Language of document : ECLI:EU:C:2012:309

SCHLUSSANTRÄGE DES GENERALANWALTS

PAOLO MENGOZZI

vom 24. Mai 2012(1)

Rechtssache C‑154/11

Ahmed Mahamdia

gegen

Demokratische Volksrepublik Algerien

(Vorabentscheidungsersuchen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg [Deutschland])

„Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen – Gerichtliche Zuständigkeit – Staatenimmunität – Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge – Rechtsstreit über die Wirksamkeit der Entlassung des Klägers, der in einem Mitgliedstaat von der Botschaft eines Drittstaats als Fahrer angestellt war – Begriff der Agentur, Zweigniederlassung oder sonstigen Niederlassung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 – In einem individuellen Arbeitsvertrag bei dessen Abschluss enthaltene Gerichtsstandsklausel – Vereinbarkeit einer solchen Klausel mit der Verordnung Nr. 44/2001“






1.        Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen wirft die Frage nach der Auslegung der Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstige Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen(2) in einem bisher nicht behandelten Kontext auf: dem eines Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Entlassung eines Arbeitnehmers, der von einem Drittstaat bei einer Botschaft dieses Staates, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats befindet, als Kraftfahrer beschäftigt wurde.

I –    Rechtlicher Rahmen

A –    Verordnung Nr. 44/2001

2.        Art. 2 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt, dass „[v]orbehaltlich der Vorschriften dieser Verordnung … Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Mitgliedstaats zu verklagen [sind]“.

3.        Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 lautet: „Hat der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, so bestimmt sich vorbehaltlich der Art. 22 und 23 die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats nach dessen eigenen Gesetzen.“

4.        Abschnitt 5 des Kapitels II der Verordnung Nr. 44/2001, der deren Art. 18 bis 21 umfasst, legt die Sonderregeln betreffend die Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge fest.

5.        Art. 18 der Verordnung Nr. 44/2001 sieht vor:

„(1)      Bilden ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens, so bestimmt sich die Zuständigkeit unbeschadet des Artikels 4 und des Artikels 5 Nummer 5 nach diesem Abschnitt.

(2)      Hat der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hätte.“

6.        Art. 19 der Verordnung Nr. 44/2001 bestimmt:

„Ein Arbeitgeber, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann verklagt werden:

1.      vor den Gerichten des Mitgliedstaats, in dem er seinen Wohnsitz hat, oder

2.      in einem anderen Mitgliedstaat:

a)      vor dem Gericht des Ortes, an dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, oder

b)      wenn der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich nicht in ein und demselben Staat verrichtet oder verrichtet hat, vor dem Gericht des Ortes, an dem sich die Niederlassung, die den Arbeitnehmer eingestellt hat, befindet bzw. befand.“

7.        Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 legt fest:

„Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden,

1.      wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder

2.      wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen.“

B –    Deutsches Recht

8.        § 38 der Zivilprozessordnung betrifft Gerichtsstandsklauseln und sieht in Abs. 2 vor, dass „die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges … ferner vereinbart werden [kann], wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland hat. Die Vereinbarung muss schriftlich abgeschlossen oder, falls sie mündlich getroffen wird, schriftlich bestätigt werden.“

II – Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

9.        Der Kläger des Ausgangsverfahrens, Herr Mahamdia, hat die algerische und die deutsche Staatsbürgerschaft. Er lebt in Berlin. Seit September 2002 ist er bei der Berliner Botschaft der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, angestellt. Zu seinen beruflichen Aufgaben gehörte es, Besucher und Mitarbeiter der Botschaft zu fahren. Er war nicht der ständige Fahrer des algerischen Botschafters in Deutschland, konnte ihn jedoch gelegentlich fahren. Er war nie unmittelbar für die Diplomatenpost zuständig, aber er konnte den Mitarbeiter fahren, dessen Aufgabe es war, sie entgegenzunehmen oder weiterzuleiten. Zwischen den Parteien des Ausgangsverfahrens ist im Übrigen streitig, ob Herr Mahamdia auch Dolmetscherdienste leistete. Das vorlegende Gericht geht gleichwohl davon aus, dass er keine Aufgaben im Zusammenhang mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse des algerischen Staates wahrgenommen hat.

10.      Der Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger des Ausgangsverfahrens und seinem Arbeitgeber, der Demokratischen Volksrepublik Algerien, war in Französisch abgefasst und enthielt bei seinem Abschluss eine Klausel, nach der die algerischen Gerichte für alle Rechtsstreitigkeiten im Rahmen dieses Vertrags ausschließlich zuständig sein sollten.

11.      Die Demokratische Volksrepublik Algerien kündigte das Arbeitsverhältnis mit Herrn Mahamdia im August 2007 zum 30. September 2007. Dieser erhob Klage beim Arbeitsgericht Berlin und beantragte, festzustellen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe, und seinen Arbeitgeber zur Zahlung einer Annahmeverzugsvergütung sowie zur vorläufigen Weiterbeschäftigung zu verurteilen. Die Demokratische Volksrepublik Algerien bestritt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte sowohl wegen der Extraterritorialität ihrer Tätigkeit als auch wegen der im Arbeitsvertrag enthaltenen Gerichtsstandsklausel. Am 2. Juli 2008 wies das Arbeitsgericht Berlin die Klage von Herrn Mahamdia unter Berufung auf die Immunität, die die Beklagte genieße, ab. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg änderte auf die bei ihm eingelegte Berufung mit Urteil vom 14. Januar 2009 das erstinstanzliche Urteil teilweise ab und entschied, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet habe. Es stellte zunächst fest, dass sich die Beklagte im Rahmen des genannten Rechtsstreits nicht auf die Staatenimmunität berufen könne. Weiter befand es, dass die im Arbeitsvertrag enthaltene Gerichtsstandsklausel jedenfalls nicht die in Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 festgelegten Voraussetzungen erfülle. Schließlich stellte es fest, dass die Botschaft der Beklagten als eine in den Anwendungsbereich von Art. 18 dieser Verordnung fallende Niederlassung behandelt werden könne.

12.      Die Demokratische Volksrepublik Algerien legte gegen das Urteil vom 14. Januar 2009 Revision ein. Am 1. Juli 2010 hob das Bundesarbeitsgericht dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache an das vorlegende Gericht, das nun im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits neu entscheiden muss. In seinem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht das vorlegende Gericht u. a. aufgefordert, die Problematik des für die Bestimmung des zuständigen Gerichts anwendbaren Rechts erneut zu prüfen und dabei den Umstand zu berücksichtigen, dass der Gerichtshof bisher nie zu der Frage Stellung genommen habe, ob die Botschaft eines Drittstaats in einem Mitgliedstaat der Union als „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstige Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 angesehen werden könne.

13.      In seinem Vorlagebeschluss führt das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg aus, dass der Demokratischen Volksrepublik Algerien keine Immunität von der Gerichtsbarkeit zuerkannt werden könne, insbesondere aufgrund der im Rahmen des Ausgangsverfahrens ergangenen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 1. Juli 2010, in der ausgeführt werde, dass arbeitsrechtliche Streitigkeiten zwischen dem Angestellten einer Botschaft, die im deutschen Hoheitsgebiet liege, und dem von ihr vertretenen Drittstaat in die Zuständigkeit der deutschen Gerichte fielen, sofern der Arbeitnehmer im Rahmen seines Arbeitsvertrags keine hoheitlichen Aufgaben dieses Drittstaats wahrgenommen habe.

14.      In einem solchen Kontext hat das Landesarbeitsgericht Berlin‑Brandenburg das Verfahren ausgesetzt und mit Vorlagebeschluss, der bei der Kanzlei des Gerichtshofs am 29. März 2011 eingegangen ist, gemäß Art. 267 AEUV dem Gerichtshof folgende zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Handelt es sich bei der in einem Mitgliedstaat gelegenen Botschaft eines Staates, der außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 44/2001 gelegen ist, um eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001?

2.      Falls der Gerichtshof die erste Frage bejaht: Kann eine vor dem Entstehen der Streitigkeit getroffene Gerichtsstandsvereinbarung die Zuständigkeit eines Gerichts außerhalb des Anwendungsbereichs der Verordnung Nr. 44/2001 begründen, wenn durch die Gerichtsstandsvereinbarung die nach den Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 begründete Zuständigkeit entfallen würde?

III – Verfahren vor dem Gerichtshof

15.      Die Beklagte des Ausgangsverfahrens, die spanische und die Schweizer Regierung sowie die Europäische Kommission haben schriftliche Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben.

IV – Rechtliche Würdigung

A –    Vorbemerkungen zur Immunität des Staates als Arbeitgeber von der Gerichtsbarkeit

16.      Bevor ich auf die beiden Vorlagefragen antworte, möchte ich mich kurz mit der Immunität von der Gerichtsbarkeit befassen, auf die sich die Demokratische Volksrepublik Algerien beruft.

17.      Die Regel, dass ein Staat vor den Gerichten eines anderen Hoheitsträgers nicht verklagt werden kann, ist eine allgemein bekannte Regel des Völkerrechts. Nach ständiger Rechtsprechung sind „die Befugnisse [der Union] … unter Beachtung des Völkerrechts auszuüben“(3), und „[b]eim Erlass eines Rechtsakts ist [die Union] verpflichtet, das gesamte Völkerrecht zu beachten, auch das … Völkergewohnheitsrecht“(4). Die Normen des Sekundärrechts sind gegebenenfalls im Licht des Völkergewohnheitsrechts auszulegen. Meines Erachtens stellt sich folglich die Frage, ob im Rahmen eines bestimmten Rechtsstreits wie dem des Ausgangsverfahrens die Problematik, ob der Staat, der Partei des Rechtsstreits ist, Immunität von der Gerichtsbarkeit genießt – eine Problematik, die im Licht der internationalen Praxis, die ich sogleich darlegen werde, geprüft wird –, Einfluss auf die Lösung der Probleme haben kann, die sich im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens in Bezug auf die Auslegung der Verordnung Nr. 44/2001 ergeben.

18.      Das vorlegende Gericht hat zum einen unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Demokratische Volksrepublik Algerien schon von Beginn des Rechtsstreits an ihre Immunität von der Gerichtsbarkeit geltend gemacht habe, und es ist ebenso unmissverständlich davon ausgegangen, dass diese Immunität im vorliegenden Fall nicht zum Tragen kommen könne. Es stützt sich auf eine nationale Rechtsprechung, nach der, um zu beurteilen, ob ein Staat im Rahmen eines Rechtsstreits über einen Arbeitsvertrag, den er geschlossen hat, seine Immunität von der Gerichtsbarkeit geltend machen kann, ermittelt werden muss, ob es sich bei den Aufgaben, die der Arbeitnehmer im Rahmen dieses Arbeitsvertrags wahrnimmt, um die Ausübung einer hoheitlichen Tätigkeit handelt. Da das vorlegende Gericht der Ansicht ist, dass der Kläger des Ausgangsverfahrens im Rahmen seines Arbeitsvertrags nur untergeordnete, im Wesentlichen technische Aufgaben erfüllt habe, ist es davon ausgegangen, dass er nicht an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse Algeriens beteiligt gewesen sei. Infolgedessen konnte der algerische Staat nach seiner Ansicht nicht seine Immunität von der Gerichtsbarkeit geltend machen.

19.      Zum anderen herrscht eine gewisse Unsicherheit hinsichtlich des Status der Staatenimmunität im Völkerrecht.

20.      Die Immunität von der Gerichtsbarkeit ist nämlich ein kaum durchschaubares, schwer vorauszusehendes und in hohem Maße von nationalen Empfindlichkeiten abhängiges Konzept. Die Würdigung des vorlegenden Gerichts ist ein weiterer richterrechtlicher Stein, der dem Gebäude der Immunitätslehre hinzugefügt wurde, da die Regelung der Staatenimmunität stark von der Rechtsprechung geprägt ist. Es gibt nur in wenigen Staaten schriftliche Rechtsinstrumente in diesem Bereich.

21.      Es ist jedoch eine nahezu allgemeine Entwicklung hin zur Verankerung einer relativen Immunität von der Gerichtsbarkeit zu beobachten, die auf der grundsätzlichen Unterscheidung zwischen Handlungen iure imperii (hoheitliche Handlungen) und Handlungen iure gestionis, die Handlungen von Privatpersonen gleichgestellt werden können, beruht. Mit anderen Worten genügt die bloße Tatsache, dass es sich in einem Verfahren bei dem Beklagten um einen Staat handelt, nicht, um ihm unmittelbar Immunität von der Gerichtsbarkeit zu verschaffen(5). Der moderne Staat tritt in vielerlei Gestalt im Rechtsleben auf und kann handeln und Rechtsbeziehungen knüpfen, ohne dabei seine Souveränität oder seine hoheitlichen Befugnisse auszuüben: Ich denke u. a. an den Staat als Handeltreibenden, aber natürlich auch an den Staat als Arbeitgeber. Weil diese unterschiedlichen Facetten der Rechtstätigkeit des Staates nicht systematisch mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse einhergehen, führen sie zu der Tendenz, eine Immunität von der Gerichtsbarkeit nicht mehr automatisch anzuerkennen. Das Bundesarbeitsgericht hat z. B. bereits entschieden, dass die Tätigkeiten eines bei der Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland angestellten Aufzugsmonteurs nicht unter die staatliche Souveränität fallen und dass deshalb für den Staat als Arbeitgeber keine Immunität von der Gerichtsbarkeit anzuerkennen ist(6). In gleicher Weise hat es in Bezug auf die Aufgaben eines bei derselben Botschaft angestellten Haustechnikers entschieden, der für die Wartung verschiedener technischer Einrichtungen einschließlich der Alarmanlage zuständig war(7), oder in Bezug auf diejenigen eines Hausmeisters(8).

22.      Diese neue Relativität erklärt sich durch die außerordentliche Macht der Immunität von der Gerichtsbarkeit, die zum Wegfall jeder Klagemöglichkeit führt und die institutionalisierte Verkörperung der Rechtsverweigerung darstellt.

23.      Allerdings ist auch anzuerkennen, dass sich nicht wirklich eine Theorie der relativen Staatenimmunität abzeichnet. Um auf den Staat als Arbeitgeber zurückzukommen, so sind die nationalen Lösungen sehr unterschiedlich, und die nationalen Gerichte stellen abwechselnd auf die Art der ausgeübten Aufgaben, das Ziel dieser Aufgaben oder die Art des Vertrags ab. Manchmal müssen diese Kriterien kumulativ gegeben sein, damit die Immunität aufgehoben wird. Die Frage der Immunität kann darüber hinaus auch unterschiedlich betrachtet werden, je nachdem, ob es sich um eine Streitigkeit betreffend die Einstellung, die Entlassung oder die Ausübung der Aufgaben selbst handelt.

24.      Diese nationalen Unterschiede sind so stark ausgeprägt, dass jede Kodifikation auf internationaler Ebene zum einen sehr schwierig durchzuführen ist(9) und zum anderen sogar Zweifel daran aufkommen lassen kann, dass es über eine unbestreitbare Tendenz hinaus eine Regel des Völkergewohnheitsrechts in diesem Bereich gibt.

25.      Die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bringt keine viel klarere Antwort. Er hat zunächst entschieden, dass „die Gewährung der souveränen Immunität an einen Staat in einem Zivilverfahren das legitime Ziel verfolgt, das Völkerrecht zu achten, um die Höflichkeit und die guten Beziehungen zwischen Staaten durch die Achtung der Souveränität eines anderen Staates zu fördern“(10), und dass „die von einer Hohen Vertragspartei getroffenen Maßnahmen, die die im Bereich der Staatenimmunität allgemein anerkannten Grundsätze des Völkerrechts widerspiegeln, nicht allgemein als unverhältnismäßige Beschränkung des Rechts auf gerichtlichen Rechtsschutz, wie es in Art. 6 Abs. 1 [der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten] verankert ist, anzusehen sind“(11).

26.      Indessen hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Urteil Cudak/Litauen(12) Veränderungen der internationalen Gemeinschaft zugunsten der Lehre von der relativen Immunität in Entlassungssachen vermerkt. In dieser Rechtssache hatte eine litauische Staatsangehörige bei der polnischen Botschaft in Vilnius als Sekretärin gearbeitet und nach ihrer Entlassung eine Schadensersatzklage vor den litauischen Gerichten erhoben. Die Republik Polen hatte sich auf ihre Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen, was zur Folge hatte, dass sich die litauischen Gerichte für unzuständig erklärten. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat hier, während er weiterhin anerkannte, dass die Immunität von der Gerichtsbarkeit einen legitimen Zweck im Sinne der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten verfolge, entschieden, dass die Reaktion der litauischen Gerichte unverhältnismäßig gewesen sei, nachdem sie überprüft hätten, dass die Klägerin keine Aufgaben wahrgenommen habe, die mit der Ausübung der Souveränität des polnischen Staates in Zusammenhang gestanden hätten(13), und kam zu dem Ergebnis, dass ein Verstoß gegen Art. 6 Abs. 1 der Konvention vorliege(14). Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat sein Urteil Cudak/Litauen mit dem Urteil Sabeh El Leil/Frankreich bestätigt(15). In beiden Fällen hat er den Stand des Rechts und der Rechtsprechung der von den Beschwerden betroffenen Staaten geprüft, um zu ermitteln, ob sie bereits Fälle von relativer Immunität zuließen, bevor er bestätigt hat, dass Art. 11 des – nicht ratifizierten – Übereinkommens von New York, der in seinem Abs. 1 den Grundsatz enthält, dass „sich ein Staat vor einem sonst zuständigen Gericht eines anderen Staates nicht auf Immunität von der Gerichtsbarkeit in einem Verfahren berufen [kann], das sich auf einen zwischen dem Staat und einer natürlichen Person geschlossenen Arbeitsvertrag bezieht, demzufolge die Arbeit ganz oder teilweise im Hoheitsgebiet dieses anderen Staates geleistet wird beziehungsweise zu leisten ist“(16), verbindlich sei, da er, so der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, das Völkergewohnheitsrecht widerspiegele. Dem unverbindlichen Charakter des Übereinkommens selbst hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte jeweils die Erwägung entgegengehalten, dass die beklagten Staaten bei der Ausarbeitung von Art. 11 keine speziellen Einwände erhoben und auch dem Übereinkommen von New York nicht widersprochen hätten(17). Diese Ausführungen werfen jedoch einige Fragen auf(18). Die nationalen Unterschiede, auf die ich oben hingewiesen habe, könnten im Übrigen für eine differenziertere Betrachtungsweise sprechen.

27.      Selbst wenn die Verpflichtung zur Beachtung der Regeln des Völkergewohnheitsrechts, sofern sie für die Auslegung der Normen des Sekundärrechts der Union maßgeblich sind, unberührt bleibt, ist somit im Licht all dieser Umstände vom ursprünglichen Standpunkt des vorlegenden Gerichts auszugehen, wonach sich die Demokratische Volksrepublik Algerien im Rahmen des Ausgangsverfahrens nicht auf ihre Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen kann, und dies umso mehr, als dieses Postulat der Wahrung des effektiven Rechtsschutzes des Klägers des Ausgangsverfahrens dienlich ist. Folglich werde ich auf die beiden Vorlagefragen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg unter Berücksichtigung des Umstands antworten, dass sie einen Rechtsstreit betreffen, in dessen Rahmen sich der beklagte Staat nicht auf seine Immunität von der Gerichtsbarkeit berufen kann.

28.      Ich schließe diese Vorbemerkungen damit, das Vorbringen der spanischen Regierung zurückzuweisen, wonach man, selbst wenn die Zuständigkeit der deutschen Gerichte im Rahmen des Ausgangsverfahrens, gegebenenfalls in Anwendung der Verordnung Nr. 44/2001, letztlich bejaht werden sollte, nicht außer Acht lassen dürfe, dass die Demokratische Volksrepublik Algerien im weiteren Verlauf ihre Immunität von der Vollstreckung geltend machen könnte, deren Zweck es gerade ist, den betreffenden Staat jedem administrativen oder gerichtlichen Zwang, der sich aus der Anwendung eines Urteils ergeben könne, zu entziehen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass diese Erwägung, die ganz und gar hypothetisch ist(19), die Würdigung der Anwendbarkeit der Verordnung Nr. 44/2001 nicht beeinflussen kann, da sie über die Frage der gerichtlichen Zuständigkeit, die sich uns stellt, hinausgeht.

29.      Nach dieser Präzisierung komme ich zur Würdigung der beiden Vorlagefragen.

B –    Zur ersten Frage

30.      Die Regeln der Verordnung Nr. 44/2001 über die gerichtliche Zuständigkeit finden nur dann Anwendung, wenn der Beklagte im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats seinen Wohnsitz hat. Ist dies nicht der Fall, bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach dem Recht der Mitgliedstaaten(20).

31.      Gleichwohl wollte der Gesetzgeber im Rahmen der Verordnung Nr. 44/2001 einen besonderen Abschnitt den Zuständigkeitsregeln für Arbeitsverträge widmen. Art. 18 Abs. 2 dieser Verordnung betrifft ausdrücklich den Fall eines Arbeitgebers, der keinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, und sieht sodann vor: „Hat der Arbeitgeber, mit dem der Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat, im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats keinen Wohnsitz, besitzt er aber in einem Mitgliedstaat eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung, so wird er für Streitigkeiten aus ihrem Betrieb so behandelt, wie wenn er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats hätte.“ Im Ausgangsverfahren stellt sich die Frage, ob die Botschaft, bei der Herr Mahamdia gearbeitet hat, als „Zweigniederlassung“, „Agentur“ oder „sonstige Niederlassung“ zum Zweck der Anwendung der besonderen Zuständigkeitsregeln im Abschnitt 5 der Verordnung Nr. 44/2001 eingestuft werden kann.

32.      Der Umstand, dass nach den Ausführungen des vorlegenden Gerichts dem algerischen Staat keine Immunität von der Gerichtsbarkeit eingeräumt werden könne, macht uns die Beurteilung dieses Gerichts deutlich. Dieses ist nämlich der Ansicht, dass der algerische Staat im Rahmen des mit Herrn Mahamdia geschlossenen Arbeitsvertrags keine hoheitlichen Befugnisse ausgeübt habe und dass Herr Mahamdia seinerseits im Rahmen seiner Aufgaben nicht an der Ausübung der staatlichen Souveränität seines Arbeitgebers mitgewirkt habe. Diese Prämisse bringt mich zu der Auffassung, dass trotz der Tatsache, dass die Tätigkeit bei einer Botschaft ausgeübt wurde, bei der es sich unbestreitbar um eine Emanation des algerischen Staates handelt, dieser Staat selbst, soweit er keine hoheitlichen Aufgaben ausführt, jedem beliebigen privaten Arbeitgeber gleichgestellt werden kann. Mit anderen Worten kann meines Erachtens die Anwendung der Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 nicht allein daran scheitern, dass der Arbeitnehmer bei einer Botschaft eines Drittstaats tätig war. Somit bleibt zu klären, ob diese Botschaft der Definition der Begriffe „Zweigniederlassung“, Agentur“ oder „sonstige Niederlassung“ im Sinne der genannten Verordnung entspricht.

33.      Zwar verweist die Verordnung mehrmals auf diese drei Begriffe(21), doch enthält sie keine ausdrückliche Definition dafür.

34.      Außerdem macht die Struktur der Verordnung Nr. 44/2001 deutlich, dass die Zuständigkeitsregeln in den Art. 18 ff. der Verordnung als lex specialis fungieren und Ausnahmen von dem Grundsatz darstellen, dass die in der Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitsregeln nur Anwendung finden, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat. Sie führen ganz offensichtlich dazu, den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 auszudehnen. Ihr Charakter als Spezialregelung würde daher dafür sprechen, sie restriktiv auszulegen(22).

35.      Diese Auslegung anhand des Wortlauts und der Systematik muss jedoch notwendigerweise mit der teleologischen Auslegung des Art. 18 der Verordnung Nr. 44/2001 in Einklang gebracht werden. Im Bereich der individuellen Arbeitsverträge wird aber das Ziel verfolgt, „die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften [zu schützen], die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung“(23), indem die Zahl der Fälle erhöht wird, in denen der Arbeitnehmer die Möglichkeit hat, seinen Arbeitgeber vor Gerichten zu verklagen, die für ihn näher, vertrauter sind. Der Gerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass in diesem Bereich die Auslegung des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen)(24) „die Zielsetzung zu berücksichtigen hat, dem Arbeitnehmer als der sozial schwächeren Partei einen angemessenen Schutz zu gewährleisten“(25). Somit sind auch die in Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 verwendeten Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ und „sonstige Niederlassung“ im Licht dieser besonderen Zielsetzung auszulegen.

36.      Außerdem hat der Gerichtshof bei der Auslegung von Art. 5 Nr. 5 des Brüsseler Übereinkommens, der, wenn auch in einem anderen Kontext, ebenfalls eine Ausnahmebestimmung im Bereich der Zuständigkeit enthielt, und zwar für „Streitigkeiten aus dem Betrieb einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder sonstigen Niederlassung“, wie folgt entschieden: „Das Bestreben, die Rechtssicherheit und die Gleichheit der Rechte und Pflichten der Parteien im Hinblick auf die Möglichkeit der Abweichung von der allgemeinen Zuständigkeitsvorschrift … zu gewährleisten, gebietet sonach eine autonome und damit allen Vertragsstaaten gemeinsame Auslegung der in Art. 5 Nr. 5 des Übereinkommens aufgeführten Begriffe …“(26) Dies muss für die Auslegung, die somit autonom erfolgen muss, der Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstige Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 entsprechend gelten.

37.      Diese Begriffe sind nur sehr selten in den Rechtsvorschriften definiert. Meines Wissens könnte nur das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität ihren Sinn geringfügig erläutern, in dessen Art. 7 es klar heißt: „Ein Vertragsstaat kann vor einem Gericht eines anderen Vertragsstaats Immunität von der Gerichtsbarkeit nicht beanspruchen, wenn er im Gerichtsstaat ein Büro, eine Agentur oder eine andere Niederlassung hat, durch die er auf die gleiche Weise wie eine Privatperson eine gewerbliche, kaufmännische oder finanzielle Tätigkeit ausübt, und wenn das Verfahren diese Tätigkeit des Büros, der Agentur oder der Niederlassung betrifft.“(27)

38.      Man muss also die Rechtsprechung des Gerichtshofs heranziehen. Zuvor ist klarzustellen, dass der Gerichtshof die Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ und „sonstige Niederlassung“ nur im Kontext des Brüsseler Übereinkommens ausgelegt hat und noch nie in Zusammenhang mit einem Rechtsstreit über einen Arbeitsvertrag.

39.      Im Urteil De Bloos(28) hat der Gerichtshof den ersten Versuch einer Definition dieser Begriffe unternommen. Er hat bei dieser Gelegenheit bekräftigt, dass „Zweigniederlassung und Agentur … unter anderem wesentlich dadurch charakterisiert [sind], dass sie der Aufsicht und Leitung des Stammhauses unterliegen“(29), und dass der „Begriff ‚Niederlassung‘ nach dem Geist des Übereinkommens die gleichen Wesensmerkmale aufweist wie die Begriffe Zweigniederlassung und Agentur“(30).

40.      In der Folgezeit hat der Gerichtshof nähere Erläuterungen gegeben. Im Urteil Somafer(31) hat er ausgeführt: „Da die erwähnten Begriffe die Möglichkeit eröffnen, von dem allgemeinen Zuständigkeitsprinzip … abzuweichen, muss durch ihre Auslegung die diese Abweichung rechtfertigende besondere Verknüpfung ohne Schwierigkeiten nachgewiesen werden können.“(32) Er hat hinzugefügt: „Diese spezielle Verknüpfung bezieht sich in erster Linie auf die äußeren Merkmale, anhand deren das Bestehen einer Zweigniederlassung, einer Agentur oder einer sonstigen Niederlassung leicht festgestellt werden kann, und sodann auf das Verhältnis zwischen der so lokalisierten Einheit und dem Gegenstand des Rechtsstreits, der gegen das in einem anderen Vertragsstaat errichtete Stammhaus geführt wird.“(33) Hinsichtlich des ersten Punkts hat der Gerichtshof präzisiert, dass „mit dem Begriff der Zweigniederlassung, der Agentur oder der sonstigen Niederlassung ein Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gemeint [ist], der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt, eine Geschäftsführung hat und sachlich so ausgestattet ist, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese, obgleich sie wissen, dass möglicherweise ein Rechtsverhältnis mit dem im Ausland ansässigen Stammhaus begründet wird, sich nicht unmittelbar an dieses zu wenden brauchen, sondern Geschäfte an dem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit abschließen können, der dessen Außenstelle ist“(34). Zum zweiten Punkt hat der Gerichtshof entschieden, dass es „außerdem erforderlich [ist], dass sich der Gegenstand des Rechtsstreits auf den Betrieb der Zweigniederlassung, der Agentur oder der sonstigen Niederlassung bezieht“(35), und dass „[u]nter den Begriff ‚aus dem Betrieb‘ zum einen die Rechtsstreitigkeiten [fallen], in denen es um vertragliche oder außervertragliche Rechte und Pflichten in Bezug auf die eigentliche Führung der Agentur, der Zweigniederlassung oder der sonstigen Niederlassung selbst geht, wie etwa die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Vermietung des Grundstücks, auf dem die genannten Einheiten errichtet sind, oder mit der am Ort vorgenommenen Einstellung des dort beschäftigten Personals“(36).

41.      Schließlich hat der Gerichtshof in den Urteilen Blanckaert & Willems(37) und SAR Schotte(38) präzisiert, dass eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung „aus der Sicht eines Dritten leicht erkennbar als Außenstelle eines Stammhauses hervortreten muss“(39) und dass die „enge Verknüpfung zwischen der Klage und dem zur Entscheidung hierüber berufenen Gericht … auch unter Berücksichtigung der Art und Weise [zu beurteilen ist], wie sich diese beiden Unternehmen im Geschäftsleben verhalten und wie sie sich Dritten gegenüber in ihren Handelsbeziehungen darstellen“(40).

42.      Zu klären bleibt, ob und in welcher Weise die Botschaft eines Drittstaats dieser gerichtlichen Definition der Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ und „Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 entsprechen kann.

43.      Zunächst ist unstreitig, dass sich die genannten Begriffe auf Einheiten ohne Rechtspersönlichkeit beziehen(41). Die Botschaft hat als Organ des Staates, den sie vertritt, in der Tat keine Rechtspersönlichkeit. Dies wird insbesondere dadurch belegt, dass der Arbeitnehmer im Ausgangsverfahren seine Klage gegen den algerischen Staat und nicht gegen die Botschaft als solche gerichtet hat.

44.      Weiter stellt sich die Frage, ob diese Begriffe ausschließlich mit Einheiten verbunden sind, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, wobei die vorhandene Rechtsprechung des Gerichtshofs einen in diese Richtung gehenden Standpunkt deutlich erkennen lässt. Allerdings darf nicht vergessen werden, dass die oben aufgeführten Urteile des Gerichtshofs die Auslegung von Art. 5 Nr. 5 des Brüsseler Übereinkommens betrafen, dessen telos sich deutlich von dem des Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 unterscheidet, da die erstgenannte Vorschrift nicht speziell auf Rechtsstreitigkeiten, die einen Arbeitsvertrag betreffen, zugeschnitten ist. Dieser fundamentale Unterschied spricht meines Erachtens für eine aktualisierte und angepasste Auslegung dieser Begriffe.

45.      Die Aufgaben einer Botschaft als diplomatischer Mission sind in Art. 3 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen vom 18. April 1961 festgelegt. Nach diesem Artikel bestehen sie darin, den Entsendestaat im Empfangsstaat zu vertreten, die Interessen des Staates, den sie vertritt, im Empfangsstaat zu schützen, mit der Regierung des Empfangsstaats zu verhandeln, sich über Verhältnisse und Entwicklungen im Empfangsstaat zu unterrichten oder freundschaftliche Beziehungen zwischen Entsendestaat und Empfangsstaat zu fördern und ihre wirtschaftlichen, kulturellen und wissenschaftlichen Beziehungen auszubauen. Genau genommen können die Aufgaben einer Botschaft nicht als „wirtschaftlich“ eingestuft werden, aber ihre eventuellen Verflechtungen mit diesem Bereich lassen sich auch nicht völlig ausblenden.

46.      Auf alle Fälle sollte bei den Begriffen „Agentur“ „Zweigniederlassung“ oder „Niederlassung“ nicht gefordert werden, dass sie zwangsläufig an eine wirtschaftliche Tätigkeit anknüpfen, sondern eher, dass sie Gebilde bezeichnen, die wie eine Privatperson auftreten. Das spezielle mit Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 verfolgte Ziel spricht dafür, zumal der Wortlaut dieses Artikels nicht ausdrücklich eine solche Beschränkung enthält. Um das Beispiel aufzugreifen, das die Kommission in ihren schriftlichen Erklärungen anführt: Müsste man die Auslegung dieser Begriffe auf bloße Handels- oder Finanzgeschäfte beschränken, könnten die Arbeitnehmer einer nichtstaatlichen Organisation mit Sitz in einem Drittstaat, die einer in einem Mitgliedstaat liegenden Abteilung dieser Organisation zugewiesen sind, weder den höheren Schutz in Anspruch nehmen, den ihnen die Verordnung Nr. 44/2001 grundsätzlich bietet, noch sich auf Art. 18 Abs. 2 dieser Verordnung berufen; sie könnten somit nicht in den Genuss der Anwendung des Unionsrechts im Bereich der Zuständigkeit kommen, da ihr Arbeitgeber nicht im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats niedergelassen ist.

47.      Nachdem dieses erste Hindernis für die Anwendung der Begriffe „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 beseitigt ist, bleibt noch zu prüfen, ob eine Botschaft genügend äußere Merkmale aufweist, anhand deren ihr Bestehen festgestellt werden kann (erstes dem Urteil Somafer entnommenes Kriterium), und die Verknüpfung zu untersuchen, die zwischen der Botschaft und dem Gegenstand des gegen den algerischen Staat gerichteten Rechtsstreits hergestellt werden kann (zweites dem Urteil Somafer entnommenes Kriterium).

48.      Was das erste Kriterium betrifft, so kann die Botschaft einem Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gleichgestellt werden, der auf Dauer als Außenstelle eines Stammhauses hervortritt. Die Botschaft trägt zur Identifikation und zur Vertretung des Entsendestaats in dem Staat bei, in dessen Hoheitsgebiet sie sich befindet. Sie ist offensichtlich seine Außenstelle. Sie ist selbstverständlich materiell ausgestattet. Sie wird zudem vom Botschafter geleitet, dessen Rolle sich nicht auf die eines gewöhnlichen Vermittlers ohne Handlungs- oder Entscheidungsbefugnis reduzieren lässt. Zwar finden die Aktivitäten der Botschaft in enger Zusammenarbeit mit der Zentralregierung statt, doch verfügt sie in einer Reihe von Bereichen über einen größeren Gestaltungsspielraum, z. B. bei der Führung ihres Technik- oder Servicepersonals, insbesondere der Vertragsangestellten.

49.      Was das zweite Kriterium betrifft, so liegt auf der Hand, dass der Gegenstand des Ausgangsverfahrens, in das der algerische Staat einbezogen ist, einen ausreichenden Zusammenhang mit der Botschaft aufweist. Die Botschaft der Demokratischen Volksrepublik Algerien in Berlin ist der Ort, an dem Herr Mahamdia(42) eingestellt wurde, der Ort, an dem er seine Tätigkeit ausgeübt hat, beurteilt wurde und gegebenenfalls der Disziplinargewalt seines Arbeitgebers unterlag. Der Gerichtshof hat aber bereits entschieden, dass Streitsachen betreffend den Betrieb einer Agentur, einer Zweigniederlassung oder einer Niederlassung die Streitsachen einschließen, die die Einstellung vor Ort des dort tätigen Personals betreffen(43).

50.      Schließlich bin ich entgegen möglicherweise andernorts zu findender Auffassungen nicht der Ansicht, dass das Ausgangsverfahren seinen internationalen Charakter dadurch verliert, dass der algerische Staat in diesem konkreten Kontext, da seine Botschaft in Deutschland liegt, als im Hoheitsgebiet desselben Mitgliedstaats ansässig gilt wie Herr Mahamdia(44). Zum einen wird die Verordnung Nr. 44/2001 durch die fiktive Bestimmung des Wohnsitzes des Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats anwendbar. Doch kann der ursprünglich internationale Charakter des Rechtsstreits durch diese rechtliche Fiktion nicht völlig verdeckt werden. Zum anderen würde, wenn man die Ansicht verträte, dass sich in dem Rechtsstreit nach Anwendung der rechtlichen Fiktion weiterhin zwei in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässige Parteien gegenüberstehen müssen, dies darauf hinauslaufen, eine zusätzliche Voraussetzung für die Anwendung der besonderen Zuständigkeitsregeln aufzustellen und, meines Erachtens in erheblichem Maß, ihre Tragweite zu reduzieren(45), oder sich sogar als Verstoß gegen den Schutzzweck erweisen, den der Unionsgesetzgeber bei der Abfassung der Art. 18 ff. der Verordnung Nr. 44/2001 verfolgte. Der Gerichtshof scheint im Übrigen noch nicht in diesem Sinne entschieden zu haben(46).

51.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die erste Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 18 Abs. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen ist, dass die Botschaft eines Drittstaats in einem Mitgliedstaat im Rahmen eines Rechtsstreits wegen eines Arbeitsvertrags, den die Botschaft in ihrer Eigenschaft als Vertreterin des Entsendestaats geschlossen hat, einer „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstigen Niederlassung“ gleichzustellen ist, wenn der Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingestellt worden ist und dort seine Aufgaben wahrgenommen hat, es sei denn, dass diese Aufgaben mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse des Entsendestaats in Verbindung stehen.

C –    Zur zweiten Frage

52.      Mit seiner zweiten Frage möchte das Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 einer bei Vertragsschluss in einem Arbeitsvertrag enthaltenen Klausel entgegensteht, mit der die Zuständigkeit für alle Rechtsstreitigkeiten betreffend diesen Vertrag den Gerichten eines Drittstaats zugewiesen wird, obwohl sowohl der Arbeitnehmer als auch der Arbeitgeber in demselben Mitgliedstaat ansässig sind oder als ansässig gelten und sich auch der Arbeitsort in diesem Mitgliedstaat befindet. Diese Frage stellt sich selbstverständlich nur dann, wenn der Gerichtshof entscheiden sollte, dass das Ausgangsverfahren in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 fällt und, wie ich vorgeschlagen habe, die Botschaft einer „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstigen Niederlassung“ im Sinne von Art. 18 Abs. 2 dieser Verordnung gleichgestellt werden kann.

53.      Einleitend ist an die Rechtsprechung des Gerichtshofs zu erinnern, wonach „die Feststellung, dass einem Drittstaat keine Verpflichtung aufgebürdet wird, wenn das Gericht eines [Mitgliedstaats] aufgrund des Wohnsitzes des Beklagten im Hoheitsgebiet dieses Staates – selbst in einem Rechtsstreit, der wegen seines Gegenstands oder des Wohnsitzes des Klägers zumindest teilweise einen Bezug zu einem Drittstaat aufweist – als zuständiges Gericht bestimmt wird“(47). Im Rahmen des Ausgangsverfahrens würde die eventuelle Bestimmung der deutschen Gerichte als für die Entscheidung dieses Rechtsstreits zuständige Gerichte für sich genommen nicht dazu führen, dem Nicht-Mitgliedstaat eine Verpflichtung aufzubürden. Im Rahmen des vorliegenden Vorabentscheidungsersuchens haben wir es nämlich nicht mit dem Staat als juristische Person des öffentlichen Rechts, die mit Hoheitsgewalt ausgestattet ist, zu tun, sondern mit dem Staat, der als Arbeitgeber im Rahmen der Wahrnehmung einer nicht hoheitlichen Aufgabe handelt. Die Bestimmung der für die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits zuständigen Gerichte anhand der Regeln der Verordnung Nr. 44/2001 wäre gegebenenfalls bindend für Letzteren als Arbeitgeber, nicht aber als Rechtssubjekt, das eine hoheitliche Aufgabe erfüllt.

54.      Um auf die zweite Frage zurückzukommen: Die Voraussetzungen, unter denen rechtsgültig von den in den Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 festgelegten Regeln abgewichen werden kann, sind in Art. 21 dieser Verordnung aufgeführt. Nach diesem Artikel, der auch zu dem speziellen Abschnitt gehört, den der Gesetzgeber den Individualarbeitsverträgen gewidmet hat, sind Abweichungen nur in Form einer Vereinbarung zulässig. Außerdem muss diese Vereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit getroffen worden sein (Art. 21 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001) oder dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumen, andere Gerichte anzurufen als diejenigen, die in den Art. 18 und 19 genannt sind (Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001).

55.      Es ist unstreitig, dass die Klausel, nach der die algerischen Gerichte zuständig sein sollen, ab initio im Vertrag zwischen dem Kläger des Ausgangsverfahrens und seinem Arbeitgeber enthalten war. Sie erfüllt somit nicht die in Art. 21 Nr. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellte Voraussetzung.

56.      Nach dem Wortlaut dieses Artikels und insbesondere wegen der Verwendung der Konjunktion „oder“ ist anzuerkennen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, selbst wenn sie vor der Entstehung des Rechtsstreits getroffen wurde, gleichwohl mit diesem Artikel im Einklang stehen kann, wenn sie dem Arbeitnehmer erlaubt, andere Gerichte als diejenigen anzurufen, die in Anwendung der Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständig wären.

57.      Vereinbaren zwei Vertragsparteien, die in demselben Mitgliedstaat ansässig sind oder als ansässig gelten, die Zuständigkeit der Gerichte eines Drittstaats für die Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten über den von ihnen geschlossenen Arbeitsvertrag(48), während sich der Arbeitsort ebenfalls in dem genannten Mitgliedstaat befindet, dürfen die Besonderheit dieses Vertragstyps sowie das besondere Schutzniveau, dessen ein Arbeitnehmer bedarf, nicht aus den Augen verloren werden. Die Zulässigkeit einer solchen Klausel ist im Licht des speziellen mit den Art. 18 ff. der Verordnung Nr. 44/2001 verfolgten Ziels zu beurteilen. Es scheint mir daher auf der Hand zu liegen, dass die genannte Klausel zu diesem Zweck dem Arbeitnehmer eine Wahlmöglichkeit einräumen muss: die des Gerichts, das er in seiner Sache anruft.

58.      Wie die Schweizer Regierung und die Kommission meines Erachtens zutreffend vorgeschlagen haben, ist Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 dahin auszulegen, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung, die vor Entstehung des Rechtsstreits getroffen wurde, mit diesem Artikel vereinbar ist, wenn sie dem Arbeitnehmer erlaubt, zusätzlich zu den normalerweise nach den Sonderregeln der Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständigen Gerichte andere Gerichte anzurufen. Die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Klausel erlaubt aber nur die Anrufung der algerischen Gerichte und versetzt Herrn Mahamdia, der die schwächere, eines besonderen Schutzes bedürfende Partei ist, nicht in eine Position, in der er das Gericht, das er in seiner Sache anruft, wählen kann.

59.      Eine solche Auslegung steht im Einklang mit der im Rahmen des Jenard-Berichts(49) vorgenommenen Analyse der Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens, die einen mit Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 vergleichbaren Inhalt haben, auch wenn sie die Arbeitnehmer nicht direkt betreffen. In diesem Bericht wird zu Art. 12 Nr. 2(50) des genannten Übereinkommens ausgeführt, dass die Begrenzung von Gerichtsstandsvereinbarungen den Zweck hatte, „den Parteien zu verbieten, dass sie das Wahlrecht, das … in diesem Übereinkommen gewährt wird, einschränken“(51). Weiter wird ausgeführt, dass solche vor dem Entstehen der Streitigkeit geschlossene Gerichtsstandsvereinbarungen nur „zugunsten“(52) der Partei zulässig sind, die als die schwächere gilt. Der Gerichtshof war im Übrigen stets der Ansicht, insbesondere in Bezug auf Arbeitnehmer, dass „für die Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit das Bestreben gilt, jener Partei, die in sozialer Hinsicht als die schwächere anzusehen ist, einen angemessenen Schutz zu gewähren“(53).

60.      Unter diesen Umständen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zweite Vorlagefrage zu antworten, dass das vorlegende Gericht, um sicherzustellen, dass eine im Rahmen eines Arbeitsvertrags vor Entstehung der Streitigkeit vereinbarte Gerichtsstandsklausel mit Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar ist, sich vergewissern muss, dass die genannte Klausel dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einräumt, außer den Gerichten, die normalerweise nach den Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständig sind, andere Gerichte anzurufen, und ihm somit eine Wahlmöglichkeit verschafft.

V –    Ergebnis

61.      Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die zwei Vorlagefragen des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg wie folgt zu antworten:

1.      Art. 18 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass die Botschaft eines Drittstaats in einem Mitgliedstaat im Rahmen eines Rechtsstreits wegen eines Arbeitsvertrags, den die Botschaft in ihrer Eigenschaft als Vertreterin des Entsendestaats geschlossen hat, einer „Agentur“, „Zweigniederlassung“ oder „sonstigen Niederlassung“ gleichzustellen ist, wenn der Arbeitnehmer im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats eingestellt worden ist und dort seine Aufgaben wahrgenommen hat, es sei denn, dass diese Aufgaben mit der Ausübung hoheitlicher Befugnisse des Entsendestaats in Verbindung stehen.

2.      Um sicherzustellen, dass eine im Rahmen eines Arbeitsvertrags vor Entstehung der Streitigkeit vereinbarte Gerichtsstandsklausel mit Art. 21 Nr. 2 der Verordnung Nr. 44/2001 vereinbar ist, muss sich das vorlegende Gericht vergewissern, dass die genannte Klausel dem Arbeitnehmer die Möglichkeit einräumt, außer den Gerichten, die normalerweise nach den Art. 18 und 19 der Verordnung Nr. 44/2001 zuständig sind, andere Gerichte anzurufen, und ihm somit eine Wahlmöglichkeit verschafft.


1 –      Originalsprache: Französisch.


2 –      ABl. 2001, L 12, S. 1.


3 –      Urteil vom 24. November 1992, Poulsen und Diva Navigation (C‑286/90, Slg. 1992, I‑6019).


4 –      Urteil vom 21. Dezember 2011, Air Transport Association of America u. a. (C‑366/10, Slg. 2011, I‑13755, Randnr. 101 und die dort angeführte Rechtsprechung).


5 – Lehre von der absoluten Immunität.


6 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20. Oktober 1997, 2 AZR 631/96, BAGE 87, 144‑153.


7 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Februar 2005, 9 AZR 116/04, BAGE 113, 327‑342.


8 – Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2007, 3 AZB 17/07.


9 – Das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität ist im Rahmen des Europarats ausgearbeitet und in Basel (Schweiz) am 16. Mai 1972 für die Staaten zur Unterzeichnung aufgelegt worden. Art. 5 dieses Übereinkommens regelt die Fälle, in denen ein Staat im Rahmen eines Verfahrens, das einen Arbeitsvertrag betrifft, Immunität von der Gerichtsbarkeit beanspruchen kann. Bis heute ist es nur von acht Staaten ratifiziert worden. Außerdem hat die Generalversammlung der Vereinten Nationen im Dezember 2004 das Übereinkommen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit (im Folgenden: Übereinkommen von New York) verabschiedet, das seit dem 17. Januar 2005 für die Staaten zur Unterzeichnung aufliegt. Sein Art. 11 ist den Arbeitsverträgen gewidmet. Das Übereinkommen über die Immunität der Staaten und ihres Vermögens von der Gerichtsbarkeit zählt heute 28 Unterzeichnerstaaten, darunter 13 Vertragsstaaten, ist aber nicht in Kraft.


10 – Urteil des EGMR vom 21. November 2001, Fogarty/Vereinigtes Königreich, Recueil des arrêts et décisions 2001-XI (§ 34). Vgl. auch Urteile des EGMR Al‑Adsani/Vereinigtes Königreich vom 21. November 2001, Recueil des arrêts et décisions 2001-XI (§ 54), Cudak/Litauen vom 23. März 2010, Recueil des arrêts et décisions 2010 (§ 60), und Sabeh El Leil/Frankreich vom 29. Juni 2011 (Beschwerde Nr. 34869/05, § 52).


11 – Urteile des EGMR Fogarty/Vereinigtes Königreich, oben in Fn. 10 angeführt, § 36, Cudak/Litauen, oben in Fn. 10 angeführt, § 57, und Sabeh El Leil/Frankreich, oben in Fn. 10 angeführt, § 49.


12 –      Oben in Fn. 10 angeführt.


13 – EGMR, Urteil Cudak/Litauen, oben in Fn. 10 angeführt, § 70.


14 – EGMR, Urteil Cudak/Litauen, oben in Fn. 10 angeführt, § 75.


15 –      Oben in Fn. 10 angeführt.


16 – Art. 11 Abs. 2 des Übereinkommens von New York (in Fn. 9 der vorliegenden Schlussanträge angeführt) fügt dem in Abs. 1 aufgestellten Grundsatz eine Reihe von Ausnahmen hinzu, insbesondere in dem Fall, dass der Arbeitnehmer eingestellt worden ist, um bestimmte Aufgaben in Ausübung von Hoheitsgewalt zu erfüllen (Art. 11 Abs. 2 Buchst. a dieses Übereinkommens), oder ein Diplomat, ein Konsularbeamter oder eine Person ist, die selbst diplomatische Immunität genießt (Art. 11 Abs. 2 Buchst. b Ziff. i, ii und iv des genannten Übereinkommens).


17 – Vgl. Urteile des EGMR Cudak/Litauen (§ 66) und Sabeh El Leil/Frankreich (§ 57).


18 – Zur Frage der Verbindlichkeit einer Bestimmung eines nicht ratifizierten Vertrags verweise ich auf die zustimmende Meinung des Richters Cabral Barreto in dieser Rechtssache.


19 – Die Frage der Immunität von der Vollstreckung würde sich nämlich nur unter der doppelten Voraussetzung stellen, dass die deutschen Gerichte die Klage im Ausgangsverfahren als begründet ansehen würden und der algerische Staat es ablehnen würde, die infolgedessen ergehende Gerichtsentscheidung umzusetzen.


20 –      Vgl. Art. 4 der Verordnung Nr. 44/2001.


21 – Vgl. Art. 5 Abs. 5, Art. 9 Abs. 2, Art. 15 Abs. 2 sowie natürlich Art. 18 der Verordnung Nr. 44/2001.


22 – Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass „die [in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen] besonderen Zuständigkeitsvorschriften … strikt auszulegen [sind]; eine Auslegung über die ausdrücklich in der Verordnung Nr. 44/2001 vorgesehenen Fälle hinaus ist unzulässig“ (Urteil vom 22. Mai 2008, Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline, C‑462/06, Slg. 2008, I‑3965, Randnr. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).


23 –      Vgl. den 13. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 44/2001.


24 –      ABl. 1998, C 27, S. 1 (konsolidierte Fassung).


25 –      Vgl. Urteile vom 26. Mai 1982, Ivenel (133/81, Slg. 1982, 1891, Randnr. 14), vom 13. Juli 1993, Mulox IBC (C‑125/92, Slg. 1993, I‑4075, Randnr. 18), vom 9. Januar 1997, Rutten (C‑383/95, Slg. 1997, I‑57, Randnr. 17), und vom 10. April 2003, Pugliese (C‑437/00, Slg. 2003, I‑3573, Randnr. 18).


26 –      Urteil vom 22. November 1978, Somafer (33/78, Slg. 1978, 2183, Randnr. 8).


27 – Basler Übereinkommen, oben in Fn. 9 angeführt.


28 –      Urteil vom 6. Oktober 1976 (14/76, Slg. 1976, 1497).


29 –      Ebd. (Randnr. 20).


30 –      Ebd. (Randnr. 21).


31 –      Oben in Fn. 26 angeführt.


32 –      Urteil Somafer, oben in Fn. 26 angeführt (Randnr. 11).


33 –      Ebd.


34 –      Ebd. (Randnr. 12).


35 –      Ebd. (Randnr. 13).


36 –      Ebd.


37 – Urteil vom 18. März 1981, Blanckaert &Willems (139/80, Slg. 1981, 819).


38 –      Urteil vom 9. Dezember 1987, SAR Schotte (218/86, Slg. 1987, 4905).


39 – Urteil Blanckaert & Willems, oben in Fn. 37 angeführt (Randnr. 12).


40 –      Urteil SAR Schotte, oben in Fn. 38 angeführt (Randnr. 16).


41 –      Vgl. Gutachten 1/03 vom 7. Februar 2006 (Slg. 2006, I‑1145, Randnr. 150).


42 – Ich erinnere daran, dass dieser Arbeitnehmer nicht Teil des aus Algerien stammenden Personals ist, dass er die algerische und die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt und dass er in Berlin, wo er wohnt, eingestellt worden ist.


43 –      Urteil Somafer, oben in Fn. 26 angeführt (Randnr. 13).


44 – Vgl. zu Art. 13 des Brüsseler Übereinkommens, der die Voraussetzungen vorsah, unter denen eine beruflich oder gewerblich tätige Person für Klagen aus einem Vertrag, den ein Verbraucher geschlossen hatte, als in einem Mitgliedstaat ansässig angesehen werden konnte, obwohl er in einem Drittstaat ansässig war, Nrn. 58 ff. der Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in der Rechtssache, in der das Urteil vom 19. Januar 1993, Shearson Lehman Hutton (C‑89/91, Slg. 1993, I‑139), erging, sowie Nrn. 24 ff. der Schlussanträge von Generalanwalt Darmon in der Rechtssache, in der das Urteil vom 15. September 1994, Brenner und Noller (C‑318/93, Slg. 1994, I‑4275), erging.


45 – Dies würde nämlich auf den speziellen Fall eines Arbeitsvertrags abzielen, der zwischen einem Arbeitnehmer mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat und einem Arbeitgeber mit Wohnsitz in einem Drittstaat geschlossen wurde, und unter der Voraussetzung stehen, dass die Tätigkeit des Arbeitnehmers einen Zusammenhang mit einer Agentur, einer Zweigniederlassung oder einer sonstigen Niederlassung seines Arbeitgebers aufweist, unter dem Vorbehalt, dass diese Agentur, Zweigniederlassung oder sonstige Niederlassung ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Wohnsitzstaat des Arbeitnehmers hat.


46 – Obwohl Generalanwalt Darmon zu diesem Punkt Stellung genommen hatte, hat der Gerichtshof in seinem Tenor nicht ausgeführt, dass für die Anwendung der rechtlichen Fiktion, die in Art. 13 des Brüsseler Übereinkommens vorgesehen ist, der Beklagte seinen Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben muss als der Kläger (vgl. Randnr. 18 und Tenor des Urteils Brenner und Noller).


47 –      Urteil vom 1. März 2005, Owusu (C‑281/02, Slg. 2005, I‑1383, Randnr. 31).


48 – Im Gegensatz zu dem am 19. Juni 1980 in Rom zur Unterzeichnung aufgelegten Übereinkommen über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (ABl. L 266, S. 1) und zur Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. L 177, S. 6) enthält die Verordnung Nr. 44/2001 keine Vorschrift, in der ihr allgemeiner Charakter niedergelegt ist und ausdrücklich anerkannt wird, dass die Anwendung der in ihr enthaltenen Regeln dazu führen kann, dass Gerichte von Drittstaaten für zuständig erklärt werden.


49 –      Bericht von P. Jenard zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (ABl. 1979, C 59, S. 1).


50 –      Dieser lautet: „Von den Vorschriften dieses Abschnitts kann im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden: … wenn sie dem Versicherungsnehmer, Versicherten oder Begünstigten die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen …“


51 – Jenard-Bericht, oben in Fn. 49 angeführt (S. 33).


52 –      Ebd.


53 –      Oben in Fn. 25 angeführte Urteile Ivenel (Randnr. 16), Rutten (Randnr. 22), Mulox IBC (Randnr. 18) und Pugliese (Randnr. 18).