Language of document : ECLI:EU:C:2015:685

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

15. Oktober 2015(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Art. 49 AEUV und 51 AEUV – Niederlassungsfreiheit – Richtlinie 2006/123/EG – Geltungsbereich – Dienstleistungen im Binnenmarkt – Richtlinie 2009/40/EG – Zugang zu Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen – Ausübung durch ein privatwirtschaftliches Unternehmen – Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind – Zulassungssystem – Zwingende Gründe des Allgemeininteresses – Sicherheit des Straßenverkehrs – Geografische Verteilung – Mindestentfernung zwischen den Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen – Marktanteilsschwelle – Rechtfertigung – Eignung, das angestrebte Ziel zu erreichen – Kohärenz – Verhältnismäßigkeit“

In der Rechtssache C‑168/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunal Supremo (Spanien) mit Entscheidung vom 20. März 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 7. April 2014, in dem Verfahren

Grupo Itevelesa SL,

Applus Iteuve Technology,

Certio ITV SL,

Asistencia Técnica Industrial SAE

gegen

OCA Inspección Técnica de Vehículos SA,

Generalidad de Cataluña

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung der Präsidentin der Ersten Kammer R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Zweiten Kammer sowie der Richter J. L. da Cruz Vilaça, A. Arabadjiev (Berichterstatter), C. Lycourgos und J.‑C. Bonichot,

Generalanwalt: N. Wahl,

Kanzler: L. Carrasco Marco, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. März 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        der Grupo Itevelesa SL, vertreten durch J. Lavilla Rubira, M. Alvarez‑Tólcheff, T. Puente Méndez, M. Barrantes Diaz und S. Rodiño Sorli, abogados,

–        der Applus Iteuve Technology, vertreten durch A. Vázquez Guillén, procurador, sowie J. Folguera Crespo, L. Moscoso del Prado González und A. Guerra Fernández, abogados,

–        der Certio ITV SL, vertreten durch R. Sorribes Calle, procuradora, sowie J. Just Sarobé und R. Miró Miró, abogados,

–        der Asistencia Técnica Industrial SAE, vertreten durch M. Marsal i Ferret, M. Ortíz‑Cañavate Levenfeld und I. Galobardes Mendonza, abogados,

–        der OCA Inspección Técnica de Vehículos SA, vertreten durch J. Macias Castaño, A. Raventós Soler und M. Velasco Muñoz Cuellar, abogados,

–        der Generalidad de Cataluña, vertreten durch N. París Domenech, abogada,

–        der spanischen Regierung, vertreten durch M. Sampol Pucurull als Bevollmächtigten,

–        Irlands, vertreten durch S. Kingston, L. Williams und A. Joyce als Bevollmächtigte,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch N. Otte Widgren, A. Falk, C. Meyer‑Seitz, U. Persson, K. Sparrman, L. Swedenborg, F. Sjövall und E. Karlsson als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa‑Lacombe und J. Rius als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. Juni 2015

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 49 AEUV und 51 AUEV, des Art. 2 Abs. 2 Buchst. d und i sowie der Art. 3, 9, 10 und 14 der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36, im Folgenden: Dienstleistungsrichtlinie) sowie von Art. 2 der Richtlinie 2009/40/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger (ABl. L 141, S. 12).

2        Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Grupo Itevelesa SL (im Folgenden: Itevelesa), Applus Iteuve Technology (im Folgenden: Applus), der Certio ITV SL (im Folgenden: Certio) und der Asistencia Técnica Industrial SAE (im Folgenden: ATI) einerseits und der OCA Inspección Técnica de Vehículos SA (im Folgenden: OCA) andererseits über die Rechtmäßigkeit nationaler Bestimmungen über die technische Überwachung der Kraftfahrzeuge.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

 Dienstleistungsrichtlinie

3        Nach dem 21. Erwägungsgrund der Dienstleistungsrichtlinie sollten „Verkehrsdienstleistungen, einschließlich des Personennahverkehrs, Taxis und Krankenwagen sowie Hafendienste, … vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sein“.

4        Der 33. Erwägungsgrund dieser Richtlinie bestimmt, dass u. a. Zertifizierungs- und Prüftätigkeiten von der Richtlinie umfasst sind.

5        Nach Art. 1 Abs. 1 der Dienstleistungsrichtlinie enthält diese Richtlinie allgemeine Bestimmungen, die bei gleichzeitiger Gewährleistung einer hohen Qualität der Dienstleistungen die Wahrnehmung der Niederlassungsfreiheit durch Dienstleistungserbringer sowie den freien Dienstleistungsverkehr erleichtern sollen.

6        Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. d dieser Richtlinie findet diese keine Anwendung auf „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs einschließlich Hafendienste, die in den Anwendungsbereich von Titel [VI] des [AEU‑]Vertrags fallen“.

7        In Art. 2 Abs. 2 Buchst. i dieser Richtlinie heißt es, dass sie nicht auf „Tätigkeiten, die im Sinne des Art. [51 AEUV] mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind“ angewandt wird.

8        Art. 3 dieser Richtlinie präzisiert:

„Widersprechen Bestimmungen dieser Richtlinie einer Bestimmung eines anderen Gemeinschaftsrechtsaktes, der spezifische Aspekte der Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in bestimmten Bereichen oder bestimmten Berufen regelt, so hat die Bestimmung des anderen Gemeinschaftsrechtsaktes Vorrang und findet auf die betreffenden Bereiche oder Berufe Anwendung …“

9        In Art. 9 („Genehmigungsregelungen“) der Dienstleistungsrichtlinie heißt es:

„(1)      Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme und die Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit nur dann Genehmigungsregelungen unterwerfen, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

a)       die Genehmigungsregelungen sind für den betreffenden Dienstleistungserbringer nicht diskriminierend;

b)       die Genehmigungsregelungen sind durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt;

c)       das angestrebte Ziel kann nicht durch ein milderes Mittel erreicht werden, insbesondere weil eine nachträgliche Kontrolle zu spät erfolgen würde, um wirksam zu sein.

(3)      Dieser Abschnitt gilt nicht für diejenigen Aspekte der Genehmigungsregelungen, die direkt oder indirekt durch andere Gemeinschaftsrechtsakte geregelt sind.“

10      Art. 10 („Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung“) bestimmt, dass die Genehmigungsregelungen auf Kriterien beruhen müssen, die eine willkürliche Ausübung des Ermessens der zuständigen Behörden verhindern, und legt die Liste dieser Kriterien fest.

11      Art. 14 („Unzulässige Anforderungen“) sieht vor:

„Die Mitgliedstaaten dürfen die Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in ihrem Hoheitsgebiet nicht von einer der folgenden Anforderungen abhängig machen:

5.      einer wirtschaftlichen Überprüfung im Einzelfall, bei der die Erteilung der Genehmigung vom Nachweis eines wirtschaftlichen Bedarfs oder einer Marktnachfrage abhängig gemacht wird, oder der Beurteilung der tatsächlichen oder möglichen wirtschaftlichen Auswirkungen der Tätigkeit oder der Bewertung ihrer Eignung für die Verwirklichung wirtschaftlicher, von der zuständigen Behörde festgelegter Programmziele; dieses Verbot betrifft nicht Planungserfordernisse, die keine wirtschaftlichen Ziele verfolgen, sondern zwingenden Gründen des Allgemeininteresses dienen;

…“

 Richtlinie 2009/40

12      Im zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2009/40 heißt es:

„Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es erforderlich, dass für den Verkehr bestimmter Fahrzeuge in der Gemeinschaft sowohl hinsichtlich der Sicherheit als auch der Bedingungen des Wettbewerbs zwischen den Verkehrsunternehmen der einzelnen Mitgliedstaaten die besten Voraussetzungen gegeben sind.“

13      Im fünften Erwägungsgrund dieser Richtlinie heißt es:

„Es sollten daher durch Einzelrichtlinien die gemeinschaftlichen Mindestvorschriften und Verfahren für die Untersuchungen in Bezug auf die in dieser Richtlinie aufgeführten Punkte festgelegt werden.“

14      Der 26. Erwägungsgrund dieser Richtlinie präzisiert, dass die von dieser verfolgten Ziele darin bestehen, „die Regeln für die technische Überwachung zu harmonisieren, um Wettbewerbsverzerrungen zwischen Verkehrsunternehmen zu vermeiden und um zu gewährleisten, dass die Fahrzeuge vorschriftsmäßig eingestellt und gewartet werden“.

15      Nach Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie sind die „zu untersuchenden Fahrzeuggruppen, die Zeitabstände der Untersuchungen und die Punkte, die geprüft werden müssen, … in den Anhängen I und II aufgeführt“.

16      Art. 2 der Richtlinie 2009/40 sieht vor:

„Die technische Überwachung nach dieser Richtlinie ist vom Mitgliedstaat oder von staatlich entsprechend beauftragten öffentlichen Stellen oder von Organisationen oder Einrichtungen vorzunehmen, die vom Staat dafür bestimmt und unter seiner unmittelbaren Aufsicht tätig sind, einschließlich hierfür zugelassener privatwirtschaftlicher Organisationen. Sind die mit der technischen Überwachung beauftragten Einrichtungen gleichzeitig als Kraftfahrzeugreparaturwerkstätten tätig, so tragen die Mitgliedstaaten in besonderer Weise dafür Sorge, dass die Objektivität und eine hohe Qualität der Überwachung gewahrt sind.“

 Richtlinie 2014/45/EU

17      Die Richtlinie 2014/45/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/40 (ABl. L 127, S. 51) sieht in ihrem dritten Erwägungsgrund Folgendes vor:

„Die technische Überwachung ist Teil eines umfassenderen Systems, mit dem dafür gesorgt werden soll, dass Fahrzeuge während ihres Betriebs in einem sicheren und umweltfreundlichen Zustand gehalten werden …“

18      Im 43. Erwägungsgrund der Richtlinie 2014/45 heißt es:

„Die Verkehrs- und Betriebssicherheit wirkt sich unmittelbar auf die Sicherheit des Straßenverkehrs aus und sollte aus diesem Grund regelmäßig geprüft werden …“

19      Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie lautet:

„Die technische Überwachung wird von dem Mitgliedstaat, in dem das Fahrzeug zugelassen ist, oder von einer durch diesen Mitgliedstaat entsprechend beauftragten öffentlichen Stelle oder von Stellen oder Einrichtungen durchgeführt, die vom Mitgliedstaat dafür ernannt und unter seiner Aufsicht tätig sind, einschließlich ermächtigter privater Stellen.“

 Spanisches Recht

20      Die Art. 35 bis 37 der am 31. Juli 2008 vom Parlament Kataloniens erlassenen Ley 12/2008 de seguridad industrial (Gesetz 12/2008 über industrielle Sicherheit) (BOE Nr. 204 vom 23. August 2008, S. 14194, im Folgenden: Gesetz 12/2008) bestimmen:

„Artikel 35. Aufgaben der Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen.

Die Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen haben die folgenden Aufgaben:

a)      Sie führen die materielle technische Untersuchung der Kraftfahrzeuge, ihrer Bestandteile und ihres Zubehörs durch.

b)      Als Vorsichtsmaßnahme verhindern sie die Benutzung von Kraftfahrzeugen, die nach der Überprüfung Sicherheitsmängel aufweisen, die eine unmittelbare Gefahr begründen.

Artikel 36. Anforderungen an die Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen.

1.      Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen müssen die folgenden Anforderungen erfüllen, um auf dem Gebiet Kataloniens tätig werden zu dürfen:

a)      Der Regionalplan der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, der gemäß Art. 37 Abs. 2 von der Regierung erlassen werden kann, ist einzuhalten.

b)      Die durch Verordnung festgelegte Marktanteilsschwelle je Unternehmen oder Unternehmensgruppe darf nicht überschritten werden. Diese Marktanteilsschwelle soll sicherstellen, dass ein einzelner Betreiber nicht die Dienstleistungen in einer Anzahl Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen erbringt, die mehr als die Hälfte aller in Katalonien vorhandenen Prüfstraßen ausmacht …

c)      Die Mindestentfernungen zwischen den Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe, die gemäß Art. 37 Abs. 3 von der Regierung festgelegt werden, sind einzuhalten.

Artikel 37. Erteilung der Zulassung an Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen.

1.      Die Erteilung der Zulassung an Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen obliegt der Agencia Catalana de Seguridad Industrial [katalanische Agentur für industrielle Sicherheit]. Die Zulassung wird in einem durch Verordnung näher geregelten Verfahren für jede der Stationen gesondert erteilt.

2.      Die Regierung kann, um eine angemessene Dienstleistung im Hinblick auf den vorhandenen Fahrzeugbestand und die Objektivität und Qualität der Untersuchung zu gewährleisten, durch Dekret die erforderliche Anzahl Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen und die pro Station erforderliche Anzahl Prüfstraßen bestimmen, wobei diese Zahlen auf der Grundlage des vorhandenen Fahrzeugbestands zu berechnen sind, und ihre Standorte durch einen Regionalplan festlegen …

3.      Zur Sicherstellung eines wirksamen Wettbewerbs zwischen den Betreibern bestimmt die Regierung durch Dekret Mindestentfernungen zwischen Stationen desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe. Diese Entfernungen sorgen dafür, dass es nicht zu einer regional beherrschenden Stellung eines einzelnen Betreibers kommt, wobei die jeweiligen Besonderheiten der verschiedenen Standorte der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen zu berücksichtigen sind.

…“

21      Das am 2. März 2010 von der Regierung der Generalidad de Cataluña (Regionalregierung Kataloniens) erlassene Decreto 30/2010, por el que se aprueba el reglamento de desarrollo de la Ley 12/2008, de 31 de julio, de seguridad industrial (Dekret 30/2010 zur Annahme der Verordnung zur Durchführung des Gesetzes 12/2008 über industrielle Sicherheit vom 31. Juli 2008, im Folgenden: Dekret 30/2010) und das Decreto 45/2010, por el que se aprueba el Plan territorial de nuevas estaciones de inspección técnica de vehículos de Cataluña para el periodo 2010–2014 (Dekret 45/2010 zur Annahme des Regionalplans der neuen Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen in Katalonien für den Zeitraum 2010–2014, im Folgenden: Dekret 45/2010), das am 30. März 2010 von dieser Regierung erlassen wurde, setzen die Bestimmungen des Gesetzes 12/2008 im Hinblick auf die Ansiedlung von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen um.

22      Die Art. 73 bis 75 des Dekrets 30/2010 sehen vor:

„Artikel 73.

Einhaltung des Regionalplans und Gewährleistung der Kontinuität

1.      Um eine angemessene Dienstleistung für die Öffentlichkeit und eine Überwachung in Einklang mit dem bestehenden Bedarf und mit den Vorgaben in Art. 36 Abs. 1 Buchst. a des Gesetzes [12/2008] zu gewährleisten, haben die Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen die Festlegungen des jeweils geltenden Regionalplans über Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen einzuhalten.

Artikel 74.

Marktanteilsschwelle

1.      In Anwendung der in Art. 36 Abs. 1 Buchst. b des Gesetzes [12/2008] vorgesehenen Regelung darf der Marktanteil jedes Unternehmens bzw. jeder Unternehmensgruppe, dem bzw. der eine Zulassung für die Erbringung der Dienstleistungen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen in Katalonien erteilt worden ist, die Hälfte nicht überschreiten …

2.      Die Marktanteilsschwelle wird anhand der Anzahl der Prüfstraßen in ortsfesten Stationen, über die der jeweilige Betreiber verfügt, im Verhältnis zur Gesamtzahl solcher Prüfstraßen in Katalonien ermittelt.

Artikel 75.

Mindestentfernungen

1.      Um gemäß Art. 37 Abs. 3 dieses Dekrets und Art. 36 Abs. 1 Buchst. c des Gesetzes [12/2008] einen wirksamen Wettbewerb sicherzustellen, dürfen die tatsächlichen Entfernungen zwischen den Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, für die dasselbe Unternehmen oder dieselbe Unternehmensgruppe die Zulassung besitzt, die folgenden Werte nicht unterschreiten:

a)      4 km zwischen Stationen in Gemeinden, die zum Zeitpunkt der Zulassung durch die Agencia Catalana de Seguridad Industrial mehr als 30 000 Einwohner haben.

b)      20 km zwischen Stationen auf dem übrigen Gebiet Kataloniens.

c)      10 km zwischen einer Station einer Gemeinde, die zum Zeitpunkt der Zulassung mehr als 30 000 Einwohner hat, und einer Station auf dem übrigen Gebiet Kataloniens.

2.      Im Sinne dieser Verordnung ist die tatsächliche Entfernung die geringste Entfernung, die zum Zeitpunkt der Zulassung durch die Agencia Catalana de Seguridad Industrial bei Nutzung öffentlicher Straßen zurückgelegt werden muss, um von einer Station zur anderen zu gelangen.

3.      Für das zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Dekrets bestehende Netz aus Stationen können die in Abs. 1 Buchst. a vorgesehenen Entfernungen um bis zu 20 % verringert werden.“

23      Art. 79 Abs. 1 Buchst. c des Dekrets 30/2010 präzisiert, dass die Betreiber der Stationen zur technischen Überwachung Kraftfahrzeuge in den von der anwendbaren Regelung festgelegten Fällen und im Einklang mit den von der Agencia Catalana de Seguridad Industrial erlassenen Anweisungen und Protokollen stilllegen können.

24      In der Präambel des Dekrets 45/2010 heißt es:

„… Es ist notwendig, das Angebot der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen an den bestehenden Bedarf anzupassen, sowohl hinsichtlich der Abdeckung in den regionalen Bereichen, in denen derzeit kein ausreichendes Angebot vorhanden ist, um eine Annäherung des Dienstleistungsangebots an die Zahl der Nutzer zu erreichen, als auch um das in Gebieten mit sehr stark ausgelasteten Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen bestehende, mit langen Wartezeiten verbundene Dienstleistungsdefizit zu verringern.

Bei der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen ist wegen der räumlichen Gegebenheiten eine übermäßige Konzentration des Angebots in einem bestimmten Gebiet aus rein wirtschaftlichen Erwägungen zum Nachteil anderer Gebiete, die wegen eines geringeren Fahrzeugbestands nicht über eine ausreichende Abdeckung verfügen, mit den sich daraus ergebenden Gefahren für die Nutzer zu vermeiden. Zum anderen könnte in den Gebieten mit einer wegen des Fahrzeugaufkommens besonders hohen Nachfrage eine erhöhte Konzentration der Stationen zu einer Tendenz der Betreiber, aus Wettbewerbsgründen ihre Anforderungen zu senken, und infolgedessen zu einer Verschlechterung der Qualität der Dienstleistung beitragen.“

 Ausgangsrechtsstreit und Vorlagefragen

25      Am 5. Mai 2010 erhob OCA, einer der spanischen Betreiber, der die technische Überwachung von Kraftfahrzeugen sicherstellt, beim Tribunal Superior de Justicia de Cataluña (Oberster Gerichtshof von Katalonien, Spanien) mit der Begründung, dass die Regulierung der Betreiber von Überwachungseinrichtungen im Bereich der industriellen Sicherheit, die diese einer verwaltungsrechtlichen Genehmigungsregelung unterwerfe, sowie die Festlegung der Bedingungen und Verpflichtungen in dieser Genehmigungsregelung gegen die Dienstleistungsrichtlinie verstießen, eine verwaltungsrechtliche Klage auf teilweise Nichtigerklärung des Dekrets 30/2010 und vollständige Nichtigerklärung des Dekrets 45/2010.

26      Vier weitere Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, Itevelesa, Applus, Certio und ATI, sowie die Generalidad de Cataluña reichten schriftliche Erklärungen ein, mit denen sie geltend machten, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Dekrete rechtmäßig seien.

27      Mit Urteil vom 25. April 2012 erklärte das Tribunal Superior de Justicia de Cataluña auf das Rechtsmittel hin zum einen die Bestimmungen des Dekrets 30/2010 über die Zulassungsregelung für Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen (im Folgenden: Betreiber) und zum anderen das Dekret 45/2010 insgesamt mit der Begründung für nichtig, dass diese Regelung gegen die Ley 17/2009 sobre el libre acceso a las actividades de servicios y su ejercicio (Gesetz 17/2009 über den freien Zugang zu Dienstleistungstätigkeiten und ihre Ausübung) vom 23. November 2009 verstoße, die die Dienstleistungsrichtlinie in spanisches Recht umsetze.

28      Itevelesa, Applus, Certio und ATI legten gegen diese Entscheidung Rechtsmittel beim Tribunal Supremo (Oberster Gerichtshof) ein. Dieses Gericht gab dem Antrag der Generalidad de Cataluña statt, an dem Verfahren als Rechtsmittelgegnerin beteiligt zu werden.

29      Im Rahmen dieser Rechtsmittel hat das vorlegende Gericht Zweifel an der Anwendbarkeit der Dienstleistungsrichtlinie auf die Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, da Art. 2 Abs. 2 Buchst. d dieser Richtlinie seiner Auffassung nach Gegenstand zweier verschiedener Auslegungen sein kann. Nach einer ersten Auslegung stünden Einrichtungen zur technischen Überwachung in Verbindung mit der Straßenverkehrssicherheit und fielen damit unter die gemeinsame Verkehrspolitik. Nach einer zweiten Auslegung gehörten die Dienstleistungen der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, die von gewerblichen Unternehmen gegen ein vom Nutzer entrichtetes Entgelt erbracht würden, zu den Zertifizierungs- und Prüftätigkeiten, die nach dem 33. Erwägungsgrund dieser Richtlinie in ihren Anwendungsbereich fielen.

30      Ferner fragt sich das vorlegende Gericht, ob die Befugnis zur vorläufigen Stilllegung der Fahrzeuge, über die die Betreiber verfügen, zu den „Tätigkeiten, die … mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. i der Dienstleistungsrichtlinie gehört.

31      Das Gericht stellt sich außerdem die Frage, in welchem Verhältnis diese Richtlinie und die Richtlinie 2009/40 zueinander stehen, wenn es darum geht, ob der Zugang zur Tätigkeit der technischen Überwachung einer Genehmigungsregelung unterworfen werden kann. In dieser Hinsicht bezieht es sich auf das Urteil Kommission/Portugal (C‑438/08, EU:C:2009:651), in dem der Gerichtshof entschieden hat, dass die Richtlinie 2009/40 keine Bestimmung zum Zugang zur Tätigkeit der Überwachung von Kraftfahrzeugen enthält.

32      Schließlich beziehen sich die Zweifel des vorlegenden Gerichts auf die Verpflichtung, die im Rahmen der durch die nationalen Bestimmungen eingeführten Zulassungsregelung auf den Betreibern laste, sich an einen Regionalplan zu halten, der zur Sicherstellung einer angemessenen regionalen Abdeckung, der Qualität der Dienstleistung und des Wettbewerbs zwischen den Betreibern die Zahl der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen auf der Grundlage von zwei Kriterien begrenze, nämlich erstens dem Erfordernis einer Mindestentfernung zwischen den Stationen desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe, und zweitens dem Verbot, einen Marktanteil von mehr als 50 % zu halten. In dieser Hinsicht sei die katalanische Wettbewerbsbehörde davon ausgegangen, dass diese Kriterien nicht durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt seien und dass der Regionalplan den Wettbewerb in ungerechtfertigter Weise einschränke, indem er den Marktzugang für neue Betreiber beschränke.

33      Unter diesen Umständen hat das Tribunal Supremo beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Sind gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie die Tätigkeiten zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen, wenn sie im Einklang mit den nationalen Bestimmungen durch private Unternehmen unter der Aufsicht der Verwaltung eines Mitgliedstaats durchgeführt werden?

2.      Falls die erste Frage zu verneinen ist (also Tätigkeiten zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Dienstleistungsrichtlinie fallen), ist auf diese Tätigkeiten die in Art. 2 Abs. 2 Buchst. i der Richtlinie vorgesehene Ausnahme anwendbar, weil die privaten Unternehmen, die die Dienstleistungen erbringen, ermächtigt sind, als Vorsichtsmaßnahme die Stilllegung von Fahrzeugen anzuordnen, die so schwerwiegende Sicherheitsmängel aufweisen, dass ihre Teilnahme am Straßenverkehr eine unmittelbare Gefahr darstellen würde?

3.      Falls die Dienstleistungsrichtlinie auf Tätigkeiten zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen anwendbar ist, ist sie in Verbindung mit Art. 2 der Richtlinie 2009/40 so auszulegen, dass es jedenfalls zulässig ist, diese Tätigkeit von der vorherigen Erteilung einer behördlichen Zulassung abhängig zu machen? Kommt es für die Antwort auf die Feststellungen in Rn. 26 des Urteils des Gerichtshofs Kommission/Portugal (C‑438/08, EU:C:2009:651) an?

4.       Ist eine nationale Regelung, die die Anzahl der Zulassungen für Einrichtungen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen dem Inhalt eines Regionalplans unterwirft, in dem als Gründe für die zahlenmäßige Begrenzung u. a. die Sicherstellung einer hinreichenden regionalen Deckung, die Sicherstellung der Qualität der Dienstleistung und die Förderung des Wettbewerbs unter den Betreibern angeführt werden, und der zu diesem Zweck Elemente der Wirtschaftsplanung umfasst, mit den Art. 10 und 14 der Dienstleistungsrichtlinie oder, falls diese nicht anwendbar ist, mit Art. 49 AEUV vereinbar?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur Zuständigkeit des Gerichtshofs

34      Applus und ATI bestreiten die Zulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens mit der Begründung, dass der Ausgangsrechtsstreit keinen grenzüberschreitenden Bezug aufweise und einen rein innerstaatlichen Sachverhalt betreffe.

35      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine nationale Regelung wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende – die ihrem Wortlaut nach unterschiedslos auf spanische Staatsangehörige und Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten anwendbar ist – im Allgemeinen nur dann unter die Bestimmungen über die vom AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten fallen kann, wenn sie für Sachlagen gilt, die eine Verbindung zum Handel zwischen den Mitgliedstaaten aufweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil Sokoll-Seebacher, C‑367/12, EU:C:2014:68, Rn. 10 und die dort angeführte Rechtsprechung).

36      Im vorliegenden Fall kann allerdings keineswegs ausgeschlossen werden, dass Unternehmen mit einem Sitz in anderen Mitgliedstaaten als dem Königreich Spanien daran interessiert waren oder sind, Tätigkeiten zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen in dem zuletzt genannten Mitgliedstaat anzubieten.

37      Das Vorabentscheidungsersuchen ist somit zulässig.

 Zur Beantwortung der Fragen

 Zur ersten Frage

38      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Dienstleistungsrichtlinie auf Tätigkeiten zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen anwendbar ist.

39      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass diese Richtlinie nach ihrem Art. 2 Abs. 2 Buchst. d keine Anwendung auf „Verkehrsdienstleistungen einschließlich Hafendienste, die in den Anwendungsbereich von Titel [VI] des [AEU‑]Vertrags fallen“ findet.

40      Da der Begriff der „Verkehrsdienstleistungen“ im Sinne dieser Bestimmung von der Dienstleistungsrichtlinie nicht ausdrücklich definiert wird, ist seine Reichweite einzugrenzen.

41      Erstens ist im Hinblick auf Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie hervorzuheben, dass der Begriff, der von dieser Bestimmung in allen Sprachfassungen mit Ausnahme der in der deutschen Sprache verwendet wird, nämlich „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs“, eine größere Reichweite aufweist als der Ausdruck „Verkehrsdienstleistungen“, wie er im 21. Erwägungsgrund dieser Richtlinie verwendet wird, um „Personennahverkehr, Taxis und Krankenwagen sowie Hafendienste“ zu bezeichnen.

42      Im Hinblick auf diese sprachliche Abweichung ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die in einer der Sprachfassungen einer Vorschrift des Unionsrechts verwendete Formulierung nicht als alleinige Grundlage für die Auslegung dieser Vorschrift herangezogen werden oder Vorrang vor den anderen sprachlichen Fassungen beanspruchen kann. Die Vorschriften des Unionsrechts müssen nämlich im Licht der Fassungen in allen Sprachen der Union einheitlich ausgelegt und angewandt werden. Weichen die verschiedenen Sprachfassungen voneinander ab, muss die fragliche Vorschrift nach der allgemeinen Systematik und dem Zweck der Regelung ausgelegt werden, zu der sie gehört (vgl. Urteil Kurcums Metal, C‑558/11, EU:C:2012:721, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

43      Wie in Rn. 41 des vorliegenden Urteils ausgeführt, ist jedoch festzustellen, dass alle Sprachfassungen von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie mit Ausnahme der Fassung in deutscher Sprache ausdrücklich den Begriff „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs“ verwenden, der daher Geltung beansprucht. Diese Schlussfolgerung wird auch durch die allgemeine Systematik und den Zweck dieser Vorschrift gestützt.

44      Aus den Vorarbeiten zur Dienstleistungsrichtlinie geht nämlich hervor, dass der Ausschluss der „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs“ bewusst in Begriffe gekleidet wurde, die dem Wortlaut von Art. 51 EG, jetzt Art. 58 AEUV, entsprechen sollten, dessen Abs. 1 bestimmt, dass „[f]ür den freien Dienstleistungsverkehr auf dem Gebiet des Verkehrs … die Bestimmungen des Titels über den Verkehr [gelten]“.

45      Die Verwendung des Begriffs „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs“ zeigt so den Willen des Gesetzgebers der Europäischen Union, den in Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie genannten Ausschluss nicht nur auf die Verkehrsmittel selbst als solche zu beschränken.

46      Daher ist dieser Ausschluss, wie der Generalanwalt in Nr. 28 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, so auszulegen, dass er nicht nur jede körperliche Handlung der Beförderung von Personen oder Waren von einem Ort zum anderen mittels eines Land-, Luft- oder Wasserfahrzeugs umfasst, sondern auch jede Dienstleistung, die naturgemäß mit einer solchen Handlung verbunden ist.

47      Die Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen stellt sich zwar als Ergänzung zu Verkehrsdienstleistungen dar. Allerdings ist eine solche Überwachung eine vorgelagerte und unverzichtbare Bedingung für die Ausübung der Haupttätigkeit, nämlich den Transport, wie sich aus dem Ziel der Verkehrssicherheit ergibt, das der Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen zugrunde liegt.

48      Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass diese Auslegung gestützt wird durch das Ziel der Richtlinie 2009/40, die sich auf die Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen bezieht, die, auch wenn sie, wie der Gerichtshof im Urteil Kommission/Portugal (C‑438/08, EU:C:2009:651, Rn. 26) entschieden hat, keine Vorschrift über die Regelung des Zugangs zur Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen enthält, den Inhalt dieser Tätigkeit regelt und ausdrücklich, wie ihr zweiter Erwägungsgrund ausführt, der Sicherstellung der Straßenverkehrssicherheit dient. Diese Zielsetzung ergibt sich außerdem aus den Erwägungsgründen 3 und 43 der Richtlinie 2014/45, die an die Stelle der Richtlinie 2009/40 getreten ist.

49      Hierzu ist festzustellen, dass die Richtlinien 2009/40 und 2014/45 auf der Grundlage von Art. 71 EG (Richtlinie 2009/40) bzw. Art. 91 AEUV (Richtlinie 2014/45) erlassen wurden. Beide Bestimmungen sind im EG-Vertrag bzw. im AEU-Vertrag in dem Titel „Verkehr“ aufgeführt und stellen die Rechtsgrundlage dar, die den Unionsgesetzgeber ausdrücklich ermächtigt, „Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit“ zu erlassen. Aus den Vorarbeiten zur Dienstleistungsrichtlinie ergibt sich aber, dass der Unionsgesetzgeber Dienstleistungen, die durch nach Art. 71 EG ergangene Entscheidungen geregelt werden, aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausschließen wollte.

50      Daher sind die Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen als „Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs“ im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie aufzufassen.

51      Soweit das vorlegende Gericht darauf verweist, dass diese Tätigkeiten zu den Zertifizierungs- und Prüftätigkeiten gehören, ist festzustellen, dass der Umstand, dass diese nach dem 33. Erwägungsgrund der Dienstleistungsrichtlinie von dieser Richtlinie umfasst sind, für den grundsätzlichen Ausschluss der Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie, wie der Generalanwalt in Nr. 32 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ohne Belang ist.

52      Daher ist festzustellen, dass die Dienstleistungsrichtlinie auf die Tätigkeit der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen nicht anwendbar ist, die, da sie zu den Dienstleistungen im Bereich des Verkehrs gehört, nach Art. 58 Abs. 1 AEUV auch nicht den Bestimmungen des AEU-Vertrags zur Dienstleistungsfreiheit unterliegt.

53      Unter diesen Umständen ist die in Rede stehende nationale Regelung am Maßstab der Vorschriften des AEU-Vertrags über die Niederlassungsfreiheit zu prüfen, die auf den Verkehr unmittelbar und nicht über den Titel dieses Vertrags über den Verkehr Anwendung finden (vgl. in diesem Sinne Urteil Yellow Cab Verkehrsbetrieb, C‑338/09, EU:C:2010:814, Rn. 33).

54      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Dienstleistungsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass die Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind.

 Zur zweiten Frage

55      Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht vom Gerichtshof wissen, ob Art. 51 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen ist, dass die Tätigkeiten von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, wie den von der in Katalonien anwendbaren Regelung bezeichneten, in Anbetracht der Befugnis zur Stilllegung, über die die Betreiber dieser Stationen verfügen, wenn die Kraftfahrzeuge bei der Prüfung Sicherheitsmängel aufweisen, die eine unmittelbare Gefahr darstellen, mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

56      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof bereits mit Bezug auf die Tätigkeiten von durch privatwirtschaftliche Organisationen in Portugal betriebenen Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen entschieden hat, dass die Entscheidung über die Erteilung oder Versagung der Bescheinigung der technischen Überprüfung der Entscheidungsautonomie entbehrt, die der Ausübung hoheitlicher Befugnisse eigen ist, und im Rahmen einer staatlichen Aufsicht ergeht (vgl. Urteil Kommission/Portugal, C‑438/08, EU:C:2009:651, Rn. 41). Ferner hat der Gerichtshof hervorgehoben, dass diese Organisationen im Rahmen ihrer Tätigkeiten nicht über Zwangsbefugnisse verfügen, da die Sanktionen bei einem Verstoß gegen die Vorschriften über die Fahrzeuguntersuchung in die Zuständigkeit der Polizei- und Justizbehörden fallen (vgl. Urteil Kommission/Portugal, C‑438/08, EU:C:2009:651, Rn. 44).

57      Im vorliegenden Fall ist zum einen festzustellen, dass Art. 2 der Richtlinie 2009/40 für den Fall, dass die Mitgliedstaaten die Wahl treffen, die Tätigkeiten der technischen Überwachung an privatwirtschaftliche Organisationen zu übertragen, ausdrücklich eine unmittelbare Beaufsichtigung dieser Organisationen durch den Staat vorsieht.

58      Genau diese staatliche Aufsicht wurde von der in Rede stehenden nationalen Regelung, Art. 79 Abs. 1 Buchst. c des Dekrets 30/2010, eingeführt, nach dem die Entscheidung zur Stilllegung nur „in den von der anwendbaren Regelung festgelegten Fällen“ und „im Einklang mit den von der Agencia Catalana de Seguridad Industrial erlassenen Anweisungen und Protokollen“ ergehen darf.

59      Zum anderen ist in Anbetracht der Informationen, die das vorlegende Gericht in Beantwortung eines vom Gerichtshof nach Art. 101 seiner Verfahrensordnung gestellten Ersuchens um Klarstellung übermittelt hat, festzustellen, dass der Eigentümer eines stillgelegten Fahrzeugs die Möglichkeit hat, bei einem technischen Referenten, der Beamter der mit der Beaufsichtigung und der Kontrolle der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen betrauten Behörde ist, einen Widerspruch einzulegen, und dass dieser Beauftragte die Stilllegungsentscheidung abändern kann. Bei einem Widerspruch des Eigentümers des Kraftfahrzeugs gegen die Stilllegung sind ferner allein die für den Bereich des Verkehrs und der Polizei zuständigen Behörden der Regierung der Generalidad de Cataluña befugt, Zwangsmaßnahmen oder die Ausübung physischen Zwangs anzuordnen.

60      Die Befugnis zur Stilllegung eines Fahrzeugs, über die die Betreiber von Stationen zur technischen Überwachung verfügen, wenn sie Mängel feststellen, die eine unmittelbare Gefahr darstellen, unterliegt somit einer Beaufsichtigung durch die zuständigen Behörden und ist mit keinerlei Befugnissen für Zwangsmaßnahmen oder die Ausübung von physischem Zwang verbunden. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, dass sie als solche unmittelbar und spezifisch zur Ausübung öffentlicher Gewalt zählt.

61      Nach alledem ist Art. 51 Abs. 1 AEUV dahin auszulegen, dass die Tätigkeiten von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, wie den von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bezeichneten, trotz des Umstands, dass die Betreiber dieser Stationen über eine Befugnis zur Stilllegung verfügen, wenn die Fahrzeuge bei der Prüfung Sicherheitsmängel aufweisen, die eine unmittelbare Gefahr darstellen, nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne dieser Bestimmung verbunden sind.

 Zur dritten und zur vierten Frage

62      Mit seiner dritten und seiner vierten Frage, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 49 AEUV einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die die Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen Betreibern vorbehält, die im Besitz einer behördlichen Zulassung sind, deren Erteilung daran geknüpft ist, dass sich diese Betreiber an einen Regionalplan halten, der als Bedingung sowohl eine Mindestentfernung als auch einen maximalen Marktanteil enthält.

63      Erstens hat der Gerichtshof im Hinblick auf die Verpflichtung zur Einholung einer behördlichen Zulassung zur Ausübung der Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen bereits Gelegenheit zu der Feststellung gehabt, dass die Richtlinie 2009/40 keine Vorschrift zu den Zugangsbedingungen für diese Tätigkeit enthält (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Portugal, C‑438/08, EU:C:2009:651, Rn. 26).

64      Wegen des Fehlens einer Harmonisierung in dieser Hinsicht bleiben die Mitgliedstaaten befugt, diese Bedingungen festzulegen, wobei sie jedoch gehalten sind, ihre Befugnisse unter Beachtung der durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteil Nasiopoulos, C‑575/11, EU:C:2013:430, Rn. 20 und die dort angeführte Rechtsprechung).

65      Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass Art. 2 der Richtlinie 2009/40 diese Zuständigkeit der Mitgliedstaaten ausdrücklich bestätigt, da es dort heißt, dass die technische Überwachung von Kraftfahrzeugen von privatwirtschaftlichen Organisationen vorgenommen werden kann, die vom Staat dafür bestimmt, hierfür zugelassen und unter seiner unmittelbaren Aufsicht tätig sind.

66      Obwohl das Unionsrecht einen Mitgliedstaat folglich nicht daran hindert, die Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen von der Erteilung einer Zulassung abhängig zu machen, muss eine solche Zulassungsregelung jedoch, wie in Rn. 64 des vorliegenden Urteils ausgeführt wurde, das Unionsrecht und insbesondere Art. 49 AEUV beachten.

67      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs steht nämlich Art. 49 AEUV Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit entgegen, d. h. jeder staatlichen Maßnahme, die die Ausübung der vom AEU-Vertrag gewährleisteten Niederlassungsfreiheit durch die Unionsbürger behindern oder weniger attraktiv machen kann. Der Begriff der Beschränkung umfasst die von einem Mitgliedstaat getroffenen Maßnahmen, die, obwohl sie unterschiedslos anwendbar sind, den Marktzugang von Unternehmen aus anderen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und somit den Handel innerhalb der Union behindern (vgl. in diesem Sinne Urteil SOA Nazionale Costruttori, C‑327/12, EU:C:2013:827, Rn. 45 und die dort angeführte Rechtsprechung).

68      Im vorliegenden Fall darf nach der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung die behördliche Zulassung nur unter der Bedingung erteilt werden, dass die Stationen desselben Unternehmens oder derselben Unternehmensgruppe gewisse Mindestentfernungen einhalten und dass diese Unternehmen bzw. Unternehmensgruppen keinen Marktanteil von über 50 % halten.

69      In Anbetracht der in Rn. 67 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung können solche Regeln dazu führen, dass Wirtschaftsteilnehmern anderer Mitgliedstaaten die Ausübung ihrer Tätigkeiten im Gebiet der Autonomen Gemeinschaft Katalonien mit Hilfe einer Betriebsstätte erschwert wird oder weniger attraktiv erscheint.

70      Folglich stellt die Regelung eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit im Sinne von Art. 49 AEUV dar.

71      Unter diesen Umständen ist zweitens zu prüfen, ob sich die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Bestimmungen objektiv rechtfertigen lassen.

72      Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit, die ohne Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit gelten, können nämlich nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs durch zwingende Gründe des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein, sofern sie geeignet sind, die Erreichung des mit ihnen verfolgten Ziels zu gewährleisten, und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Ottica New Line di Accardi Vincenzo, C‑539/11, EU:C:2013:591, Rn. 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).

73      Im Ausgangsverfahren ist zunächst festzustellen, dass die in Rede stehende nationale Regelung unterschiedslos auf alle Betreiber anzuwenden ist.

74      Im Hinblick auf die von dieser Regelung verfolgten Ziele machen die Generalidad de Cataluña und die spanische Regierung sodann geltend, dass die Regelung, indem sie eine angemessene örtliche Abdeckung ermögliche, die Qualität der Dienstleistung gewährleiste und den Wettbewerb fördere, gleichermaßen darauf gerichtet sei, die Verbraucher zu schützen und die Straßenverkehrssicherheit zu gewährleisten, wie ausdrücklich aus der Präambel des Dekrets 45/2010 hervorgehe. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs stellen sowohl der Verbraucherschutz (vgl. in diesem Sinne Urteile Attanasio Group, C‑384/08, EU:C:2010:133, Rn. 50, und Essent u. a., C‑105/12 bis C‑107/12, EU:C:2013:677, Rn. 58) als auch die Notwendigkeit, die Straßenverkehrssicherheit zu gewährleisten (Urteil Kommission/Portugal, C‑438/08, EU:C:2009:651, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung), zwingende Gründe des Allgemeininteresses dar, die Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit rechtfertigen können.

75      Daher ist schließlich zu prüfen, ob die im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Beschränkungen, wie sie in Rn. 68 des vorliegenden Urteils genannt sind, die Erreichung der verfolgten Ziele gewährleisten können und nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieser Ziele erforderlich ist.

76      Es muss insbesondere gewährleistet sein, dass die im Ausgangsverfahren in Rede stehende nationale Regelung diese Ziele nicht in inkohärenter Weise verfolgt. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs sind eine nationale Regelung insgesamt und die verschiedenen einschlägigen Regeln nämlich nur dann geeignet, die Erreichung des angestrebten Ziels zu gewährleisten, wenn sie tatsächlich dem Anliegen gerecht werden, es in kohärenter und systematischer Weise zu erreichen (vgl. in diesem Sinne Urteil Ottica New Line di Accardi Vincenzo, C‑539/11, EU:C:2013:591, Rn. 47 und die dort angeführte Rechtsprechung).

77      Es ist letztlich Sache des nationalen Gerichts, das allein für die Beurteilung des Sachverhalts des Ausgangsrechtsstreits sowie für die Auslegung des nationalen Rechts zuständig ist, zu bestimmen, ob und inwieweit die Regelung diesen Anforderungen entspricht. Der Gerichtshof, der dazu aufgerufen ist, dem nationalen Gericht zweckdienliche Antworten zu geben, ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen Hinweise zu geben, die diesem Gericht eine Entscheidung ermöglichen (Urteil Sokoll-Seebacher, C‑367/12, EU:C:2014:68, Rn. 40 und die dort angeführte Rechtsprechung).

78      Im vorliegenden Fall soll die erste Bedingung, die, wie aus Art. 75 Abs. 1 des Dekrets 30/2010 hervorgeht, darin besteht, dass bestimmte Mindestentfernungen zwischen den Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen eingehalten werden müssen, der Präambel des Dekrets 45/2010 zufolge zum Ziel haben, die Betreiber dazu anzuhalten, sich in abgelegenen Gegenden anzusiedeln. Da die Einhaltung von Mindestentfernungen nicht zwischen den Stationen verlangt wird, die Konkurrenzunternehmen gehören, sondern zwischen den zu demselben Unternehmen oder derselben Unternehmensgruppe gehörenden Stationen, belegen die dem Gerichtshof übermittelten Informationen allerdings nicht, dass diese Bedingung es als solche ermöglichen würde, eine derartige Zielsetzung zu verwirklichen. Dies gilt umso mehr, als die Generalidad de Cataluña in der mündlichen Verhandlung nicht ausgeführt hat, dass diese Betreiber gehalten seien, sich in diesen abgelegenen Gegenden anzusiedeln.

79      Im Hinblick auf die zweite Bedingung, wonach die Betreiber keinen Marktanteil von über 50 % auf dem Markt für Dienstleistungen der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen halten dürfen, geht aus der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden nationalen Regelung hervor, dass diese Bedingung dazu bestimmt ist, die Qualität der Dienstleistungen der technischen Überwachung zu gewährleisten und folglich den Schutz der Verbraucher sicherzustellen.

80      Da eine solche Bedingung Auswirkungen auf die bereits bestehenden Tätigkeiten der Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen in Katalonien sowie auf die Struktur des Marktes haben kann, kann sie daher offensichtlich nicht zum Schutz der Verbraucher beitragen.

81      In dieser Hinsicht ist zu dem auf die Qualität der Dienstleistung bezogenen Ziel darauf hinzuweisen, dass der Inhalt der Dienstleistungen der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, wie der Generalanwalt in Nr. 75 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, Gegenstand einer Harmonisierung auf Unionsebene ist.

82      Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2009/40 sieht in Verbindung mit ihren Anhängen I und II nämlich präzise Rahmenbedingungen für die zu prüfenden Kraftfahrzeuge, die Zeitabstände der Prüfungen und die obligatorischen Prüfpunkte vor, um – wie der 26. Erwägungsgrund dieser Richtlinie hervorhebt – einen Qualitätsstandard für die Dienstleistungen der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen in der Union sicherzustellen. Diese Rahmenbedingungen bestehen nach dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie aus Mindestvorschriften und Verfahren, die im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen sind.

83      Daher obliegt es dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob die beiden von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung aufgestellten Bedingungen für die Genehmigung der Ausübung der Tätigkeit der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen geeignet sind, die Verwirklichung der Ziele des Verbraucherschutzes und der Straßenverkehrssicherheit in kohärenter und systematischer Weise zu gewährleisten.

84      Nach alledem ist auf die dritte und die vierte Frage zu antworten, dass Art. 49 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die die Genehmigung der Eröffnung einer Station zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen durch ein Unternehmen oder eine Unternehmensgruppe unter die Bedingung stellt, dass zum einen eine Mindestentfernung zwischen dieser Station und den bereits genehmigten Stationen dieses Unternehmens oder dieser Unternehmensgruppe besteht und zum anderen dieses Unternehmen oder diese Unternehmensgruppe, wenn eine solche Genehmigung erteilt würde, keinen Marktanteil von über 50 % erhielte, es sei denn, dass diese Bedingung tatsächlich geeignet ist, die Ziele des Verbraucherschutzes und der Straßenverkehrssicherheit zu erreichen, und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen sein wird.

 Kosten

85      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem beim vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 2 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt ist dahin auszulegen, dass die Tätigkeiten der technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen aus dem Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen sind.

2.      Art. 51 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass die Tätigkeiten von Stationen zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen, wie den von der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Regelung bezeichneten, trotz des Umstands, dass die Betreiber dieser Stationen über eine Befugnis zur Stilllegung verfügen, wenn die Fahrzeuge bei der Prüfung Sicherheitsmängel aufweisen, die eine unmittelbare Gefahr darstellen, nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne dieser Bestimmung verbunden sind.

3.      Art. 49 AEUV ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden entgegensteht, die die Genehmigung der Eröffnung einer Station zur technischen Überwachung von Kraftfahrzeugen durch ein Unternehmen oder eine Unternehmensgruppe unter die Bedingung stellt, dass zum einen eine Mindestentfernung zwischen dieser Station und den bereits genehmigten Stationen dieses Unternehmens oder dieser Unternehmensgruppe besteht und zum anderen dieses Unternehmen oder diese Unternehmensgruppe, wenn eine solche Genehmigung erteilt würde, keinen Marktanteil von über 50 % erhielte, es sei denn, dass diese Bedingung tatsächlich geeignet ist, die Ziele des Verbraucherschutzes und der Straßenverkehrssicherheit zu erreichen, und nicht über das hinausgeht, was hierzu erforderlich ist, was vom vorlegenden Gericht zu prüfen sein wird.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Spanisch.