Language of document : ECLI:EU:C:2016:283

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Dritte Kammer)

21. April 2016(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 93/13/EWG – Art. 7 – Nationale Vorschriften zur Regelung des Insolvenzverfahrens – Schulden aus einem Verbraucherkreditvertrag – Wirksamer gerichtlicher Rechtsbehelf – Nr. 1 Buchst. e des Anhangs – Unverhältnismäßigkeit des Entschädigungsbetrags – Richtlinie 2008/48/EG – Art. 3 Buchst. l – Gesamtkreditbetrag – Nr. I des Anhangs I – Höhe des Kreditauszahlungsbetrags – Berechnung des effektiven Jahreszinses – Art. 10 Abs. 2 – Informationspflicht – Prüfung von Amts wegen – Sanktion“

In der Rechtssache C‑377/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Krajský soud v Praze (Regionalgericht Prag, Tschechische Republik) mit Entscheidung vom 24. Juni 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. August 2014, in dem Verfahren

Ernst Georg Radlinger,

Helena Radlingerová

gegen

Finway a.s.

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten der Zweiten Kammer M. Ilešič in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Dritten Kammer, der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) sowie der Richter F. Biltgen, E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Aleksejev, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Juli 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Radlinger und Frau Radlingerová, vertreten durch I. Ulč,

–        der Finway a.s., vertreten durch L. Macek,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und S. Šindelková als Bevollmächtigte,

–        der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und D. Kuon als Bevollmächtigte,

–        der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. van Beek, G. Goddin und K. Walkerová als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 19. November 2015

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von einerseits Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29) sowie von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie und andererseits Art. 10 Abs. 2 und Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66, und Berichtigungen im ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46) sowie Nr. I des Anhangs I dieser Richtlinie.

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Radlinger und Frau Radlingerová (im Folgenden: Eheleute Radlinger) auf der einen und der Finway a.s. (im Folgenden: Finway) auf der anderen Site wegen im Rahmen eines Insolvenzverfahrens angemeldeter und aus einem Verbraucherkreditvertrag hervorgehender Forderungen.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Richtlinie 93/13

3        Gemäß Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ist ihr Zweck die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

4        Nach Art. 3 Abs. 1 dieser Richtlinie ist eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten des Vertragspartners verursacht. In Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie heißt es, dass „[ihr] Anhang … eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste der Klauseln [enthält], die für missbräuchlich erklärt werden können“. Nach Nr. 1 Buchst. e dieses Anhangs gehören zu diesen Klauseln u. a. solche, wonach „dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird.“

5        Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 bestimmt:

„Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrages sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrages oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.“

6        Art. 6 Abs. 1 dieser Richtlinie hat folgenden Wortlaut:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.“

7        Art 7 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.

(2)      Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen.

…“

 Richtlinie 2008/48

8        Wie Art. 1 der Richtlinie 2008/48 präzisiert, ist Ziel dieser Richtlinie die Harmonisierung bestimmter Aspekte der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über Verbraucherkreditverträge.

9        Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a dieser Richtlinie gilt sie insbesondere nicht für „Kreditverträge, die entweder durch eine Hypothek oder eine vergleichbare Sicherheit, die in einem Mitgliedstaat gewöhnlich für unbewegliches Vermögen genutzt wird, oder durch ein Recht an unbeweglichem Vermögen gesichert sind“. Der zehnte Erwägungsgrund stellt klar, dass die Mitgliedstaaten ungeachtet des in ihr ausdrücklich festgelegten Geltungsbereichs ihre Bestimmungen gleichwohl nach Maßgabe des Unionsrechts auf Bereiche anwenden können, die nicht in ihren Geltungsbereich fallen.

10      Nach ihren Erwägungsgründen 6, 7, 9, 19 und 31 sind Ziele der Richtlinie 2008/48 u. a. die Entwicklung eines transparenteren und effizienteren Kreditmarkts, die Verwirklichung einer vollständigen Harmonisierung im Bereich der Kredite, um allen Verbrauchern in der Europäischen Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten, die Notwendigkeit, dafür zu sorgen, dass Verbraucherkreditverträge in klarer und prägnanter Form alle notwendigen Informationen enthalten, damit der Verbraucher in voller Sachkenntnis entscheiden und seine Rechte und Pflichten aus dem Kreditvertrag zur Kenntnis nehmen kann, und die Garantie, dass der Verbraucher vor Abschluss des Kreditvertrags ausreichende Informationen insbesondere über den effektiven Jahreszins in der gesamten Union erhält, die ihm einen Vergleich dieser Zinssätze ermöglichen.

11      Ferner konstatiert der 43. Erwägungsgrund der Richtlinie 2008/48 insbesondere, dass der effektive Jahreszins trotz der einheitlichen mathematischen Formel für seine Berechnung noch nicht in der gesamten Union in vollem Umfang vergleichbar ist. Die Richtlinie soll daher die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher eindeutig und umfassend definieren.

12      Art. 3 („Begriffsbestimmungen“) der Richtlinie 2008/48 bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

g)      ‚Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher‘ sämtliche Kosten, einschließlich der Zinsen, Provisionen, Steuern und Kosten jeder Art – ausgenommen Notargebühren –, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind; Kosten für Nebenleistungen im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag, insbesondere Versicherungsprämien, sind ebenfalls enthalten, wenn der Abschluss des Vertrags über diese Nebenleistung eine zusätzliche zwingende Voraussetzung dafür ist, dass der Kredit überhaupt oder nach den vorgesehenen Vertragsbedingungen gewährt wird;

h)      ‚vom Verbraucher zu zahlender Gesamtbetrag‘ die Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher;

i)      ‚effektiver Jahreszins‘ die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher, die als jährlicher Prozentsatz des Gesamtkreditbetrags ausgedrückt sind, soweit zutreffend einschließlich der Kosten gemäß Artikel 19 Absatz 2;

l)      ‚Gesamtkreditbetrag‘ die Obergrenze oder die Summe aller Beträge, die aufgrund des Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden;

…“

13      Art. 10 („Zwingende Angaben in Kreditverträgen“) der Richtlinie 2008/48 verlangt nach seinem Abs. 1, dass Kreditverträge auf Papier oder auf einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt werden. Art. 10 Abs. 2 führt die Angaben auf, die in jedem Kreditvertrag in klarer, prägnanter Form anzugeben sind. In dieser Liste sind u. a. enthalten:

„…

d)      der Gesamtbetrag des Kredits und die Bedingungen für die Inanspruchnahme;

f)      der Sollzinssatz, die Bedingungen für die Anwendung des Sollzinssatzes und, soweit vorhanden, Indizes oder Referenzzinssätze, die sich auf den anfänglichen Sollzinssatz beziehen, ferner die Zeiträume, Bedingungen und die Art und Weise der Anpassung des Sollzinssatzes; gelten unter verschiedenen Umständen unterschiedliche Sollzinssätze, so sind die genannten Informationen für alle anzuwendenden Sollzinssätze zu erteilen;

g)      der effektive Jahreszins und der vom Verbraucher zu zahlende Gesamtbetrag, berechnet zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages; anzugeben sind alle in die Berechnung dieses Zinses einfließenden Annahmen.

h)      der Betrag, die Anzahl und die Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen und gegebenenfalls die Reihenfolge, in der die Zahlungen auf verschiedene ausstehende Restbeträge, für die unterschiedliche Sollzinssätze gelten, zum Zwecke der Rückzahlung angerechnet werden;

…“

14      Art. 19 („Berechnung des effektiven Jahreszinses“) der Richtlinie 2008/48 sieht in Abs. 1 und 2 vor:

„(1)      Der effektive Jahreszins, der auf Jahresbasis die Gleichheit zwischen den Gegenwartswerten der gesamten gegenwärtigen oder künftigen Verpflichtungen (in Anspruch genommene Kreditbeträge, Tilgungszahlungen und Entgelte) des Kreditgebers und des Verbrauchers herstellt, wird anhand der mathematischen Formel in Teil I des Anhangs I berechnet.

(2)      Für die Berechnung des effektiven Jahreszinses sind die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher maßgebend, mit Ausnahme der Kosten, die er bei Nichterfüllung einer seiner Verpflichtungen aus dem Kreditvertrag zu tragen hat, sowie der Kosten mit Ausnahme des Kaufpreises, die er beim Erwerb von Waren oder Dienstleistungen unabhängig davon zu tragen hat, ob es sich um ein Bar- oder ein Kreditgeschäft handelt.

Die Kosten für die Führung eines Kontos, auf dem sowohl Zahlungen als auch in Anspruch genommene Kreditbeträge verbucht werden, die Kosten für die Verwendung eines Zahlungsmittels, mit dem sowohl Zahlungen getätigt als auch Kreditbeträge in Anspruch genommen werden können, sowie sonstige Kosten für Zahlungsgeschäfte werden als Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher berücksichtigt, es sei denn, die Eröffnung des Kontos ist fakultativ und die mit dem Konto verbundenen Kosten sind im Kreditvertrag oder in einem anderen mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrag klar und getrennt ausgewiesen.“

15      Art. 22 („Harmonisierung und Unabdingbarkeit dieser Richtlinie“) sieht in seinem Abs. 2 vor:

„Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verbraucher auf die Rechte, die ihnen mit den innerstaatlichen Vorschriften eingeräumt werden, die zur Anwendung dieser Richtlinie erlassen wurden oder dieser Richtlinie entsprechen, nicht verzichten können.“

16      Art. 23 („Sanktionen“) der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

17      Teil I des Anhangs I der Richtlinie 2008/48 enthält u. a. folgende Präzisierung:

„…

Die nachstehende Gleichung zur Ermittlung des effektiven Jahreszinses drückt auf jährlicher Basis die rechnerische Gleichheit zwischen der Summe der Gegenwartswerte der in Anspruch genommenen Kredit-Auszahlungsbeträge einerseits und der Summe der Gegenwartswerte der Rückzahlungen (Tilgung und Kosten) andererseits aus …“

 Tschechisches Recht

 Insolvenzverfahren

18      Aus den dem Gerichtshof vorgelegten Akten geht hervor, dass das Insolvenzverfahren durch das Gesetz Nr. 182/2006 über den Konkurs und die Möglichkeiten zu seiner Abwicklung (Insolvenzgesetz) (Zákon č. 182/2006 Sb., o úpadku a způsobech jeho řešení [insolvenční zákon]) in seiner durch das Gesetz Nr. 185/2013 geänderten Fassung (im Folgenden: Insolvenzgesetz) geregelt wird.

19      Nach diesem Gesetz wird ein Schuldner u. a. dann als insolvent im Sinne des Gesetzes angesehen, wenn er länger als 30 Tage nach Fälligkeit der Zahlung nicht in der Lage ist, seinen Zahlungspflichten nachzukommen. Ein Schuldner, der kein Gewerbetreibender ist, kann beim Insolvenzgericht eine Überprüfung der Insolvenzstellung und deren Abwicklung im Wege der Entschuldung beantragen. Die Erlaubnis zur Entschuldung hängt zum einen von der Feststellung des Gerichts ab, dass der Schuldner mit diesem Antrag kein unredliches Interesse verfolgt, und zum anderen davon, dass vernünftigerweise vermutet werden kann, dass nicht bevorrechtigte Gläubiger im Rahmen der Entschuldung wenigstens 30 % ihrer festgestellten Forderungen erhalten. Im Rahmen dieses Insolvenzverfahrens kann das Gericht nach § 410 des Gesetzes, bevor es seine Entscheidung über den Antrag auf Entschuldung erlässt, weder von Amts wegen noch auf Antrag des Schuldners die Gültigkeit, den Betrag oder den Rang der Forderungen prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn die Forderungen Fragen im Hinblick auf die Richtlinien 93/13 oder 2008/48 aufwerfen.

20      Erst wenn das Insolvenzgericht die Regelung der Insolvenz im Wege einer Entschuldung des Gläubigers genehmigt hat, kann der Schuldner eine Inzidentklage erheben, um die angemeldeten Forderungen zu bestreiten, wobei diese Klage jedoch auf vollstreckbare ungesicherte Forderungen beschränkt ist. Zudem kann der Schuldner, um das Bestreiten des Bestehens oder der Höhe der Forderung zu begründen, in diesem Fall nur geltend machen, dass diese erloschen oder verjährt sei.

 Verbraucherschutzrecht

21      Die §§ 51a ff. des Gesetzes Nr. 40/1964 über das Bürgerliche Gesetzbuch (Zákon č. 40/1964 Sb., občanský zákoník) in seiner bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (im Folgenden: Bürgerliches Gesetzbuch) haben die Richtlinie 93/13 in tschechisches Recht umgesetzt.

22      Gemäß § 56 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dürfen mit Verbrauchern geschlossene Verträge keine Klauseln enthalten, die unter Verstoß gegen die Anforderungen von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien darstellen. Nach § 55 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind derartige in Verbraucherverträgen enthaltene Klauseln nichtig. § 56 Abs. 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält eine als Hinweis dienende Aufzählung missbräuchlicher Klauseln, die sich am Anhang der Richtlinie 93/13 orientiert, nicht aber die Klausel nach Nr. 1 Buchst. e dieses Anhangs umfasst, deren Gegenstand oder Zweck es ist, dem säumigen Verbraucher einen unverhältnismäßigen Entschädigungsbetrag aufzuerlegen.

23      Die Richtlinie 2008/48 wurde durch das Gesetz Nr. 145/2010 über den Verbraucherkredit und zur Änderung einiger Gesetze (Zákon č. 145/2010 Sb., o spotřebitelském úvěru a o změně některých zákonů) (im Folgenden: Verbraucherkreditgesetz) in tschechisches Recht umgesetzt.

24      § 6 Abs. 1 dieses Gesetzes, der die Informationspflicht des Kreditgebers gegenüber dem Verbraucher betrifft, bestimmt:

„Der Vertrag über die Gewährung des Verbraucherkredits bedarf der Schriftform und enthält die in Anhang Nr. 3 dieses Gesetzes festgelegten Informationen, die in klarer, prägnanter und sichtbarer Form angegeben werden. Die Nichtbeachtung dieser Informationspflicht oder der Schriftform führt nicht zur Ungültigkeit des Vertrags. …“

25      Wenn der Verbraucherkreditvertrag die Angaben gemäß § 6 Abs. 1 des Gesetzes nicht enthält und der Verbraucher sich gegenüber dem Kreditgeber hierauf beruft, gilt der Vertrag nach § 8 des Verbraucherkreditgesetzes als von dem Zeitpunkt seines Abschlusses an zu dem von der tschechischen Nationalbank veröffentlichten Diskontsatz verzinslich und alle anderen Zahlungsvereinbarungen in Bezug auf den Verbraucherkredit gelten als ungültig.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

26      Am 29. August 2011 schlossen die Eheleute Radlinger einen Verbraucherkreditvertrag mit der Smart Hypo s.r.o., aufgrund dessen ihnen ein Kredit in Höhe von 1 170 000 tschechischen Kronen (CZK) (ca. 43 300 Euro) gewährt wurde.

27      Als Gegenleistung für die Gewährung dieses Kredits verpflichteten sich die Eheleute Radlinger zunächst dazu, an die Kreditgeberin einen Betrag von 2 958 000 CZK (ca. 109 500 Euro) in 120 monatlichen Raten zurückzuzahlen. Dieser Betrag setzte sich aus der Kreditsumme (im Folgenden: Hauptforderung), Zinsen in Höhe von 10 % jährlich auf die Hauptforderung über die Laufzeit des Kreditvertrags, an die Kreditgeberin zu zahlende Gebühren in Höhe von 585 000 CZK (ca. 21 600 Euro) und Kosten in Höhe von 33 000 CZK (ca. 1 200 Euro) zusammen. Der effektive Jahreszins für den in Rede stehenden Verbraucherkredit belief sich auf 28,9 %.

28      Die Eheleute Radlinger verpflichteten sich des Weiteren dazu, der Kreditgeberin über die gesetzlichen Verzugszinsen hinaus für jeden angefangenen Tag des Verzugs eine Vertragsstrafe in Höhe von 0,2 % auf die Hauptforderung zu zahlen, sowie dazu, für den Fall eines Verzugs von über einem Monat eine einmalige Vertragsstrafe in Höhe von 117 000 CZK (ca. 4 300 Euro) und für Aufwendungen für den Einzug offener Forderungen einen Pauschalbetrag von 50 000 CZK (ca. 1 850 Euro) zu zahlen.

29      Schließlich behielt sich die Kreditgeberin das Recht vor, für den Fall, dass eine der Raten nicht vollständig oder nicht rechtzeitig gezahlt würde oder sich herausstellte, dass ihre Zustimmung aufgrund eines vorsätzlichen Verschweigens der Eheleute Radlinger mit Fehlern behaftet gewesen sei, mit sofortiger Wirkung die vollständige Rückzahlung sämtlicher geschuldeten Beträge zu verlangen.

30      Wie sich aus der Vorlageentscheidung ergibt, wurde den Eheleuten Radlinger tatsächlich kein Geld ausbezahlt. Der fragliche Kredit wurde nämlich verwendet, um frühere Schulden bei einem Gerichtsvollzieher zu tilgen, Notarkosten zu begleichen und zugunsten der Kreditgeberin die Kosten des fraglichen Kredits, dessen ersten Rate und einen Teil der folgenden Raten zu zahlen.

31      Am 27. September 2011 teilte Finway, an die die Smart Hypo s.r.o. ihre Forderungen gegen die Eheleute Radlinger abgetreten hatte, diesen mit, dass die volle Schuld, die sich zu diesem Zeitpunkt auf 2 873 751 CZK (ca. 106 300 Euro) belief, sofort fällig sei, da bei Abschluss des in Rede stehenden Vertrags wesentliche Informationen verschwiegen worden seien. Denn, so Finway, die Eheleute Radlinger hätten nicht offengelegt, dass eine Zwangsvollstreckung wegen eines Betrags von 4 285 CZK (ca. 160 Euro) in ihr Grundeigentum angeordnet worden sei.

32      Mit Mahnschreiben vom 19. November 2012 forderte Finway die Eheleute Radlinger erneut zur Zahlung der Schuld auf, die sie nunmehr auf 3 794 786 CZK (ca. 140 500 Euro) bezifferte, wobei sie klarstellte, dass ihre Forderung mit sofortiger Wirkung fällig geworden sei, da die Betroffenen den Kredit nicht regelmäßig und nicht rechtzeitig bedient hätten.

33      Am 5. Februar 2013 beantragten die Eheleute Radlinger beim Krajský soud v Plzni (Regionalgericht Pilsen), sie für zahlungsunfähig zu erklären und ihrem Antrag auf Entschuldung in Form einer Ratenzahlung stattzugeben, da sie nicht in der Lage seien, ihren Zahlungen nachzukommen und einen Zahlungsverzug von mehr als drei Monaten hätten. Dieser Antrag wurde an den Krajsky soud v Praze (Regionalgericht Prag), das für die Entscheidung über diesen Antrag örtlich zuständige Gericht, verwiesen. Dieses Gericht stellte mit Beschluss vom 26. April 2013 die Insolvenz der Eheleute Radlinger fest, benannte einen Insolvenzverwalter und forderte die Gläubiger auf, ihre Forderungen innerhalb einer Frist von 30 Tagen anzumelden.

34      Im Rahmen des Insolvenzverfahrens meldete Finway am 23. Mai 2013 zwei vollstreckbare Forderungen an. Bei der ersten handelte es sich um eine durch eine Hypothek gesicherte Forderung in Höhe von 3 045 991 CZK (112 700 Euro), bei der zweiten um eine ungesicherte Forderung in Höhe von 1 359 540 CZK (50 300 Euro), die der in dem fraglichen Vertrag vorgesehenen Vertragsstrafe für den Verzug mit Zahlungen in Höhe von 0,2 % auf die Hauptforderung pro Tag des Verzugs für die Zeit vom 23. September 2011 bis zum 25. April 2013 entsprach.

35      Am 3. Juli 2013 erkannten die Eheleute Radlinger die Vollstreckbarkeit dieser Forderungen an, bestritten jedoch deren Höhe und beriefen sich darauf, dass die Klauseln des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrags sittenwidrig seien.

36      Mit Beschluss vom 23. Juli 2013 genehmigte das vorlegende Gericht die Entschuldung der Eheleute Radlinger in Form einer gesamtschuldnerischen Ratenzahlung.

37      Am 24. Juli 2013 erhoben die Eheleute Radlinger eine Inzidentklage bei diesem Gericht, mit der sie in ihrer Eigenschaft als Schuldner beantragten, festzustellen, dass die von Finway angemeldeten Forderungen teilweise oder in Gänze rechtswidrig seien.

38      Zu diesem Antrag stellt das Gericht fest, dass der Schuldner nach dem Insolvenzgesetz lediglich das Recht habe, ungesicherte Forderungen zu bestreiten; dies sei nur im Rahmen einer Inzidentklage und zwar ausschließlich wegen Verjährung oder Erlöschens der Schuld möglich.

39      Da der fragliche Vertrag, auf dem die von Finway angemeldeten Forderungen beruhen, einen Verbraucherkreditvertrag im Sinne der Richtlinie 2008/48 und gleichzeitig einen von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrag im Sinne der Richtlinie 93/13 darstellt, fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Pflichten, die sich aus den Bestimmungen der letztgenannten Richtlinie ergeben, auch für das Insolvenzgericht gelten, vor dem auf einem Kreditvertrag beruhende Forderungen bestritten werden.

40      Das vorlegende Gericht hegt auch Zweifel in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des effektiven Jahreszinses, wie dieser in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag angegeben ist. Es fragt sich insoweit, welche Beträge vom Kreditgeber in den Kreditauszahlungsbetrag im Sinne von Nr. I des Anhangs I der Richtlinie 2008/48 zur Berechnung des effektiven Jahreszinses einbezogen worden sind, angesichts des Umstands, dass die Kosten dieses Kredits sowie die ersten beiden Monatsraten unmittelbar vom Kreditbetrag abgezogen wurden.

41      Schließlich stellt es sich die Frage, wie unter dem Blickwinkel der Anforderungen der Richtlinie 93/13 die Klauseln eines von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags wie dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden zu prüfen sind, welcher bei Zahlungsverzug vorsieht, dass der Kreditgeber vom Schuldner die sofortige Rückzahlung aller Beträge des betreffenden Kredits, einschließlich der Zinsen und künftigen Gebühren des Kreditgebers, der Zahlung einer Vertragsstrafe von 0,2 % auf die Hauptforderung für jeden angefangenen Tag des Verzugs und, für den Fall, dass der Schuldner in einen Verzug von mehr als einem Monat gerät, der Zahlung einer einmaligen Vertragsstrafe von 117 000 CZK (ca. 4 300 Euro) verlangen kann.

42      Der Krajský soud v Praze (Regionalgericht Prag) ist der Auffassung, dass die Entscheidung des Ausgangsrechtsstreits von der Auslegung der angeführten Bestimmungen des Unionsrechts abhängt, und hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Stehen Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 oder andere verbraucherschutzrechtliche Bestimmungen des Unionsrechts Folgendem entgegen:

a)      der Konzeption des Insolvenzgesetzes, wonach ein Gericht die Echtheit, die Höhe oder den Rang einer Forderung aus Vertragsbeziehungen mit Verbrauchern nur aufgrund einer vom Insolvenzverwalter, einem Gläubiger oder (unter den oben genannten Beschränkungen) dem Schuldner (Verbraucher) erhobenen Inzidentklage prüfen kann,

b)      Bestimmungen, die im Rahmen der nationalen Regelung des Insolvenzverfahrens das Recht des Schuldners (Verbrauchers), eine gerichtliche Prüfung der angemeldeten Forderung der Gläubiger (Gewerbetreibenden) zu veranlassen, nur auf Fälle beschränken, in denen die Abwicklung des Konkurses des Verbrauchers durch Entschuldung genehmigt wurde, und in diesem Rahmen nur bezüglich ungesicherter Forderungen der Gläubiger, wobei die Einwände des Schuldners gegen vollstreckbare Forderungen, die durch die Entscheidung der zuständigen Stelle anerkannt wurden, außerdem nur auf die Möglichkeit der Geltendmachung des Erlöschens bzw. der Verjährung der Forderung beschränkt werden, wie dies nach § 192 Abs. 3 und § 410 Abs. 2 und 3 des Insolvenzgesetzes der Fall ist?

2.      Falls die Frage 1 zu bejahen ist: Ist das Gericht im Verfahren über die Prüfung einer Forderung aus einem Verbraucherkreditvertrag verpflichtet,

a)      auch ohne Einwand des Verbrauchers von Amts wegen die Verletzung der Informationspflichten des Kreditgebers gemäß Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 zu berücksichtigen

b)      und daraus die im nationalen Recht festgelegten Konsequenzen der Nichtigkeit der vertraglichen Vereinbarungen zu ziehen?

Falls die Frage 1 oder die Frage 2 zu bejahen ist:

3.      Haben die oben angewandten Bestimmungen der Richtlinien unmittelbare Wirkung und steht ihrer unmittelbaren Anwendbarkeit die Tatsache, dass durch die Einleitung des Zwischenstreits von Amts wegen (bzw. aus der Sicht des nationalen Rechts durch eine unzulässige Forderungsprüfung aufgrund eines unwirksamen Bestreitens seitens des Schuldners-Verbrauchers) in die horizontalen Beziehungen zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem eingegriffen wird, nicht entgegen?

4.      Welcher Betrag stellt den „Gesamtkreditbetrag“ gemäß Art. 10 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2008/48 dar und welche Beträge werden als „Höhe des Kredit-Auszahlungsbetrags“ zur Berechnung des effektiven Jahreszinses anhand der Formel in Anhang I der Richtlinie 2008/48 herangezogen, wenn im Kreditvertrag die Leistung eines bestimmten Geldbetrags formal zugesagt wird, jedoch gleichzeitig vereinbart ist, dass bereits im Zeitpunkt der Kreditauszahlung gegen diesen Betrag die Forderungen des Kreditgebers in Form von Gebühren für die Kreditvergabe und der ersten (und gegebenenfalls nachfolgenden) Kreditrate(n) in einem bestimmten Ausmaß aufgerechnet werden, so dass diese aufgerechneten Beträge in Wirklichkeit gar nicht an den Verbraucher ausbezahlt bzw. auf sein Konto überwiesen werden und während der gesamten Laufzeit dem Gläubiger zur Verfügung stehen? Hat die Einbeziehung solcher in Wirklichkeit nicht ausbezahlter Beträge einen Einfluss auf die Höhe des berechneten effektiven Jahreszinses?

Ungeachtet der Antworten auf die vorherigen Fragen:

5.      Ist bei der Beurteilung, ob die Höhe der vereinbarten Entschädigung unverhältnismäßig im Sinne der Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 ist, die kumulative Wirkung aller Sanktionsklauseln so zu bewerten, wie sie vereinbart worden sind, unabhängig davon, ob der Gläubiger tatsächlich darauf besteht, dass ihnen vollständig nachgekommen wird, und unabhängig davon, ob einige davon aufgrund der Bestimmungen des nationalen Rechts als nichtig angesehen werden können, oder ist nur die Gesamthöhe der tatsächlich geltend gemachten und anwendbaren Sanktionen zu berücksichtigen?

6.      Ist im Fall der Feststellung eines missbräuchlichen Charakters der vertraglichen Sanktionen keine der einzelnen Sanktionen anzuwenden, die das Gericht (jedoch erst in ihrer Gesamtheit) dazu veranlasst haben, den Entschädigungsbetrag als unverhältnismäßig hoch im Sinne der Nr. 1 Buchst. e des Anhangs der Richtlinie 93/13 anzusehen, oder nur einige von ihnen (und in diesem Fall, nach welchem Schlüssel)?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur ersten Frage

43      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegenstehen, die es in einem Insolvenzverfahren zum einen dem mit diesem Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, von Amts wegen die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, auf denen die im Rahmen dieses Verfahrens angemeldeten Forderungen beruhen, und die zum anderen das Gericht nur zur Prüfung ungesicherter Forderungen ermächtigt, und zwar allein in Bezug auf einige eingeschränkte Rügen im Zusammenhang mit der Verjährung oder dem Erlöschen dieser Forderungen.

44      Art. 22 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 verpflichtet die Mitgliedstaaten, sicherzustellen, dass Verbraucher auf die Rechte, die ihnen mit den innerstaatlichen Vorschriften eingeräumt werden, die zur Anwendung dieser Richtlinie erlassen wurden oder ihr entsprechen, nicht verzichten können. Der Vorlageentscheidung lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass die Eheleute Radlinger auf die Reche, die ihnen nach den Vorschriften des tschechischen Rechts zustehen, verzichtet haben. Folglich hat, wie die Generalanwältin in Nr. 40 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, diese Bestimmung für die Antwort auf die erste Frage keine Bedeutung.

45      Was Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 angeht, so verpflichtet diese Bestimmung die Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass im Interesse der Verbraucher angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.

46      Zu diesen Mitteln müssen Rechtsvorschriften gehören, die den Verbrauchern einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz gewährleisten, indem sie es ihnen ermöglichen, den streitigen Vertrag – auch im Rahmen eines Insolvenzverfahrens – vor Gericht anzufechten, und dies unter angemessenen verfahrensrechtlichen Voraussetzungen, so dass für die Ausübung ihrer Rechte keine Voraussetzungen, insbesondere hinsichtlich der Fristen oder der Kosten, gelten, die die Ausübung der durch die Richtlinie 93/13 gewährleisteten Rechte übermäßig erschweren oder praktisch unmöglich machen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 1. Oktober 2015, ERSTE Bank Hungary, C‑32/14, EU:C:2015:637, Rn. 59).

47      Im vorliegenden Fall betrifft die erste Vorlagefrage die Organisation von Verfahren auf dem Gebiet der Insolvenz im Kontext eines Rechtsstreits, in dem der Schuldner-Verbraucher einen Einwand gegen die Begründetheit der angemeldeten Forderungen erhebt.

48      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es mangels einer einschlägigen Unionsregelung gemäß dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten Sache der Rechtsordnung jedes einzelnen Mitgliedstaats, die zuständigen Gerichte zu bezeichnen und die Verfahrensmodalitäten für Klagen zu regeln, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen die Verfahrensmodalitäten für Klagen, die den Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, nicht weniger günstig ausgestaltet sein als die für entsprechende innerstaatliche Klagen (Grundsatz der Äquivalenz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität) (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Februar 2015, Baczó und Vizsnyiczai, C‑567/13, EU:C:2015:88, Rn. 41 und 42 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

49      In Bezug auf den Grundsatz der Äquivalenz besteht, wie die Generalanwältin in Nr. 32 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, vorliegend für den Gerichtshof keinerlei Anhaltspunkt, der einen Zweifel darüber aufkommen lassen könnte, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Regelung mit diesem Grundsatz nicht in Einklang steht.

50      Was den Grundsatz der Effektivität angeht, so ist jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionsrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen. Gleichwohl können die spezifischen Merkmale der Verfahren keinen Faktor darstellen, der den Rechtsschutz, der den Verbrauchern nach der Richtlinie 93/13 zu gewähren ist, beeinträchtigen könnte (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 52 und 53 sowie die dort angeführte Rechtsprechung).

51      Im vorliegenden Fall betrifft Frage 1 Buchst. a die Vereinbarkeit einer nationalen Verfahrensregelung wie der in den Rn. 19 und 20 des vorliegenden Urteils dargestellten, die es dem in einem Insolvenzverfahren angerufenen Gericht nicht erlaubt, von Amts wegen die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, auf denen die im Rahmen dieses Verfahrens angemeldeten Forderungen beruhen, mit Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13.

52      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das nationale Gericht von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel, die in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, prüfen und damit der Unausgewogenheit zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abhelfen muss, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (Urteil vom 1. Oktober 2015, ERSTE Bank Hungary, C‑32/14, EU:C:2015:637, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

53      Denn der Gerichtshof hat entschieden, dass zur Gewährleistung des von der Richtlinie 93/13 gewollten Schutzes die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives und von den Vertragsparteien unabhängiges Eingreifen des nationalen Gerichts ausgeglichen werden kann, bei dem derartige Rechtsstreitigkeiten anhängig sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Februar 2014, Pohotovosť, C‑470/12, EU:C:2014:101, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

54      Daher ist Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die es in einem Insolvenzverfahren dem mit diesem Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, von Amts wegen die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, auf denen die im Rahmen dieses Verfahrens angemeldeten Forderungen beruhen, obwohl das Gericht über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt.

55      Was Frage 1 Buchst. b angeht, so ergibt sich aus den Feststellungen des vorlegenden Gerichts, dass nach den im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Rechtsvorschriften nicht sämtliche Forderungen aus einem Kreditvertrag, der möglicherweise missbräuchliche Klauseln enthält, bestritten werden können, sondern nur diejenigen dieser Forderungen, die ungesichert sind, und dies ausschließlich aus einem auf ihre Verjährung oder ihr Erlöschen gestützten Grund.

56      Wie jedoch die in Rn. 46 des vorliegenden Urteils angeführte Rechtsprechung deutlich macht, impliziert das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf, dass der Verbraucher berechtigt ist, vor dem nationalen Gericht die Begründetheit von Forderungen aus einem Kreditvertrag zu bestreiten, der Klauseln enthält, die für missbräuchlich erklärt werden könnten, unabhängig davon, ob die Forderungen gesichert sind oder nicht.

57      Soweit aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, dass die im Ausgangsverfahren fraglichen Rechtsvorschriften den Schuldner, der eine ungesicherte Forderung bestreiten will, nur dazu berechtigen, die Verjährung oder das Erlöschen dieser Forderung geltend zu machen, ist des Weiteren darauf hinzuweisen, dass eine Beschränkung der Befugnis des nationalen Gerichts, missbräuchliche Klauseln von Amts wegen unberücksichtigt zu lassen, geeignet ist, die Effektivität des von den Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 gewollten Schutzes zu beeinträchtigen (vgl. entsprechend Urteil vom 21. November 2002, Cofidis, C‑473/00, EU:C:2002:705, Rn. 35).

58      Indem sie nur das Bestreiten bestimmter Forderungen aus einem Verbrauchervertrag, von dessen Klauseln einige für missbräuchlich erklärt werden könnten, und einige eingeschränkte Rügen im Zusammenhang mit der Verjährung oder dem Erlöschen dieser Forderungen zulässt, beachtet eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende mithin nicht die Anforderungen aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13.

59      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Verfahrensregelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die in einem Insolvenzverfahren zum einen dem mit diesem Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, von Amts wegen die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, auf denen im Rahmen dieses Verfahrens angemeldete Forderungen beruhen, obwohl das Gericht über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, und die zum anderen dieses Gericht nur zu einer Prüfung von ungesicherten Forderungen ermächtigt, und zwar allein in Bezug auf einige eingeschränkte Rügen im Zusammenhang mit der Verjährung oder dem Erlöschen dieser Forderungen.

 Zur zweiten Frage

60      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit in Bezug auf Forderungen, die auf einem Kreditvertrag im Sinne dieser Richtlinie beruhen, anhängig ist, dazu verpflichtet, von Amts wegen zu prüfen, ob die in dieser Bestimmung vorgesehene Informationspflicht eingehalten ist, und alle Konsequenzen zu ziehen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht aus einem Verstoß gegen diese Pflicht ergeben.

61      Zunächst ist hervorzuheben, dass die in Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 aufgestellte Informationspflicht wie die in den Art. 5 und 8 dieser Richtlinie vorgeschriebenen Pflichten zur Verwirklichung des von dieser Richtlinie verfolgten Ziels beitragen, das, wie sich aus den Erwägungsgründen 7 und 9 der Richtlinie ergibt, darin besteht, in Bezug auf Verbraucherkredite eine vollständige und obligatorische Harmonisierung in einigen Schlüsselbereichen vorzusehen, die als notwendig erachtet wird, um allen Verbrauchern in der Union ein hohes und vergleichbares Maß an Schutz ihrer Interessen zu gewährleisten und um die Entwicklung eines reibungslos funktionierenden Binnenmarkts bei Verbraucherkrediten zu erleichtern (vgl. entsprechend Urteil vom 18. Dezember 2014, CA Consumer Finance, C‑449/13, EU:C:2014:2464, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung).

62      Zu Frage 2 Buchst. a ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof mehrfach an die dem nationalen Gericht obliegende Verpflichtung erinnert hat, von Amts wegen den Verstoß gegen bestimmte Vorschriften des Verbraucherschutzrechts der Union zu prüfen (vgl. in diesem Sinne zur Richtlinie 93/13 Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM, C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 32, zur Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen [ABl. L 372, S. 31] Urteil vom 17. Dezember 2009, Martín Martín, C‑227/08, EU:C:2009:792, Rn. 29, und zur Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter [ABl. L 171, S. 12] Urteil vom 3. Oktober 2013, Duarte Hueros, C‑32/12, EU:C:2013:637, Rn. 39).

63      Wie die Generalanwältin in den Nrn. 51 ff. ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist diese Anforderung durch die Erwägung gerechtfertigt, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das Schutzsystem auf der Vorstellung beruht, dass sich der Verbraucher gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf deren Inhalt Einfluss nehmen zu können (Urteil vom 1. Oktober 2015, ERSTE Bank Hungary, C‑32/14, EU:C:2015:637, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

64      Insoweit ist es für den Verbraucher von grundlegender Bedeutung, dass er vor und bei Abschluss des Vertrags über die Vertragsbedingungen und die Folgen des Vertragsschlusses informiert ist. Insbesondere auf der Grundlage dieser Information entscheidet er, ob er sich durch die vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen binden möchte. (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. Januar 2014, Constructora Principado, C‑226/12, EU:C:2014:10, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Im Übrigen besteht eine nicht zu unterschätzende Gefahr, dass sich der Verbraucher vor allem aus Unkenntnis nicht auf eine seinem Schutz dienende Rechtsnorm beruft (Urteil vom 4. Juni 2015, Faber, C‑497/13, EU:C:2015:357, Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

66      Daraus folgt, dass ein wirksamer Schutz des Verbrauchers nicht erreicht werden könnte, wenn das nationale Gericht nicht verpflichtet wäre, von Amts wegen die Einhaltung der Anforderungen zu beurteilen, die sich aus den Unionsregeln auf dem Gebiet des Verbraucherschutzrechts ergeben (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Oktober 2007, Rampion und Godard, C‑429/05, EU:C:2007:575, Rn. 61 und 65).

67      Wie in Rn. 53 des vorliegenden Urteils hervorgehoben wurde, kann nämlich zur Gewährleistung des von dieser Richtlinie gewollten Schutzes die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives und von den Vertragsparteien unabhängiges Eingreifen des nationalen Gerichts ausgeglichen werden, bei dem derartige Rechtsstreitigkeiten anhängig sind.

68      Die Vornahme durch das nationale Gericht einer Prüfung von Amts wegen, ob die Anforderungen aus der Richtlinie 2008/48 eingehalten sind, ist ferner ein geeignetes Mittel, um das in Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie festgelegte Ergebnis zu erreichen und zur Verwirklichung der in ihren Erwägungsgründen 31 und 43 genannten Ziele beizutragen (vgl. entsprechend Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť, C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 41 und die dort angeführte Rechtsprechung).

69      Insbesondere müssen die nach Art. 23 der Richtlinie 2008/48 vorgesehenen Sanktionen für Verstöße gegen aufgrund dieser Richtlinie erlassene innerstaatliche Vorschriften einen abschreckenden Charakter haben. Die von den nationalen Gerichten vorgenommene Prüfung der Einhaltung der Anforderungen aus dieser Richtlinie von Amts wegen weist zweifellos einen solchen Charakter auf.

70      Da das nationale Gericht somit dazu berufen ist, die praktische Wirksamkeit des von den Bestimmungen der Richtlinie 2008/48 gewollten Verbraucherschutzes zu gewährleisten, ist die Aufgabe, die ihm damit durch das Unionsrecht in dem betreffenden Bereich zugewiesen wird, nicht auf die bloße Befugnis beschränkt, über die Einhaltung dieser Anforderungen zu befinden, sondern umfasst außerdem die Verpflichtung, diese Frage von Amts wegen zu prüfen, sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt (vgl. entsprechend Urteil vom 4. Juni 2009, Pannon GSM, C‑243/08, EU:C:2009:350, Rn. 32).

71      Darüber hinaus muss das nationale Gericht, wenn es von Amts wegen einen Verstoß gegen Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 festgestellt hat, vorbehaltlich der Einhaltung des Grundsatzes des kontradiktorischen Verfahrens alle Konsequenzen, die sich nach nationalem Recht aus dieser Feststellung ergeben, ziehen, ohne einen entsprechenden Antrag des Verbrauchers abzuwarten (vgl. entsprechend Urteile vom 21. Februar 2013, Banif Plus Bank, C‑472/11, EU:C:2013:88, Rn. 36, und vom 1. Oktober 2015, ERSTE Bank Hungary, C‑32/14, EU:C:2015:637, Rn. 42).

72      In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass sich aus Art. 23 der Richtlinie 2008/48 ergibt, das die Mitgliedstaaten für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen innerstaatlichen Vorschriften Sanktionen festlegen und alle zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen müssen nicht nur abschreckend, sondern auch wirksam und verhältnismäßig sein.

73      Insoweit muss ein nationales Gericht, wenn es einen Verstoß gegen die Informationspflicht festgestellt hat, hieraus alle nach dem innerstaatlichen Recht vorgesehenen Konsequenzen ziehen, sofern die durch dieses Recht eingeführten Sanktionen die Anforderungen des Art. 23 der Richtlinie 2008/48 in ihrer Auslegung durch den Gerichtshof, namentlich im Urteil LCL Le Crédit Lyonnais (C‑565/12, EU:C:2014:190), wahren.

74      Nach alledem ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 dahin auszulegen ist, dass er ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit über Forderungen, die auf einem Kreditvertrag im Sinne dieser Richtlinie beruhen, anhängig ist, dazu verpflichtet, von Amts wegen die Einhaltung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Informationspflicht zu prüfen und die Konsequenzen zu ziehen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht aus einem Verstoß gegen diese Pflicht ergeben, vorausgesetzt, dass die Sanktionen den Anforderungen des Art. 23 der Richtlinie genügen.

 Zur dritten Frage

75      Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht, nachdem es darauf hingewiesen hat, dass der Rechtsstreit des Ausgangsverfahrens zwei Privatpersonen betrifft, wissen, ob die einschlägigen Bestimmungen der Richtlinien 93/13 und 2008/48 unmittelbare Wirkung haben.

76      In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass nach Art. 288 Abs. 3 AEUV eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, den innerstaatlichen Stellen jedoch die Wahl der Form und der Mittel überlässt. Daher kann eine Richtlinie nicht selbst Verpflichtungen für einen Einzelnen begründen, so dass ihm gegenüber eine Berufung auf die Richtlinie als solche nicht möglich ist (Urteil vom 24. Januar 2012, Dominguez, C‑282/10, EU:C:2012:33, Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung). Nichtsdestotrotz ist die Pflicht eines Mitgliedstaats, alle zur Erreichung des durch eine Richtlinie vorgeschriebenen Ziels erforderlichen Maßnahmen zu treffen, eine durch Art. 288 Abs. 3 AEUV und durch die Richtlinie selbst auferlegte zwingende Pflicht. Diese Pflicht, alle allgemeinen oder besonderen Maßnahmen zu treffen, obliegt allen Trägern öffentlicher Gewalt in den Mitgliedstaaten einschließlich der Gerichte im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (Urteil vom 24. Juni 2008, Commune de Mesquer, C‑188/07, EU:C:2008:359, Rn. 83 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Im vorliegenden Fall stellt zum einen die Pflicht, von Amts wegen zu prüfen, ob bestimmte Klauseln missbräuchlich und die obligatorischen Informationen angegeben sind, eine Verfahrensregel dar, die nicht einen Einzelnen, sondern die Gerichte trifft (vgl. entsprechend Urteile vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 67, sowie vom 18. Februar 2016, Finanmadrid EFC, C‑49/14, EU:C:2016:98, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Zum anderen müssen, wie sich aus dem Wortlaut von Art. 23 der Richtlinie 2008/48 ergibt, die Behörden der Mitgliedstaaten bei der Umsetzung und der Durchführung dieser Richtlinie dafür sorgen, dass wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen angewandt werden.

79      Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs die nationalen Gerichte bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie 2008/48 auslegen müssen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen. Die Pflicht zur unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts ist dem System des AEU-Vertrags immanent, da den nationalen Gerichten dadurch ermöglicht wird, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten die volle Wirksamkeit des Unionsrechts sicherzustellen, wenn sie über die bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten entscheiden (Urteil vom 24. Januar 2012, Dominguez, C‑282/10, EU:C:2012:33, Rn. 24 und die dort angeführte Rechtsprechung).

80      Infolgedessen ist die dritte Frage nicht zu beantworten.

 Zur vierten Frage

81      Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, in welcher Weise der Begriff „Gesamtkreditbetrag“ in den Art. 3 Buchst. l und 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 und der Begriff „Kreditauszahlungsbetrag“ in Nr. I des Anhangs I dieser Richtlinie auszulegen sind.

82      Dieses Gericht weist nämlich darauf hin, dass in dem im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Vertrag, mit dem der Kreditgeber sich verpflichtet habe, den Eheleuten Radlinger einen Kredit zu gewähren, festgelegt gewesen sei, dass ab der Bereitstellung des Kredits die Kosten für dessen Bereitstellung sowie die erste Rate und gegebenenfalls die folgenden Raten vom Gesamtbetrag dieses Kredits abgezogen würden. Darum stelle sich insbesondere die Frage, ob der Teil ebendieses Kredits, der den Betroffenen nicht zur Verfügung gestellt worden sei, in den Kreditauszahlungsbetrag im Sinne von Nr. I des Anhangs I der Richtlinie 2008/48 für die Berechnung des effektiven Jahreszinses einzubeziehen sei.

83      Insoweit ist daran zu erinnern, dass der Gesamtkreditbetrag im Sinne der Richtlinie 2008/48 in deren Art. 3 Buchst. l definiert ist als die Obergrenze oder die Summe aller Beträge, die aufgrund eines Kreditvertrags zur Verfügung gestellt werden.

84      Im Übrigen bezeichnen nach Art. 3 Buchst. g dieser Richtlinie die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher sämtliche Kosten, die der Verbraucher im Zusammenhang mit dem Kreditvertrag zu zahlen hat und die dem Kreditgeber bekannt sind. Schließlich entspricht nach Art. 3 Buchst. i der Richtlinie 2008/48 der effektive Jahreszins den Gesamtkosten des Kredits, soweit zutreffend einschließlich der Kosten gemäß Art. 19 Abs. 2 dieser Richtlinie.

85      Da der Begriff „vom Verbraucher zu zahlender Gesamtbetrag des Kredits“ in Art. 3 Buchst. h der Richtlinie 2008/48 als „die Summe des Gesamtkreditbetrags und der Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ definiert wird, folgt daraus, dass die Begriffe „Gesamtkreditbetrag“ und „Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher“ einander ausschließen und mithin im Gesamtkreditbetrag keiner der Beträge enthalten sein kann, die unter die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher fallen.

86      Daher kann in den Gesamtkreditbetrag im Sinne von Art. 3 Buchst. l und Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 keiner der Beträge einbezogen werden, die dazu bestimmt sind, den im Zusammenhang mit dem betreffenden Kredit vereinbarten Verpflichtungen, wie Verwaltungskosten, Zinsen, Provisionen und jeder anderen Art von Kosten, die der Verbraucher zu zahlen hat, nachzukommen.

87      Es ist hervorzuheben, dass die rechtswidrige Einbeziehung von Beträgen, die unter die Gesamtkosten des Kredits für den Verbraucher fallen, in den Gesamtkreditbetrag notwendigerweise zur Folge hat, dass der effektive Jahreszins unterbewertet wird, denn dessen Berechnung richtet sich nach dem Gesamtkreditbetrag.

88      Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2008/48 präzisiert nämlich, dass der effektive Jahreszins, der auf Jahresbasis die Gleichheit zwischen den Gegenwartswerten der gesamten gegenwärtigen oder künftigen Verpflichtungen des Kreditgebers und des Verbrauchers herstellt, anhand der mathematischen Formel in Teil I des Anhangs I berechnet wird. Diese Richtlinie bestimmt aber, dass die Grundgleichung zur Ermittlung des effektiven Jahreszinses auf jährlicher Basis die rechnerische Gleichheit zwischen der Summe der Gegenwartswerte der in Anspruch genommenen Kreditauszahlungsbeträge einerseits und der Summe der Gegenwartswerte der Rückzahlungen (Tilgung und Kosten) andererseits ausdrückt. Daher entspricht der Kreditauszahlungsbetrag im Sinne von Teil I des Anhangs I der Richtlinie 2008/48 dem Gesamtkreditbetrag im Sinne von Art. 3 Buchst. l dieser Richtlinie.

89      Im vorliegenden Fall ist es Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob einer oder mehrere der in den Rn. 27 und 28 des vorliegenden Urteils genannten Beträge rechtswidrig in den Gesamtkreditbetrag im Sinne von Art. 3 Buchst. l der Richtlinie 2008/48 einbezogen worden sind. Dabei kann sich dieser Umstand auf die Berechnung des effektiven Jahreszinses auswirken und folglich die Genauigkeit der Informationen, die der Kreditgeber gemäß Art. 10 Abs. 2 dieser Richtlinie in dem fraglichen Kreditvertrag anzugeben hatte, beeinträchtigen.

90      Wie nun aber im Wesentlichen in den Erwägungsgründen 31 und 43 der Richtlinie 2008/48 ausgeführt wird, ist die Unterrichtung des Verbrauchers über die Gesamtkosten des Kredits in Form eines nach einer einheitlichen mathematischen Formel berechneten Zinssatzes von besonderer Bedeutung. Zum einen trägt diese Unterrichtung zur Transparenz des Marktes bei, da sie es dem Verbraucher ermöglicht, Kreditangebote zu vergleichen. Zum anderen ermöglicht sie es dem Verbraucher, den Umfang seiner Verpflichtung einzuschätzen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 4. März 2004, Cofinoga, C‑264/02, EU:C:2004:127, Rn. 26, und Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť, C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 70).

91      Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist auf die vierte Frage zu antworten, dass die Art. 3 Buchst. l und 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 sowie Nr. I des Anhangs I dieser Richtlinie dahin auszulegen sind, dass der Gesamtkreditbetrag und der Kreditauszahlungsbetrag sämtliche dem Verbraucher zur Verfügung gestellten Beträge bezeichnen, was diejenigen Beträge ausschließt, die vom Kreditgeber auf die Zahlung von Kosten im Zusammenhang mit dem betreffenden Kredit verwendet und nicht tatsächlich an den Verbraucher ausbezahlt werden.

 Zur fünften und zur sechsten Frage

92      Mit seiner fünften und seiner sechsten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob zum einen die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass zur Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit des dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, auferlegten Entschädigungsbetrags im Sinne von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie die kumulative Wirkung aller diesbezüglichen Klauseln, die in dem betreffenden Kreditvertrag enthalten sind, zu bewerten ist, unabhängig davon, ob der Gläubiger tatsächlich darauf besteht, dass den Klauseln nachgekommen wird, und ob zum anderen die nationalen Gerichte für Klauseln, deren Missbräuchlichkeit anerkannt worden ist, alle diese Klauseln oder nur einen Teil derselben unangewendet lassen müssen.

93      Zur Beantwortung dieser Fragen ist erstens daran zu erinnern, dass der Anhang, auf den Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 93/13 verweist, eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste von Klauseln enthält, die für missbräuchlich erklärt werden können. Zu diesen gehören, wie sich aus Nr. 1 Buchst. e dieses Anhangs ergibt, Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass „dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird“.

94      Die Missbräuchlichkeit einer bestimmten Vertragsklausel beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, und aller den Vertragsschluss begleitenden Umstände zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť, C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 59, und Urteil vom 9. Juli 2015, Bucura, C‑348/14, EU:C:2015:447, Rn. 48).

95      Wie die Generalanwältin in Nr. 74 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, ist es daher notwendig, die kumulative Wirkung aller Klauseln eines zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Vertrags zu beurteilen. Eine solche Beurteilung ist gerechtfertigt, da diese Klauseln in ihrer Gesamtheit anwendbar sind, und zwar unabhängig davon, ob der Gläubiger tatsächlich darauf besteht, dass ihnen vollständig nachgekommen wird (vgl. entsprechend Urteil vom 10. September 2014, Kušionová, C‑34/13, EU:C:2014:2189, Rn. 42).

96      Zweitens ist hervorzuheben, dass nach Art. 6 Abs. 1 erster Halbsatz der Richtlinie 93/13 die Mitgliedstaaten vorsehen, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften festlegen. Art. 6 Abs. 1 zweiter Halbsatz dieser Richtlinie stellt indes klar, dass ein solcher Vertrag „für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann“.

97      Der Gerichtshof hat darauf hingewiesen, dass die nationalen Gerichte eine missbräuchliche Vertragsklausel unangewendet lassen müssen, damit sie den Verbraucher nicht bindet, sie dürfen aber nicht deren Inhalt abändern. Der betreffende Vertrag muss – abgesehen von der Änderung, die sich aus der Aufhebung der missbräuchlichen Klauseln ergibt – grundsätzlich unverändert fortbestehen, soweit dies nach den Vorschriften des innerstaatlichen Rechts rechtlich möglich ist (Urteil vom 21. Januar 2015, Unicaja Banco und Caixabank, C‑482/13, C‑484/13, C‑485/13 und C‑487/13, EU:C:2015:21, Rn. 28 und die dort angeführte Rechtsprechung).

98      Für diese Auslegung sprechen auch der Regelungszweck und die Systematik der Richtlinie 93/13. In Anbetracht von Natur und Bedeutung des öffentlichen Interesses, auf dem der den Verbrauchern gewährte Schutz beruht, verpflichtet diese Richtlinie, wie sich aus ihrem Art. 7 Abs. 1 ergibt, die Mitgliedstaaten dazu, angemessene und wirksame Mittel vorzusehen, „damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“. Wenn es dem nationalen Gericht indes freistünde, den Inhalt der missbräuchlichen Klauseln in solchen Verträgen abzuändern, könnte eine derartige Befugnis die Verwirklichung des langfristigen Ziels gefährden, das mit Art. 7 der Richtlinie verfolgt wird, weil sie den Abschreckungseffekt abschwächen würde, der für die Gewerbetreibenden darin besteht, dass solche missbräuchlichen Klauseln gegenüber dem Verbraucher schlicht und einfach unangewendet bleiben (Urteil vom 30. Mai 2013, Asbeek Brusse und de Man Garabito, C‑488/11, EU:C:2013:341, Rn. 58 und die dort angeführte Rechtsprechung).

99      In einem Fall, in dem das nationale Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Klausel missbräuchlich im Sinne von der Richtlinie 93/13 ist, obliegt es daher diesem Gericht, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich daraus nach dem innerstaatlichen Recht ergeben, um sich zu vergewissern, dass diese Klausel für den Verbraucher unverbindlich ist (vgl. in diesem Sinne Beschluss vom 16. November 2010, Pohotovosť, C‑76/10, EU:C:2010:685, Rn. 62 und die dort angeführte Rechtsprechung).

100    Daraus folgt, wie die Generalanwältin in Nr. 75 ihrer Schlussanträge festgestellt hat, dass ein nationales Gericht, das festgestellt hat, dass mehrere der Klauseln eines von einem Gewerbetreibenden mit einem Verbraucher geschlossenen Vertrags missbräuchlich im Sinne der Richtlinie 93/13 sind, alle diese Klauseln unangewendet lassen muss und nicht lediglich einen Teil derselben.

101    Unter Berücksichtigung des Vorstehenden ist auf die fünfte und die sechste Frage zu antworten, dass die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 dahin auszulegen sind, dass für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit des dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, auferlegten Entschädigungsbetrags im Sinne von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie die kumulative Wirkung aller diesbezüglichen Klauseln, die in dem betreffenden Kreditvertrag enthalten sind, zu bewerten ist, unabhängig davon, ob der Gläubiger tatsächlich darauf besteht, dass den Klauseln nachgekommen wird, und dass es gegebenenfalls den nationalen Gerichten gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie obliegt, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln ergeben, indem sie jede der Klauseln, die als missbräuchlich anerkannt worden sind, unangewendet lassen, um sich zu versichern, dass diese Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind.

 Kosten

102    Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Verfahrensregelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die in einem Insolvenzverfahren zum einen dem mit diesem Verfahren befassten Gericht nicht erlaubt, von Amts wegen die etwaige Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln zu prüfen, auf denen im Rahmen dieses Verfahrens angemeldete Forderungen beruhen, obwohl das Gericht über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt, und die zum anderen dieses Gericht nur zu einer Prüfung von ungesicherten Forderungen ermächtigt, und zwar allein in Bezug auf einige eingeschränkte Rügen im Zusammenhang mit der Verjährung oder dem Erlöschen dieser Forderungen.

2.      Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates ist dahin auszulegen, dass er ein nationales Gericht, bei dem ein Rechtsstreit über Forderungen, die auf einem Kreditvertrag im Sinne dieser Richtlinie beruhen, anhängig ist, dazu verpflichtet, von Amts wegen die Einhaltung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Informationspflicht zu prüfen und die Konsequenzen zu ziehen, die sich nach dem innerstaatlichen Recht aus einem Verstoß gegen diese Pflicht ergeben, vorausgesetzt, dass die Sanktionen den Anforderungen des Art. 23 der Richtlinie genügen.

3.      Die Art. 3 Buchst. l und 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 sowie Nr. I des Anhangs I dieser Richtlinie sind dahin auszulegen, dass der Gesamtkreditbetrag und der Kreditauszahlungsbetrag sämtliche dem Verbraucher zur Verfügung gestellten Beträge bezeichnen, was diejenigen Beträge ausschließt, die vom Kreditgeber auf die Zahlung von Kosten im Zusammenhang mit dem betreffenden Kredit verwendet und nicht tatsächlich an den Verbraucher ausbezahlt werden.

4.      Die Bestimmungen der Richtlinie 93/13 sind dahin auszulegen, dass für die Prüfung der Unverhältnismäßigkeit des dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, auferlegten Entschädigungsbetrags im Sinne von Nr. 1 Buchst. e des Anhangs dieser Richtlinie die kumulative Wirkung aller diesbezüglichen Klauseln, die in dem betreffenden Kreditvertrag enthalten sind, zu beurteilen ist, unabhängig davon, ob der Gläubiger tatsächlich darauf besteht, dass den Klauseln nachgekommen wird, und dass es gegebenenfalls den nationalen Gerichten gemäß Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie obliegt, alle Konsequenzen zu ziehen, die sich aus der Feststellung der Missbräuchlichkeit bestimmter Klauseln ergeben, indem sie jede der Klauseln, die als missbräuchlich anerkannt worden sind, unangewendet lassen, um sich zu versichern, dass diese Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Tschechisch.