Language of document : ECLI:EU:C:2011:531

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Achte Kammer)

28. Juli 2011(*)

„Zucker – Befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft – Verordnung (EG) Nr. 320/2006 – Art. 11 – Einnahmenüberschüsse des Umstrukturierungsfonds – Zuweisung an den EGFL – Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung und der Verhältnismäßigkeit – Begründungspflicht – Ungerechtfertigte Bereicherung“

In der Rechtssache C‑309/10

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 9. Juni 2010, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Juni 2010, in dem Verfahren

Agrana Zucker GmbH

gegen

Bundesminister für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Schiemann, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas (Berichterstatter),

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 31. März 2011,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Agrana Zucker GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte P. Pallitsch und C. Pitschas,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch E. Leftheriotou und K. Tsagkaropoulos als Bevollmächtigte im Beistand von V. Mereas, Rechtsberater,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk und S. Johannesson als Bevollmächtigte,

–        des Rates der Europäischen Union, vertreten durch E. Sitbon und Z. Kupčová als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. von Rintelen und P. Rossi als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 58, S. 42).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen einer Beschwerde der Agrana Zucker GmbH (im Folgenden: Agrana Zucker) gegen einen Bescheid des Bundesministers für Land‑ und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10. Dezember 2009 betreffend die Vorschreibung der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009.

 Rechtlicher Rahmen

3        In den Erwägungsgründen 1, 2 und 4 der Verordnung Nr. 320/2006 ist u. a. Folgendes ausgeführt:

„(1)      … Um die Gemeinschaftsregelung für die Zuckererzeugung und den Zuckerhandel mit den internationalen Erfordernissen in Einklang zu bringen und die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sicherzustellen, ist … eine grundlegende Umstrukturierung notwendig, bei der unrentable Erzeugungskapazitäten in der Gemeinschaft deutlich abgebaut werden. Zu diesem Zweck sollte als Voraussetzung für die Umsetzung einer funktionierenden neuen gemeinsamen Marktorganisation für den Zuckersektor eine getrennte und autonome befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Gemeinschaft festgelegt werden. …

(2)      Zur Finanzierung der Umstrukturierungsmaßnahmen in der Zuckerindustrie der Gemeinschaft sollte ein befristeter Umstrukturierungsfonds eingerichtet werden. Aus Gründen der ordnungsgemäßen Haushaltsführung sollte der Fonds zum EAGFL, Abteilung Garantie, gehören und somit den Verfahren und Mechanismen der Verordnung (EG) Nr. 1258/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik [ABl. L 160, S. 103] unterliegen und ab dem 1. Januar 2007 Teil des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft sein, der durch die Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik [ABl. L 209, S. 1] errichtet worden ist …

(4)      Die in der vorliegenden Verordnung vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen sollten durch die Erhebung befristeter Beträge von den Zucker-, Isoglucose‑ und Inulinsirup‑Erzeugern finanziert werden, denen die Umstrukturierung letztendlich zugute kommt. Da sich diese Beträge von den im Rahmen der Gemeinsamen Marktorganisationen für Zucker üblichen Abgaben unterscheiden, sollten die betreffenden Einnahmen als ‚zweckgebundene Einnahmen‘ im Sinne der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften [ABl. L 248, S. 1] … angesehen werden.“

4        Art. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 bestimmt:

„1.      Es wird ein befristeter Fonds für die Umstrukturierung der Zuckerindustrie in der Gemeinschaft (im Folgenden ‚Umstrukturierungsfonds‘ genannt) eingerichtet.

Der Umstrukturierungsfonds ist Teil des Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft. Ab dem 1. Januar 2007 wird er Teil des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (im Folgenden ‚EGFL‘ genannt).

2.      Aus dem Umstrukturierungsfonds werden die Ausgaben für die in den Artikeln 3, 6, 7, 8 und 9 vorgesehenen Maßnahmen finanziert.

3.      Der befristete Umstrukturierungsbetrag gemäß Artikel 11 wird als zweckgebundene Einnahme nach Maßgabe des Artikels 18 Absatz 2 der Verordnung … Nr. 1605/2002 dem Umstrukturierungsfonds zugewiesen.

Alle nach der Finanzierung der Ausgaben gemäß Absatz 2 noch im Umstrukturierungsfonds vorhandenen Beträge werden dem EGFL zugewiesen.

…“

5        Art. 3 der Verordnung Nr. 320/2006 bestimmt:

„1.      Jedes Zucker … erzeugende Unternehmen, dem bis zum 1. Juli 2006 eine Quote zugeteilt wurde, hat Anspruch auf eine Umstrukturierungsbeihilfe je Tonne aufgegebener Quote, wenn es im Wirtschaftsjahr 2006/2007, 2007/2008, 2008/2009 oder 2009/2010

a)      die Quote aufgibt, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat und die betreffenden Produktionsanlagen der Fabriken völlig abbaut

oder

b)      seine Quote aufgibt, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat, die betreffenden Produktionsanlagen der Fabriken teilweise abbaut und die übrigen Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken nicht für die Erzeugung von Produkten verwendet, die unter die Gemeinsame Marktorganisation für Zucker fallen,

oder

c)      einen Teil seiner Quote aufgibt, die es einer oder mehreren Fabriken zugewiesen hat und die Produktionsanlagen der betreffenden Fabriken nicht für die Raffinierung von Rohzucker verwendet.

…“

6        Die Art. 6 bis 9 der Verordnung Nr. 320/2006 sehen verschiedene Diversifizierungsbeihilfen und befristete Beihilfen vor, die, wie aus Art. 10 Abs. 1 und 3 dieser Verordnung folgt, von der Beihilfe nach Art. 3 unabhängig sind und wie diese in den Wirtschaftsjahren 2006/2007 bis 2009/2010 nur bis zur Höhe der im Umstrukturierungsfonds verfügbaren Mittel gewährt werden können.

7        Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 bestimmt:

„1.      Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist, zahlen jedes Wirtschaftsjahr je Tonne der Quote einen befristeten Umstrukturierungsbetrag.

Auf Quoten, die ein Unternehmen in einem bestimmten Wirtschaftsjahr gemäß Artikel 3 Absatz 1 aufgegeben hat, wird in diesem Wirtschaftsjahr und in den nachfolgenden Wirtschaftsjahren kein befristeter Umstrukturierungsbetrag erhoben.

2.      Der befristete Umstrukturierungsbetrag für Zucker … wird wie folgt festgelegt:

–        126,40 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2006/2007,

–        173,80 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2007/2008,

–        113,30 EUR je Tonne der Quote für das Wirtschaftsjahr 2008/2009.

…“

8        Der erste Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 1261/2007 des Rates vom 9. Oktober 2007 zur Änderung der Verordnung Nr. 320/2006 (ABl. L 283, S. 8), mit der einige Maßnahmen zur Verbesserung der Umstrukturierungsregelung eingeführt worden sind, lautet:

„Die Verordnung … Nr. 320/2006 … wurde erlassen, um den wettbewerbsschwächeren Zuckererzeugern die Aufgabe ihrer Quotenerzeugung zu ermöglichen. Die Quotenmenge, auf die im Rahmen der genannten Verordnung bisher verzichtet wurde, ist jedoch hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückgeblieben.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9        Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (Förderungsabwicklungsstelle) vom 28. September 2009, berichtigt mit Bescheid vom 13. Oktober 2009, wurde Agrana Zucker die Zahlung der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 in Höhe von 15 908 561,77 Euro vorgeschrieben.

10      Gegen diesen Bescheid erhob Agrana Zucker Berufung, die mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 10. Dezember 2009 abgewiesen wurde, der Gegenstand einer Beschwerde vor dem vorlegenden Gericht ist.

11      Der Vorlageentscheidung zufolge stellt Agrana Zucker die Rechtmäßigkeit dieses Bescheids in Frage und stützt sich dabei insbesondere auf das Urteil des Gerichtshofs vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker (C‑33/08, Slg. 2009, I‑5035), das bestätigt habe, wie sich auch aus Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 und deren viertem Erwägungsgrund ergebe, dass die Einnahmen aus dem befristeten Umstrukturierungsbetrag „zweckgebundene Einnahmen“ im Sinne der Verordnung Nr. 1605/2002 seien und dazu dienten, die Selbstfinanzierung der in der Verordnung Nr. 320/2006 vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen sicherzustellen. Agrana Zucker folgert daraus, dass nach einer teleologischen Auslegung von Art. 11 dieser Verordnung die Erhebung des Umstrukturierungsbetrags dann unterbleiben müsse, wenn sie offensichtlich nicht mehr nötig wäre, um die genannten Umstrukturierungsmaßnahmen zu finanzieren. Dies sei bei der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 der Fall, die zu einer evidenten Überdotierung des Umstrukturierungsfonds führen würde.

12      Agrana Zucker trägt vor dem Verwaltungsgerichtshof insbesondere vor, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag trotz Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006, der die Zuweisung der nach Finanzierung der Umstrukturierungsmaßnahmen noch im Umstrukturierungsfonds vorhandenen Beträge an den EGFL vorsehe, keinen anderen Ausgaben zugewiesen werden könne.

13      Sollte die Erhebung der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 nicht gänzlich zu unterbleiben haben oder seine endgültige Festlegung nicht nach Maßgabe der Endabrechnung des Umstrukturierungsfonds zu modifizieren sein, verstoße Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Ferner bestünde keine Kompetenz der Europäischen Union für die Erhebung einer generellen Steuer, die nicht zur Finanzierung von Maßnahmen der Umstrukturierung des europäischen Zuckermarkts verwendet werde.

14      Agrana Zucker macht weiter geltend, sollte Art. 11 im Sinne der im Ausgangsverfahren belangten Behörde zu verstehen sein, wäre er gleichwohl rechtswidrig, da dann die Begründungspflicht verletzt worden wäre.

15      Das vorlegende Gericht stellt fest, dass Agrana Zucker im Gegensatz zu der im genannten Urteil Agrana Zucker geprüften Sachlage nachgewiesen habe, dass der Finanzierungsbedarf der Umstrukturierungsmaßnahmen bereits in vollem Umfang gedeckt sei. Unter diesen Umständen sehe es sich nicht in der Lage, die im vorliegenden Verfahren aufgeworfenen Rechtsfragen aufgrund der anzuwendenden Normen und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zu beantworten.

16      Der Verwaltungsgerichtshof hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Ist Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin zu verstehen, dass der in Abs. 2 dieses Artikels vorgesehene befristete Umstrukturierungsbetrag für Zucker und Inulinsirup für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 in der Höhe von 113,30 Euro je Tonne der Quote jedenfalls und in voller Höhe auch dann vorzuschreiben ist, wenn es durch dessen Zahlung zu einem (erheblichen) Überschuss im Umstrukturierungsfonds kommen würde und ein weiterer Anstieg des Finanzierungsbedarfs ausgeschlossen erscheint?

2.      Für den Fall der Bejahung der Frage 1: Verstößt Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 in diesem Fall gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung, weil diese Bestimmung mit dem befristeten Umstrukturierungsbeitrag eine allgemeine Steuer einführen könnte, die nicht auf die Finanzierung von Ausgaben begrenzt wäre, die den Adressaten der Steuer zugutekommen?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

17      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin auszulegen ist, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag auch dann in voller Höhe zu erheben ist, wenn der Umstrukturierungsfonds einen Einnahmenüberschuss ausweist.

18      Die beschwerdeführende Partei des Ausgangsverfahrens sowie die griechische Regierung machen geltend, dass nach einer teleologischen Auslegung von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 der befristete Umstrukturierungsbetrag nicht zu erheben sei, wenn er für die Finanzierung der in dieser Verordnung vorgesehenen Umstrukturierungsmaßnahmen offensichtlich nicht benötigt werde. So dürften die Zucker erzeugenden Unternehmen dann nicht zur Zahlung der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 verpflichtet sein, wenn deren Erhebung zu Überschüssen des Umstrukturierungsfonds führen würde. Diese Erhebung liefe insbesondere dem Grundsatz der Selbstfinanzierung zuwider, zu dem sich der Gerichtshof bereits im Urteil Agrana Zucker vom 11. Juni 2009 sowie in den Urteilen vom 8. Mai 2008, Zuckerfabrik Jülich u. a. (C‑5/06 und C‑23/06 bis C‑36/06, Slg. 2008, I‑3231), und vom 20. Mai 2010, Agrana Zucker (C‑365/08, Slg. 2010, I‑0000), geäußert habe und der einen Haushaltsausgleich zwischen den Ausgaben und den Einnahmen impliziere.

19      Hilfsweise trägt Agrana Zucker vor, nach Abschluss der Umstrukturierungsmaßnahmen müsse eine endgültige Abrechnung des Umstrukturierungsfonds erstellt und der Überschuss den Erzeugern, von denen der befristete Umstrukturierungsbetrag erhoben werde, erstattet werden. Weiter hilfsweise führt sie aus, der Überschuss dürfe, nachdem er auf den EGFL übertragen worden sei, nur der Finanzierung der Ausgaben im Rahmen der Marktorganisation für Zucker dienen.

20      Insoweit genügt die Feststellung, dass zum einen nach Art. 11 Abs. 1 der Verordnung Nr. 320/2006 die Unternehmen, denen eine Quote zugeteilt worden ist, je Wirtschaftsjahr einen befristeten Umstrukturierungsbetrag zu zahlen haben, dessen Höhe in Abs. 2 dieses Artikels für die Wirtschaftsjahre 2006/2007, 2007/2008 und 2008/2009 festgelegt worden ist, und dass zum anderen der Unionsgesetzgeber die Möglichkeit eines Einnahmenüberschusses aus dem befristeten Umstrukturierungsbetrag im Zusammenhang mit den mit der Finanzierung der Umstrukturierungsmaßnahmen verbundenen Ausgaben, der er dienen soll, insofern in Betracht gezogen hat, als er in Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 vorgesehen hat, dass alle nach der Finanzierung dieser Maßnahmen noch im Umstrukturierungsfonds vorhandenen Beträge dem EGFL zugewiesen werden.

21      Entgegen der Auffassung von Agrana Zucker und der griechischen Regierung, die eine teleologische Auslegung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 320/2006 vornehmen, ist somit dem Wortlaut von Art. 11 dieser Verordnung sowie deren Aufbau klar zu entnehmen, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag von den betroffenen Unternehmen in allen genannten Wirtschaftsjahren und in vollem Umfang zu zahlen ist, auch wenn sich daraus für den Umstrukturierungsfonds nach Durchführung der mit dieser Verordnung für die Zuckerindustrie eingeführten befristeten Umstrukturierungsregelung ein Einnahmenüberschuss ergeben sollte.

22      Demgemäß ist auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 dahin auszulegen ist, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag auch dann in voller Höhe zu erheben ist, wenn der Umstrukturierungsfonds einen Einnahmenüberschuss ausweist.

 Zur zweiten Frage

23      Die zweite Vorlagefrage betrifft die Gültigkeit des in dieser Weise ausgelegten Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006. Auch wenn es bei dieser Frage ausdrücklich nur um den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung geht, ist die Gültigkeit dieses Artikels in Anbetracht der Vorlageentscheidung und der beim Gerichtshof eingereichten Erklärungen auch im Hinblick auf die Begründungspflicht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die behauptete ungerechtfertigte Bereicherung der Union zu prüfen.

 Zur Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Hinblick auf den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung

24      Das vorlegende Gericht fragt sich, ob Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 insoweit gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung verstößt, als er die Einführung einer allgemeinen Steuer ermögliche, die nicht auf die Finanzierung der Ausgaben beschränkt wäre, für die der befristete Umstrukturierungsbetrag bestimmt sei.

25      Agrana Zucker und die griechische Regierung führen aus, durch die Erhebung einer Abgabe, die der Finanzierung von Maßnahmen diene, die außerhalb des Rahmens der gemeinsamen Marktorganisation für Zucker getroffen würden, werde diese Abgabe zu einer allgemeinen Steuer, deren Einführung von den Befugnissen der Union nicht umfasst sei.

26      Hierzu ist zu beachten, dass, wie sich aus dem ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 320/2006 ergibt, der Rat der Europäischen Union, um die Gemeinschaftsregelung für die Zuckererzeugung und den Zuckerhandel mit den internationalen Erfordernissen in Einklang zu bringen und die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Sektors sicherzustellen, eine grundlegende Umstrukturierung für notwendig hält, bei der unrentable Erzeugungskapazitäten in der Gemeinschaft deutlich abgebaut werden sollten. Zu diesem Zweck legte er mit dieser Verordnung eine getrennte und autonome befristete Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Gemeinschaft fest (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 34).

27      Im Rahmen dieser befristeten Regelung wurde mit der Verordnung Nr. 320/2006, wie es in ihrem fünften Erwägungsgrund heißt, den Zuckerunternehmen mit der geringsten Produktivität eine Umstrukturierungsbeihilfe als wirtschaftlicher Anreiz zur Aufgabe ihrer Quotenerzeugung geboten. Zu diesem Zweck sieht die Verordnung in ihrem Art. 3 eine Umstrukturierungsbeihilfe vor, die vier Wirtschaftsjahre – 2006/2007 bis 2009/2010 – lang gezahlt werden und es ermöglichen soll, die Erzeugung so weit zu reduzieren, dass in der Gemeinschaft ein Marktgleichgewicht erreicht wird (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 35).

28      Zur Finanzierung dieser Umstrukturierungsbeihilfe sowie der Diversifizierungs- und der befristeten Beihilfen nach den Art. 6 bis 9 der Verordnung Nr. 320/2006 richtete der Rat einen befristeten Umstrukturierungsfonds ein und beschloss insbesondere, wie im vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung ausgeführt, dass diese Maßnahmen durch die Erhebung befristeter Beträge von den Zucker-, Isoglucose- und Inulinsiruperzeugern finanziert würden, denen die Umstrukturierung letztlich zugutekäme. Die betreffenden Einnahmen werden als „zweckgebundene Einnahmen“ im Sinne der Verordnung Nr. 1605/2002 angesehen (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 36).

29      Da die Erhebung des befristeten Umstrukturierungsbetrags somit zur Umstrukturierung der Zuckerindustrie in der Gemeinschaft beitragen soll, stellt sie eine Maßnahme der gemeinsamen Agrarpolitik dar, die ordnungsgemäß auf der Grundlage des Art. 37 EG erlassen worden ist (vgl. entsprechend Urteile vom 11. Juli 1989, Schräder HS Kraftfutter, 265/87, Slg. 1989, 2237, Randnr. 9, und vom 26. Juni 1990, Zardi, C‑8/89, Slg. 1990, I‑2515, Randnr. 9).

30      Dadurch, dass sich bei Ablauf dieser mehrjährigen befristeten Umstrukturierungsregelung ein Einnahmenüberschuss ergibt – insbesondere weil die Erzeuger letztlich in geringerem Umfang als erwartet die Umstrukturierungsbeihilfen in Anspruch genommen und im Gegenzug auf die Erzeugungsquoten verzichtet haben – und dass dieser Überschuss nach Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 dem EGFL zugewiesen worden ist, wird die Zuständigkeit des europäischen Gesetzgebers für den Erlass dieser Maßnahme nicht in Frage gestellt und dieser Maßnahme nicht ihre Eigenschaft als Agrarmaßnahme genommen.

31      Zum einen ist nämlich die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union nach der Sach‑ und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Aktes zu beurteilen (vgl. Urteil vom 7. Februar 1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg. 1979, 321, Randnr. 7) und kann insbesondere nicht von nachträglichen Betrachtungen über dessen Wirkungsgrad abhängen (Urteil vom 17. Mai 2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg. 2001, I‑3875, Randnr. 87 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Zum anderen ist festzustellen, dass ein etwaiger Überschuss des EGFL, zu dem der Umstrukturierungsfonds gehört, auch weiterhin nur zur Finanzierung von Maßnahmen der gemeinsamen Agrarpolitik bestimmt ist.

33      Mithin verstößt Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 nicht gegen den Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung.

 Zur Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Hinblick auf die Begründungspflicht

34      Agrana Zucker und die griechische Regierung machen im Wesentlichen geltend, der Umstrukturierungsbetrag sei der Präambel der Verordnung Nr. 320/2006 zufolge eingeführt worden, um die Maßnahmen zur Umstrukturierung der Zuckerindustrie zu finanzieren. Demnach wäre die Begründung dieser Verordnung fehler‑ oder lückenhaft, wenn die Einnahmen aus diesem Betrag der Finanzierung anderer Maßnahmen zugewiesen werden und damit ihren befristeten Charakter verlieren könnten.

35      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung zwar die Überlegungen der Unionsbehörde, die den fraglichen Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die getroffene Maßnahme entnehmen können und der Gerichtshof seine Kontrolle ausüben kann; sie braucht jedoch nicht sämtliche rechtlich oder tatsächlich erheblichen Gesichtspunkte zu enthalten. Ob die Begründungspflicht gewahrt ist, ist nicht nur im Hinblick auf den Wortlaut des Rechtsakts zu beurteilen, sondern auch anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften, die das betreffende Gebiet regeln. Lässt sich dem angegriffenen Rechtsakt der vom Gemeinschaftsorgan verfolgte Zweck in seinen wesentlichen Zügen entnehmen, wäre es unnötig, eine besondere Begründung für jede der fachlichen Entscheidungen zu verlangen, die das Organ getroffen hat (vgl. u. a. Urteil vom 12. Juli 2005, Alliance for Natural Health u. a., C‑154/04 und C‑155/04, Slg. 2005, I‑6451, Randnrn. 133 und 134).

36      Im vorliegenden Fall sind Gegenstand der in den Randnrn. 26 bis 28 des vorliegenden Urteils in Erinnerung gerufenen Begründung in der Präambel der Verordnung Nr. 320/2006 insbesondere das Ziel der mit dieser Verordnung eingeführten befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels, nämlich die Schaffung eines wirtschaftlichen Anreizes zur Quotenaufgabe und die Finanzierung der Umstrukturierungsmaßnahmen durch die Erhebung des befristeten Umstrukturierungsbetrags.

37      Hinsichtlich der Finanzierungsmodalitäten dieser Regelung heißt es im zweiten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 320/2006, dass zur Finanzierung der Umstrukturierungsmaßnahmen in der Zuckerindustrie der Gemeinschaft ein befristeter Umstrukturierungsfonds eingerichtet werden und dieser Fonds aus Gründen der ordnungsgemäßen Haushaltsführung zum Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, und ab dem 1. Januar 2007 zu dem durch die Verordnung Nr. 1290/2005 errichteten EGFL gehören sollte.

38      Zwar legt der zweite Erwägungsgrund nicht die Gründe dar, aus denen gemäß Art. 1 Abs. 3 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 320/2006 alle nach der Finanzierung der Ausgaben noch im Umstrukturierungsfonds vorhandenen Beträge dem EGFL zugewiesen werden sollen. Er weist jedoch darauf hin, dass dieser Fonds aus Gründen der ordnungsgemäßen Haushaltsführung zum EGFL gehört, der eingerichtet worden ist, um die Finanzierung der verschiedenen Maßnahmen der gemeinsamen Agrarpolitik, darunter auch die unter die gemeinsame Marktorganisation für Zucker fallenden, sicherzustellen. Sodann ist festzustellen, dass die Verordnung in finanzieller Hinsicht im Wesentlichen die Deckung aller Ausgaben im Zusammenhang mit der Umstrukturierung gewährleisten soll, deren tatsächliche Durchführung sie in Aussicht nimmt, um unrentable Erzeugungskapazitäten dadurch zurückzuführen, dass sie den Erzeugern einen Anreiz zur Aufgabe ihrer Quotenerzeugung bietet. Deshalb konnte zu dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit dieses Rechtsakts maßgeblichen Zeitpunkt, d. h., wie in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt, zum Zeitpunkt seines Erlasses, nur ein nach dem Tätigen dieser Ausgaben im Umstrukturierungsfonds etwa noch vorhandener Restüberschuss in Betracht gezogen werden. Mithin ist davon auszugehen, dass die Entscheidung, diesen Überschuss dem EGFL, zu dem der Umstrukturierungsfonds gehört, zuzuweisen, nur eine technische Entscheidung darstellt, für die keine besondere Begründung verlangt werden kann.

39      Daraus folgt, dass Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 nicht mit einem Begründungsfehler behaftet ist.

 Zur Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

40      Agrana Zucker trägt vor, Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 verletze den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn der Ertrag aus der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 nicht zweckgebunden sei und der Finanzierung von Ausgaben außerhalb des Rahmens der Marktorganisation für Zucker zugewiesen werden könne. Aus dem vierten Erwägungsgrund dieser Verordnung ergebe sich nämlich, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag bezwecke, den Erzeugern nach dem Grundsatz der Selbstfinanzierung die Kosten für die Umstrukturierungsmaßnahmen aufzuerlegen. Da es zur Finanzierung dieser Maßnahme der genannten zweiten Tranche nicht bedürfe, sei deren zu einem erheblichen Überschuss führende Erhebung zur Erreichung der verfolgten Zwecke offensichtlich ungeeignet. Außerdem würden dadurch die europäischen Zuckerunternehmen unangemessen belastet.

41      Nach Ansicht der griechischen Regierung verstößt die Erhebung des befristeten Umstrukturierungsbetrags gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn sie zur Erreichung der verfolgten Ziele offensichtlich ungeeignet ist; dies sei dann der Fall, wenn die Einnahmen die mit den Umstrukturierungsmaßnahmen zusammenhängenden Ausgaben überstiegen. Die Übertragung dieses Überschusses an den EGFL stelle eine qualifizierte Verletzung dieses Grundsatzes dar, da es sich bei ihr um eine Maßnahme handele, die die Erzeuger unangemessen belaste und der Verfolgung von Zielen diene, die mit der Umstrukturierung der Zuckerindustrie nichts zu tun hätten.

42      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts gehört, die Handlungen der Unionsorgane nicht die Grenzen dessen überschreiten dürfen, was zur Erreichung der mit der betreffenden Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist, wobei zu beachten ist, dass dann, wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten belastende zu wählen ist, und dass die verursachten Nachteile nicht gegenüber den angestrebten Zielen unangemessen sein dürfen (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 31 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Was die gerichtliche Kontrolle der Voraussetzungen angeht, unter denen dieser Grundsatz angewandt wurde, kann aufgrund des weiten Ermessens, über das der Unionsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik verfügt, die Rechtmäßigkeit einer in diesem Bereich erlassenen Maßnahme nur dann beeinträchtigt sein, wenn diese Maßnahme zur Erreichung des vom zuständigen Organ verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet ist (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 32 und die dort angeführte Rechtsprechung).

44      Es geht somit nicht darum, ob die vom Gesetzgeber erlassene Maßnahme die einzig mögliche oder die bestmögliche Maßnahme war, sondern darum, ob sie offensichtlich ungeeignet war (Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

45      Außerdem ist, wie in Randnr. 31 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist, die Rechtmäßigkeit eines Rechtsakts der Union nach der Sach‑ und Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses des Aktes zu beurteilen und kann insbesondere nicht von nachträglichen Betrachtungen über dessen Wirkungsgrad abhängen. Wenn der Gemeinschaftsgesetzgeber künftige Auswirkungen einer zu erlassenden Regelung zu beurteilen hat, die nicht mit Bestimmtheit vorausgesagt werden können, kann seine Beurteilung nur beanstandet werden, wenn sie sich im Licht der Informationen, über die er zum Zeitpunkt des Erlasses der betreffenden Regelung verfügt hat, als offensichtlich fehlerhaft erweist (Urteile vom 21. Februar 1990, Wuidart u. a., C‑267/88 bis C‑285/88, Slg. 1990, I‑435, Randnr. 14, vom 5. Oktober 1994, Crispoltoni u. a., C‑133/93, C‑300/93 und C‑362/93, Slg. 1994, I‑4863, Randnr. 43, und vom 12. Juli 2001, Jippes u. a., C‑189/01, Slg. 2001, I‑5689, Randnr. 84).

46      Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Randnrn. 26 bis 28 des vorliegenden Urteils, dass der in Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 vorgesehene befristete Umstrukturierungsbetrag dem Ziel der Finanzierung der befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Union durch die Erzeuger dient, was einen Haushaltsausgleich zwischen den Ausgaben und den Einnahmen während der vier betroffenen Wirtschaftsjahre impliziert (vgl. Urteil vom 11. Juni 2009, Agrana Zucker, Randnr. 37).

47      Zu diesem Zweck wurden die Einnahmen, die für die Finanzierung der Umstrukturierungsbeihilfen benötigt wurden, die denjenigen Unternehmen gezahlt werden sollten, die sich zu einem Quotenverzicht in einem dieser Wirtschaftsjahre entschließen würden, auf der Grundlage einer Vorausschätzung der mit diesen Beihilfen verbundenen Ausgaben festgelegt, die den Ausführungen des Rates und der Europäischen Kommission zufolge insbesondere nach Maßgabe derjenigen den Quoten unterliegenden Zuckermengen vorgenommen worden ist, um die die Erzeugung als Zielvorgabe reduziert werden sollte. Die tatsächliche Vornahme dieser Ausgaben hing indessen von den Entscheidungen der Unternehmen ab, da die Verordnung Nr. 320/2006 nur einen wirtschaftlichen Anreiz zur Quotenaufgabe geschaffen hatte.

48      Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag nach den künftigen Wirkungen der mit dieser Verordnung eingeführten Umstrukturierungsregelung festgelegt wurde, ohne dass diese Wirkungen genau vorhergesehen werden konnten.

49      In Bezug auf diese Wirkungen ist jedoch unstreitig, dass, wie im ersten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1261/2007 festgestellt worden ist, die aufgegebene Quotenmenge hinter den ursprünglichen Erwartungen zurückblieb und der Umstrukturierungsfonds deshalb trotz der Maßnahmen, die in dieser Verordnung zur Verbesserung der Funktionsweise der Umstrukturierungsregelung mit dem Ziel der Aufgabe einer größeren Quotenmenge vorgeschrieben waren, einen nicht vorhergesehenen Einnahmenüberschuss auswies.

50      Den Akten ist jedoch nicht zu entnehmen, dass die Beurteilung der für diese Maßnahmen notwendigen Ausgaben und Einnahmen angesichts der Informationen, über die der Gemeinschaftsgesetzgeber zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung Nr. 320/2006 verfügte, offensichtlich fehlerhaft gewesen wäre, wobei zu beachten ist, dass die Höhe des Überschusses kein ausreichendes Beweismittel für den Nachweis des Vorliegens eines solchen Fehlers ist.

51      Somit ist nicht zu erkennen, dass die Festlegung des befristeten Umstrukturierungsbetrags zur Erreichung des verfolgten Ziels offensichtlich ungeeignet gewesen wäre. Infolgedessen verletzen Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 und die nach diesem Artikel erfolgte Erhebung des befristeten Umstrukturierungsbetrags nicht den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

 Zur Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 im Hinblick auf die behauptete ungerechtfertigte Bereicherung der Union

52      Agrana Zucker, die Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 wegen eines Befugnis‑ und Begründungsmangels sowie wegen Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für ungültig hält, trägt vor, durch die Erhebung der zweiten Tranche des befristeten Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 werde die Union ungerechtfertigt bereichert, weshalb die Zucker erzeugenden Unternehmen die Erstattung dieser rechtswidrig erhobenen zweiten Tranche verlangen könnten.

53      Eine auf ungerechtfertigte Bereicherung der Union gegründete Erstattungsklage ist jedoch nur zulässig, wenn der Nachweis erbracht wird, dass die Union ohne wirksame Rechtsgrundlage bereichert und der Kläger im Zusammenhang mit dieser Bereicherung entreichert ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C‑47/07 P, Slg. 2008, I‑9761, Randnrn. 46 und 49).

54      Hier ergibt sich indes aus den im vorliegenden Urteil getroffenen Feststellungen, dass Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 insbesondere im Hinblick auf die Grundsätze der begrenzten Einzelermächtigung und der Verhältnismäßigkeit gültig ist und dass daher die Erhebung der zweiten Tranche des Umstrukturierungsbetrags für das Wirtschaftsjahr 2008/2009 ungeachtet der Bildung eines Überschusses des Umstrukturierungsfonds nicht einer gültigen Rechtsgrundlage entbehrt. Die Erhebung dieser Tranche bewirkt daher keine ungerechtfertigte Bereicherung der Union, die zur Begründetheit einer Erstattungsklage führen könnte, und kann jedenfalls nicht zur Beurteilung der Gültigkeit dieses Art. 11 als ihrer Rechtsgrundlage angeführt werden.

55      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass deren Prüfung nichts ergeben hat, was die Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 berühren könnte.

 Kosten

56      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Achte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 320/2006 des Rates vom 20. Februar 2006 mit einer befristeten Umstrukturierungsregelung für die Zuckerindustrie in der Europäischen Gemeinschaft und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik ist dahin auszulegen, dass der befristete Umstrukturierungsbetrag auch dann in voller Höhe zu erheben ist, wenn der befristete Umstrukturierungsfonds einen Einnahmenüberschuss ausweist.

2.      Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 11 der Verordnung Nr. 320/2006 berühren könnte.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.