Language of document : ECLI:EU:C:2016:368

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

MANUEL CAMPOS SÁNCHEZ-BORDONA

vom 26. Mai 2016(1)

Rechtssache C482/14

Europäische Kommission

gegen

Bundesrepublik Deutschland

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums – Getrennte Rechnungsführung für den Betrieb der Infrastruktur und für Verkehrsleistungen sowie für die verschiedenen Formen von Verkehrsleistungen – Verbot der Übertragung öffentlicher Gelder von einem Tätigkeitsbereich auf einen anderen“






I –    Einleitung

1.        Mit dieser Klage wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland eine Verletzung ihrer Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1, 3 und 4 und Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34/EU(2) sowie aus Art. 6 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007(3) vor.

2.        Zusammenfassend geht es im vorliegenden Rechtsstreit um die Abführung der Gewinne von Tochtergesellschaften an ihre Muttergesellschaft, die Holdinggesellschaft der deutschen Eisenbahnunternehmen, und um die Rechnungsführung der Tochtergesellschaften. Die Kommission ist der Auffassung, die Bundesrepublik missachte die Verbote (und die daraus resultierenden Grundsätze der Rechnungsführung), öffentliche Gelder für die Infrastruktur, Ausgleichsleistungen für regionale Personenverkehrsdienste und Wegeentgelte auf andere Tätigkeitsbereiche zu übertragen. Im Hintergrund stehen zudem gewisse Fragen im Zusammenhang mit verschleierten Beihilfen (eventuelle Quersubventionen) bei vertikal integrierten Unternehmen, die Verkehrsdienstleistungen anbieten und die für diese Tätigkeit erforderliche Infrastruktur betreiben.

I –    Rechtlicher Rahmen – Unionsrecht

A –    Richtlinie 2012/34

1.        Im Interesse einer größeren Klarheit wurden durch die Richtlinie 2012/34 folgende Rechtsakte teils geändert, neu gefasst und verschmolzen: die Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft(4), die Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen(5) sowie die Richtlinie 2001/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 über die Zuweisung von Fahrwegkapazität der Eisenbahn und die Erhebung von Entgelten für die Nutzung von Eisenbahninfrastruktur(6).

2.        Art. 65 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 hob die Richtlinien 91/440 und 2001/14 „mit Wirkung vom 15. Dezember 2012“ (d. h. ab Inkrafttreten der erstgenannten Richtlinie) „unbeschadet der Verpflichtungen der Mitgliedstaaten hinsichtlich der in Anhang IX Teil B genannten Fristen für die Umsetzung der dort genannten Richtlinien in nationales Recht“ auf.

3.        Allerdings wurde am 12. März 2015 im Amtsblatt(7) eine Berichtigung veröffentlicht, mit der das Datum der Aufhebung der Richtlinien 91/440 und 2001/14 auf den 17. Juni 2015, d. h. um einen Tag nach dem Ende der in Art. 64 Abs. 1 der Richtlinie 2012/34 festgelegten Frist zur Umsetzung in das jeweilige nationale Recht, verschoben wurde.

A –    Richtlinie 91/440(8)

1.        Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/12 heißt es:

„Ein gerechter und nichtdiskriminierender Zugang zur Infrastruktur ist durch die Trennung bestimmter wesentlicher Funktionen und/oder die Einrichtung einer Eisenbahn-Regulierungsstelle, die für die Kontrolle und Verwirklichung des Zugangs sorgt, sowie durch getrennte Gewinn- und Verlustrechnungen und Bilanzen zu gewährleisten.“

2.        Art. 2 der Richtlinie 91/440 lautet:

„(1)      Diese Richtlinie gilt für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur und das Erbringen von Eisenbahnverkehrsleistungen durch Eisenbahnunternehmen, die ihren Sitz in einem Mitgliedstaat haben oder haben werden.

(2)      Eisenbahnunternehmen, deren Tätigkeit ausschließlich auf den Stadtverkehr, Vorortverkehr oder Regionalverkehr beschränkt ist, sind vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgeschlossen.“

3.        In Art. 3 letzter Gedankenstrich dieser Richtlinie heißt es:

„Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet:

–        ‚Regionalverkehr‘ Verkehrsleistungen, die den Verkehrsbedarf einer Region decken.“

1.        Art. 6 Abs. 1 sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, um in der Rechnungsführung das Erbringen von Verkehrsleistungen von dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur zu trennen. Ein Transfer von Subventionen von einem Bereich zum anderen ist nicht gestattet.

Dieses Verbot muss auch in der Rechnungsführung der beiden Geschäftsbereiche zum Ausdruck kommen.“

2.        Art. 9 Abs. 4(9) bestimmt:

„Bei Eisenbahnunternehmen werden für den Güterverkehr auf der Schiene Gewinn- und Verlustrechnungen und entweder Bilanzen oder jährliche Vermögensübersichten aufgestellt und veröffentlicht. Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen sind in den entsprechenden Rechnungen getrennt auszuweisen und dürfen nicht auf Tätigkeitsbereiche übertragen werden, die andere Verkehrsleistungen oder sonstige Geschäfte betreffen.“

A –    Richtlinie 2001/14

1.        Die Erwägungsgründe 38 und 39 dieser Richtlinie lauten:

„(38)      Es muss sichergestellt werden, dass die Entgelte im grenzüberschreitenden Verkehr so bemessen sind, dass der Schienenverkehr die Marktbedürfnisse erfüllen kann. Die Wegeentgelte sollten daher in Höhe der Kosten festgelegt werden, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen.

(39)      Das Gesamtniveau der Kostendeckung durch Wegeentgelte hat Auswirkungen auf den von der öffentlichen Hand zu erbringenden Beitrag. Die Mitgliedstaaten können die Kostendeckung durch Entgelte variabel festlegen, auch durch Aufschläge bzw. eine Rendite, die der Markt tragen kann, wobei Ausgewogenheit zwischen Kostendeckung und intermodaler Wettbewerbsfähigkeit des Schienengüterverkehrs herzustellen ist. Wegeentgeltregelungen sollten jedoch die Nutzung des Schienennetzes durch Verkehr ermöglichen, der zumindest die von ihm verursachten zusätzlichen Kosten erbringen kann.“

2.        Art. 6 („Fahrwegkosten und Rechnungsführung“) Abs. 1 Unterabs. 1 sieht vor:

„1.      Die Mitgliedstaaten legen die Bedingungen fest, gegebenenfalls einschließlich der Leistung von Vorauszahlungen, um sicherzustellen, dass sich die Einnahmen eines Betreibers der Infrastruktur aus Wegeentgelten, dem Gewinn aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten und der staatlichen Finanzierung einerseits und die Fahrwegausgaben andererseits unter normalen geschäftlichen Umständen und über einen angemessenen Zeitraum zumindest ausgleichen.“

3.        In Art. 7 Abs. 1 heißt es:

„1.      Entgelte für die Nutzung der Fahrwege der Eisenbahn sind an den Betreiber der Infrastruktur zu entrichten, dem sie zur Finanzierung seiner Unternehmenstätigkeit dienen.“

4.        Art. 8 Abs. 1 lautet:

„1.      Um eine volle Deckung der dem Betreiber der Infrastruktur entstehenden Kosten zu erhalten, kann ein Mitgliedstaat, sofern der Markt dies tragen kann, Aufschläge auf der Grundlage effizienter, transparenter und nichtdiskriminierender Grundsätze erheben, wobei die bestmögliche Wettbewerbsfähigkeit insbesondere des grenzüberschreitenden Schienengüterverkehrs zu gewährleisten ist. Die Entgeltregelung muss dem von den Eisenbahnunternehmen erzielten Produktivitätszuwachs Rechnung tragen.

Die Höhe der Entgelte darf jedoch nicht die Nutzung der Fahrwege durch Marktsegmente ausschließen, die mindestens die Kosten, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, sowie eine Rendite, die der Markt tragen kann, erbringen können.

…“

A –    Verordnung Nr. 1370/2007

1.        Nach Art. 1 Abs. 1 Unterabs. 2 gehört zum Zweck dieser Verordnung,

„1.      … [festzulegen], unter welchen Bedingungen die zuständigen Behörden den Betreibern eines öffentlichen Dienstes eine Ausgleichsleistung für die ihnen durch die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen verursachten Kosten und/oder ausschließliche Rechte im Gegenzug für die Erfüllung solcher Verpflichtungen gewähren, wenn sie ihnen gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen auferlegen oder entsprechende Aufträge vergeben“.

2.        Art. 6 („Ausgleichsleistung für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen“) Abs. 1 bestimmt:

„1.      Jede Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift oder einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag entspricht unabhängig von den Vergabemodalitäten den Bestimmungen des Artikels 4. Jede wie auch immer beschaffene Ausgleichsleistung im Zusammenhang mit einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag, der in Übereinstimmung mit Artikel 5 Absätze 2, 4, 5 oder 6 direkt vergeben wurde, oder im Zusammenhang mit einer allgemeinen Vorschrift unterliegt darüber hinaus den Bestimmungen des Anhangs.“

3.        Dieser Anhang enthält eine Reihe von Regeln für die Gewährung einer Ausgleichsleistung in den in Art. 6 Abs. 1 genannten Fällen. Nr. 5 lautet wie folgt:

„Führt ein Betreiber eines öffentlichen Dienstes neben den Diensten, die Gegenstand einer Ausgleichsleistung sind und gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unterliegen, auch andere Tätigkeiten aus, so muss die Rechnungslegung für diese öffentlichen Dienste zur Erhöhung der Transparenz und zur Vermeidung von Quersubventionen getrennt erfolgen, wobei zumindest die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein müssen:

–        Die Konten für jede dieser betrieblichen Tätigkeiten werden getrennt geführt, und der Anteil der zugehörigen Aktiva sowie die Fixkosten werden gemäß den geltenden Rechnungslegungs- und Steuervorschriften umgelegt.

–        Alle variablen Kosten, ein angemessener Beitrag zu den Fixkosten und ein angemessener Gewinn im Zusammenhang mit allen anderen Tätigkeiten des Betreibers eines öffentlichen Dienstes dürfen auf keinen Fall der betreffenden öffentlichen Dienstleistung zugerechnet werden.

–        Die Kosten für die öffentliche Dienstleistung werden durch die Betriebseinnahmen und die Zahlungen staatlicher Behörden ausgeglichen, ohne dass eine Übertragung der Einnahmen in einen anderen Tätigkeitsbereich des Betreibers eines öffentlichen Dienstes möglich ist.“

I –    Tatsächlicher Rahmen

1.        Der Deutsche-Bahn-Konzern, an dessen Spitze die Holdinggesellschaft Deutsche Bahn AG (im Folgenden: DB AG) steht, operiert im nationalen und grenzüberschreitenden Personen- und Güterverkehr, im Bereich Logistik und im Bereich der dazugehörigen Dienstleistungen im Schienenverkehr.

2.        § 9a AEG(10) bestimmt, dass der Betrieb der verschiedenen Teile der Eisenbahninfrastruktur im Sinne von Art. 3 Nr. 3 der Richtlinie 2012/34 in Verbindung mit deren Anhang I von folgenden Gesellschaften durchgeführt wird: a) der DB Netz AG hinsichtlich des Haupt- und Nebenstreckennetzes und ihrer Anlagen; b) der DB Station & Service AG, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Betrieb des Streckennetzes etwa auf den Personenbahnsteigen oder Laderampen und in den Bahnhöfen erbringt, und c) der DB Energie GmbH, die für die Umwandlung und Zuleitung von Strom für die elektrische Zugführung zuständig ist.

3.        Den Personen- und Güterverkehr (und die dazugehörigen Dienstleistungen wie das Catering) haben verschiedene Unternehmen unter dem Dach der Gesellschaft DB Mobility Logistics AG (im Folgenden: DB ML AG), einem Tochterunternehmen des DB-Konzerns, übernommen, dessen Gesellschaftskapital zu 100 % von der DB AG gehalten wird. Zu den Unternehmen der DB ML AG gehört die DB Regio AG, die im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland Regionalverkehr auf der Schiene(11) durchführt.

4.        Die DB AG hat Kontroll- und Gewinnübertragungsvereinbarungen (im Folgenden: Gewinnabführungsvereinbarungen) mit ihren Tochtergesellschaften DB Netz AG, DB Station & Service AG und DB Energie GmbH abgeschlossen. Diese Vereinbarungen sehen vor, dass a) alle Gewinne der Tochtergesellschaften an die Muttergesellschaft abgeführt werden, ohne dass sie eine Bestimmung enthalten, die die Verwendung dieser Gewinne durch die DB AG Beschränkungen unterwirft, und b) die DB AG verpflichtet ist, eventuelle Verluste der Tochtergesellschaften abzudecken.

5.        In ihrer Klagebeantwortung hat die deutsche Regierung mehrere Punkte klargestellt. Sie hebt insbesondere hervor, dass a) die Gewinnabführungsverträge zwei Seiten hätten, da die DB AG auch die Verpflichtung übernommen habe, bei ihren Tochtergesellschaften eventuell entstandene Betriebsverluste auszugleichen, und b) nach einer die letzten Jahre zusammenfassenden Untersuchung die finanziellen Mittel, die die DB Netz AG von ihrer Muttergesellschaft erhalten habe, die an diese abgeführten Gewinne bei Weitem überstiegen.

6.        Außerdem sei, wie die deutsche Regierung in der Gegenerwiderung vorträgt, am 1. Januar 2015 die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung II(12) in Kraft getreten, nach deren § 2 Ziff. 2a.1 die Nachsteuerergebnisse der Tochterunternehmen im Rahmen von Dividendenzahlungen vollständig an den Bund ausgeschüttet und auch vollständig wieder in die Eisenbahninfrastruktur reinvestiert würden.

I –    Verwaltungsrechtliches Vorverfahren und Verfahren vor dem Gerichtshof

A –    Vorgerichtliches Verfahren

1.        Mit Mahnschreiben vom 22. November 2012 wies die Kommission die deutschen Behörden auf einen möglichen Verstoß gegen die damals noch geltenden Richtlinien 91/440 und 2001/14 sowie gegen die Verordnung Nr. 1370/2007 hin. Sie warf der Bundesrepublik vor, zugelassen zu haben, dass bei der Rechnungsführung der DB AG nicht die Verbote beachtet worden seien, a) öffentliche Gelder für die Infrastruktur, b) aufgrund einer gemeinwirtschaftlichen Regelung erbrachte Ausgleichsleistungen für den Personennahverkehr und c) Wegeentgelte auf andere Tätigkeitsbereiche, insbesondere den Personenverkehr auf der Schiene, zu übertragen. Diese missbräuchliche Verwendung der Mittel gehe auf die Gewinnabführungsverträge zurück.

2.        Die deutsche Regierung wies mit Schreiben vom 20. März 2013 die Rügen der Kommission zurück. Diese übersandte ihr am 21. Juni 2013 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie ihren bereits im Mahnschreiben dargestellten Standpunkt bekräftigte. Sie forderte die deutsche Regierung auf, binnen einer Frist von zwei Monaten die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme nachzukommen.

3.        Mit Schreiben vom 21. August 2013 hielt die deutsche Regierung an der Zurückweisung der Vorwürfe der Kommission fest. Daraufhin hat die Kommission die vorliegende Klage erhoben.

A –    Verfahren vor dem Gerichtshof

1.        Die Klage wurde am 31. Oktober 2014, die Klagebeantwortung am 4. Februar 2015 in das Register der Kanzlei des Gerichtshofs eingetragen. Die Kommission reichte ihre Erwiderung am 16. April 2015, die deutsche Regierung ihre Gegenerwiderung am 11. Juni 2015 ein.

2.        Am 12. März 2015 beantragte die Italienische Republik ihre Zulassung als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der deutschen Regierung. Zugelassen durch Beschluss vom 14. April 2015, reichte sie ihren Streithilfeschriftsatz am 14. Mai 2015 ein.

3.        Auf Antrag der deutschen Regierung nach Art. 76 der Verfahrensordnung fand am 3. März 2016 eine mündliche Verhandlung statt, an der die Vertreter der deutschen Regierung und der Kommission teilnahmen.

I –    Anträge der Parteien

1.        Die Kommission beantragt, festzustellen,

–        dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 verstoßen hat, indem sie es zugelassen hat, dass öffentliche Gelder, die dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur zugeflossen sind, auf Verkehrsleistungen übertragen werden können;

–        dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 verstoßen hat, indem sie es versäumt hat, sicherzustellen, dass die Einhaltung des Verbots, öffentliche Gelder für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf Verkehrsleistungen zu übertragen, durch die Art der Rechnungsführung kontrolliert werden kann;

–        dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 verstoßen hat, indem sie es versäumt hat, sicherzustellen, dass Infrastrukturentgelte nur für die Finanzierung der Unternehmenstätigkeit des Infrastrukturbetreibers verwendet werden können;

–        dass die Bundesrepublik Deutschland gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 sowie aus Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Nr. 5 des Anhangs der Verordnung Nr. 1370/2007 verstoßen hat, indem sie es versäumt hat, sicherzustellen, dass öffentliche Zuwendungen für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste in den entsprechenden Rechnungen getrennt ausgewiesen werden;

–        der Bundesrepublik Deutschland die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.

1.        Die deutsche Regierung beantragt, die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen und der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

2.        Die Italienische Republik beantragt, die Klage der Kommission als unbegründet abzuweisen.

I –    Prüfung der Klage

A –    Zum Antrag auf Klageabweisung wegen Unzulässigkeit

1.      Zur Unzulässigkeit der Klage insgesamt

1.        Die Bundesrepublik Deutschland erhebt gegen die Klage zwei Einreden der Unzulässigkeit: Zum einen fehlten den Rügen ganz allgemein die Klarheit, und zum anderen habe sich die Kommission auf die Richtlinie 2012/34 gestützt, deren Umsetzungsfrist zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen sei.

a)      Zu der ganz allgemein mangelnden Klarheit der Rügen

1.        Nach Ansicht der deutschen Regierung mangelt es der Klage und insbesondere den Rügen an der erforderlichen Klarheit, um erkennen zu können, ob die Kommission eine fehlerhafte Umsetzung des Unionsrechts in die nationale Rechtsordnung, dessen fehlerhafte Anwendung oder sogar ein rechtswidriges Verhalten rüge.

2.        Bekanntlich stellen sowohl Art. 120 Buchst. c der Verfahrensordnung als auch die Rechtsprechung zu seiner Auslegung auch in Vertragsverletzungsverfahren gewisse Anforderungen an die Klageschrift. So muss sie den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten, wobei diese Angaben so klar und deutlich sein müssen, dass sie dem Beklagten die Vorbereitung seines Verteidigungsvorbringens und dem Gerichtshof die Wahrnehmung seiner Kontrollaufgabe ermöglichen. Die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die eine Klage gestützt wird, müssen sich zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus der Klageschrift ergeben(13).

3.        Die Kommission hat in der Klageschrift sowohl die ihrer Ansicht nach von der Bundesrepublik Deutschland verletzten Vorschriften des Unionsrechts (Nrn. 2 bis 12 der Klageschrift) als auch das einschlägige nationale Recht, insbesondere § 9 AEG (Nr. 13 der Klageschrift), und ebenso bestimmte Umstände (Nrn. 14 bis 26) angeführt, so dass die Rügen, wie sie sich bei ihrer jeweiligen Prüfung und in den Anträgen darbieten, auch verständlich sind.

4.        Was die Kohärenz dieser Rügen betrifft, wird bereits zu Beginn (in Nr. 1) der Klageschrift und auch in den späteren Ausführungen (Nrn. 35, 52, 59 und 75 bis 77) darauf hingewiesen, dass die geltend gemachten Verstöße nicht in einer unzulänglichen Umsetzung des Unionsrechts in nationales Recht, sondern in bestimmten, einzeln benannten und in den Anträgen konkretisierten Verhaltensweisen bestehen.

5.        Meines Erachtens entbehrt die Klage unter formellen Gesichtspunkten weder der Klarheit noch der Kohärenz, die nach den Anforderungen der oben angegebenen Rechtsprechung vorliegen muss, und gestattet dem Mitgliedstaat, sein Recht auf Verteidigung auszuüben ‒ was tatsächlich auch geschehen ist. Da die Kommission dem Mitgliedstaat keine unzulängliche Umsetzung vorwirft, ist das Vorbringen der deutschen Regierung zur Anpassung ihres nationalen Rechts an die hier in Rede stehenden Vorschriften gegenstandslos. Dieser Unzulässigkeitsgrund ist daher zurückzuweisen.

a)      Zur Richtlinie 2012/34 als Grundlage der erhobenen Klage

1.        Die Kommission hatte die Klage, mit der sie einen Verstoß gegen die Richtlinie 2012/34 geltend machte, am 30. Oktober 2014 erhoben. Fest steht, dass die Richtlinie zu diesem Zeitpunkt auch bereits in Kraft getreten war (Art. 66) und u. a. die Richtlinien 91/440 und 2001/14 mit Wirkung vom 15. Dezember 2012 aufgehoben hatte (Art. 65). Allerdings wurde am 12. März 2015 eine „Berichtigung“ im Amtsblatt veröffentlicht, mit der die Aufhebung der genannten Richtlinien auf den 17. Juni 2015, d. h. einen Tag nach dem Ende der Frist zur Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten, verschoben wurde.

2.        Aufgrund dieser Änderung beantragte die Kommission, deren Klage wegen Verstoßes gegen die Richtlinie 2012/34 am 30. Oktober 2014 (also vor der Berichtigung) beim Gerichtshof eingegangen war, in ihrer Erwiderung, ihre Anträge als auf die entsprechenden Artikel der Richtlinien 91/440 und 2001/14 gestützt anzusehen, wenn die Richtlinie 2012/34 als irrelevant betrachtet werden sollte.

3.        Nach Ansicht der deutschen Regierung kann ihr die Richtlinie 2012/34 nicht entgegengehalten werden, da ihre Umsetzungsfrist bei der Klageerhebung der Kommission noch nicht abgelaufen gewesen sei, was zur offenkundigen Unzulässigkeit der Klage führe.

4.        Dieses Vorbringen kann meines Erachtens keinen Erfolg haben. Zum einen ist Rn. 4 der Klageschrift zu entnehmen, dass die Rügen, auch wenn sich die Kommission auf die Richtlinie 2012/34 beruft, ausschließlich deren Bestandteile betrifft, welche bereits in den Richtlinien 91/440 und 2001/14 enthalten waren. Zum anderen kann der Kommission die Wahl dieser Rechtsgrundlage nicht zum Vorwurf gemacht werden, da sie, um die Klage auf geltendes Recht zu stützen, keine andere Möglichkeit hatte als die einzige Richtlinie heranzuziehen, die bei Klageerhebung in Kraft war, nämlich die Richtlinie 2012/34. Hätte sie nur auf die beiden aufgehobenen Richtlinien (Richtlinien 91/440 und 2001/14) abgestellt, so hätte sie sich dem Einwand der Unzulässigkeit ausgesetzt, da sie sich auf zeitlich nicht mehr geltende Vorschriften gestützt hätte. Außerdem beinhalten die in den Anträgen enthaltenen Rügen in Klammern unmittelbar nach der Nennung der Richtlinie 2012/34 die entsprechenden einschlägigen Rechtsvorschriften der Richtlinie 91/440 bzw. der Richtlinie 2001/14.

5.        Die Weise, in der die Kommission die Vorschriften zur Begründung ihrer Anträge angeführt hat, erscheint mir nicht nur richtig, sondern in Anbetracht des seltsamen rückwirkenden Wiederauflebens der Richtlinien 91/440 und 2001/14, das am 12. März 2015 vom Rat durch eine anomale „Berichtigung“ beschlossen wurde, als beide Richtlinien schon nicht mehr in Kraft waren(14), auch die geeignetste zu sein.

6.        Letzten Endes wäre es meines Erachtens extrem formalistisch und würde eine falsch verstandene Strenge bedeuten, wenn ich aus diesem Grund die Abweisung der Klage wegen Unzulässigkeit vorschlagen würde.

1.      Zur Unzulässigkeit der einzelnen Rügen

1.        Die deutsche Regierung wendet ein, den ersten drei Rügen fehle es an Klarheit, insbesondere weil sie die Formulierungen „indem sie es zugelassen hat“ (erste Rüge) und „indem sie es versäumt hat, sicherzustellen“ (zweite und dritte Rüge) verwendeten.

2.        Die Klarheit und Kohärenz der in einer Vertragsverletzungsklage erhobenen Rügen können nicht anhand einzelner Wendungen beurteilt werden, die aus dem Satzzusammenhang, in dem sie stehen, und dem Kontext des Schriftstücks, in dem sie enthalten sind, herausgelöst sind. Die Wendungen, die die deutsche Regierung beanstandet, sind in Wirklichkeit Zusammenfassungen aller Argumente, die die Kommission zuvor vorgetragen hat, um ihre Vorwürfe zu begründen(15).

3.        Im Kontext dieser Klage beziehen sich beide Wendungen auf konkrete Verhaltensweisen der Beklagten, die nach Ansicht der Kommission mit den Verpflichtungen, die sich für die Bundesrepublik Deutschland aus den in Rede stehenden Richtlinien (und der Verordnung) ergeben, unvereinbar sind. Im Übrigen beweist die Ausführlichkeit der Stellungnahme der deutschen Regierung in der Klagebeantwortung und der Gegenerwiderung ebenso wie deren Inhalt nur zu gut, dass sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe verstanden hat und sich hat verteidigen können, ohne dass die angebliche Mehrdeutigkeit sie dabei behindert hat. Dieser Einwand gegen die Zulässigkeit ist daher zurückzuweisen.

4.        Dass die Kommission die konkrete Norm des nationalen Rechts nicht genannt hat, die Gegenstand der der Beklagten mit der ersten und der vierten Rüge vorgeworfenen Vertragsverletzung ist, ist unter dem Gesichtspunkt der Unzulässigkeit der Klage ebenfalls nicht zu beanstanden, da der deutschen Regierung, wie bereits ausgeführt, keine unzulängliche Umsetzung vorgeworfen wird.

5.        Zusammenfassend sind die Einreden der Unzulässigkeit meines Erachtens zu verwerfen, und es ist in die inhaltliche Prüfung einzutreten, die ich aus Gründen der Systematik mit der zweiten Rüge beginnen werde.

A –    Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440, soweit die Bundesrepublik Deutschland es versäumt hat, sicherzustellen, dass die Einhaltung des Verbots, öffentliche Gelder für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf Verkehrsleistungen zu übertragen, durch die Art der Rechnungsführung kontrolliert werden kann

1.      Vortrag der Parteien

1.        Die Kommission wirft der Bundesrepublik Deutschland einen Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/440 vor, weil die Rechnungsführung der Eisenbahninfrastrukturunternehmen nicht sicherstelle, dass das Verbot, der Infrastruktur zugewiesene öffentliche Gelder auf Verkehrsleistungen zu übertragen, überwacht werden könne.

2.        Insbesondere beanstandet sie, dass die mit öffentlichen Geldern finanzierten Vermögensgegenstände in der Rechnungsführung der Gesellschaften des Konzerns nicht aktiviert würden und dass auch den Gewinnabführungsverträgen nicht die Höhe der übertragenen Gelder zu entnehmen sei, weil in der Rechnungsführung der Holdinggesellschaft nicht zum Ausdruck komme, ob die Gewinne aus anderen Tätigkeitsbereichen als dem Betrieb der Infrastruktur stammten.

3.        In der Klagebeantwortung trägt die deutsche Regierung drei Argumente vor. Erstens stelle Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2012/34 eine Neuerung dar, die in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 nicht enthalten gewesen sei, und sei deshalb im vorliegenden Fall nicht anwendbar(16).

4.        Zweitens macht sie hilfsweise geltend, sie sei mit der von der Kommission vertretenen Auslegung von Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2012/34 nicht einverstanden. Ihres Erachtens erfordere diese Vorschrift nur eine buchhalterische Trennung zwischen den Eisenbahnverkehrs- und den Eisenbahninfrastrukturunternehmen, was im Fall der DB AG bereits durch die organisatorische Entflechtung zwischen dem Tätigkeitsbereich Verkehrsleistungen (DB ML AG und deren Tochtergesellschaften) und dem Tätigkeitsbereich Betrieb der Eisenbahninfrastruktur (DB Netz AG, DB Station & Service AG und DB Energie GmbH) erreicht werde. Dieser Ansatz stimme mit demjenigen überein, den die Kommission in ihrem Vorschlag für eine neue Richtlinie im Rahmen des sogenannten „vierten Eisenbahnpakets“(17) befürworte, dessen Art. 7a Abs. 3 eine vollständige Trennung zwischen den Finanzkreisläufen der Infrastrukturbetreiber und denen der Verkehrsunternehmen vorsehe, was im Umkehrschluss zeige, dass die jetzt geltende Regelung eine so weitgehende Trennung nicht verlange.

5.        Drittens trägt die deutsche Regierung – wiederum hilfsweise und vorsorglich – vor, sie habe Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2012/34 sogar noch vor dem Ende der Umsetzungsfrist korrekt in ihr nationales Recht umgesetzt. Der Umstand, dass öffentliche Gelder in der Bilanz nicht aktiviert würden, bedeute nicht, dass sie nicht intern buchhalterisch erfasst seien.

6.        Die Kommission erwidert hierauf, die deutsche Regierung bestreite letztlich nicht, dass die öffentlichen Gelder in der Rechnungsführung der Infrastrukturbetreiber nicht aufgeführt seien. Die fehlende Aufführung verhindere die Feststellung, ob das Verbot der Übertragung öffentlicher Gelder auf die Verkehrsleistungen eingehalten werde, was bereits für sich genommen gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 verstoße. Die Kommission räumt ein, dass eine Passage des Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2012/34 eine „Neuerung“ sei, doch betreffe diese nur die redaktionelle Abfassung, da Geist und Substanz sich nicht geändert hätten, wie sich aus dem Vorschlag für diese Richtlinie ergebe(18).

7.        Hinsichtlich der buchhalterischen Erfassung der öffentlichen Mittel hält die Kommission daran fest, dass Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/440 im Zusammenhang mit Unterabs. 1 gesehen werden müsse, wo eindeutig die Bilanzen und die Gewinn‑und-Verlust-Rechnungen angesprochen seien, die veröffentlicht werden müssten, so dass es nicht genüge, wenn die erforderlichen Angaben in die „interne“ Buchhaltung aufgenommen würden.

8.        Die italienische Regierung teilt in ihrem Streithilfeschriftsatz die Auffassung der deutschen Regierung, dass Art. 6 Abs. 4 der Richtlinie 2012/34 eine Neuerung sei und deshalb den Mitgliedstaaten nicht entgegengehalten werden könne. Die Wendung „muss es ermöglichen, … zu kontrollieren“ sei im Licht des Art. 56 Abs. 12 dieser Richtlinie zu lesen, der die Regulierungsstelle ermächtige, bei den Infrastrukturbetreibern Prüfungen durchzuführen, um speziell die Beachtung der getrennten Rechnungsführung zu kontrollieren. Der genannte Art. 56 verweise auf Anhang VIII und unterstreiche die Neuerung der Detailgenauigkeit, mit der dieser Anhang die Buchführungsdaten aufführe, die die Infrastrukturbetreiber der Regulierungsstelle zur Verfügung stellen müssten.

9.        In ihrer Stellungnahme hierzu hebt die Kommission hervor, Art. 56 diene nicht dazu, den Inhalt von Art. 6, auf den er verweise, abzuschwächen, sondern solle der Regulierungsstelle eine Reihe von Befugnissen einräumen, die deren Arbeit erleichterten, beispielsweise die Vorlage der in Anhang VII aufgezählten Dokumente zu verlangen, die für die Regulierungsstelle von besonderem Interesse seien.

1.      Würdigung

1.        Die Rüge, die die Kommission gegenüber der Bundesrepublik Deutschland erhebt (im Wesentlichen der Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440), beruht auf der Prämisse, dass die von den deutschen Behörden gewährten öffentlichen Zuwendungen für die Finanzierung von Vermögensgegenständen weder in der Bilanz noch in der Gewinn‑und-Verlust-Rechnung des Infrastrukturbetreibers angemessen zum Ausdruck kommen, noch sonst in der Rechnungsführung des Konzerns aktiviert werden. Diese Art der Rechnungsführung ermöglicht es ihrer Meinung nach nicht, die Einhaltung des Verbots der Übertragung öffentlicher Gelder vom Geschäftsbereich des Betriebs der Infrastruktur auf den der Verkehrsleistungen zu kontrollieren.

2.        Die als verletzt angesehene Vorschrift enthält drei Grundbedingungen: a) Trennung zwischen den von den Unternehmen erbrachten Verkehrsleistungen und dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur in der Rechnungsführung, die die getrennte Führung und Veröffentlichung der jeweiligen Konten umfasst (Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 1)(19); b) das Verbot des Transfers von Subventionen von einem dieser beiden Geschäftsbereiche auf den anderen, das das Verbot von Quersubventionen umsetzt (Abs. 1 Unterabs. 1 Satz 2); und c) die Verpflichtung, dieses Verbot auch in der Rechnungsführung der beiden Bereiche zum Ausdruck zu bringen (Abs. 1 Unterabs. 2).

3.        Die deutsche Regierung hat als Hauptargument vorgebracht, dass die Verpflichtung zu einer Rechnungsführung, die es „ermöglicht, die Einhaltung des Verbots, öffentliche Gelder zu übertragen, zu kontrollieren“, expressis verbis erst durch die Richtlinie 2012/34 mit dem derzeitigen Art. 6 Abs. 4 eingeführt worden sei, weshalb diese Verpflichtung ihr vorher auch nicht habe entgegengehalten werden können, da die Frist zur Umsetzung dieser Richtlinie bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen gewesen sei.

4.        Ich glaube nicht, dass diesem Argument zugestimmt werden kann, da die Vorschrift in ihrer ursprünglichen Fassung von 1991 schon darauf abzielte, Quersubventionen zu kontrollieren, und folglich schon damals Transparenz in der Rechnungsführung vorschrieb. Nach dem ursprünglichen Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 91/440, der durch die Richtlinie 2001/12 nicht geändert wurde, musste „[d]ieses Verbot[, staatliche Gelder zwischen Infrastruktur und Verkehr zu übertragen,] auch in der Rechnungsführung der beiden Bereiche zum Ausdruck kommen“.

5.        Dem vierten Erwägungsgrund der Richtlinie 91/440 ist zu entnehmen, dass ihr Zweck darin bestand, eine wirtschaftliche Nutzung des Eisenbahnnetzes durch eine Trennung zwischen der Erbringung der Verkehrsleistungen einerseits und dem Betrieb der Eisenbahninfrastruktur andererseits zu erleichtern, was auf jeden Fall auch ein getrenntes Rechnungswesen voraussetzte. Die Richtlinie 2001/12 hat dies noch verstärkt, indem sie die Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung auf die beiden wichtigsten Unterlagen, die Gewinn‑und-Verlust-Rechnung und die Bilanz, erweitert hat. Außerdem erstreckte sie diese Verpflichtung nach ihrem neunten Erwägungsgrund auch auf die Personen- bzw. Güterverkehrsunternehmen.

6.        Der treibende Gedanke hinter dieser Entflechtung war bei beiden Richtlinien, eine umfassende Transparenz zu erreichen und die Einbeziehung einiger Infrastrukturkosten wie der Kosten im Zusammenhang mit den gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, der verlorenen Kosten („sunk costs“) für die Errichtung von Infrastrukturen, der Kosten für deren Instandhaltung und Betrieb sowie für die Zuteilung der Infrastrukturkapazität klarzustellen(20).

7.        Die durch diese Art der Rechnungsführung erreichte Transparenz(21) sollte außerdem dazu dienen, Quersubventionen aufzudecken, die nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 91/440 schon in dessen ursprünglicher Fassung verboten waren. Vor diesem Hintergrund kann die Formulierung „zum Ausdruck kommen“(22) nur in dem Sinne verstanden werden, dass die Kontrolle des Verbots erleichtert werden soll, was jedoch schwerlich erreichbar wäre, wenn sich dieses Verbot nicht in der Rechnungsführung niederschlagen würde. Auch die neue Abfassung der Bestimmung durch die Richtlinie 2012/34 hat keine spezifische Verpflichtung zur Kontrolle eingeführt (was gegenüber der vorherigen Fassung eine Neuerung gewesen wäre), sondern die eventuelle Kontrolle vielmehr möglich gemacht, sofern das Verbot in der Rechnungsführung angemessen „zum Ausdruck kommt“.

8.        Folglich ist das Hauptargument der deutschen Regierung zurückzuweisen.

9.        Hilfsweise trägt die deutsche Regierung im Wesentlichen vor, Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 erfordere nur eine buchhalterische Trennung zwischen dem Betrieb der Infrastruktur und der Erbringung der Verkehrsleistungen, aber nicht, dass die empfangenen öffentlichen Gelder in der Gewinn‑und-Verlust-Rechnung oder der Bilanz erscheinen müssten. Es genüge, dass diese, wie dies bei den deutschen Eisenbahnunternehmen der Fall sei, in deren interner Rechnungsführung erfasst seien.

10.      Ich teile die Auffassung der Kommission, dass diese Auslegung nicht möglich ist. Schon die Verordnung (EWG) Nr. 2830/77(23) enthielt die Verpflichtung, die öffentlichen Gelder sowohl in der Bilanz („Einlagen des Staates“ – die auch die „Beteiligung des Staates … an bestimmten Investitionsvorhaben“ umfassen)(24) als auch in der Gewinn‑und-Verlust-Rechnung (Nr. 74 „Ausgleichszahlungen des Staates und anderer öffentlicher Körperschaften“ und Nr. 91.5 „Zuschuss zum Haushaltsausgleich“)(25) auszuweisen. Nach dem ersten Erwägungsgrund dieser Verordnung sollten die Vorschriften über die finanziellen Beziehungen zwischen den Staaten und den Eisenbahnunternehmen sich möglichst weitgehend an die Finanz- und Rechtsvorschriften für Industrie- und Handelsunternehmen anlehnen. Überdies nannte die Verordnung als Zweck die Verbesserung der Transparenz der finanziellen Ergebnisse dieser Unternehmen und der finanziellen Leistungen des Staates.

11.      Zwar wurde die Verordnung Nr. 2830/77 durch Art. 37 der Richtlinie 2001/14 aufgehoben, doch hat die Kommission bei der Darstellung der Gründe für die Reform der Richtlinie 91/440, die im selben Maßnahmenblock wie die Richtlinie 2001/12 vorgestellt wurde, ausgeführt, dass diese Verpflichtungen, auch wenn sie für die Eisenbahnunternehmen bereits aufgrund der Verordnung Nr. 2830/77 Geltung hätten, klar und eindeutig (durch die Richtlinie 2001/12) in die Richtlinie 91/440 aufzunehmen seien(26). Die endgültige Fassung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 ist mit der des Richtlinienvorschlags identisch.

12.      Aus den vorstehenden Ausführungen ergibt sich, dass die Bezugnahme auf die Bilanz und die Gewinn‑und-Verlust-Rechnung in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 mit der gleichen Verbindlichkeit an die Stelle der bereits seit 1978 nach der Verordnung Nr. 2830/77 bestehenden Verpflichtung getreten ist, die öffentlichen Zuwendungen mit in diese Konten aufzunehmen.

13.      Im Übrigen wäre es ein Widerspruch, wenn dem nicht so wäre und wenn ‒ was nicht der Fall ist ‒ die Reform der Richtlinie 91/440, die gerade eine größere Transparenz der Rechnungsführung der Unternehmen herbeiführen sollte, die Verpflichtung abgeschwächt hätte, Gewinn‑und-Verlust-Rechnung sowie Bilanz für das Ziel einer größeren Klarheit der finanziellen Beziehungen zwischen dem Staat und den Eisenbahnunternehmen zu nutzen.

14.      Zusammenfassend erfüllt die von der deutschen Regierung angeführte bloße Erfassung dieser Gelder in der internen Rechnungsführung der Eisenbahnunternehmen die Bedingungen von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 nicht. Folglich kann auch dieses zweite zu ihrer Verteidigung angeführte Argument keinen Erfolg haben.

15.      Das dritte Argument der deutschen Regierung, mit dem sie noch einmal auf die korrekte Umsetzung der Unionsvorschriften in ihr nationales Recht hinweist, ist gegenstandslos, da die Kommission, wie bereits gesagt, ihr nicht vorwirft, dass diese Umsetzung unzulänglich sei.

16.      Auch dem entsprechenden Argument der italienischen Regierung kann nicht gefolgt werden, da die Vertragsverletzung nicht im Licht der Richtlinie 2012/34 (die den von der Regierung erwähnten Art. 56 enthält), sondern im Licht der Richtlinie 91/440 zu prüfen ist, die keine ähnliche Vorschrift enthält. Der genannte Art. 56 beschreibt die Aufgaben und Befugnisse, die die Mitgliedstaaten ihren Regulierungsstellen für den Eisenbahnsektor zuweisen müssen, darunter die für die Durchführung von Prüfungen, die sich nach Abs. 12 auch auf die Erfüllung der Verpflichtung zur getrennten Rechnungsführung nach Art. 6 beziehen.

17.      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die öffentlichen Gelder für die Infrastruktur weder in der öffentlichen Rechnungslegung der Tochtergesellschaften noch derjenigen der Muttergesellschaft zum Ausdruck kommen – was die deutsche Regierung im Kern nicht bestritten hat – und die Rechnungslegung daher weder in dem einen noch in dem anderen Sinne eine Überprüfung ermöglicht, ob das Verbot der Übertragung dieser Gelder auf den Bereich des Eisenbahnverkehrs eingehalten wurde. Die zweite Rüge greift daher durch.

A –    Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440, soweit die Gewinnabführungsvereinbarungen die Finanzierung von Eisenbahnverkehrsleistungen mit Geldern erlauben, die nur für die Eisenbahninfrastruktur vorgesehen sind

1.      Vortrag der Parteien

1.        Nach Auffassung der Kommission lässt die Bundesrepublik Deutschland mit den Gewinnabführungsvereinbarungen (zwischen der Muttergesellschaft und den für die Infrastruktur verantwortlichen Tochtergesellschaften) zu, dass ein Teil der öffentlichen Gelder für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf Geschäftstätigkeiten übertragen wird, die mit den Verkehrsleistungen in Zusammenhang stehen. Dieses Verhalten, so die Kommission, verletze Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440.

2.        Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn die Gewinne der Eisenbahninfrastrukturunternehmen (d. h. der DB Netz AG, der DB Station & Service AG und der DB Energie GmbH) nur dank der an diese Unternehmen gezahlten öffentlichen Gelder entstanden seien. Aufgrund der von DB AG in den Gewinnabführungsvereinbarungen übernommenen Verpflichtung, eventuelle Verluste ihrer Tochtergesellschaften auszugleichen, könnten die auf diese Weise übertragenen Gewinne dazu genutzt werden, die Verluste im Bereich der Verkehrsleistungen abzumildern.

3.        Nach Auffassung der Kommission ist es ohne Bedeutung, dass diese Gelder nicht direkt von den einen Unternehmen des Konzerns auf die anderen übertragen werden könnten und die Übertragung indirekt durch die Abführung von Gewinnen an die Muttergesellschaft erfolge: Beide Formen widersprächen sowohl dem Wortlaut als auch dem Geist von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440.

4.        Die deutsche Regierung legt diese Vorschrift dahin aus, dass sie nicht verbiete, dass die Tochterunternehmen Gewinne erwirtschafteten und diese später an die Muttergesellschaft abführten; untersagt sei lediglich die Übertragung der für die Infrastruktur bestimmten öffentlichen Gelder, nicht aber die Übertragung der Erlöse der Infrastrukturunternehmen aus ihrem Geschäftsbetrieb, die unter Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 fielen. Jedenfalls sei die Unterscheidung, die die beiden Vorschriften zwischen öffentlichen Geldern (im Sinne von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440) und Wegeentgelten (im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14) vornähmen, unabhängig von der Frage, ob die Erlöse durch subventionierte Aktiva erzielt worden seien.

5.        Bezüglich der Umsetzung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 in das deutsche Recht trägt die deutsche Regierung vor, diese in § 9 Abs. 1b AEG in korrekter Weise durchgeführt zu haben.

6.        Die deutsche Regierung bestreitet, dass die Gelder, wie die Kommission behauptet, verschleiert würden, denn sie erschienen in der Rechnungsführung der DB AG, auch wenn im Jahresabschluss nur der Nettowert der öffentlichen Subventionen angegeben werde; dies sei der Faktor, der zur Berechnung der Gewinne, die an die Muttergesellschaft abzuführen seien, bzw. der Verluste, die von dieser auszugleichen seien, verwendet werde. Außerdem müssten die öffentlichen Gelder, die an die Infrastrukturbetreiber flössen, vollständig für die Investitionsprojekte verwendet werden, für die sie bestimmt seien, was verhindere, dass sie die Gewinne vergrößern könnten. Während diese Unternehmen für die Instandhaltungs- und Reparaturkosten der Eisenbahnwege aufkämen, fielen dem Bund im Rahmen seiner ihm von der Verfassung zugewiesenen Aufgabe(27) die Planung der Erfordernisse des Eisenbahnwegenetzes sowie die Finanzierung der Investitionsprojekte durch Subventionen zu(28).

7.        In der Erwiderung widerspricht die Kommission der Auslegung des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 durch die Beklagte. Ihres Erachtens ist dem Vorschlag für die Richtlinie 2001/12 zu entnehmen, dass mit diesem Artikel die gerechte und nicht diskriminierende Behandlung aller Eisenbahnunternehmen verfolgt werde, was nur erreicht werden könne, wenn die Finanzierung der Infrastruktur in ihrer Gesamtheit betrachtet werde, also auf der einen Seite die Kosten der Infrastruktur und auf der anderen Seite sämtliche Einnahmen, d. h. die gezahlten öffentlichen Gelder und die mit der Infrastruktur erzielten Einnahmen. Die vorgeblich systematische Auslegung der deutschen Regierung beraube die genannte Vorschrift ihrer praktischen Wirksamkeit.

8.        Die Kommission bestreitet zudem, dass der Begriff „staatliche Subventionen“ in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 sich lediglich auf solche öffentlichen Gelder beziehe, die aus einem öffentlichen Haushalt aufgrund einer bestimmten Rechtsgrundlage gewährt würden. Die Vorschrift verfolge den Zweck, Quersubventionen zu unterbinden, und sowohl ihr Wortlaut als auch die Vorarbeiten(29) bestätigten, dass es sich um öffentliche Gelder im Sinne der Regelung über staatliche Beihilfen (Art. 107 AEUV) handele, die dieselbe Terminologie verwende.

9.        Die Kommission trägt zum einen vor, die Bundesrepublik Deutschland stelle nicht sicher, dass die öffentlichen Gelder für die Infrastrukturunternehmen des Konzerns DB AG sich auf das durch unzureichende Einnahmen verursachte Finanzierungsdefizit beschränkten. Zum anderen ist sie der Auffassung, Art. 8 der Richtlinie 2001/14 gestatte nicht, dass der Betreiber der Infrastruktur die Entgelte für deren Nutzung in der Weise festlegen könne, dass sie gezielt eine bestimmte Rendite generierten. Darüber hinaus vertritt die Kommission die Ansicht, dass die in der Bundesrepublik Deutschland vorhandenen Kontrollmechanismen den Transfer öffentlicher Mittel nicht wirksam ausschlössen.

10.      In ihrer Gegenerwiderung rügt die deutsche Regierung, dass die Kommission keine Nachweise für ihre Auffassung vorgelegt habe, und verteidigt die von der Bundesnetzagentur(30) und vom Bundesrechnungshof(31) durchgeführten Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen der Verwendung öffentlicher Mittel. Auch habe sich die Rüge mit dem Inkrafttreten der LuFV II am 1. Januar 2015 erledigt(32).

11.      Die italienische Regierung weist ihrerseits darauf hin, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 das Bestehen von Finanzflüssen vom Staat zum Betreiber der Eisenbahninfrastruktur berücksichtige, sich aber darauf beschränke, Rechnungsführungsvorschriften festzulegen, die der Gefahr von Quersubventionen vorbeugen sollten. Auch spreche ihres Erachtens nichts dagegen, dass die Infrastrukturbetreiber Gewinne autonom verwendeten.

12.      In diesem Zusammenhang unterstreicht die italienische Regierung, dass der Gerichtshof die Rechtmäßigkeit von Holding-Unternehmensstrukturen anerkannt habe(33) und dass der Ansatz der Kommission – in Widerspruch zu den Art. 4 und 5 der Richtlinie 91/440 – auf eine Einengung der Verwaltungsautonomie der Eisenbahnkonzerne hinauslaufe.

13.      Die Kommission hat hierauf entgegnet, die Rechtmäßigkeit der Holdingstruktur als solcher bedeute noch nicht, dass auch jedwede Finanzflüsse innerhalb des Konzerns rechtmäßig seien.

1.      Würdigung

1.        Zur Prüfung des ersten Vorwurfs ist zunächst klarzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 in seiner Auslegung durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs lediglich eine getrennte Rechnungsführung zwischen der Tätigkeit der Eisenbahnunternehmen im Bereich Verkehrsleistungen und der im Bereich Infrastrukturbetrieb erfordert(34). Folglich kann die Rechtmäßigkeit von Gesellschaftsformen – und deren Wirkungen –, die Holdingstrukturen aufweisen, weder direkt noch indirekt in Zweifel gezogen werden.

2.        Auch ist zu erläutern, auf welche Gelder Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 sich bezieht, da die Kommission auch die Wegeentgelte in diese einschließen möchte, was mir nicht sachgerecht erscheint. Diese Entgelte werden von den Kunden als Gegenleistung für die Tätigkeit der Eisenbahninfrastrukturbetreiber entrichtet, weshalb sie nicht den Charakter öffentlicher Gelder haben, die diesen Unternehmen vom Staat zur Verfügung gestellt werden. Dagegen fallen Subventionen zum Ausgleich von Verlusten dieser Unternehmen, die ihnen entstehen können, wenn die Entgelte die Kosten der Erhaltung und des Betriebs dieser Infrastruktur nicht decken (Ausgleichssubvention), sehr wohl unter diesen Begriff, soweit sie direkt von einer öffentlichen Verwaltung gewährt werden. Wie bei der Prüfung der dritten Rüge noch zu zeigen sein wird, hat die Bundesrepublik Deutschland ein auf den Durchschnittskosten basierendes Entgeltsystem, das dem Infrastrukturunternehmen sogar die Erwirtschaftung von Gewinnen erlaubt, so dass es dafür auch keine zusätzlichen Subventionen erhalten dürfte. Folglich ist die Rüge der Kommission auf die öffentlichen Gelder zu begrenzen, die direkt vom deutschen Staat (oder einer im weitesten Sinne staatlichen Einrichtung) gezahlt werden.

3.        Was die Quersubventionen betrifft, legt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 fest, dass deren Verbot in der Rechnungsführung der beiden Tätigkeitsbereiche der Eisenbahn (d. h. den Verkehrsleistungen und dem Betrieb der Infrastruktur) zum Ausdruck kommen muss. Wenn die Kommission einem Mitgliedstaat einen Verstoß gegen diesen Artikel zur Last legt, muss sie hinreichende Nachweise dafür vorlegen, dass die staatlichen Subventionen, die für einen dieser Bereiche gezahlt worden sind, tatsächlich auf den anderen Bereich übertragen worden sind und dass dieser Regelverstoß in der Rechnungsführung (der beiden Bereiche) nicht ausgewiesen wurde.

4.        Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 258 AEUV der Kommission, das Vorliegen der gerügten Vertragsverletzung nachzuweisen. Dies bedeutet, dass sie dem Gerichtshof die für die Prüfung der Vertragsverletzung erforderlichen Anhaltspunkte an die Hand geben muss, ohne dass sie sich dabei auf eine Vermutung stützen kann(35). Außerdem müssen bei einer die Anwendung einer nationalen Vorschrift betreffenden Klage für die Feststellung einer Vertragsverletzung Beweise vorgelegt werden, die im Vergleich zu denen, die gewöhnlich im Rahmen einer nur den Inhalt einer nationalen Vorschrift betreffenden Vertragsverletzungsklage herangezogen werden, besonderer Natur sind. Unter diesen Umständen kann die Vertragsverletzung daher nur durch einen hinreichend dokumentierten und detaillierten Nachweis der der nationalen Verwaltung bzw. den nationalen Gerichten vorgeworfenen und dem betreffenden Mitgliedstaat zuzurechnenden Praxis dargetan werden(36).

5.        Die von der Kommission zur Stützung ihrer Auffassung vorgelegten Unterlagen zeigen die Entwicklung der Verluste und Gewinne der Tochtergesellschaften, die Infrastruktur betreiben (Anhang A.2 der Klageschrift). Daneben hat die Kommission eine Kopie des Gewinnabführungsvertrags zwischen der DB AG und der DB Netz AG vorgelegt (Anhang A.1). Sie wollte mit diesen Unterlagen zeigen, dass der Gewinnabführungsvertrag, wenn Gewinne erwirtschaftet wurden, ihrer Überzeugung nach allein aufgrund der Verbuchung der öffentlichen Gelder im Bereich der Infrastruktur, die Übertragung dieser Gelder auf den defizitären Bereich Verkehrsleistungen zugelassen habe. (Wie bereits gesagt, besteht nach dem entsprechenden Gewinnabführungsvertrag mit den Unternehmen des Verkehrsleistungsbereichs die Verpflichtung, deren Verluste auszugleichen(37).)

6.        Die Kommission baut eine – nicht unlogische – Argumentation auf, die ihren Verdacht bestätigen soll, dass die Gewinne der die Infrastruktur betreibenden Tochterunternehmen, die an die DB AG abgeführt werden, letztendlich aus den öffentlichen Geldern für die Infrastruktur herrühren, die später den Verkehrsunternehmen zufließen. Dieser Verdacht genügt aber nicht, um die vorgeworfene Vertragsverletzung nachzuweisen, wenn sich eine tatsächliche Übertragung der öffentlichen Gelder von einem Bereich in den anderen über diese bloße Vermutung hinaus nicht bestätigt hat.

7.        Der Vorwurf, es gebe keine hinreichenden Garantien, um diese Übertragung von Geldern auszuschließen, kann ebenfalls nicht als Grundlage für eine Verurteilung dienen. Da unstreitig ist, dass das Recht der Bundesrepublik Deutschland solche Übertragungen mit den gleichen Worten wie die Richtlinie 91/440 verbietet und da es nationale Kontrollorgane gibt, die diese Übertragungen feststellen können, hätte die Rüge des Verstoßes gegen Art. 6 Abs. 1 der genannten Richtlinie den Nachweis erfordert, dass diese Übertragungen tatsächlich erfolgt sind, und nicht bloß die Feststellung, es würden nicht genügend Vorkehrungen getroffen, um sie zu vermeiden.

8.        Man kann von der Kommission selbstverständlich nicht eine probatio diabolica, d. h. die Vorlage von Unterlagen verlangen, die gar nicht existieren oder die unmöglich zu beschaffen sind. Aber zum einen werden die Jahresrechnungen und Bilanzen der Tochtergesellschaften und der Muttergesellschaft geprüft und veröffentlicht. Und zum anderen kann die Kommission vor allem dann, wenn die von ihr angeführten öffentlichen Gelder ‒ wie schon im Rahmen der Prüfung der zweiten Rüge erwähnt ‒ in diesen Rechnungen und Bilanzen nicht zum Ausdruck kommen, mit der Feststellung dieses Mangels erreichen, dass ihrem Begehren, nämlich der Feststellung eines Verstoßes gegen die Rechnungsführungsvorschriften, stattgegeben wird.

9.        Mit anderen Worten: Wenn Angaben über die öffentlichen Gelder in der Rechnungsführung der Eisenbahnunternehmen fehlen – und dieses Versäumnis erschwert ja gerade die Beibringung von Beweisen, anhand deren die Begründetheit der ersten Rüge überprüft werden kann –, ist es meines Erachtens schlüssiger, dies so festzustellen, anstatt weiter auf einem in den Klageantrag aufgenommenen Vorwurf zu beharren, den die Kommission nicht anhand von Unterlagen nachweisen kann.

10.      Letztlich geht die Argumentation über die Verteilung der ganz oder teilweise mit öffentlichen Geldern erwirtschafteten Gewinne (soweit über mehrere Jahre hinweg Gewinne der DB Netz AG nur aufgrund von Subventionen möglich waren) nicht über eine Vermutung hinaus, für die keine konkreten Nachweise erbracht worden sind, aufgrund deren diesem Teil der Klage hätte stattgegeben werden können, wozu überzeugend hätte nachgewiesen werden müssen, dass diese rechtswidrigen Übertragungen in Wirklichkeit und in der Rechnungsführung vorgenommen wurden. Dem ist noch hinzuzufügen, dass die LuFV II(38), wie es scheint, seit 2015 Klarheit im Hinblick auf die Verwendung der Nettoergebnisse der Infrastrukturunternehmen geschaffen hat: Sie sind nämlich auf den Bund zu übertragen, um im selben Tätigkeitsbereich reinvestiert zu werden.

11.      Ich meine daher, dass die Kommission keine hinreichenden Beweise für die Begründetheit der ersten Rüge beigebracht hat.

A –    Zur dritten Rüge: Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14, soweit nicht sichergestellt wird, dass Infrastrukturentgelte nur für die Finanzierung der Unternehmenstätigkeit des Infrastrukturbetreibers verwendet werden können

1.      Vortrag der Parteien

1.        Die Kommission trägt vor, aufgrund der von der DB AG mit ihren die Eisenbahninfrastruktur betreibenden Tochtergesellschaften abgeschlossenen Gewinnabführungsverträge würden die Entgelte für die Nutzung der Infrastruktur auf die Muttergesellschaft übertragen. Dies bedeute, dass die Entgelte entgegen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 nicht ausschließlich für die Tätigkeiten der Infrastrukturbetreiber verwendet würden. Dies gelte jedenfalls dann, wenn Gewinne ohne diese Entgelte nicht entstanden wären.

2.        Die deutsche Regierung bestreitet dies und führt dazu aus, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1 Unterabs. 1 und Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 ließen von der Systematik her durchaus zu, dass der Infrastrukturbetreiber eine gewisse Rendite erziele, die einen integralen Bestandteil der zu erhebenden Entgelte bilde. Zudem gebe es keine Regelung, die die Verwendung der vom ihm erwirtschafteten Gewinne vorschreibe, so dass er bei deren Auskehrung an die Muttergesellschaft keinerlei Bindungen unterliege.

3.        Deshalb steht nach Auffassung der deutschen Regierung die Richtlinie 2001/14 der Abführung der Gewinne nicht entgegen, sofern diese aus den Entgelten für die Nutzung der Infrastruktur stammten, in deren Berechnung eine angemessene Eigenkapitalrendite des Unternehmens eingeflossen sei. Nach § 14 Abs. 4 Satz 1 AEG müssten die Entgelte so festgelegt werden, dass sie (im Rahmen der von Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 eröffneten Möglichkeit) die Kosten des Infrastrukturbetreibers deckten, wobei eine marktangemessene Rendite hinzugefügt werden könne. Der auf diese Weise erzielte Ertrag führe entgegen der Ansicht der Kommission nicht zu einer Finanzierungslücke bei der Infrastruktur.

4.        Abschließend erklärt die deutsche Regierung, ihre Auslegung werde durch einen kürzlich vorgelegten Änderungsvorschlag bestätigt, den die Kommission für das vierte Eisenbahnpaket ausgearbeitet habe (Art. 7a) und nach dessen Wortlaut es keineswegs erforderlich sei, dass die Einnahmen aus der Nutzung der Infrastruktur ausschließlich zum Betrieb und zur Erhaltung der Eisenbahnwege verwendet würden(39).

5.        In der Erwiderung weist die Kommission darauf hin, dass Art. 6 der Richtlinie 2001/14 sich dadurch erkläre, dass die Infrastrukturentgelte normalerweise nach den direkten Kosten berechnet würden (Art. 7 Abs. 3) und dass die Infrastrukturunternehmen daher systematisch Verluste erzielten, wenn nicht die öffentliche Hand zumindest einen Teil der Infrastrukturkosten übernehme. So gesehen verpflichte Art. 6 die Mitgliedstaaten, ihrer finanziellen Verantwortung gegenüber den Infrastrukturbetreibern nachzukommen und deren Haushalte auszugleichen.

6.        Die Kommission führt in der Erwiderung eine Stellungnahme des Bundesrats(40) an, die ihre Ansicht stütze und die negativen Folgen der Gewinnabführungsverträge aufzeige. Das Inkrafttreten der LuFV II am 1. Januar 2015 solle gerade diese „politische Forderung“ des Bundesrats erfüllen, indem sie vorsehe, dass die Gewinne der Infrastrukturbetreiber direkt an den Bund abgeführt und von diesem wiederum für die Infrastruktur verwendet würden.

7.        In der Gegenerwiderung räumt die deutsche Regierung ein, dass die von der DB Netz AG an die DB AG abgeführten Gelder ganz oder teilweise aus „Trassenerlösen“ stammten; sie verlören jedoch ihre Qualifizierung als Entgelte für die Nutzung der Infrastruktur spätestens dann, wenn sie von der DB Netz AG als Gegenleistung für die Gewährung der Trassennutzung zutreffend vereinnahmt und der Finanzierung der Geschäftstätigkeit zugeführt worden seien.

8.        Die italienische Regierung hat bezüglich der dritten Rüge keine Erklärungen abgegeben und sich darauf beschränkt, dem Standpunkt der deutschen Regierung zuzustimmen.

1.      Würdigung

1.        Die Parteien dieses Verfahrens vertreten unterschiedliche Auffassungen zur Auslegung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14, nach dem die Entgelte für die Nutzung der Fahrwege der Eisenbahn an den Betreiber der Infrastruktur zu entrichten sind, „dem sie zur Finanzierung seiner Unternehmenstätigkeit dienen“. Die Kommission schlägt einen restriktiven Ansatz vor, der sich eng an den Wortlaut der Vorschrift anlehnt, während die Vorschrift nach Ansicht der deutschen Regierung keine Verpflichtung hinsichtlich der Verwendung der durch die Einnahme der Entgelte erwirtschafteten Gewinne beinhaltet, da der Begriff „Unternehmenstätigkeit“, der die Gewinnerzielungsabsicht voraussetze, die Verwendung der Entgelte nicht einschränke, die, da sie eine Rendite beinhalteten, legitim an die Muttergesellschaft abgeführt werden könnten.

2.        Bei der Auslegung von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2001/14 hat der Gerichtshof unter Hinweis auf ihre Erwägungsgründe 12 und 20 anerkannt, dass die Eisenbahninfrastrukturbetreiber über eine gewisse Flexibilität verfügen müssen(41). Ihnen steht somit ein Spielraum bei der Berechnung ihrer Entgelte zu, der von einer Untergrenze (der den gesamten Kosten entspricht, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, Art. 7 Abs. 3 dieser Richtlinie) bis zu einer Obergrenze (nämlich den Gesamtkosten des Betreibers, Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie(42)) reicht.

3.        Innerhalb dieser Grenzen kann das Entgelt nach der Richtlinie 2001/14 variieren, indem es die Knappheit der Fahrwegkapazität (Art. 7 Abs. 4), die Kosten von umweltbezogenen Auswirkungen (Art. 7 Abs. 5), spezifische Investitionsvorhaben (Art. 8 Abs. 2) oder vorgesehene Nachlässe (Art. 9) berücksichtigt(43).

4.        Meiner Meinung nach lässt weder der Wortlaut von Art. 7 Abs. 1 noch seine Struktur, sein Zweck oder sein systematischer Zusammenhang mit anderen Artikeln der Richtlinie 2001/14 eine für den Infrastrukturbetreiber so günstige Auslegung zu wie die, die von der deutschen Regierung vertreten wird.

5.        Was seinen Inhalt betrifft, so erwähnt Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14 zwar den „Gewinn aus anderen wirtschaftlichen Tätigkeiten“; doch ist auch zu beachten, dass der Begriff „Unternehmenstätigkeit“ in Art. 7 Abs. 1 sich auf die spezifische Aufgabe des Infrastrukturbetreibers bezieht, die ihn nämlich dazu berechtigt, das Entgelt für die Nutzung der Fahrwege und anderer eng mit diesen verbundener Elemente zu fordern und zu vereinnahmen.

6.        Was seine Struktur betrifft, ist im Gegensatz zu den Methoden der Entgeltgestaltung (für die die Richtlinie 2001/14 gewisse Optionen bietet) die Regelung in Art. 7 Abs. 1 hinsichtlich der Verwendung der eingenommenen Entgelte zwingend: Die Verpflichtung, diese zur Finanzierung der Unternehmenstätigkeit zu verwenden, kennt weder Abstufungen noch Ausnahmen(44). Dies ist auch kohärent, da die Richtlinie von dem Grundsatz ausgeht, dass die Entgelte lediglich die Kosten decken, die unmittelbar aufgrund des Zugbetriebs anfallen, d. h. die kurzfristigen Grenzkosten(45) (Art. 7 Abs. 3 in Verbindung mit dem 39. Erwägungsgrund) sowie andere Kosten, die zumindest teilweise, aber unmittelbar auf den Zugbetrieb entfallen, etwa die Signalsicherung, die Verkehrsverwaltung oder die Instandsetzung(46).

7.        Da der Nutzer, der das Entgelt entrichtet, lediglich die Grenzkosten bezahlt, die durch seine Nutzung der Infrastruktur entstehen, haben es die Infrastrukturbetreiber mit einem strukturell bedingten defizitären Betriebsergebnis zu tun(47). Deshalb geht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2001/14, wenn er den Grundsatz der Entgeltgestaltung auf der Basis der Grenzkosten akzeptiert, von einer staatlichen Finanzierung (Ausgleichssubvention) aus, die in der Rechnungsführung des Infrastrukturbetreibers Ausdruck finden muss.

8.        In diesem Zusammenhang soll die Verwendung der Erlöse aus den Nutzungsentgelten für die Finanzierung der Unternehmenstätigkeit des Infrastrukturbetreibers nicht nur die Vereinnahmung dieser Entgelte, sondern auch deren Reinvestierung genau in diesen Tätigkeitsbereich sicherstellen. Auf diese Weise sollte ein Hebeleffekt erzielt werden, d. h., der Betreiber sollte dazu bewegt werden, auf eine Vergrößerung des Verkehrsvolumens hinzuwirken und das Netz bestmöglich zu nutzen(48), gegebenenfalls mit dem Ziel, langfristig den Rechnungsausgleich ohne die Unterstützung der öffentlichen Hand zu erreichen(49).

9.        Die Richtlinie 2001/14 enthält keine Grundlage für ein Entgeltsystem, das den Betreiber von der Verpflichtung nach Art. 7 Abs. 1 freistellt, die Einkünfte aus den vereinnahmten Entgelten zur Finanzierung seiner Unternehmenstätigkeit zu verwenden. Da der Gesetzgeber somit keine Möglichkeit für eine Abwandlung des bindenden Auftrags vorgesehen hat, die aus den Nutzungsentgelten für die Infrastruktur stammenden Einkünfte auch für die Infrastruktur zu verwenden, ist dies zu respektieren. Selbst wenn die von einem Mitgliedstaat angewandte Methode für die Bestimmung des Entgelts zu einer Rendite führen würde, die in Gewinnen zum Ausdruck käme, wären diese Gewinne nach wie vor Teil der Einkünfte aus Nutzungsentgelten, mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

10.      In Wirklichkeit wirft die Kommission der deutschen Regierung nicht die Übertragung der aus den Entgelten stammenden Gewinne auf die Muttergesellschaft vor, sondern das Fehlen einer Sicherheit dafür, dass sie zur Finanzierung der Geschäftstätigkeit der Infrastrukturbetreiber reinvestiert werden. So gesehen treffen die Argumente der deutschen Behörden zur generellen Rechtmäßigkeit der Übertragung von Gewinnen an die DB AG nicht den Kern der Streitigkeit, da die Übertragung als solche wie gesagt nicht Gegenstand der mit dieser Rüge vorgeworfenen Vertragsverletzung ist.

11.      Dies vorausgeschickt ist festzustellen, dass die von der Kommission mit dieser Rüge geforderte Verurteilung unter derselben Beweisschwäche oder Unzulänglichkeit der Beweise wie die erste Rüge leidet. Auch sie gründet sich auf eine Reihe von Umständen oder früheren Vorgängen, die das gewünschte Ergebnis nur wahrscheinlich machen (aber kein strenger Beweis sind), d. h., sie beruht auf einer weiteren Vermutung.

12.      Als Beweis hat die Kommission das oben erwähnte Dokument des Bundesrats(50) vorgelegt. Es handelt sich um Anmerkungen bzw. eine offizielle Stellungnahme der Länderkammer des deutschen Parlaments zum Gesetzesvorschlag für eine Neuordnung der Regelung im Bereich der Eisenbahn(51). Es ist darauf hinzuweisen, dass seit dem 1. Januar 1996 der regionale Personenverkehr in die Zuständigkeit der Länder(52) fällt, die als Kunden, Investoren und als mit diesem Dienst für die jeweilige Region betraute staatliche Stelle logischerweise ein Interesse an der Verwendung der Gelder haben, die die für die Infrastruktur verantwortlichen Tochterunternehmen der DB AG erwirtschaften.

13.      Ohne den Wert dieses Dokuments schmälern zu wollen (trotz des politischen Charakters, den die deutsche Regierung hervorhebt), ergibt sich aus diesem nicht mit der erforderlichen Sicherheit, dass die von den Infrastrukturbetreibern an die Muttergesellschaft übertragenen Gewinne während des Zeitraums, auf den sich die Vertragsverletzungsklage bezieht, nicht für diese Infrastruktur verwendet wurden. Zwar hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu § 25 Abs. 3 des Reformvorschlags seine Forderung klar zum Ausdruck gebracht, dass der im Bereich der Infrastruktur erwirtschaftete Gewinn „ausschließlich“ in diesen Bereich reinvestiert werden soll(53), es wäre jedoch vermessen, aus diesen Bemerkungen pro futuro eine tragfähige Grundlage für die von der Kommission begehrte kategorische Verurteilung wegen eines in der Vergangenheit liegenden Sachverhalts ableiten zu wollen(54).

14.      Wie ich schon bei der ersten Rüge ausgeführt habe, kann auch die hier geprüfte Rüge schwerlich Erfolg haben, wenn die Rechnungsführung der Eisenbahnunternehmen es nicht erlaubt, eine klare Unterscheidung der verschiedenen Posten (dort waren es die öffentlichen Mittel, hier sind es die Entgelte) in dem Sinne zu treffen, dass die Rückverfolgbarkeit der einen wie der anderen ebenso wie die ihrer jeweiligen Verwendung in vollem Umfang gewährleistet ist.

15.      Daher kann auch die dritte Rüge nicht als bewiesen angesehen werden.

A –    Zur vierten Rüge: Verstoß gegen Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 in Verbindung mit Nr. 5 ihres Anhangs, da nicht sichergestellt wird, dass öffentliche Zuwendungen für die Erbringung öffentlicher Personenverkehrsdienste in den entsprechenden Rechnungen getrennt ausgewiesen werden

1.      Vortrag der Parteien

1.        Die Kommission macht der Bundesrepublik Deutschland zum Vorwurf, dass die öffentlichen Zuwendungen, die für die Tätigkeit der DB Regio AG (gemeinwirtschaftliche Verkehrsleistungen) gewährt wurden, in der Rechnungsführung dieses Unternehmens entgegen Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 und Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 in Verbindung mit Nr. 5 letzter Gedankenstrich ihres Anhangs nicht getrennt aufgeführt werden.

2.        Dem Vortrag der Kommission zufolge werden die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen ebenso wie die Einnahmen aus Fahrkartenverkäufen lediglich in Form von Gesamtbeträgen angegeben, die sich auf alle erbrachten Dienstleistungen bezögen, so dass es nicht möglich sei, im Hinblick auf die Aufdeckung eventueller Quersubventionen festzustellen, ob im Einzelfall diese Ausgleichsleistungen übermäßig seien.

3.        Die Kommission trägt vor, Unternehmen wie die DB Regio AG unterfielen nicht der Bereichsausnahme nach Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 91/440. Diese Richtlinie sei auch auf Unternehmen anwendbar, die Ausgleichsleistungen über die Muttergesellschaft erhielten, denn sonst könnten die einschlägigen Bestimmungen leicht umgangen werden.

4.        Für die deutsche Regierung gründet sich die vierte Rüge in Wirklichkeit auf die Neufassung des Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 durch Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2012/34. Durch die Änderung umfasse der Anwendungsbereich der Vorschrift nunmehr auch Regionalverkehrsunternehmen, von denen nur jene ausgenommen würden, die in eigenständigen Netzen Verkehrsleistungen erbrächten(55). Diese Neufassung sei auf den vorliegenden Fall jedoch zeitlich nicht anwendbar.

5.        Was Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 betrifft, ist die Bundesrepublik Deutschland der Auffassung, die DB Regio AG als Regionalverkehrsbetreiber falle nach Art. 2 Abs. 2 nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Der von der Kommission vorgeschlagenen Auslegung widerspricht sie mit dem Hinweis auf die Definition des Begriffs „Regionalverkehr“ in Art. 3 der Richtlinie 91/440, die „Verkehrsleistungen, die den Verkehrsbedarf einer Region decken“, umfasse. Sie trägt dazu vor, dass die letztlich in der Richtlinie (Fassung von 1991) angenommene Definition Änderungen durch das Europäische Parlament erfahren habe, die die engere Definition der Kommission, die auf diejenige in der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69(56) verwiesen habe – der Verweis wurde vom Parlament ebenfalls gestrichen – erweitert hätten.

6.        Bezüglich der Verletzung von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 legt die deutsche Regierung Nr. 5 des Anhangs (auf den der genannte Artikel verweist) dahin aus, dass er die getrennte Ausweisung der Verträge in der Rechnungsführung nur verlange, wenn ein Dienstleister gleichzeitig Leistungen, für die Ausgleichsleistungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen gezahlt würden, und andere Leistungen erbringe. Dies sei nicht der Fall der DB Regio AG, die ausschließlich Verkehrsleistungen im Rahmen von öffentlichen Dienstleistungsaufträgen zur Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen erbringe.

7.        Die Kommission erwidert hierauf, soweit es um die Begründetheit geht, dass sich die Rüge inhaltlich auf materielle Vorschriften beschränke, die bereits in Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 enthalten gewesen seien, wobei der Wortlaut ihres Art. 2 zu berücksichtigen sei, aufgrund dessen die DB Regio AG nicht isoliert, sondern im Rahmen ihrer Bindung an den DB-Konzern zu betrachten sei, so dass eine Berufung auf Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie nicht möglich sei.

8.        Was Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 anbelangt, so räumt die Kommission ein, dass in Nr. 5 des Anhangs nicht ausdrücklich von einer Trennung nach Verträgen die Rede ist, meint aber dennoch, die Verpflichtung dazu ergebe sich aus der Gesamtheit der Regelung sowie ihrem Ziel und insbesondere aus der Verbindung von Nr. 2 und Nr. 5 des Anhangs (Nr. 2 schreibe eine Begrenzung der Ausgleichsleistungen vor, Nr. 5 stelle bestimmte Anforderungen an die Rechnungsführung).

9.        In der Gegenerwiderung führt die deutsche Regierung erneut aus, die Richtlinie 2012/34 habe den Anwendungsbereich für Regionalverkehrsunternehmen erheblich verändert; die neue Regelung könne von den Mitgliedstaaten aber erst zum 17. Juni 2015 eingefordert werden. Bezüglich der behaupteten Verletzung von Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 führt sie aus, das Ziel von Nr. 5 des Anhangs bestehe nicht in der Vermeidung von Quersubventionen zwischen einzelnen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen, sondern nur zwischen Leistungen, für die eine Ausgleichsleistung gezahlt werde, und solchen, für die keine gezahlt werde.

10.      Die italienische Regierung teilt die Auffassung der deutschen Regierung: Keine der in Rede stehenden Bestimmungen schreibe die Veröffentlichung einer getrennten Rechnungsführung für jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen vor. Ihrer Auffassung nach zeigen die Vorarbeiten zur Richtlinie, dass der Unionsgesetzgeber den ursprünglichen Vorschlag der Kommission zurückgewiesen habe, in dem die getrennte Veröffentlichung für jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag vorgesehen gewesen sei, und dass der Rat es vorgezogen habe, den allgemeineren Verweis auf Art. 7 der Verordnung Nr. 1370/2007 einzufügen.

11.      Die Kommission bestreitet diese letzte Behauptung, da sie nach ihrer Meinung auf der irrigen Vorstellung beruht, der Verweis in Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 2012/34 auf Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1370/2007 habe die Verpflichtungen aus Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 abgeschwächt.

1.      Würdigung

a)      Vorbemerkung: Gegenstand der Rüge und Anwendungsbereich der Richtlinie 91/440

1.        Auch wenn die Kommission in Rn. 76 der Klageschrift die vierte Rüge offensichtlich unter dem Blickwinkel des Gewinnabführungsvertrags vorbringt, hat sie diese Linie der Argumentation später nicht weiter verfolgt, auch nicht in der Erwiderung. Sie konzentriert ihre Kritik somit auf die Ausgleichszahlungen für gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen und die Einnahmen aus Fahrkartenverkäufen, deren globale Ausweisung in der Rechnungslegung es nicht erlaube, im Einzelfall die Übermäßigkeit der vereinbarten Ausgleichsleistung zu überprüfen. Die Rüge ist somit auf diese Punkte einzugrenzen, wobei sie entgegen der Behauptung der deutschen Regierung meines Erachtens nicht unzulässig ist.

2.        Was die Vorschriften betrifft, die für die Entscheidung über diese spezifische Verletzung einschlägig sind, so haben die deutsche und die italienische Regierung nicht bemerkt, dass die Rüge sich auf die zum Zeitpunkt ihrer Erhebung geltenden Vorschriften bezieht, d. h. dass sie sich auf diejenigen der Richtlinie 91/440 (im Rahmen dieser Rüge auf deren Art. 9 Abs. 4) beschränkt.

3.        Nachdem die Streitfrage insoweit eingegrenzt ist, muss der Einwand der deutschen Regierung, die DB Regio AG betreibe ausschließlich Regionalverkehr, weshalb sie unter die Bereichsausnahme der Richtlinie 91/440 (Art. 2 Abs. 2) falle, geprüft werden.

4.        Die Änderung von Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 91/440 präjudiziert meines Erachtens nicht die Feststellung, ob die DB Regio AG unter diese Richtlinie fällt oder von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen ist. Der Wortlaut der Vorschrift ist zusammen mit der Definition des Begriffs „Regionalverkehr“ in Art. 3 letzter Gedankenstrich derselben Richtlinie zu lesen, die mit diesem Begriff Verkehrsleistungen meint, die den Verkehrsbedarf einer Region decken(57). Aus beiden Vorschriften kann man schließen, dass von den Verpflichtungen nach der Richtlinie nur solche Eisenbahnunternehmen ausgenommen sind, deren Tätigkeit sich nur auf die Deckung des Bedarfs einer bestimmten Region bezieht.

5.        Somit kann die DB Regio AG diese Ausnahme nicht für sich in Anspruch nehmen. Nach dem von der DB Regio AG selbst veröffentlichen Geschäftsbericht für das Jahr 2013(58) ist sie eine Tochtergesellschaft, deren Gesellschaftskapital sich vollständig in den Händen der DB AG befindet. Ihre Tätigkeit ist dem Geschäftsfeld DB Bahn Regio ihrer Muttergesellschaft zugeordnet. Ferner ist dort zu lesen, dass „[i]m Geschäftsfeld DB Bahn Regio … alle Regionalverkehrsaktivitäten (Schiene und Bus) des DB-Konzerns in Deutschland sowie Verkehre von und aus Deutschland in benachbarte Länder gebündelt [sind]“(59). „Die DB Regio-Zentrale“, so der Bericht weiter, „verantwortet die Geschäftsentwicklung, führt übergreifende Aufgaben durch und stellt Servicefunktionen für die Regionaleinheiten bereit.“

6.        Vor diesem Hintergrund ist die DB Regio AG nichts anderes als ein Teil eines Konsortiums mit hochspezialisierten Funktionen und Tätigkeiten, und die Regionalverkehrsleistungen, die sie erbringt, auch wenn sie dies in Form einer juristisch unabhängigen Aktiengesellschaft tut, beschränken sich nicht auf eine Region, sondern erstrecken sich über mehrere Bundesländer. Darüber hinaus werden nicht alle Leistungen des Betriebs dieses Verkehrs von der Tochtergesellschaft erbracht, denn einige werden von ihrer Muttergesellschaft (DB ML AG) oder sogar von der Holdinggesellschaft DB AG erbracht(60).

7.        Folglich kann die Bereichsausnahme in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 91/440 nicht zugunsten der DB Regio AG geltend gemacht werden.

a)      Zur Begründetheit der Rüge

1.        Die Argumente der Kommission könnten Erfolg haben, wenn die Verpflichtung, jeden einzelnen öffentlichen Dienstleistungsauftrag in der Rechnungsführung gesondert auszuweisen, präzise in den angeblich verletzten Vorschriften festgelegt wäre. Wie ich im Folgenden ausführen werde, glaube ich nicht, dass dies der Fall ist.

i)      Auslegung von Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440

1.        Es ist zweckmäßig, sich zur Lösung dieser Frage auf die Entwicklung der Rechtsvorschriften zu besinnen(61) und dabei nicht nur Art. 9, sondern auch Art. 6 zu prüfen, da die Einfügung von Abs. 4 in Art. 9 (durch die Richtlinie 2001/12) unter systematischen Gesichtspunkten nicht logisch war, weshalb ihn die Reform von 2012 in Art. 6 ansiedelte, dessen Abs. 3 er heute darstellt.

2.        In der Tat sah die ursprüngliche Fassung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440 eine getrennte Rechnungsführung zwischen den Tätigkeiten, die mit den Verkehrsdiensten (Waren- und Personenverkehr) zusammenhängen, und denen, die mit dem Betrieb der Infrastruktur verbunden sind, vor. Nach dem vierten Erwägungsgrund dieser Richtlinie musste die Verwaltung dieser Tätigkeiten (Verkehrsdienste und Infrastruktur) getrennt und „mit getrennter Rechnungsführung“ erfolgen. Es fällt auf, dass im Kontext dieser ersten Fassung nur zwischen den Tätigkeitsbereichen Verkehrsdienstleistungen und Infrastruktur unterschieden wurde, deren administrative und buchhalterische Trennung beabsichtigt war.

3.        Die Richtlinie 2001/12 ging einen Schritt weiter bei dieser Trennung, indem sie verlangte, auch die Rechnungsführung der Personenverkehrsleistungen von derjenigen des Güterverkehrs zu trennen. Dies ist der Sinn ihres neunten Erwägungsgrundes. Diese Richtlinie änderte jedoch ausschließlich Art. 6, und zwar insoweit, als er das Erfordernis einschließt, dass die Gewinn‑und-Verlust-Rechnungen sowie die Bilanzen hinsichtlich der oben dargestellten großen Bereiche (Verkehrsdienstleistung und Infrastruktur) getrennt aufgestellt und veröffentlicht werden.

4.        Aus den vorstehenden Erläuterungen ist zu schließen, dass die Trennung der Rechnungsführung sich immer auf Tätigkeitsblöcke bezogen hat und dass erst nach und nach zwischen dem Betrieb der Infrastruktur, den Leistungen des Personenverkehrs und denen des Güterverkehrs unterschieden wurde. Die „Trennung“ (oder „getrennte“ Rechnungsführung) knüpft an die jeweilige Geschäftstätigkeit und auch die öffentlichen Mittel an, aber nicht an jeden öffentlichen Dienstleistungsauftrag.

5.        Entgegen der Behauptung der Kommission enthalten die von ihr angeführten Vorschriften keine explizite oder implizite Bezugnahme auf die öffentlichen Dienstleistungsaufträge, die auch nicht in den Erwägungsgründen genannt werden, die die entsprechende Auslegung erleichtern würden. Unter diesen Bedingungen ist schwer auszumachen, an welchen Zweck der Gesamtregelung die Kommission anknüpft, um ihre Auffassung zu stützen. Zudem hat die Kommission bei den Vorarbeiten zur Richtlinie 2001/12 erklärt, dass die Finanzierung des Personenverkehrs und des Güterverkehrs transparent organisiert werden müsse, weshalb sie vorschlage, die Richtlinie 91/440 in dem Sinne zu ändern, dass jeder dieser Tätigkeitsbereiche seine Rechnungsführung getrennt vom anderen aufstelle(62); hierbei hat sie jedoch weder auf die öffentlichen Dienstleistungsaufträge noch auf das Erfordernis Bezug genommen, diese in der Rechnungsführung der Eisenbahnunternehmen getrennt aufzuführen.

6.        Dementsprechend glaube ich nicht, dass unter Berufung auf Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440 verlangt werden kann, dass in der Rechnungsführung der DB Regio AG die öffentlichen Aufträge einzeln ausgewiesen werden.

i)      Zu Art. 6 Abs. 1 in Verbindung mit Nr. 5 des Anhangs der Verordnung Nr. 1370/2007

1.        Die Standpunkte, die die Parteien zu dieser Vorschrift vertreten, habe ich bereits zusammengefasst: Die Kommission stützt sich auf ihre praktische Wirksamkeit und betont Nr. 5 des Anhangs(63), die deutsche Regierung behauptet, die Vorschrift verpflichte nicht zu der von der Kommission geforderten Trennung.

2.        Bei den Vorarbeiten zur Verordnung Nr. 1370/2007 führte die Kommission bei der Erläuterung des Art. 6 Abs. 1 aus, bei einer Direktvergabe verweise die Vorschrift hinsichtlich der Bedingungen und der Berechnungsweise von Ausgleichsleistungen auf den Anhang(64). Zu dem Anhang ergänzte sie lapidar, aber dafür nicht weniger signifikant: „Dieser Anhang vereinfacht den bisherigen Anhang und beschränkt die Regeln für die Vergabe ohne Ausschreibung auf das notwendige Mindestmaß“(65).

3.        Diesen Regeln lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Trennung sich auf jeden Auftrag bezieht und dass diese Aufträge in der Rechnungsführung des Unternehmens, das öffentliche Dienstleistungen erbringt, gesondert erscheinen müssen. Vielmehr folgen die drei Gedankenstriche in Nr. 5 des Anhangs einem beinahe identischen Ansatz wie Art. 9 Abs. 4 der Richtlinie 91/440, d. h. einer Trennung der Rechnungsführung nach großen Tätigkeitsblöcken. Der Unterschied zur genannten Vorschrift liegt darin, dass der Anhang zwischen Dienstleistungen, für die eine Ausgleichsleistung erfolgt, und anderen Unternehmenstätigkeiten unterscheidet (und zwar nur im Zusammenhang mit der Direktvergabe).

4.        Nach dem 25. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1370/2007 soll mit ihr ein Rechtsrahmen für die Gewährung einer Ausgleichsleistung und/oder ausschließlicher Rechte für öffentliche Dienstleistungsaufträge geschaffen werden. Im Anhang wird ein Berechnungsmodell aufgestellt, das den Behörden und den Unternehmen, die gemeinwirtschaftliche Dienstleistungen erbringen, die Möglichkeit gibt zu beweisen, dass eine übermäßige Ausgleichsleistung vermieden wurde (28. Erwägungsgrund).

5.        Der 30. Erwägungsgrund weist darauf hin, dass bei direkt vergebenen öffentlichen Dienstleistungsaufträgen für größere Transparenz gesorgt werden sollte. Allerdings gibt es außer der bereits erwähnten getrennten Rechnungsführung keine anderen Regeln für die Ausgleichsleistung, die diese Forderung umsetzen. Tatsächlich befindet sich die Mehrzahl der Hinweise auf die Transparenz in den Vorschriften über die Vergabe und insbesondere über die Ausschreibung(66).

6.        Auf jeden Fall können die Aufforderungen zur „Erhöhung der Transparenz“ und „Vermeidung von Quersubventionen“, auch wenn sie den allgemeinen Grundton der einschlägigen Rechtsvorschriften wiedergeben (und somit einen Hinweis geben, wie der Anhang auszulegen ist), nicht dazu führen, den Inhalt dieser Vorschriften abzuändern und buchhalterische Anforderungen aufzustellen, die sich weder im Text finden, noch zwischen den Zeilen herausgelesen werden können. De lege ferenda könnte es zwar wünschenswert sein, nach einzelnen Aufträgen zu trennen, wie die Kommission vorschlägt, aber im derzeitigen Wortlaut finde ich wie gesagt keinerlei Anhaltspunkte, die den Schluss auf eine solche Verpflichtung erlauben.

7.        Zusammenfassend und ohne dass auf die übrigen von den Parteien vorgebrachten Argumente eingegangen zu werden braucht, ergibt sich aus Art. 6 in Verbindung mit Nr. 5 des Anhangs der Verordnung Nr. 1370/2007 nicht das Erfordernis, die öffentlichen Dienstleistungsaufträge in der Rechnungsführung der DB Regio AG gesondert auszuweisen.

8.        Daher ist die vierte Rüge als unbegründet zurückzuweisen.

I –    Zu den Kosten

1.        Nach Art. 138 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da nicht alle Anträge der Klägerin Erfolg gehabt haben und die Bundesrepublik Deutschland beantragt hat, der Kommission die Kosten aufzuerlegen, sollte meines Erachtens jede Partei ihre eigenen Kosten tragen.

I –    Ergebnis

1.        Aufgrund der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, wie folgt zu entscheiden:

1)         Die Bundesrepublik Deutschland hat gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 91/440/EWG verstoßen, indem sie es versäumt hat, sicherzustellen, dass die Einhaltung des Verbots, öffentliche Gelder für den Betrieb der Eisenbahninfrastruktur auf Verkehrsleistungen zu übertragen, durch die Art der Rechnungsführung kontrolliert werden kann.

2)         Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3)         Die Europäische Kommission, die Bundesrepublik Deutschland und die Italienische Republik tragen jeweils ihre eigenen Kosten.


1      Originalsprache: Spanisch.


2      Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. 2012, L 343, S. 32).


3      Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. 2007, L 315, S. 1).


4      ABl. 1991, L 237, S. 25.


5      ABl. 1995, L 143, S. 70.


6      ABl. 2001, L 75, S. 29.


7      Berichtigung der Richtlinie 2012/34 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (ABl. 2015, L 67, S. 32).


8      In der durch die Richtlinie 2001/12/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/440 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft (ABl. 2001, L 75, S. 1) geänderten Fassung.


9      Dieser Absatz wurde durch Art. 1 Nr. 10 der Richtlinie 2001/12 angefügt.


10      Das Allgemeine Eisenbahngesetz (im Folgenden: AEG) vom 27. Dezember 1993 hat (in § 9) die Verpflichtung zur getrennten Buchhaltung nach Art. 6 der Richtlinie 91/440 in das deutsche Recht umgesetzt.


11      Sie betreibt auch Busverkehr, was in diesem Rechtsstreit aber ohne Bedeutung ist.


12      Im Folgenden: LuFV II.


13      Urteil vom 16. Januar 2014, Kommission/Spanien (C‑67/12, EU:C:2014:5, Rn. 41 und 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).


14      Ich glaube nicht, dass es für diese Klage eine Rolle spielt, ob die Berichtigungstechnik zu der erreichten Rechtswirkung, d. h. dem Wiederaufleben bereits aufgehobener Richtlinien, führen kann.


15      Der Gerichtshof benutzt diese Formulierungen im Tenor einiger Urteile in Vertragsverletzungsverfahren. Vgl. für dieselbe eisenbahnrechtliche Regelung Nr. 1 des Tenors des Urteils vom 3. Oktober 2013, Kommission/Italien (C‑369/11, EU:C:2013:636).


16      Dazu trägt sie vor, die Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2012/34 in nationales Recht sei zum Zeitpunkt der mit Gründen versehenen Stellungnahme noch nicht abgelaufen gewesen.


17      Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums bezüglich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur (COM[2013] 29 final vom 30. Januar 2013), S. 14.


18      Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums (KOM[2010] 475 endg. vom 17. September 2010), S. 6.


19      Urteil vom 28. Februar 2013, Kommission/Deutschland (C‑556/10, EU:C:2013:116, Rn. 55).


20      Di Pietrantonio, L., Pelkmans, J., The Economics of EU Railway Reform, Bruges European Economic Policy Briefings, Briefing Nr. 8, September 2008, S. 17.


21      Arbeitsunterlage der Kommission – Erläuterungen zu den einzelnen Artikeln des Vorschlags für eine Richtlinie über die Zuweisung von Fahrwegkapazität, die Erhebung von Wegeentgelten im Eisenbahnverkehr und die Sicherheitsbescheinigung (KOM[1998] 480 endg., S. 5 [im Folgenden: Dokument KOM(1998) 480 endg.]).


22      Die von mir verglichenen Sprachfassungen verwenden diese oder dem Sinn nach ähnliche Formulierungen: „reflects“ die englische; „refléter“ die französische; „[d]ieses Verbot muss … zum Ausdruck kommen“ die deutsche; „riflettere“ die italienische; „reflectir“ die portugiesische; „[d]it verbot moet terug te vinden zijn“ die niederländische und „återspeglar“ die schwedische Sprachfassung.


23      Verordnung des Rates vom 12. Dezember 1977 über Maßnahmen zur Herstellung der Vergleichbarkeit der Rechnungsführung und der Jahresrechnung von Eisenbahnunternehmen (ABl. 1977, L 334, S. 13).


24      Art. 4 Abs. 1 in Verbindung mit den Anhängen I und II der Verordnung Nr. 2830/77.


25      Art. 4 Abs. 2 in Verbindung mit den Anhängen III und IV der Verordnung Nr. 2830/77.


26      Dokument KOM(1998) 480 endg., S. 9.


27      Die deutsche Regierung verweist auf Art. 87e Abs. 4 des Grundgesetzes.


28      § 8 Abs. 1 und 4 des Gesetzes über den Ausbau der Schienenwege des Bundes (Bundesschienenwegeausbaugesetz, BGBl. I, S. 1874).


29      Vgl. Arbeitsunterlage der Kommission, zitiert in Fn. 21 dieser Schlussanträge, S. 30.


30      Regulierungsstelle des Bundes.


31      Aufgrund von § 91 der Bundeshaushaltsordnung (letzte Änderung: BGBl. I, S. 2178 ff., insbesondere S. 2182).


32      Vgl. Nr. 23.


33      Unter Bezugnahme auf das Urteil vom 28. Februar 2013, Kommission/Deutschland (C‑556/10, EU:C:2013:116, Rn. 55).


34      Ebd.


35      Urteil vom 3. Oktober 2013, Kommission/Italien (C‑369/11, EU:C:2013:636, Rn. 68 und die dort angeführte Rechtsprechung).


36      Urteil vom 27. April 2006, Kommission/Deutschland (C‑441/02, EU:C:2006:253, Rn. 49 und die dort angeführte Rechtsprechung).


37      Die Dokumente und Anhänge, die beigefügt wurden, haben keinen streng buchhalterischen Charakter im Sinne von Art. 6. Aus ihnen ist nicht ersichtlich, mit welchen Mitteln und in welchen Positionen der Rechnungslegung der Unternehmen die Verpflichtung, das Verbot zum Ausdruck zu bringen, umgangen wird.


38      Siehe nochmals Nr. 23 dieser Schlussanträge.


39      Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. November 2012 zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums bezüglich der Öffnung des Marktes für inländische Schienenpersonenverkehrsdienste und der Verwaltung der Eisenbahninfrastruktur (COM[2013] 29 final vom 30. Januar 2013), S. 14.


40      Bundesrat-Drucksache Nr. 559/2/12 S. 25. Die Kommission zitiert insbesondere die folgende Passage des Dokuments: „In den letzten Jahren ist die DB AG dazu übergegangen, ihre Geschäftsfelder mit natürlichem Monopolcharakter – Fahrweg, Personenbahnhöfe und Energie – zu einträglichen Gewinnsäulen auszubauen. … Die Gewinne der Infrastrukturunternehmen werden auf Grund eines Gewinnabführungsvertrages zwischen der DB AG und ihren Infrastrukturtöchtern de facto automatisch an die Holding transferiert und dort ohne Zweckbindung weltweit eingesetzt, z. B. für weltweite Unternehmenszukäufe in der Logistik.… Letztlich führt dies [zu] überhöhten Preisen für Trasse, Station und Energiedurchleitung …“


41      Urteil vom 28. Februar 2013, Kommission/Deutschland (C‑556/10, EU:C:2013:116, Rn. 82).


42      Ebd., Rn. 85.


43      Ebd., Rn. 86.


44      Wie dies auch bei den Aufschlägen und Entgelten nach Art. 8 Abs. 1 und 2 der Fall ist, die auf spezifischen Kosten basieren.


45      Diese Ansicht hat die Kommission auch in der Rechtssache vertreten, in der das Urteil vom 30. Mai 2013, Kommission/Polen (C‑512/10, EU:C:2013:338, Rn. 63), ergangen ist, und sie findet auch eine gewisse Unterstützung in der Lehre: Vgl. Amaral, M., Danielowitzova, N., „(Co)régulatoin économique des industries de réseau: le cas de la tarification de l’infrastructure ferroviaire en Europe“, in L’espace Ferroviaire Unique Européen – Quelle(s) realité(s)?, unter der Leitung von Rapoport, C., Bruylant, Brüssel 2015, S. 245.


46      Urteil vom 30. Mai 2013, Kommission/Polen (C‑512/10, EU:C:2013:338, Rn. 81).


47      Amaral, M., Danielowitova, N., a. a. O., S. 249.


48      Dokument KOM(1998) 480 endg., S. 76.


49      Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2001/14 scheint die Mitgliedstaaten aufzufordern, auf dieses Ziel hinzuwirken.


50      Vgl. Nr. 105 dieser Schlussanträge.


51      Stellungnahme des Bundesrats vom 23. November 2012 zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Regulierung im Eisenbahnbereich.


52      Nach Art. 106a Satz 1 des Grundgesetzes sind die Länder seit dem 1. Januar 1996 für die Finanzierung zuständig, an der sich der Bund beteiligt, und ihr Beitrag beläuft sich auf 60% der Kosten des Segments Personenverkehr. Vgl. Gersdorf, H., „Finanzierung und Regulierung der Eisenbahninfrastruktur – zwei Seiten einer Medaille“, in Eisenbahn zwischen Markt und Staat in Vergangenheit und Gegenwart, Miram, F., und Schmoeckel, M. (Hrsg.), Mohr Siebeck, Tübingen 2015, S. 110.


53      Stellungnahme des Bundesrats, a. a. O., S. 27.


54      Ich möchte nochmals daran erinnern, dass nach dem zwischen der DB AG und dem Bund abgeschlossenen Vertragsrahmen, der Teil des LuFV II von 2015 ist, die Abführung der Gewinne aus den Wegeentgelten an den Staat an die Bedingung geknüpft ist, dass diese vollständig für die Finanzierung der Infrastruktur verwendet werden. Das zentrale Anliegen der Vertragsverletzungsklage (letztlich, dass die deutschen Behörden ihr Verhalten in diesem Punkt an die Vorstellungen der Kommission anpassen) scheint somit erreicht zu sein.


55      Als wichtigste Änderungen hebt sie hervor: a) Es finde sich jetzt eine Bezugnahme auf Art. 7 der Verordnung Nr. 1370/2007, die in der vorherigen Fassung nicht vorhanden gewesen sei; b) nunmehr sei die Bezugnahme auf öffentliche Zuwendungen für gemeinwirtschaftliche Personenverkehrsleistungen eingeschränkt, während sie früher weiter war, da sie sämtliche Verkehrsleistungen umfasste; und c) Eisenbahnunternehmen, „die ausschließlich … im Regionalverkehr auf eigenständigen örtlichen und regionalen Netzen für Verkehrsdienste auf Eisenbahninfrastrukturen oder auf Netzen tätig sind, die nur für die Durchführung von Schienenverkehrsdiensten im Stadt- oder Vorortverkehr bestimmt sind“, seien vom Anwendungsbereich von Kapitel II der Richtlinie 91/440 ausgeschlossen.


56      Verordnung des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. 1969, L 156, S. 1).


57      Vgl. Nrn. 7 und 8


58      S. 6 des Dokuments, das von der Kommission als Anhang C.7 ihrer Erwiderung vorgelegt wurde.


59      Ebd.


60      Auch das „historische“ Argument, dass der Gesetzgeber den Ausschluss des Regionalverkehrs von der Richtlinie 91/440 beibehalten hätte, wenn er gewusst hätte, dass dieser Verkehr in der Mehrzahl von vertikal integrierten Eisenbahnunternehmen erbracht werde, scheint mir nicht überzeugend. Da es nur wenige Unternehmen gab, die diese Art von Verkehr auf eine Region beschränkten, wäre daraus eher im Gegenteil zu schließen, dass nur diese ausgenommen bleiben, während der von vertikal integrierten Gruppen betriebene Regionalverkehr unter die Richtlinie fällt.


61      Der Gerichtshof hat die Heranziehung der Entstehungsgeschichte der Vorschriften des Unionsrechts als Auslegungskriterium bestätigt. Vgl. u. a. Urteil vom 11. September 2014, Kommission/Deutschland (C‑525/12, EU:C:2014:2202, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung).


62      Dokument KOM(1998) 480 endg. (von der Kommission als Anlage C.2 der Erwiderung vorgelegt), Nr. 4, S. 9.


63      Nach ihrer Auslegung ist die Bezugnahme auf die „Kosten für die öffentliche Dienstleistung“ im Zusammenhang mit den „Betriebseinnahmen“ und die „Zahlungen staatlicher Behörden“ ein Fingerzeig auf eine getrennte Ausweisung der einzelnen Dienstleistungsaufträge in der Rechnungsführung der DB Regio AG.


64      Geänderter Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße vom 20. Juli 2005 (KOM[2005] 319 endg.), S. 14.


65      Ebd., S. 15. Hervorhebung nur hier.


66      Vgl. Art. 4 Abs. 1 Buchst. b und Abs. 4 Unterabs. 3 sowie Art. 5 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1370/2007.