Language of document : ECLI:EU:C:2015:187

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Sechste Kammer)

19. März 2015(*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b – Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke MAGNEXT – Widerspruch der Inhaberin der älteren nationalen Wortmarke MAGNET 4 – Verwechslungsgefahr“

In der Rechtssache C‑182/14 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 9. April 2014,

MEGA Brands International, Luxembourg, Zweigniederlassung Zug, mit Sitz in Zug (Schweiz), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte A. Nordemann und M. Maier,

Rechtsmittelführerin,

andere Partei des Verfahrens:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch V. Melgar als Bevollmächtigte,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten S. Rodin, der Richterin M. Berger (Berichterstatterin) und des Richters F. Biltgen,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Januar 2015,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die MEGA Brands International, Luxembourg, Zweigniederlassung Zug, das Urteil des Gerichts der Europäischen Union Mega Brands/HABM – Diset (MAGNEXT) (T‑604/11 und T‑292/12, EU:T:2014:56, im Folgenden: angefochtenes Urteil) aufzuheben, soweit das Gericht darin ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 24. April 2012 (Sache R 1722/2011‑4) zu einem Widerspruchsverfahren zwischen der Diset SA (im Folgenden: Diset) und ihr abgewiesen hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1), die am 13. April 2009 in Kraft getreten ist, aufgehoben und ersetzt.

3        Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009, der Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 entspricht, bestimmt:

„Auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke ist die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen,

b)      wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird.“

4        Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, der Art. 8 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 40/94 entspricht, sieht vor:

„‚Ältere Marken‘ im Sinne von Absatz 1 sind

a)      Marken mit einem früheren Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke, gegebenenfalls mit der für diese Marken in Anspruch genommenen Priorität, die den nachstehenden Kategorien angehören:

i)      Gemeinschaftsmarken;

ii)      in einem Mitgliedstaat … eingetragene Marken;

…“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

5        Am 21. Januar 2008 meldete die Rechtsmittelführerin beim HABM folgendes Bildzeichen als Gemeinschaftsmarke an:

Image not found

6        Die Marke wurde für folgende Waren der Klasse 28 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Spielzeug und Spielwaren, insbesondere mehrteiliges Bauspielzeug sowie Teile, Zubehör und Bestandteile dafür“.

7        Am 29. März 2010 meldete die Rechtsmittelführerin beim HABM zusätzlich das folgende Wortzeichen als Gemeinschaftsmarke an:

MAGNEXT

8        Es wurde ebenfalls für die in Rn. 6 des vorliegenden Urteils angeführten Waren angemeldet.

9        Am 5. September 2008 und am 17. Juni 2010 legte Diset gegen die beiden Anmeldungen Widersprüche nach Art. 42 der Verordnung Nr. 40/94 bzw. Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009 für die in Rn. 6 des vorliegenden Urteils angeführten Waren ein. Die Widersprüche waren u. a. auf die am 10. Juli 2003 angemeldete und am 9. Dezember 2003 eingetragene ältere spanische Wortmarke MAGNET 4 für folgende Waren der Klasse 28 des Abkommens von Nizza gestützt: „Spiele, Spielzeug; Turn- und Sportartikel, soweit sie nicht in anderen Klassen enthalten sind; Christbaumschmuck“.

10      Die Widersprüche wurden damit begründet, dass die Voraussetzungen von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bzw. der gleichlautenden Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009 vorlägen. Sie beruhten auf allen von der älteren Marke erfassten Waren und richteten sich gegen alle Waren, auf die sich die Anmeldung der betreffenden Marken erstreckte.

11      Mit Entscheidungen vom 19. Juli 2010 und vom 21. Juni 2011 gab die Widerspruchsabteilung des HABM den Widersprüchen von Diset statt.

12      Mit Entscheidungen vom 27. September 2011 und vom 24. April 2012 wies die Vierte Beschwerdekammer des HABM die Beschwerden der Rechtsmittelführerin gegen die Entscheidungen der Widerspruchsabteilung zurück.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

13      Mit Klageschriften, die am 28. November 2011 (Rechtssache T‑604/11) und am 3. Juli 2012 (Rechtssache T‑292/12) bei der Kanzlei des Gerichts eingingen, erhob die Rechtsmittelführerin zwei Klagen auf Aufhebung der ablehnenden Entscheidungen der Beschwerdekammer des HABM.

14      Die Rechtsmittelführerin stützte ihre Klagen jeweils auf einen einzigen Klagegrund, mit dem sie einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 bzw. die gleichlautende Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009 geltend machte.

15      Nach Verbindung beider Rechtssachen zu gemeinsamer Entscheidung hat das Gericht in Rn. 19 des angefochtenen Urteils zunächst festgestellt, dass die Rechtsmittelführerin weder die Schlussfolgerungen der Beschwerdekammer zur Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise, bei denen es sich um die spanischsprachigen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher handele, noch ihre Schlussfolgerungen zur teilweisen Identität der von den einander gegenüberstehenden Marken erfassten Waren beanstandet habe.

16      Das Gericht hat anschließend die bildliche, klangliche und begriffliche Zeichenähnlichkeit geprüft, deren Beurteilung durch die Beschwerdekammer von der Rechtsmittelführerin angegriffen worden war.

17      Das Gericht hat erstens zur bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen entschieden:

„22      Wie die Klägerin vorträgt, ist die angemeldete Bildmarke klar in die zwei Teile ‚mag‘ und ‚next‘ gegliedert. Außerdem führen die Überdimensionierung des Großbuchstabens ‚X‘ und seine Stilisierung dazu, dass die maßgeblichen Verkehrskreise das Bild des englischen Begriffs ‚next‘ als eigenständigen Bestandteil der Marke im Gedächtnis behalten werden, der einen besonderen, vom Zeichen MAGNET 4 nicht erzeugten bildlichen Eindruck hervorruft. Der Begriff ‚magnet‘, der dieses Zeichen dominiert, erweckt nämlich den bildlichen Eindruck eines einzelnen Wortes, während die Ziffer ‚4‘ in der angemeldeten Bildmarke nicht vorkommt.

23      Entsprechend bewirkt der Großbuchstabe ‚X‘ eine Betonung des zweiten Bestandteils der angemeldeten Bildmarke, die in Kombination mit der bildlichen Trennung der beiden Teile ‚mag‘ und ‚next‘ geeignet ist, zu einer klanglichen Wiedergabe dieser Marke in zwei Wörtern zu führen, während der Begriff ‚magnet‘ in der älteren Marke als nur ein Wort ausgesprochen werden wird, das zudem nicht den Laut enthält, der durch den Buchstaben ‚X‘ entsteht.

24      Daraus folgt, dass die angemeldete Bildmarke eine sehr geringe bildliche und klangliche Ähnlichkeit mit der älteren Marke aufweist.

25      Da sich die angemeldete Wortmarke hingegen vom dominanten Bestandteil ‚magnet‘ der älteren Marke nur durch den Großbuchstaben ‚X‘ unterscheidet, ohne die übrigen oben in den Rn. 22 und 23 dargestellten Merkmale aufzuweisen, besteht eine durchschnittliche bildliche und klangliche Ähnlichkeit mit der älteren Marke.“

18      Zweitens hat das Gericht in Rn. 26 des angefochtenen Urteils die Beurteilung der Beschwerdekammer hinsichtlich des begrifflichen Vergleichs der einander gegenüberstehenden Zeichen bestätigt, wonach der Umstand, dass das in der spanischen Sprache vorkommende Adjektiv „magnético“ von den maßgeblichen Verkehrskreisen üblicherweise zur Beschreibung eines Artikels mit magnetischen Eigenschaften benutzt werde, dazu führe, dass diese Verkehrskreise die ältere Marke mit Gegenständen in Verbindung brächten, die solche Eigenschaften aufwiesen. Die Beschwerdekammer habe in diesem Zusammenhang zutreffend auf eine fehlende begriffliche Ähnlichkeit der angemeldeten Bildmarke und der angemeldeten Wortmarke mit der älteren Marke geschlossen.

19      Auf der Grundlage dieser Feststellungen ist das Gericht in Rn. 29 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die ältere Marke eine sehr geringe Ähnlichkeit mit der angemeldeten Bildmarke und eine durchschnittliche Ähnlichkeit mit der angemeldeten Wortmarke aufweise.

20      Schließlich hat das Gericht das Vorbringen der Rechtsmittelführerin geprüft, mit dem sie bestritt, dass die ältere Marke durchschnittliche Kennzeichnungskraft habe.

21      Dazu hat das Gericht nach einem Hinweis darauf, dass die maßgeblichen Verkehrskreise die ältere Marke mit Gegenständen in Verbindung brächten, die magnetische Eigenschaften aufwiesen, in Rn. 32 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Rechtsmittelführerin vor dem HABM eine Reihe von Dokumenten vorgelegt habe, die belegten, dass die Hervorhebung der magnetischen Eigenschaften von Spielzeug und Spielwaren eine übliche Praxis der im betreffenden Sektor tätigen Wirtschaftsteilnehmer sei. Vor diesem Hintergrund hat es in Rn. 33 des angefochtenen Urteils die Auffassung vertreten, dass die ältere Marke MAGNET 4 eine Aussage enthalte, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen mit den Merkmalen der Waren, für die sie eingetragen worden sei und die mit den von den beiden angemeldeten Marken beanspruchten Waren identisch seien, gedanklich in Verbindung gebracht werden könne. Das Gericht hat daraus den Schluss gezogen, dass die ältere Marke keine durchschnittliche, sondern geringe Kennzeichnungskraft aufweise.

22      In Anbetracht dieser Erwägungen hat das Gericht in Rn. 34 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die Beschwerdekammer mit der Bejahung einer Verwechslungsgefahr zwischen der angemeldeten Bildmarke und der älteren Marke einen Beurteilungsfehler begangen habe.

23      Dagegen hat es in Rn. 35 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertreten, aufgrund der ausgeprägteren Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten Wortmarke und der älteren Marke sei der Beschwerdekammer beizupflichten, dass zwischen ihnen wegen der Identität der von diesen Marken erfassten Waren trotz der geringen Kennzeichnungskraft der älteren Marke eine Verwechslungsgefahr bestehe.

24      Das Gericht hat infolgedessen in der Rechtssache T‑604/11 die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des HABM zur Bildmarke Image not foundaufgehoben und in der Rechtssache T‑292/12 den Antrag auf Aufhebung der Entscheidung der Beschwerdekammer zur Wortmarke MAGNEXT zurückgewiesen.

 Anträge der Parteien vor dem Gerichtshof

25      Die Rechtsmittelführerin beantragt,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit das Gericht darin ihre Aufhebungsklage in der Rechtssache T‑292/12 abgewiesen hat,

–        falls erforderlich, die Sache an das Gericht zurückzuverweisen, und

–        dem HABM die Kosten aufzuerlegen.

26      Das HABM beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen und

–        der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen.

 Zum Rechtsmittel

27      Die Rechtsmittelführerin stützt ihr Rechtsmittel auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und auf einen Begründungsmangel des angefochtenen Urteils.

 Zum Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009

28      Dieser Rechtsmittelgrund gliedert sich in vier Teile.

 Zum ersten und zum zweiten Teil

–       Vorbringen der Parteien

29      Die Rechtsmittelführerin trägt vor, das Gericht habe bei seiner Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Tatsachen verfälscht und gegen die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze verstoßen, indem es den Bestandteil „MAGNET“ der älteren Marke MAGNET 4 als dominierend eingestuft habe, obwohl es festgestellt habe, dass er beschreibend sei, und indem es die in dieser Marke enthaltene Ziffer „4“ nicht berücksichtigt habe.

30      Das HABM hält dieses Vorbringen für unzulässig oder, hilfsweise, für offensichtlich unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

31      Wie das Gericht in Rn. 21 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ist bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Bild, Klang oder Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Zeichen hervorrufen, wobei insbesondere ihre unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. u. a. Urteile HABM/Shaker, C‑334/05 P, EU:C:2007:333, Rn. 35, und Nestlé/HABM, C‑193/06 P, EU:C:2007:539, Rn. 34).

32      Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass nur ein Bestandteil einer komplexen Marke berücksichtigt und mit einer anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die fraglichen Marken jeweils als Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein könnten (vgl. u. a. Urteile HABM/Shaker, EU:C:2007:333, Rn. 41, und United States Polo Association/HABM, C‑327/11 P, EU:C:2012:550, Rn. 57).

33      Im vorliegenden Fall hat das Gericht bei der Beurteilung der klanglichen und bildlichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen in Rn. 25 des angefochtenen Urteils den Begriff „magnet“ in der älteren Marke MAGNET 4 als dominierenden Bestandteil eingestuft.

34      Soweit die Rechtsmittelführerin vorträgt, eine solche Einstufung sei mit dem beschreibenden Charakter unvereinbar, den das Gericht diesem Begriff in Rn. 26 des angefochtenen Urteils zugeschrieben habe, genügt der Hinweis, dass es der Anerkennung eines Wortbestandteils als dominierendes Element im Rahmen der Beurteilung der Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen nicht entgegensteht, wenn er als rein beschreibend anzusehen ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss Muñoz Arraiza/HABM, C‑388/10 P, EU:C:2011:185, Rn. 65).

35      Daher ist der erste Teil des auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.

36      Zu dem Vorwurf der Rechtsmittelführerin, das Gericht habe bei seiner Beurteilung der Verwechslungsgefahr die in der älteren Marke enthaltene Ziffer „4“ nicht berücksichtigt, ergibt sich aus Rn. 25 des angefochtenen Urteils, dass sich das Gericht bei der Beurteilung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen auf die Feststellung beschränkt hat, dass sich die angemeldete Wortmarke MAGNEXT von dem Bestandteil „magnet“ der älteren Marke MAGNET 4 nur durch den Großbuchstaben „X“ unterscheide.

37      Die fehlende Berücksichtigung der Ziffer „4“ in der Marke MAGNET 4 ist zwar im Zusammenhang mit der in Rn. 25 des angefochtenen Urteils ausdrücklich erfolgten Einstufung des Bestandteils „magnet“ als dominierender Bestandteil dieser Marke zu sehen.

38      Nach der in Rn. 32 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung kann nämlich die Beurteilung der Ähnlichkeit unter Umständen allein anhand des dominierenden Bestandteils einer komplexen Marke erfolgen. Allerdings betrifft diese Rechtsprechung nur Ausnahmefälle (Beschluss Repsol/HABM, C‑466/13 P, EU:C:2014:2331, Rn. 83), und die Beurteilung der Ähnlichkeit kann nur dann allein anhand des dominierenden Bestandteils vorgenommen werden, wenn alle anderen Markenbestandteile im Gesamteindruck der Marke zu vernachlässigen sind (vgl. u. a. Urteile Aceites del Sur-Coosur/Koipe, C‑498/07 P, EU:C:2009:503, Rn. 62, und United States Polo Association/HABM, EU:C:2012:550, Rn. 57).

39      In Rn. 25 des angefochtenen Urteils beschränkt sich das Gericht jedoch auf die Feststellung des dominierenden Charakters des Bestandteils „magnet“ in der älteren Marke, ohne eine Prüfung der Merkmale des weiteren Bestandteils dieser Marke, nämlich der Ziffer „4“, vorzunehmen, aus der sich ergäbe, dass dieser Bestandteil zu vernachlässigen ist.

40      Zwar wird in Rn. 25 des angefochtenen Urteils, wie das HABM hervorgehoben hat, auf Rn. 22 dieses Urteils verwiesen, in der es um die bildliche Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten Bildmarke und der älteren Marke geht, doch stellt das Gericht darin nur fest, dass die Ziffer „4“ in der angemeldeten Bildmarke fehle, und nimmt keine Bewertung des von dieser Ziffer im Kontext der älteren Marke hervorgerufenen bildlichen Eindrucks vor, aus der sich ergäbe, dass dieser Eindruck zu vernachlässigen ist.

41      Auch in Rn. 23 des angefochtenen Urteils, die sich auf die klangliche Ähnlichkeit zwischen der angemeldeten Bildmarke und der älteren Marke bezieht und auf die Rn. 25 des Urteils ebenfalls verweist, wird das Vorhandensein der Ziffer „4“ in der älteren Marke nicht erwähnt. Insbesondere wird darin nicht darauf eingegangen, dass diese Ziffer in der spanischen Sprache, die von den für diese Marke als maßgeblich angesehenen Verkehrskreisen verwendet wird, als „cuatro“ ausgesprochen wird, und es wird keine Bewertung vorgenommen, aus der sich ergäbe, dass der von diesem Laut hervorgerufene klangliche Eindruck zu vernachlässigen wäre.

42      Somit ist festzustellen, dass das Gericht einen Rechtsfehler begangen hat, weil es die fraglichen Marken nicht jeweils als Ganzes miteinander verglichen hat.

43      Der zweite Teil des auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Rechtsmittelgrundes ist daher begründet.

 Zum dritten und zum vierten Teil

–       Vorbringen der Parteien

44      Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht vor, die Tatsachen verfälscht zu haben, indem es zu dem Schluss gekommen sei, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken eine durchschnittliche klangliche Ähnlichkeit bestehe, obwohl es den Grad der klanglichen Ähnlichkeit zwischen der Bildmarke, um die es in der Rechtssache T‑604/11 gehe, und der älteren Marke als sehr gering angesehen habe. Die Bildmarke und die Wortmarke MAGNEXT, um die es im vorliegenden Fall gehe, bestünden aber aus denselben Buchstaben und würden daher identisch ausgesprochen.

45      Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht ferner vor, einen Rechtsfehler begangen zu haben, indem es die einander gegenüberstehenden Marken in bildlicher Hinsicht als durchschnittlich ähnlich angesehen habe, obwohl die Wortmarke MAGNEXT ebenso wie die Bildmarke aus den beiden Bestandteilen „mag“ und „next“ bestehe und Letzterer, der dem geläufigen englischen Begriff „next“ entspreche, als das dominierende Element hätte angesehen werden müssen.

46      Das HABM hält dieses Vorbringen für unzulässig oder, hilfsweise, für offensichtlich unbegründet.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

47      Nach Art. 256 Abs. 1 Unterabs. 2 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel auf Rechtsfragen beschränkt. Allein das Gericht ist für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie der ihm vorgelegten Beweise zuständig. Somit ist die Würdigung dieser Tatsachen und Beweise, sofern kein Fall ihrer Verfälschung vorliegt, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile Nestlé/HABM, EU:C:2007:539, Rn. 53, und United States Polo Association/HABM, EU:C:2012:550, Rn. 62).

48      Die Beurteilung der klanglichen und bildlichen Ähnlichkeit einander gegenüberstehender Zeichen stellt eine Tatsachenwürdigung dar (vgl. in diesem Sinne u. a. Beschluss Longevity Health Products/HABM, C‑311/14 P, EU:C:2015:23, Rn. 34 und die dort angeführte Rechtsprechung) und kann daher nur im Fall einer Verfälschung dieser Tatsachen Gegenstand eines Rechtsmittels sein.

49      Eine solche Verfälschung muss sich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs in offensichtlicher Weise aus den Prozessakten ergeben, ohne dass eine erneute Würdigung der Tatsachen und Beweise erforderlich ist (vgl. u. a. Beschluss Mundipharma/HABM, C‑669/13 P, EU:C:2014:2308, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

50      Im vorliegenden Fall macht die Rechtsmittelführerin zwar geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf einer Verfälschung der Tatsachen und Beweise, auf deren Grundlage das Gericht die klangliche und bildliche Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen beurteilt habe, doch beschränken sich die von ihr zur Stützung dieses Vorbringens angeführten Argumente im Wesentlichen auf eine Wiederholung der Ausführungen, die bereits in ihren beim Gericht eingereichten Schriftsätzen enthalten waren, und enthalten keine spezifische rechtliche Argumentation, mit der nachgewiesen werden könnte, dass im angefochtenen Urteil – über eine als fehlerhaft eingestufte Beurteilung bestimmter Tatsachen durch das Gericht hinaus – Tatsachen verfälscht worden wären.

51      Der dritte und der vierte Teil des auf einen Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 gestützten Rechtsmittelgrundes sind daher als unzulässig zurückzuweisen.

 Zum Begründungsmangel des angefochtenen Urteils

 Vorbringen der Parteien

52      Die Rechtsmittelführerin macht geltend, das Gericht habe in Rn. 35 des angefochtenen Urteils im Hinblick auf eine fehlerfreie Beurteilung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen den Schluss, dass zwischen diesen Zeichen eine Verwechslungsgefahr bestehe, nicht eingehend begründet. Das Urteil weise demnach einen Begründungsmangel auf.

53      Nach Ansicht des HABM ist das angefochtene Urteil rechtlich hinreichend begründet.

 Würdigung durch den Gerichtshof

54      Nach ständiger Rechtsprechung verlangt die dem Gericht nach Art. 36 der Satzung des Gerichtshofs, der nach Art. 53 Abs. 1 dieser Satzung und Art. 81 der Verfahrensordnung des Gerichts auf das Gericht anwendbar ist, obliegende Begründungspflicht von ihm nicht, bei seinen Ausführungen alle von den Parteien des Rechtsstreits vorgetragenen Argumente nacheinander erschöpfend zu behandeln; die Begründung des Gerichts kann daher implizit erfolgen, sofern sie es den Betroffenen ermöglicht, die Gründe zu erfahren, aus denen das Gericht ihrer Argumentation nicht gefolgt ist, und dem Gerichtshof ausreichende Angaben liefert, damit er seine Kontrollfunktion wahrnehmen kann (vgl. u. a. Urteile Edwin/HABM, C‑263/09 P, EU:C:2011:452, Rn. 64, und Isdin/Bial-Portela, C‑597/12 P, EU:C:2013:672, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

55      Im vorliegenden Fall wird in Rn. 35 des angefochtenen Urteils, in der das Gericht eine Verwechslungsgefahr zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen bejaht, eine Schlussfolgerung gezogen, die sich implizit, aber eindeutig auf die in den vorhergehenden Randnummern dieses Urteils getroffenen Feststellungen zur bildlichen, klanglichen und begrifflichen Ähnlichkeit der angemeldeten Wortmarke und der älteren Marke und zur Kennzeichnungskraft der älteren Marke bezieht.

56      Zu den Feststellungen des Gerichts zur bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen, die nach Ansicht der Rechtsmittelführerin den vom Gericht daraus für das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr gezogenen Schluss nicht tragen können, ist in den Rn. 33 und 36 des vorliegenden Urteils bereits ausgeführt worden, dass das Gericht bei der Marke MAGNET 4 nur den von ihm als dominierend eingestuften Bestandteil „magnet“ berücksichtigt hat, ohne der Ziffer „4“ Rechnung zu tragen.

57      Zum einen hat das Gericht aber keine auch nur implizite Begründung geliefert, die es ermöglichen würde, die Gründe zu erfahren, aus denen es den Bestandteil „magnet“ als dominierend eingestuft hat (siehe oben, Rn. 39 des vorliegenden Urteils).

58      Zum anderen hat das Gericht auch seine Entscheidung, die Ziffer „4“ nicht in seine Beurteilung der Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen einzubeziehen, nicht einmal implizit begründet (siehe oben, Rn. 39 bis 41 des vorliegenden Urteils).

59      Da sich die Feststellung des Vorliegens einer Verwechslungsgefahr durch das Gericht in Rn. 35 des angefochtenen Urteils auf eine Beurteilung der bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen stützt, die einen Begründungsmangel aufweist, ist sie somit selbst unzureichend begründet.

60      In Anbetracht aller vorstehenden Erwägungen, insbesondere in den Rn. 42, 43 und 59 des vorliegenden Urteils, ist Nr. 4 des Tenors des angefochtenen Urteils aufzuheben.

 Zur Klage vor dem Gericht

61      Nach Art. 61 Abs. 1 seiner Satzung kann der Gerichtshof im Fall der Aufhebung der Entscheidung des Gerichts den Rechtsstreit selbst endgültig entscheiden, wenn dieser zur Entscheidung reif ist, oder die Sache zur Entscheidung an das Gericht zurückverweisen.

62      Im vorliegenden Fall ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif, da es Sache des Gerichts ist, seine Tatsachenwürdigung zu vervollständigen, um eine umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr vorzunehmen, die den Anforderungen von Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 genügt.

63      Deshalb ist die Sache an das Gericht zurückzuverweisen.

 Kosten

64      Da die Sache an das Gericht zurückverwiesen wird, ist die Entscheidung über die durch das vorliegende Rechtsmittelverfahren entstandenen Kosten vorzubehalten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Sechste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Nr. 4 des Tenors des Urteils des Gerichts der Europäischen Union Mega Brands/HABM – Diset (MAGNEXT) (T‑604/11 und T‑292/12, EU:T:2014:56) wird aufgehoben.

2.      Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.

3.      Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Englisch.