bis zum 9. November 2004 begangen worden sein sollen.

130    Was erstens das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zum Jahr 1994 angeht, ist festzustellen, dass die Rechtsmittelführerin lediglich wiederholt, was sie im ersten Rechtszug vor dem Gericht vorgebracht hatte. Dasselbe gilt für das Vorbringen zu dem Treffen vom 23. April 1996. Nach der oben in Rn. 69 dargestellten Rechtsprechung ist dieses Vorbringen deshalb als unzulässig zurückzuweisen.

131    Zweitens ist auch das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu den Treffen vom 16. November 1995 und vom 15. Oktober 1997, mit dem im Wesentlichen ein Begründungsmangel des angefochtenen Urteils gerügt wird, zurückzuweisen. Denn das Gericht hat ihr Vorbringen zu den in Österreich im Zusammenhang mit diesen verschiedenen Treffen begangenen Zuwiderhandlungen in den Rn. 180 bis 185 und 192 bis 196 des angefochtenen Urteils geprüft und zurückgewiesen. Bevor es ihr Vorbringen als unbegründet zurückgewiesen hat, hat es jeweils die einschlägigen Belege angeführt und sich auf den streitigen Beschluss bezogen. Somit hat das Gericht das angefochtene Urteil begründet.

132    Was das Treffen vom 15. Oktober 1997 angeht, ist ferner das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, das Gericht habe sich auf Gründe gestützt, die in der Mitteilung der Beschwerdepunkte der Kommission nicht enthalten gewesen seien. Das Gericht hat sich in Rn. 194 des angefochtenen Urteils nämlich auf die in den Rn. 295 und 307 des streitigen Beschlusses dargelegten Gründe gestützt. Die Rechtsmittelführerin hatte vor dem Gericht aber nicht geltend gemacht, dass zwischen dem streitigen Beschluss und der Mitteilung der Beschwerdepunkte insoweit ein Widerspruch bestehe. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. u. a. Urteil vom 22. Oktober 2015, AC‑Treuhand/Kommission, C‑194/14 P, EU:C:2015:717, Rn. 54) kann sie dies im Stadium des Rechtsmittels vor dem Gerichtshof nicht nachholen.

133    Drittens ist zu den Treffen vom 30. April und vom 18. Juni 1998 festzustellen, dass das Gericht in Rn. 199 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, die Kommission habe nicht dargetan, dass sich die Rechtsmittelführerin an der Zuwiderhandlung beteiligt habe. In Rn. 203 des angefochtenen Urteils hat es jedoch eindeutig festgestellt, dass die Kommission, weil sich die Rechtsmittelführerin nicht offen von den Gesprächen distanziert habe und sich die wettbewerbswidrigen Wirkungen der Vereinbarung vom 15. Oktober 1997 im darauffolgenden Jahr entfaltet hätten, zu Recht angenommen habe, dass die Rechtsmittelführerin ihre Beteiligung an der Zuwiderhandlung im Jahr 1998 nicht unterbrochen habe. Damit ist das Gericht nicht nur seiner Begründungspflicht nachgekommen, wodurch es den Parteien ermöglicht wurde, seine Erwägungen in Zweifel zu ziehen, und dem Gerichtshof, im Rahmen des Rechtsmittels seine Kontrolle auszuüben. Nach der oben in Rn. 111 dargestellten Rechtsprechung ist seine Beweiswürdigung auch rechtlich nicht zu beanstanden. Außerdem hat sich das Gericht weder widersprochen noch seine Begründungspflicht verletzt, indem es angenommen hat, dass die Aussage von Masco zwar für sich genommen nicht für den Nachweis einer Beteiligung der Rechtsmittelführerin am Informationsaustausch im Jahr 1998 genüge, aber im Rahmen des in Rn. 203 des angefochtenen Urteils beschriebenen Bündels übereinstimmender Indizien neben weiteren Elementen zum Nachweis dafür habe herangezogen werden dürfen, dass Villeroy & Boch Österreich ihre Beteiligung an den rechtswidrigen Verhaltensweisen im Jahr 1998 nicht unterbrochen habe.

134    Viertens ist zu den Treffen im Jahr 1999 festzustellen, dass sich die Kommission, wie eindeutig aus Rn. 206 des angefochtenen Urteils hervorgeht, auf ein handschriftliches Protokoll des Treffens vom 6. September 1999 gestützt hat, das von einem Vertreter von Ideal Standard am Tag des rechtswidrigen Treffens erstellt worden war. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin erfordert ein solches Dokument, das nicht erstellt wurde, als die betreffende Gesellschaft ihren Kronzeugenantrag stellte, sondern, wie das Gericht in Rn. 207 des angefochtenen Urteils dargelegt hat, zur Zeit der Zuwiderhandlung keine weiteren übereinstimmenden Beweise. Das entsprechende Vorbringen der Rechtsmittelführerin ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

135    Fünftens ist zum ASI-Treffen am 12. und 13. Oktober 2000 festzustellen, dass das Vorbringen der Rechtsmittelführerin auf einem Fehlverständnis von Rn. 214 des angefochtenen Urteils beruht. Anders als die Rechtsmittelführerin behauptet, hat das Gericht seine Feststellung, dass sich die Wirkungen der 1999 geführten rechtswidrigen Gespräche im Jahr 2000 entfaltet hätten, nämlich nicht auf das Protokoll dieses Treffens gestützt. Im Übrigen wendet sie sich mit ihrem Vorbringen im Wesentlichen gegen die Beweiswürdigung des Gerichts, ohne jedoch eine Verfälschung der Beweise nachzuweisen. Nach der oben in Rn. 38 dargestellten Rechtsprechung ist es daher unzulässig.

136    Was sechstens das Jahr 2001 angeht, beruht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin wiederum auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils und ist deshalb zurückzuweisen. Aus den Rn. 215 bis 218 des angefochtenen Urteils geht nämlich eindeutig hervor, dass das Gericht die Beteiligung von Villeroy & Boch Österreich an den im Jahr 2001 geführten rechtswidrigen Gesprächen nicht daraus geschlossen hat, dass die im Jahr 2000 geführten Gespräche im darauffolgenden Jahr weiter Wirkungen entfaltet hätten. Es hat in den Rn. 215 bis 217 des angefochtenen Urteils vielmehr darauf abgestellt, dass Villeroy & Boch Österreich im Jahr 2001 an mehreren Treffen teilgenommen habe, bei denen sich die Teilnehmer auf den Zeitpunkt der Übermittlung der Preislisten an die Großhändler und den Zeitpunkt der Preiserhöhung sowie über die Koordinierung dieser Treffen mit weiteren Treffen in den Jahren 2000 und 2001 geeinigt hätten, an denen Villeroy & Boch Österreich nicht teilgenommen habe, bei denen die ASI-Mitglieder aber über bezifferte Preiserhöhungen ab dem 1. Januar 2002 gesprochen hätten.

137    Was siebtens die Rüge der Rechtsmittelführerin angeht, das angefochtene Urteil leide unter einem Begründungsmangel, weil das Gericht sein Vorbringen zu den Jahren 2002 und 2003 übergangen habe, kann es mit dem Hinweis sein Bewenden haben, dass das Gericht in den Rn. 219 bis 226 des angefochtenen Urteils, bevor es das Vorbringen der Rechtsmittelführerin als unbegründet zurückgewiesen hat, bei den einzelnen Treffen jeweils die relevanten Belege angeführt und auf den streitigen Beschluss verwiesen hat. Nach der oben in Rn. 72 dargestellten Rechtsprechung musste das Gericht nicht auf sämtliches Vorbringen der Rechtsmittelführerin eingehen. Die entsprechende Rüge der Rechtsmittelführerin ist deshalb zurückzuweisen.

138    Schließlich versucht die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen zu dem Treffen vom 22. Januar 2004, die Beweiswürdigung des Gerichts in Zweifel zu ziehen, ohne jedoch eine Verfälschung der Beweise darzutun. Nach der oben in Rn. 38 dargestellten Rechtsprechung ist es daher als unzulässig zurückzuweisen.

139    Folglich ist der sechste Rechtsmittelgrund als teils unzulässig, teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum siebten und zum neunten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

140    Mit ihrem siebten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin zu den ihr im Zusammenhang mit angeblichen Zuwiderhandlungen in Belgien, Frankreich und Österreich angelasteten Verhaltensweisen hilfsweise geltend, dass mit ihnen ihre Beteiligung an den Zuwiderhandlungen nicht nachgewiesen werden könne, da es sich dabei um Verhaltensweisen ihrer Tochtergesellschaften und nicht von ihr selbst gehandelt habe.

141    Die Rechtsmittelführerin macht insoweit geltend, die Rechtsfigur der wirtschaftlichen Einheit, wie sie die Kommission und das Gericht im vorliegenden Fall angewandt hätten, stelle eine verschuldensunabhängige Zurechnung von Verhaltensweisen dar, die gegen die durch die Charta gewährten Garantien, insbesondere die Unschuldsvermutung und den Grundsatz in dubio pro reo (Art. 48 Abs. 1 der Charta), gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen sowie gegen Art. 101 AEUV verstoße, zumal die Vermutung des Vorliegens einer wirtschaftlichen Einheit bei einer 100%igen Beteiligung praktisch unwiderleglich sei. Zwar habe der Gerichtshof diese Rechtsfigur in seiner Rechtsprechung vor dem Inkrafttreten der Charta geduldet. Diese Rechtsprechung müsse sich aber fortentwickeln. Zudem verstoße das Urteil insoweit gegen die Begründungspflicht gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV, als darin auf diese Argumente nicht eingegangen werde und sich in ihm hinsichtlich wesentlicher Teile der ihr angelasteten Zuwiderhandlung überhaupt keine Begründungen fänden.

142    Mit ihrem neunten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, dass das angefochtene Urteil ihre Haftung als Gesamtschuldnerin für die Geldbuße gemeinsam mit ihrer Tochtergesellschaft bestätigt habe.

143    Selbst wenn man eine Haftung der Muttergesellschaft für Handlungen ihrer Tochtergesellschaft nach dem Konzept der wirtschaftlichen Einheit für möglich halten wolle, müsse die Anordnung einer gesamtschuldnerischen Verpflichtung zur Zahlung der gegen ihre Tochtergesellschaften verhängten Geldbußen nämlich schon vor dem Hintergrund ausscheiden, dass es in keinem Rechtsakt der Union eine Regelung gebe, die eine gesamtschuldnerische Verhängung einer Geldbuße vorsehe, und dass ihr durch die Anordnung einer Gesamtschuld der Anspruch auf eine individuelle, ihrem Verschulden entsprechende Buße versagt werde, wodurch der Grundsatz der persönlichen Verantwortlichkeit verletzt werde. Hilfsweise macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Kommission und das Gericht hätten bei der Geldbuße die Haftungsquoten der einzelnen Gesamtschuldner jedenfalls anhand der jeweiligen Verantwortungsbeiträge ermitteln müssen.

144    Nach Auffassung der Kommission sind der siebte und der neunte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

145    Nach einer ständigen Rechtsprechung, die vor dem Inkrafttreten der Charta nicht in Frage gestellt worden ist, können einer juristischen Person, die eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht nicht selbst begangen hat, unter bestimmten Umständen gleichwohl Sanktionen für die Zuwiderhandlung einer anderen juristischen Person auferlegt werden, wenn beide Personen Teil derselben wirtschaftlichen Einheit sind und somit ein Unternehmen im Sinne von Art. 101 AEUV bilden (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 45).

146    So kann nach ständiger Rechtsprechung einer Muttergesellschaft das Verhalten ihrer Tochtergesellschaft insbesondere dann zugerechnet werden, wenn die Tochtergesellschaft trotz eigener Rechtspersönlichkeit ihr Marktverhalten nicht autonom bestimmt, sondern im Wesentlichen Weisungen der Muttergesellschaft befolgt, und zwar vor allem wegen der wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen den beiden Rechtssubjekten (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 46 und die dort angeführte Rechtsprechung).

147    Insoweit hat der Gerichtshof präzisiert, dass in dem besonderen Fall, dass eine Muttergesellschaft das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft, die gegen die Wettbewerbsregeln der Europäischen Union verstoßen hat, unmittelbar oder mittelbar hält, eine widerlegbare Vermutung besteht, dass die Muttergesellschaft tatsächlich einen bestimmenden Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft ausübt (Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

148    Bei einer solchen Sachlage kann die Kommission schon dann von der Anwendbarkeit dieser Vermutung ausgehen, wenn sie nachweist, dass die Muttergesellschaft unmittelbar oder mittelbar das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält. Es obliegt dann der Muttergesellschaft, diese Vermutung zu widerlegen, indem sie ausreichende Beweise in Bezug auf die wirtschaftlichen, organisatorischen und rechtlichen Bindungen zwischen ihr und ihrer Tochtergesellschaft dafür erbringt, dass ihre Tochtergesellschaft auf dem Markt eigenständig auftritt. Andernfalls kann die Kommission davon ausgehen, dass Mutter- und Tochtergesellschaft Teil ein und derselben wirtschaftlichen Einheit sind und die Muttergesellschaft für das Verhalten der Tochtergesellschaft verantwortlich ist, und kann die beiden Gesellschaften gesamtschuldnerisch zur Zahlung einer Geldbuße verpflichten, ohne dass die persönliche Beteiligung der Muttergesellschaft an der Zuwiderhandlung nachzuweisen wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Juni 2016, Evonik Degussa und AlzChem/Kommission, C‑155/14 P, EU:C:2016:446, Rn. 27 und 29 bis 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

149    Im Übrigen ist festzustellen, dass die soeben dargestellte Rechtsprechung entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin weder gegen die in Art. 48 Abs. 1 der Charta garantierte Unschuldsvermutung noch gegen den Grundsatz in dubio pro reo oder gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen verstößt. Die Vermutung, dass die Muttergesellschaft, wenn sie das gesamte oder nahezu das gesamte Kapital ihrer Tochtergesellschaft hält, einen bestimmenden Einfluss auf Letztere ausübt, begründet nämlich keine Vermutung der Schuld einer dieser beiden Gesellschaften, so dass sie weder gegen die Unschuldsvermutung noch gegen den Grundsatz in dubio pro reo verstößt. Aus dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen folgt, dass das Gesetz die Straftaten und die für sie angedrohten Strafen klar definieren muss. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Rechtsunterworfene anhand des Wortlauts der einschlägigen Bestimmung und nötigenfalls mit Hilfe ihrer Auslegung durch die Gerichte erkennen kann, welche Handlungen und Unterlassungen seine strafrechtliche Verantwortung begründen (Urteil vom 22. Mai 2008, Evonik Degussa/Kommission, C‑266/06 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2008:295, Rn. 39). Die oben in den Rn. 145 bis 148 dargestellte Rechtsprechung des Gerichtshofs verstößt aber nicht gegen diesen Grundsatz.

150    Was die fehlende Aufteilung der Geldbußen unter den betreffenden Gesellschaften angeht, ist darauf hinzuweisen, dass der unionsrechtliche Begriff der gesamtschuldnerischen Haftung für die Zahlung der Geldbuße, der lediglich Ausdruck einer von Rechts wegen eintretenden Wirkung des Unternehmensbegriffs ist, nur das Unternehmen betrifft und nicht die Gesellschaften, aus denen es besteht (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 57).

151    Aus Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003 ergibt sich zwar, dass die Kommission gegen mehrere Gesellschaften, soweit sie zu demselben Unternehmen gehörten, gesamtschuldnerisch eine Geldbuße verhängen kann, doch lassen weder der Wortlaut dieser Bestimmung noch der Zweck des Gesamtschuldmechanismus die Annahme zu, dass sich diese Sanktionsbefugnis über die Bestimmung des Außenverhältnisses der Gesamtschuld hinaus auf die Bestimmung der Anteile der Gesamtschuldner im Rahmen ihres Innenverhältnisses erstreckt (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 58).

152    Der Mechanismus der Gesamtschuld soll vielmehr ein zusätzliches Rechtsinstrument darstellen, das der Kommission zur Verfügung steht, um ihr Vorgehen bei der Einziehung von Geldbußen, die wegen Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht verhängt wurden, wirksamer zu gestalten, da dieser Mechanismus für die Kommission als Gläubigerin der Schuld, die diese Geldbußen darstellen, die Gefahr der Zahlungsunfähigkeit verringert, was der Verwirklichung des mit dem Wettbewerbsrecht allgemein verfolgten Ziels der Abschreckung dient, wie das Gericht im Übrigen in Rn. 325 des angefochtenen Urteils zu Recht im Wesentlichen ausgeführt hat (Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).

153    Die Bestimmung der Anteile der Mitgesamtschuldner im Innenverhältnis dient jedoch nicht diesem doppelten Zweck. Es handelt sich nämlich um einen nachgelagerten Streitfall, der für die Kommission grundsätzlich nicht mehr von Interesse ist, sofern ihr von einem oder mehreren der Mitgesamtschuldner die Geldbuße vollständig gezahlt wurde. Von der Kommission kann mithin nicht verlangt werden, dass sie die Anteile der Mitgesamtschuldner im Innenverhältnis bestimmt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. April 2014, Kommission u. a./Siemens Österreich u. a., C‑231/11 P bis C‑233/11 P, EU:C:2014:256, Rn. 60 bis 64).

154    Im vorliegenden Fall bestreitet die Rechtsmittelführerin nicht, dass sie zum Zeitpunkt der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung das gesamte Kapital der Gesellschaften hielt, deren Mitarbeiter an den betreffenden rechtswidrigen Gesprächen in Belgien, Frankreich und Österreich teilnahmen. Sie behauptet auch nicht, dem Gericht Beweise vorgelegt zu haben, die geeignet gewesen wären, die Vermutung zu widerlegen, dass sie einen bestimmenden Einfluss auf diese Gesellschaften ausgeübt hat. Die Annahme des Gerichts, dass die Kommission der Rechtsmittelführerin das wettbewerbswidrige Verhalten ihrer Tochtergesellschaften in Belgien, Frankreich und Österreich zurechnen und gegen sie und diese Tochtergesellschaften gesamtschuldnerisch zu zahlende Geldbußen verhängen durfte, ohne die Anteile der einzelnen Gesellschaften an diesen Geldbußen zu bestimmen, ist in Anbetracht der oben in den Rn. 145 bis 153 dargestellten Rechtsprechung also nicht zu beanstanden.

155    Schließlich ist das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, das angefochtene Urteil leide unter einem Begründungsmangel. Was speziell die Frage angeht, ob die Kommission der Rechtsmittelführerin die Handlungen ihrer Tochtergesellschaften in Frankreich und Österreich zurechnen durfte, ist nämlich festzustellen, dass die Rn. 155 bis 165 des angefochtenen Urteils und dessen Rn. 284, in der auf die Rn. 97 und 98 verwiesen wird, rechtlich hinreichend begründet sind. Das Gericht hat nämlich zunächst die Rechtsprechung zum Begriff der wirtschaftlichen Einheit dargestellt, dann ausgeführt, dass Villeroy & Boch alleinige Anteilseignerin ihrer Tochtergesellschaften gewesen sei und nicht versucht habe, die Vermutung, dass sie bestimmenden Einfluss auf diese Gesellschaften ausgeübt habe, zu widerlegen, und ist schließlich auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit im Zusammenhang mit Straftaten und Strafen und gegen die Unschuldsvermutung eingegangen. Auf die Frage, ob die Kommission der Rechtsmittelführerin die Handlungen von Villeroy & Boch Belgien wegen des bestimmenden Einflusses, den die Rechtsmittelführerin auf diese Gesellschaft ausübte, zurechnen durfte, musste das Gericht im angefochtenen Urteil nicht eingehen, weil die Rechtsmittelführerin eine solche Zurechenbarkeit vor dem Gericht entgegen ihrem Vorbringen nicht bestritten hat.

156    Somit sind der siebte und der neunte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum achten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

157    Mit ihrem achten Rechtsmittelgrund macht die Rechtsmittelführerin geltend, das angefochtene Urteil verstoße gegen Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens, da das Gericht im vorliegenden Fall zu Unrecht vom Vorliegen einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung ausgegangen sei.

158    Die Rechtsmittelführerin macht insoweit als Erstes geltend, die Rechtsfigur der einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sei mit Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens unvereinbar und dürfe daher nicht zur Anwendung kommen. Für die Bildung einer solchen Rechtsfigur fehle es an einer gesetzlichen Ermächtigung im Unionsrecht. Das Gericht sei auf ihr dahin gehendes Vorbringen nicht eingegangen, so dass das angefochtene Urteil insoweit unzureichend begründet sei.

159    Als Zweites macht die Rechtsmittelführerin geltend, die Annahme einer einheitlichen Zuwiderhandlung im angefochtenen Urteil verstoße im vorliegenden Fall gegen den Grundsatz eines fairen Verfahrens. Da das Gericht angenommen habe, dass ihr ein Verstoß zuzurechnen sei, an dem sie sich nicht beteiligt habe, der aber Teil einer von ihr begangenen einheitlichen Zuwiderhandlung gewesen sei, könne sie sich, um ihre Beteiligung an dieser einheitlichen Zuwiderhandlung zu bestreiten, nicht mit Erfolg darauf berufen, nicht an jenem Verstoß beteiligt gewesen zu sein, so dass ihr insoweit eine wirksame Verteidigung abgeschnitten sei. Sie könne nur die Kenntnis der Zuwiderhandlung bestreiten.

160    Als Drittes macht die Rechtsmittelführerin hilfsweise geltend, im vorliegenden Fall seien die Tatbestandsvoraussetzungen einer einheitlichen Zuwiderhandlung nicht erfüllt, da die Kommission den relevanten Markt nicht abgegrenzt und die Komplementarität der verschiedenen ihr zur Last gelegten Handlungen nicht nachgewiesen habe.

161    Als Viertes macht die Rechtsmittelführerin geltend, dass es jedenfalls wegen der teilweisen Nichtigerklärungen des streitigen Beschlusses hinsichtlich bestimmter Mitgliedstaaten in den Urteilen vom 16. September 2013, Wabco Europe u. a./Kommission (T‑380/10, EU:T:2013:449), vom 16. September 2013, Keramag Keramische Werke u. a./Kommission (T‑379/10 und T‑381/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:457), und vom 16. September 2013, Duravit u. a./Kommission (T‑364/10, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:477), und weil bestimmte Unternehmen keine Kenntnis von der gesamten Zuwiderhandlung gehabt haben könnten, eine Gesamtzuwiderhandlung in dem im streitigen Beschluss definierten Sinne nicht geben könne.

162    Nach Auffassung der Kommission ist der achte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

163    In Anbetracht der oben in den Rn. 55 bis 59 dargestellten Rechtsprechung ist erstens das Vorbringen der Rechtsmittelführerin zurückzuweisen, die Rechtsfigur der einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung sei mit Art. 101 AEUV und Art. 53 des EWR-Abkommens unvereinbar und verstoße gegen die Grundsätze eines fairen Verfahrens, wobei dahinstehen kann, ob das letztgenannte Vorbringen überhaupt zulässig ist.

164    Zweitens ist festzustellen, dass das Gericht das angefochtene Urteil durch die Bezugnahme in dessen Rn. 32 bis 34, 41, 42 und 46 bis 48 auf die oben in den Rn. 55 bis 59 dargestellte Rechtsprechung entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin rechtlich hinreichend begründet hat.

165    Drittens ist zu dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin, die Voraussetzungen einer einheitlichen Zuwiderhandlung seien im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die Kommission den relevanten Markt nicht abgegrenzt habe, festzustellen, dass die Verschiedenheit der von der Zuwiderhandlung erfassten Produktmärkte und räumlichen Märkte, wie das Gericht zu Recht in Rn. 54 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat und wie die Rechtsmittelführerin einräumt, der Feststellung einer einheitlichen Zuwiderhandlung jedenfalls nicht entgegensteht. Das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geht deshalb jedenfalls ins Leere.

166    Viertens ist die Erwägung des Gerichts in den Rn. 63 bis 71 des angefochtenen Urteils, die Kommission habe im vorliegenden Fall zum Nachweis einer einheitlichen Zuwiderhandlung feststellen können, dass ein einheitliches Ziel vorgelegen habe, rechtlich nicht zu beanstanden. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen in den Rn. 66, 69 und 71 des angefochtenen Urteils hat das Gericht nämlich rechtlich hinreichend dargetan, dass mit den verschiedenen beanstandeten Verhaltensweisen dasselbe Ziel verfolgt wurde, nämlich das Verhalten aller Hersteller von Badezimmerausstattungen gegenüber den Großhändlern abzustimmen. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin wurde der Begriff des gemeinsamen Ziels, wie sich aus den Rn. 66, 69 und 71 ergibt, daher nicht durch einen allgemeinen Verweis auf eine Verzerrung des Wettbewerbs auf den von der Zuwiderhandlung betroffenen Märkten bestimmt, sondern durch den Verweis auf verschiedene objektive Umstände wie die zentrale Rolle der Großhändler in der Vertriebskette, die Merkmale dieser Vertriebskette, die Existenz von Dachverbänden und produktübergreifenden Verbänden, die Ähnlichkeit der geheimen Absprachen hinsichtlich ihrer Durchführung und die zwischen den betreffenden Verhaltensweisen in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht bestehenden Überschneidungen.

167    Der Nachweis einer Komplementarität der beanstandeten Verhaltensweisen ist deshalb nicht erforderlich. Eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung kann nämlich auch Unternehmen angelastet werden, die nicht miteinander in Wettbewerb stehen, und sie erfordert keine systematische Abgrenzung der relevanten Märkte. Die Rechtsmittelführerin ist zum einen für ihre unmittelbare Beteiligung an der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung verantwortlich und zum anderen für ihre mittelbare Beteiligung daran. Sie hatte nämlich Kenntnis von sämtlichen rechtswidrigen Verhaltensweisen, die durchgeführt werden sollten oder von den übrigen Kartellteilnehmern durchgeführt wurden, um dieselben Ziele zu verfolgen, oder sie hätte es vernünftigerweise vorhersehen können und war bereit, die daraus erwachsende Gefahr auf sich zu nehmen. Deshalb ist die Annahme des Gerichts, die Kommission habe fehlerfrei festgestellt, dass im vorliegenden Fall eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung vorliege, nicht zu beanstanden.

168    Was schließlich das Vorbringen zur teilweisen Nichtigerklärung des streitigen Beschlusses im Rahmen anderer, das vorliegende Kartell betreffender Rechtssachen angeht, ist darauf hinzuweisen, dass allein das Gericht für die Würdigung der Beweise zu den verschiedenen nationalen Märkten zuständig ist. Sollte mit diesem Vorbringen das Vorliegen einer einheitlichen, komplexen und fortgesetzten Zuwiderhandlung in Frage gestellt werden, ist hervorzuheben, dass, wie oben in Rn. 62 ausgeführt, der Umstand, dass das Gericht den streitigen Beschluss teilweise für nichtig erklärt hat, soweit er die Beteiligung bestimmter betroffener Unternehmen an der Zuwiderhandlung auf bestimmten räumlichen Märkten in bestimmten Zeiträumen betrifft, nicht ausreicht, um die Feststellungen des Gerichts zum Vorliegen eines Gesamtplans hinsichtlich der drei Produktuntergruppen und der sechs betroffenen Mitgliedstaaten und eines einheitlichen Ziels der Wettbewerbsverfälschung zu entkräften.

169    Folglich ist der achte Rechtsmittelgrund als teils ins Leere gehend, teils unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zehnten und zum elften Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Parteien

170    Mit ihrem zehnten Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin, das Gericht habe die ihm zugewiesene Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung rechtsfehlerhaft nicht in vollem Umfang ausgeschöpft.

171    Im angefochtenen Urteil habe das Gericht die Festsetzung der Geldbuße entgegen ihren Anträgen nämlich ausschließlich einer Rechtmäßigkeitsprüfung unterzogen.

172    Aus Gründen der Rechtssicherheit und zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens seien das Gericht und der Gerichtshof aber verpflichtet, in jeder ihnen zur Prüfung vorgelegten Sache, in der es um die Festsetzung einer Geldbuße oder eines Zwangsgelds durch die Kommission gehe, ihre Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung gemäß Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 auch tatsächlich auszuüben, zumal die Sanktionen durch keine Rechtsnorm harmonisiert seien und die Kommission die Geldbußen von 1998 bis 2006 nach drei unterschiedlichen Methoden berechnet habe.

173    Die Rechtsmittelführerin macht ferner geltend, das Gericht habe im vorliegenden Fall den Ausgangsbetrag der Geldbuße nicht unabhängig überprüft. Es hätte die Geldbuße in Ausübung der Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung wegen der Schwere der Zuwiderhandlung, die nur wenige, überwiegend kleine Mitgliedstaaten betroffen habe, herabsetzen müssen. Es sei unerfindlich, aus welchen Gründen die Kommission die im vorliegenden Fall beanstandeten Handlungen ungleich härter bestraft habe als Kartelle der gleichen Art, die den gesamten EWR betroffen hätten. Außerdem hätte das Gericht aufgrund der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens, das insgesamt fast sechs Jahre gedauert habe, wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der angemessenen Verfahrensdauer eine Ermäßigung der Geldbuße vornehmen müssen.

174    Mit ihrem elften Rechtsmittelgrund rügt die Rechtsmittelführerin eine Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit. Bei der Bestimmung der Schwere der Zuwiderhandlung hätte das Gericht die Effekte der betreffenden Zuwiderhandlung auf den Markt und die auf den relevanten Märkten erzielten Umsätze berücksichtigen müssen, was es aber nicht getan habe.

175    Das Gericht hätte sich auch vergewissern müssen, dass die mit dem streitigen Beschluss verhängten Geldbußen absolut verhältnismäßig seien. Bei einem von der Zuwiderhandlung betroffenen Umsatz in Höhe von 115 Mio. Euro und einem Gesamtbetrag der Geldbußen von 71,5 Mio. Euro sei dies nicht der Fall.

176    Die Rechtsmittelführerin ersucht den Gerichtshof daher, das rechtswidrige Versäumnis des Gerichts zu korrigieren und die festgesetzten Geldbußen herabzusetzen.

177    Nach Auffassung der Kommission sind der zehnte und der elfte Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

178    Nach ständiger Rechtsprechung bedeutet die in Art. 263 AEUV vorgesehene Rechtmäßigkeitskontrolle, dass der Unionsrichter sowohl in rechtlicher als auch in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle der beanstandeten Entscheidung im Hinblick auf die vom Kläger vorgebrachten Argumente vornimmt und befugt ist, die Beweise zu würdigen, die genannte Entscheidung für nichtig zu erklären und die Höhe der Geldbußen zu ändern (vgl. Urteil vom 10. Juli 2014, Telefónica und Telefónica de España/Kommission, C‑295/12 P, EU:C:2014:2062, Rn. 53 und die dort angeführte Rechtsprechung).

179    Die Rechtmäßigkeitskontrolle wird ergänzt durch die dem Unionsrichter in Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 im Einklang mit Art. 261 AEUV eingeräumte Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung. Diese Befugnis ermächtigt den Richter über die reine Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Sanktion hinaus dazu, die Beurteilung der Kommission durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen und demgemäß die verhängte Geldbuße oder das verhängte Zwangsgeld aufzuheben, herabzusetzen oder zu erhöhen (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung).

180    Der Unionsrichter hat, um den Erfordernissen einer unbeschränkten gerichtlichen Nachprüfung im Sinne von Art. 47 der Charta hinsichtlich der Geldbuße zu genügen, bei der Ausübung der in den Art. 261 und 263 AEUV vorgesehenen Befugnisse jede Rechts- oder Sachrüge zu prüfen, mit der dargetan werden soll, dass die Höhe der Geldbuße Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung nicht angemessen ist (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 75 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

181    Die Ausübung dieser Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung entspricht jedoch nicht einer Prüfung von Amts wegen, und das Verfahren ist ein streitiges. Es ist grundsätzlich Sache des Klägers, Klagegründe gegen die beanstandete Entscheidung vorzubringen und diese durch Beweise zu stützen (vgl. Urteil vom 18. Dezember 2014, Kommission/Parker Hannifin Manufacturing und Parker-Hannifin, C‑434/13 P, EU:C:2014:2456, Rn. 76 und die dort angeführte Rechtsprechung).

182    Insoweit ist hervorzuheben, dass das Fehlen einer Verpflichtung, die gesamte angefochtene Entscheidung von Amts wegen zu prüfen, nicht gegen den Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes verstößt. Für die Wahrung dieses Grundsatzes ist es nämlich nicht unerlässlich, dass das Gericht, das jedenfalls die geltend gemachten Klagegründe prüfen und sowohl in rechtlicher wie in tatsächlicher Hinsicht eine Kontrolle vornehmen muss, verpflichtet ist, den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut zu prüfen. (vgl. Urteil vom 8. Dezember 2011, Chalkor/Kommission, C‑386/10 P, EU:C:2011:815, Rn. 66).

183    Allein das Gericht ist für die Überprüfung der Art und Weise zuständig, in der die Kommission im konkreten Fall die Schwere der rechtswidrigen Verhaltensweisen beurteilt hat. Im Rechtsmittelverfahren erstreckt sich die Kontrolle durch den Gerichtshof zum einen darauf, inwieweit das Gericht rechtlich korrekt alle Faktoren berücksichtigt hat, die für die Beurteilung der Schwere eines untersuchten Verhaltens anhand von Art. 101 AEUV und Art. 23 der Verordnung Nr. 1/2003 von Bedeutung sind, und zum anderen darauf, ob das Gericht auf alle zur Stützung des Antrags auf Herabsetzung der Geldbuße vorgebrachten Argumente rechtlich hinreichend eingegangen ist. Die Schwere der Zuwiderhandlungen gegen das Wettbewerbsrecht der Union ist anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu denen u. a. die Abschreckungswirkung der Geldbußen, die besonderen Umstände der Rechtssache und ihr Kontext gehören, einschließlich des Verhaltens jedes einzelnen Unternehmens, der Rolle, die jedes Unternehmen bei der Errichtung des Kartells gespielt hat, des Gewinns, den die Unternehmen aus dem Kartell ziehen konnten, ihrer Größe und des Wertes der betroffenen Waren sowie der Gefahr, die derartige Zuwiderhandlungen für die Ziele der Union bedeuten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 11. Juli 2013, Team Relocations u. a./Kommission, C‑444/11 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:464, Rn. 95, 99 und 100).

184    Zudem ist es nicht Sache des Gerichtshofs, bei der Entscheidung über Rechtsfragen im Rahmen eines Rechtsmittels die Beurteilung des Gerichts, das in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung über die Höhe der gegen Unternehmen wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht festgesetzten Geldbußen entscheidet, aus Gründen der Billigkeit durch seine eigene Beurteilung zu ersetzen. Nur wenn der Gerichtshof der Ansicht wäre, dass die Höhe der Sanktion nicht nur unangemessen, sondern auch dermaßen überhöht ist, dass sie unverhältnismäßig wird, wäre somit ein Rechtsfehler des Gerichts wegen der unangemessenen Höhe einer Geldbuße festzustellen (vgl. u. a. Urteil vom 30. Mai 2013, Quinn Barlo u. a./Kommission, C‑70/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:351, Rn. 57 und die dort angeführte Rechtsprechung).

185    Der zehnte und der elfte Rechtsmittelgrund sind nach Maßgabe dieser Rechtsprechung zu prüfen.

186    Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich jedoch eindeutig, dass erstens die unbeschränkte Nachprüfung nur die verhängte Sanktion und nicht die angefochtene Entscheidung insgesamt betrifft und zweitens weder die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung noch die Rechtmäßigkeitskontrolle einer Prüfung von Amts wegen entsprechen und daher nicht verlangten, dass das Gericht den gesamten Vorgang von Amts wegen erneut prüft, unabhängig von den Rügen, die die Klägerin formuliert hat.

187    Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Gericht ab Rn. 335 des angefochtenen Urteils eine wirksame Kontrolle der Höhe der Geldbuße vorgenommen hat, dass es auf die verschiedenen Argumente der Rechtsmittelführerin eingegangen ist und dass es in den Rn. 397 bis 402 des angefochtenen Urteils über die Anträge auf Herabsetzung der Geldbuße entschieden hat. Entgegen dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin hat es sich also nicht auf die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Höhe der Geldbuße beschränkt. Insoweit hat das Gericht insbesondere in Rn. 384 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass der für die Schwere der Zuwiderhandlung und den Zusatzbetrag angesetzte Umsatzanteil von 15 % in Anbetracht der besonderen Schwere der Zuwiderhandlung dem Mindestmaß entspreche. Sodann hat es in den Rn. 397 bis 401 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass keiner der von den Klägerinnen geltend gemachten Umstände eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige.

188    Speziell zur Prüfung der Schwere der Zuwiderhandlung ist festzustellen, dass das Gericht in Rn. 381 des angefochtenen Urteils u. a. Ziff. 23 der Leitlinien von 2006 angeführt hat. Sie lautet: „Horizontale, üblicherweise geheime Vereinbarungen zur Festsetzung von Preisen, Aufteilung der Märkte oder Einschränkung der Erzeugung gehören ihrer Art nach zu den schwerwiegendsten Verstößen und müssen unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten streng geahndet werden. Für solche Zuwiderhandlungen ist daher grundsätzlich ein Betrag am oberen Ende [der] Bandbreite anzusetzen.“ In Rn. 383 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die von der Kommission in Rn. 1211 des streitigen Beschlusses gegebene Begründung wiedergegeben, wonach horizontale Preisabsprachen ihrer Art nach eine der schädlichsten Wettbewerbsbeschränkungen darstellten und es sich bei der Zuwiderhandlung um eine einheitliche, komplexe und fortgesetzte Zuwiderhandlung handele, die sich auf sechs Mitgliedstaaten und drei Produktuntergruppen erstreckt habe. Schließlich hat das Gericht in Rn. 384 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die besondere Schwere der Zuwiderhandlung den Ansatz eines Umsatzanteils von 15 % rechtfertige, und in Rn. 385 des angefochtenen Urteils, dass die Rechtsmittelführerin zur „zentralen Gruppe von Unternehmen“ gehört habe, die die festgestellte Zuwiderhandlung umgesetzt hätten.

189    Das Gericht hat bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung also alle maßgeblichen Kriterien berücksichtigt, wobei die horizontale Abstimmung der Preise und die Beteiligung der Rechtsmittelführerin an ihr im Übrigen erwiesen sind, und ist auf das entsprechende Vorbringen der Rechtsmittelführerin eingegangen. Es hat also keinen Rechtsfehler begangen und ist seiner Verpflichtung zu einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle des streitigen Beschlusses nachgekommen.

190    Was die Beurteilung der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Verletzung des Grundsatzes der Einhaltung einer angemessenen Frist durch die Kommission zwar die Nichtigerklärung einer am Ende eines auf die Art. 101 und 102 AEUV gestützten Verwaltungsverfahrens ergangenen Entscheidung der Kommission rechtfertigen kann, da sie auch eine Verletzung der Verteidigungsrechte des betroffenen Unternehmens mit sich bringt, doch kann ein solcher Verstoß gegen den Grundsatz der Einhaltung einer angemessenen Frist – sein Vorliegen unterstellt – nicht zu einer Herabsetzung der verhängten Geldbuße führen (vgl. u. a. Urteile vom 9. Juni 2016, CEPSA/Kommission, C‑608/13 P, EU:C:2016:414, Rn. 61, und vom 9. Juni 2016, PROAS/Kommission, C‑616/13 P, EU:C:2016:415, Rn. 74 und die dort angeführte Rechtsprechung). Wie sich oben aus Rn. 173 ergibt, will die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen zur unrichtigen Beurteilung der überlangen Dauer des Verwaltungsverfahrens durch das Gericht hier aber eindeutig lediglich eine Herabsetzung der gegen sie verhängten Geldbuße erreichen.

191    Folglich kann dahinstehen, ob dieses Vorbringen begründet ist. Es ist als ins Leere gehend zurückzuweisen.

192    Was schließlich die Verhältnismäßigkeit der Höhe der gegen die Rechtsmittelführerin verhängten Geldbuße als solche angeht, hat sie nicht dargetan, dass die verhängte Sanktion unangemessen oder überhöht wäre. Insoweit ist das Vorbringen, eine Geldbuße in Höhe von 71,5 Mio. Euro stehe außer Verhältnis zu dem vom Kartell betroffenen Umsatz von 115 Mio. Euro, zurückzuweisen. Im vorliegenden Fall ist nämlich unstreitig, dass die verhängte Geldbuße herabgesetzt wurde, so dass sie, im Einklang mit Art. 23 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1/2003, 10 % des von der Rechtsmittelführerin im vorausgegangenen Geschäftsjahr erzielten Gesamtumsatzes nicht übersteigt. Durch diese Begrenzung wird aber bereits gewährleistet, dass die Geldbuße nicht außer Verhältnis zu der anhand des Gesamtumsatzes ermittelten Größe des Unternehmens steht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission, C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, EU:C:2005:408, Rn. 280 bis 282).

193    In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen sind der zehnte und der elfte Rechtsmittelgrund als teils ins Leere gehend, teils unbegründet zurückzuweisen.

194    Da keiner der Rechtsmittelgründe der Rechtsmittelführerin durchgreift, ist das Rechtsmittel vollständig zurückzuweisen.

 Kosten

195    Nach Art. 184 Abs. 2 seiner Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof, wenn das Rechtsmittel unbegründet ist, über die Kosten. Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung, der nach deren Art. 184 Abs. 1 auf das Rechtsmittelverfahren Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Rechtsmittelführerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Villeroy & Boch AG trägt die Kosten.



Tizzano

Berger

Levits

Rodin

 

      Biltgen

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Januar 2017.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

A. Calot Escobar

 

      K. Lenaerts


* Verfahrenssprache: Deutsch.