Language of document : ECLI:EU:C:2010:612

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

14. Oktober 2010(*)

„Sozialpolitik – Schutz der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer – Richtlinie 2003/88/EG – Arbeitszeitgestaltung – Art. 1, 3 und 17 − Anwendungsbereich − Gelegenheits- und Saisontätigkeit von Personen aufgrund eines ‚Vertrags über den Bildungseinsatz‘ – Beschränkung der Arbeitszeit dieser Beschäftigten in Ferien- und Freizeitzentren auf 80 Tage pro Jahr − Nationale Regelung, die für diese Beschäftigten keine tägliche Mindestruhezeit vorsieht − Ausnahmen nach Art. 17 − Voraussetzungen − Gewährleistung einer gleichwertigen Ausgleichsruhezeit oder in Ausnahmefällen eines angemessenen Schutzes“

In der Rechtssache C‑428/09

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Conseil d’État (Frankreich) mit Entscheidung vom 2. Oktober 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Oktober 2009, in dem Verfahren

Union syndicale Solidaires Isère

gegen

Premier ministre,

Ministère du Travail, des Relations sociales, de la Famille, de la Solidarité et de la Ville,

Ministère de la Santé et des Sports

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter A. Arabadjiev, A. Rosas, U. Lõhmus und A. Ó Caoimh (Berichterstatter),

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Union syndicale Solidaires Isère, vertreten durch E. Decombard, avocat,

–        der französischen Regierung, vertreten durch G. de Bergues und B. Messmer als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Van Hoof und M. van Beek als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 299, S. 9).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer von der Union syndicale Solidaires Isère (im Folgenden: Union syndicale) beim Conseil d’État erhobenen Klage auf Nichtigerklärung des in Anwendung des Gesetzes Nr. 2006‑586 vom 23. Mai 2006 über den Freiwilligendienst in Vereinen und den Bildungseinsatz erlassenen Dekrets Nr. 2006‑950 vom 28. Juli 2006 über den Bildungseinsatz, soweit mit ihm die Art. D. 773‑2‑1, D. 773‑2‑2 und D. 773‑2‑3 in den Code du travail (Arbeitsgesetzbuch) eingefügt wurden, sowie auf Nichtigerklärung der stillschweigenden Entscheidung des Premierministers, den von der Union syndicale gegen dieses Dekret eingelegten Widerspruch zurückzuweisen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Die Richtlinie 89/391/EWG

3        Nach ihrem Art. 2 Abs. 1 findet die Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. L 183, S. 1) „Anwendung auf alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche (gewerbliche, landwirtschaftliche, kaufmännische, verwaltungsmäßige sowie dienstleistungs- oder ausbildungsbezogene, kulturelle und Freizeittätigkeiten usw.)“.

4        Nach ihrem Art. 2 Abs. 2 findet die Richtlinie jedoch „keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z. B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen“.

 Die Richtlinie 2003/88

5        Durch die Richtlinie 2003/88 wurde die Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (ABl. L 307, S. 18), deren Bestimmungen sie kodifizierte, mit Wirkung vom 2. August 2004 aufgehoben.

6        In den Erwägungsgründen 5, 7, 15 und 16 der Richtlinie 2003/88 heißt es:

„(5)      Alle Arbeitnehmer sollten angemessene Ruhezeiten erhalten. … Arbeitnehmern in der Gemeinschaft müssen Mindestruhezeiten – je Tag, Woche und Jahr – sowie angemessene Ruhepausen zugestanden werden. ...

(7)      Untersuchungen zeigen, dass der menschliche Organismus während der Nacht besonders empfindlich auf Umweltstörungen und auf bestimmte belastende Formen der Arbeitsorganisation reagiert und dass lange Nachtarbeitszeiträume für die Gesundheit der Arbeitnehmer nachteilig sind und ihre Sicherheit bei der Arbeit beeinträchtigen können.

(15)      In Anbetracht der Fragen, die sich aufgrund der Arbeitszeitgestaltung im Unternehmen stellen können, ist eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung einzelner Bestimmungen dieser Richtlinie vorzusehen, wobei jedoch die Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer zu beachten sind.

(16)      Je nach Lage des Falles sollten die Mitgliedstaaten oder die Sozialpartner die Möglichkeit haben, von einzelnen Bestimmungen dieser Richtlinie abzuweichen. Im Fall einer Abweichung müssen jedoch den betroffenen Arbeitnehmern in der Regel gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt werden.“

7        Art. 1 der Richtlinie 2003/88, der deren Gegenstand und Anwendungsbereich betrifft, lautet:

„(1)      Diese Richtlinie enthält Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung.

(2)      Gegenstand dieser Richtlinie sind

a)      die täglichen und wöchentlichen Mindestruhezeiten, der Mindestjahresurlaub, die Ruhepausen und die wöchentliche Höchstarbeitszeit sowie

b)      bestimmte Aspekte der Nacht- und der Schichtarbeit sowie des Arbeitsrhythmus.

(3)      Diese Richtlinie gilt unbeschadet ihrer Artikel 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Artikels 2 der Richtlinie 89/391/EWG.

Diese Richtlinie gilt unbeschadet des Artikels 2 Nummer 8 nicht für Seeleute gemäß der Definition in der Richtlinie 1999/63/EG.

…“

8        Nach Art. 3 der Richtlinie 2003/88 ist jedem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden zu gewähren.

9        Art. 17 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2003/88 bestimmt:

„(1)      Unter Beachtung der allgemeinen Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer können die Mitgliedstaaten von den Artikeln 3 bis 6, 8 und 16 abweichen, wenn die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann, und zwar insbesondere in Bezug auf nachstehende Arbeitnehmer:

a)      leitende Angestellte oder sonstige Personen mit selbstständiger Entscheidungsbefugnis;

b)      Arbeitskräfte, die Familienangehörige sind;

c)      Arbeitnehmer, die im liturgischen Bereich von Kirchen oder Religionsgemeinschaften beschäftigt sind.

(2)      Sofern die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten, kann im Wege von Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder im Wege von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern gemäß den Absätzen 3, 4 und 5 abgewichen werden.

(3)      Gemäß Absatz 2 dieses Artikels sind Abweichungen von den Artikeln 3, 4, 5, 8 und 16 zulässig:

b)      für den Wach- und Schließdienst sowie die Dienstbereitschaft, die durch die Notwendigkeit gekennzeichnet sind, den Schutz von Sachen und Personen zu gewährleisten, und zwar insbesondere in Bezug auf Wachpersonal oder Hausmeister oder Wach- und Schließunternehmen;

c)      bei Tätigkeiten, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Kontinuität des Dienstes oder der Produktion gewährleistet sein muss, und zwar insbesondere …

…“

 Nationales Recht

10      Mit Art. 1 des Dekrets Nr. 2006‑950 wurden die Art. D. 773‑2‑1 bis D. 773‑2‑7 in den Code du travail eingefügt.

11      Diesen Bestimmungen des Code du travail entsprechen nunmehr, mit geringfügigen Abweichungen, die Art. D. 432‑1 bis D. 432‑9 des Code de l’action sociale et des familles (Sozial- und Familiengesetzbuch).

12      Art. D. 773‑2‑1 des Code du travail sah vor, dass der Vertrag über den Bildungseinsatz zwischen einer natürlichen Person und einer natürlichen oder juristischen Person im Sinne von Art. 774‑2 des Code du travail geschlossen wird und dass die Gesamtlaufzeit der Verträge, die von ein und demselben Beschäftigten geschlossen werden, innerhalb eines Zeitraums von zwölf zusammenhängenden Monaten 80 Tage nicht überschreiten darf.

13      Art. D. 773‑2‑3 des Code du travail bestimmte:

„In jedem Fall steht dem Vertragschließenden eine wöchentliche Ruhezeit von mindestens vierundzwanzig zusammenhängenden Stunden zu.“

14      Art. L. 774‑2 des Code du travail, auf den Art. D. 773‑2‑1 des Code du travail verwies und dessen Bestimmungen sich nunmehr mit geringfügigen Änderungen in den Art. L. 432‑1 bis L. 432‑4 des Code de l’action sociale et des familles finden, sah vor:

„Die unter den in diesem Artikel festlegten Voraussetzungen erfolgende gelegentliche Beteiligung einer natürlichen Person an Betreuungs- oder Leitungsaufgaben in einer Betreuungseinrichtung für Minderjährige mit Bildungscharakter, die während der Schulferien, des Erholungsurlaubs oder der Freizeit stattfindet, … wird als Bildungseinsatz bezeichnet.

Für Personen, die einen Vertrag über den Bildungseinsatz geschlossen haben, gelten die Bestimmungen der Kapitel I und II des Titels IV des Ersten Buches, der Kapitel II und III des Titels I des Zweiten Buches sowie des einleitenden Kapitels und des Kapitels I des Titels II des Zweiten Buches des vorliegenden Gesetzbuchs nicht.

Die Arbeitszeit von Personen, die einen Vertrag über den Bildungseinsatz geschlossen haben, wird durch einen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag oder in Ermangelung eines solchen durch Dekret festgelegt. Die Zahl der Arbeitstage darf pro Person eine Jahresobergrenze von 80 nicht übersteigen. Dem Betreffenden steht eine wöchentliche Mindestruhezeit von vierundzwanzig zusammenhängenden Stunden zu. …“

15      Die französische Regelung sah und sieht auch weiterhin nicht vor, dass Beschäftigte, die aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz in Ferien- und Freizeitzentren gelegentlich und saisonal tätig sind, eine tägliche Ruhezeit von mindestens elf zusammenhängenden Stunden erhalten.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16      Mit ihrer am 29. Januar 2007 eingereichten Klageschrift hat die Union Syndicale beim Conseil d’État die Nichtigerklärung des Dekrets Nr. 2006‑950 beantragt. Sie macht geltend, dass dieses Dekret insoweit im Widerspruch zur Richtlinie 2003/88 stehe, als es Personen, die aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz gelegentliche und saisonale Tätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausübten, vom Anspruch auf eine tägliche Mindestruhezeit, den Arbeitnehmer nach dem Code du travail hätten, ausschließe.

17      Das Fehlen eines solchen Anspruchs in der französischen Regelung verstoße gegen die Ziele des Art. 3 der Richtlinie 2003/88, und die vom Code du travail festgelegte Jahresobergrenze von 80 Arbeitstagen könne nicht als ein angemessener Schutz im Sinne von Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie angesehen werden, der bestimmte Voraussetzungen festlege, die zulässige Abweichungen u. a. von Art. 3 der Richtlinie erfüllen müssten.

18      Da der Conseil d’État der Auffassung ist, dass die in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit aufgeworfenen Fragen zu den Art. 1, 3 und 17 der Richtlinie 2003/88 einer eindeutigen Antwort bedürfen, hat er beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist die Richtlinie 2003/88/EG auf gelegentlich und saisonal Beschäftigte anwendbar, die pro Jahr höchstens 80 Arbeitstage in Ferien- und Freizeitzentren tätig sind?

2.      Falls diese Frage bejaht wird:

a)      Ist unter Berücksichtigung des Gegenstands der Richtlinie 2003/88, der nach ihrem Art. 1 Abs. 1 in der Festlegung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung besteht, ihr Art. 17 dahin auszulegen, dass er es erlaubt,

–        entweder nach seinem Abs. 1 die Gelegenheits- und Saisontätigkeit von Beschäftigten aufgrund eines Vertrags über den Bildungseinsatz zu den Tätigkeiten zu zählen, bei denen „die Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale [dieser] Tätigkeit nicht gemessen und/oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann“,

–        oder nach seinem Abs. 3 Buchst. b diese Tätigkeit als „Wach- und Schließdienst sowie die Dienstbereitschaft, die durch die Notwendigkeit gekennzeichnet sind, den Schutz von Sachen und Personen zu gewährleisten“, anzusehen?

b)      Sind im letztgenannten Fall die in Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 festgelegten Voraussetzungen, wonach die betroffenen Arbeitnehmer „gleichwertige Ausgleichsruhezeiten“ oder „angemessenen Schutz“ erhalten müssen, so zu verstehen, dass sie durch eine Regelung erfüllt werden können, die in Ferien- und Freizeitzentren die Tätigkeit von Personen aufgrund derartiger Verträge auf 80 Arbeitstage pro Jahr begrenzt?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

19      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Personen, die aufgrund von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben und pro Jahr höchstens 80 Arbeitstage tätig sind, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 fallen.

20      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeitszeitgestaltung enthält.

21      In der Richtlinie wird ihr Anwendungsbereich weit definiert, da sie nach ihrem Art. 1 Abs. 3 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391 mit Ausnahme einiger ausdrücklich aufgezählter besonderer Bereiche gilt (vgl. Urteil vom 26. Juni 2001, BECTU, C‑173/99, Slg. 2001, I‑4881, Randnr. 45).

22      Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass sich sowohl aus dem Ziel der Richtlinie 89/391, die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz zu verbessern, als auch aus dem Wortlaut ihres Art. 2 Abs. 1 ergibt, dass der Anwendungsbereich dieser Basisrichtlinie ebenfalls weit gefasst werden muss (Urteil vom 5. Oktober 2004, Pfeiffer u. a., C‑397/01 bis C‑403/01, Slg. 2004, I‑8835, Randnr. 52).

23      In der in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie 89/391 enthaltenen Aufzählung von Tätigkeiten, die im Übrigen nicht abschließend ist, finden sich bildungsbezogene, kulturelle und Freizeittätigkeiten sowie allgemein dienstleistungsbezogene Tätigkeiten.

24      Nach Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 der Richtlinie 89/391 findet diese Basisrichtlinie keine Anwendung, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen. Diese Ausnahmen vom Anwendungsbereich der Richtlinie 89/391 müssen jedoch eng ausgelegt werden und beziehen sich auf bestimmte spezifische Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung gewährleisten sollen und für ein geordnetes Gemeinwesen unentbehrlich sind (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 3. Oktober 2000, Simap, C‑303/98, Slg. 2000, I‑7963, Randnrn. 35 und 36, und Pfeiffer u. a., Randnrn. 52 bis 55).

25      Die Tätigkeit von gelegentlich und saisonal in Ferien- und Freizeitzentren Beschäftigten kann diesen Tätigkeiten nicht gleichgestellt werden.

26      Demzufolge fällt die Tätigkeit dieser Beschäftigten in den Anwendungsbereich der Richtlinie 89/391 und der Richtlinie 2003/88; die in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 der letztgenannten Richtlinie enthaltene Ausnahme von deren Anwendungsbereich betrifft nur Seeleute.

27      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff „Arbeitnehmer“ zwar in Art. 3 Buchst. a der Richtlinie 89/391 definiert wird als jede Person, die von einem Arbeitgeber beschäftigt wird, einschließlich Praktikanten und Lehrlingen, jedoch mit Ausnahme von Hausangestellten; die Richtlinie 2003/88 enthält aber weder eine Verweisung auf diese Bestimmung der Richtlinie 89/391 noch eine Verweisung auf den Arbeitnehmerbegriff, wie er sich aus einzelstaatlichen Rechtsvorschriften und/oder Gepflogenheiten ergibt.

28      Aus der letztgenannten Feststellung ergibt sich, dass der Arbeitnehmerbegriff für die Zwecke der Anwendung der Richtlinie 2003/88 nicht nach Maßgabe der nationalen Rechtsordnungen unterschiedlich ausgelegt werden kann, sondern eine eigenständige unionsrechtliche Bedeutung hat. Er ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. entsprechend in Bezug auf Art. 39 EG Urteile vom 3. Juli 1986, Lawrie-Blum, 66/85, Slg. 1986, 2121, Randnrn. 16 und 17, und vom 23. März 2004, Collins, C‑138/02, Slg. 2004, I‑2703, Randnr. 26).

29      Im Rahmen der dem nationalen Gericht obliegenden Prüfung, ob der Betreffende unter den Arbeitnehmerbegriff fällt, muss es sich auf objektive Kriterien stützen und eine Gesamtwürdigung aller Umstände der bei ihm anhängigen Rechtssache vornehmen, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten und des Verhältnisses zwischen den fraglichen Parteien betreffen.

30      Zwar gelten nach den Angaben in der Vorlageentscheidung für Personen, die Verträge über den Bildungseinsatz geschlossen haben, bestimmte Vorschriften des Code du travail nicht, doch hat der Gerichtshof festgestellt, dass es für die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts ohne Bedeutung ist, dass ein Beschäftigungsverhältnis nach nationalem Recht ein Rechtsverhältnis sui generis ist (vgl. Urteil vom 20. September 2007, Kiiski, C‑116/06, Slg. 2007, I‑7643, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      In Bezug auf Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen, wie sie Gegenstand des Ausgangsverfahrens sind, hat der Gerichtshof im Rahmen der Richtlinie 93/104 bereits entschieden, dass diese Richtlinie nicht zwischen Arbeitnehmern mit solchen Verträgen und Arbeitnehmern mit unbefristeten Verträgen unterscheidet, insbesondere soweit es um die Vorschriften über Mindestruhezeiten geht, die sich meist auf „jeden Arbeitnehmer“ beziehen (vgl. in diesem Sinne Urteil BECTU, Randnr. 46). Dies gilt in gleicher Weise für die Richtlinie 2003/88 und insbesondere für deren Art. 3, der die tägliche Ruhezeit regelt.

32      Aus den Angaben des vorlegenden Gerichts ergibt sich, dass Personen wie gelegentlich und saisonal Beschäftigte, die aufgrund eines Vertrags der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Art höchstens 80 Tage pro Jahr in Ferien- und Freizeitzentren arbeiten, vom Arbeitnehmerbegriff im Sinne der Definition in Randnr. 28 des vorliegenden Urteils erfasst werden.

33      Nach alledem ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Personen, die aufgrund von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben und pro Jahr höchstens 80 Arbeitstage tätig sind, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88 fallen.

 Zur zweiten Frage

34      Mit seiner zweiten Frage, die aus zwei Teilen besteht, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Arbeitnehmer, die aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben, unter eine der Abweichungen in Art. 17 Abs. 1 oder Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 fallen. Falls Art. 17 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 anwendbar ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine nationale Regelung, die die Tätigkeit solcher Arbeitnehmer auf 80 Arbeitstage pro Jahr begrenzt, die in Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen erfüllt, wonach die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher Ruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten müssen.

35      In diesem Zusammenhang ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 3 der Richtlinie 2003/88 verpflichtet sind, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit jedem Arbeitnehmer pro 24-Stunden-Zeitraum eine Mindestruhezeit von elf zusammenhängenden Stunden gewährt wird.

36      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind die verschiedenen Bestimmungen der Richtlinie 2003/88 über die Mindestruhezeit in Anbetracht sowohl des Wortlauts als auch der Zielsetzung und Systematik dieser Richtlinie besonders wichtige Regeln des Sozialrechts der Union, die jedem Arbeitnehmer als ein zum Schutz seiner Sicherheit und seiner Gesundheit erforderlicher Mindestanspruch zugute kommen müssen (vgl. u. a. Urteile BECTU, Randnrn. 43 und 47, und vom 7. September 2006, Kommission/Vereinigtes Königreich, C‑484/04, Slg. 2006, I‑7471, Randnr. 38).

37      In Anbetracht des Hauptziels der Richtlinie 2003/88, die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer wirksam zu schützen, müssen jedem Arbeitnehmer insbesondere angemessene Ruhezeiten gewährt werden; diese müssen nicht nur effektiv sein, indem sie es den Betreffenden erlauben, sich von der durch ihre Tätigkeit hervorgerufenen Ermüdung zu erholen, sondern auch vorbeugend wirken, indem sie die Gefahr einer Beeinträchtigung der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer, die in der Aneinanderreihung von Arbeitsphasen ohne die erforderlichen Ruhepausen liegen kann, so weit wie möglich verringern (Urteile vom 9. September 2003, Jaeger, C‑151/02, Slg. 2003, I‑8389, Randnr. 92, und Kommission/Vereinigtes Königreich, Randnr. 41).

38      Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die zwar die im Rahmen von Verträgen über den Bildungseinsatz ausgeübte Tätigkeit auf 80 Tage pro Jahr begrenzt, aber nicht vorsieht, dass Personen, die aufgrund solcher Verträge in Ferien- und Freizeitzentren gelegentlich und saisonal beschäftigt werden, in den Genuss der in Art. 3 der Richtlinie 2003/88 vorgeschriebenen Mindestruhezeit kommen, mit dieser Richtlinie grundsätzlich nicht vereinbar ist.

39      Etwas anderes würde nur gelten, wenn eine solche Regelung unter die in der Richtlinie 2003/88 und insbesondere in deren Art. 17 vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten fiele.

40      Die in der Richtlinie 2003/88 vorgesehenen Abweichungen müssen als Ausnahmen von der Unionsregelung über die Arbeitszeitgestaltung so ausgelegt werden, dass ihr Anwendungsbereich auf das zur Wahrung der Interessen, deren Schutz sie ermöglichen, unbedingt Erforderliche begrenzt wird (vgl. Urteil Jaeger, Randnr. 89).

41      Was erstens die in Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 geregelte Abweichung von deren Art. 3 betrifft, so gilt diese nur für Arbeitnehmer, deren gesamte Arbeitszeit wegen der besonderen Merkmale der ausgeübten Tätigkeit nicht gemessen oder nicht im Voraus festgelegt wird oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt werden kann.

42      Wie die Union syndicale und die Europäische Kommission geltend machen, enthalten die dem Gerichtshof vorgelegten Akten keinen Anhaltspunkt dafür, dass Arbeitnehmer, die im Rahmen eines Vertrags über den Bildungseinsatz in Ferien- und Freizeitzentren beschäftigt sind, selbst über die Zahl ihrer Arbeitsstunden entscheiden können. Die Angaben der französischen Regierung zu den Tätigkeiten dieser Arbeitnehmer und zur Funktionsweise der genannten Zentren, deren Richtigkeit vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist, deuten darauf hin, dass das Gegenteil der Fall ist. Die dem Gerichtshof vorgelegten Akten enthalten auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die betreffenden Arbeitnehmer nicht verpflichtet sind, zu festen Arbeitszeiten an ihrem Arbeitsplatz anwesend zu sein.

43      Demzufolge ist festzustellen, dass nach den dem Gerichtshof vorliegenden Informationen die Tätigkeiten, die unter Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88 fallen, keinen Bezug zu Tätigkeiten wie denen aufweisen, die Personen aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz in Ferien- und Freizeitzentren ausüben.

44      Was zweitens die in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 geregelte Abweichung angeht, so sieht diese Bestimmung vor, dass gemäß Abs. 2 dieses Artikels Abweichungen von Art. 3 zulässig sind „für den Wach- und Schließdienst sowie die Dienstbereitschaft, die durch die Notwendigkeit gekennzeichnet sind, den Schutz von Sachen und Personen zu gewährleisten, und zwar insbesondere in Bezug auf Wachpersonal oder Hausmeister oder Wach- und Schließunternehmen“.

45      Zwar üben die Beschäftigten in Ferien- und Freizeitzentren – wie die Union syndicale und die tschechische Regierung geltend machen – Tätigkeiten aus, die der Bildung und Betreuung der diese Zentren besuchenden Minderjährigen dienen, doch haben die Beschäftigten – wie die französische Regierung feststellt – auch die Aufgabe, eine permanente Überwachung der betreffenden Minderjährigen sicherzustellen. Da diese nicht von ihren Eltern begleitet werden, werden sie zur Gewährleistung ihrer Sicherheit von den Beschäftigten der Ferien- und Freizeitzentren ständig beaufsichtigt. Außerdem liegt, wie die französische Regierung geltend macht, der pädagogische und erzieherische Beitrag dieser Zentren auch oder sogar hauptsächlich in ihrer speziellen und ihnen eigenen Funktionsweise begründet, die darin besteht, dass die sie besuchenden Minderjährigen mehrere Tage lang ständig mit ihren Betreuern und Leitern zusammenleben.

46      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Tätigkeiten von Arbeitnehmern, die aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz in Ferien- und Freizeitzentren tätig sind, unter die in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b der Richtlinie 2003/88 vorgesehene Abweichung fallen können, sofern die in Abs. 2 dieses Artikels aufgestellten Voraussetzungen erfüllt sind.

47      Im Übrigen könnten diese Tätigkeiten – wie die Kommission geltend macht – in Anbetracht ihrer Merkmale und der Funktionsweise von Ferien- und Freizeitzentren möglicherweise auch unter die in Art. 17 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2003/88 vorgesehene Abweichung von deren Art. 3 fallen, die sich auf Tätigkeiten bezieht, die dadurch gekennzeichnet sind, dass die Kontinuität des Dienstes oder der Produktion gewährleistet sein muss.

48      Zwar werden die Tätigkeiten der gelegentlich und saisonal in Ferien- und Freizeitzentren Beschäftigten in der Aufzählung, die diese Vorschrift enthält, nicht erwähnt. Dabei handelt es sich aber zum einen nicht um eine abschließende Aufzählung, und zum anderen sind die betreffenden Tätigkeiten, wie sich aus Randnr. 45 des vorliegenden Urteils ergibt, auch dadurch gekennzeichnet, dass die Kontinuität des Dienstes gewährleistet sein muss, da die Minderjährigen, die diese Zentren besuchen, während der gesamten Dauer ihres Aufenthalts ständig mit den dort Beschäftigten zusammen und unter deren Aufsicht leben.

49      Nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 sind die in Abs. 3 Buchst. b und c dieses Artikels genannten Abweichungen, insbesondere hinsichtlich der in Art. 3 dieser Richtlinie vorgeschriebenen Dauer der täglichen Ruhezeit, jedoch nur zulässig, wenn die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten.

50      Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs müssen „gleichwertige Ausgleichsruhezeiten“ im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 – um sowohl den damit aufgestellten Kriterien als auch dem Ziel dieser Richtlinie, wie es in Randnr. 37 des vorliegenden Urteils dargestellt ist, zu entsprechen – dadurch gekennzeichnet sein, dass der Arbeitnehmer während dieser Zeiten gegenüber seinem Arbeitgeber keiner Verpflichtung unterliegt, die ihn daran hindern kann, frei und ohne Unterbrechung seinen eigenen Interessen nachzugehen, um die Auswirkungen der Arbeit auf seine Sicherheit und Gesundheit zu neutralisieren. Solche Ruhezeiten müssen sich daher unmittelbar an die Arbeitszeit anschließen, deren Ausgleich sie dienen, um eine Ermüdung oder Überlastung des Arbeitnehmers durch die Kumulierung aufeinanderfolgender Arbeitsperioden zu verhindern (vgl. Urteil Jaeger, Randnr. 94).

51      Um die Sicherheit und einen wirksamen Schutz der Gesundheit des Arbeitnehmers zu gewährleisten, muss somit grundsätzlich vorgesehen werden, dass eine Arbeitsperiode regelmäßig von einer Ruheperiode abgelöst wird. Damit der Arbeitnehmer sich tatsächlich ausruhen kann, muss er sich nämlich für eine bestimmte Zahl von Stunden, die nicht nur zusammenhängen, sondern sich auch unmittelbar an eine Arbeitsperiode anschließen müssen, aus seiner Arbeitsumgebung zurückziehen können, um sich zu entspannen und von der mit der Wahrnehmung seiner Aufgaben verbundenen Ermüdung zu erholen. Dieses Erfordernis ist umso dringlicher, wenn die regelmäßige tägliche Arbeitszeit abweichend von der allgemeinen Regel durch die Ableistung eines Bereitschaftsdienstes verlängert wird (Urteil Jaeger, Randnr. 95).

52      Unter diesen Bedingungen erfüllt eine Bestimmung des nationalen Rechts wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, wonach die Gesamtlaufzeit von Verträgen wie den Verträgen über den Bildungseinsatz, die mit ein und demselben Beschäftigten geschlossen werden, innerhalb von zwölf zusammenhängenden Monaten 80 Tage nicht überschreiten darf, nicht die den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls den Sozialpartnern obliegende Verpflichtung, die nach Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 erforderlichen gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten zu gewährleisten.

53      In Anbetracht des mit der Richtlinie 2003/88 verfolgten Schutzzwecks ist die Höchstzahl der jährlichen Arbeitstage nämlich – wie die Union syndicale und die tschechische Regierung geltend machen – für die genannten gleichwertigen Ausgleichsruhezeiten ohne Bedeutung.

54      Die französische Regierung trägt jedoch vor, der Ausnahmecharakter der Tätigkeiten der Beschäftigten von Ferien- und Freizeitzentren lasse die Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten nicht zu. Diese Zentren würden nämlich von Minderjährigen besucht, die dort mehrere Tage verbrächten, an denen sie Tag und Nacht unter der Aufsicht derselben Beschäftigten stünden. Würde den Personen, die in diesen Zentren gelegentlich und saisonal tätig seien, eine Ausgleichsruhezeit der vom Gerichtshof in Randnr. 94 des Urteils Jaeger festgelegten Art gewährt, so würde dies bedeuten, dass sie diese Ruhezeit während des Aufenthalts der von ihnen beaufsichtigten Minderjährigen in Anspruch nähmen, was zur Folge hätte, dass die Minderjährigen zeitweise, auch nachts, auf die Anwesenheit ihrer Betreuer verzichten müssten, obwohl diese in Abwesenheit ihrer Eltern diejenigen Erwachsenen seien, die ihnen am besten bekannt seien und denen sie vertrauten. Es gebe daher objektive Gründe, die der Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten entgegenstünden, wobei die Festlegung einer jährlichen Obergrenze für die Zahl von Tagen, an denen Personen aufgrund von Verträgen über den Bildungseinsatz arbeiten dürften, einen angemessenen Schutz der betroffenen Arbeitnehmer im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 darstelle.

55      In Anbetracht dieses Vorbringens ist darauf hinzuweisen, dass es nach dem Wortlaut von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 nur unter ganz außergewöhnlichen Umständen zulässig ist, dass ein Arbeitnehmer einen „anderen angemessenen Schutz“ erhält, weil die Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist (vgl. entsprechend Urteil Jaeger, Randnr. 98).

56      In der Vorlageentscheidung mangelt es an konkreten Angaben dazu, wie sich die Tätigkeiten der Beschäftigten in Ferien- und Freizeitzentren gestalten, wie sie geplant werden und welchen Personalbedarf diese Zentren haben.

57      Es lässt sich zwar in Anbetracht der Beschreibung dieser Tätigkeiten und der Verantwortung, die die Beschäftigten in den Ferien- und Freizeitzentren für die diese besuchenden Minderjährigen tragen, nicht ausschließen, dass es ausnahmsweise aus objektiven Gründen nicht möglich sein mag, zu gewährleisten, dass eine Arbeitsperiode regelmäßig von einer Ruheperiode abgelöst wird, wie es Art. 3 der Richtlinie 2003/88 nach seiner Auslegung im Urteil Jaeger verlangt.

58      Gleichwohl kann die Festlegung einer jährlichen Obergrenze für die Zahl der Arbeitstage, wie sie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende französische Regelung vorsieht, keinesfalls als angemessener Schutz im Sinne von Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 angesehen werden. Wie sich nämlich aus dem fünfzehnten Erwägungsgrund dieser Richtlinie ergibt, wird den Mitgliedstaaten zwar eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung einzelner Bestimmungen der Richtlinie zugestanden, doch müssen sie die Grundsätze des Schutzes der Sicherheit und der Gesundheit der Arbeitnehmer beachten.

59      Auch wenn Art. 17 Abs. 2 der Richtlinie 2003/88 somit dahin auszulegen ist, dass er den Mitgliedstaaten und gegebenenfalls den Sozialpartnern einen gewissen Ermessensspielraum bei der Schaffung eines angemessenen Schutzes der betroffenen Arbeitnehmer in Ausnahmefällen einräumt, so ändert dies nichts daran, dass dieser Schutz, der die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer betrifft, es den Arbeitnehmern ebenso wie die tägliche Mindestruhezeit nach Art. 3 der Richtlinie oder der gleichwertige Ausgleichszeitraum nach ihrem Art. 17 Abs. 2 ermöglichen soll, sich zu entspannen und von der mit der Wahrnehmung ihrer Aufgaben verbundenen Ermüdung zu erholen.

60      Zwar erlauben es der besondere Charakter der Arbeit oder der besondere Kontext ihrer Ausübung, ausnahmsweise von Art. 3 der Richtlinie 2003/88 und von der Verpflichtung abzuweichen, dass eine Arbeitsperiode regelmäßig von einer Ruheperiode abgelöst wird, doch beraubt eine nationale Regelung, die es den Arbeitnehmern während der gesamten Laufzeit ihres Arbeitsvertrags nicht erlaubt, ihr Recht auf eine tägliche Ruhezeit in Anspruch zu nehmen – auch wenn es sich um einen Vertrag mit einer Laufzeit von höchstens 80 Tagen pro Jahr handelt –, nicht nur ein durch diese Richtlinie ausdrücklich eingeräumtes individuelles Recht seines Inhalts, sondern steht auch im Widerspruch zum Ziel dieser Richtlinie (vgl. in diesem Sinne, in Bezug auf Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2003/88, Urteil BECTU, Randnr. 48).

61      Nach alledem ist auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass Personen, die aufgrund von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben, unter die Abweichung in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/88 fallen.

62      Eine nationale Regelung, die die Tätigkeit von Personen aufgrund solcher Verträge auf 80 Arbeitstage pro Jahr begrenzt, erfüllt nicht die in Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen für die Anwendung der genannten Abweichung, wonach die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher Ruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten müssen.

 Kosten

63      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Personen, die aufgrund von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben und pro Jahr höchstens 80 Arbeitstage tätig sind, fallen in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

2.      Personen, die aufgrund von Verträgen wie den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Verträgen über den Bildungseinsatz Gelegenheits- und Saisontätigkeiten in Ferien- und Freizeitzentren ausüben, fallen unter die Abweichung in Art. 17 Abs. 3 Buchst. b und/oder c der Richtlinie 2003/88.

Eine nationale Regelung, die die Tätigkeit von Personen aufgrund solcher Verträge auf 80 Arbeitstage pro Jahr begrenzt, erfüllt nicht die in Art. 17 Abs. 2 dieser Richtlinie festgelegten Voraussetzungen für die Anwendung der genannten Abweichung, wonach die betroffenen Arbeitnehmer gleichwertige Ausgleichsruhezeiten oder in Ausnahmefällen, in denen die Gewährung solcher Ruhezeiten aus objektiven Gründen nicht möglich ist, einen angemessenen Schutz erhalten müssen.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Französisch.