URTEIL DES GERICHTSHOFES
5. Mai 1998 (1)
„Landwirtschaft Tierseuchenrecht Dringliche Maßnahmen gegen die bovine
spongiforme Enzephalopathie Sogenannter Rinderwahnsinn“
In der Rechtssache C-157/96
betreffend ein dem Gerichtshof nach Artikel 177 EG-Vertrag vom High Court of
Justice von England und Wales, Queen's Bench Division, in dem dort anhängigen
Rechtsstreit
The Queen
gegen
Ministry of Agriculture, Fisheries and Food,
Commissioners of Customs & Excise,
ex parte: National Farmers' Union,
David Burnett and Sons Ltd,
R. S. and E. Wright Ltd,
Anglo Beef Processors Ltd,
United Kingdom Genetics,
Wyjac Calves Ltd,
International Traders Ferry Ltd,
MFP International Ltd,
Interstate Truck Rental Ltd,
Vian Exports Ltd,
unterstützt durch: Anglo Dutch Meat Exports Ltd,
Beck Food Group Ltd,
First City Trading Ltd,
Weddel Swift Ltd,
Carrex August Ltd,
Meatal Supplies (Wholesale Meats) Ltd,
Meat Marketing Services (UK) Ltd,
NWL (Ireland) Ltd,
Hibernia Foods plc,
Duggins Ltd (D.T.),
Swallow Foods International Ltd,
British Association of Sheep Exporters,
vorgelegtes Ersuchen um Vorabentscheidung über die Gültigkeit des Artikels 1 der
Entscheidung 96/239/EG der Kommission vom 27. März 1996 mit den zum Schutz
gegen die bovine spongiforme Enzephalopathie (BSE) zu treffenden
Dringlichkeitsmaßnahmen (ABl. L 78, S. 47)
erläßt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, der
Kammerpräsidenten C. Gulmann, H. Ragnemalm, M. Wathelet und R. Schintgen
sowie der Richter G. F. Mancini, J. C. Moitinho de Almeida, J. L. Murray,
D. A. O. Edward, J.-P. Puissochet, G. Hirsch, P. Jann und L. Sevón
(Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Tesauro
Kanzler: L. Hewlett, Verwaltungsrätin
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
der National Farmers' Union u. a., vertreten durch Stuart Isaacs, QC, und
Barrister Clive Lewis, beauftragt von Badhams Thompson, Solicitors,
der Anglo Dutch Meat Exports Ltd, vertreten durch Barrister Nicholas
Green, beauftragt von Michael Parker und Conor McGuire, Solicitors,
der British Association of Sheep Exporters, vertreten durch David Vaughan,
QC, und Barrister Conor Quigley, beauftragt durch Solicitor Anthony
M. Burstow,
der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Lindsey Nicoll,
Treasury Solicitor's Department, als Bevollmächtigte, Beistand: Paul Lasok,
QC, und Barrister David Anderson,
des Rates der Europäischen Union, vertreten durch Rechtsberater Arthur
Brautigam und Moyra Sims als Bevollmächtigte,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch
James Macdonald Flett, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigten,
aufgrund des Sitzungsberichts,
nach Anhörung der mündlichen Ausführungen der National Farmers' Union u. a.,
vertreten durch Stuart Isaacs, Clive Lewis und Barrister Sarah Moore, der British
Association of Sheep Exporters, vertreten durch David Vaughan und Conor
Quigley, der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch Lindsey
Nicoll, Paul Lasok und David Anderson, des Rates, vertreten durch Arthur
Brautigam und Moyra Sims, und der Kommission, vertreten durch James
Macdonald Flett, in der Sitzung vom 2. Juli 1997,
nach Anhörung der Schlußanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 30.
September 1997,
folgendes
Urteil
- 1.
- Der High Court of Justice, Queen's Bench Division, hat mit Beschluß vom 3. Mai
1996, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Mai 1996, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Gültigkeit des Artikels 1 der Entscheidung 96/239/EG
der Kommission vom 27. März 1996 mit den zum Schutz gegen die bovine
spongiforme Enzephalopathie (BSE) zu treffenden Dringlichkeitsmaßnahmen (ABl.
L 78, S. 47; nachfolgend: Entscheidung) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
- 2.
- Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit, in dem die National Farmers' Union,
eine Berufsvereinigung, die die Mehrzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in
England und Wales vertritt, sowie neun spezialisierte landwirtschaftliche Betriebe,
die sich mit der Aufzucht für den Verkauf, der Fütterung, der Haltung, dem
Transport und der Ausfuhr von Rindern, ihrer Samen und ihrer Embryonen sowie
der Verarbeitung und der Ausfuhr von Rindfleisch und Folgeerzeugnissen
beschäftigen (Kläger), bestimmte Maßnahmen anfechten, die das Ministry of
Agriculture, Fisheries and Food und die Commissioners of Customs & Excise
gemäß Artikel 1 der Entscheidung getroffen haben. Die Kläger werden von zwölf
Streithelfern unterstützt. Die ersten elf Streithelfer sind Fleischexporteure und
Mitglieder der International Meat Traders Association, der zwölfte Streithelfer ist
die British Association of Sheep Exporters, eine Vereinigung von Schafexporteuren,
der ihrem Vortrag nach aus der Entscheidung ein erheblicher Nachteil erwächst,
da der Transport von Schafen auf Schiffen als solcher nicht rentabel und deshalb
infolge der Entscheidung unterbrochen worden sei.
- 3.
- Die Kommission hat die Entscheidung infolge zweier Mitteilungen des Spongiform
Encephalopathy Advisory Committee (SEAC), eines unabhängigen Ausschusses zur
wissenschaftlichen Beratung der Regierung des Vereinigten Königreichs, vom 20.
und 24. März 1996 erlassen, die sich auf einen möglichen Zusammenhang zwischen
der bovinen spongiformen Enzephalopathie (BSE) und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit bezogen.
- 4.
- Die Entscheidung wurde auf den EG-Vertrag, auf die Richtlinie 90/425/EWG des
Rates vom 26. Juni 1990 zur Regelung der veterinärrechtlichen und
tierzüchterischen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel mit lebenden
Tieren und Erzeugnissen im Hinblick auf den Binnenmarkt (ABl. L 224, S. 29),
geändert durch die Richtlinie 92/118/EWG des Rates vom 17. Dezember 1992 über
die tierseuchenrechtlichen und gesundheitlichen Bedingungen für den Handel mit
Erzeugnissen tierischen Ursprungs in der Gemeinschaft sowie für ihre Einfuhr in
die Gemeinschaft, soweit sie diesbezüglich nicht den spezifischen
Gemeinschaftsregelungen nach Anhang A Kapitel I der Richtlinie 89/662/EWG und
in bezug auf Krankheitserreger der Richtlinie 90/425/EWG unterliegen (ABl.
1993, L 62, S. 49), insbesondere auf Artikel 10 Absatz 4, sowie auf die Richtlinie
89/662/EWG des Rates vom 11. Dezember 1989 zur Regelung der
veterinärrechtlichen Kontrollen im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf
den gemeinsamen Binnenmarkt (ABl. L 395, S. 13), geändert durch die Richtlinie
92/118, insbesondere auf Artikel 9, gestützt wurde.
- 5.
- Artikel 10 Absätze 1 Unterabsatz 1 und 4 der Richtlinie 90/425 lauten:
„(1) Jeder Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die
Kommission unverzüglich über das Auftreten in seinem Hoheitsgebiet von
Krankheiten gemäß der Richtlinie 82/894/EWG sowie von allen Zoonosen,
Krankheiten und anderen Ursachen, die eine Gefahr für die Tiere oder die
menschliche Gesundheit darstellen können.
...
(4) In allen diesen Fällen prüft die Kommission im Ständigen
Veterinärausschuß so bald wie möglich die Lage. Sie erläßt nach dem in
Artikel 17 genannten Verfahren die notwendigen Maßnahmen für die Tiere
und Erzeugnisse im Sinne des Artikels 1 und, falls es die Umstände
erfordern, für die Folgeerzeugnisse. Sie verfolgt die Entwicklung der Lage
und kann nach dem gleichen Verfahren die getroffenen Entscheidungen
nach Maßgabe dieser Entwicklung ändern oder aufheben.“
- 6.
- Artikel 1 der Richtlinie 90/425 betrifft die lebenden Tiere und Erzeugnisse, die
unter die in Anhang A der Richtlinie aufgeführten Richtlinien fallen oder die von
ihrem Artikel 21 Absatz 1 erfaßt werden, also die in Anhang B der Richtlinie
90/425 angeführten Tiere und Erzeugnisse.
- 7.
- Artikel 9 Absätze 1 Unterabsatz 1 und 4 der Richtlinie 89/662 bestimmt folgendes:
„(1) Jeder Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die
Kommission unverzüglich über das Auftreten in seinem Hoheitsgebiet von
Krankheiten gemäß der Richtlinie 82/894/EWG sowie von allen Zoonosen,
Krankheiten und anderen Ursachen, die eine Gefahr für die Tiere oder die
menschliche Gesundheit darstellen können.
...
(4) In allen diesen Fällen prüft die Kommission im Ständigen
Veterinärausschuß so bald wie möglich die Lage. Sie erläßt nach dem
Verfahren des Artikels 17 die notwendigen Maßnahmen für die in Artikel
1 genannten Erzeugnisse und, falls es die Umstände erfordern, für die
Ursprungserzeugnisse und deren Folgeerzeugnisse. Sie verfolgt die
Entwicklung der Lage und kann nach dem gleichen Verfahren die
getroffenen Entscheidungen nach Maßgabe dieser Entwicklung ändern oder
aufheben.“
- 8.
- Artikel 1 der Richtlinie 89/662 betrifft die Erzeugnisse tierischen Ursprungs, die
unter die im Anhang A der Richtlinie aufgeführten Richtlinien fallen oder von
ihrem Artikel 14 erfaßt werden, also die im Anhang B derselben Richtlinie erfaßten
Erzeugnisse.
- 9.
- In der Präambel der Entscheidung wird auf die Veröffentlichung neuer
wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Mitteilung zusätzlicher von der Regierung des
Vereinigten Königreichs getroffener Maßnahmen (Schlachtkörper von über 30
Monate alten Rindern sind in zugelassenen und vom Meat Hygiene Service
überwachten Betrieben zu entbeinen; die beim Zuschneiden anfallenden Abfälle
sind als Sonderabfälle vom Rind zu behandeln; die Verfütterung von Mehl von
Fleisch und Knochen, das von Säugetieren stammt, an die in landwirtschaftlichen
Betrieben gehaltenen Tiere ist verboten) sowie auf die von einigen Mitgliedstaaten
verhängten Einfuhrverbote und das Votum des Wissenschaftlichen
Veterinärausschusses Bezug genommen. Die fünfte, die sechste und die siebte
Begründungserwägung lauten wie folgt:
„Angesichts der derzeitigen Lage kann zu der Gefahr einer Übertragbarkeit der
BSE auf den Menschen nicht endgültig Stellung genommen werden. Dieses Risiko
läßt sich nicht ausschließen. Die daraus erwachsende Unsicherheit hat bei den
Verbrauchern erhebliche Besorgnisse zur Folge. Unter diesen Umständen ist es
angezeigt, als Dringlichkeitsmaßnahme vorläufig jeden Versand von lebenden
Tieren, von Rindfleisch oder Rindfleischerzeugnissen aus dem Vereinigten
Königreich nach den anderen Mitgliedstaaten zu untersagen. Zur Verhütung von
Verkehrsverlagerungen muß diese Beschränkung auch für die Ausfuhr nach
Drittländern gelten.
Die Kommission nimmt in den kommenden Wochen zur Beurteilung der
Anwendung der getroffenen Maßnahmen im Vereinigten Königreich eine
Inspektion vor. Es empfiehlt sich außerdem, die wissenschaftliche Begründung der
neuen Informationen zu vertiefen und die getroffenen Maßnahmen zu verstärken.
Die vorliegende Entscheidung sollte nach Prüfung der Gesamtheit der angeführten
Punkte überarbeitet werden.“
- 10.
- Artikel 1 der Entscheidung lautet wie folgt:
„In Erwartung einer Gesamtlageprüfung und unbeschadet der zum Schutz gegen
BSE erlassenen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften wird der Versand von
lebenden Rindern, Rindersamen und Rinderembryonen,
Rindfleisch, geschlachtet im Vereinigten Königreich,
Erzeugnisse von Rindern, die im Vereinigten Königreich geschlachtet
worden sind und welche geeignet sind, als Lebensmittel oder Tierfutter
verwendet zu werden und Produkte, die bestimmt sind für die Verwendung
bei der Herstellung von Medizinalprodukten, Kosmetika und
pharmazeutischen Erzeugnissen,
Fleisch- und Knochenmehl, das von Säugetieren stammt,
aus dem Hoheitsgebiet des Vereinigten Königreichs nach den anderen
Mitgliedstaaten und nach Drittländern untersagt.“
- 11.
- Angesichts des Parteivorbringens kamen dem vorlegenden Gericht Zweifel an der
Gültigkeit der Entscheidung. Es hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem
Gerichtshof die folgende Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Ist Artikel 1 der Entscheidung 96/239/EG der Kommission vom 27. März 1996 ganz
oder teilweise ungültig, weil die Kommission keine Befugnis zu ihrem Erlaß hatte
oder eine solche Befugnis mißbrauchte oder weil die Entscheidung gegen denGrundsatz der Verhältnismäßigkeit verstößt?
- 12.
- Die Rechtsgründe, an denen Artikel 1 der Entscheidung zu messen das vorlegende
Gericht den Gerichtshof ersucht, sind nacheinander zu erörtern.
Zur Frage der Zuständigkeit der Kommission
- 13.
- Die Kläger tragen vor, die Entscheidung sei nicht mit dem Ziel erlassen worden,
die menschliche Gesundheit vor einer erheblichen Gefahr zu schützen, was nach
den Richtlinien 90/425 und 89/662 eine Zuständigkeit der Kommission begründet
hätte. Das Vereinigte Königreich und die Kommission hätten nämlich bereits seit
1988 Maßnahmen erlassen, die zum Gesundheitsschutz erforderlich gewesen seien;
aus den neuen Hinweisen über die Fälle von Creutzfeld-Jakob-Krankheit im
Vereinigten Königreich ergebe sich keine neue Gefahr. Hingegen habe die
Kommission im Hinblick auf Fleisch und Rinder, die vor der Entscheidung
ausgeführt worden seien, nichts unternommen.
- 14.
- Im übrigen ermächtigten die Richtlinien 90/425 und 89/662 die Kommission nicht,
Ausfuhren aus dem Vereinigten Königreich in Drittländer zu verbieten. Das sei im
Text nicht vorgesehen; die Kommission dürfe nur im Rahmen ausdrücklich
übertragener Befugnisse tätig werden. Die Rechtfertigung, Verkehrsverlagerungen
sollten vermieden werden, erlaube keine Entscheidung, die über das Erforderliche
hinausgehe, also vermeiden solle, daß ein aus dem Vereinigten Königreich in ein
Drittland ausgeführtes Erzeugnis anschließend wieder in die Gemeinschaft
eingeführt werde.
- 15.
- Selbst wenn die Kommission eine gewisse Zuständigkeit haben sollte, so bestehe
diese doch jedenfalls nicht für das Verbot der Ausfuhr bestimmter Erzeugnisse,
denen kein Risiko innewohne, nämlich von Rindersamen, Rinderembryonen,
Kälbern von weniger als sechs Monaten, frischem Rindfleisch von Rindern, die bei
der Schlachtung weniger als zweieinhalb Jahre alt waren, Talg und Gelatine.
- 16.
- Die ersten elf Streithelfer, Rindfleischausfuhrfirmen und ihre Verbände, bestreiten
die Rechtmäßigkeit der Entscheidung namentlich insofern, als sie die Ausfuhr in
Drittländer verbietet. Ein solches Verbot sei angesichts der Richtlinien 90/425 und
89/662 nicht gerechtfertigt, da keine wesentliche oder merkliche Gefahr von
Verkehrsverlagerungen oder einer Wiedereinfuhr von Fleisch aus dem Vereinigten
Königreich in die Gemeinschaft bestehe. Die Zahl der Drittländer, die frisches
Rindfleisch oder Folgeerzeugnisse von Rindfleisch in die Gemeinschaft ausführen
dürften, sei beschränkt; dieses Fleisch und diese Erzeugnisse müßten strenge
gemeinschaftsrechtliche Bedingungen erfüllen. Im übrigen könnten die Ausfuhren
in Drittländer zu Ausfuhrerstattungen führen; in diesem Rahmen überprüften die
Behörden des Vereinigten Königreichs, daß das Erzeugnis im Bestimmungsland
verzollt und in den Verkehr gebracht werde. Schließlich gebe es Einfuhrzölle für
Rindfleisch selbst dann, wenn dies anfangs Gemeinschaftsursprung gehabt habe.
- 17.
- Das Vorbringen der Kommission zu Betrügereien sei nicht begründet oder
rechtfertige jedenfalls kein allgemeines weltweites Verbot, sondern allenfalls
spezifische Verbote nach Anhörung der Behörden der betroffenen Drittländer und
der Behörden der Mitgliedstaaten, die möglicherweise verlagertes Rindfleisch
wieder einführten. Zumindest hätte das Verbot aufgrund spezifischer
Bestimmungen für die Einfuhr von Rindfleisch aus Drittländern, nicht aber auf der
Grundlage von Bestimmungen über den Binnenmarkt erlassen werden dürfen.
- 18.
- Daher habe die Kommission unter Berufung auf die Befugnisse, die ihr in den
Richtlinien 90/425 und 89/662 übertragen worden seien, keine so umfassende
Maßnahme wie ein weltweites Verbot aussprechen dürfen. Zudem sei es nicht
Sache der Kommission, sondern der Regierungen und der Wirtschaftsbeteiligten
der Drittländer, zu entscheiden, wie sie sich gegenüber Rindfleisch aus dem
Vereinigten Königreich verhalten wollten.
- 19.
- Die Regierung des Vereinigten Königreichs bestreitet, daß die Entscheidung mit
der Notwendigkeit der Eingrenzung gerechtfertigt werden könne, da eine solche
Maßnahme im Falle von BSE, die keine ansteckende Krankheit sei, nicht geeignet
sei.
- 20.
- Auch sei die Kommission für Maßnahmen nicht zuständig gewesen, die sich auf den
Handel mit Drittländer bezögen. Die Richtlinien 90/425 und 89/662 bezögen sich
nämlich nur auf Kontrollen „im innergemeinschaftlichen Handel im Hinblick auf
den Binnenmarkt“. Sie beträfen Tiere oder Erzeugnisse, die in Drittländer
ausgeführt werden sollten, nur insoweit, als eine Gefahr für die menschliche oder
tierische Gesundheit im Inneren der Gemeinschaft bestehe, solange sich das Tier
oder das Erzeugnis noch dort befinde, wenn es beispielsweise über das Gebiet eines
anderen Mitgliedstaats befördert werde (siehe namentlich Artikel 3 Absatz 1
Buchstabe g der Richtlinie 90/425 und Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 89/662).
Die Kommission sei daher nicht befugt, Ausfuhren des Vereinigten Königreichs in
Drittländer zu untersagen, die nicht über das Gebiet eines anderen Mitgliedstaats
befördert würden. Rinder stellten zudem keine Gefahr für die menschliche oder
tierische Gesundheit dar, da BSE nicht ansteckend sei. Soweit das Fleisch oder
Folgeerzeugnisse eine Gefahr darstelle, sei es Sache der Drittländer, dies zu
würdigen und Maßnahmen auf der Grundlage des Tierseuchenkodex des
Internationalen Tierseuchenamtes zu treffen, nicht aber Sache der Kommission.
- 21.
- Der Rat legt dar, die Richtlinien 90/425 und 89/662 seien Teil einer stimmigen,
vollständigen Gesamtregelung, die an die Stelle einseitiger Maßnahmen der
Mitgliedstaaten nach Artikel 36 EG-Vertrag habe treten sollen. Er habe der
Kommission mit den Richtlinien 90/425 und 89/662 die ausdrückliche, spezifische
Zuständigkeit übertragen, alle erforderlichen Maßnahmen für lebende Tiere wie
für Erzeugnisse tierischen Ursprungs zu treffen. Angesichts des erheblichen
Spielraums, der der Kommission im Rahmen von Schutzklauseln zuerkannt werden
müsse, habe diese die Gefahr für die tierische und menschliche Gesundheit weder
offensichtlich falsch beurteilt noch ihre Befugnisse offenkundig überschritten, als
sie sich vorsichtshalber für die Lösung entschieden habe, die die Gesundheit am
sichersten gewährleiste.
- 22.
- Auf Gemeinschaftsausfuhren in Drittländer seien zu Recht
Dringlichkeitsmaßnahmen angewandt worden. Artikel 43 EG-Vertrag stelle eine
angemessene und hinreichende Rechtsgrundlage für den Drittlandshandel mit
landwirtschaftlichen Erzeugnissen dar; die Richtlinien 90/425 und 89/662 erlaubten
nicht den Schluß, der Rat hätte die Befugnisse der Kommission aufgrund der
Schutzklausel ausdrücklich dahin beschränkt, daß Ausfuhren in Drittländer
ausgeschlossen seien. Im übrigen seien die Anforderungen der Gesundheit unteilbar
und universell, so daß eine Zweiteilung der Regeln in solche für Erzeugnisse, die
für die Gemeinschaft, und solche, die für Drittländer bestimmt seien, unvorstellbar
sei. Schließlich wäre eine Erstreckung des Verbots auf die Ausfuhr nach
Drittländern bereits durch das Bemühen gerechtfertigt gewesen,
Verkehrsverlagerungen zu verhindern.
- 23.
- Was namentlich die Frage des Auftretens einer neuen erheblichen Gefahr betrifft,
führt die Kommission aus, zwar habe es BSE bereits gegeben, jedoch hätten die
Mitteilungen des SEAC eine Neubewertung dieser Krankheit zur Folge gehabt, die
nicht mehr nur als Tierkrankheit, sondern auch als Gefahr für die menschliche
Gesundheit habe angesehen werden müssen. Diese neuen Hinweise hätten die
Risikoeinschätzung geändert und das Eingreifen der Kommission aufgrund der
Richtlinien 90/425 und 89/662 gerechtfertigt. Nichts weise im übrigen darauf hin,
daß die neuen Fälle der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit auf einer Ansteckung vor
dem Verbot der Sonderschlachtabfälle vom Rind beruhten; vielmehr habe das
SEAC den Erlaß zusätzlicher Maßnahmen empfohlen. Im übrigen seien verseuchte
Futtermittel nicht unbedingt die wesentliche Form der Ansteckung. Schließlich habe
das Futterverbot von 1988 nur zögerlich Wirkungen gezeigt, das Verbot von
Sonderschlachtabfällen vom Rind aus dem Jahre 1989 sei wirkungslos und die
Überwachung der Rinder unzureichend gewesen, da die Herkunftsherde von BSE-befallenen Tieren in mehr als 11 000 Fällen nicht habe festgestellt werden können.
- 24.
- Zu den Maßnahmen, die sie aufgrund der Richtlinien 90/425 und 89/662 habe
ergreifen dürfen, führt die Kommission zunächst aus, der Gemeinschaftsgesetzgeber
habe in Fragen der Gemeinsamen Agrarpolitik ein weites Ermessen. Der Rat
könne der Kommission weite Durchführungsbefugnisse übertragen, da nur sie in
der Lage sei, ständig und aufmerksam der Entwicklung der Agrarmärkte zu folgen
und mit der gebotenen Schnelligkeit zu handeln. Diese Befugnisse seien namentlich
deshalb gerechtfertigt, weil sie in einem Verfahren auszuüben seien, das dem Rat
ein Eingreifen ermögliche. Schließlich seien Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie
90/425 und Artikel 9 Absatz 4 der Richtlinie 89/662 allgemein gehalten; sie
ermächtigten die Kommission, „in allen diesen Fällen ... die notwendigen
Maßnahmen“ zu erlassen. Als Verkehrsverbot für Tiere und Erzeugnisse außerhalb
eines bestimmten Gebietes der Gemeinschaft, also als Eingrenzungsmaßnahme, sei
die Entscheidung angemessen.
- 25.
- Betrachte man Artikel 10 Absatz 4 der Richtlinie 90/425 und Artikel 9 Absatz 4 der
Richtlinie 89/662 genau, so verböten sie keine Maßnahmen gegenüber Drittländern,
soweit diese erforderlich seien. Angesichts der Dringlichkeit sowie des Umstands,
daß BSE im wesentlichen im Vereinigten Königreich grassiert habe, sei es
offensichtlich unangebracht und wirkungslos gewesen, sich auf die Regelung für
Tiere und Erzeugnisse aus Drittländern zu stützen, da dies die Änderung der
Richtlinien über Einfuhren in die Gemeinschaft oder Verhandlungen mit
Drittländern erforderlich gemacht hätte.
- 26.
- Um zu entscheiden, ob die Kommission sich mit dem Erlaß der angefochtenen
Entscheidung im Rahmen ihrer Befugnisse aus den Richtlinien 90/425 und 89/662
hielt, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen erfüllt waren, von denen diese beiden
Richtlinien den Erlaß von Schutzmaßnahmen abhängig machten, ob die
Kommission Ausfuhren verbieten konnte und ob ein solches Verbot sich auf
Drittländer erstrecken konnte.
- 27.
- Nach Artikel 10 Absatz 1 der Richtlinie 90/425 und Artikel 9 Absatz 1 der
Richtlinie 89/662 erlaubt das „Auftreten ... von allen Zoonosen, Krankheiten und
anderen Ursachen, die eine Gefahr für die Tiere oder die menschliche Gesundheit
darstellen können“, den Erlaß von Schutzmaßnahmen.
- 28.
- Zu prüfen ist namentlich, ob die Mitteilung des SEAC, BSE sei die
wahrscheinlichste Erklärung (the most likely explanation) für das Auftreten einer
neuen Form der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, den Erlaß von Schutzmaßnahmen
erlaubte, obwohl es BSE bereits mehrere Jahre gab, sowohl das Vereinigte
Königreich wie die Gemeinschaft Maßnahmen getroffen hatten und die Gefährdung
des Menschen durch diese Krankheit bereits berücksichtigt worden war.
- 29.
- Nach den Richtlinien 90/425 und 89/662 rechtfertigt der Umstand, daß eine
Zoonose, Krankheit oder andere Ursache als erhebliche Gefahr angesehen wird,
die Befugnis der Kommission zum Erlaß von Schutzmaßnahmen.
- 30.
- Die Richtlinien 90/425 und 89/662 sollen nämlich der Kommission ein schnelles
Eingreifen erlauben, um die Ausbreitung einer Krankheit unter den Tieren oder
eine Gefahr für die menschliche Gesundheit zu verhindern. Dem widerspräche es,
der Kommission die Befugnis zum Erlaß der erforderlichen Maßnahmen in der
Folge der Veröffentlichung neuer Hinweise, die die Kenntnisse über eine
Krankheit, insbesondere über ihre Übertragungswege oder ihre Folgen erheblich
ändern, mit der Begründung vorzuenthalten, die Krankheit gebe es schon lange.
- 31.
- Aus den Mitteilungen des SEAC ergab sich, daß ein Zusammenhang zwischen BSE
und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit nicht mehr nur eine theoretische Hypothese,
sondern eine reale Möglichkeit war. Die wahrscheinlichste Erklärung (the most
likely explanation) für die Fälle der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit war nämlich eine
Ansteckung mit BSE vor dem 1989 verfügten Verbot bestimmter
Sonderschlachtabfälle vom Rind.
- 32.
- Auch wenn es BSE bereits gab, enthielten die Mitteilungen des SEAC neue
Erkenntnisse über die Gefährdung der menschlichen Gesundheit durch diese
Krankheit; damit war die Kommission befugt, Schutzmaßnahmen im Sinne der
Richtlinien 90/425 und 89/662 zu ergreifen.
- 33.
- Die Richtlinien 90/425 und 89/662 bestimmen die Befugnisse der Kommission sehr
umfassend; sie ermächtigen diese zum Erlaß der „notwendigen Maßnahmen“ für
lebende Tiere und Erzeugnisse von diesen Tieren, Erzeugnisse tierischen Ursprungs
und Folgeerzeugnisse, ohne daß zeitliche oder räumliche Grenzen für den
Anwendungsbereich dieser Maßnahmen vorgesehen wären.
- 34.
- Nach den Richtlinien 90/425 und 89/662 kommen für den Handel nur Tiere und
Erzeugnisse tierischen Ursprungs in Betracht, die den dort festgesetzten
Bedingungen entsprechen. Die Behörden des Versendemitgliedstaats müssen
überprüfen, ob diese Bedingungen erfüllt sind, bevor sie die Ausfuhrgenehmigungenerteilen (Artikel 3 und 4 der Richtlinie 90/425 und Artikel 3 und 4 der Richtlinie
89/662).
- 35.
- Stellen die zuständigen Behörden bei einer Kontrolle am Bestimmungsort oder
während der Beförderung fest, daß eine Zoonose, eine Krankheit oder eine andere
Ursache, die eine schwere Gefahr für die Tiere oder die menschliche Gesundheit
darstellen kann, vorhanden ist, so können die zuständigen Behörden des
Bestimmungsmitgliedstaats die Verbringung des Tieres bzw. der Tierpartie in die
nächstgelegene Quarantänestation bzw. deren Tötung und/oder unschädliche
Beseitigung (Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 1 der Richtlinie 90/425)
oder die unschädliche Beseitigung der Partie der Erzeugnisse tierischen Ursprungs
oder jede andere in der Gemeinschaftsregelung vorgesehene Verwendung (Artikel
7 Absatz 1 Buchstabe a Unterabsatz 1 der Richtlinie 89/662) anordnen.
- 36.
- Diese Bestimmungen belegen hinreichend, daß im Falle einer Zoonose, einer
Krankheit oder einer anderen Ursache, die eine schwere Gefahr für die Tiere oder
die menschliche Gesundheit darstellen kann, ein Versendungsverbot der Tiere und
der Erzeugnisse und ihre Eingrenzung auf ein bestimmtes Gebiet eine angemessene
Maßnahme ist, die sowohl auf Entscheidungen des Versendemitgliedstaats wie auf
solche des Einfuhrmitgliedstaats beruhen kann.
- 37.
- Gegebenenfalls erfordert die Wirksamkeit einer solchen Eingrenzung ein völliges
Verkehrsverbot der Tiere und der Erzeugnisse über die Grenzen des betroffenen
Mitgliedstaats, die auch die Ausfuhr in Drittländer betrifft.
- 38.
- Die Richtlinien 90/425 und 89/662 schließen eine Befugnis der Kommission, die
Ausfuhr in Drittländer zu verbieten, nicht ausdrücklich aus. Wie der Generalanwalt
in Nummer 23 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, läßt sich eine solche
Beschränkung auch nicht aus dem Umstand ableiten, daß diese Richtlinien auf
Kontrollen im Binnenhandel der Gemeinschaft Bezug nehmen, da die Befugnisse
der Kommission nur davon abhängen, daß die getroffenen Maßnahmen zum Schutz
der Gesundheit in einem einheitlichen Markt erforderlich sind.
- 39.
- Schließlich ist von Belang, daß die Kontrolle des Gemeinschaftsrichters in Fällen,
in denen die Kommission über einen weiten Entscheidungsspielraum insbesondere
hinsichtlich der Art und des Umfangs der zu treffenden Maßnahme verfügt, sich
auf die Prüfung beschränkt, ob ihr beim Treffen einer solchen Entscheidung ein
offensichtlicher Irrtum oder Ermessensmißbrauch unterlaufen ist oder ob sie die
Grenzen ihres Spielraums offensichtlich überschritten hat (siehe Urteil vom 25.
Januar 1979 in der Rechtssache 98/78, Racke, Slg. 1979, 69, Randnr. 5).
- 40.
- Hier hatten neue wissenschaftliche Veröffentlichungen einen Zusammenhang
zwischen einer Krankheit, die den Rinderbestand des Vereinigten Königreichs
befiel, und einer Krankheit wahrscheinlich gemacht, die für den Menschen tödlich
und für die derzeit kein Heilmittel bekannt ist.
- 41.
- Angesichts der Ungewißheit darüber, ob die früher vom Vereinigten Königreich
und der Gemeinschaft ergriffenen Maßnahmen ausreichend und wirksam seien, und
angesichts der als schwerwiegend angesehenen Gefahren für die Gesundheit (siehe
Beschluß vom 12. Juli 1996 in der Rechtssache C-180/96 R, Vereinigtes
Königreich/Kommission, Slg. 1996, I-3903, Randnr. 63) hat die Kommission ihren
Entscheidungsspielraum nicht offenkundig überschritten, als sie sich bemühte, die
Krankheit durch das Verbot der Ausfuhr von Rindern, von Rindfleisch und von
Folgeerzeugnissen aus dem Vereinigten Königreich sowohl in andere
Mitgliedstaaten wie in Drittländer auf das Gebiet des Vereinigten Königreichs
einzugrenzen.
Zur Frage des Ermessensmißbrauchs
- 42.
- Die Kläger meinen, selbst wenn die Kommission zum Erlaß der Entscheidung
zuständig gewesen wäre, habe sie doch ihr Ermessen mißbraucht. Nach der fünften
Begründungserwägung der Entscheidung sei deren Ziel nicht der
Gesundheitsschutz, sondern die Wiederherstellung des Vertrauens der Verbraucher
gewesen.
- 43.
- Einen Ermessensmißbrauch stellt es nach ständiger Rechtsprechung dar, wenn ein
Organ einen Rechtsakt ausschließlich oder zumindest überwiegend zu anderen als
den angegebenen Zwecken oder mit dem Ziel erläßt, ein Verfahren zu umgehen,
das der EG-Vertrag speziell vorsieht, um die konkrete Sachlage zu bewältigen
(siehe Urteil vom 12. November 1996 in der Rechtssache C-84/94, Vereinigtes
Königreich/Rat, Slg. 1996, I-5755, Randnr. 69).
- 44.
- Wie der Generalanwalt in Nummer 21 seiner Schlußanträge ausgeführt hat, ist es
nicht möglich, aus dem Gesamtzusammenhang der Begründungserwägungen der
angefochtenen Entscheidung den Satzteil über die Besorgnisse der Verbraucher
herauszugreifen, um das Ziel der Entscheidung zu beschreiben.
- 45.
- Sicherlich ergibt sich das Ziel einer Entscheidung aus der Untersuchung ihrer
Begründungserwägungen. Diese Untersuchung muß aber die gesamte Begründung
erfassen, nicht nur einen isolierten Bestandteil. Aus der gesamten Begründung der
Entscheidung ergibt sich, daß die Kommission die Schutzmaßnahmen angesichts der
Gefahren der Übertragung von BSE auf den Menschen nach Prüfung der vom
Vereinigten Königreich getroffenen Maßnahmen und nach Anhörung des
Wissenschaftlichen Veterinärausschusses und des Ständigen Veterinärausschusses
erlassen hat.
- 46.
- Es gibt somit keinen Hinweis darauf, daß es das ausschließliche oder überwiegende
Ziel der Kommission gewesen wäre, das Vertrauen der Verbraucher
wiederherzustellen. Somit ist kein Ermessensmißbrauch dargetan.
Zur Frage des Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
- 47.
- Die Kläger machen vier Gründe geltend, aus denen sie die Entscheidung insgesamt
oder wenigstens im Hinblick auf bestimmte Erzeugnisse für unverhältnismäßig
erachten. Zunächst sei das Ausfuhrverbot nicht erforderlich gewesen, da die
Gemeinschaft und das Vereinigte Königreich bereits Maßnahmen erlassen hätten;
zudem ergebe sich aus den neuen Hinweisen vom 20. März 1996, das SEAC
betrachte einen Zusammenhang zwischen BSE und der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit als möglich, nicht, daß das Verbot der in Artikel 1 der Entscheidung
aufgezählten Erzeugnisse erforderlich oder geeignet gewesen sei. Außerdem sei
weder die Erforderlichkeit eines Verbots der Ausfuhr in Drittländer aus Gründen
der Gesundheit oder des Verbrauchervertrauens noch das Vorliegen von
Verkehrsverlagerungen bewiesen worden. Weiter stünden die Folgen der
unbefristeten Entscheidung insbesondere für die Rindfleischindustrie im
Vereinigten Königreich nicht in einem angemessenen Verhältnis zum verfolgten
Ziel, selbst wenn die Entscheidung Erfordernissen des Gesundheitsschutzes
entspräche. Schließlich hätten weniger einschneidende Maßnahmen erlassen werden
können. So wäre es im Hinblick auf Drittländer möglich gewesen, ein Verbot der
Wiedereinfuhr in die Gemeinschaft auszusprechen und mit einem geeigneten
Zertifizierungssystem zu verbinden. Hinsichtlich der anderen Mitgliedstaaten hätte
ein Zertifizierungs- und/oder Etikettierungssystem ins Auge gefaßt werden können,
wobei anzugeben gewesen wäre, daß das Fleisch von BSE-freien Herden des
Vereinigten Königreichs stamme, die keine Futtermittel mit tierischem Eiweiß
erhalten hätten.
- 48.
- Nach Ansicht der British Association of Sheep Exporters hat die Kommission mit
dem Erlaß der Entscheidung, bei dem sie die Auswirkungen auf die Ausfuhr von
lebenden Schafen nicht bewertet habe, ihr Ermessen offenkundig unangemessen
gebraucht und damit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit
dem Grundsatz der guten Verwaltung verletzt.
- 49.
- Nach Auffassung des Vereinigten Königreichs verletzt das Verbot der Ausfuhr in
Drittländer mit dem Ziel, Verkehrsverlagerungen zu vermeiden, den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, da dieses Mittel nicht zur Abschwächung dieser Gefahr
geeignet und das Verbot weder erforderlich noch verhältnismäßig sei. Vielmehr
habe es diejenigen Wirtschaftsteilnehmer im fraglichen Sektor, die auf
Drittlandsmärkten tätig seien, erheblich geschädigt, während die Gefahr einer
Verkehrsverlagerung angesichts der beschränkten Zahl von Drittländern, die zur
Ausfuhr von Rindern, frischem Rindfleisch oder Erzeugnissen aus Fleisch in die
Mitgliedstaaten der Gemeinschaft berechtigt seien, der strengen
Ausfuhrbedingungen, der in Anwendung der Bestimmungen über die
Ausfuhrerstattungen durchgeführten Kontrollen und der Einfuhrzölle großenteils
theoretisch sei. Bei Rindersamen und -embryonen sei die Einfuhr aus dem
Vereinigten Königreich über ein Drittland in einen Mitgliedstaat angesichts der
anwendbaren Bedingungen unmöglich.
- 50.
- Schließlich hätte eine weniger einschneidende Maßnahme zur Verhinderung der
Wiedereinfuhr unerwünschten Rindfleischs in die Gemeinschaft darin bestanden,
die besonders zur Regelung der Einfuhr von Rindfleisch aus Drittländern
erlassenen Richtlinien anzuwenden, namentlich die Richtlinien 90/675/EWG des
Rates vom 10. Dezember 1990 zur Festlegung von Grundregeln für die
Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die Gemeinschaft eingeführten
Erzeugnissen (ABl. L 373, S. 1) und 91/496/EWG vom 15. Juli 1991 zur Festlegung
von Grundregeln für die Veterinärkontrollen von aus Drittländern in die
Gemeinschaft eingeführten Tieren und zur Änderung der Richtlinien 89/662, 90/425
und 90/675 (ABl. L 268, S. 56).
- 51.
- Die Kommission stellt ihre Entscheidung als Eingrenzungsmaßnahme dar, die der
Ausrottung der Krankheit dienen solle, verbunden mit Markt- und anderen
Stützungsmaßnahmen. Die Eingrenzung sei allgemein als legitime Antwort auf ein
Problem der vorliegenden Art anerkannt, um die Ausbreitung der Krankheit zu
vermeiden. Das Vereinigte Königreich sei als Eingrenzungszone bestimmt worden,
weil es aus verschiedenen Gründen nicht angebracht gewesen wäre, örtliche
Isolationszonen zu schaffen, und weil 99,7 % der bestätigten BSE-Fälle im
Vereinigten Königreich aufgetreten seien. Im übrigen sähen die Richtlinien über
bestimmte Krankheiten vor, daß Eingrenzungszonen nach Maßgabe natürlicher
Hindernisse und von Verwaltungsgrenzen zu bestimmen seien.
- 52.
- Die Entscheidung sei rechtmäßig, soweit sie lebende Tiere betreffe, weil
fortbestehende Zweifel insbesondere im Hinblick auf das Vorhandensein des BSE-Erregers in jungen Tieren, auf das System, das es erlaube, den Weg der Rinder zu
verfolgen und diejenigen festzustellen, die der Gefahr ausgesetzt gewesen seien, auf
das Schlachtalter der Rinder oder auch auf die Gefahr einer vertikalen oder
horizontalen Übertragung neu bewertet worden seien.
- 53.
- Bei Samen sei das Verbot infolge eines Gutachtens des Wissenschaftlichen
Veterinärausschusses aufgehoben worden. Das berühre die Gültigkeit der
angefochtenen Entscheidung jedoch nicht, die als Dringlichkeitsmaßnahme durch
die Gefahr einer vertikalen Übertragung, durch laufende Forschungen über die
Übertragung durch den Transfer von Embryonen bei Kühen, die mit Samen von
BSE-kranken Stieren besamt worden seien oder auch durch das Fehlen eines
jüngeren einschlägigen Gutachtens des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses
gerechtfertigt gewesen sei.
- 54.
- Dasselbe gelte für Embryonen; hier komme noch das Gutachten des
Wissenschaftlichen Veterinärausschusses hinzu, das von Belegen für eine
Übertragung der Traberkrankheit durch den Embryonentransfer ausgehe.
- 55.
- Im übrigen bestünden Zweifel bei Fleisch, namentlich im Hinblick auf das
Funktionieren der Regelung über die Identifizierung und die Verfolgung des Weges
der Tiere im Vereinigten Königreich und die Wirksamkeit der Durchführung der
Maßnahmen zu Überprüfung der Beseitigung von Sonderschlachtabfällen vom
Rind. Auch enthielten alle Fleischstücke kleine Mengen von Lymphgewebe; ein
Mitglied des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses habe nicht ausgeschlossen,
daß auch Muskelfleisch eine Gefahr darstelle.
- 56.
- Ähnliches gelte für Folgeprodukte wie Talg und Gelatine. Fleisch- und
Knochenmehl von Säugetieren seien die Hauptursache für die BSE-Epidemie.
- 57.
- Die Entscheidung sei auch insoweit erforderlich gewesen, als sie die Ausfuhr in
Drittländer betreffe. Diese Ausfuhren machten nur ungefähr 5 % der britischen
Rindfleischerzeugung aus, was belege, daß der Preis für eine absolute Wirksamkeit
der Eingrenzungsmaßnahme recht gering sei. Im übrigen bestehe die Gefahr der
Wiedereinfuhr von Tieren, Fleisch oder Folgeprodukten, möglicherweise auch in
anderer Form und gegebenenfalls mit einer anderen Ursprungsangabe. Schließlich
bestehe eine echte Betrugsgefahr, wenn man die Daten über die Betrügereien bei
den Ausfuhrerstattungen in Rechnung stelle. Die Wirksamkeit der getroffenen
Maßnahmen wäre gefährdet, wenn sie die Ausfuhren in Drittländer nicht
einschlössen; daher sei das Verbot der Ausfuhren in Drittländer ein unverzichtbarer
Bestandteil der angefochtenen Entscheidung und entspreche damit dem Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit. Im übrigen wäre eine Untätigkeit im Hinblick auf die
Ausfuhren in Drittländer zweifelsfrei weder mit den Verpflichtungen vereinbar, die
Rat und Kommission nach dem EG-Vertrag oblägen, namentlich der
Berücksichtigung der Stellung der gemeinschaftlichen Agrarerzeugung auf denWeltmärkten, noch mit den bilateralen und multilateralen völkerrechtlichen
Verpflichtungen der Gemeinschaft.
- 58.
- Eine andere Lösung komme nicht in Betracht. Ein Verbot bestimmter
Sonderschlachtabfälle vom Rind auf Gemeinschaftsebene hätte zum Ausrotten von
BSE nichts beigetragen und wäre nur von sehr beschränktem Nutzen, da in den
anderen Mitgliedstaaten kaum BSE-Fälle aufgetreten seien. Im übrigen hätte es
erhebliche Zeit in Anspruch genommen, eine solche Maßnahme wirksam zu
machen, was angesichts der gegebenen Dringlichkeit nicht angemessen gewesen
wäre. Eine Verbesserung der Kontrollen und der Zertifizierung bestimmter
Fleischarten wäre angesichts der Dringlichkeit und der Zweifel an der Wirksamkeit
der britischen Kontrollregelungen ungeeignet gewesen.
- 59.
- Im übrigen lasse sich die Verhältnismäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nur
im Hinblick auf die gesamten, für ungefähr 2,5 Milliarden ECU getroffenen
Maßnahmen erörtern (u. a. Änderung der Interventionsschwellen, außerordentliche
Stützungsmaßnahmen im Vereinigten Königreich und in anderen Mitgliedstaaten,
Kälberverarbeitungsprämien, Einkommensstützen für die Rindfleischerzeuger,
Maßnahmen zugunsten der Exporteure, Beihilfen für die private Lagerhaltung von
Kalbfleisch, Ausfuhrerstattungen, Werbemaßnahmen für Qualitätsrindfleisch,
Forschungshilfe).
- 60.
- Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der zu den allgemeinen Grundsätzen
des Gemeinschaftsrecht gehört, dürfen die Handlungen der Gemeinschaftsorgane
nicht die Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung der mit der fraglichen
Regelung zulässigerweise verfolgten Ziele geeignet und erforderlich ist. Dabei ist,
wenn mehrere geeignete Maßnahmen zur Auswahl stehen, die am wenigsten
belastende zu wählen; ferner müssen die verursachten Nachteile in angemessenem
Verhältnis zu den angestrebten Zielen stehen (Urteile vom 13. November 1990 in
der Rechtssache C-331/88, Fedesa u. a., Slg. 1990, I-4023, Randnr. 13, und vom
5. Oktober 1994 in den Rechtssachen C-133/93, C-300/93 und C-362/93, Crispoltoni
u. a., Slg. 1994, I-4863, Randnr. 41).
- 61.
- Was die gerichtliche Nachprüfbarkeit dieser Voraussetzungen betrifft, so verfügt
der Gemeinschaftsgesetzgeber im Bereich der gemeinsamen Agrarpolitik über
einen Spielraum, der seiner politischen Verantwortung, die ihm die Artikel 40 und
43 EG-Vertrag übertragen, entspricht. Folglich ist eine in diesem Bereich erlassene
Maßnahme nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Erreichung des Ziels, das das
zuständige Organ verfolgt, offensichtlich ungeeignet ist (Urteile Fedesa, Randnr. 14,
und Crispoltoni u. a., Randnr. 42).
- 62.
- Bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung war völlig ungewiß, welche Gefahren
von den lebenden Tieren, dem Rindfleisch oder den Folgeerzeugnissen ausgehen
könnten.
- 63.
- Wenn das Vorliegen und der Umfang von Gefahren für die menschliche
Gesundheit ungewiß ist, können die Organe Schutzmaßnahmen treffen, ohne
abwarten zu müssen, daß das Vorliegen und die Größe dieser Gefahren klar
dargelegt sind.
- 64.
- Das bestätigt auch Artikel 130r Absatz 1 EG-Vertrag, wonach der Schutz der
menschlichen Gesundheit zu den umweltschutzpolitischen Zielen der Gemeinschaft
gehört. Nach Artikel 130r Absatz 2 zielt die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf
ein hohes Schutzniveau ab; sie beruht auf den Grundsätzen der Vorsorge und
Vorbeugung; die Erfordernisse des Umweltschutzes müssen bei der Festlegung und
Durchführung anderer Gemeinschaftspolitiken einbezogen werden.
- 65.
- Die Entscheidung wurde als „Dringlichkeitsmaßnahme“ verhängt, die „vorläufig“
(fünfte Begründungserwägung) ein Ausfuhrverbot erließ. Im übrigen erkennt die
Kommission dort an, daß es erforderlich sei, die wissenschaftliche Begründung der
neuen Informationen zu vertiefen und die getroffenen Maßnahmen zu verstärken;
daher sollte die angefochtene Entscheidung nach Prüfung der Gesamtheit der
angeführten Punkte überarbeitet werden (siebte Begründungserwägung).
- 66.
- Angesichts des Ausfuhrverbots der Entscheidung 94/474/EG der Kommission vom
27. Juli 1994 über Schutzmaßnahmen gegen die spongiforme
Rinderenzephalopathie und zur Aufhebung der Entscheidungen 89/469/EWG und
90/200/EWG (ABl. L 194, S. 96), geändert durch Entscheidung 95/287/EG der
Kommission vom 18. Juli 1995 (ABl. L 181, S. 40), betrifft das Ausfuhrverbot der
Entscheidung nur lebende Rinder mit einem Alter von weniger als sechs Monaten,
die von Kühen stammen, bei denen BSE weder vermutet noch festgestellt wurde.
Die wissenschaftliche Ungewißheit über die Übertragungswege von BSE,
insbesondere, was die Übertragung durch das Muttertier anbelangt, in Verbindung
mit der mangelnden Kennzeichnung der Tiere und der mangelnden Überwachung
ihrer Wege führt jedoch dazu, daß keine Sicherheit darüber zu erlangen ist, ob ein
Kalb von einer völlig BSE-freien Kuh stammt oder ob es, selbst wenn dies der Fall
ist, selbst völlig BSE-frei ist.
- 67.
- Daher ist das Verbot der Ausfuhr lebender Rinder keine offensichtlich ungeeignete
Maßnahme.
- 68.
- Was Rindfleisch betrifft, muß wegen der langen Inkubationszeit der Krankheit bei
jedem Tier, das mindestens sechs Monate alt ist, davon ausgegangen werden, daß
es möglicherweise BSE-infiziert ist, selbst wenn es keine Symptome zeigt. Im
Vereinigten Königreich waren Sondermaßnahmen für die Schlachtung von Rindern
und das Zerteilen des Fleisches getroffen worden. Jedoch wurden erst ab Mai 1995
in den Betrieben des Vereinigten Königreichs Überraschungskontrollen
durchgeführt, um die Anwendung dieser Maßnahmen zu überprüfen (Bovine
Spongiform Encephalopathy in Great Britain, A Progress Report, November 1995,
Nr. 16). Diese Kontrollen zeigten, daß sich ein erheblicher Teil der Schlachthöfe
nicht an die gesetzlichen Vorschriften hielt.
- 69.
- Im übrigen ergibt sich aus dem Bericht des Wissenschaftlichen
Veterinärausschusses vom 11. Juli 1994, daß Fleisch immer Reste von Nerven- und
Lymphgewebe enthält. Nach der Erklärung eines Ausschußmitglieds, das dem
Gutachten des Wissenschaftlichen Veterinärausschusses vom 22. März 1996
beigefügt war, ist die Gefahr einer Übertragung der Krankheit durch Muskelfleisch
wissenschaftlich nicht ausgeschlossen.
- 70.
- Aus diesem Gutachten ergibt sich, daß der Wissenschaftliche Veterinärausschuß der
Auffassung war, die zur Verfügung stehenden Daten erlaubten nicht den Nachweis,
daß BSE auf den Menschen übertragen werden könne. Angesichts einer gleichwohl
bestehenden Gefahr, die der Ausschuß immer berücksichtigt habe, hat er jedoch
empfohlen, die jüngst vom Vereinigten Königreich getroffenen Maßnahmen
betreffend die Entbeinung von Schlachtkörpern von mehr als 30 Monate alten
Rindern in überwachten Einrichtungen für den Binnenhandel der Gemeinschaft
umzusetzen; außerdem solle die Gemeinschaft geeignete Maßnahmen ergreifen, um
die Verwendung von Fleisch- und Knochenmehl in Futtermitteln zu verbieten.
Zudem müsse jeder Kontakt von Rückenmark mit Fett, Knochen und Fleisch
ausgeschlossen werden; andernfalls sei der Schlachtkörper als Sonderabfall vom
Rind zu behandeln. Schließlich hat der Ausschuß empfohlen, Untersuchungen über
die Übertragbarkeit von BSE auf den Menschen fortzusetzen. Im Anhang zu
diesem Gutachten findet sich die Erklärung eines Ausschußmitglieds, „auf der
Grundlage der beschränkten wissenschaftlichen Daten, die sich nur auf die
Würdigung von Material stützten, das von neun Rindern stamme, sei nicht sicher,
daß Rindfleisch aus Muskelgewebe hinsichtlich der Übertragung von BSE keine
Gefahr darstelle“.
- 71.
- Damit kann auch das Ausfuhrverbot für Rindfleisch nicht als offensichtlich
ungeeignete Maßnahme betrachtet werden.
- 72.
- Was Samen und Embryonen betrifft, war die Gefahr einer vertikalen Übertragung
bei Erlaß der angefochtenen Entscheidung nicht abschließend ausgeschlossen.
- 73.
- Das Verbot der Ausfuhr anderer Erzeugnisse wie Talg und Gelatine belegt eine
angemessene Vorsicht der Kommission bis zu einer Gesamtüberprüfung der Lage.
- 74.
- Das Verbot einer Ausfuhr in Drittländer ist eine geeignete Maßnahme, da es die
Wirksamkeit der Maßnahme gewährleistet, indem es alle möglicherweise mit BSE
infizierten Einheiten im Vereinigten Königreich festhält. Daß Einfuhren nur aus
einer beschränkten Zahl von Drittländern erlaubt sind und daß es
Einfuhrkontrollen gibt, schließt nicht jede Wiedereinfuhr von Fleisch in einer
anderen Form und nicht jede Verkehrsverlagerung aus.
- 75.
- Das Vereinigte Königreich hat mögliche Alternativmaßnahmen angeführt.
Angesichts der erheblichen Gefahr und der Dringlichkeit war das Vorgehen der
Kommission, vorläufig bis zum Erlangen umfangreicherer wissenschaftlicher
Erkenntnisse ein globales Ausfuhrverbot für Rinder, Rindfleisch und
Folgeerzeugnisse zu verhängen, jedoch nicht offensichtlich ungeeignet.
- 76.
- Daher hat die Kommission den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verletzt.
- 77.
- Nach alledem war die Kommission zum einen für den Erlaß der Entscheidung
zuständig und hat zum andern bei diesem Erlaß weder ihr Ermessen mißbraucht
noch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt.
- 78.
- Daher ist zu antworten, daß die Untersuchung der Vorlagefrage nichts ergeben hat,
was gegen die Gültigkeit des Artikels 1 der Entscheidung spräche.
Kosten
- 79.
- Die Auslagen der Regierung des Vereinigten Königreichs sowie des Rates und der
Kommission, die Erklärungen vor dem Gerichtshof abgegeben haben, sind nicht
erstattungsfähig. Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein
Zwischenstreit in dem vor dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit. Die
Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
auf die ihm vom High Court of Justice, Queen's Bench Division, mit Beschluß vom
3. Mai 1996 vorgelegte Frage für Recht erkannt:
Die Untersuchung der vorgelegten Frage hat nichts ergeben, was gegen die
Gültigkeit des Artikels 1 der Entscheidung 96/239/EG der Kommission vom 27.
März 1996 mit den zum Schutz gegen die bovine spongiforme Enzephalopathie
(BSE) zu treffenden Dringlichkeitsmaßnahmen spräche.
Rodríguez Iglesias Gulmann
Ragnemalm
Wathelet Schintgen Mancini Moitinho de Almeida
Murray Edward
Puissochet
Hirsch Jann
Sevón
|
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. Mai 1998.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias