Language of document : ECLI:EU:C:2015:161

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

10. März 2015(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs – Marken – Richtlinie 2008/95/EG – Art. 5 Abs. 1 – Begriff ‚Dritter‘ – Inhaber einer jüngeren Marke“

In der Rechtssache C‑491/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Juzgado de lo Mercantil n° 3 de Madrid (Spanien) mit Entscheidung vom 26. März 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 5. November 2014, in dem Verfahren

Rosa dels Vents Assessoria SL

gegen

U Hostels Albergues Juveniles SL

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwalt: M. Wathelet,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund der nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Entscheidung, gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden,

folgenden

Beschluss

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl. L 299, S. 25).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Rosa dels Vents Assessoria SL (im Folgenden: Rosa dels Vents) und der U Hostels Albergues Juveniles SL (im Folgenden: U Hostels) wegen einer Klage, die Rosa dels Vents in ihrer Eigenschaft als Markeninhaberin erhoben hat, und die auf das Verbot, die Unterlassung und die Einstellung der Benutzung einer jüngeren Marke durch deren Inhaberin U Hostels gerichtet ist.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

3        In Art. 4 der Richtlinie 2008/95 heißt es:

„(1)      Eine Marke ist von der Eintragung ausgeschlossen oder unterliegt im Falle der Eintragung der Ungültigerklärung:

a)      wenn sie mit einer älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet oder eingetragen worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt;

b)      wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)      ‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind

a)      Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Marke, …

…“

4        Art. 5 Abs. 1 dieser Richtlinie bestimmt:

„Die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)      ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)      ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, die die Gefahr einschließt, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

5        Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie lautet:

„Hat in einem Mitgliedstaat der Inhaber einer älteren Marke im Sinne von Artikel 4 Absatz 2 die Benutzung einer jüngeren eingetragenen Marke in diesem Mitgliedstaat während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund der älteren Marke weder die Ungültigerklärung der jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Marke bösgläubig vorgenommen worden ist.“

6        In Art. 8 der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) heißt es:

„(1)      Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

a)      wenn sie mit der älteren Marke identisch ist und die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, mit den Waren oder Dienstleistungen identisch sind, für die die ältere Marke Schutz genießt;

b)      wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

(2)      ‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind

a)      Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, …

…“

7        Art. 9 Abs. 1 dieser Verordnung bestimmt:

„Die Gemeinschaftsmarke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches Recht. Dieses Recht gestattet es dem Inhaber, Dritten zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)      ein mit der Gemeinschaftsmarke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)      ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Gemeinschaftsmarke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Gemeinschaftsmarke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird;

…“

8        In Art. 53 Abs. 1 der Verordnung heißt es:

„Die Gemeinschaftsmarke wird auf Antrag beim [Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM)] oder auf Widerklage im Verletzungsverfahren für nichtig erklärt,

a)      wenn eine in Artikel 8 Absatz 2 genannte ältere Marke besteht und die Voraussetzungen der Absätze 1 oder 5 des genannten Artikels erfüllt sind;

…“

9        Art. 54 Abs. 1 der Verordnung lautet:

„Hat der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke die Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke in der Gemeinschaft während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet, so kann er für die Waren oder Dienstleistungen, für die die jüngere Marke benutzt worden ist, aufgrund dieser älteren Marke weder die Nichtigerklärung dieser jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen, es sei denn, dass die Anmeldung der jüngeren Gemeinschaftsmarke bösgläubig vorgenommen worden ist.“

 Spanisches Recht

10      Art. 34 Abs. 2 des Gesetzes 17/2001 über die Marken vom 7. Dezember (Ley 17/2001 de Marcas, BOE Nr. 294 vom 8. Dezember 2001) (im Folgenden: Markengesetz) bestimmt:

„Der Inhaber der eingetragenen Marke kann Dritten verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr

a)      ein mit der Marke identisches Zeichen für Waren oder Dienstleistungen zu benutzen, die mit denjenigen identisch sind, für die sie eingetragen ist;

b)      ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder der Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.

…“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

11      Am 20. März 2013 erhob Rosa dels Vents vor dem Juzgado de lo Mercantil n° 3 de Madrid eine Klage gegen U Hostels, die auf das Verbot, die Unterlassung und die Einstellung der Benutzung der nationalen Wort- und Bildmarke Nr. 3058294, die eine stilisierte Darstellung des Wortzeichens „uh“ enthält, durch deren Inhaberin U Hostels gerichtet ist. Die Benutzung dieser Marke durch U Hostels verletze die Rechte, die Rosa dels Vents aufgrund von zwei älteren Marken zustünden, und zwar den nationalen Wort- und Bildmarken Nrn. 3049232 und 3049402, deren Inhaberin sie sei.

12      U Hostels weist in ihrer Klagebeantwortung im Rahmen des Ausgangsrechtsstreits darauf hin, dass Rosa dels Vents keine Klage auf Ungültigerklärung der nationalen Marke Nr. 3058294 (im Folgenden: jüngere Marke) erhoben habe. Daher beantragt sie, die Klage abzuweisen.

13      Der Juzgado de lo Mercantil n° 3 de Madrid stellt fest, dass nach der Rechtsprechung des Tribunal Supremo einer Klage, mit der sich der Inhaber einer Marke der Benutzung einer jüngeren Marke durch einen Dritten, der Inhaber dieser Marke sei, widersetze, nicht stattgegeben werden könne, wenn keine Klage auf Ungültigerklärung dieser jüngeren Marke erhoben worden sei.

14      Diese Rechtsprechung, die auf dem Grundsatz der durch die Eintragung gewährten Immunität und nicht auf dem Prioritätsprinzip beruhe, entspreche jedoch nicht der auf dem Prioritätsprinzip beruhenden Rechtsprechung des Gerichtshofs in Fällen, in denen sich der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke der Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke durch einen Dritten, der Inhaber dieser Marke sei, widersetze. Der Gerichtshof habe nämlich in seinem Urteil Fédération Cynologique Internationale (C‑561/11, EU:C:2013:91) auf eine Vorlagefrage des Juzgado de lo Mercantil n° 1 de Alicante y n° 1 de Marca Comunitaria hin für Recht erkannt, dass Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 dahin auszulegen sei, dass sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die mit seiner Marke identisch oder ihr ähnlich seien, auf einen Dritten erstrecke, der Inhaber einer jüngeren Gemeinschaftsmarke sei, ohne dass die letztgenannte Marke zuvor für nichtig erklärt werden müsste.

15      Der Juzgado de lo Mercantil n° 3 de Madrid stellt sich die Frage, ob diese Auslegung von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 zu übertragen ist. Auch wenn der Wortlaut der letztgenannten Vorschrift im Wesentlichen dem der erstgenannten Bestimmung entspreche, ergebe sich hieraus nicht zwangsläufig, dass die vom Gerichtshof im Urteil Fédération Cynologique Internationale (EU:C:2013:91) vorgenommene Auslegung von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 auf Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 entsprechend anwendbar sei.

16      Im Übrigen enthalte Art. 34 Abs. 2 des Markengesetzes die Wortfolge „prohibir que los terceros“ („Dritten verbieten“), die der Wortfolge „prohibir a cualquier tercero“ („jedem Dritten zu verbieten“) in der spanischen Sprachfassung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 somit nicht genau entspreche. Diese Vorschrift des nationalen Rechts könnte daher als unvollständige Umsetzung von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 qualifiziert werden, was die Frage nach ihrer richtlinienkonformen Auslegung aufwerfe.

17      Unter diesen Umständen hat der Juzgado de lo Mercantil n° 3 de Madrid beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Frage zur Vorabentscheidung vorzulegen:

Ist Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen, dass sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Marke, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die mit seiner Marke identisch oder ihr ähnlich sind, auf einen Dritten erstreckt, der Inhaber einer jüngeren Marke ist, ohne dass die letztgenannte Marke zuvor für ungültig erklärt werden müsste?

 Zur Vorlagefrage

18      Nach Art. 99 seiner Verfahrensordnung kann der Gerichtshof, wenn die Antwort auf eine zur Vorabentscheidung vorgelegte Frage klar aus der Rechtsprechung abgeleitet werden kann, auf Vorschlag des Berichterstatters und nach Anhörung des Generalanwalts jederzeit die Entscheidung treffen, durch mit Gründen versehenen Beschluss zu entscheiden.

19      Diese Bestimmung ist im Rahmen der vorliegenden Vorlage zur Vorabentscheidung anzuwenden.

20      In seinem Urteil Fédération Cynologique Internationale (EU:C:2013:91) hat der Gerichtshof entschieden, dass Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 dahin auszulegen ist, dass sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Gemeinschaftsmarke, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die mit seiner Marke identisch oder ihr ähnlich sind, auf einen Dritten erstreckt, der Inhaber einer jüngeren Gemeinschaftsmarke ist, ohne dass die letztgenannte Marke zuvor für nichtig erklärt werden müsste.

21      Der Gerichtshof hat diese Auslegung auf folgende Erwägungen gestützt:

„33      Zunächst ist festzustellen, dass Art. 9 Abs. 1 der Verordnung [Nr. 207/2009] nicht danach unterscheidet, ob der Dritte Inhaber einer Gemeinschaftsmarke ist oder nicht. Diese Bestimmung erkennt dem Inhaber einer Gemeinschaftsmarke also ein ausschließliches Recht zu, das es ihm gestattet, ‚Dritten‘ zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die seine Marke verletzen könnten …

34      Sodann ist Art. 54 der Verordnung zu berücksichtigen, der die Verwirkung durch Duldung betrifft und bestimmt, dass ‚der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke[, der] die Benutzung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke … während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren … geduldet [hat], … weder die Nichtigerklärung dieser jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen [kann]‘.

35      Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke, bevor eine Verwirkung durch Duldung eintritt, sowohl beim HABM die Nichtigerklärung einer jüngeren Gemeinschaftsmarke verlangen als auch sich mit einer Verletzungsklage vor einem Gemeinschaftsmarkengericht ihrer Benutzung widersetzen kann.

36      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass weder Art. 12 der Verordnung [Nr. 207/2009], der die Beschränkung der Wirkungen der Gemeinschaftsmarke betrifft, noch eine andere Bestimmung der Verordnung das ausschließliche Recht des Inhabers der Gemeinschaftsmarke ausdrücklich zugunsten eines Dritten, der Inhaber einer jüngeren Gemeinschaftsmarke ist, einschränkt.

37      Aus dem Wortlaut von Art. 9 Abs. 1 der Verordnung und aus deren allgemeiner Systematik ergibt sich somit, dass der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke es dem Inhaber einer jüngeren Gemeinschaftsmarke verbieten können muss, diese zu benutzen.

38      Dem steht nicht entgegen, dass der Inhaber einer jüngeren Gemeinschaftsmarke ebenfalls über ein ausschließliches Recht nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung verfügt.

39      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen der Verordnung [Nr. 207/2009] … im Licht des Prioritätsprinzips auszulegen sind, das besagt, dass die ältere Gemeinschaftsmarke Vorrang vor der jüngeren Gemeinschaftsmarke hat …

40      Insbesondere aus Art. 8 Abs. 1 und Art. 53 Abs. 1 der Verordnung geht nämlich hervor, dass bei einer Kollision zwischen zwei Marken vermutet wird, dass die zuerst eingetragene die Voraussetzungen für den gemeinschaftlichen Schutz vor der als zweite eingetragenen erfüllt.

49      Im Übrigen ist auf die Notwendigkeit hinzuweisen, die Hauptfunktion der Marke zu erhalten, die darin besteht, die Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten (Urteil … Arsenal Football Club, C‑206/01, [EU:C:2002:651], Randnr. 51).

50      Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang bereits wiederholt entschieden, dass das in Art. 9 Abs. 1 der Verordnung [Nr. 207/2009] niedergelegte ausschließliche Recht gewährt wurde, um dem Markeninhaber den Schutz seiner spezifischen Interessen als Inhaber der Marke zu ermöglichen, d. h., um sicherzustellen, dass die Marke ihre eigentlichen Funktionen erfüllen kann (vgl. Urteil … Google France und Google, C‑236/08 bis C‑238/08, [EU:C:2010:159], Randnr. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

51      … [D]er Schutz, den Art. 9 Abs. 1 der Verordnung dem Inhaber einer älteren Gemeinschaftsmarke gewährt, [wäre jedoch] erheblich geschwächt, wenn dieser, um die Benutzung eines die Funktionen seiner Marke beeinträchtigenden Zeichens durch einen Dritten zu verbieten, warten müsste, bis die jüngere Gemeinschaftsmarke des Dritten für nichtig erklärt worden ist.“

22      Diese Erwägungen zur Tragweite des durch die Gemeinschaftsmarke gewährten ausschließlichen Rechts sind relevant für die Auslegung der durch die Richtlinie 2008/95 harmonisierten Tragweite des ausschließlichen Rechts, das durch die Marken gewährt wird, die in einem Mitgliedstaat oder beim Benelux-Amt für geistiges Eigentum eingetragen oder mit Wirkung für einen Mitgliedstaat international registriert wurden.

23      Zunächst gewährt nämlich Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 ebenso wie Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 dem Inhaber einer eingetragenen Marke ein ausschließliches Recht und berechtigt ihn dazu, „Dritten“ zu verbieten, ohne seine Zustimmung im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die seine Marke verletzen könnten. Insoweit unterscheiden diese Vorschriften nicht danach, ob die Dritten Inhaber einer Marke sind oder nicht.

24      Es ist davon auszugehen, dass eine nationale Regelung wie Art. 34 Abs. 2 des Markengesetzes, die – auch wenn sie den Wortlaut der Richtlinie 2008/95 oder der Verordnung Nr. 207/2009 in Bezug auf das Verbot für „Dritte“, ohne Zustimmung des Markeninhabers im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die eine eingetragene Marke verletzen könnten, nicht unverändert übernimmt – „Dritten“ eine solche Benutzung verbietet, in einer Weise formuliert ist, die den in Rede stehenden Rechtsakten der Europäischen Union entspricht. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, Art. 34 Abs. 2 des Markengesetzes in einer Weise anzuwenden, die mit Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 in dessen Auslegung durch den Gerichtshof im Einklang steht.

25      Ferner sieht Art. 9 der Richtlinie 2008/95, ähnlich wie Art. 54 der Verordnung Nr. 207/2009, vor, dass „der Inhaber einer älteren Marke[, der] …die Benutzung einer jüngeren eingetragenen Marke … während eines Zeitraums von fünf aufeinander folgenden Jahren in Kenntnis dieser Benutzung geduldet [hat], … weder die Ungültigerklärung der jüngeren Marke verlangen noch sich ihrer Benutzung widersetzen [kann].“ Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Inhaber einer Marke, bevor eine Verwirkung durch Duldung eintritt, sowohl die Ungültigerklärung einer jüngeren Marke verlangen als auch sich mit einer Verletzungsklage ihrer Benutzung widersetzen kann.

26      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass, wie im Fall der Verordnung Nr. 207/2009, keine Bestimmung der Richtlinie 2008/95 das ausschließliche Recht des Inhabers der Marke ausdrücklich zugunsten eines Dritten, der Inhaber einer jüngeren Marke ist, einschränkt.

27      Aus dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 und aus deren allgemeiner Systematik ergibt sich somit, dass der Inhaber einer Marke es unter den von ihr aufgestellten Bedingungen dem Inhaber einer jüngeren Marke verbieten können muss, diese zu benutzen.

28      Dem steht nicht entgegen, dass der Inhaber einer jüngeren Marke nach der in Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 genannten Regel ebenfalls über ein ausschließliches Recht verfügt.

29      Aus dem in den Rn. 39 und 40 des Urteils Fédération Cynologique Internationale (EU:C:2013:91) genannten Grund sind die Bestimmungen der Richtlinie 2008/95 nämlich im Licht des Prioritätsprinzips auszulegen, das besagt, dass die ältere Marke Vorrang vor der jüngeren Marke hat, denn wie insbesondere aus Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 hervorgeht, wird bei einer Kollision von Marken vermutet, dass die zuerst eingetragene die Voraussetzungen für den Schutz vor der als zweite eingetragenen erfüllt.

30      Überdies gelten auch die in den Rn. 49 bis 51 des Urteils Fédération Cynologique Internationale (EU:C:2013:91) dargelegten Erwägungen sinngemäß für Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95.

31      Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95 dahin auszulegen ist, dass sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Marke, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die mit seiner Marke identisch oder ihr ähnlich sind, auf einen Dritten erstreckt, der Inhaber einer jüngeren Marke ist, ohne dass die letztgenannte Marke zuvor für ungültig erklärt werden müsste.

 Kosten

32      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 5 Abs. 1 der Richtlinie 2008/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ist dahin auszulegen, dass sich das ausschließliche Recht des Inhabers einer Marke, Dritten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr Zeichen zu benutzen, die mit seiner Marke identisch oder ihr ähnlich sind, auf einen Dritten erstreckt, der Inhaber einer jüngeren Marke ist, ohne dass die letztgenannte Marke zuvor für ungültig erklärt werden müsste.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.