Language of document : ECLI:EU:T:2017:602

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer)

14. September 2017(*)

„Wettbewerb – Missbrauch einer beherrschenden Stellung – Märkte für Software für rechnergestütztes Design und Märkte für die Informationen zu den Schnittstellen für diese Software – Zurückweisung einer Beschwerde – Relevanter Markt – Offensichtlicher Ermessensfehler – Fehlendes Unionsinteresse“

In der Rechtssache T‑751/15

Contact Software GmbH mit Sitz in Bremen (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte J.-M. Schultze, S. Pautke und C. Ehlenz

Klägerin,

gegen

Europäische Kommission, vertreten durch C. Vollrath, I. Zaloguin und L. Wildpanner als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Dassault systèmes mit Sitz in Vélizy-Villacoublay (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwalt R. Snelders und J. Messent, Barrister,

Streithelferin,

wegen eines auf Art. 263 AEUV gestützten Antrags auf teilweise Nichtigerklärung des Beschlusses C(2015) 7006 final der Kommission vom 9. Oktober 2015, mit dem die Beschwerde der Klägerin betreffend Verstöße gegen Art. 102 AEUV, die Dassault systèmes und Parametric Technology Corp. auf bestimmten Märkten für „Computer Aided Design“-Software (Software für rechnergestütztes Design) und auf bestimmten Märkten für die Schnittstelleninformationen zu dieser Software begangen haben sollen, zurückgewiesen wurde (Sache COMP/39846 – Contact/Dassault & Parametric),

erlässt

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias sowie der Richter A. Dittrich und P. G. Xuereb (Berichterstatter),

Kanzler: E. Coulon,

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Bei der Klägerin, der Contact Software GmbH, handelt es sich um ein deutsches Unternehmen, das PDM-Software („product data management“, Software fürProduktdatenverwaltung) anbietet. Die PDM-Software erlaubt es Unternehmen, alle Daten, die mit einem bestimmten Produkt zusammenhängen, einschließlich der Daten, die sich auf CAD-Software („computer aided design“, Software für rechnergestütztes Design) beziehen, zu speichern und zu organisieren. CAD-Software ermöglicht die rechnerunterstützte Konzeption von Produkten und ist ein Standardwerkzeug für die Entwicklung und Herstellung jedes industriell gefertigten Produkts. CAD-Software gibt es in verschiedenen Spezifikationen, etwa als Lösungen für die mechanische Produktion, als Lösungen für die Elektronik/Elektrotechnik-Entwicklung, als 2-D- und 3-D-Systeme sowie als High-End-, Mid-Range- und Low-End-Systeme (d. h. Systeme im oberen, mittleren und unteren Leistungs- bzw. Preisbereich).

2        PDM- und CAD-Software bilden zusammen mit anderen Komponenten das PLM („product lifecycle management“, Produktlebenszyklusverwaltung) eines Unternehmens. Unter PLM werden Softwarelösungen und darauf aufbauende IT‑Strategien zusammengefasst, die es Unternehmen ermöglichen, eine Infrastruktur für die Prozesse in der Entwicklung, der Herstellung und dem Vertrieb der Produkte bereitzustellen.

3        Entscheidend für das wirksame Zusammenspiel von CAD- und PDM-Software ist die Interoperabilität dieser beiden Softwarebausteine.

4        Die Streithelferin, Dassault systèmes, ein zur Dassault-Gruppe gehörendes französisches Unternehmen, ist ein Anbieter von CAD- und PDM-Softwarelösungen. Ihre Hauptprodukte sind die Software CATIA, eine CAD-Software, und die Software Enovia, eine PDM-Software.

5        Die Parametric Technology Corp. (im Folgenden: Parametric), ein Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika, stellt u. a. die Software Pro/Engineer her, bei der es sich um eine CAD-Software handelt.

6        Am 18. November 2010 reichte die Klägerin bei der Europäischen Kommission eine Beschwerde nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1) ein. Mit dieser Beschwerde rügte die Klägerin Verstöße gegen Art. 102 AEUV, die die Streithelferin und Parametric begangen haben sollen. Im Einzelnen warf sie diesen beiden Unternehmen vor, ihre beherrschende Stellung auf den Märkten für CAD-Software dadurch missbraucht zu haben, dass sie sich geweigert hätten, ihr die unerlässlichen Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA und der Software Pro/Engineer zur Verfügung zu stellen, was ihr ermöglicht hätte, die Interoperabilität ihrer PDM-Software und der CAD-Software der beiden Unternehmen sicherzustellen. Außerdem nutze die Streithelferin missbräuchlich ihre marktbeherrschende Stellung aus, indem sie die PDM-Softwarelösung, nämlich die Software Enovia, an die neue Version ihrer Software CATIA koppele.

7        Am 7. Dezember 2010 übermittelte die Kommission eine nicht vertrauliche Fassung der Beschwerde an die Streithelferin und an Parametric, die der Kommission jeweils eine Stellungnahme hierzu übermittelten.

8        Die Kommission richtete zudem mehrere Auskunftsverlangen an die Streithelferin und an Parametric. Auch an in der Branche tätige Unternehmen richtete sie Auskunftsverlangen, einschließlich eines Fragebogens, der an Unternehmen versandt wurde, die CAD-Software nutzten.

9        Mit Schreiben vom 15. Oktober 2014 teilte die Kommission der Klägerin nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 773/2004 der Kommission vom 7. April 2004 über die Durchführung von Verfahren auf der Grundlage der Artikel [101 AEUV] und [102 AEUV] durch die Kommission (ABl. 2004, L 123, S. 18) ihre Absicht mit, die Beschwerde zurückzuweisen. In diesem Schreiben ersuchte die Kommission die Klägerin um Stellungnahme.

10      Diese Stellungnahme erfolgte mit Schreiben vom 28. November 2014.

11      Am 9. Oktober 2015 erließ die Kommission nach Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 773/2004 den Beschluss C(2015) 7006 final (Sache COMP/39846 – Contact/Dassault & Parametric), mit dem sie die Beschwerde der Klägerin zurückwies (im Folgenden: angefochtener Beschluss).

12      Dem angefochtenen Beschluss zufolge wurde die Beschwerde deshalb zurückgewiesen, weil kein hinreichendes Unionsinteresse bestanden habe, der Beschwerde weiter nachzugehen. Dieses Ergebnis wurde auf zwei Erwägungen gestützt. Zum einen habe auf der Grundlage der Beschwerde und der von der Kommission bis zum damaligen Zeitpunkt zusammengetragenen Beweise nur eine geringe Wahrscheinlichkeit bestanden, nachweisen zu können, dass die Streithelferin und Parametric gegen Art. 102 AEUV verstoßen hätten. Zum anderen wäre eine eingehende Untersuchung des in der Beschwerde dargestellten Sachverhalts sehr komplex und zeitaufwändig und angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit, einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV nachweisen zu können, unverhältnismäßig gewesen.

13      Im Zusammenhang mit der Wahrscheinlichkeit, einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV nachweisen zu können, behandelt der angefochtene Beschluss die Prüfung dreier Aspekte, nämlich die Abgrenzung des relevanten Marktes, das Vorliegen einer beherrschenden Stellung auf dem relevanten Markt und die Frage, ob eine solche Stellung missbraucht wurde.

14      Hinsichtlich der Abgrenzung des relevanten Produktmarkts wird im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die Klägerin in ihrer Beschwerde vorgeschlagen habe, in Bezug auf CAD-Software u. a. die folgenden relevanten Märkte zu unterscheiden: Software für die mechanische Konstruktion und für die Elektronik-Entwicklung, 2D- und 3D-Software, branchenspezifische Software sowie High-End-, Mid-Range- und Low-End-Software. Aus dem angefochtenen Beschluss geht des Weiteren hervor, dass die Klägerin im Verfahren vor der Kommission vorgeschlagen hatte, zwischen einem CAD-Software-Markt für Automobilhersteller einerseits und einem solchen für Automobilzulieferer andererseits zu unterscheiden, und dass sie zudem der Meinung war, man müsse für jeden konkreten Anbieter einen eigenen CAD-Software-Markt abgrenzen. Im Übrigen wird im angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die Klägerin in ihrer Antwort auf das Schreiben der Kommission vom 15. Oktober 2014 angab, stets die Auffassung vertreten zu haben, dass sich der sachlich relevante Markt auf die Automobilbranche begrenze. Schließlich ist dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen, dass die Klägerin der Ansicht war, dass zwischen den Märkten für Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters unterschieden werden müsse.

15      Die Kommission prüfte übrigens näher, ob es möglich sei, zwischen einem auf die Automobilbranche begrenzten CAD-Software-Markt, einem für jeden Anbieter eigenen CAD-Software-Markt und Märkten für High-End-CAD-Software für Automobilhersteller einerseits und für Automobilzulieferer andererseits zu unterscheiden. Sie gelangte zu dem Schluss, dass solche Märkte nicht gegeben sein dürften. Es gebe jedoch Hinweise, dass ein Markt für High-End-CAD-Software existiere und dass dieser die engstmögliche Abgrenzung des relevanten Marktes darstelle.

16      Des Weiteren ist dem angefochtenen Beschluss zu entnehmen, dass es nach Ansicht der Kommission nicht möglich ist, sich auf Märkte für Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters zu stützen.

17      Hinsichtlich der Frage, ob die Streithelferin oder Parametric auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innehaben, hielt es die Kommission für unwahrscheinlich, dass dies für den Markt für High-End-CAD-Software der Fall sei.

18      Schließlich vertrat die Kommission die Auffassung, dass selbst unter der Annahme, dass Dassault auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innehabe, nicht ersichtlich sei, dass eine solche Position missbraucht worden wäre. Aus dem angefochtenen Beschluss geht hervor, dass sich – was den ersten behaupteten Missbrauch anbelangt – diese Feststellung auf die Annahme stützte, dass die verlangten Schnittstelleninformationen nicht unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung zu sein schienen. Der Kommission zufolge scheint es zum einen alternative Lösungen zu geben und sei es zum anderen unwahrscheinlich, dass die Klägerin aufgrund des Verhaltens der Streithelferin oder von Parametric vom Markt für PDM-Software ausgeschlossen werde. Außerdem sei es nicht sehr wahrscheinlich, dass die Streithelferin ihre Stellung auf dem Markt missbrauche, indem sie die PDM-Softwarelösung, d. h. die Software Enovia, an die neue Version ihrer Software CATIA kopple.

 Verfahren und Anträge der Parteien

19      Mit Klageschrift, die am 21. Dezember 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.

20      Mit Schriftsatz, der am 9. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat Dassault systèmes beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.

21      Mit Beschluss vom 7. September 2016 hat der Präsident der Neunten Kammer des Gerichts den Streitbeitritt zugelassen.

22      Mit Schreiben vom 24. Oktober 2016 hat die Streithelferin auf die Einreichung eines Streithilfeschriftsatzes verzichtet.

23      Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter der Fünften Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache deshalb zugewiesen worden ist.

24      Wenn keine der Hauptparteien binnen der Frist von drei Wochen nach der Mitteilung, dass das schriftliche Verfahren abgeschlossen ist, die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt hat, kann das Gericht nach Art. 106 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung beschließen, über die Klage ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Da kein solcher Antrag gestellt worden ist und sich das Gericht auf der Grundlage des Akteninhalts für ausreichend unterrichtet hält, hat es im vorliegenden Fall beschlossen, ohne Fortsetzung des Verfahrens zu entscheiden.

25      Die Klägerin beantragt im Wesentlichen,

–        den angefochtenen Beschluss teilweise für nichtig zu erklären;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

26      Die Kommission beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

 Rechtliche Würdigung

27      Zur Stützung ihrer Klage macht die Klägerin vier Klagegründe geltend. Mit dem ersten Klagegrund werden Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler hinsichtlich der Abgrenzung der relevanten Märkte gerügt. Der zweite Klagegrund betrifft Rechtsfehler und offensichtliche Fehler bei der Beurteilung sowohl der marktbeherrschenden Stellung der Streithelferin und von Parametric als auch der missbräuchlichen Lizenzverweigerung gemäß Art. 102 AEUV, die diese beiden Unternehmen dadurch begangen hätten, dass sie sich geweigert hätten, die Schnittstelleninformationen zu ihrer CAD-Software zur Verfügung zu stellen. Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen die Begründungspflicht gerügt. Der vierte Klagegrund bezieht sich auf Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler im Zusammenhang mit der Schlussfolgerung der Kommission, dass kein hinreichendes Unionsinteresse bestanden habe, der Beschwerde weiter nachzugehen.

 Vorbemerkungen

28      Die Klägerin stützte ihre bei der Kommission eingelegte Beschwerde auf zwei verschiedene angebliche Verstöße gegen Art. 102 AEUV, nämlich zum einen die Weigerung der Streithelferin und von Parametric, die notwendigen Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA und der Software Pro/Engineer zur Verfügung zu stellen, und zum anderen die Entscheidung der Streithelferin, ihre PDM-Softwarelösung an die neue Version ihrer Software CATIA zu koppeln. Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Beschwerde in vollem Umfang zurückgewiesen. In der Klageschrift beanstandet die Klägerin jedoch nur den Standpunkt, den die Kommission im angefochtenen Beschluss hinsichtlich des ersten der beiden behaupteten Verstöße gegen Art. 102 AEUV eingenommen hat. Daraus folgt, dass sich die vorliegende Klage nicht auf die mit dem angefochtenen Beschluss vorgenommene Zurückweisung der Beschwerde bezieht, soweit diese den zweiten der behaupteten Verstöße gegen Art. 102 AEUV betraf.

29      Was die im vorliegenden Fall anwendbaren Unionsvorschriften anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 der Verordnung Nr. 773/2004 für den Beschwerdeführer keinen Anspruch auf eine abschließende Entscheidung der Kommission über das Vorliegen der geltend gemachten Zuwiderhandlung begründet und die Kommission jedenfalls nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer endgültigen Entscheidung fortzusetzen (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).

30      Die Kommission, der es nach Art. 105 Abs. 1 AEUV obliegt, auf die Verwirklichung der in den Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Grundsätze zu achten, hat nämlich die Wettbewerbspolitik der Union festzulegen und gemäß ihrer Ausrichtung durchzuführen. Um der wirksamen Erledigung dieser Aufgabe willen darf sie den Beschwerden, mit denen sie befasst wird, unterschiedliche Priorität beimessen und verfügt über ein entsprechendes Ermessen. Die Kommission ist insbesondere befugt, für die Bestimmung der Priorität, die den verschiedenen bei ihr anhängigen Beschwerden beizumessen ist, auf das Unionsinteresse Bezug zu nehmen (Urteile vom 19. September 2013, EFIM/Kommission, C‑56/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:575, Rn. 83, und vom 18. September 1992, Automec/Kommission, T‑24/90, EU:T:1992:97, Rn. 77, vgl. auch Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 81 und die dort angeführte Rechtsprechung).

31      Zwar darf die gerichtliche Kontrolle eines Beschlusses, mit dem eine Beschwerde zurückgewiesen wird, nicht dazu führen, dass das Gericht seine Beurteilung des Unionsinteresses an die Stelle der Beurteilung durch die Kommission setzt, jedoch ist das Ermessen, über das die Kommission hierbei verfügt, nicht unbegrenzt. Die Kommission muss nämlich alle tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte aufmerksam prüfen, die ihr die Beschwerdeführer zur Kenntnis bringen (vgl. Urteile vom 19. September 2013, EFIM/Kommission, C‑56/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2013:575, Rn. 84 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 82 und die dort angeführte Rechtsprechung).

32      Bei der Würdigung des Unionsinteresses an der Fortführung der Untersuchung einer Sache muss die Kommission die Umstände des konkreten Falles und insbesondere die tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte berücksichtigen, die in der bei ihr eingereichten Beschwerde vorgebracht werden. Sie hat insbesondere, nachdem sie mit der erforderlichen Sorgfalt die vom Beschwerdeführer vorgetragenen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geprüft hat, die Bedeutung der behaupteten Zuwiderhandlung für das Funktionieren des Binnenmarkts, die Wahrscheinlichkeit des Nachweises ihres Vorliegens sowie den Umfang der notwendigen Ermittlungsmaßnahmen gegeneinander abzuwägen, um ihre Aufgabe, die Einhaltung der Art. 101 und 102 AEUV zu überwachen, bestmöglich erfüllen zu können (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

33      Nach gefestigter Rechtsprechung darf die Kommission eine Beschwerde bereits dann mangels hinreichenden Unionsinteresses an der Fortführung der Untersuchung der Sache zurückweisen, wenn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Verstoß gegen die Art. 101 und 102 AEUV nachgewiesen wird, nur begrenzt ist und der Umfang der notwendigen Ermittlungsmaßnahmen unverhältnismäßig ist (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2008, Scippacercola und Terezakis/Kommission, T‑306/05, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:9, Rn. 187 bis 190).

34      Schließlich ist festzustellen, dass mit der gerichtlichen Kontrolle eines Beschlusses, mit dem eine Beschwerde zurückgewiesen wird, überprüft werden soll, ob der streitige Beschluss nicht auf unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruht und ob er nicht mit einem Rechtsfehler, einem offensichtlichen Beurteilungsfehler oder einem Ermessensmissbrauch behaftet ist (vgl. Urteil vom 17. Dezember 2014, Si.mobil/Kommission, T‑201/11, EU:T:2014:1096, Rn. 85 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Die vorliegende Klage ist im Licht dieser Grundsätze zu prüfen.

36      Zunächst ist der dritte Klagegrund zu prüfen.

 Zum dritten Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht

37      Nach Ansicht der Klägerin ist die Kommission in Bezug auf vier Aspekte des angefochtenen Beschlusses ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen. Erstens habe die Kommission nicht geprüft, ob der Markt für CAD-Software für die Automobilbranche im vorliegenden Fall als der relevante Markt angesehen werden könne. Zweitens habe die Kommission hinsichtlich der Prüfung anbieterspezifischer Märkte für CAD-Software ihre rechtliche Würdigung auf eine veraltete Tatsachengrundlage gestützt, die sie zudem falsch verstanden habe. Drittens habe die Kommission nicht dargelegt, inwiefern sie aus dem Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), habe ableiten können, dass kein eigener Markt für Schnittstelleninformationen abzugrenzen sei. Viertens habe die Kommission den Rückschluss von der Abgrenzung eines eigenen Marktes für die CAD-Schnittstelleninformationen der jeweiligen Hersteller auf eine automatisch vorliegende marktbeherrschende Stellung nicht erörtert.

38      Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen. Ihrer Ansicht nach hat sie den angefochtenen Beschluss ausreichend begründet.

39      Nach gefestigter Rechtsprechung muss die in Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung von Rechtsakten der Unionsorgane der Natur des betreffenden Rechtsakts und dem Kontext, in dem er erlassen worden ist, angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Das Begründungserfordernis ist nach sämtlichen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, insbesondere nach dem Inhalt des Rechtsakts, nach der Art der angeführten Gründe und nach dem Interesse, das die Adressaten oder andere von dem Rechtsakt unmittelbar und individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (vgl. Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P, EU:C:1998:154, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 25. Juni 2014, Nexans und Nexans France/Kommission, C‑37/13 P, EU:C:2014:2030, Rn. 31 und 32 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

40      Was insbesondere die Behandlung einer Beschwerde wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht der Union anbelangt, unterliegt die Kommission einer Begründungspflicht, wenn sie die weitere Prüfung einer Beschwerde ablehnt. Da die Begründung so genau und detailliert sein muss, dass das Gericht die Ausübung der Ermessensbefugnis der Kommission zur Festlegung der Prioritäten wirksam überprüfen kann, hat die Kommission die Tatsachen, von denen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses abhängt, und die rechtlichen Erwägungen anzuführen, die sie zum Erlass ihres Beschlusses veranlasst haben (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 31. März 2011, EMC Development/Kommission, C‑367/10 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2011:203, Rn. 75 und die dort angeführte Rechtsprechung).

41      Hinsichtlich des ersten von der Klägerin vorgebrachten Aspekts ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kommission in den Rn. 29 bis 33 des angefochtenen Beschlusses entgegen dem Vorbringen der Klägerin im Einzelnen mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob für die Automobilbranche ein eigener Markt für CAD-Software abzugrenzen ist (siehe unten, Rn. 93 bis 98).

42      Was den zweiten von der Klägerin geltend gemachten Aspekt anbelangt, nämlich den Vorwurf, die Tatsachengrundlage für die Würdigung durch die Kommission sei veraltet gewesen und zudem falsch ausgelegt worden, geht aus der Klageschrift hervor, dass dieses Argument die Heranziehung und Auslegung eines Zeitungsartikels im Zusammenhang mit der von Daimler vorgenommenen Umstellung von der CAD-Software der Streithelferin auf die CAD-Software von Siemens betrifft. Wie die Kommission aber zutreffend angemerkt hat, handelt es sich hierbei nicht um eine Frage der Begründungspflicht nach Art. 296 AEUV, sondern um eine solche der Beweiswürdigung und somit der materiellen Rechtmäßigkeit des angefochtenen Beschlusses.

43      Zum dritten von der Klägerin geltend gemachten Aspekt ist festzustellen, dass er die Erwägungen der Kommission zu der Frage betrifft, ob Märkte für die Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters abzugrenzen sind. Im angefochtenen Beschluss ist die Kommission zu dem Ergebnis gelangt, dass eine solche Abgrenzung des relevanten Marktes zur Folge hätte, dass jeder Hersteller einer CAD-Software auf den Märkten für Schnittstelleninformationen zu dieser Software automatisch eine beherrschende Stellung innehätte, was dazu führen würde, dass der relevante Markt und die Marktmacht verschiedener Hersteller verzerrt dargestellt würden. Diese – wenngleich kurze – Begründung reichte dafür aus, dass die Klägerin von den Überlegungen der Kommission Kenntnis nehmen konnte und das Gericht in diesem Punkt seine Kontrollaufgabe wahrnehmen kann. Wie die Kommission in der Klagebeantwortung geltend gemacht hat, war es insoweit nicht notwendig, näher zu erläutern, auf welche Weise sie das Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), verstanden hatte.

44      Hinsichtlich des vierten von der Klägerin geltend gemachten Aspekts ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin – wie von der Kommission zutreffend angemerkt – selbst ausgeführt hatte, dass „[i]m Hinblick auf die Märkte für CAD/PDM[-Software]-Schnittstellen-Informationen … jeder Hersteller ein Monopolist hinsichtlich Schnittstelleninformationen seiner Produktlinie“ sei und dass „ein Substitut für die Schnittstelleninformationen der Hersteller … nicht [existiere]“. Unter diesen Umständen bestand für die Kommission gewiss keine Notwendigkeit, näher zu erläutern, warum sie davon ausging, dass die von der Klägerin vorgeschlagene Marktabgrenzung zu einer beherrschenden Stellung jedes Anbieters führen würde.

45      Es trifft zu, dass die Kommission in dem Teil des angefochtenen Beschlusses, in dem ein möglicher Missbrauch geprüft wird, dem Anschein nach ausschließlich die Lage und das Verhalten der Streithelferin betrachtet, obwohl sich die Beschwerde der Klägerin auch gegen Parametric richtet. Aus dem angefochtenen Beschluss geht aber hervor, dass es keinen relevanten Markt zu geben scheint, auf dem die Streithelferin oder Parametric eine beherrschende Stellung innehätten. Die Kommission war daher keineswegs verpflichtet, zu prüfen, ob das Verhalten von Parametric einen Missbrauch darstellen konnte. Im Übrigen wirft die Klägerin selbst der Kommission vor, nicht weiter geprüft zu haben, ob die Streithelferin einen Missbrauch begangen hatte, ohne in diesem Zusammenhang Parametric zu erwähnen.

46      Nach alledem ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum ersten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler bei der Abgrenzung der relevanten Märkte

47      Nach Auffassung der Klägerin hat die Beklagte Rechtsfehler und offensichtliche Beurteilungsfehler begangen, indem sie ihre Hinweise auf und Argumente für eine engere Abgrenzung der relevanten Märkte nicht berücksichtigt habe, die zum einen eigene Märkte für anbieterspezifische CAD-Software oder zumindest High-End-CAD-Software für die Automobilbranche und weiter gehend Automobilhersteller und Automobilzulieferer sowie zum anderen einen Markt für Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters nahelegten.

48      Es ist daher zu prüfen, ob der angefochtene Beschluss fehlerhaft ist, soweit er die Frage betrifft, ob diese Märkte als im vorliegenden Fall relevant erachtet werden konnten.

49      Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission die Frage des relevanten Marktes in sechs Abschnitten geprüft. Der erste Abschnitt enthält allgemeine Erwägungen zur Abgrenzung des relevanten Marktes. Der zweite Abschnitt betrifft den Markt für High-End-CAD-Software, der nach Ansicht der Kommission ein im vorliegenden Fall relevanter Markt sein könnte. Im dritten Abschnitt wird geprüft, ob ein Markt für High-End-CAD-Software für die Automobilbranche existiert. Der vierte Abschnitt betrifft die Frage, ob zum einen für die CAD-Software eines jeden Anbieters ein gesonderter Markt existiert und zum anderen ein Markt für Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters besteht. Im fünften Abschnitt soll festgestellt werden, ob für High-End-CAD-Software zum einen ein Markt für Automobilhersteller und zum anderen ein solcher für Automobilzulieferer existiert. Der sechste Abschnitt enthält schließlich eine Zusammenfassung der Schlussfolgerungen der Kommission zur Frage des relevanten Marktes.

50      Nach Ansicht des Gerichts ist für die Prüfung der vorliegenden Klage eine leicht abgewandelte Reihenfolge einzuhalten. Insbesondere erscheint es offensichtlich zweckmäßig, zu prüfen, ob für die CAD-Software eines jeden Anbieters ein gesonderter Markt existiert, bevor geprüft wird, ob möglicherweise spezifische Märkte für die Automobilbranche existieren. Die Frage, ob ein Markt für Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters existiert, wird als Letztes geprüft werden. Nicht geprüft werden muss hingegen, ob der Markt für High-End-CAD-Software – wie es der angefochtene Beschluss nahelegt – ein relevanter Markt sein könnte, da die Klägerin die Abgrenzung dieses Marktes nur insofern anficht, als sie geltend macht, dass ein engerer relevanter Markt abgegrenzt werden könnte.

 Zur Abgrenzung des relevanten Produktmarkts im Allgemeinen

51      Im angefochtenen Beschluss hat die Kommission zunächst darauf hingewiesen, dass die ihr vorliegenden unabhängigen Marktstudien – darunter eine Reihe von der CIMdata, Inc., einem auf Unternehmensberatung spezialisierten Unternehmen mit Sitz in den Vereinigten Staaten von Amerika, durchgeführter Studien – keine der von der Klägerin vorgeschlagenen Marktabgrenzungen untermauerten.

52      Dem angefochtenen Beschluss zufolge unterscheiden diese Studien auf dem Markt für PLM-Lösungen eine gewisse Anzahl von Segmenten, darunter das Segment der Lösungen für die mechanische Produktion, das sich weiter aufteile in multidisziplinäre Lösungen für die mechanische Produktion und design-fokussierte Lösungen für die mechanische Produktion. Sowohl die Software CATIA als auch die Software Pro/Engineer werden in diesen Studien als multidisziplinäre Lösungen für die mechanische Produktion eingestuft.

53      Im angefochtenen Beschluss wird zudem darauf hingewiesen, dass sich die Kommission bereits in zwei auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 139/2004 des Rates vom 20. Januar 2004 über die Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, L 24, S. 1) erlassenen Beschlüssen mit der Frage des für PLM-Softwarelösungen, zu denen CAD-Software gehöre, relevanten Marktes befasst habe. Eine im Rahmen der Prüfung der Sache COMP/M.5763 (Dassault systèmes/IBM DS PLM Software business) durchgeführte Marktuntersuchung schien dem angefochtenen Beschluss zufolge darauf hinzudeuten, dass eine Segmentierung des Marktes für PLM-Softwarelösungen in einzelne Anwendungen (darunter CAD‑ und PDM-Software) angebracht sein könnte.

54      Insoweit beschränkt sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, Zweifel an der Relevanz und der Zuverlässigkeit des von der Kommission für die oben genannten Erwägungen herangezogenen Materials zu äußern.

55      Die Tatsache, dass – wie von der Klägerin geltend gemacht – keine der von der Kommission herangezogenen Marktstudien eine Abgrenzung der relevanten Märkte anhand der Rechtsregeln des Wettbewerbsrechts der Union vorgenommen hat, bedeutet aber nicht, dass diese Studien für die Abgrenzung des relevanten Marktes bedeutungslos sind. Die Klägerin bestreitet nämlich nicht, dass es sich bei CIMdata, der Verfasserin der von der Kommission im angefochtenen Beschluss angeführten Marktstudien, um eine Informationsquelle handelt, die in der Branche für CAD-Software als verlässlich gilt.

56      In der Erwiderung bringt die Klägerin vor, die Tatsache, dass ihr solche Studien, „die von gewissensorientierten Unternehmen für die zahlungskräftige und zahlungswillige Industrie erstellt werden“, vorgehalten würden, bestätige, dass die Kommission ihrer Aufgabe der Marktabgrenzung als Rechtsanwendung nicht nachgekommen sei. Dieses Argument ist zurückzuweisen. Zum einen beschränkt sich die Klägerin insoweit auf die implizite Unterstellung, dass diese Studien nicht völlig objektiv seien, ohne diese Annahme zu erläutern oder zu begründen. Zum anderen kann jedenfalls nicht beanstandet werden, dass die Kommission Marktstudien berücksichtigt hat, die von einem Unternehmen erstellt worden waren, auf das sich die Klägerin in ihrer Beschwerde selbst gestützt hat.

57      Die Klägerin hat jedenfalls weder behauptet noch nachgewiesen, dass die Kommission auf der Grundlage dieser Marktstudien zu der Schlussfolgerung hätte gelangen müssen, dass einer der von der Klägerin vorgeschlagenen Märkte als der im vorliegenden Fall relevante Markt anzusehen sei.

58      Was die beiden auf der Grundlage der Verordnung Nr. 139/2004 erlassenen Beschlüsse anbelangt, auf die der angefochtene Beschluss Bezug nimmt, macht die Klägerin zutreffend geltend, dass die Kommission in diesen Beschlüssen die Abgrenzung des relevanten Marktes ausdrücklich offengelassen hat. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Klägerin in keiner Weise nachgewiesen hat, dass die Kommission zu Unrecht zu der Schlussfolgerung gelangte, dass die Ergebnisse der im Rahmen der Prüfung einer dieser Sachen durchgeführten Marktuntersuchung die von der Klägerin vorgeschlagenen engen Abgrenzungen des relevanten Marktes nicht stützten.

 Zur angeblichen Existenz anbieterbezogener Märkte für CAD-Software

59      Was insbesondere die von der Klägerin behauptete Existenz anbieterbezogener Märkte für CAD-Software anbelangt, stellt die Kommission im angefochtenen Beschluss fest, dass die Existenz solch enger Märkte unwahrscheinlich sei.

60      Dieser Schluss beruht auf folgenden Erwägungen.

61      Erstens gebe es Endkunden von CAD-Software, die nachweislich eine Umstellung von einem High-End-CAD-Anbieter zu einem anderen vorgenommen hätten. So habe beispielsweise der deutsche Automobilhersteller Daimler im Jahr 2010 von der CAD-Software der Streithelferin auf die CAD-Software von Siemens umgestellt. Außerdem habe die Klägerin selbst den Wechsel des US-amerikanischen Automobilherstellers Ford von einer CAD-Software zu einer anderen erwähnt.

62      Zweitens komme es nachweislich auch zu Anbieterwechseln, wenn Automobilhersteller ein neues Design-Projekt lancierten, wie dies der US-amerikanische Automobilhersteller Chrysler im Jahr 2010 getan habe.

63      Drittens werde eine Umstellung dadurch erleichtert, dass hoch entwickelte Unternehmen wie Automobilhersteller mehrere CAD-Systeme gleichzeitig betrieben.

64      Viertens könne eine Umstellung durch CAD-Datentranslatoren erleichtert werden, die unterschiedliche High-End-CAD-Systeme kompatibel werden ließen und auf unterschiedliche Datenformate zurückzuführende Kundenbindungen verhinderten. Es liege nämlich im Interesse eines konkurrierenden Anbieters von CAD-Software, den Kunden eine Möglichkeit anzubieten, wie die existierenden Datenformate eines etablierten Anbieters von CAD-Software in das eigene Format übertragen werden können.

65      Nach dem angefochtenen Beschluss hatten die Kunden somit Möglichkeiten, die Bindung an einen einzigen Anbieter von CAD-Software zu vermeiden.

66      Die Kommission hat im Übrigen im angefochtenen Beschluss hervorgehoben, dass nicht nur Unternehmen, die bereits Kunden seien, die Software wechseln könnten, sondern dass auch neue Kunden, die eine CAD-Software kaufen wollten, zwischen mehreren Anbietern wählen könnten, ohne dadurch eingeschränkt zu sein, dass sie in der Vergangenheit ein bestimmtes System eingesetzt hätten.

67      Dem hält die Klägerin im Wesentlichen entgegen, dass die im angefochtenen Beschluss angeführten Umstellungen auf eine andere CAD-Software nicht die Auffassung der Kommission zu stützen vermöchten, und dass die Tatsache, dass bestimmte Unternehmen mehrere CAD-Systeme gleichzeitig betrieben, bestätige, dass es anbieterbezogene Märkte für CAD-Software gebe. Zudem habe die Kommission in Bezug auf die CAD-Datentranslatoren nicht die Probleme berücksichtigt, die mit dieser Datenumwandlung verbunden seien.

68      Konkret bringt die Klägerin Folgendes vor.

69      Die Kommission habe ihre Schlussfolgerung allein auf den Hinweis auf die Umstellungen zweier Unternehmen gestützt, wobei diese Umstellungen nicht repräsentativ, sondern Sonderfälle seien. Was Ford betreffe, habe es sich um einen erzwungenen Wechsel zu einem neuen CAD-System gehandelt, da die von Ford zuvor benutzte Software vom Anbieter eingestellt worden sei. Was Daimler anbelange, habe es sich um eine Reaktion auf die Markteinführung der neuen Version der Software CATIA durch die Streithelferin gehandelt, die die PDM-Software Enovia enthalten habe, die mit dem von Daimler genutzten PDM-System nicht harmoniert habe. Hinzu sei die Erfahrung gekommen, die Daimler mit der Umstellung von einer früheren Version der Software CATIA auf eine andere Version gemacht habe, die tatsächlich der Umstellung auf ein neues Produkt gleichgekommen sei.

70      Im Zusammenhang mit diesem Beispiel habe sich die Kommission im Übrigen auf ein falsches Zitat gestützt und so den Sachverhalt verfälscht, den sie ihrer Beurteilung zugrunde gelegt habe.

71      Die Klägerin weist zudem darauf hin, dass sich Daimler die Umstellung einen beachtlichen Betrag habe kosten lassen. Es komme aber auf die Dauer und den finanziellen Aufwand der Umstellung an, um beurteilen zu können, ob es sich um Wettbewerb auf einem sachlich relevanten Markt handle. Wer sich einmal für ein CAD-System entscheide, sei mit seinen Projekten in diesem System gefangen und könne sich nur unter Inkaufnahme erheblichen wirtschaftlichen Aufwands daraus befreien.

72      Zudem müsse nach Rn. 17 der Bekanntmachung der Kommission über die Definition des relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. 1997, C 372, S. 5, im Folgenden: Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes) zwecks Bewertung der wahrscheinlichen Reaktion der Kunden auf eine Preisänderung ein Test durchgeführt werden, der in einem gedanklichen Experiment bestehe, bei dem von einer kleinen, bleibenden Änderung der relativen Preise (im Bereich zwischen 5 % und 10 %) für ein bestimmtes Produkt gegenüber den Preisen für leicht verfügbare Substitute ausgegangen werde, nämlich dem „small but significant nontransitory increase in price“-Test (kleine, aber signifikante und anhaltende Preiserhöhung) (im Folgenden: SSNIP-Test). Nach Ansicht der Klägerin ergibt sich daraus, dass zwei verschiedene Märkte vorlägen, wenn die Kunden bei einer kleinen, aber bleibenden Erhöhung der Preise (im Bereich zwischen 5 % und 10 %) eines bestimmten Produkts nicht auf ein anderes Produkt wechselten. Im Bereich der CAD-Systeme würde aber angesichts der mit der Umstellung verbundenen Nebenkosten eine Preiserhöhung von 5 % bis 10 % von den Kunden hingenommen werden müssen.

73      Was die von Chrysler durchgeführte Umstellung anbelange, habe diese nichts mit Marktabgrenzung zu tun, da sie nicht durch Wettbewerb hervorgerufen worden sei, sondern durch den Zusammenschluss von Fiat (Siemens-Kunde) und Chrysler (seinerzeit noch Kunde der Streithelferin).

74      Außerdem bestehe die Hauptkundengruppe, die mehrere CAD-Systeme parallel betreibe, aus den nicht auf einen Automobilhersteller fixierten Zulieferern, die sich an das jeweilige CAD-System des Herstellers anpassen müssten. Demgegenüber betrieben die Automobilhersteller grundsätzlich nur ein CAD-System, um Kosten zu sparen. Die Tatsache, dass es Unternehmen gebe, die mehrere CAD-Systeme betrieben, spreche gerade für die Abgrenzung anbieterspezifischer Märkte für CAD-Software. Ein Unternehmen würde nämlich nicht mehrere Systeme betreiben, wenn sie nicht unterschiedliche Bedürfnisse befriedigen würden und sie tatsächlich funktionell austauschbar wären.

75      Schließlich vertrete die Beklagte zu Fähigkeiten und Nutzen von Datentranslatoren eine Ansicht, die auf „Marketing-Texte“ der Klägerin rekurriere, nicht aber die im Detail schon in der Beschwerde dargelegten Probleme der Daten-Konvertierung im CAD-Bereich berücksichtige.

76      Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.

77      Vor der Prüfung dieses Vorbringens ist festzustellen, dass die Klägerin der Auffassung ist, dass es in Fällen des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung in Anerkennung der Tatsache, dass Missbräuche ohne die notwendige Marktmacht schlicht nicht möglich seien, angebracht sei, von folgender Daumenregel auszugehen: „Der Markt ist da, wo der Missbrauch stattfindet.“

78      Der von der Klägerin vorgeschlagene Ansatz scheint sich auf die Annahme zu gründen, dass ohne die notwendige Marktmacht Missbräuche nicht möglich seien. Aus dem Vorliegen eines Missbrauchs könne daher das Bestehen einer marktbeherrschenden Stellung abgeleitet werden. Wie die Kommission jedoch zutreffend geltend gemacht hat, gibt es keine solche Regel. Für die Anwendbarkeit von Art. 102 AEUV muss sowohl nachgewiesen werden, dass das fragliche Unternehmen eine beherrschende Stellung auf dem relevanten Markt innehat, als auch, dass es diese Stellung missbraucht hat.

79      Zu den im angefochtenen Beschluss angeführten Umstellungen auf eine andere CAD-Software ist festzustellen, dass das Vorhandensein solcher Umstellungen tatsächlich geeignet ist, die Auffassung der Klägerin in Frage zu stellen, wonach wegen eines angeblichen „lock-in“ der Kunden (was bedeute, dass der Kunde, sobald er sich einmal auf ein CAD-System festgelegt habe, untrennbar an dieses gebunden sei) jedes CAD-System einen gesonderten relevanten Markt bilde.

80      Es ist allerdings so, dass sich solche Umstellungen, wenn sie Umständen geschuldet sind, die nichts mit dem Wettbewerb zwischen Anbietern zu tun haben, sehr wohl als für die Stützung des Standpunkts der Kommission irrelevant erweisen könnten.

81      Zu dem Fall Ford hat die Klägerin ohne Widerspruch durch die Kommission geltend gemacht, dass die Umstellung auf eine neue CAD-Software durch die Tatsache notwendig geworden sei, dass die von diesem Unternehmen zuvor benutzte CAD-Software nicht mehr verfügbar gewesen sei. Daraus folgt, dass eine solche Umstellung für die Stützung des Standpunkts der Kommission nicht relevant ist.

82      Was hingegen Daimler betrifft, geht aus den Erläuterungen durch die Klägerin selbst hervor, dass dieses Unternehmen angesichts der neuen Version des von der Streithelferin angebotenen Produkts und seiner Erfahrung mit der Umstellung auf die Vorgängerversion der Software beschlossen habe, auf eine andere CAD-Software umzustellen. Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass es sich hierbei um einen Sonderfall gehandelt habe und die Kommission ihre Schlussfolgerung, dass anbieterspezifische Märkte für CAD-Software nicht ersichtlich seien, nicht auf diesen Fall habe gründen können. Dasselbe gilt für den Fall Chrysler. Die Klägerin beschränkt sich insoweit nämlich auf den Hinweis, dass die von diesem Unternehmen vorgenommene Umstellung auf eine andere CAD-Software auf seinen Zusammenschluss mit Fiat zurückzuführen sei. Dieser Hinweis reicht aber nicht aus, um nachzuweisen, dass die Kommission dieses Unternehmen nicht als Beispiel hätte heranziehen dürfen.

83      Es trifft zu, dass der angefochtene Beschluss in Bezug auf Daimler eine kleine Ungenauigkeit aufweist, was die Kommission übrigens in der Klagebeantwortung eingeräumt hat. Während Daimler ausweislich des angefochtenen Beschlusses im Jahr 2010 unter der Annahme, dass die Umstellung 18 Monate dauern werde, von der CAD-Software der Streithelferin auf die CAD-Software von Siemens umgestiegen ist, geht aus dem Zeitungsartikel, auf den sich die Kommission in diesem Zusammenhang gestützt hat, hervor, dass im Jahr 2010 lediglich beschlossen worden war, eine solche Umstellung vorzunehmen, und dass die Umstellung 18 Monate später beginnen sollte. Diese Ungenauigkeit berührt jedoch nicht das Ergebnis, dass die Kommission berechtigt war, Daimler als Beispiel für ein Unternehmen zu nennen, dass den Anbieter von CAD-Software gewechselt hatte.

84      Die Tatsache, dass solche Umstellungen kostspielig sein und eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen können – was die Kommission übrigens nicht bestreitet –, berührt nicht die Feststellung, dass die vorgenommenen Umstellungen für die Abgrenzung der Märkte relevant sind. Die Kommission hat zutreffend darauf hingewiesen, dass es sich bei den Kunden von CAD-Software-Anbietern regelmäßig um Unternehmen handelt, die sowohl über Nachfragemacht als auch über erheblichen Sachverstand verfügen und durchaus in der Lage sind, sowohl den künftigen Umstellungszeitraum als auch die mit der Umstellung verbundenen Kosten (d. h. die Kosten für die Beseitigung des angeblichen „lock-in“) im Voraus zu berechnen und bei der Abwägung der Angebote konkurrierender CAD-Software-Anbieter zu berücksichtigen.

85      Zu dem auf die Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes gestützten Vorbringen der Klägerin genügt die Feststellung, dass sie sich auf die Aussage beschränkt, dass die Ergebnisse eines SSNIP-Tests gezeigt hätten, dass jede CAD-Software einen gesonderten relevanten Markt bilde, ohne jedoch konkrete Daten hierzu vorzulegen. In Wirklichkeit wirft die Klägerin der Kommission vor, im vorliegenden Fall keinen SSNIP-Test durchgeführt zu haben. Ein solcher Vorwurf betrifft aber nicht die Würdigung der Beweise, die der Kommission beim Erlass des angefochtenen Beschlusses zur Verfügung standen, sondern die Frage, ob die Kommission weitere Untersuchungen hätte durchführen müssen. Das auf die Bekanntmachung über die Definition des relevanten Marktes gestützte Vorbringen der Klägerin eignet sich daher nicht als Nachweis dafür, dass die Kommission bei der Beurteilung des Materials, das ihr beim Erlass des angefochtenen Beschlusses zur Verfügung stand, Rechtsfehler oder offensichtliche Beurteilungsfehler begangen hat.

86      Zur möglichen Relevanz der Tatsache, dass es Unternehmen gibt, die mehrere CAD-Systeme gleichzeitig betreiben, ist zunächst anzumerken, dass der angefochtene Beschluss in diesem Zusammenhang insoweit fehlerhaft ist, als darin darauf hingewiesen wird, dass die Klägerin in ihrer Beschwerde angegeben habe, dass mehrere Automobilhersteller mehrere CAD-Systeme parallel nutzten. An der von der Kommission angeführten Stelle beschränkt sich die Klägerin nämlich auf die Erwähnung der gleichzeitigen Nutzung mehrerer CAD-Systeme, ohne näher auszuführen, um welche Unternehmensart es sich handelt. Dieser Fehler hat jedoch für die Begründetheit des Standpunkts der Kommission keinerlei Bedeutung. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, wenngleich sie geltend macht, dass die Hauptkundengruppe, die mehrere CAD-Systeme parallel betreibe, aus den Zulieferern für Automobilhersteller bestehe, nicht ausschließt, dass es sich mit Automobilherstellern genauso verhält, da sie sich auf die Behauptung beschränkt, dass diese „grundsätzlich“ nur ein CAD-System betrieben.

87      Der Sache nach erscheint es offensichtlich, dass der Umstand, dass ein Unternehmen bereits eine CAD-Software benutzt, seine Entscheidung, diese CAD-Software in größerem Umfang oder sogar unter Ausschluss anderer bisher eingesetzter CAD-Systeme zu benutzen, erleichtern kann. Es ist richtig, dass diese Nutzung mehrerer CAD-Systeme durch ein und dasselbe Unternehmen auch – wie von der Klägerin geltend gemacht – ein Indiz dafür sein könnte, dass diese Systeme funktionell nicht austauschbar sind. Die Klägerin hat jedoch nicht nachgewiesen, dass diese Auslegung tatsächlich geboten ist und der Kommission daher bei dieser Frage ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.

88      Was das Vorbringen zur Möglichkeit der Benutzung von Datentranslatoren anbelangt, ist Folgendes festzustellen. Im angefochtenen Beschluss führt die Kommission zunächst von Parametric erhaltene Informationen an, wonach Anbieter von CAD- Programmen üblicherweise Translatoren zur Verfügung stellten, damit von anderen CAD-Programmen erstellte Dateien in die eigenen Programme importiert werden könnten. Aus diesen Informationen geht des Weiteren hervor, dass Parametric selbst Translatoren zur Konvertierung von Dateien zur Verfügung stellt, die mit dem CAD-Programm der Streithelferin oder CAD-Programmen anderer Anbieter erstellt wurden. Schließlich nimmt die Kommission auf etwas Bezug, was sie als eines der Schlüsseldokumente im vorliegenden Fall bezeichnet, nämlich ein Dokument der Streithelferin, in dem die Funktionsweise von Datentranslatoren beschrieben wird.

89      In der Klageschrift bringt die Klägerin hierzu lediglich vor, die Kommission habe sich auf ihre „Marketing-Texte“ gestützt und nicht die in der Beschwerde erläuterten Probleme der Daten-Konvertierung berücksichtigt. Es ist jedoch festzustellen, dass sich der angefochtene Beschluss insoweit nicht nur auf „Marketing-Texte“ der Klägerin stützt, sondern auch auf Informationen, die von der Streithelferin und von Parametric stammen. Außerdem hat die Klägerin keine nähere Erläuterung geliefert, anhand deren festgestellt werden könnte, dass die Informationen in dem Dokument, das von ihr selbst stammt und auf das im angefochtenen Beschluss Bezug genommen wird, unrichtig seien oder anders hätten ausgelegt werden müssen.

90      Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass sich das Vorbringen der Klägerin vollständig auf die Frage konzentriert, wie der Markt abzugrenzen ist, wenn ein Unternehmen sich einmal für eine bestimmte CAD-Software entschieden hat. Wie die Kommission zutreffend ausgeführt hat, wird im angefochtenen Beschluss jedoch unterstrichen, dass neue Kunden, die eine CAD-Software kaufen wollten, zwischen High-End-CAD-Systemen von mindestens vier Anbietern (darunter die Streithelferin und Parametric) auswählen können. Die Klägerin hat nichts vorgebracht, wodurch dies in Zweifel gezogen werden könnte.

91      Wie die Kommission zutreffend angemerkt hat, entspricht die Annahme der Existenz anbieterspezifischer Märkte im Übrigen nicht der Art und Weise, in der die Klägerin selbst in ihrer Beschwerde die relevanten Marktverhältnisse dargestellt hat. Dort führte die Klägerin nämlich aus, dass Anbieter von CAD-Software, die auch PDM-Softwarelösungen anböten, „in erster Linie die CAD-Systeme des Wettbewerbers ersetzen“ wollten und kein Interesse daran hätten, Interoperabilität ihrer PDM-Systeme „mit den CAD-Systemen anderer, konkurrierender CAD-Software-Herstellern“ zu fördern. Daraus folgt, dass die Klägerin selbst der Auffassung war, dass die unterschiedlichen Anbieter von CAD-Programmen untereinander im Wettbewerb stünden.

92      Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission ohne Rechtsfehler und ohne offensichtliche Beurteilungsfehler zu dem Schluss gelangt ist, dass es aufgrund der ihr zur Verfügung stehenden Informationen nicht sehr wahrscheinlich sei, dass die von der Klägerin behaupteten anbieterspezifischen Märkte für CAD-Software existierten.

 Zur angeblichen Existenz eines Marktes für High-End-CAD-Software für die Automobilbranche

93      Im angefochtenen Beschluss ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass CAD-Programme nicht nur in der Automobilbranche miteinander im Wettbewerb stünden, sondern über eine Reihe von Branchen hinweg, und dass der sachlich relevante Markt demnach genauso umfassend abgegrenzt werden müsse.

94      Dieser Schluss beruht auf folgenden Erwägungen.

95      Erstens habe die Klägerin in ihrer Beschwerde selbst angegeben, dass das CAD-Produkt der Streithelferin ursprünglich aus der Raumfahrttechnik komme, und Zahlen zu den Marktanteilen der Programme der Streithelferin, von Parametric und von Siemens in den Branchen Luft‑ und Raumfahrt und Maschinen‑ und Anlagenbau genannt, was nahelege, dass es einen branchenübergreifenden Wettbewerb für CAD-Produkte gebe.

96      Zweitens habe die Streithelferin angegeben, dass die Produkte über das gesamte Branchenspektrum hinweg in einem Wettbewerb stünden und die für die verschiedenen Branchen angebotenen Produkte weitgehend austauschbar seien.

97      Drittens hätten sowohl Siemens als auch Parametric der Kommission mitgeteilt, dass ihre CAD-Produkte in einer großen Bandbreite von Branchen eingesetzt würden.

98      Viertens sei von entscheidender Bedeutung, dass in den Jahresberichten der Analysten der Softwarebranche – wie etwa CIMdata – der Einsatz von CAD-Produkten nicht auf die Automobilbranche beschränkt worden sei.

99      Die Klägerin hat daher zu Unrecht geltend gemacht, dass die Kommission nicht geprüft habe, ob der Markt für CAD-Software für die Automobilbranche im vorliegenden Fall als der relevante Markt angesehen werden könnte (vgl. auch oben, Rn. 41). Darüber hinaus ist festzustellen, dass die Klägerin zu den vier oben in den Rn. 95 bis 98 angeführten Aspekten in keiner Weise Stellung genommen hat.

100    Unter diesen Umständen ist im Ergebnis festzustellen, dass die Klägerin in keiner Weise nachgewiesen hat, dass der Kommission ein Rechtsfehler oder ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist, als sie zu dem Schluss gelangt ist, dass es auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen nicht ersichtlich sei, dass es einen auf die Automobilbranche begrenzten CAD-Software-Markt gebe.

 Zur angeblichen Existenz eines Marktes für High-End-CAD-Software für Automobilhersteller und eines solchen für Automobilzulieferer

101    Bezüglich der möglichen Unterscheidung zwischen einem Markt für High-End-CAD-Software für Automobilhersteller einerseits und eines solchen für Automobilzulieferer andererseits weist die Kommission im angefochtenen Beschluss darauf hin, dass eine Kundengruppe für sich genommen einen engeren, eigenständigen Markt darstellen könne, wenn sie Gegenstand einer Preisdiskriminierung sein könne. Dies scheine vorliegend jedoch nicht der Fall zu sein.

102    Dieser Schluss beruht auf folgenden Erwägungen.

103    Erstens hätten Anbieter von CAD-Software wie die Streithelferin und Siemens der Kommission mitgeteilt, dass sie auf der Grundlage objektiver Kriterien die gleichen Vertriebsbedingungen anwendeten, unabhängig davon, ob es sich bei dem Kunden um einen Automobilhersteller oder einen Automobilzulieferer handle.

104    Zweitens habe eine unter diesen beiden Kundengruppen durchgeführte Umfrage keine Hinweise auf eine Preisdiskriminierung nach Kundengruppe hervorgebracht. Die von der Klägerin vorgenommene abweichende Auslegung der Umfrageergebnisse überzeuge nicht.

105    Drittens gebe es Hinweise darauf, dass einige Automobilhersteller in der Lage seien, für ihre Zulieferer Lizenzen für CAD-Software zu vergünstigten Preisen auszuhandeln. Zulieferern könne es zudem für bestimmte Projekte gestattet werden, eine von einem Automobilhersteller zur Verfügung gestellte CAD-Software einzusetzen. Folglich sinke die Wahrscheinlichkeit, dass die von der Klägerin nahegelegten unterschiedlichen Märkte existierten, weiter, da es für die Zulieferer damit andere Bezugsquellen als die Hersteller solcher Software gebe.

106    Viertens halte die Behauptung der Klägerin, dass Zulieferer generell dieselbe CAD-Software verwenden müssten wie die Automobilhersteller, für die sie tätig seien, und dass daher Anbieter von CAD-Software den Automobilherstellern günstigere Preise bieten könnten, in dem Wissen, dass sie ihre CAD-Software in der Folge zu einem weit höheren Preis an die Zulieferer verkaufen könnten, einer Prüfung nicht stand. Die der Kommission zur Verfügung stehenden Informationen legten nahe, dass von den Zulieferern lediglich verlangt werde, ihre CAD-Daten in einem Format, das mit der CAD-Software des Automobilherstellers kompatibel sei, oder einem standardneutralen Format zu liefern. Zulieferern in der Automobilbranche scheine es daher offenzustehen, CAD-Daten mit der CAD-Software ihrer Wahl zu erstellen.

107    Diesen Erwägungen hält die Klägerin im Wesentlichen entgegen, dass es auf die Möglichkeit einer Diskriminierung ankomme, dass die Kommission die Ergebnisse ihrer Umfrage falsch ausgelegt habe, dass die Unterstützung, die die Automobilhersteller ihren Zulieferern leisten könnten, nicht relevant sei, und dass die Möglichkeit einer Diskriminierung dadurch bestätigt werde, dass die Automobilzulieferer verpflichtet seien, die gleiche CAD-Software zu benutzen wie die Automobilhersteller.

108    Im Einzelnen macht die Klägerin geltend, dass die Möglichkeit der Preisdiskriminierung der einschlägige Test sei. Rechtsfehlerhaft sei es, aus einem tatsächlichen Verhalten das Nichtbestehen der Möglichkeit der Preisdiskriminierung abzuleiten.

109    Bezüglich der von der Kommission durchgeführten Umfrage werde der von dieser gezogene Schluss, dass diese Umfrage keine Hinweise auf eine Preisdiskriminierung nach Kundengruppe hervorgebracht habe, durch den Inhalt des die Antworten auf die Umfrage zusammenfassenden Dokuments widerlegt. Die Frage, ob es eine solche Diskriminierung gebe, hätten nämlich 30 Unternehmen bejaht. Nach Abzug jener Unternehmen, die keine Antwort gegeben oder die angegeben hätten, keine sie zu einer Antwort befähigenden Kenntnisse zu haben (nämlich 44), von der Gesamtzahl der befragten Unternehmen (nämlich 95), stelle dies einen Wert von 60 % dar. Ein befragtes Unternehmen habe zudem den Ausdruck „domino customer“ (Domino-Kunde) für Kunden gebraucht, die viele andere Kunden nachzögen.

110    Zu der Möglichkeit der Automobilhersteller, für ihre Zulieferer günstige Lizenzen für CAD-Software zu erhalten, trägt die Klägerin vor, dass es sich dabei um die Nachfrage nach CAD-Software von Seiten der Automobilhersteller und nicht von Automobilzulieferern gegenüber Anbietern von CAD-Software handle und dass der Schluss der Kommission, wegen dieser Möglichkeit sei eine Preisdiskriminierung durch diese Anbieter zulasten der Zulieferer nicht sehr wahrscheinlich, den Gesetzen der Logik widerspreche, da durch diesen Kontext doch vielmehr die Abhängigkeit der Automobilzulieferer von den Automobilherstellern und den Anbietern von CAD-Software bestärkt werde.

111    Außerdem ergäben sich die Möglichkeit einer Preisdiskriminierung und die tatsächliche Preisdiskriminierung vorliegend auch daraus, dass Zulieferer für Projekte mit Automobilherstellern dieselbe CAD-Software wie dieser verwenden müssten.

112    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

113    Zunächst ist anzumerken, dass die Klägerin nichts Konkretes vorgebracht hat, um die erste Erwägung in Frage zu stellen, auf die sich die Kommission insoweit im angefochtenen Beschluss gestützt hat (siehe oben, Rn. 103).

114    Zu der zweiten Erwägung, auf die die Kommission insoweit im angefochtenen Beschluss abgestellt hat (siehe oben, Rn. 104), ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in keiner Weise daran gehindert ist, zwecks Beurteilung der Frage, ob die Möglichkeit einer Diskriminierung besteht, das konkrete Verhalten auf dem Markt zu berücksichtigen.

115    In Anbetracht der von der Kommission im vorliegenden Fall durchgeführten Umfrage ist festzustellen, dass ihre Schlussfolgerung, diese Umfrage habe keinen Hinweis auf eine Preisdiskriminierung nach Kundengruppe hervorgebracht, durch den Inhalt des die Antworten auf die Umfrage zusammenfassenden Dokuments widerlegt wird.

116    Dieses Dokument zeigt nämlich, dass bestimmte Befragte die Möglichkeit einer Preisdiskriminierung schlicht bejahten. Es gab auch Unternehmen, die die Frage nach einer Preisdiskriminierung bejahten und dies näher erläuterten. Darüber hinaus kam in einer der Antworten (Antwort Nr. 82 des Dokuments) tatsächlich der Ausdruck „domino customer“ vor, was nahelegt, dass Automobilhersteller als Kunden viele andere Kunden nachziehen können. Ein anderes Unternehmen antwortete (Antwort Nr. 39 des Dokuments), dass ein solcher Effekt möglich sei.

117    Die oben in Rn. 104 beschriebene Passage ist jedoch im Licht der zusätzlichen Erwägung der Kommission zu lesen, wonach „bei der Prüfung, ob Preisunterschiede auf das Bestehen getrennter Märkte zurückzuführen sein könnten, nicht nur darauf abgestellt [wurde], wie viele Antworten von potenziellen Preisunterschieden berichteten, sondern auch berücksichtigt [wurde], ob solchen Unterschieden objektive Kriterien zugrunde lagen, was generell der Fall zu sein schien“.

118    Hierzu sind drei Bemerkungen angebracht.

119    Als Erstes geht aus der oben in Rn. 117 angeführten Erwägung hervor, dass sich die Prüfung der Umfrageergebnisse nach Auffassung der Kommission nicht auf einen Vergleich beschränken durfte, wie viele Unternehmen das Bestehen einer Preisdiskriminierung bejaht bzw. verneint hatten, sondern auch in diesen Antworten enthaltene Angaben berücksichtigt werden mussten. Dieser Ansatz der Kommission wird von der Klägerin nicht beanstandet.

120    Als Zweites geht aus einer Prüfung des die Antworten auf die Umfrage zusammenfassenden Dokuments hervor, dass tatsächlich der Schluss gezogen werden kann, dass sich die Mehrzahl der das Bestehen einer Preisdiskriminierung bestätigenden Antworten auf Preisunterschiede beziehen, die auf objektiven Kriterien beruhen, wie etwa Mengenrabatte oder Preisunterschiede in Abhängigkeit davon, wo ein Unternehmenskunde seinen Sitz hat.

121    Als Drittes ist anzumerken, dass die oben in Rn. 117 angeführte Erwägung das Wort „generell“ enthält. Da die Klägerin in ihrem Schreiben vom 28. November 2014 die Kommission ausdrücklich auf die das Bestehen einer Preisdiskriminierung bestätigenden Antworten im Allgemeinen und auf die Antwort Nr. 82 im Besonderen hingewiesen hatte, impliziert die Verwendung des genannten Begriffs im angefochtenen Beschluss, dass die Kommission die von der Klägerin hervorgehobenen Antworten nicht ignoriert hat, sondern der Auffassung war, dass der entscheidende Aspekt darin bestand, dass die Mehrzahl der Antworten, die sie erhalten hatte, die Behauptung der Klägerin nicht bestätigten, wonach Anbieter von CAD-Software die Möglichkeit hätten, eine Preisdiskriminierung zulasten der Automobilzulieferer vorzunehmen. Diese Auslegung der Umfrageergebnisse erscheint jedoch nicht unvernünftig. Hierzu ist auch festzustellen, dass die einzigen Antworten, die eine Preisdiskriminierung substantiiert bestätigen, jene sind, die sich auf einen Dominoeffekt insofern beziehen, als die Zulieferer verpflichtet seien, die gleiche CAD-Software zu benutzen wie der Automobilhersteller, für den sie arbeiteten. Die Klägerin konnte aber nicht mit Erfolg die Schlussfolgerung der Kommission in Frage stellen, wonach das Bestehen eines solchen Effekts nicht nachgewiesen worden sei (siehe unten, Rn. 124).

122    Folglich sind die Schlussfolgerungen der Kommission zu den Ergebnissen der von ihr durchgeführten Umfrage insgesamt betrachtet nicht offensichtlich fehlerhaft.

123    Was die dritte Erwägung angeht, auf die die Kommission insoweit im angefochtenen Beschluss abgestellt hat, nämlich die Möglichkeit der Automobilhersteller, für ihre Zulieferer günstige Lizenzen für CAD-Software zu erhalten, hält das Vorbringen der Klägerin einer Prüfung nicht stand. Wie die Kommission zutreffend betont hat, wird wegen der Möglichkeit der Zulieferer, über die Automobilhersteller günstige Lizenzen für CAD-Software zu erhalten, eine Untergliederung des relevanten Marktes in einen Markt für High-End-CAD-Software für Automobilhersteller und einen solchen für Automobilzulieferer weniger wahrscheinlich, da es für die Zulieferer damit andere Bezugsquellen als die Anbieter von CAD-Software gibt. Jedenfalls wird durch den Bezug von CAD-Software-Lizenzen über Automobilhersteller die Annahme einer Abhängigkeit von einem CAD-Software-Anbieter widerlegt. Es braucht daher nicht mehr geprüft zu werden, ob die genannten Argumente der Klägerin – wie von der Kommission behauptet – verspätet vorgebracht wurden.

124    Zu der vierten Erwägung, auf die sich die Kommission insoweit im angefochtenen Beschluss gestützt hat und die darin bestand, dass die der Kommission zur Verfügung stehenden Angaben nahelegten, dass von den Zulieferern lediglich verlangt werde, ihre CAD-Daten in einem Format, das mit der CAD-Software des Automobilherstellers kompatibel sei, oder einem standardneutralen Format zu liefern, ist anzumerken, dass die Klägerin zwar insistiert, dass die Zulieferer verpflichtet seien, die gleiche CAD-Software zu benutzen wie der Automobilhersteller, für den sie arbeiteten, aber auch vorträgt, dass ein Zulieferer, der seine Lieferung unter Verwendung eines bestimmten Formats vorbereitet habe und sodann seine Daten in ein anderes Format konvertieren müsse, auf dem Markt keine Chance hätte. Wie die Kommission in ihrer Klagebeantwortung ausgeführt hat, scheint die Klägerin somit anzuerkennen, dass Automobilhersteller den Zulieferern keine bestimmte CAD-Software vorgeben. Die Klägerin hat jedenfalls nicht nachgewiesen, dass dies der Fall wäre.

125    Nach alledem ist im Ergebnis festzustellen, dass die Kommission ohne Rechtsfehler und ohne offensichtliche Beurteilungsfehler zu dem Schluss gelangt ist, dass es auf der Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Informationen nicht sehr wahrscheinlich sei, dass – wie von der Klägerin nahegelegt – ein Markt für High-End-CAD-Software für Automobilhersteller einerseits und ein solcher für Automobilzulieferer andererseits existierten.

 Zur angeblichen Existenz von Märkten für die Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters

126    Hinsichtlich der Behauptung der Klägerin, es existierten Märkte für die Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters, vertrat die Kommission im angefochtenen Beschluss die Auffassung, dass eine solche Marktabgrenzung offensichtlich zu eng sei. Eine solche künstliche Marktabgrenzung würde dazu führen, dass jeder Hersteller einer Software auf den Märkten für Schnittstelleninformationen zu dieser Software automatisch eine beherrschende Stellung innehätte. Dadurch würden der relevante Markt und die Marktmacht verschiedener Hersteller verzerrt dargestellt.

127    Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Streithelferin, indem sie ihren Kunden Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA zur Verfügung stelle, eine spezifische Nachfrage bediene, dass es sich hierbei um einen real existierenden Markt handle, dass die Notwendigkeit, einen eigenen Markt für Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA zu prüfen, durch zwei unionsgerichtliche Entscheidungen bestätigt werde, dass die Abgrenzung eines solchen Marktes nicht automatisch zu einer marktbeherrschenden Stellung des Anbieters der fraglichen Software führe und dass der angefochtene Beschluss insoweit jedenfalls nicht kohärent sei.

128    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

129    Es ist festzustellen, dass die von der Klägerin vorgeschlagene Abgrenzung des relevanten Marktes tatsächlich die paradoxe Folge hätte, dass jeder Anbieter einer CAD-Software eine beherrschende Stellung auf dem angeblichen Markt für Schnittstelleninformationen zu dieser Software innehätte, selbst dann, wenn dieser Anbieter auf dem Markt, zu dem diese Software gehört, intensivem Wettbewerb ausgesetzt wäre und sein Marktanteil nur äußerst gering wäre. Es ist offensichtlich, dass ein solcher Automatismus nicht mit den unionsrechtlichen Wettbewerbsvorschriften vereinbar wäre.

130    Die Klägerin stellt diese Schlussfolgerung nicht als solche in Abrede. Sie macht lediglich geltend, dass ein solcher Automatismus zwischen Marktabgrenzung und beherrschender Stellung ausgeschlossen sei, da die beherrschende Stellung der Streithelferin bezüglich der Schnittstellenformationen für ihre Software CATIA nicht existieren würde, wenn Dritte wie sie selbst Zugang zu den Schnittstelleninformationen hätten und sie benutzen könnten. Dieses Argument bringt jedoch zwei verschiedene Fragen durcheinander, nämlich zum einen die Frage, ob ein Unternehmen auf einem bestimmten Markt eine beherrschende Stellung innehat, und zum anderen die Frage, ob dieses Unternehmen seine beherrschende Stellung missbraucht hat. Das Verhalten der Streithelferin kann nur unter dem Blickwinkel der zweiten Frage relevant sein, also der, ob dieses Verhalten einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV darstellt.

131    Die Tatsache, dass die Streithelferin Dritten Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA anbietet, belegt, dass diese Informationen einen wirtschaftlichen Wert haben. Sie ist jedoch kein Beleg dafür, dass es einen auf diese Informationen beschränkten relevanten Markt gibt.

132    Das Argument, das die Klägerin insoweit aus dem Urteil vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission (C‑241/91 P und C‑242/91 P, EU:C:1995:98), abzuleiten versucht, ist nicht überzeugend. In diesem Urteil hat der Gerichtshof festgestellt, dass die in Rede stehenden Fernsehsender zusammen mit der BBC ein faktisches Monopol an den Informationen über den Sendekanal, den Tag, die Uhrzeit und den Titel ihrer Sendungen hatten und „damit die Möglichkeit, einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für Fernsehwochenzeitschriften zu verhindern[, weshalb d]as Gericht … die Beurteilung der Kommission, die zu der Auffassung gekommen war, da[ss sie] eine beherrschende Stellung einn[a]hmen, zu Recht bestätigt [hat]“ (Urteil vom 6. April 1995, RTE und ITP/Kommission, C‑241/91 P und C‑242/91 P, EU:C:1995:98, Rn. 47). Die Klägerin hat jedoch nicht nachgewiesen, dass die Streithelferin, für sich genommen oder zusammen mit Parametric, hinsichtlich des Marktes für PDM-Software in einer vergleichbaren Lage ist.

133    Zu dem Argument, das die Klägerin aus dem Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), abzuleiten versucht, ist festzustellen, dass es eine Anmerkung der Kommission im angefochtenen Beschluss betrifft, wonach „ein solcher gesonderter Markt für Schnittstelleninformationen in der Rechtssache[, in der das Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), ergangen ist], nicht angenommen wurde“.

134    Zutreffend ist, dass das Gericht im Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 335), ausgeführt hat, dass „bei der Entscheidung darüber, ob eine Weigerung, Zugang zu Erzeugnissen oder Dienstleistungen zu gewähren, die für die Ausübung einer bestimmten Tätigkeit unerlässlich sind, als missbräuchlich angesehen werden kann, zwei Märkte zu unterscheiden [sind], und zwar zum einen der Markt für die fraglichen Erzeugnisse oder Dienstleistungen, auf dem das Unternehmen, das die Weigerung ausspricht, eine beherrschende Stellung einnimmt, und zum anderen ein benachbarter Markt, auf dem die fraglichen Erzeugnisse oder Dienstleistungen für die Herstellung eines anderen Erzeugnisses oder die Erbringung einer anderen Dienstleistung verwendet werden“. Aus dieser Randnummer jenes Urteils geht hervor, dass diese Feststellung die Interoperabilitätsinformationen betraf.

135    Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), die in der Entscheidung, um die es in jenem Urteil ging, festgehaltene Beurteilung der Kommission bestätigt hat, wonach Microsoft ihre beherrschende Stellung auf dem Markt der Betriebssysteme für Personalcomputer von Endnutzern missbraucht hatte. Die Kommission hatte in dem Fall zu dem das Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 23 und 103), ergangen ist, keinen gesonderten Markt für die Schnittstelleninformationen abgegrenzt.

136    Die aus dem angefochtenen Beschluss stammende und oben in Rn. 133 zitierte Feststellung ist daher nicht mit einem Fehler behaftet.

137    Schließlich fehlt es dem angefochtenen Beschluss entgegen der Behauptung der Klägerin nicht an Kohärenz. Denn sie selbst – und nicht die Kommission – hat einen Automatismus zwischen Marktabgrenzung und beherrschender Stellung nahegelegt, indem sie vorgeschlagen hat, im vorliegenden Fall von Märkten für die Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters auszugehen.

138    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist im Ergebnis festzustellen, dass die Kommission ohne Rechtsfehler und ohne offensichtliche Beurteilungsfehler zu dem Schluss gelangt ist, dass im vorliegenden Fall nicht von Märkten für die Schnittstelleninformationen zur CAD-Software eines jeden Anbieters ausgegangen werden könne.

139    Nach alledem ist der erste Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtliche Fehler bei der Beurteilung der marktbeherrschenden Stellung und der missbräuchlichen Lizenzverweigerung

140    Der zweite Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen die Schlussfolgerungen gerügt werden, zu denen die Kommission im angefochtenen Beschluss zum einen hinsichtlich der Frage, ob die Streithelferin und Parametric eine marktbeherrschende Stellung innehatten, und zum anderen hinsichtlich der Frage, ob diese Unternehmen einen Missbrauch im Sinne von Art. 102 AEUV begangen hatten, gelangt ist.

141    Zum ersten Teil dieses Klagegrundes ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss zu dem Schluss gelangt ist, dass es nicht sehr wahrscheinlich sei, dass die Streithelferin oder Parametric auf dem Markt für High-End-CAD-Software eine beherrschende Stellung innehätten.

142    Nach Auffassung der Klägerin haftet dieser Schlussfolgerung ein offensichtlicher Beurteilungsfehler an, da die Kommission nicht geprüft habe, ob auf den von der Klägerin vorgeschlagenen Märkten eine beherrschende Stellung bestehe.

143    Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass der erste Klagegrund, der sich auf die von der Kommission vorgenommene Marktabgrenzung bezieht, soeben zurückgewiesen worden ist. Außerdem hat die Klägerin nichts vorgebracht, wodurch die Schlussfolgerung der Kommission in Frage gestellt werden könnte, wonach es nicht sehr wahrscheinlich sei, dass die Streithelferin oder Parametric auf dem von der Kommission als relevant angesehenen Markt für High-End-CAD-Software eine beherrschende Stellung innehätten. Der erste Teil des zweiten Klagegrundes ist folglich zurückzuweisen.

144    Was den zweiten Teil dieses Klagegrundes anbelangt, ist darauf hinzuweisen, dass die Schlussfolgerung der Kommission, wonach der Nachweis des Missbrauchs einer beherrschenden Stellung nicht sehr wahrscheinlich sei, auf folgenden Erwägungen beruht.

145    Die Kommission räumt ein, dass die Streithelferin die Schnittstelleninformationen zu ihrer Software CATIA nicht direkt an ihre Wettbewerber auf dem Markt für PDM-Software zu übermitteln scheine.

146    Sie weist anschließend hin, dass nach der Rechtsprechung die Lieferverweigerung seitens eines Unternehmens in marktbeherrschender Stellung einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellen könne, wenn die folgenden drei Bedingungen kumulativ erfüllt seien: erstens, wenn die Weigerung Erzeugnisse oder Dienstleistungen betreffe, die für die Ausübung einer Tätigkeit auf einem benachbarten Markt unerlässlich seien, zweitens, wenn die Weigerung geeignet sei, jeglichen wirksamen Wettbewerb auf diesem benachbarten Markt auszuschließen, und drittens, im Fall von Rechten des geistigen Eigentums, wenn die Weigerung das Auftreten eines neuen Produkts verhindere, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher bestehe.

147    Selbst wenn man annehme, dass die Streithelferin auf dem relevanten Markt eine beherrschende Stellung innehabe, sei kein Missbrauch einer solchen Stellung ersichtlich. Es scheine nämlich, dass die verlangten Schnittstelleninformationen nicht unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung seien. Diese Schlussfolgerung beruht auf zwei Erwägungen.

148    Zum einen scheine es alternative Lösungen zu geben, da eine von der Kommission durchgeführte Marktuntersuchung gezeigt habe, dass viele Wettbewerber auf dem Markt für PDM-Software in der Lage seien, einen zuweilen sehr hohen Grad an Interoperabilität mit der Software CATIA herzustellen.

149    Zum anderen sei es unwahrscheinlich, dass die Klägerin aufgrund fehlender Interoperabilität mit der CAD-Software der Streithelferin oder der von Parametric vom Markt für PDM-Software ausgeschlossen würde, da sie auf ihrer Website damit werbe, dass sie ein „umfassendes“ CAD-Datenmanagement „dank Schnittstellen zu allen führenden CAD-Systemen“ bieten könne.

150    In der Klageschrift macht die Klägerin geltend, bei der Schlussfolgerung, dass es nicht unerlässlich sei, dass die Streithelferin und Parametric ihr direkt die Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA und der Software Pro/Engineer übermittelten, die es ihr ermöglichten, die Interoperabilität ihrer PDM-Software mit den CAD-Programmen zu gewährleisten, seien der Kommission sowohl Rechtsfehler als auch offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen. Sie bringt hierzu im Wesentlichen vor, die Kommission hätte die Lage der Endkunden nicht berücksichtigen dürfen, habe das Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), nicht berücksichtigt und hätte sich nicht ausschließlich auf Informationen auf ihrer Website stützen dürfen.

151    Konkret müsse bei der Prüfung, ob eine Lizenzverweigerung missbräuchlich im Sinne von Art. 102 AEUV sei, untersucht werden, ob es Wettbewerbern des marktbeherrschenden Unternehmens möglich sei, Interoperabilität mit der Software dieses Unternehmens herzustellen. Es spiele demnach keine Rolle, ob die Endabnehmer Interoperabilität herstellen könnten.

152    Zudem habe das Gericht im Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), bei der Untersuchung der Frage, ob Schnittstelleninformationen unerlässlich für die Tätigkeit auf einem nachgelagerten Markt seien, auf eine zweistufige Prüfung abgestellt. Dabei sei in einem ersten Schritt zu prüfen, welchen Grad an Interoperabilität ein Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens erreichen müsse, um wirksam am Wettbewerb auf dem nachgelagerten Markt teilzunehmen. Erst in einem zweiten Schritt müsse untersucht werden, ob der im ersten Schritt festgestellte Interoperabilitätsgrad von den Wettbewerbern erreicht werden könne. Im vorliegenden Fall habe sich die Kommission aber mit der zweiten Prüfung begnügt und nicht erörtert, welcher Grad an Interoperabilität zwischen der Software CATIA und der PDM-Software anderer Hersteller überhaupt notwendig sei, um wirksam am Wettbewerb teilzunehmen.

153    In der Rechtssache, in der das Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), ergangen sei, sei die Kommission übrigens davon ausgegangen, dass Wettbewerber nur dann wirksam am Wettbewerb teilnehmen könnten, wenn sie den gleichen Interoperabilitätsgrad wie Microsoft mit der eigenen Software erreichten, was auf den Punkt gebracht einem Interoperabilitätsgrad von 100 % entspreche. Im vorliegenden Fall habe es die Kommission für ausreichend erachtet, dass von 15 befragten PDM-Herstellern, die auf einer Skala von 1 bis 10 den Interoperabilitätsgrad bewerten sollten, den ihre PDM-Software mit der Software CATIA erreiche, ein Hersteller einen Wert von 9 und drei Hersteller einen Wert von 8 angegeben hätten, um zu der Schlussfolgerung zu gelangen, dass „zuweilen“ ein sehr hoher Interoperabilitätsgrad erreicht werden könne. Aber selbst ein Interoperabilitätsgrad, der 9/10 erreichte, ließe noch Spielraum für 10 % Abweichungen bei der Interoperabilität, die entscheidend sein könnten für die Produktwahl der Software-Endabnehmer.

154    Was den Hinweis auf der Website der Klägerin entnommene Informationen anbelangt, habe die Kommission verkannt, dass sich die Klägerin um die Gunst ihrer Kunden bemühen müsse, um überhaupt als Alternative auf dem Markt für PDM-Software wahrgenommen zu werden.

155    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

156    Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung die Lieferverweigerung seitens eines Unternehmens in marktbeherrschender Stellung einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellen kann, wenn die folgenden drei Bedingungen kumulativ erfüllt sind: erstens, wenn die Weigerung Erzeugnisse oder Dienstleistungen betrifft, die für die Ausübung einer Tätigkeit auf einem benachbarten Markt unerlässlich sind, zweitens, wenn die Weigerung geeignet ist, jeglichen wirksamen Wettbewerb auf diesem benachbarten Markt auszuschließen, und drittens, im Fall von Rechten des geistigen Eigentums, wenn die Weigerung das Auftreten eines neuen Produkts verhindert, nach dem eine potenzielle Nachfrage der Verbraucher besteht (Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission, T‑201/04, EU:T:2007:289, Rn. 332). Eine Weigerung, die diese Bedingungen erfüllt, stellt einen Missbrauch dar, wenn sie zudem nicht gerechtfertigt ist (Urteil vom 29. April 2004, IMS Health, C‑418/01, EU:C:2004:257, Rn. 38).

157    Übrigens gehen sowohl die Klägerin als auch die Kommission davon aus, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss ihre Schlussfolgerung, dass der Nachweis eines Missbrauchs nicht sehr wahrscheinlich sei, auf ihre Beurteilung der ersten beiden der von der Rechtsprechung insoweit ausgemachten und oben in Rn. 156 angeführten drei Bedingungen gestützt habe, nämlich erstens, dass die fraglichen Informationen für die Ausübung einer Tätigkeit auf einem benachbarten Markt unerlässlich seien, und zweitens, dass die Weigerung, zu diesen Informationen Zugang zu gewähren, geeignet sei, jeglichen wirksamen Wettbewerb auf diesem benachbarten Markt auszuschließen.

158    Diese Annahme trifft jedoch nicht zu.

159    Richtig ist, dass sich die Kommission in ihrem Schreiben vom 15. Oktober 2014 zur Information der Klägerin über ihre Absicht, die Beschwerde zurückzuweisen, auf die beiden oben genannten Bedingungen stützte. Im angefochtenen Beschluss hat sich die Kommission jedoch nur auf die erste dieser Bedingungen, also auf die betreffend die Unerlässlichkeit der fraglichen Informationen berufen.

160    Zu dem ersten Argument der Klägerin, die Kommission hätte die Lage ihrer Kunden nicht berücksichtigen dürfen, ist festzustellen, dass die Kommission im angefochtenen Beschluss tatsächlich – wie von ihr in der Klagebeantwortung erläutert – darauf abgestellt hat, dass ein direkter Zugang zu den Schnittstelleninformationen zu der CAD-Software der Streithelferin und der von Parametric für die Tätigkeit der Klägerin auf dem Markt für PDM-Software nicht unerlässlich wäre, wenn deren Kunden mittels einer Lizenz Schnittstelleninformationen zu der CAD-Software der Streithelferin und der von Parametric erwerben könnten, was es wiederum der Klägerin ermöglichen würde, an diese Kunden ihre eigene PDM-Software zu vertreiben.

161    Diese Erwägung ist fehlerfrei, da es nach der Rechtsprechung ausschlaggebend ist, ob ein direkter Zugang zu diesen Informationen für die Tätigkeit der Klägerin auf dem Markt für PDM-Software unerlässlich ist. Sollte sich aber herausstellen, dass die Klägerin in der Lage war, auf diesem Markt in einen wirksamen Wettbewerb zu treten, weil ihre Kunden die Möglichkeit nutzten, die fraglichen Informationen zu erhalten, würde dies belegen, dass für die Klägerin ein direkter Zugang zu diesen Informationen nicht unerlässlich im Sinne der Rechtsprechung war. Wie die Kommission zutreffend angemerkt hat, lässt sich dem Urteil vom 17. September 2007, Microsoft/Kommission (T‑201/04, EU:T:2007:289), nicht entnehmen, dass eine direkte Lizenzierung von Schnittstelleninformationen an Wettbewerber – im Gegensatz zur Endkundenlizenzierung – für einen wirksamen Wettbewerb unerlässlich wäre.

162    Was das Vorbringen der Klägerin gegen die erste von der Kommission im angefochtenen Beschluss insoweit herangezogene Grundlage anbelangt, nämlich die Ergebnisse einer Marktuntersuchung über den Interoperabilitätsgrad, den Wettbewerber auf dem Markt für PDM-Software mit der Software CATIA erreichen, ist es zutreffend, dass sich die Kommission nicht zu dem Interoperabilitätsgrad äußert, der notwendig ist, um diesen Unternehmen eine wirksame Teilnahme am Wettbewerb zu garantieren.

163    Es ist jedoch festzustellen, dass die Kommission darauf hingewiesen hat, dass sich der Fragebogen, den sie im Rahmen der Marktuntersuchung versandt hatte, an die Wettbewerber der Klägerin und somit an auf dem Markt für PDM-Software aktive Unternehmen richtete. Die Unternehmen, die einen Interoperabilitätsgrad von mindestens 8/10 angegeben hatten, hätten bestätigt, dass sie mit ihren PDM-Produkten das Management von Daten aus Programmen der Streithelferin sicherstellen würden. Somit habe sie davon ausgehen können, dass diese Unternehmen sich im Wettbewerb halten könnten, und zwar auch und gerade mit dem Grad an Interoperabilität mit der Software CATIA, den sie erreicht hätten.

164    Die Klägerin ist dieser Schlussfolgerung der Kommission, die übrigens nicht unvernünftig erscheint, nicht entgegengetreten. Sie hat jedenfalls weder behauptet noch nachgewiesen, dass die Kommission aufgrund der Ergebnisse der oben genannten Marktuntersuchung zu dem Schluss hätte gelangen müssen, dass ein direkter Zugang zu den Schnittstelleninformationen zu der Software CATIA und der Software Pro/Engineer unerlässlich gewesen wäre, um ihr auf dem Markt für PDM-Software eine wirksame Teilnahme am Wettbewerb zu ermöglichen.

165    Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist im Ergebnis festzustellen, dass das von der Kommission aus dem Grad an Interoperabilität, den bestimmte Wettbewerber der Klägerin mit der Software der Streithelferin erreichen, abgeleitete Argument nicht mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist.

166    Mit dem Vorbringen gegen die zweite Erwägung, auf die die Kommission insoweit im angefochtenen Beschluss abgestellt hat, nämlich den Umstand, dass die Klägerin auf ihrer Website damit werbe, „dank Schnittstellen zu allen führenden CAD-Systemen“ ein „umfassendes“ CAD-Datenmanagement bieten zu können, trägt die Klägerin lediglich vor, dass es sich hierbei um ein Werbeversprechen handle, das nötig sei, um Kunden anzuziehen.

167    Sie behauptet jedoch nicht, dass dieses „Werbeversprechen“ unzutreffend sei. Vielmehr hat sie selbst bestätigt, dass es den Tatsachen entspreche.

168    In dem Schreiben vom 28. November 2014, in dem die Klägerin das Schreiben der Kommission mit der Ankündigung ihrer Absicht, die Beschwerde zurückzuweisen, beantwortete, gab sie nämlich an, dass sie „mit Schnittstellen zu den führenden CAD-Systemen werben“ müsse „und diese Werbung … auch richtig“ sei, „da [sie] viel Zeit und Geld darein investier[e], dass die Produkte mit den CAD-Systemen so gut es geht zusammenarbeiten“.

169    Darüber hinaus hat die Kommission in der Klagebeantwortung auf eine Vielzahl weiterer Informationen auf der Website der Klägerin hingewiesen, die dies bestätigen. Es ist anzumerken, dass die Klägerin in ihrer Erwiderung keine spezifischen Anmerkungen zu den von der Kommission in der Klagebeantwortung hervorgehobenen zusätzlichen Informationen vorgebracht hat.

170    Unter diesen Umständen ist der Schluss zu ziehen, dass sich die Kommission im angefochtenen Beschluss ohne Rechtsfehler auf Informationen gestützt hat, die auf der Website der Klägerin verfügbar waren, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass ein direkter Zugang zu den Schnittstelleninformationen zu der CAD-Software der Streithelferin und der von Parametric für die Tätigkeit der Klägerin auf dem Markt für PDM-Software nicht unerlässlich zu sein schien.

171    In der Erwiderung hat die Klägerin darüber hinaus geltend gemacht, dass die Kommission den Begriff der Unerlässlichkeit von Schnittstelleninformationen für die wirksame Teilnahme am Wettbewerb derart eng ausgelegt habe, dass der Nachweis im Endeffekt nur erbracht wäre, wenn ein Unternehmen tatsächlich aufgrund einer missbräuchlichen Lizenzverweigerung vom Markt gedrängt worden sei.

172    Dieses Argument ist jedoch zurückzuweisen. Die Kommission hat keinesfalls eine derart enge Auslegung der Unerlässlichkeit der fraglichen Informationen nahegelegt. In Wahrheit hat sie lediglich festgestellt, dass die ihr zur Verfügung stehenden Informationen den Erfolg der Klägerin auf dem Markt für PDM-Software belegten, obwohl es keinen direkten Zugang zu den Schnittstelleninformationen zu der CAD-Software der Streithelferin und der von Parametric gebe. Deshalb ist sie zu dem Ergebnis gelangt, dass die Unerlässlichkeit eines solchen Zugangs für die Teilnahme der Klägerin am Wettbewerb auf dem Markt für PDM-Software nicht nachgewiesen worden zu sein schien.

173    Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.

 Zum vierten Klagegrund: Rechtsfehler und offensichtliche Fehler bei der Beurteilung des Unionsinteresses an der Fortführung der Untersuchung der Sache

174    Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Schlussfolgerung der Kommission, wonach kein hinreichendes Unionsinteresse an einer weiter gehenden Prüfung eines etwaigen Verstoßes der Streithelferin gegen Art. 102 AEUV bestehe, sei mit Rechtsfehlern und offensichtlichen Beurteilungsfehlern behaftet.

175    Zum einen sei nicht auszuschließen, dass die Kommission, wenn sie die Rechtsfehler und die offensichtlichen Beurteilungsfehler bei der Marktabgrenzung und der Missbrauchsprüfung gemäß Art. 102 AEUV nicht begangen hätte, bei der Abwägung im Rahmen ihres Aufgreifermessens zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre. Dem Ergebnis, zu dem die Kommission insoweit gelangt sei, hafteten damit die gleichen Fehler an, die der Marktabgrenzung und der Missbrauchsprüfung im Sinne von Art. 102 AEUV zugrunde lägen.

176    Zum anderen habe die Kommission den Umfang der für den Abschluss der Prüfung der Beschwerde erforderlichen Untersuchungen zu hoch eingeschätzt. Insbesondere mit der Befragung von Daimler zu den Motiven und Hintergründen der Umstellung des CAD-Systems vom System der Streithelferin auf das System von Siemens hätte sie ohne größeren Aufwand wesentliche Fehler in ihrer Beurteilungsgrundlage ausräumen können. Sie hätte somit erkennen müssen, dass sich die Umstellung eines CAD-Systems für bestimmte Kundengruppen, namentlich die Automobilzulieferer, überhaupt nicht stelle.

177    Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.

178    Hinsichtlich des ersten Arguments der Klägerin ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht bei seiner Prüfung der ersten beiden Klagegründe, wobei der erste die Marktabgrenzung und der zweite die Prüfung der beherrschenden Stellung und der Missbräuchlichkeit nach Art. 102 AEUV betrafen, weder Rechtsfehler noch offensichtliche Beurteilungsfehler festgestellt hat, die geeignet wären, die von der Kommission hierzu gezogenen Schlüsse in Frage zu stellen. Das erste Argument der Klägerin kann daher nur zurückgewiesen werden.

179    Hinsichtlich des zweiten Arguments der Klägerin weist die Kommission darauf hin, dass sie im angefochtenen Beschluss betont habe, dass die ihr vorliegenden Marktstudien die von der Klägerin vorgeschlagene Marktabgrenzung nicht untermauerten und zudem zeigten, dass eine abschließende Marktabgrenzung extrem komplex wäre und die Befragung einer großen Anzahl von Anbietern voraussetzen würde.

180    Zudem scheine die Klägerin die Anforderungen an eine abschließende Marktabgrenzung in einer Abstellungsverfügung durch die Kommission zu unterschätzen. Wenngleich eine von der Kommission vorgenommene Marktabgrenzung nur einer beschränkten Kontrolle durch den Unionsrichter unterliege, müsse die Kommission nämlich ihre Beurteilung nach der Rechtsprechung auf zutreffende, zuverlässige und kohärente Beweise stützen, die alle bei der Beurteilung einer komplexen Situation heranzuziehenden relevanten Daten einschlössen und die aus ihnen gezogenen Schlüsse zu stützen vermöchten.

181    Die Kommission macht des Weiteren geltend, dass ihr zum Zeitpunkt der Zurückweisung der Beschwerde keine ausreichenden Beweise für die Feststellung eines Verstoßes gegen Art. 102 AEUV vorgelegen hätten und dass vielmehr viele Erkenntnisse gegen die Feststellung eines solchen Verstoßes gesprochen hätten. Umso mehr Ermittlungen der Kommission wären notwendig gewesen, um trotz der bis zu diesem Zeitpunkt gegen die Feststellung eines solchen Verstoßes sprechenden Erkenntnisse unter Umständen noch Anhaltspunkte für einen Wettbewerbsverstoß zu finden.

182    Schließlich wäre eine detailliertere Befragung Daimlers keinesfalls die einzig notwendige Ermittlungstätigkeit gewesen. Erstens habe sich die durch die Klägerin angeregte Befragung rein auf die Marktabgrenzung bezogen. Zweitens hätten selbst zusätzliche Angaben zu den Schwierigkeiten bei einer Umstellung nicht ausgereicht, um die Relevanz der von der Klägerin vertretenen Marktabgrenzung nachzuweisen. Drittens habe die Kommission ihre Ansicht zur Marktabgrenzung auch auf weitere Aspekte gestützt, wie etwa das Bestehen von Möglichkeiten, unterschiedliche CAD-Systeme kompatibel werden zu lassen. Im Übrigen sei nicht ersichtlich, wie sie aus der von der Klägerin vorgeschlagenen Befragung hätte erkennen sollen, dass Zulieferer in der Automobilbranche generell gezwungen seien, das CAD-System des Automobilherstellers zu verwenden, von dem sie abhängig seien.

183    Das Gericht ist der Ansicht, dass diese detaillierten Erläuterungen der Kommission, zu denen die Klägerin übrigens keine konkreten Anmerkungen gemacht hat, hinreichend belegen, dass die Kommission keinen offensichtlichen Fehler begangen hat, als sie zu dem Ergebnis gelangt ist, dass im vorliegenden Fall eine eingehende Untersuchung sehr komplex und zeitaufwändig und angesichts der geringen Wahrscheinlichkeit, einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV nachweisen zu können, unverhältnismäßig gewesen wäre. Insbesondere erscheint es offensichtlich, dass es nicht ausreichend wäre, dass die Kommission insoweit – wie dies die Klägerin nahelegt – Siemens einige Fragen stellt.

184    Nach alledem ist der vierte Klagegrund zurückzuweisen und somit die Klage insgesamt abzuweisen.

 Kosten

185    Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr entsprechend dem Antrag der Kommission ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission aufzuerlegen.

186    Nach Art. 138 Abs. 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht entscheiden, dass ein anderer Streithelfer als die in den Abs. 1 und 2 genannten seine eigenen Kosten trägt. Unter den Umständen des vorliegenden Rechtsstreits ist zu entscheiden, dass die Streithelferin ihre eigenen Kosten trägt.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Fünfte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Contact Software GmbH trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen Kommission.

3.      Dassault systèmes trägt ihre eigenen Kosten.


Gratsias

Dittrich

Xuereb

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. September 2017.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

E. Coulon

 

      D. Gratsias


*      Verfahrenssprache: Deutsch.