Language of document : ECLI:EU:C:2017:278

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Erste Kammer)

6. April 2017(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft – Richtlinie 2000/43/EG – Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b – Kreditinstitut, das einen zusätzlichen Identitätsnachweis in Form einer Kopie des Reisepasses oder der Aufenthaltserlaubnis von Personen verlangt, die für einen Kauf eines Kraftfahrzeugs einen Darlehensantrag stellen und sich mit einem Führerschein ausgewiesen haben, der ein anderes Geburtsland angibt als einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA)“

In der Rechtssache C‑668/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vestre Landsret (Berufungsgericht der Region West, Dänemark) mit Entscheidung vom 17. November 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 14. Dezember 2015, in dem Verfahren

Jyske Finans A/S

gegen

Ligebehandlingsnævnet, handelnd für Ismar Huskic,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter E. Regan, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Oktober 2016,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Jyske Finans A/S, vertreten durch C. Led-Jensen, advokat,

–        der dänischen Regierung, vertreten durch C. Thorning als Bevollmächtigten im Beistand von R. Holdgaard, advokat,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und zunächst M. Clausen, dann L. Grønfeldt als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 1. Dezember 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft (ABl. 2000, L 180, S. 22) sowie von Art. 13 der Richtlinie 2005/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung (ABl. 2005, L 309, S. 15).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Jyske Finans A/S und der Ligebehandlingsnævnet (Beschwerdeausschuss für Gleichbehandlung, Dänemark), handelnd für Herrn Ismar Huskic, über die Rechtmäßigkeit einer internen Verfahrensregel dieser Gesellschaft, die darin besteht, einen zusätzlichen Identitätsnachweis in Form einer Kopie des Reisepasses oder einer Aufenthaltserlaubnis von Personen zu verlangen, die für einen Kauf eines Kraftfahrzeugs einen Darlehensantrag stellen und sich mit einem Führerschein ausgewiesen haben, der ein anderes Geburtsland angibt als einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA).

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        Nach dem achten Erwägungsgrund der Richtlinie 2000/43 „[wird i]n den vom Europäischen Rat auf seiner Tagung am 10. und 11. Dezember 1999 in Helsinki vereinbarten beschäftigungspolitischen Leitlinien für das Jahr 2000 … die Notwendigkeit unterstrichen, günstigere Bedingungen für die Entstehung eines Arbeitsmarktes zu schaffen, der soziale Integration fördert; dies soll durch ein Bündel aufeinander abgestimmter Maßnahmen geschehen, die darauf abstellen, Diskriminierungen bestimmter gesellschaftlicher Gruppen, wie ethnischer Minderheiten, zu bekämpfen“.

4        Im 13. Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es, dass „jede unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den von der Richtlinie abgedeckten Bereichen [unions]weit untersagt werden [sollte]. Dieses Diskriminierungsverbot sollte auch hinsichtlich Drittstaatsangehörigen angewandt werden, betrifft jedoch keine Ungleichbehandlungen aufgrund der Staatsangehörigkeit und lässt die Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen und ihren Zugang zu Beschäftigung und Beruf unberührt.“

5        Zweck der Richtlinie 2000/43 ist gemäß ihrem Art. 1 „die Schaffung eines Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung in den Mitgliedstaaten“.

6        Art. 2 dieser Richtlinie bestimmt:

„(1)      Im Sinne dieser Richtlinie bedeutet ‚Gleichbehandlungsgrundsatz‘, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft geben darf.

(2)      Im Sinne von Absatz 1

a)      liegt eine unmittelbare Diskriminierung vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde;

b)      liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

…“

7        Nach Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 2000/43 betrifft diese nicht unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit und berührt nicht die Vorschriften und Bedingungen für die Einreise von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenlosen Personen in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten oder deren Aufenthalt in diesem Hoheitsgebiet sowie eine Behandlung, die sich aus der Rechtsstellung von Staatsangehörigen dritter Staaten oder staatenlosen Personen ergibt.

 Dänisches Recht

8        Wie aus dem Vorlagebeschluss hervorgeht, wurde die Richtlinie 2000/43 durch das Lov om etnisk ligebehandling (Gesetz über ethnische Gleichbehandlung) in das dänische Recht umgesetzt. Sein Art. 3 sieht vor:

„Niemand darf einem anderen eine unmittelbare oder mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund der Rasse oder der ethnischen Herkunft des Betreffenden oder eines Dritten zukommen lassen.

2.      Eine unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

3.      Eine mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Herr Huskic, der 1975 in Bosnien und Herzegowina geboren ist, wohnt seit 1993 in Dänemark und erwarb im Jahr 2000 die dänische Staatsbürgerschaft. Herr Huskic und seine dänische Lebensgefährtin, die in Dänemark geboren ist, kauften bei einem Kfz-Händler einen Gebrauchtwagen. Der Erwerb dieses Wagens wurde teilweise über ein Darlehen finanziert, das von Jyske Finans, einem auf die Finanzierung von Kraftfahrzeugen spezialisierten Kreditinstitut, gewährt wurde.

10      Zur Bearbeitung des Kreditantrags übermittelte der Verkäufer die Namen, die Anschrift und die nationalen Identitätsnummern sowie eine Kopie der dänischen Führerscheine der Antragsteller per E‑Mail an Jyske Finans. Diese Führerscheine gaben die Staatsangehörigkeit ihrer Inhaber nicht an. Jyske Finans stellte anhand der Angaben im Führerschein von Herrn Huskic fest, dass dieser in Bosnien und Herzegowina geboren ist, und verlangte entsprechend ihren internen Verfahrensregeln als zusätzlichen Identitätsnachweis von Herrn Huskic die Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis. Von seiner Lebensgefährtin, die nach den Angaben in ihrem Führerschein in Dänemark geboren ist, wurde ein solcher zusätzlicher Nachweis nicht verlangt.

11      Herr Huskic hielt das Ansuchen von Jyske Finans für diskriminierend und befasste den Beschwerdeausschuss für Gleichbehandlung, der ihm Schadensersatz wegen mittelbarer Diskriminierung zusprach. Das Ret i Viborg (Gericht Viborg, Dänemark) bestätigte diese Entscheidung, war jedoch der Ansicht, dass der Betroffene unmittelbar diskriminiert worden sei.

12      Jyske Finans führte aus, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Ansuchen aufgrund der ihr obliegenden Pflichten aus der Anwendung des Geldwäschegesetzes gestellt worden sei.

13      Unter diesen Umständen hat das von Jyske Finans angerufene Vestre Landsret (Berufungsgericht der Region West, Dänemark) beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist das Verbot der unmittelbaren Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft in Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/43 dahin auszulegen, dass es einer Praxis wie der im Ausgangsrechtsstreit fraglichen entgegensteht, nach der Personen, die nicht in den nordischen Ländern, in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz oder in Liechtenstein geboren sind, in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfahren als Personen, die in den nordischen Ländern, in einem Mitgliedstaat oder in der Schweiz oder in Liechtenstein geboren sind?

2.      Bei Verneinung der ersten Frage: Begründet eine solche Praxis dann eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 – es sei denn, sie ist durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich?

3.      Bei Bejahung der zweiten Frage: Lässt sich eine solche Praxis grundsätzlich als ein Mittel rechtfertigen, das zur Erfüllung der in Art. 13 der Richtlinie 2005/60 festgelegten verstärkten Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden angemessen und erforderlich ist?

 Würdigung durch den Gerichtshof

 Zur ersten und zur zweiten Frage

14      Mit seiner ersten und seiner zweiten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 dahin auszulegen ist, dass er einer Praxis eines Kreditinstituts entgegensteht, wonach einem Kunden, in dessen Führerschein ein anderes Geburtsland als ein Mitgliedstaat der Union oder der EFTA angegeben ist, das Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung durch Vorlage einer Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis auferlegt wird.

15      Zur Beantwortung dieser Fragen ist zu prüfen, ob eine Praxis wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende eine Ungleichbehandlung aus Gründen der ethnischen Herkunft im Sinne von Art. 2 der Richtlinie 2000/43 bewirkt. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nach diesem Artikel bedeutet, dass es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung wegen eines der in Art. 1 dieser Richtlinie genannten Gründe geben darf. Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie stellt klar, dass eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne ihres Art. 2 Abs. 1 vorliegt, wenn eine Person aufgrund ihrer Rasse oder ethnischen Herkunft in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung als eine andere Person erfährt. Aus Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 geht hervor, dass im Sinne dieser Richtlinie eine mittelbare Diskriminierung vorliegt, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einer Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt, und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

16      Was erstens die Frage betrifft, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis eine unmittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft im Sinne von Art. 1 der Richtlinie 2000/43 darstellt, ist zu prüfen, ob in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens das Geburtsland als unmittelbar oder untrennbar mit einer bestimmten ethnischen Herkunft verbunden anzusehen ist.

17      Dazu ist festzustellen, dass der Begriff „ethnische Herkunft“ auf dem Gedanken beruht, dass gesellschaftliche Gruppen insbesondere durch eine Gemeinsamkeit der Staatsangehörigkeit, Religion, Sprache, kulturellen und traditionellen Herkunft und Lebensumgebung gekennzeichnet sind (Urteil vom 16. Juli 2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C‑83/14, EU:C:2015:480, Rn. 46).

18      Zwar kommt das Geburtsland einer Person in dieser Liste der Kriterien nicht vor, doch ist festzustellen, dass, da diese Liste mit dem Wort „insbesondere“ eingeleitet wird, die dort erfolgte Aufzählung der Kriterien nicht abschließend ist und demnach nicht ausgeschlossen ist, dass dieses Kriterium darin enthalten sein kann. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, ist jedoch festzustellen, dass das Geburtsland lediglich ein spezifisches Merkmal wäre, aus dem geschlossen werden kann, dass eine Person einer bestimmten ethnischen Gruppe angehört, aber insoweit keineswegs alleinentscheidend ist.

19      Die ethnische Herkunft kann nämlich nicht auf der Grundlage eines einzigen Kriteriums festgestellt werden, sondern muss vielmehr auf einem Bündel von Indizien beruhen, von denen einige objektiv und andere subjektiv sind. Im Übrigen ist unstreitig, dass das Geburtsland die in Rn. 17 des vorliegenden Urteils angeführten Kriterien insgesamt nicht allgemein und absolut ersetzen kann.

20      Folglich kann das Geburtsland für sich genommen keine allgemeine Vermutung der Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe begründen, die das Vorliegen einer unmittelbaren oder untrennbaren Verbindung zwischen diesen beiden Begriffen belegen kann.

21      Zudem kann nicht davon ausgegangen werden, dass in Bezug auf jeden souveränen Staat eine – und nur eine – entsprechende ethnische Gruppe existiert.

22      Im Ausgangsverfahren ist das Geburtsland von Herrn Huskic aber das einzige Kriterium, aufgrund dessen der Beschwerdeausschuss für Gleichbehandlung und danach das Ret i Viborg (Gericht Viborg) zu der Feststellung gelangt sind, dass die in Rede stehende Praxis eine Diskriminierung aus Gründen der ethnischen Herkunft darstellte.

23      Somit kann nicht davon ausgegangen werden, dass das im Ausgangsverfahren fragliche Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung, vorausgesetzt, dass es als „ungünstige Behandlung“ eingestuft werden kann, unmittelbar auf der ethnischen Herkunft beruht.

24      Außerdem betrifft die Richtlinie 2000/43, wie aus ihrem 13. Erwägungsgrund und Art. 3 Abs. 2 hervorgeht, nicht unterschiedliche Behandlungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit.

25      Daraus folgt, dass eine Praxis wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach einem Kunden, in dessen Führerschein ein anderes Geburtsland als ein Mitgliedstaat der Union oder der EFTA angegeben ist, das Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung durch Vorlage einer Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis auferlegt wird, nicht bedeutet, dass in Bezug auf die betreffende Person eine unmittelbare Ungleichbehandlung aufgrund ihrer ethnischen Herkunft vorliegt.

26      Was zweitens die Frage angeht, ob eine solche Praxis eine mittelbare Diskriminierung aufgrund der ethnischen Herkunft darstellt, ist im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 zu prüfen, ob diese Praxis, auch wenn sie neutral formuliert ist, Personen, die einer bestimmten Rasse oder ethnischen Gruppe angehören, im Vergleich zu anderen Personen in besonderer Weise benachteiligt.

27      Der Ausdruck „in besonderer Weise benachteiligen“, der in dieser Bestimmung verwendet wird, ist im Sinne der Bedeutung zu verstehen, dass es insbesondere Personen einer bestimmten ethnischen Herkunft sind, die durch die fragliche Maßnahme benachteiligt werden (Urteil vom 16. Juli 2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C‑83/14, EU:C:2015:480, Rn. 100).

28      Dazu wurde vor dem Gerichtshof vorgetragen, dass durch die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Praxis, unabhängig von der „benachteiligten“ ethnischen Herkunft von Herrn Huskic, die Personen „dänischer ethnischer Herkunft“ begünstigt würden, da sie der fraglichen Verpflichtung nicht unterlägen.

29      Es genügt aber die Feststellung, dass diese Verpflichtung unterschiedslos für alle Personen gilt, die außerhalb des Hoheitsgebiets eines Mitgliedstaats der Union oder der EFTA geboren sind.

30      Es ist außerdem darauf hinzuweisen, dass eine mittelbare Diskriminierung dann vorliegen kann, wenn eine nationale Maßnahme zwar neutral formuliert ist, in ihrer Anwendung aber wesentlich mehr Inhaber der geschützten persönlichen Eigenschaft benachteiligt als Personen, die diese Eigenschaft nicht besitzen (Urteil vom 16. Juli 2015, CHEZ Razpredelenie Bulgaria, C‑83/14, EU:C:2015:480, Rn. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Wie bereits in Rn. 27 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, liegt „mittelbare Diskriminierung“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie 2000/43 begrifflich aber nur vor, wenn die mutmaßlich diskriminierende Maßnahme zur Benachteiligung einer bestimmten ethnischen Gruppe führt.

32      Wie der Generalanwalt in Nr. 64 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, kann das Vorliegen einer ungünstigen Behandlung nicht allgemein und abstrakt festgestellt werden, sondern muss spezifisch und konkret im Hinblick auf die begünstigende Behandlung erfolgen.

33      Folglich kann dem Vorbringen, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Verwendung eines neutralen Kriteriums, betreffend das Geburtsland, eher geeignet sei, Personen, „die einer bestimmten ethnischen Gruppe angehören“, im Vergleich zu „anderen Personen“ allgemein zu berühren, nicht gefolgt werden.

34      Das gilt ebenso für das Vorbringen, dass die Verwendung dieses Kriteriums die Personen benachteilige, deren ethnische Herkunft die eines anderen Landes als eines Mitgliedstaats der Union oder der EFTA sei. Außerdem ist auf die Rn. 18 bis 21 des vorliegenden Urteils zu verweisen, aus denen hervorgeht, dass die ethnische Herkunft nicht allgemein bloß auf der Grundlage der Identifizierung des Geburtslands vermutet werden kann.

35      Daraus folgt, dass eine Praxis wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nicht bedeutet, dass in Bezug auf die betreffende Person eine mittelbare Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Herkunft vorliegt.

36      Diese Praxis beruht auf einem Kriterium, das weder eine unmittelbare noch eine mittelbare Verbindung zur ethnischen Herkunft der betreffenden Person hat. Demnach kann nicht angenommen werden, dass diese Praxis eine Ungleichbehandlung aufgrund der ethnischen Herkunft im Sinne von Art. 1 in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 einführt.

37      Nach alledem ist auf die erste und die zweite Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43 dahin auszulegen ist, dass er einer Praxis eines Kreditinstituts nicht entgegensteht, wonach einem Kunden, in dessen Führerschein ein anderes Geburtsland als ein Mitgliedstaat der Union oder der EFTA angegeben ist, das Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung durch Vorlage einer Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis auferlegt wird.

 Zur dritten Frage

38      In Anbetracht der Antwort auf die erste und die zweite Frage ist die dritte Frage nicht zu beantworten.

 Kosten

39      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt:

Art. 2 Abs. 2 Buchst. a und b der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft ist dahin auszulegen, dass er einer Praxis eines Kreditinstituts nicht entgegensteht, wonach einem Kunden, in dessen Führerschein ein anderes Geburtsland als ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder der Europäischen Freihandelsassoziation angegeben ist, das Erfordernis einer zusätzlichen Identifizierung durch Vorlage einer Kopie seines Reisepasses oder seiner Aufenthaltserlaubnis auferlegt wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Dänisch.