Language of document : ECLI:EU:C:2011:808

BESCHLUSS DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

7. Dezember 2011 (*)

„Rechtsmittel – Gemeinschaftsmarke – Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke, die aus einer waagerechten Kombination der Farben Grau und Rot besteht – Absolutes Eintragungshindernis – Fehlende Unterscheidungskraft – Verordnung (EG) Nr. 207/2009 – Art. 7 Abs. 1 Buchst. b“

In der Rechtssache C‑45/11 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 1. Februar 2011,

Deutsche Bahn AG mit Sitz in Berlin (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt K. Schmidt-Hern,

Rechtsmittelführerin,

anderer Verfahrensbeteiligter:

Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM), vertreten durch G. Schneider als Bevollmächtigten,

Beklagter im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Safjan sowie der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und M. Ilešič,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: A. Calot Escobar,

nach Anhörung der Generalanwältin

folgenden

Beschluss

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Deutsche Bahn AG (im Folgenden: Deutsche Bahn) die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 12. November 2010, Deutsche Bahn/HABM (waagerechte Kombination der Farben Grau und Rot) (T‑409/09, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem ihre Klage auf Aufhebung der Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM) vom 23. Juli 2009 (Sache R 379/2009-1) über die Anmeldung eines Farbzeichens, das aus der Kombination der Farben Grau und Rot besteht, als Gemeinschaftsmarke (im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen wurde.

 Rechtlicher Rahmen

2        Die Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) ist durch die am 13. April 2009 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. L 78, S. 1) aufgehoben und kodifiziert worden.

3        Art. 7 („Absolute Eintragungshindernisse“) Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

„Von der Eintragung ausgeschlossen sind

b)      Marken, die keine Unterscheidungskraft haben“.

4        Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 bestimmt:

„Die Entscheidungen des Amtes sind mit Gründen zu versehen. Sie dürfen nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.“

 Sachverhalt des Ausgangsverfahrens

5        Am 6. März 2008 meldete die Deutsche Bahn beim HABM nach der Verordnung Nr. 40/94 das nachfolgend wiedergegebene Farbzeichen als Gemeinschaftsmarke an (im Folgenden: streitiges Zeichen).

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6        In der Anmeldung beschrieb die Deutsche Bahn die Marke wie folgt:

„Die Farbe Lichtgrau (RAL 7035) ist über der Farbe Verkehrsrot (RAL 3020), diese wiederum über der Farbe Lichtgrau (RAL 7035) angeordnet; das Verhältnis der Farben beträgt von oben nach unten Lichtgrau; Verkehrsrot; Lichtgrau = 7: 1: 2.“

7        Die Marke wurde für die Dienstleistungen „Beförderung von Personen und Gütern mittels Schienenbahnen“ in Klasse 39 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet.

8        Mit Entscheidung vom 30. Januar 2009 wies der Prüfer die Anmeldung wegen fehlender Unterscheidungskraft zurück.

9        Am 29. März 2009 legte die Deutsche Bahn gegen die Entscheidung des Prüfers beim HABM Beschwerde ein.

10      Mit der streitigen Entscheidung wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 habe.

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

11      Mit Klageschrift, die am 9. Oktober 2009 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Deutsche Bahn eine Klage auf Aufhebung der streitigen Entscheidung.

12      Sie machte als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend.

13      Nach einem Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung zu den Voraussetzungen, die Farben oder Farbzusammenstellungen erfüllen müssen, um eine Marke sein zu können, hat das Gericht zunächst in Randnr. 22 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass nach dieser Rechtsprechung der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Farbmarke für Dienstleistungen keine anderen Kriterien zugrunde zu legen seien als im Fall von Farbmarken für Waren. Insbesondere ist nach Ansicht des Gerichts die Beurteilung, ob angemeldete Marken für die Übermittlung eindeutiger Informationen, insbesondere über die Herkunft, geeignet seien, im Fall von Warenmarken ebenso geboten wie im Fall von Dienstleistungsmarken. Eine Unterscheidung zwischen Dienstleistungs- und Warenmarken sei im Übrigen in Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht vorgesehen.

14      In Randnr. 23 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass entgegen dem Vorbringen der Deutschen Bahn der Umstand, dass Dienstleistungen ungegenständlich seien, der Heranziehung der gleichen Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht entgegenstehe, soweit die Erbringung und die Vermarktung von Dienstleistungen die Benutzung gegenständlicher Mittel beinhalteten, die notwendigerweise eine Farbe hätten.

15      Das Gericht hat sodann die Unterscheidungskraft des streitigen Zeichens geprüft. In Randnr. 27 hat es darauf hingewiesen, dass das Zeichen in seiner Gesamtheit zu betrachten sei, da es sich um ein zusammengesetztes Zeichen handele, dass dies jedoch einer vorherigen Prüfung der einzelnen Bestandteile, aus denen es sich zusammensetze, nicht entgegenstehe.

16      Was zum einen die Bestandteile des angemeldeten Zeichens angeht, hat das Gericht in Randnr. 28 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die beiden Farben der angemeldeten Farbzusammenstellung keine für die maßgeblichen Verkehrskreise wahrnehmbare Abweichung von den Farben aufwiesen, die üblicherweise für die beanspruchten Dienstleistungen verwendet würden.

17      Lichtgrau werde nämlich gewöhnlich für technische Einrichtungen verwendet, die für die Erbringung von Eisenbahntransportdienstleistungen notwendig seien, wie beispielsweise Teile der Lokomotiven und der Waggons sowie der Schaltschränke an Bahnstrecken. Verkehrsrot werde wiederum als Warnfarbe für Verkehrsschilder und als Farbe verwendet, die die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf Werbebotschaften lenken solle.

18      Das Gericht ist in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass das streitige Zeichen sich aus einer Kombination von zwei Farben zusammensetze, die, einzeln betrachtet, keine Unterscheidungskraft hätten.

19      Zum anderen hat das Gericht in den Randnrn. 32 bis 35 des angefochtenen Urteils das streitige Zeichen in seiner Gesamtheit analysiert. Dabei hat es in Randnr. 32 darauf hingewiesen, dass dieses Zeichen sich aus drei waagerechten Farbbändern zusammensetze, die aufeinander in den Proportionen folgten, die in der Anmeldung angegeben seien. In Randnr. 33 dieses Urteils hat das Gericht festgestellt, dass das Lichtgrau, wie die Beschwerdekammer ausgeführt habe, als ein schmutziges Weiß wahrgenommen werden könne. Die in Rede stehende Farbzusammenstellung komme daher der Kombination von Weiß und Verkehrsrot nahe, die für Bahnschranken und für Verkehrszeichen des Eisenbahnverkehrs verwendet werde. Das Gericht hat in Randnr. 34 des Urteils hinzugefügt, dass die waagerechten Farbbänder gewöhnlich als Dekorationselemente auf Zügen verwendet würden. Auch könnten rote Längsstreifen vor der Lücke zwischen einem Waggon und dem Bahnsteig warnen.

20      In Randnr. 35 des angefochtenen Urteils ist das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das angemeldete Zeichen in seiner Gesamtheit von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein funktionales oder dekoratives Element und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der in Rede stehenden Dienstleistungen betrachtet werden würde.

21      Schließlich hat das Gericht in Randnr. 36 dieses Urteils hinzugefügt, dass die Eintragung des angemeldeten Zeichens der Deutschen Bahn ein Monopol an einer im Sektor des Eisenbahnverkehrs üblichen Farbkombination verschaffen würde.

22      Das Gericht hat daher in Randnr. 37 dieses Urteils festgestellt, dass die Beschwerdekammer zu Recht angenommen haben, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe.

23      Folglich hat das Gericht die Klage insgesamt abgewiesen.

 Anträge der Verfahrensbeteiligten

24      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Deutsche Bahn,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–         die streitige Entscheidung aufzuheben und

–        dem HABM die Kosten des vorliegenden Verfahrens und die Kosten des Verfahrens vor dem Gericht aufzuerlegen.

25      Das HABM beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen und Deutsche Bahn zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

 Zum Rechtsmittel

26      Ist das Rechtsmittel ganz oder teilweise offensichtlich unzulässig oder offensichtlich unbegründet, so kann der Gerichtshof gemäß Art. 119 seiner Verfahrensordnung jederzeit auf Bericht des Berichterstatters nach Anhörung des Generalanwalts das Rechtsmittel ganz oder teilweise durch Beschluss, der mit Gründen zu versehen ist, ohne mündliche Verhandlung zurückweisen.

27      Die Deutsche Bahn macht zwei Rechtsmittelgründe geltend: zum einen eine Verletzung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 und zum anderen das Fehlen einer Begründung der streitigen Entscheidung und des angefochtenen Urteils.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

28      Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus vier Teilen.

29      Mit dem ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes wirft die Deutsche Bahn dem Gericht vor, bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der Marke von einem anderen Zeichen als der angemeldeten Marke ausgegangen zu sein. Das Gericht habe das streitige Zeichen nicht in seiner Gesamtheit geprüft, sondern lediglich eine irgendwie geartete Farbkombination lichtgrau/verkehrsrot. Nach Ansicht der Deutschen Bahn ist die konkrete Anordnung dieser Farben in der streitigen Marke jedoch Teil der Markenanmeldung und konkretisiert das Zeichen.

30      Mit dem zweiten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Deutsche Bahn geltend, das Gericht habe bei der Prüfung der Unterscheidungskraft der angemeldeten Marke einen Rechtsfehler begangen, da es nicht die Dienstleistungen berücksichtigt habe, für die die Marke speziell angemeldet worden sei, sondern Waren, die nicht in der Anmeldung bezeichnet worden seien.

31      Mit dem dritten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes macht die Deutsche Bahn geltend, das Gericht sei bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft dieser Marke von unzutreffenden rechtlichen Grundlagen ausgegangen. Da Dienstleistungen von Natur aus farblos seien, sei die Wahrnehmung der Verbraucher von Farben für Dienstleistungen eine völlig andere als die Wahrnehmung von Farben für Produkte. Diese unterschiedliche Wahrnehmung von Marken habe das Gericht verkannt.

32      Den vierten Teil des ersten Rechtsmittelgrundes stützt die Deutsche Bahn auf zwei Rügen. Zum einen rügt sie, das Gericht habe dadurch die Tatsachen verzerrt, dass es einerseits zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass die waagerechten Farbbänder von den maßgeblichen Verkehrskreisen als Dekorationselemente wahrgenommen würden, obwohl sie im Schienenverkehr als Herkunftshinweis verstanden werden müssten. Andererseits habe es die Tatsachen verzerrt, weil es sich auf Verkehrsschilder und Bahnschranken bezogen habe, die eine andere systematische Anordnung der Farben als in der angemeldeten Marke zeigten, und weil die Verwendung der Farben auf solchen Schildern und Schranken nicht die Wahrnehmung des besagten Zeichens durch den Verbraucher beeinflussten.

33      Das HABM trägt vorab vor, der erste Rechtsmittelgrund sei als offensichtlich unzulässig zurückzuweisen, weil er auf eine neue Tatsachenwürdigung abziele.

34      Im Rahmen der Prüfung der Stichhaltigkeit des ersten Rechtsmittelgrundes macht das HABM geltend, dass der erste Teil dieses Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückgewiesen werden müsse, weil das Gericht die in der Anmeldemarke wiedergegebenen Farbsystematik zutreffend beschrieben habe. Auch der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sei als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Das HABM ist nämlich der Auffassung, dass das Gericht die Mittel untersucht habe, die bei der Erbringung der von der Anmeldung umfassten Dienstleistung zum Einsatz kämen, indem es aufgezeigt habe, in welchen Situationen der angesprochene Verbraucher mit den entsprechenden Farben konfrontiert werden könne. Auch der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes sei als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen, da Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 für die Beurteilung der Unterscheidungskraft von Farbmarken nicht zwischen Dienstleistungs- und Warenmarken unterscheide.

 Würdigung durch den Gerichtshof

35      Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes beruht auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils.

36      Wie nämlich aus den Randnrn. 32 bis 35 dieses Urteils hervorgeht, hat das Gericht das streitige Zeichen in seiner Gesamtheit geprüft und außerdem, wie die Deutsche Bahn im Übrigen einräumt, darauf hingewiesen, dass es sich aus drei waagerechten Farbbändern zusammensetze, die aufeinander in den Proportionen folgten, die in der Anmeldung angegeben seien. Das Gericht hat das besagte Zeichen somit einer konkreten Prüfung unterzogen und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass dieses „von den angesprochenen Verkehrskreisen als ein funktionales oder dekoratives Element … betrachtet werden wird“.

37      Der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

38      Auch der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes beruht auf einem Fehlverständnis des angefochtenen Urteils.

39      Wie nämlich erstens aus Randnr. 22 des angefochtenen Urteils hervorgeht, hat das Gericht ausgeführt, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Farbmarke für Dienstleistungen die gleichen Kriterien anzuwenden seien wie im Fall von Farbmarken für Waren.

40      Zweitens sind, wie das Gericht in Randnr. 23 dieses Urteils zutreffend ausgeführt hat, Dienstleistungen ungegenständlich und die Erbringung und Vermarktung von Dienstleistungen beinhalten die Benutzung gegenständlicher Mittel, die notwendigerweise eine Farbe haben.

41      Daher hat das Gericht die Mittel untersucht, die bei der von der Anmeldung des streitigen Zeichens umfassten Dienstleistung zum Einsatz kommen, und hat aufgezeigt, in welchen Situationen der angesprochene Verbraucher mit den entsprechenden Farben konfrontiert werden kann.

42      Folglich ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

43      Bezüglich des dritten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes ist festzustellen, dass Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 für die Beurteilung der Unterscheidungskraft nicht zwischen Dienstleistungs- und Warenmarken unterscheidet. Indem das Gericht aus der Rechtsprechung abgeleitet hat, dass bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft einer Farbmarke für Dienstleistungen keine anderen Kriterien anzuwenden sind als im Fall von Farbmarken für Waren, hat es Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung ordnungsgemäß angewandt. Der Gerichtshof hat nämlich bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft keinen Unterschied zwischen Dienstleistungs- und Warenmarken gemacht (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Mai 2003, Libertel, C‑104/01, Slg. 2003 I‑3793, Randnr. 41, und vom 24. Juni 2004, Heidelberger Bauchemie, C‑49/02, Slg. 2004, I‑6129, Randnr. 37).

44      Dementsprechend ist der dritte Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

45      Was die erste Rüge des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes betrifft, so hat die Deutsche Bahn mit ihrer der Feststellung des Gerichts widersprechenden Behauptung, dass der angesprochene Verbraucher die waagerechten Farbbänder als Herkunftshinweis wahrnehme und die Verwendung der Farben auf Verkehrsschildern und Bahnschranken die Wahrnehmung des streitigen Zeichens durch den Verbraucher nicht beeinflussen würde, keine Verfälschung der Tatsachen durch das Gericht dargetan. Die Deutsche Bahn begehrt in Wirklichkeit lediglich eine neue Tatsachenwürdigung bezüglich der Wahrnehmung des besagten Zeichens durch den Verbraucher.

46      Gemäß Art. 256 AEUV und Art. 58 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist das Rechtsmittel jedoch auf Rechtsfragen beschränkt. Für die Feststellung und Beurteilung der relevanten Tatsachen sowie für die Beweiswürdigung ist demgemäß allein das Gericht zuständig. Die Würdigung der Tatsachen und Beweismittel ist somit, außer im Fall ihrer Verfälschung, keine Rechtsfrage, die als solche der Kontrolle des Gerichtshofs im Rahmen eines Rechtsmittels unterläge (vgl. u. a. Urteile vom 16. Juli 2009, American Clothing Associates/HABM und HABM/American Clothing Associates, C‑202/08 P und C‑208/08 P, Slg. 2009, I‑6933, Randnr. 53).

47      Daher ist die erste Rüge des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes, mit der eine neue Tatsachenwürdigung begehrt wird, offensichtlich unzulässig.

48      Bezüglich der zweiten Rüge des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes, dass das Gericht durch die Bezugnahme auf Verkehrsschilder und Bahnschranken die Tatsachen verfälscht habe, ist darauf hinzuweisen, dass eine Verfälschung der Tatsachen gegeben ist, wenn sich die Würdigung der vorliegenden Beweismittel, ohne dass neue Beweise erhoben werden müssen, als offensichtlich unzutreffend erweist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 18. Januar 2007, PKK und KNK/Rat, C‑229/05 P, Slg. 2007, I‑439, Randnr. 37, und vom 8. Mai 2008, Eurohypo/HABM, C‑304/06 P, Slg. 2008, Randnr. 34).

49      Um festzustellen, ob das streitige Zeichen Unterscheidungskraft besitzt, hat das Gericht es einerseits im Hinblick auf die Dienstleistungen, für die es angemeldet wurde, d. h. die Beförderung von Personen und Gütern mittels Schienenbahnen, und andererseits im Hinblick auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise, d. h. die Gewerbetreibenden und das allgemeine Publikum, geprüft. Es hat vorab jede einzelne der beiden Farben geprüft, aus denen das Zeichen besteht, und festgestellt, dass diese keine für die maßgeblichen Verkehrskreise wahrnehmbare Abweichung von den Farben aufwiesen, die üblicherweise für die beanspruchten Dienstleistungen verwendet würden. Diesbezüglich hat es insbesondere darauf hingewiesen, dass Verkehrsrot als Warnfarbe für Verkehrsschilder verwendet werde. Daraufhin hat es das Zeichen in seiner Gesamtheit untersucht und festgestellt, dass das Lichtgrau als ein schmutziges Weiß wahrgenommen werden könne.

50      Unter diesen Umständen lässt sich dem Gericht nicht mit Erfolg vorwerfen, die Tatsachen durch die Feststellung verfälscht zu haben, dass die in Rede stehende Farbzusammenstellung der Kombination von Weiß und Verkehrsrot sehr nahe komme, die an Bahnschranken und an Verkehrszeichen des Eisenbahnverkehrs verwendet werde.

51      Daher ist die zweite Rüge des vierten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes, mit der eine Verfälschung der Tatsachen durch das Gericht geltend gemacht wird, als offensichtlich unbegründet und somit der erste Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

52      Der zweite Rechtsmittelgrund gliedert sich in zwei Teile.

53      Mit dem ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes macht die Deutsche Bahn geltend, dass die streitige Entscheidung mit einem Begründungsmangel behaftet sei, bei dem es sich um einen Rechtsfehler handele, den das Gericht von Amts wegen hätte prüfen müsse.

54      Mit dem zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes vertritt die Deutsche Bahn die Auffassung, dass das Gericht seine Begründungspflicht verletzt habe, weil es für die Annahme, dass die angesprochenen Verkehrskreise die Farben als dekoratives Element betrachteten und auf Bahnsteigen üblicherweise rote Längsstreifen aufgebracht seien, keine Nachweise erbracht habe.

55      Das HABM ist der Ansicht, dass die streitige Entscheidung und das angefochtene Urteil es der deutschen Bahn ermöglichten, die Gründe für die Zurückweisung ihrer Markenanmeldung nachzuvollziehen.

 Würdigung durch den Gerichtshof

56      In Bezug auf den ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist erstens darauf hinzuweisen, dass die Begründungspflicht nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 den gleichen Umfang hat wie die nach Art. 296 AEUV (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Oktober 2004, KWS Saat/HABM, C‑447/02 P, Slg. 2004, I‑10107, Randnr. 64, und Beschluss vom 9. Dezember 2008, Enercon/HABM, C‑20/08 P, Slg. 2008, I‑179, Randnr. 29).

57      Zweitens enthält der Klagegrund der Verletzung von Art. 296 AEUV, der im Rahmen einer Klage nach Art. 263 AEUV geltend gemacht werden kann und mit dem eine fehlende oder unzureichende Begründung gerügt wird, den Vorwurf einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften im Sinne dieser Bestimmung und stellt einen Gesichtspunkt dar, den der Unionsrichter von Amts wegen prüfen muss (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. März 2000, VBA/Florimex u. a., C‑265/97 P, Slg. 2000, I‑2061, Randnr. 114 und die dort angeführte Rechtsprechung).

58      Drittens muss nach ständiger Rechtsprechung die nach Art. 296 AEUV erforderliche Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrolle ausüben kann. In der Begründung brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den in Art. 296 AEUV aufgestellten Erfordernissen genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch anhand seines Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist (vgl. Urteil KWS Saat/HABM, Randnr. 65 und die dort angeführte Rechtsprechung).

59      Im vorliegenden Fall hat die Erste Beschwerdekammer des HABM die Anmeldung der Deutschen Bahn mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Anmeldemarke keine Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 habe.

60      Die Beschwerdekammer hat ihre Würdigung in den Randnrn. 10 bis 37 der streitigen Entscheidung begründet. Sie hat zunächst auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 hingewiesen und erläutert, dass sich im Fall einer Farbe als solcher eine Unterscheidungskraft vor jeder Benutzung nur unter außergewöhnlichen Umständen vorstellen lasse. Anschließend hat die Beschwerdekammer die beiden Farben, aus denen sich das Zeichen zusammensetzt, und die Kombination dieser beiden Farben untersucht und festgestellt, dass das Grau und das Rot zwei Farben seien, die vom Publikum mit Verkehr und demzufolge auch mit dem Schienenverkehr in Verbindung gebracht würden. Was insbesondere die Zusammenstellung der Farben angeht, hat die Beschwerdekammer festgestellt, dass diese keine Eigentümlichkeit aufweise, die der Marke Unterscheidungskraft verleihen könne. Angesichts der von der Deutschen Bahn vorgelegten Beispiele hat die Kammer ausgeführt, dass ein Streifen im unteren Bereich von Schienenfahrzeugen jedenfalls eine übliche Form der Dekoration in diesem Verkehrssektor sei. Sie hat dargelegt, dass ein Streifen auf der Seite eines Schienenfahrzeugs den Eindruck von Bewegung und Geschwindigkeit erzeuge und eines der wenigen Muster sei, die auch bei einem fahrenden Zug leicht erkannt würden. Schließlich hat die Beschwerdekammer ausgeführt, dass ein an der Längsseite eines Waggons angebrachter roter Längsstreifen vor der Lücke zwischen Waggon und Bahnsteig im Sinne einer funktionalen Lackierung warnen könne, wenn der Streifen in Höhe der Bahnsteigkante im unteren Bereich der Waggons aufgetragen werde.

61      Da eine solche Begründung die Anforderungen nach Art. 75 der Verordnung Nr. 207/2009 erfüllt, hat sich das Gericht zu Recht nicht von Amts wegen mit dem Klagegrund eines Begründungsmangels der streitigen Entscheidung befasst. Der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist daher als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen.

62      Zum zweiten Teil des Rechtsmittelgrundes, wonach keine Beweise für den dekorativen Charakter farbiger Längsstreifen angeführt worden seien, genügt der Hinweis, dass das Gericht in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme auf die Beweismittel, die die Deutsche Bahn zu den Akten des HABM gereicht hatte und die in Randnr. 5 der angefochtenen Entscheidung wiedergegeben sind, die Ansicht vertreten hat, dass die waagerechten Farbbänder gewöhnlich als Dekorationselemente an Zügen verwendet würden und rote Längsstreifen auch vor der Lücke zwischen einem Waggon und dem Bahnsteig warnen könnten.

63      Daher kann dem Gericht nicht vorgeworfen werden, für die Ausführungen in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils keine Beweise angeführt zu haben.

64      Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrunds offensichtlich unbegründet und daher ist der Rechtsmittelgrund insgesamt zurückzuweisen.

65      Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.

 Kosten

66      Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs, der gemäß Artikel 118 dieser Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das HABM die Verurteilung der Rechtsmittelführerin beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) beschlossen:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Deutsche Bahn AG trägt die Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.