Language of document : ECLI:EU:T:2017:254

Vorläufige Fassung

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)

5. April 2017(*)

„Unionsmarke – Nichtigkeitsverfahren – Dreidimensionale Unionsmarke – Form einer motorbetriebenen Seilwinde – Absolutes Eintragungshindernis – Zeichen, das ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist – Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“

In der Rechtssache T‑621/15

Tractel Greifzug GmbH mit Sitz in Bergisch Gladbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte U. Lüken und C. Maierhöfer,

Klägerin,

gegen

Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO), vertreten durch D. Hanf als Bevollmächtigten,

Beklagter,

andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:

Shenxi Machinery Co.Ltd mit Sitz in Wuxi (China), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwältin C. Vossius,



betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 3. September 2015 (Sache R 1658/2014‑1) zu einem Nichtigkeitsverfahren zwischen Shenxi Machinery und Tractel Greifzug

erlässt

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten S. Frimodt Nielsen sowie der Richter I. S. Forrester und E. Perillo (Berichterstatter),

Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,

aufgrund der am 9. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,

aufgrund der am 23. März 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,

aufgrund der am 12. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,

auf die mündliche Verhandlung vom 24. Januar 2017

folgendes

Urteil

 Vorgeschichte des Rechtsstreits

1        Am 3. Juli 2008 meldete die Klägerin, die Tractel Greifzug GmbH, nach der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke [ABl. 2009, L 78, S. 1]) beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke an.

2        Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das folgende dreidimensionale Zeichen:

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3        Die Marke wurde nach einer Einschränkung der Liste im Verlauf des Verfahrens für die folgenden Waren der Klasse 7 des Abkommens von Nizza vom 15. Juni 1957 über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken in revidierter und geänderter Fassung angemeldet: „Motorisch betätigte Seilwinden, Hebewinden oder Zugwinden; maschinelle Seilwinden, Drahtseilwinden und Seildurchlaufwinden; Treibscheibenwinden als Hebegeräte, Hubgeräte und Ziehgeräte für Personen, Material, Plattformen oder Arbeitsbühnen; Treibscheibenwinden für Personenaufzüge; Materialaufzüge; Lastenaufzüge; Fassadenaufzüge sowie zum Heben von Fahrkörben und Aufzugskabinen; Treibscheibenwinden als Antriebe für seilgebundene Steighilfen an Steigleitern“.

4        Die oben in Rn. 2 genannte Marke wurde am 16. September 2010 unter der Nummer 7033061 mit folgender Beschreibung eingetragen: „Die dreidimensionale Marke betrifft eine motorisch betätigte Seilwinde. Die charakteristischen Merkmale der Seilwinde werden geprägt von Rippen an einem Motorgehäuse, die senkrecht verlaufend angeordnet sind zu Rippen an einem rechteckförmigen Getriebekasten.“

5        Am 10. Juli 2012 stellte die Streithelferin, die Shenxi Machinery Co. Ltd, einen Antrag auf Nichtigerklärung der oben in Rn. 2 genannten Marke für sämtliche oben in Rn. 3 genannten Waren. Der Antrag stützte sich auf Art. 52 Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 Buchst. b, c und e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009.



6        Mit Entscheidung vom 29. April 2014 wies die Löschungsabteilung den Antrag auf Nichtigerklärung zurück. Sie war der Auffassung, dass die angegriffene Marke zum einen für die maßgeblichen Verkehrskreise, die aus Fachkreisen aus dem Sektor Bau und Gebäudereinigung bestünden, u. a. in Anbetracht ihres erhöhten Maßes an Aufmerksamkeit für die fraglichen Waren ausreichend unterscheidungskräftig sei. Zum anderen seien die wesentlichen Merkmale der angegriffenen Marke nicht technisch bedingt.

7        Am 30. Juni 2014 legte die Streithelferin beim EUIPO Beschwerde gegen die Entscheidung der Löschungsabteilung ein.

8        Mit Entscheidung vom 3. September 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) gab die Erste Beschwerdekammer des EUIPO der Beschwerde statt und hob die Entscheidung der Löschungsabteilung vom 29. April 2014 auf. Die Beschwerdekammer wies zunächst darauf hin, dass die angegriffene Marke „im Wesentlichen der Abbildung der von [Tractel] hergestellten Seilwinde ‚Tirak‘“ entspreche und „ausschließlich aus den technisch notwendigen Bauteilen einer Seilwinde, nämlich Motor, Getriebe, Steuerungselement und Treibscheibe“, bestehe. Somit sei die angegriffene Marke bereits allein aus diesem Grund nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung ausgeschlossen gewesen. Die Beschwerdekammer ging jedoch ferner davon aus, dass die angegriffene Marke auch wegen fehlender Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 nicht hätte eingetragen werden dürfen und daher wegen eines absoluten Eintragungshindernisses hätte zurückgewiesen werden müssen. Insoweit war sie der Auffassung, dass die angegriffene Marke, die der Grundform bzw. einer Formvariante einer Seilwinde, bestehend aus Motor, Getriebe, Steuerungselement und Treibscheibe, entspreche, nicht von der vom Verbraucher erwarteten Form einer aus gewöhnlichen Bauteilen hergestellten Seilwinde abweiche. Daher könne sie nicht als unterscheidungskräftig angesehen werden. Schließlich wies die Beschwerdekammer darauf hin, dass Tractel auch nicht nachgewiesen habe, dass die angegriffene Marke aufgrund ihrer Benutzung Unterscheidungskraft habe erlangen können.

 Verfahren und Anträge der Parteien

9        Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 9. November 2015 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.

10      Mit Schreiben vom 22. Juni 2016 hat die Klägerin ferner die Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß Art. 106 der Verfahrensordnung des Gerichts beantragt.



11      Die Klägerin beantragt,

–        die angefochtene Entscheidung aufzuheben und den Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit „vollständig zurückzuweisen“;

–        dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.

12      Das EUIPO beantragt,

–        die Klage abzuweisen;

–        der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.

13      Die Streithelferin beantragt,

–        die Klage abzuweisen.

 Rechtliche Würdigung

14      Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Art. 52 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 geltend, nach dem die Marke für nichtig erklärt wird, wenn sie entgegen den Vorschriften von Art. 7 dieser Verordnung eingetragen worden ist. Der Klagegrund umfasst drei Rügen, die sich jeweils auf einen Verstoß gegen diesen Art. 7 stützen: die erste gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii, die zweite gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b und die dritte gegen Art. 7 Abs. 3.

15      Da sich jede dieser Rügen auf ein absolutes Eintragungshindernis für eine etwaige Eintragung der motorbetriebenen Seilwinde, die den Gegenstand des Antrags der Klägerin bildet, als Unionsmarke stützt, genügt es in der Systematik der vorliegenden Klage, die erste dieser Rügen zu prüfen. Denn wenn diese Rüge unbegründet ist, kann das Gericht die Klage insgesamt abweisen, da im vorliegenden Fall dann das von der Beschwerdekammer festgestellte absolute Eintragungshindernis und damit der Grund für die Nichtigkeit der angegriffenen Marke gerechtfertigt und legitim wäre.

16      Zur Stützung der ersten Rüge macht die Klägerin geltend, dass die angegriffene Marke entgegen der Auffassung der Beschwerdekammer eine motorbetriebene Seilwinde darstelle, die „unterschiedliche Formen (glatt – gerippt, eckig – gerade, senkrecht – waagerecht) so miteinander kontrastier[e] und verzahn[e] …, dass die einzelnen modularen Bestandteile besonders hervortr[ä]ten“, die insbesondere die „eckige Form des Getriebegehäuses“ und die „senkrecht zueinander angeordneten Rippenstrukturen“ betonten. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den dadurch von den Rippenstrukturen gegenüber allen anderen Bestandteilen der Marke geschaffenen Kontrast noch stärker hervorgehoben. Solche Formen und Strukturen stellten letztlich die wesentlichen Merkmale der angegriffenen Marke dar und hätten keine „technische Bedeutung“, da sie aus einer rein ästhetischen Zielsetzung „zur optischen Abgrenzung“ der Ware, für die die Marke eingetragen worden sei, geschaffen worden seien. Selbst wenn die auf dem Gehäuse angebrachten Rippen, insbesondere die waagerechten Rippen, auch eine technische Funktion erfüllen könnten, namentlich die der Kühlung des Getriebes, könne die angegriffene Marke nicht als ausschließlich durch die Form der Ware, die zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich sei, bedingt angesehen werden und daher nicht aus einem solchen Grund für nichtig erklärt werden. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin hierzu noch angemerkt, dass der rein dekorative Charakter einer solchen Rippenstruktur durch den Umstand bestätigt werde, dass die vorher von ihr vertriebene Seilwinde nichts dergleichen gehabt habe, ohne dass das Fehlen der Rippen ihrer ordnungsgemäßen Funktion geschadet hätte.

17      Das EUIPO macht hingegen geltend, dass die von der Klägerin vorgenommene Differenzierung zwischen den Bauteilen der antragsgegenständlichen Seilwinde einerseits und den diese Teile umgebenden Gehäusen andererseits unzutreffend sei, da die Gehäuse in jedem Fall die technische Funktion erfüllten, die Bauteile der Seilwinde zu schützen. Das angegriffene dreidimensionale Zeichen bestehe damit ausschließlich aus der Form der Ware, die im vorliegenden Fall durch technische Gründe vorgegeben sei, da diese Form letztlich für die Funktion der gegenständlichen Seilwinde erforderlich sei. Dies gelte ferner auch für den Fall, dass die auf dem Motorgehäuse und dem Getriebegehäuse angebrachten Rippen als wesentliche Elemente der Marke angesehen würden, da diese als solche technische Funktionen erfüllen könnten, indem sie u. a. zur Kühlung des Getriebes oder des Motors der Seilwinde dienen.

18      Die Streithelferin macht sich ihrerseits die gesamten Ausführungen der Beschwerdekammer zu eigen. Sie ergänzt, dass ein Getriebegehäuse als solches ein „bekanntlich technisches“ Element sei, das dazu diene, „Lagerkräfte sowie Abstützmomente“ dieses Geräts aufzunehmen.

19      Da dies die wesentlichen Gesichtspunkte sind, zu denen die Parteien bei der Frage der Gültigkeit der angegriffenen Marke unterschiedlicher Auffassung sind, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das Markenrecht nach ständiger Rechtsprechung einen wesentlichen Bestandteil des Wettbewerbssystems der Union darstellt. In diesem System muss jedes Unternehmen, um die Kunden durch die Qualität seiner Waren oder seiner Dienstleistungen an sich zu binden, Zeichen als Marken eintragen lassen können, die es dem Verbraucher ermöglichen, diese Waren oder diese Dienstleistungen ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer Herkunft zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 38 und die dort angeführte Rechtsprechung).



20      Die Form einer Ware gehört zwar auch zu den Zeichen, die eine Marke sein können. Nach Art. 4 der Verordnung Nr. 207/2009 können nämlich alle Zeichen Unionsmarken sein, die sich grafisch darstellen lassen, wie Wörter, Abbildungen, die Form einer bestimmten Ware und deren Aufmachung, soweit diese Zeichen geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung).

21      Nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e dieser Verordnung besteht jedoch ein absolutes Eintragungshindernis für Zeichen, die „ausschließlich bestehen aus: i) der Form[, wenn sie] durch die Art der Ware selbst bedingt ist; ii) der Form … der Ware[, wenn sie] zur Erreichung einer technischen Wirkung erforderlich ist“.

22      Insbesondere dienen, ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung, die Wörter „ausschließlich“ und „erforderlich“ in dieser Bestimmung dazu, sicherzustellen, dass allein die Warenformen von der Eintragung ausgeschlossen sind, durch die nur eine technische Lösung verkörpert wird und deren Eintragung als Marke deshalb die Verwendung dieser technischen Lösung durch andere Unternehmen tatsächlich behindern würde (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 48 und die dort angeführte Rechtsprechung).

23      So kann sich die zuständige Behörde bei der Beurteilung der wesentlichen Merkmale eines zur Eintragung als Unionsmarke angemeldeten Zeichens entweder unmittelbar auf den von dem Zeichen hervorgerufenen Gesamteindruck stützen oder zunächst die Bestandteile des Zeichens nacheinander einzeln prüfen (vgl. Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 70 und die dort angeführte Rechtsprechung). Im Rahmen dieser Prüfung kann die zuständige Behörde ferner neben der grafischen Darstellung und etwaigen bei der Einreichung der Anmeldung vorgelegten Beschreibungen auch für die Ermittlung der wesentlichen Merkmale des in Rede stehenden Zeichens nützliche Elemente berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 71, und vom 6. März 2014, Pi-Design u. a./Yoshida Metal Industry, C‑337/12 P bis C‑340/12 P, nicht veröffentlicht, EU:C:2014:129, Rn. 54).

24      Nach dem Hinweis auf diese Vorschriften und die dazu ergangene Rechtsprechung ist erstens festzustellen, dass die Beschwerdekammer die angegriffene Marke im vorliegenden Fall zu Recht mit der in Rn. 34 der angefochtenen Entscheidung angeführten Begründung für nichtig erklärt hat, dass das fragliche dreidimensionale Zeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 „ausschließlich aus der Form der Ware besteht, die zur Erreichung der technischen Wirkung erforderlich ist“. Selbst unter der Annahme, dass die gerippten Gehäuse, die die Bauteile der in Rede stehenden Seilwinde umschließen, wie die Klägerin im Grunde geltend macht, als selbständige und getrennte Teile angesehen werden können, die aus ästhetischen Gründen geschaffen wurden und einfach dazu dienen, die unterschiedlichen Komponenten dieser Seilwinde angemessen einzufassen, bleibt es gleichwohl dabei, dass solche gerippten Gehäuse, wie das EUIPO zu Recht feststellt, in jedem Fall selbst eine wesentliche technische Funktion erfüllten, u. a. die, den Motor und das Getriebe der Seilwinde zu kühlen oder kühlen zu helfen und damit für die Nutzer dieses Geräts eine längere Verwendungsdauer zu gewährleisten.

25      Insoweit steht fest, dass die in die Getriebe- und Motorgehäuse eingebundenen Luftleitrippen für eine Kühlung dieser beiden für die Funktion der Seilwinde unverzichtbaren Bestandteile sorgen können. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin auf eine Frage des Gerichts, ob den Rippen als solchen eine Kühlfunktion für die Seilwinde zukomme, wie schon in ihren Schriftsätzen eingeräumt, dass eine solche Struktur tatsächlich eine solche Funktion gewährleisten könne. Der ebenfalls von der Klägerin angeführte Umstand, dass diese Rippen in Anbetracht der geringen Hebegeschwindigkeit der Seilwinde von begrenztem Nutzen seien, ändert nichts daran, dass solche Kühlstrukturen dazu dienen, für die Ableitung der Hitze aus dem Inneren des Motors und des Getriebes nach außen zu den sie umschließenden Gehäuseabdeckungen zu sorgen. Gleiches gilt für den ebenfalls von der Klägerin sowohl in der Klageschrift als auch in der mündlichen Verhandlung geltend gemachten Umstand, dass die senkrecht auf dem Motorgehäuse angebrachten Rippen zur Kühlung dieses Bauteils weniger effizient seien als die waagrecht auf dem Getriebegehäuse angebrachten. Obwohl die Klägerin mit solchen Aussagen, die dazu dienen, den Nutzen der fraglichen Rippen herunterzuspielen, letztlich von Neuem selbst die von solchen Strukturen erfüllte technische Funktion anerkennt, können diese Umstände jedoch in jedem Fall aus sich heraus weder implizieren, dass solche Rippen keine wesentlichen Bestandteile der angegriffenen Marke wären, noch, dass sie nicht einer technischen Zielsetzung dienten, was die Beschwerdekammer zu Recht in Rn. 29 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat. Die senkrechte oder waagrechte Position der Kühlrippen ist gegenüber dem Vorhandensein der Rippen an sich auf dem Motor- und Getriebegehäuse letztlich offensichtlich ein zweitrangiger Aspekt, so dass diesem Argument im Rahmen der Prüfung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 keine Bedeutung zukommt. Unter diesen Umständen können solche Bestandteile, auch unter der Annahme, dass die Anordnung oder die Anzahl der auf den Gehäusen angebrachten Rippen, wie die Klägerin geltend macht, auch einem ästhetischen Ziel dienen könnten, nicht als nicht funktionelle Bestandteile der Form der in Rede stehenden Ware angesehen werden, die folglich geeignet gewesen wären, die Anwendung des in diesem Art. 7 genannten Eintragungshindernisses zu verhindern (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 52). Dies gilt umso mehr, als die in Rede stehende Marke für ein Arbeitsgerät gedacht ist, das hauptsächlich auf Baustellen und in der Reinigungsbranche eingesetzt wird und dessen Form im Wesentlichen den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Funktion genügen muss und nicht in erster Linie ästhetischen oder dekorativen Anforderungen.

26      Entsprechendes ist im Hinblick auf die Form des Getriebe- und des Motorgehäuses auszuführen, die im vorliegenden Fall offensichtlich hauptsächlich funktional ist, da eine solche Form, wie das EUIPO in seiner Klagebeantwortung zu Recht ausgeführt hat, nicht nur eine Schutzfunktion für die von diesen Gehäusen abgedeckten mechanischen Bestandteile erfüllen muss, sondern auch, wie sich aus der Akte ergibt, eine Schutzfunktion für die Verwender dieses Geräts sowie Montage-, Wartungs- und Lagerungsfunktionen für die Motor- und Getriebeteile einschließlich u. a. der Dämpfung der durch die Verwendung der Seilwinde auftretenden Vibrationsphänomene. Da solche einheitlichen und einfarbigen Gehäuse, quaderförmig und ohne irgendein Alleinstellungsmerkmal, den erwartbarsten Varianten für solche Waren entsprechen, weisen sie somit keinen fantasievollen oder dekorativen Bestandteil auf, der ihnen eine entscheidende ästhetische Funktion verliehe. Deshalb können sie folglich entgegen dem Vortrag der Klägerin nicht so verstanden werden, als ob sie lediglich Gebrauchseigenschaften aufwiesen, obwohl ihre Form nur eine technische Lösung verkörpert.

27      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass das Vorhandensein anderer Formen, die die Erreichung der gleichen technischen Wirkung ermöglichen, für die Anwendung von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 keinen Umstand darstellt, der das Eintragungshindernis oder den Nichtigkeitsgrund entfallen lassen könnte. Bei der Prüfung der Funktionalität eines Zeichens, das aus der Form einer Ware besteht, geht es nämlich nur darum, nach Ermittlung der wesentlichen Merkmale des Zeichens zu prüfen, ob diese Merkmale der technischen Funktion der betreffenden Ware entsprechen. Diese Prüfung ist ganz offensichtlich anhand einer Untersuchung des Zeichens, das Gegenstand der Markenanmeldung ist, und nicht von Zeichen vorzunehmen, die aus anderen Warenformen bestehen (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 83 und 84). Die Klägerin kann sich daher nicht mit Erfolg auf den Umstand berufen, dass es andere Motor- und Getriebegehäuseformen sowie andere Arten gebe, die beiden fraglichen Gehäuse „nahezu beliebig“ anzuordnen, um die Bauteile einer elektrischen Seilwinde zu schützen.

28      Unter diesen Umständen würden durch die Eintragung des angegriffenen Zeichens die Möglichkeiten für die betroffenen Wettbewerber ungerechtfertigt eingeschränkt, alternative Warenformen auf den Markt zu bringen, die dieselbe technische Lösung verkörpern wie die in den gerippten Gehäusen – die den wichtigsten Bestandteil der angegriffenen dreidimensionalen Marke darstellen – der von der Klägerin vertriebenen Seilwinde verkörperte technische Lösung (vgl. entsprechend Urteil vom 21. Mai 2015, Yoshida Metal Industry, T‑331/10 RENV und T‑416/10 RENV, nicht veröffentlicht, EU:T:2015:302, Rn. 65). In tatsächlicher Hinsicht ist nämlich festzustellen, dass die Form der in Rede stehenden Ware dem Getriebe- und dem Motorgehäuse der von der Klägerin unter der Marke TIRAK vertriebenen elektrischen Seilwinde entspricht.

29      Im Übrigen ergibt sich aus der Rechtsprechung des Unionsrichters, dass nach Art. 9 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 die Eintragung einer ausschließlich funktionellen Form einer Ware als Marke es deren Inhaber ermöglichen könnte, den anderen Unternehmen die Verwendung nicht nur der gleichen Form, sondern auch ähnlicher Formen zu verbieten. Damit bestünde die Gefahr, dass zahlreiche alternative Formen für die Wettbewerber dieses Markeninhabers unbenutzbar werden. Das gälte besonders für den Fall der Kumulierung von Eintragungen verschiedenartiger, ausschließlich funktioneller Formen einer Ware; durch eine solche Kumulierung könnten andere Unternehmen gänzlich daran gehindert werden, bestimmte Waren mit einer bestimmten technischen Funktion herzustellen und zu vertreiben (Urteil vom 14. September 2010, Lego Juris/HABM, C‑48/09 P, EU:C:2010:516, Rn. 56 und 57).

30      Dies gilt umso mehr für einen Fall wie den vorliegenden, in dem die Klägerin selbst einräumt, dass es zahlreiche Modelle und Formen von Gehäusen für motorbetriebene Seilwinden anderer Unternehmen gibt (vgl. entsprechend Urteil vom 28. Juni 2016, Peri/EUIPO [Form eines Schalungsschlosses], T‑656/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2016:367, Rn. 35).

31      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen ist im Ergebnis festzustellen, dass die wesentlichen Merkmale des angegriffenen dreidimensionalen Zeichens, d. h. die gerippten Gehäuse des Motors und des Getriebes der von der Klägerin unter der Marke TIRAK vertriebenen Seilwinde, technische Funktionen erfüllen, die ihrer Eintragung als Marke nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 entgegenstehen.

32      Da das in Rede stehende dreidimensionale Zeichen ausschließlich aus der Form besteht, die zur Erreichung einer technischen Wirkung im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. e Ziff. ii der Verordnung Nr. 207/2009 erforderlich ist, und dieser Grund für sich allein genommen die Nichtigkeit der angegriffenen Unionsmarke rechtfertigt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 18. Juni 2002, Philips, C‑299/99, EU:C:2002:377, Rn. 76), ist die Klage folglich abzuweisen, ohne dass es nötig wäre, über die zweite und die dritte Rüge zu entscheiden, die sich auf einen Verstoß gegen Art. 7 Abs. 1 Buchst. b bzw. gegen Art. 7 Abs. 3 dieser Verordnung stützen.

 Kosten

33      Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.

34      Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag des EUIPO, die Klägerin zur Tragung der Kosten des Rechtszugs zu verurteilen, ihre eigenen Kosten und die dem EUIPO entstandenen Kosten aufzuerlegen.



35      Mangels ausdrücklichem Kostenantrag der Streithelferin trägt diese ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat

DAS GERICHT (Dritte Kammer)

für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Klage wird abgewiesen.

2.      Die Tractel Greifzug GmbH wird verurteilt, ihre eigenen Kosten sowie die Kosten zu tragen, die dem Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) entstanden sind.

3.      Die Shenxi Machinery Co. Ltd trägt ihre eigenen Kosten.



Frimodt Nielsen

Forrester

Perillo

Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 5. April 2017.

Der Kanzler

 

      Der Präsident

 

E. Coulon            

 

* Verfahrenssprache: Deutsch.