Language of document : ECLI:EU:C:2012:179

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)

29. März 2012(*)

„Rechtsmittel – Umwelt – Richtlinie 2003/87/EG – System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten – Nationaler Zuteilungsplan für Emissionszertifikate der Republik Estland für den Zeitraum 2008–2012 – Jeweilige Zuständigkeiten der Kommission und der Mitgliedstaaten – Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 – Gleichbehandlung – Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung“

In der Rechtssache C‑505/09 P

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 3. Dezember 2009,

Europäische Kommission, vertreten durch E. Kružíková, E. Randvere und E. White als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

unterstützt durch

Königreich Dänemark, vertreten durch C. Vang als Bevollmächtigten,

Streithelfer im Rechtsmittelverfahren,

andere Verfahrensbeteiligte:

Republik Estland, vertreten durch L. Uibo und M. Linntam als Bevollmächtigte,

Klägerin im ersten Rechtszug,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

Republik Lettland, vertreten durch K. Drēviņa und I. Kalniņš als Bevollmächtigte,

Streithelferinnen im Rechtsmittelverfahren,

Republik Litauen,

Slowakische Republik,

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,

Streithelfer im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,

Generalanwältin: V. Trstenjak,

Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 29. September 2011,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. November 2011

folgendes

Urteil

1        Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Europäische Kommission die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 23. September 2009, Estland/Kommission, (T‑263/07, Slg. 2009, II‑3463, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht die Entscheidung der Kommission vom 4. Mai 2007 über den nationalen Plan zur Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen, der von der Republik Estland für den Zeitraum von 2008 bis 2012 gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates übermittelt wurde (im Folgenden: streitige Entscheidung), für nichtig erklärt hat.

 Rechtlicher Rahmen

2        Art. 1 der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 2003 über ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft und zur Änderung der Richtlinie 96/61/EG des Rates (ABl. L 275, S. 32) in der durch die Richtlinie 2004/101/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 (ABl. L 338, S. 18) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2003/87) bestimmt:

„Mit dieser Richtlinie wird ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten in der Gemeinschaft … geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken.“

3        Art. 9 der Richtlinie 2003/87 sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen für jeden in Artikel 11 Absätze 1 und 2 genannten Zeitraum einen nationalen Plan auf, aus dem hervorgeht, wie viele Zertifikate sie insgesamt für diesen Zeitraum zuzuteilen beabsichtigen und wie sie die Zertifikate zuzuteilen gedenken. Dieser Plan ist auf objektive und transparente Kriterien zu stützen, einschließlich der in Anhang III genannten Kriterien, wobei die Bemerkungen der Öffentlichkeit angemessen zu berücksichtigen sind. Die Kommission erarbeitet unbeschadet des [EG-]Vertrags bis spätestens 31. Dezember 2003 eine Anleitung zur Anwendung der in Anhang III aufgeführten Kriterien.

Für den in Artikel 11 Absatz 1 genannten Zeitraum wird der Plan spätestens am 31. März 2004 veröffentlicht und der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt. Für die folgenden Zeiträume werden die Pläne mindestens achtzehn Monate vor Beginn des betreffenden Zeitraums veröffentlicht und der Kommission und den übrigen Mitgliedstaaten übermittelt.

(2)      Die nationalen Zuteilungspläne werden in dem in Artikel 23 Absatz 1 genannten Ausschuss erörtert.

(3)      Innerhalb von drei Monaten nach Übermittlung eines nationalen Zuteilungsplans durch einen Mitgliedstaat gemäß Absatz 1 kann die Kommission den Plan oder einen Teil davon ablehnen, wenn er mit den in Anhang III aufgeführten Kriterien oder mit Artikel 10 unvereinbar ist. Der Mitgliedstaat trifft eine Entscheidung nach Artikel 11 Absatz 1 oder 2 nur dann, wenn Änderungsvorschläge von der Kommission akzeptiert werden. Ablehnende Entscheidungen sind von der Kommission zu begründen.“

4        Nach Art. 10 der Richtlinie 2003/87 teilen die Mitgliedstaaten „für den am 1. Januar 2005 beginnenden Dreijahreszeitraum … mindestens 95 % der Zertifikate kostenlos zu. Für den am 1. Januar 2008 beginnenden Fünfjahreszeitraum teilen die Mitgliedstaaten mindestens 90 % der Zertifikate kostenlos zu“.

5        Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 lautet:

„Für den am 1. Januar 2008 beginnenden Fünfjahreszeitraum und jeden folgenden Fünfjahreszeitraum entscheidet jeder Mitgliedstaat über die Gesamtzahl der Zertifikate, die er für diesen Zeitraum zuteilen wird, und leitet das Verfahren für die Zuteilung dieser Zertifikate an die Betreiber der einzelnen Anlagen ein. Diese Entscheidung wird mindestens zwölf Monate vor Beginn des betreffenden Zeitraums getroffen, und zwar auf der Grundlage des gemäß Artikel 9 aufgestellten nationalen Zuteilungsplans des Mitgliedstaats, im Einklang mit Artikel 10 und unter angemessener Berücksichtigung der Bemerkungen der Öffentlichkeit.“

6        In Anhang III der Richtlinie 2003/87 werden zwölf Kriterien für die nationalen Zuteilungspläne aufgelistet. Die Kriterien Nrn. 1 bis 3, 5 und 6 sehen vor:

„1.      Die Gesamtmenge der Zertifikate, die im jeweiligen Zeitraum zugeteilt werden sollen, muss mit der in der Entscheidung 2002/358/EG [des Rates vom 25. April 2002 über die Genehmigung des Protokolls von Kyoto zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Namen der Europäischen Gemeinschaft sowie die gemeinsame Erfüllung der daraus erwachsenden Verpflichtungen (ABl. L 130, S. 1)] und im Kyoto-Protokoll enthaltenen Verpflichtung des Mitgliedstaats zur Begrenzung seiner Emissionen in Einklang stehen unter Berücksichtigung des Anteils der Gesamtemissionen, dem diese Zertifikate im Vergleich zu Emissionen aus Quellen entsprechen, die nicht unter diese Richtlinie fallen, sowie der nationalen energiepolitischen Maßnahmen; ferner sollte sie dem nationalen Klimaschutzprogramm entsprechen. Die Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate darf nicht höher sein als der wahrscheinliche Bedarf für die strikte Anwendung der Kriterien dieses Anhangs. Bis 2008 muss die Menge so groß sein, dass sie mit einem Weg zur Erreichung oder Übererfüllung der Zielvorgaben jedes Mitgliedstaats gemäß der Entscheidung 2002/358/EG und dem Kyoto-Protokoll vereinbar ist.

2.      Die Gesamtmenge der Zertifikate, die zugeteilt werden sollen, muss vereinbar sein mit Bewertungen der tatsächlichen und der erwarteten Fortschritte bei der Erbringung des Beitrags der Mitgliedstaaten zu den Verpflichtungen der Gemeinschaft gemäß der Entscheidung 93/389/EWG [des Rates vom 24. Juni 1993 über ein System zur Beobachtung der Emissionen von CO2 und anderen Treibhausgasen in der Gemeinschaft (ABl. L 167, S. 31)].

3.      Die Mengen der Zertifikate, die zugeteilt werden sollen, müssen mit dem Potenzial – auch dem technischen Potenzial – der unter dieses System fallenden Tätigkeiten zur Emissionsverringerung in Einklang stehen. Die Mitgliedstaaten können bei ihrer Aufteilung von Zertifikaten die durchschnittlichen Treibhausgasemissionen je Erzeugnis in den einzelnen Tätigkeitsbereichen und die in diesen Tätigkeitsbereichen erreichbaren Fortschritte zugrunde legen.

5.      Gemäß den Anforderungen des Vertrags, insbesondere der Artikel 87 [EG] und 88 [EG], darf der Plan Unternehmen oder Sektoren nicht in einer Weise unterschiedlich behandeln, dass bestimmte Unternehmen oder Tätigkeiten ungerechtfertigt bevorzugt werden.

6.      Der Plan muss Angaben darüber enthalten, wie neue Marktteilnehmer sich am Gemeinschaftssystem in dem betreffenden Mitgliedstaat beteiligen können.“

7        Art. 3 Abs. 1 und 2 der Entscheidung 2006/780/EG der Kommission vom 13. November 2006 zur Vermeidung der doppelten Erfassung von im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems erzielten Treibhausgasemissionsreduktionen gemäß der Richtlinie 2003/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates bei Projektmaßnahmen im Sinne des Kyoto-Protokolls (ABl. L 316, S. 12) lautet:

„(1)      Im Rahmen ihrer nationalen Zuteilungspläne für den Zeitraum 2008‑2012 halten die Mitgliedstaaten einen Teil der Gesamtmenge an Zertifikaten als Reserve bereit, die unter Verwendung des Formblatts gemäß Anhang I dieser Entscheidung für einzelne Projektmaßnahmen festgelegt wird, wenn der betreffende Mitgliedstaat vor dem Stichtag für die Übermittlung des nationalen Zuteilungsplans gemäß Artikel 9 Absatz 1 der Richtlinie 2003/87/EG in seiner Funktion als Gastland Genehmigungsschreiben ausgestellt hat, mit denen er sich verpflichtet, [Emissionsreduktionseinheiten] bzw. [zertifizierte Emissionsreduktionen] für Projektmaßnahmen zu vergeben, die in unter die Richtlinie 2003/87/EG fallenden Anlagen Emissionsreduktionen oder ‑begrenzungen bewirken.

(2)      Im Rahmen ihrer nationalen Zuteilungspläne für den Zeitraum 2008‑2012 können die Mitgliedstaaten einen Teil der Gesamtmenge an Zertifikaten auch als zusätzliche Reserve bereithalten, die unter Verwendung des Formblatts gemäß Anhang II dieser Entscheidung festgelegt wird, wenn der betreffende Mitgliedstaat nach der Entscheidung gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie 2003/87/EG beabsichtigt, in seiner Funktion als Gastland Genehmigungsschreiben auszustellen, mit denen er sich verpflichtet, vor dem 31. Dezember 2012 [Emissionsreduktionseinheiten] bzw. [zertifizierte Emissionsreduktionen] für Projektmaßnahmen zu vergeben, die in unter die Richtlinie 2003/87/EG fallenden Anlagen Emissionsreduktionen oder -begrenzungen bewirken. Geplante Projektmaßnahmen, bei denen zur Emissionsreduzierung ein und dieselbe Methode zugrunde gelegt wird, für die jedoch noch kein Genehmigungsschreiben ausgestellt wurde, können in der Reservetabelle gemäß Anhang II in ein und derselben Spalte zusammengefasst werden.“

 Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitige Entscheidung

8        Der dem Rechtsstreit und der streitigen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt wird in den Randnrn. 6 bis 12 des angefochtenen Urteils wie folgt dargestellt:

„6      Die Republik Estland übermittelte der Kommission … gemäß der Richtlinie [2003/87] ihren nationalen Plan zur Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen. Der Republik Estland zufolge erfolgte diese Übermittlung am 30. Juni 2006, der Kommission zufolge am 7. Juli 2006.

7      Auf einen Schriftwechsel mit der Kommission hin legte die Republik Estland dieser im Februar 2007 eine neue Fassung ihres nationalen Plans zur Zuteilung von Zertifikaten für Treibhausgasemissionen vor.

8      Am 4. Mai 2007 erließ die Kommission [die streitige Entscheidung]. Diese Entscheidung sieht eine Verringerung um 47,8 % gegenüber der Anzahl von Emissionszertifikaten vor, deren Ausgabe die Republik Estland beabsichtigt hatte.

9      Der verfügende Teil der [streitigen] Entscheidung lautet:

Artikel 1

Folgende Aspekte des … Zuteilungsplans [der Republik Estland] für den in Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie [2003/87] genannten ersten Fünfjahreszeitraum sind nicht vereinbar mit:

1.      den Kriterien [Nrn.] 1 [bis] 3 des Anhangs III der Richtlinie [2003/87]: der Teil der vorgesehenen Gesamtmenge der Zertifikate in Höhe von 11,657987 Mio. t Kohlendioxidäquivalent pro Jahr, der weder mit den Bewertungen gemäß der Entscheidung Nr. 280/2004/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über ein System zur Überwachung der Treibhausgasemissionen in der Gemeinschaft und zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls, ABl. L 49, S. 1] noch mit dem Emissionsverringerungspotenzial der Tätigkeiten, einschließlich dem technischen Potenzial, vereinbar ist; dieser Teil wurde um die Emissionen aus Projektmaßnahmen, die bereits 2005 liefen und im selben Jahr in unter die Richtlinie [2003/87] fallenden Anlagen Emissionsverringerungen oder -begrenzungen bewirkt haben, vermindert, soweit die durch diese Projektmaßnahmen bewirkten Emissionsverringerungen oder -begrenzungen nachgewiesen und geprüft wurden; hinzu kommt der Teil der Gesamtmenge von Zertifikaten in Höhe von potenziell 0,313883 Mio. t für zusätzliche jährliche Emissionen in einer Verbrennungsanlage, die nicht im Zuteilungsplan der ersten Phase enthalten war, soweit dies nach Maßgabe der allgemeinen Methoden des nationalen Zuteilungsplans sowie belegter und geprüfter Emissionszahlen nicht begründet wird;

2.      dem Kriterium [Nr.] 3 des Anhangs III der Richtlinie [2003/87]: die Nicht-Einbeziehung in die Gesamtzertifikatsmenge der Reserven, die [die Republik] Estland gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 2006/780/EG … im nationalen Zuteilungsplan bereitstellt, und das Fehlen entsprechend geringerer Zuteilungen für Anlagen, welche die relevanten Tätigkeiten ausführen;

3.      dem Kriterium [Nr.] 5 des Anhangs III der Richtlinie [2003/87]: die Zuteilung von mehr Zertifikaten an gewisse Anlagen, als deren erwarteten Bedürfnissen entspricht aufgrund von Bonusvergaben für frühzeitige Maßnahmen zusätzlich zu den normal berechneten Zuteilungen;

4.      dem Kriterium [Nr.] 6 des Anhangs III der Richtlinie [2003/87]: Angaben darüber, wie neue Marktteilnehmer sich am Gemeinschaftssystem beteiligen können.

Artikel 2

Die Kommission wird keine Einwände gegen den nationalen Zuteilungsplan erheben, wenn unter Vermeidung von Ungleichbehandlungen folgende Änderungen vorgenommen und der Kommission unverzüglich unter Berücksichtigung der Fristen mitgeteilt werden, die erforderlich sind, um die einzelstaatlichen Verfahren ohne schuldhafte Verzögerung durchzuführen:

1.      Die im Rahmen des Gemeinschaftssystems zuzuteilende Gesamtmenge wird um Zertifikate für 11,657987 Mio. t Kohlendioxidäquivalent jährlich verringert; die einer nicht im Zuteilungsplan der ersten Phase enthaltenen, zusätzlichen Verbrennungsanlage zugeteilten Mengen werden nach den im nationalen Zuteilungsplan beschriebenen allgemeinen Methoden auf der Grundlage belegter und geprüfter Emissionszahlen bestimmt, und die Gesamtmenge wird gegebenenfalls um die Differenz zwischen den Zuteilungen an diese Anlage und den 0,313883 Mio. t, die jährlich für diese Anlage in Reserve gestellt werden, weiter gekürzt; und die Gesamtmenge wird um die Emissionen aus Projektmaßnahmen, die bereits 2005 liefen und im selben Jahr in unter die Richtlinie [2003/87] fallenden Anlagen Emissionsverringerungen oder -begrenzungen bewirkt haben, angehoben, soweit die durch diese Projektmaßnahmen bewirkten Emissionsverringerungen oder -begrenzungen nachgewiesen und geprüft wurden;

2.      Zertifikatsreserven, die [die Republik] Estland gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 2006/780/EG im nationalen Zuteilungsplan bereitstellt, werden in die Gesamtzertifikatsmenge von 12,717058 Mio. t einbezogen, die gemäß der Kriterien [Nrn.] 1 [bis] 3 des Anhangs III der Richtlinie [2003/87] berechnet wird, bevor die endgültige Entscheidung über die nationale Zertifikatsvergabe gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Richtlinie [2003/87] getroffen wird, und es werden entsprechend weniger Zertifikate an Anlagen vergeben, welche die betreffenden Tätigkeiten durchführen;

3.      keine der Anlagen erhält als Resultat der Vergabe von Boni für frühzeitige Maßnahmen Zertifikate, die über ihre erwarteten Bedürfnisse hinausgehen;

4.      es wird erläutert, wie neuen Marktteilnehmern in Einklang mit den Kriterien des Anhangs III der Richtlinie [2003/87] und insbesondere deren Artikel 10 die Beteiligung an dem Gemeinschaftssystem ermöglicht werden soll.

Artikel 3

1.      Die durchschnittliche jährliche Gesamtmenge von Zertifikaten für 12,717058 Mio. t, gegebenenfalls abzüglich des Umfangs der Zertifikatsreserven, die [die Republik] Estland gemäß Artikel 3 Absatz 1 und Artikel 3 Absatz 2 der Entscheidung 2006/780/EG bereithält, sowie abzüglich der Differenz zwischen den Zuteilungen an eine zusätzliche nicht im Zuteilungsplan der ersten Phase enthaltene Verbrennungsanlage und der jährlichen Reserve von 0,313883 Mio. t für diese Anlage, insofern diese nicht nach den im nationalen Zuteilungsplan beschriebenen allgemeinen Methoden auf der Grundlage belegter und geprüfter Emissionszahlen für diese Anlage gerechtfertigt wurde, zuzüglich der Emissionen aus Projektmaßnahmen, die 2005 bereits liefen und im selben Jahr in unter die Richtlinie [2003/87] fallenden Anlagen Emissionsverringerungen oder ‑begrenzungen bewirkt haben, soweit die durch diese Projektmaßnahmen bewirkten Emissionsverringerungen oder ‑begrenzungen nachgewiesen und geprüft wurden, die [die Republik] Estland nach seinem nationalen Zuteilungsplan den darin aufgeführten Anlagen und den neuen Marktteilnehmern zuteilt, darf nicht überschritten werden.

2.      Der nationale Zuteilungsplan darf nur dann ohne vorherige Zustimmung durch die Kommission geändert werden, wenn es sich um Anpassungen der Zuteilung von Zertifikaten an einzelne, im Zuteilungsplan genannte Anlagen im Rahmen der Gesamtzahl der an die dort genannten Anlagen zu vergebenden Zertifikate handelt, die sich aus Verbesserungen der Datenqualität ergeben, oder wenn es der Verringerung des Anteils der kostenlos zugeteilten Zertifikate im Rahmen der in Artikel 10 der Richtlinie [2003/87] genannten Grenzen dient.

3.      Alle sonstigen Änderungen des nationalen Zuteilungsplans, die der Beseitigung der in Artikel 1 genannten Mängel dienen, aber nicht den in Artikel 2 genannten Änderungen entsprechen, sind unverzüglich unter Berücksichtigung der Fristen mitzuteilen, die erforderlich sind, um die einzelstaatlichen Verfahren ohne schuldhafte Verzögerung durchzuführen, und bedürfen gemäß Artikel 9 Absatz 3 der Richtlinie [2003/87] der vorherigen Zustimmung durch die Kommission. Alle sonstigen Änderungen des nationalen Zuteilungsplans mit Ausnahme der Befolgung von Artikel 2 dieser Entscheidung sind unzulässig.

Artikel 4

Diese Entscheidung ist an die Republik Estland gerichtet.‘“

 Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil

9        Mit Klageschrift, die am 16. Juli 2007 bei der Kanzlei des Gerichts einging, erhob die Republik Estland Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung.

10      Mit Beschluss vom 29. Januar 2008 ließ der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission sowie die Republik Litauen und die Slowakische Republik als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Republik Estland zu.

11      Die Republik Estland trug fünf Klagegründe vor, mit denen sie erstens eine Befugnisüberschreitung aufgrund von Verstößen gegen Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie gegen Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87, zweitens offensichtliche Ermessensfehler, drittens einen Verstoß gegen Art. 175 EG, viertens einen Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und fünftens einen Begründungsmangel rügte.

12      Die Kommission beantragte, die Klage hinsichtlich Art. 1 Abs. 3 und 4, Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung für unzulässig zu erklären, da die Republik Estland keine tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen gemacht habe, die sich auf diese Bestimmungen bezögen, und sie hinsichtlich der übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung als unbegründet abzuweisen.

13      Das Gericht hat die streitige Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil in vollem Umfang für nichtig erklärt.

14      Zunächst hat es in den Randnrn. 28 bis 34 des Urteils die von der Kommission erhobene Einrede der teilweisen Unzulässigkeit zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, dass sich Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung nicht von den übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung trennen ließen und dass, falls die von der Republik Estland geltend gemachten Klagegründe begründet sein sollten, die streitige Entscheidung in vollem Umfang für nichtig zu erklären wäre.

15      Sodann hat das Gericht in den Randnrn. 49 bis 93 des angefochtenen Urteils den ersten Klagegrund geprüft, mit dem die Republik Estland eine Befugnisüberschreitung aufgrund von Verstößen gegen Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie gegen Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 gerügt hat. Als Erstes hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission die Grenzen ihrer Kontrollbefugnis aus Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie überschritten habe, indem sie in der streitigen Entscheidung eine bestimmte Menge an zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikaten angegeben habe, deren Überschreitung in jedem Fall als mit den durch diese Richtlinie aufgestellten Kriterien unvereinbar angesehen werde, und indem sie den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgasemissionszertifikate, den die Republik Estland für den Zeitraum 2008–2012 gemäß der Richtlinie 2003/87 übermittelt habe (im Folgenden: estnischer NZP), abgelehnt habe, soweit die darin vorgeschlagene Gesamtmenge von Zertifikaten diese Schwelle überschritten habe. Als Zweites hat das Gericht entschieden, dass die Kommission dadurch gegen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 verstoßen habe, dass sie die von der Republik Estland in diesem Plan vorgenommene Beurteilung durch ihre eigene ersetzt habe. In diesem Zusammenhang hat das Gericht außerdem festgestellt, dass die von der Kommission verwendeten Daten und Bewertungsmethoden nicht „notwendigerweise“ die repräsentativsten gewesen seien.

16      Das Gericht hat daraus in Randnr. 94 des angefochtenen Urteils geschlossen, dass Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung, die sich auf die Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate bezögen, für nichtig zu erklären seien. Die von der Republik Estland geltend gemachten Klagegründe 2, 3 und 5 seien nicht zu prüfen, da sie sich ebenfalls gegen diese Vorschriften richteten.

17      Schließlich hat das Gericht in den Randnrn. 99 bis 112 des angefochtenen Urteils den vierten Klagegrund geprüft, der aus einem Verstoß gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung hergeleitet wurde. Dieser Klagegrund betraf die von der Kommission vorgenommene Beurteilung der Frage, ob der estnische NZP mit dem Kriterium Nr. 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 betreffend die Berücksichtigung von Reserven bei der Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate vereinbar sei. Nach Ansicht des Gerichts hat die Kommission nicht nachgewiesen, dass die in diesem Plan enthaltenen Berechnungen mit einem Fehler behaftet gewesen seien.

18      Unter diesen Umständen hat das Gericht in Randnr. 113 des angefochtenen Urteils entschieden, dass Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 2 der streitigen Entscheidung betreffend die angeblich fehlende Einbeziehung von Zertifikatsreserven in die Gesamtmenge für nichtig zu erklären seien.

19      Da das Gericht somit Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung für nichtig erklärt und festgestellt hat, dass sie nicht vom Rest dieser Entscheidung abtrennbar seien, hat es in Randnr. 114 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die streitige Entscheidung insgesamt für nichtig zu erklären sei.

 Verfahren vor dem Gerichtshof und Anträge der Verfahrensbeteiligten

20      Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 1. Juni 2010 sind das Königreich Dänemark als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission und die Tschechische Republik und die Republik Lettland als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Republik Estland zugelassen worden.

21      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission,

–        das angefochtene Urteil aufzuheben;

–        der Republik Estland die Kosten aufzuerlegen.

22      Das Königreich Dänemark beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben.

23      Die Republik Estland beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        hilfsweise, die Rechtssache zur Entscheidung über die von diesem Mitgliedstaat im ersten Rechtszug vorgebrachten Klagegründe, die im angefochtenen Urteil nicht geprüft wurden, an das Gericht zurückzuverweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

24      Die Tschechische Republik beantragt,

–        das Rechtsmittel zurückzuweisen;

–        der Kommission die Kosten aufzuerlegen.

25      Die Republik Lettland beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Zum Rechtsmittel

26      Zur Begründung ihres Rechtsmittels führt die Kommission vier Gründe an. Erstens habe das Gericht die Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage rechtsfehlerhaft geprüft, zweitens Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 rechtsfehlerhaft ausgelegt, drittens den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung falsch ausgelegt und viertens Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung rechtlich nicht richtig eingeordnet, indem es sie als nicht von den übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung abtrennbar angesehen habe.

 Zum ersten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehlerhafte Prüfung der Zulässigkeit der Nichtigkeitsklage

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

27      Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht gegen Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union und gegen Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts verstoßen, indem es die Nichtigkeitsklage in Bezug auf Art. 1 Abs. 3 und 4, Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung als zulässig angesehen habe.

28      Die von der Republik Estland vor dem Gericht angeführten Klagegründe hätten im Wesentlichen die Rechtmäßigkeit der in Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung für die Gesamtmenge der Treibhausgasemissionszertifikate festgelegten Höchstgrenze sowie zum Teil die in Art. 1 Abs. 2 und Art. 2 Abs. 2 der Entscheidung erwähnte fehlende Einbeziehung der Zertifikatsreserven betroffen. Die Republik Estland habe in Bezug auf die übrigen festgestellten Mängel des estnischen NZP, nämlich die Günstlingswirtschaft bei der Zuteilung der Treibhausgasemissionszertifikate und die fehlende Transparenz beim Umgang mit neuen Marktteilnehmern, keine Kritik geäußert. Um aber gegen die streitige Entscheidung insgesamt zu klagen, hätte die Republik Estland nach Ansicht der Kommission gegen jede Bestimmung der Entscheidung Klagegründe vorbringen müssen.

29      Das Gericht habe zudem dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass es Art. 1 Abs. 3 und 4, Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung für nicht von den übrigen Bestimmungen der Entscheidung abtrennbar erklärt habe.

30      Die Republik Estland beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Sie habe die Nichtigerklärung der gesamten streitigen Entscheidung beantragt. Die Klageschrift habe in Übereinstimmung mit den Formerfordernissen des Art. 21 der Satzung des Gerichtshofs und des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten. Das angefochtene Urteil beruhe auf einem zutreffenden Verständnis der Voraussetzungen für die Abtrennbarkeit der Bestimmungen dieser Entscheidung.

 Würdigung durch den Gerichtshof

31      Der erste Rechtsmittelgrund betrifft die Randnrn. 28 bis 34 des angefochtenen Urteils, in denen es um die Einrede der teilweisen Unzulässigkeit der Nichtigkeitsklage geht.

32      Das Gericht hat in den Randnrn. 28 bis 33 des angefochtenen Urteils geprüft, ob Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung von den übrigen Bestimmungen der Entscheidung abtrennbar sind und dies verneint. Daher hat es in Randnr. 34 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der Kommission zur behaupteten teilweisen Unzulässigkeit der Klage zurückgewiesen und ausgeführt, dass die streitige Entscheidung, falls die von der Republik Estland geltend gemachten Klagegründe begründet sein sollten, in vollem Umfang für nichtig zu erklären wäre.

33      Im vorliegenden Fall steht fest, dass die Republik Estland in ihrer Klageschrift die Nichtigerklärung der gesamten streitigen Entscheidung beantragt hatte. Die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit stützte sich auf einen Begründungsmangel der Klageschrift hinsichtlich des Umfangs der beantragten Nichtigerklärung, da die von der Republik Estland vorgetragenen Klagegründe nur Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung beträfen. Nach Ansicht der Kommission verstieß eine solche Klageschrift gegen die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs und des Art. 44 § 1 Buchst. c der Verfahrensordnung des Gerichts. Da sie der Auffassung war, dass sich die Bestimmungen, die Gegenstand der von der Republik Estland vorgebrachten Klagegründe waren, von den übrigen Bestimmungen der Entscheidung trennen ließen, hat sie beim Gericht beantragt, die Klage als nach den letztgenannten Bestimmungen unzulässig abzuweisen.

34      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 21 Abs. 1 der Satzung des Gerichtshofs, der nach deren Art. 53 Abs. 1 auf das Verfahren vor dem Gericht entsprechende Anwendung findet, in Verbindung mit Art. 44 § 1 Buchst. c und d der Verfahrensordnung des Gerichts die Klageschrift u. a. den Streitgegenstand, die Anträge und eine kurze Darstellung der angeführten Klagegründe enthalten muss. Diese Angaben müssen so klar und deutlich sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen die Klage beruht, zumindest in gedrängter Form, jedenfalls aber zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben (vgl. Urteil vom 14. Januar 2010, Kommission/Tschechische Republik, C‑343/08, Slg. 2010, I‑275, Randnr. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung).

35      Im Übrigen entsprach die Klageschrift der Republik Estland diesen Formerfordernissen, da sie unstreitig den Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der von diesem Mitgliedstaat angeführten Klagegründe zu Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung enthielt. Ebenfalls wird nicht bestritten, dass sich die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf denen diese Klagegründe beruhten, zusammenhängend und verständlich aus dem Wortlaut der Klageschrift ergaben.

36      Zwar hat die Republik Estland in ihrer Klageschrift keine Klagegründe oder Rügen zu Art. 1 Abs. 3 und 4, Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung angeführt. Jedoch ist es nicht erforderlich, dass ein Kläger für eine Klage auf umfassende Nichtigerklärung eines Unionsrechtsakts zu jeder Bestimmung dieses Rechtsakts Klagegründe und Rügen vorträgt.

37      Die Frage, ob die Nichtigerklärung der ausdrücklich von den Klagegründen der Klageschrift erfassten Bestimmungen, also Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung, zur Nichtigerklärung des Restes der Entscheidung führen konnte, wie dies die Republik Estland in ihrer Klageschrift beantragt hat, und insbesondere, ob dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen ist, als es diese Bestimmungen als nicht von den übrigen Bestimmungen der Entscheidung abtrennbar angesehen hat, ist im Rahmen der Prüfung des vierten Rechtsmittelgrundes zu beantworten.

38      Somit hat das Gericht die von der Kommission in Bezug auf Art. 1 Abs. 3 und 4, Art. 2 Abs. 3 und 4 sowie Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung erhobene Unzulässigkeitseinrede zu Recht zurückgewiesen. Der erste Rechtsmittelgrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehlerhafte Auslegung des 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87

39      Mit ihrem zweiten Rechtsmittelgrund wirft die Kommission dem Gericht vor, es habe Art. 9 Abs. 1 und 3 sowie Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 rechtsfehlerhaft ausgelegt. Nachdem sie die allgemeinen Erwägungen des Gerichts zur Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, wie sie die Richtlinie vorsieht, und zur Rechtsnatur der von der Kommission gemäß Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie durchgeführten Kontrolle kritisiert hat, bringt sie Argumente vor, die sich in zwei Teile gliedern lassen. Mit dem ersten Teil macht sie eine Verletzung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und mit dem zweiten eine Verkennung der Zielsetzung der Richtlinie geltend.

40      Die Republik Estland beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Die Kommission habe kein Argument vorgetragen, mit dem sich nachweisen ließe, dass dem Gericht ein Rechtsfehler unterlaufen sei, als es entschieden habe, die Kommission müsse sich nach den Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 im Rahmen einer Kontrolle der Rechtmäßigkeit der von diesem Mitgliedstaat getroffenen Entscheidungen halten und den ihm eingeräumten Spielraum beachten.

 Zur Rechtsnatur der von der Kommission gemäß Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 durchgeführten Kontrolle

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

41      Die Kommission wirft dem Gericht vor, die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen ihr und den Mitgliedstaaten, wie sie in den Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 vorgesehen sei, verkannt zu haben und ihre gemäß Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie durchgeführte Kontrolle rechtsfehlerhaft als Rechtmäßigkeitskontrolle eingeordnet zu haben.

42      Das Gericht habe in Randnr. 51 des angefochtenen Urteils zu Unrecht die Befugnisse der Mitgliedstaaten ausgedehnt, indem es sich auf die Definition der Rechtsnatur einer Richtlinie gestützt habe, wie sie sich aus Art. 249 EG ergebe. Die Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 fänden nur zwischen den Organen und den Mitgliedstaaten Anwendung und erforderten keine vorherige Umsetzung in nationales Recht. Sie hätten wie die Bestimmungen einer Verordnung Regelungscharakter und seien unmittelbar anwendbar. Die Form und der Inhalt der nationalen Zuteilungspläne würden auf der Ebene der Europäischen Union weitgehend festgelegt und kontrolliert, u. a. unter Berücksichtigung der von der Kommission nach Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie ausgearbeiteten Anleitung zur Anwendung der Kriterien des Anhangs III der Richtlinie.

43      Entgegen dem Ansatz des Gerichts könne die Anwendung des in Art. 5 Abs. 2 EG verankerten Subsidiaritätsgrundsatzes die der Kommission vom Unionsgesetzgeber eingeräumte Kontrollbefugnis nicht begrenzen. Habe dieser nämlich einmal die Erforderlichkeit einer Regelung auf Unionsebene bejaht, sei der Subsidiaritätsgrundsatz nicht mehr anwendbar.

44      Zudem habe sich das Gericht zu Unrecht auf die Art. 211 EG und 226 EG gestützt. Die nationalen Zuteilungspläne stellten keine klassischen Maßnahmen zur Umsetzung einer Richtlinie dar. Während die Kommission eine Umsetzungsmaßnahme nach Art. 226 EG nur ex post kontrollieren könne, würden die nationalen Zuteilungspläne von ihr nach Art. 9 der Richtlinie 2003/87 ex ante geprüft. In diesem Zusammenhang spiele der in Art. 9 Abs. 2 dieser Richtlinie erwähnte Ausschuss für Klimawandel eine wichtige Rolle. Somit gehe in diesem Bereich die Kontrolle der Kommission über eine bloße Rechtmäßigkeitskontrolle hinaus.

45      Die Kommission führt in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der Tschechischen Republik, des Königreichs Dänemark und der Republik Lettland näher aus, dass es nicht Ziel dieses Rechtsmittelgrundes sei, ihre Zuständigkeit für die verbindliche Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate feststellen zu lassen, sondern es gehe darum, nachzuweisen, dass die Argumentation des Gerichts zur Begrenzung ihrer Kontrollbefugnis fehlerhaft sei. Selbst wenn entgegen der Auffassung der Kommission anzunehmen wäre, dass sie in der streitigen Entscheidung nicht die Gesamtmenge der zuzuteilenden Emissionszertifikate habe angeben dürfen, die sie für angemessen gehalten habe, reichte diese Feststellung jedenfalls nicht aus, um die Entscheidung für nichtig zu erklären, da die Kommission substantiiert vorgetragen habe, dass die von der Republik Estland vorgesehene Gesamtmenge von Zertifikaten deutlich zu groß gewesen sei.

46      Nach Ansicht der Republik Estland ist das Vorbringen der Kommission nicht begründet. Das Gericht habe deren Befugnis nicht unter Rückgriff auf Art. 249 EG beschränkt. Es habe sich mit der Feststellung begnügt, dass, wenn die Formen und Mittel, die bei der Umsetzung einer Richtlinie für die Erreichung des verfolgten Ziels einzusetzen seien, in der Richtlinie nicht vorgegeben seien, die Freiheit der Mitgliedstaaten bei der Wahl dieser Formen und Mittel grundsätzlich unbeschränkt sei. Ob die Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 Regelungscharakter hätten oder nicht, wirke sich nicht auf die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission aus. Es könne auch nicht behauptet werden, dass das Gericht dadurch die der Kommission eingeräumten Befugnisse beschränkt habe, dass es den Grundsatz der Subsidiarität angeführt habe.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

47      Das Vorbringen der Kommission betrifft die Randnrn. 49 bis 56 des angefochtenen Urteils, in denen die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wie sie in den Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 vorgesehen ist, geprüft wird.

48      In diesen Randnummern hat das Gericht entschieden, dass allein die Mitgliedstaaten für die Aufstellung ihres nationalen Zuteilungsplans und die endgültigen Entscheidungen über u. a. die Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate zuständig seien. Bei der Ausübung dieser Befugnisse verfügten sie über einen gewissen Spielraum. Die Kommission sei nach Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 befugt, zu prüfen, ob die nationalen Zuteilungspläne mit den Kriterien dieser Richtlinie vereinbar seien, und die Pläne abzulehnen, wenn sie mit diesen Kriterien unvereinbar seien. Die Kontrollbefugnis der Kommission beschränke sich auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle.

49      Wie das Gericht in den Randnrn. 53 und 54 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich im vorliegenden Fall klar aus Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87, dass „der Mitgliedstaat zum einen für die Aufstellung des nationalen Zuteilungsplans, durch den er die Ziele, die in [dieser] Richtlinie in Bezug auf Treibhausgasemissionen definiert sind, zu erreichen beabsichtigt und den er der Kommission übermittelt, und zum anderen für den Erlass endgültiger Entscheidungen über die Festlegung der Gesamtmenge der Zertifikate, die er für jeden Fünfjahreszeitraum zuteilen wird, und für die Verteilung dieser Gesamtmenge unter den Wirtschaftsteilnehmern allein zuständig ist“. Dagegen ist Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 eindeutig zu entnehmen, dass die Rolle der Kommission auf eine Kontrolle der Vereinbarkeit des nationalen Zuteilungsplans mit den Kriterien des Anhangs III und den Bestimmungen des Art. 10 der Richtlinie beschränkt ist. Sie ist befugt, diese Vereinbarkeit zu überprüfen und den nationalen Zuteilungsplan wegen Unvereinbarkeit mit diesen Kriterien oder Bestimmungen durch eine mit Gründen versehene Entscheidung abzulehnen. Der Mitgliedstaat kann im Fall der Ablehnung seines Plans durch die Kommission nur dann eine Entscheidung nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie treffen, wenn seine unterbreiteten Änderungsvorschläge von ihr akzeptiert werden.

50      Entgegen der Auffassung der Kommission ist dem Gericht nicht vorzuwerfen, dass es sich in Randnr. 51 des angefochtenen Urteils für die Beurteilung der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wie sie in den Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 vorgesehen ist, auf Art. 249 Abs. 3 EG gestützt hat. Der Grundsatz, dass eine Richtlinie für jeden Mitgliedstaat, an den sie gerichtet wird, hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich ist, jedoch den innerstaatlichen Stellen die Wahl der Form und der Mittel überlässt, gilt grundsätzlich für jede Richtlinie.

51      Zwar kann es zwischen den verschiedenen Arten von Verpflichtungen, die den Mitgliedstaaten durch die Richtlinien auferlegt werden, und den mit ihnen zu erreichenden Zielen große Unterschiede geben. Auch steht fest, dass bei Richtlinienbestimmungen, die nur die Beziehungen zwischen einem Mitgliedstaat und der Kommission betreffen, eine Umsetzung entbehrlich sein kann (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. November 2006, Kommission/Luxemburg, C‑32/05, Slg. 2006, I‑11323, Randnrn. 35 und 36). Dieser Umstand wirkt sich jedoch nicht auf die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits aus. Die Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 regeln unbestreitbar, welche Rollen der Kommission und den Mitgliedstaaten im Rahmen des Verfahrens der Aufstellung nationaler Zuteilungspläne jeweils zukommen, also die Frage der Aufteilung der Zuständigkeiten unter ihnen. Anhand dieser Bestimmungen kann festgestellt werden, ob die Mitgliedstaaten für die Aufstellung ihres Plans über einen Gestaltungsspielraum verfügen und gegebenenfalls, wie weit dieser reicht.

52      Im vorliegenden Fall lässt sich nicht abstreiten, dass die Richtlinie 2003/87 keine spezielle Methode für die Aufstellung eines nationalen Zuteilungsplans und für die Festsetzung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate vorgibt. Wie das Gericht in Randnr. 81 des angefochtenen Urteils im Wesentlichen festgestellt hat, sieht Anhang III Nr. 1 dieser Richtlinie ganz im Gegenteil ausdrücklich vor, dass die Mitgliedstaaten die Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate unter Berücksichtigung u. a. der nationalen energiepolitischen Maßnahmen und des nationalen Klimaschutzprogramms festzusetzen haben.

53      Wie das Gericht in Randnr. 53 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, verfügen die Mitgliedstaaten also über einen gewissen Spielraum bei der Umsetzung der Richtlinie 2003/87 und damit auch bei der Wahl der Maßnahmen, die sie als die geeignetsten ansehen, um im spezifischen Kontext des nationalen Energiemarkts das in der Richtlinie festgesetzte Ziel zu erreichen.

54      Zu der Tatsache, dass die nationalen Zuteilungspläne gemäß Art. 9 der Richtlinie 2003/87 von der Kommission ex ante kontrolliert werden, ist darauf hinzuweisen, dass sich eine solche Kontrollbefugnis zwar in vielerlei Hinsicht von der Ex‑post‑Kontrolle nach Art. 226 EG unterscheidet. Dies kann jedoch nicht bedeuten, dass die Ex‑ante‑Kontrolle über eine Rechtmäßigkeitskontrolle hinausgehen müsste.

55      Nach alledem ist die Kritik der Kommission an den allgemeinen Erwägungen des Gerichts über die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wie sie die Richtlinie 2003/87 vorsieht, zurückzuweisen.

 Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

56      Die Kommission trägt vor, das Gericht habe bei der Bestimmung der Tragweite und des Umfangs ihrer Kontrollbefugnis aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 einen Rechtsfehler begangen, der im Wesentlichen auf einen Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung zurückzuführen sei.

57      Die Schlussfolgerung, die Kommission habe dadurch gegen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 verstoßen, dass sie die von der Republik Estland vorgenommene Beurteilung durch ihre eigene ersetzt habe, sei falsch. Das Gericht habe diese Bestimmung ausgelegt, ohne den Grundsatz der Gleichbehandlung zu berücksichtigen, und habe zudem die Auswahl der Emissionsdaten, die als Ausgangspunkt für die Prognosen für den Zeitraum 2008–2012 dienen sollten, rechtsfehlerhaft beurteilt.

58      Das Gericht habe zu Unrecht die Ansicht vertreten, dass die Kommission die von der Republik Estland in ihren nationalen Zuteilungsplan aufgenommenen Daten über die vor 2005 erfolgten CO2‑Emissionen und die Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die von der Republik Estland anstelle der für alle Mitgliedstaaten 2005 veröffentlichten Prognosen verwendet worden seien, nicht habe verwerfen dürfen. Es könne jedoch zu einer Ungleichbehandlung der Mitgliedstaaten führen, wenn zugelassen werde, dass jeder Mitgliedstaat seine eigenen, nach seinen eigenen Kriterien erhobenen Daten verwende.

59      Gegenstand und Zweck der Richtlinie 2003/87 sowie des Ablaufs des Verfahrens zur Prüfung der nationalen Zuteilungspläne sei es, „zu gewährleisten, dass sich die nationalen Zuteilungspläne aller Mitgliedstaaten in vergleichbaren Situationen“ befänden. So sei die Vereinbarkeit der nationalen Zuteilungspläne mit den Kriterien des Anhangs III dieser Richtlinie auf der Grundlage einer von der Kommission entwickelten Bewertungsmethode und der mit dieser Methode erhobenen Daten zu prüfen. Bei dieser Prüfung müsse die Kommission für alle Mitgliedstaaten die Daten über die CO2‑Emissionen desselben Jahres und die Wachstumsprognosen für das BIP für die Jahre 2005–2010 verwenden, die für alle Mitgliedstaaten zum selben Zeitpunkt verfügbar seien.

60      Anhand des Ablaufs des in Art. 9 der Richtlinie 2003/87 vorgesehenen Kontrollverfahrens lasse sich erkennen, dass die Kontrolle innerhalb eines begrenzten Zeitraums zeitgleich erfolge, wodurch die Umsetzung des gemeinsamen Systems des Emissionshandels in allen Mitgliedstaaten vor dem 1. Januar 2008 ermöglicht werden solle. Die nationalen Zuteilungspläne würden parallel durch die Kommission und im Ausschuss für Klimawandel geprüft, was die Notwendigkeit unterstreiche, dass die Kommission einen homogenen Ansatz für alle Pläne wähle.

61      Die Argumentation des Gerichts in den Randnrn. 84 bis 86 des angefochtenen Urteils stehe mit derjenigen in seinem Beschluss vom 20. Oktober 2008, BOT Elektrownia Bełchatów u. a./Kommission (T‑208/07), in Widerspruch. In diesem habe das Gericht den Zeitrahmen für die von den Mitgliedstaaten durchgeführten Änderungen ihres nationalen Zuteilungsplans akzeptiert, indem es entschieden habe, dass sich aus dem Wortlaut der Richtlinie 2003/87 wie auch aus der allgemeinen Systematik und der Zielsetzung des mit ihr eingeführten Systems ergebe, dass ein Mitgliedstaat stets berechtigt sei, Änderungen seines Plans nach dessen Übermittlung an die Kommission bis zum Erlass der Entscheidung vorzunehmen, die dieser Mitgliedstaat nach Art. 11 Abs. 2 dieser Richtlinie treffen müsse.

62      Die Republik Estland beantragt, diesen ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. Die Kommission stütze sich auf den Grundsatz der Gleichbehandlung, als handele es sich um einen absoluten Grundsatz. Eine möglicherweise eintretende Ungleichbehandlung könne keine Änderung der Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, wie sie die Richtlinie 2003/87 vorsehe, rechtfertigen. Die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten könne in angemessener Weise dadurch gewährleistet werden, dass die Kommission jeden Plan mit dem gleichen Maß an Sorgfalt prüfe.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

63      Der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes betrifft die Randnrn. 56 bis 93 des angefochtenen Urteils. Darin hat das Gericht festgestellt, dass die Kontrollbefugnis der Kommission aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 sie nicht dazu berechtige, ihre eigenen Daten an die Stelle der von dem Mitgliedstaat in seinen Plan aufgenommenen Daten zu setzen. Es hat ausgeführt, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung „nicht die von [dieser] Richtlinie vorgesehene Zuständigkeitsverteilung zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten zu ändern [vermag], nach der die Mitgliedstaaten für die Aufstellung eines nationalen Zuteilungsplans und den Erlass einer endgültigen Entscheidung über die Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate zuständig sind“.

64      Zunächst ist zu beachten, dass nach ständiger Rechtsprechung der Gleichheitsgrundsatz verlangt, dass vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt werden, es sei denn, dass eine solche Behandlung objektiv gerechtfertigt ist (vgl. u. a. Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique et Lorraine u. a., C‑127/07, Slg. 2008, I‑9895, Randnr. 23).

65      Jedoch darf die Notwendigkeit der Einhaltung dieses Grundsatzes nicht die in einer Vorschrift der Union vorgesehene Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten ändern. Wie in Randnr. 49 des vorliegenden Urteils festgestellt, verleiht Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 der Kommission aber nur eine Befugnis zur Kontrolle der Rechtmäßigkeit der nationalen Zuteilungspläne, die es ihr erlaubt, einen Plan abzulehnen, der nicht mit den Kriterien des Anhangs III oder mit Art. 10 der Richtlinie 2003/87 vereinbar ist.

66      Zum Umfang dieser Kontrolle hat das Gericht in den Randnrn. 68, 69, 75, 79 und 80 des angefochtenen Urteils zutreffend festgestellt, dass es den Mitgliedstaaten unbenommen bleibe, die Daten und Bewertungsmethoden ihrer Wahl zu verwenden, vorausgesetzt, sie führten nicht zu Ergebnissen, die nicht mit diesen Kriterien oder diesen Bestimmungen vereinbar seien. Bei der Ausübung ihrer Kontrollbefugnis aus Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie hat die Kommission den Spielraum der Mitgliedstaaten zu beachten. Sie kann daher einen nationalen Zuteilungsplan nicht allein deshalb ablehnen, weil die darin verzeichneten Daten nicht mit den von ihr bevorzugten Daten übereinstimmen.

67      Unter diesen Umständen ist die Feststellung des Gerichts, dass die Kommission die von der Republik Estland in ihren nationalen Zuteilungsplan aufgenommenen Daten hätte prüfen müssen, nicht zu beanstanden. Sollte die Kommission die Daten anzweifeln, müsste sie die zuständigen nationalen Behörden um Klärung ersuchen oder aber die fehlende Vereinbarkeit dieser Daten mit den Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 nachweisen.

68      Das Vorbringen der Kommission zur Gleichzeitigkeit der Kontrolle der nationalen Zuteilungspläne ist nicht geeignet, diese Schlussfolgerung in Frage zu stellen. Es beruht nämlich auf einer unrichtigen Vorstellung von ihrer Kontrollbefugnis aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87. Wie die Generalanwältin in Nr. 65 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, spiegeln etwaige Unterschiede bei den von den Mitgliedstaaten berücksichtigten Daten und Bewertungsmethoden ihren Spielraum wider, den die Kommission im Rahmen ihrer Konformitätskontrolle zu beachten hat.

69      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission, wie das Gericht in Randnr. 89 des angefochtenen Urteils festgestellt hat, die Gleichbehandlung der Mitgliedstaaten dadurch angemessen sicherstellen kann, dass sie die Pläne, die jeder von ihnen vorlegt, mit demselben Maß an Sorgfalt prüft. Auch ist zu beachten, dass es der Kommission freisteht, für die von den einzelnen Mitgliedstaaten erstellten Pläne einen gemeinsamen Vergleichspunkt zu wählen. Wie das Gericht in Randnr. 63 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, kann die Kommission zu diesem Zweck insbesondere „ein eigenes wirtschaftliches und ökologisches Modell“ erstellen, das auf von ihr ausgewählte Daten gestützt ist, und es bei der Prüfung, ob die nationalen Zuteilungspläne mit den Kriterien in Anhang III oder mit Art. 10 der Richtlinie 2003/87 vereinbar sind, als Vergleichspunkt verwenden.

70      Somit ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes: Verkennung der Zielsetzung der Richtlinie 2003/87

–       Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

71      Nach Ansicht der Kommission hat das Gericht bei der Auslegung des Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 die Zielsetzung dieser Richtlinie verkannt. Sie habe die Grenzen ihrer Kontrollbefugnis aus dieser Bestimmung nicht überschritten, als sie den estnischen NZP auf der Grundlage ihrer eigenen Methode geprüft und eine bestimmte Menge an zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikaten angegeben habe, deren Überschreitung in jedem Fall als mit den Kriterien dieser Richtlinie unvereinbar angesehen worden sei, und folglich den estnischen NZP abgelehnt habe, soweit die darin vorgeschlagene Gesamtmenge von Zertifikaten diese Schwelle überschritten habe.

72      Die Kontrollbefugnisse der Kommission aus dieser Bestimmung müssten im Licht der Ziele der Richtlinie 2003/87 verstanden und ausgelegt werden. Nach ihrem Art. 1 werde mit der Richtlinie ein System für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten geschaffen, um auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hinzuwirken. Der Gerichtshof habe in seinem Urteil Arcelor Atlantique et Lorraine u. a. entschieden, dass das Endziel dieses Systems im Schutz der Umwelt bestehe und dass dieses System dem Anreiz und der Förderung des Strebens nach geringstmöglichen Kosten diene, um eine Verringerung dieser Emissionen zu erreichen. Aus diesem Urteil folge, dass dieses Ziel nur dann erreicht werden könne, wenn die Nachfrage nach Zertifikaten das Angebot auf dem Zertifikatsmarkt der Gemeinschaft übersteige. Zudem solle nach dem siebten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/87 die Errichtung dieses Systems dazu beitragen, die Integrität des Binnenmarkts zu erhalten und Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.

73      Entgegen der Auffassung des Gerichts im angefochtenen Urteil könne die von der Kommission nach Art. 9 der Richtlinie 2003/87 durchgeführte Kontrolle keine „eng umrissene“, auf eine bloße Überprüfung der von den Mitgliedstaaten in ihren nationalen Zuteilungsplänen verwendeten Daten beschränkte Kontrolle sein. Sie müsse auf einem homogenen Ansatz beruhen, bei dem die Kommission für alle Mitgliedstaaten die Daten über die CO2‑Emissionen desselben Jahres und die Wachstumsprognosen für das BIP für die Jahre 2005–2010 verwende, die für alle Mitgliedstaaten zum selben Zeitpunkt verfügbar seien.

74      Die Ziele der Richtlinie 2003/87 könnten nicht erreicht werden, wenn sie nicht die Befugnis habe, eine Obergrenze für die zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate festzulegen. Ihre Auffassung sei auch aus verfahrensökonomischen Gründen gerechtfertigt.

75      Das Gericht habe zu Unrecht eine ausschließliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten für die Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate angenommen. Es lasse sich ex post nachweisen, dass die vorbehaltlose Anerkennung der im estnischen NZP angeführten Daten über die CO2‑Emissionen in den Jahren vor 2005 und der vorgeschlagenen Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate zu einem Ergebnis geführt hätte, das nicht nur mit den Kriterien Nrn. 1 bis 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 unvereinbar gewesen wäre, sondern auch mit dem Ziel dieser Richtlinie, die CO2‑Emissionen zu verringern.

76      Zudem habe das Gericht nicht richtig zwischen der Festlegung einer Obergrenze für die Gesamtmenge der Zertifikate durch die Kommission und der Festlegung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate durch den Mitgliedstaat unterschieden.

77      Nach Ansicht der Republik Estland ist dieser zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen. Die Kommission habe nicht nachgewiesen, dass eine Erreichung des mit der Richtlinie 2003/87 verfolgten Ziels im Hinblick auf die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission, wie das Gericht sie im angefochtenen Urteil bestätigt habe, nicht möglich sei.

–       Würdigung durch den Gerichtshof

78      Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes betrifft die Randnrn. 59 bis 66 des angefochtenen Urteils. Darin hat das Gericht festgestellt, dass die Kommission die Grenzen ihrer Kontrollbefugnis aus Art. 9 Abs. 1 und 3 und Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2003/87 überschritten habe, indem sie in der streitigen Entscheidung eine bestimmte Menge an zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikaten angegeben habe, deren Überschreitung in jedem Fall als mit den Kriterien dieser Richtlinie unvereinbar angesehen worden sei, und indem sie den estnischen NZP abgelehnt habe, soweit die darin vorgeschlagene Gesamtmenge von Zertifikaten diese Schwelle überschritten habe. Dieser Teil des Rechtsmittelgrundes betrifft auch die Schlussfolgerung des Gerichts, die Kommission habe diese Grenzen dadurch überschritten, dass sie bei der Beurteilung des estnischen NZP ihre eigenen Daten und ihre eigene Methode verwendet habe. Damit habe das Gericht bei der Auslegung des Art. 9 Abs. 3 dieser Richtlinie die mit der Richtlinie verfolgten Ziele verkannt.

79      Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass es erklärtes Hauptziel der Richtlinie 2003/87 ist, die Treibhausgasemissionen erheblich zu verringern, damit die Verpflichtungen der Union und der Mitgliedstaaten aus dem Kyoto-Protokoll eingehalten werden können. Dieses Ziel soll unter Einhaltung einer Reihe von Unterzielen und durch Einsatz bestimmter Instrumente erreicht werden. Wie sich aus Art. 1 und dem zweiten Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/87 ergibt, ist hierfür das Gemeinschaftssystem für den Handel mit Treibhausgasemissionsrechten das Hauptinstrument. Nach Art. 1 der Richtlinie wirkt dieses System auf kosteneffiziente und wirtschaftlich effiziente Weise auf eine Verringerung von Treibhausgasemissionen hin. Bei den weiteren Unterzielen, die mit diesem System erreicht werden sollen, handelt es sich nach den Erwägungsgründen 5 und 7 der Richtlinie u. a. um den Schutz der wirtschaftlichen Entwicklung, der Beschäftigungslage, der Integrität des Binnenmarkts und der Wettbewerbsbedingungen.

80      Selbst wenn im vorliegenden Fall der von der Kommission vertretene Ansatz das Funktionieren des Systems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten der Union verbessern könnte und dadurch das Ziel der erheblichen Verringerung der Treibhausgasemissionen effizienter erreicht werden könnte, darf dies nicht die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wie sie in den Art. 9 und 11 der Richtlinie 2003/87 vorgesehen ist, verändern.

81      In einem Bereich der geteilten Zuständigkeit wie dem des Umweltschutzes ist es nämlich Sache des Unionsgesetzgebers, die Maßnahmen zu bestimmen, die er für erforderlich hält, um die verfolgten Ziele zu erreichen, und dabei die in Art. 5 EG verankerten Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

82      Der Wille des Unionsgesetzgebers, der Kommission nur eine Befugnis zur Kontrolle der Vereinbarkeit der nationalen Zuteilungspläne mit den Kriterien des Anhangs III und den Bestimmungen des Art. 10 der Richtlinie 2003/87 und keine Befugnis zur Auswechslung oder Vereinheitlichung einzuräumen, die eine Befugnis zur Festlegung einer Obergrenze für die zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate einschlösse, ergibt sich sowohl aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 als auch aus den Vorarbeiten zu dieser Richtlinie. Nähme man daher an, dass die Kommission eine solche Obergrenze festlegen könne, so würden die Grenzen einer teleologischen Auslegung dieser Richtlinie überschritten, und der Kommission würden letztlich Befugnisse verliehen, die jeder rechtlichen Grundlage entbehrten.

83      Wie schon Randnr. 51 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, hat das Gericht also zu Recht in Randnr. 54 des angefochtenen Urteils entschieden, dass aus Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 eindeutig hervorgeht, dass die Rolle der Kommission auf eine Kontrolle der Vereinbarkeit des nationalen Zuteilungsplans eines Mitgliedstaats mit den Kriterien des Anhangs III und den Bestimmungen des Art. 10 dieser Richtlinie beschränkt ist. Es hat zutreffend festgestellt, dass die Kommission befugt ist, diese Vereinbarkeit zu prüfen und den nationalen Zuteilungsplan wegen Unvereinbarkeit mit diesen Kriterien und Bestimmungen abzulehnen, da der Mitgliedstaat in einem solchen Fall eine Entscheidung nach Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie nur dann treffen kann, wenn seine Änderungsvorschläge von der Kommission akzeptiert werden.

84      In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der für Änderungen der Richtlinie 2003/87 allein zuständige Unionsgesetzgeber es für erforderlich gehalten hat, Art. 9 dieser Richtlinie durch die Richtlinie 2009/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 zur Änderung der Richtlinie 2003/87 zwecks Verbesserung und Ausweitung des Gemeinschaftssystems für den Handel mit Treibhausgasemissionszertifikaten (ABl. L 140, S. 63) zu ändern. Diese Änderungsrichtlinie sieht die Einführung eines stärker harmonisierten Systems vor, damit die Vorteile des Emissionshandels besser genutzt, Verzerrungen auf dem Binnenmarkt vermieden und die Verknüpfung mit anderen Emissionshandelssystemen erleichtert werden können.

85      Das Vorbringen der Kommission, es lasse sich ex post nachweisen, dass die vorbehaltlose Anerkennung der im estnischen NZP angeführten Daten über die CO2‑Emissionen und der Gesamtmenge der Treibhausgasemissionszertifikate zu einem Ergebnis geführt hätte, das mit den Kriterien Nrn. 1 bis 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 unvereinbar gewesen wäre, beruht auf einer unzutreffenden Auslegung des angefochtenen Urteils. Wie die Generalanwältin in Nr. 80 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, hat das Gericht nämlich anerkannt, dass die Kommission einen nationalen Zuteilungsplan, der nicht mit den Kriterien dieses Anhangs oder mit Art. 10 dieser Richtlinie vereinbar ist, ablehnen kann; es hat somit nicht angenommen, dass sie die im estnischen NZP verzeichneten Daten vorbehaltlos anerkennen müsste.

86      Was das Argument der Kommission anbelangt, aus verfahrensökonomischen Gründen sei ihr die Befugnis einzuräumen, die Obergrenze für die zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate festzulegen, trifft es zwar zu, dass ein solcher Ansatz das Risiko verringerte, dass die nationalen Zuteilungspläne immer wieder wegen Unvereinbarkeit mit den Kriterien des Anhangs III oder mit Art. 10 der Richtlinie 2003/87 abgelehnt würden. Doch überschreitet die Kommission ihre Befugnisse nicht, wenn sie im verfügenden Teil einer Entscheidung, mit der ein Plan abgelehnt wird, ohne die Obergrenze für die Zertifikate verbindlich festzulegen, darauf hinweist, dass sie die Änderungen dieses Plans nicht ablehnen wird, solange sie den Vorschlägen und Empfehlungen dieser Entscheidung entsprechen. Ein solches Vorgehen steht mit dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission im Einklang und dient auch verfahrensökonomischen Zielen.

87      Daher kann die Kommission nicht mit Erfolg geltend machen, das Gericht habe durch seine Auslegung des Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87 die mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele verkannt. Der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes ist folglich als unbegründet zurückzuweisen.

88      Da die Kritik der Kommission an den allgemeinen Erwägungen des Gerichts über die Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, wie sie die Richtlinie 2003/87 vorsieht, und die beiden Teile des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückgewiesen worden sind, ist dieser Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.

 Zum dritten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehlerhafte Auslegung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

89      Die Kommission wirft dem Gericht vor, bei der Prüfung des vierten Klagegrundes eines Verstoßes gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung diesen Grundsatz rechtsfehlerhaft ausgelegt zu haben.

90      Um zu beurteilen, ob der estnische NZP mit dem Kriterium Nr. 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 vereinbar sei, d. h., ob eine gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2 der Entscheidung 2006/780 angelegte Zertifikatsreserve in der Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate enthalten gewesen sei, habe sich die Kommission auf die Daten stützen dürfen, die sie für alle nationalen Zuteilungspläne der Mitgliedstaaten herangezogen habe. Die Begründung des Art. 1 Abs. 2 der streitigen Entscheidung sei insoweit auch ausreichend, stichhaltig und angemessen. Das Gericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Kommission die Begründung dieser Entscheidung auf ihre eigenen Daten anstatt auf die Daten der Republik Estland gestützt habe.

91      Wegen der Mehrdeutigkeit des estnischen NZP in Bezug auf die Einbeziehung bestimmter Teile der Reserve in die Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate habe die Kommission der Ansicht sein dürfen, dass die in diesem Plan vorgeschlagene Gesamtmenge mit den drei Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 unvereinbar sei. Das Gericht habe in Randnr. 107 des angefochtenen Urteils diese Mehrdeutigkeit selbst eingeräumt.

92      Die Republik Estland beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Das Vorbringen der Kommission beruhe auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils. Das Gericht habe bei seiner Prüfung des vierten Klagegrundes nicht darüber befunden, ob die Kommission berechtigt gewesen sei, für die Beurteilung der Berücksichtigung von Zertifikatsreserven ihre eigenen Daten zu verwenden, sondern es habe sich auf die Prüfung beschränkt, ob die Kommission sorgfältig und unparteiisch alle Umstände des Einzelfalls geprüft habe.

 Würdigung durch den Gerichtshof

93      Mit diesem Rechtsmittelgrund, der die Randnrn. 99 bis 112 des angefochtenen Urteils betrifft, wird die Schlussfolgerung des Gerichts beanstandet, die Kommission habe gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen, indem sie bei der Beurteilung, ob eine gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2 der Entscheidung 2006/780 angelegte Zertifikatsreserve bei der Berechnung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Zertifikate berücksichtigt worden sei, den estnischen NZP und insbesondere seine Anhänge 1 und 3 nicht angemessen geprüft habe.

94      Entgegen der Auffassung der Kommission hat das Gericht in diesen Randnummern des angefochtenen Urteils nicht geprüft, ob sie sich für die Beurteilung, ob eine solche Reserve berücksichtigt wurde, auf ihre eigenen Daten stützen durfte. Wie die Republik Estland zutreffend vorträgt, hat sich das Gericht auf die Prüfung beschränkt, ob die Kommission die von diesem Mitgliedstaat in seinem nationalen Zuteilungsplan angeführten Daten unter Wahrung des Grundsatzes der ordnungsgemäßen Verwaltung geprüft hat.

95      Zunächst hat das Gericht in Randnr. 99 des angefochtenen Urteils darauf hingewiesen, dass zu den Garantien, die durch die Rechtsordnung der Union in Verwaltungsverfahren gewährt werden, u. a. der Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung gehört, der die Verpflichtung des zuständigen Organs umfasst, sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu untersuchen (vgl. u. a. Urteil vom 21. November 1991, Technische Universität München, C‑269/90, Slg. 1991, I‑5469, Randnr. 14).

96      Das Gericht hat sodann in den Randnrn. 103 bis 108 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass die von der Republik Estland in ihrem nationalen Zuteilungsplan vorgelegten Zahlen kohärent und verständlich erschienen. Schließlich hat es in den Randnrn. 109 bis 111 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die Kommission in Anbetracht dieser Zahlen alle relevanten Umstände des Einzelfalls sorgfältig und unparteiisch untersucht hat. Als Erstes hat das Gericht festgestellt, dass die Schlussfolgerung der Kommission, die in den fraglichen Reserven enthaltenen Zertifikate seien nicht in die Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate einbezogen worden, nicht mit dem Akteninhalt vereinbar scheine. Als Zweites hat das Gericht ausgeführt, dass die Kommission hätte erläutern müssen, auf welcher Grundlage sie zu dem Schluss gelangt sei, dass der estnische NZP nicht mit dem Kriterium Nr. 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 vereinbar sei. Es hat daraus gefolgert, dass die Kommission nicht nachgewiesen habe, inwieweit die in diesem Plan enthaltenen Berechnungen mit Fehlern behaftet gewesen seien.

97      Zu der Behauptung der Kommission, das Gericht selbst habe eingeräumt, dass der estnische NZP mehrdeutig sei, ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht in Randnr. 107 des angefochtenen Urteils zwar festgestellt hat, dass sich der nationale Zuteilungsplan hinsichtlich der fehlenden Einbeziehung eines Teils der Reserve in die Gesamtmenge der Zertifikate mehrdeutig darstelle, da aus den Anhängen dieses Plans nicht hervorgehe, aus welchen Gründen die Republik Estland der Ansicht war, dass dieser Teil der Reserven von der Gesamtmenge der Zertifikate abzuziehen sei.

98      Doch ergibt sich daraus allein nicht, dass der estnische NZP als mit den Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 unvereinbar angesehen werden konnte. Dass in einem nationalen Zuteilungsplan ein mehrdeutiger Bestandteil enthalten ist, kann für sich allein nämlich nicht zur Ablehnung dieses Plans führen.

99      Der Kommission obliegt es nach Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2003/87, nach dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten und nach dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um festzustellen, ob dieser mehrdeutige Bestandteil gegen die Kriterien des Anhangs III dieser Richtlinie verstößt oder mit ihnen vereinbar ist. Dabei muss die Kommission alle in dem von ihr geprüften nationalen Zuteilungsplan enthaltenen Angaben beurteilen und gegebenenfalls die zuständigen nationalen Behörden um Klärung ersuchen.

100    Mithin beruht dieser Rechtsmittelgrund auf einem unzutreffenden Verständnis des angefochtenen Urteils und ist daher zurückzuweisen.

 Zum vierten Rechtsmittelgrund: Rechtsfehler bei der Einordnung von Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung als nicht abtrennbar

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

101    Die Kommission wirft dem Gericht vor, dass es Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung als nicht von den übrigen Bestimmungen der streitigen Entscheidung abtrennbar angesehen und deshalb diese Entscheidung insgesamt für nichtig erklärt hat.

102    Das angefochtene Urteil beruhe auf einem falschen Verständnis der Abtrennbarkeit von Bestimmungen der Unionsrechtsakte und auf einer falschen Auslegung der vom Gericht in Randnr. 28 des angefochtenen Urteils angeführten Rechtsprechung sowie der streitigen Entscheidung. Nach ständiger Rechtsprechung sei das Erfordernis der Abtrennbarkeit nicht erfüllt, wenn die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts zur Folge hätte, dass sein Wesensgehalt verändert würde. Dies sei jedoch nicht bei jeder Änderung seines Inhalts der Fall. Eine Änderung des Wesensgehalts eines Rechtsakt setze nämlich seine Umwandlung in einen Rechtsakt voraus, den sein Urheber nicht habe erlassen wollen oder nicht erlassen hätte.

103    Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung beträfen die Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate (Kriterien Nrn. 1 bis 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87). Diese Artikel stünden zwar miteinander im Zusammenhang, ließen sich aber von den übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung trennen. Art. 1 Abs. 3 und Art. 2 Abs. 3 der Entscheidung bezögen sich auf eine Überschusszuteilung von Zertifikaten an bestimmte Unternehmen (Kriterium Nr. 5 dieses Anhangs), während es in Art. 1 Abs. 4 und Art. 2 Abs. 4 der Entscheidung um nicht ausreichende Informationen über die neuen Marktteilnehmer gehe (Kriterium Nr. 6 des Anhangs).

104    Die Argumentation des Gerichts beruhe zum einen auf der Feststellung, dass die Absätze der Art. 1 und 2 der streitigen Entscheidung parallel liefen, einer Auffassung, die von der Kommission geteilt werde, und zum anderen auf einer fehlerhaften Auslegung der Bedeutung des Art. 2, die im Licht des Art. 1 zu bestimmen sei und nicht umgekehrt.

105    Art. 1 der streitigen Entscheidung enthalte die Liste der Bestandteile des estnischen NZP, die die Kommission für mit den Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 unvereinbar halte. In Art. 2 finde sich eine Reihe von Vorschlägen, wie jedem der in Art. 1 festgestellten Mängel abgeholfen werden könne. Die in den Abs. 1 und 2 dieser beiden Artikel beschriebenen Mängel unterschieden sich von denjenigen, die in den Abs. 3 und 4 festgestellt worden seien, und seien davon unabhängig. Diese Absätze oder zumindest diese beiden Gruppen von Absätzen ließen sich also voneinander trennen.

106    Aus der Struktur und der Begründung der streitigen Entscheidung ergebe sich klar, dass jeder Absatz des Art. 2 in einem untrennbaren Zusammenhang mit dem entsprechenden Absatz des Art. 1, nicht aber mit den übrigen Bestimmungen des Art. 2 stehe. Dasselbe gelte für die Bestimmungen des Art. 1 der streitigen Entscheidung.

107    Auch wenn sich die Kommission verpflichtet habe, bei der Prüfung eines weiteren nationalen Zuteilungsplans, der alle Vorschläge des Art. 2 der streitigen Entscheidung berücksichtige, keine Einwände zu erheben, bildeten diese Vorschläge kein untrennbares Ganzes. Sollte entschieden werden, dass einer oder mehrere der in Art. 1 dieser Entscheidung beschriebenen Mängel nicht als solcher anzusehen sei, hätten die entsprechenden Vorschläge in Art. 2 keine Daseinsberechtigung mehr. Die übrigen Bestimmungen des Art. 2 könnten jedoch nach wie vor zur Anwendung kommen.

108    Unter diesen Umständen könne die Nichtigerklärung von Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung nicht deren Substanz ändern. Diese verschiedenen Bestimmungen könnten im Übrigen auch als mehrere Entscheidungen angesehen werden, die in einem einzigen Rechtsakt zusammengefasst seien.

109    Die Republik Estland beantragt, diesen Rechtsmittelgrund zurückzuweisen. Zwischen den Kriterien Nrn. 1 bis 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87, die sich auf die Menge bezögen, die als Gesamtmenge der Treibhausgasemissionszertifikate bestimmt werden könne, und den Kriterien Nrn. 5 und 6 dieses Anhangs bestehe ein untrennbarer Zusammenhang. Die Gesamtmenge und die Art, wie der estnische NZP in Abstimmung mit diesen Kriterien geändert werde, seien miteinander verbunden. Die erhebliche Verringerung der Gesamtmenge durch die Kommission nach den Art. 1 und 2 Abs. 1 der streitigen Entscheidung wirke sich sowohl auf die Bevorzugung bestimmter Unternehmen für in einem früheren Stadium ergriffene Maßnahmen (Kriterium Nr. 5 des Anhangs III dieser Richtlinie) als auch auf die Zertifikate für die neuen Wirtschaftsteilnehmer (Kriterium Nr. 6 dieses Anhangs) aus.

 Würdigung durch den Gerichtshof

110    Der vierte Rechtsmittelgrund betrifft die Randnrn. 31 bis 34 und 114 des angefochtenen Urteils, in denen es um die Frage geht, ob sich Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung vom Rest dieser Entscheidung trennen lassen oder nicht und das Gericht die Entscheidung folglich zu Recht in vollem Umfang für nichtig erklärt hat.

111    Wie das Gericht in Randnr. 28 des angefochtenen Urteils ausgeführt hat, ist die teilweise Nichtigerklärung eines Unionsakts nur möglich, soweit sich die Teile, deren Nichtigerklärung beantragt wird, vom Rest des Rechtsakts trennen lassen (vgl. u. a. Urteile vom 10. Dezember 2002, Kommission/Rat, C‑29/99, Slg. 2002, I‑11221, Randnr. 45, und vom 24. Mai 2005, Frankreich/Parlament und Rat, C‑244/03, Slg. 2005, I‑4021, Randnr. 12; vgl. in diesem Sinne Urteil vom 21. Januar 2003, Kommission/Parlament und Rat, C‑378/00, Slg. 2003, I‑937, Randnr. 30). Der Gerichtshof hat ebenfalls wiederholt entschieden, dass dieses Erfordernis der Abtrennbarkeit nicht erfüllt ist, wenn die teilweise Nichtigerklärung eines Rechtsakts zur Folge hätte, dass der Wesensgehalt dieses Aktes verändert würde (Urteile vom 31. März 1998, Frankreich u. a./Kommission, C‑68/94 und C‑30/95, Slg. 1998, I‑1375, Randnr. 257, Kommission/Rat, Randnr. 46, und Frankreich/Parlament und Rat, Randnr. 13).

112    Im vorliegenden Fall ist es für die Prüfung der Abtrennbarkeit von Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung vom Rest dieser Entscheidung erforderlich, die Bedeutung dieser Bestimmungen zu prüfen, um beurteilen zu können, ob ihre Nichtigerklärung den Geist und die Substanz dieser Entscheidung verändern würde (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 27. Juni 2006, Parlament/Rat, C‑540/03, Slg. 2006, I‑5769, Randnr. 29).

113    Die Bestimmungen der streitigen Entscheidung sind das Ergebnis einer negativen Beurteilung des estnischen NZP, so wie er von der Republik Estland übermittelt worden war, durch die Kommission. Art. 1 dieser Entscheidung führt mehrere Unvereinbarkeiten dieses Plans mit einem oder mehreren der Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 auf. In Art. 2 der Entscheidung verpflichtet sich die Kommission, keine Einwände gegen den Plan zu erheben, der im Anschluss an die ablehnende Entscheidung aufgestellt werden wird, sofern die Republik Estland die in Art. 2 Abs. 1 bis 4 der streitigen Entscheidung aufgeführten Änderungen vornimmt. Art. 3 Abs. 1 dieser Entscheidung regelt die Festsetzung einer Zertifikatsreserve, und Art. 3 Abs. 2 und 3 enthält genauere Angaben für die Durchführung der übrigen Bestimmungen der Entscheidung.

114    Was insbesondere das Verhältnis von Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung zu den übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung anbelangt, ist festzustellen, dass diese Bestimmungen, auch wenn sie sich auf unterschiedliche Aspekte des estnischen NZP und auf unterschiedliche Kriterien des Anhangs III der Richtlinie 2003/87 beziehen, eine untrennbare Einheit bilden.

115    Zum einen stellt die Festsetzung der Gesamtmenge der zuzuteilenden Treibhausgasemissionszertifikate (Kriterien Nrn. 1 bis 3 des Anhangs III der Richtlinie 2003/87) in Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung unbestreitbar den Hauptbestandteil der nationalen Zuteilungspläne dar und steht in einem engen Zusammenhang mit den übrigen Bestandteilen solcher Pläne.

116    Wie das Gericht in den Randnrn. 29 und 30 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, würde zum anderen eine eventuelle Nichtigerklärung nur eines Teils der Absätze des Art. 1 der streitigen Entscheidung „dazu führen, die Anzahl der Punkte, in denen [von der Kommission] eine Unvereinbarkeit mit der Richtlinie [2003/87] festgestellt wurde, zu verringern“. Eine Nichtigerklärung einiger Absätze des Art. 2 dieser Entscheidung „hätte … zur Folge, dass die Verpflichtung der Kommission, keine Einwände gegen den nationalen Zuteilungsplan zu erheben, aufrechterhalten bliebe und dabei zugleich die Zahl der Änderungen verringert würde, vorbehaltlich deren diese Verpflichtung … erklärt worden war“.

117    Nichts in dieser Entscheidung lässt jedoch darauf schließen, dass der estnische NZP als mit der Richtlinie 2003/87 vereinbar hätte angesehen werden können, ohne dass alle in Art. 2 der streitigen Entscheidung aufgeführten Änderungen an ihm vorgenommen worden wären.

118    Wie nämlich das Gericht in Randnr. 32 des angefochtenen Urteils zutreffend ausgeführt hat, würde eine Nichtigerklärung nur eines Teils der Absätze des Art. 2 „die [streitige] Entscheidung, nach der der [estnische NZP] unter dem Vorbehalt von vier Änderungen erlassen werden kann, die es ermöglichen, vier mit den Kriterien des Anhangs III [der Richtlinie 2003/87] unvereinbaren Punkten abzuhelfen, durch eine andere Entscheidung ersetzen, nach der dieser Plan unter dem Vorbehalt einer geringeren Anzahl von Änderungen erlassen werden könnte“.

119    Somit ist festzustellen, dass das Gericht in Randnr. 31 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden hat, dass eine Nichtigerklärung eines der Absätze des Art. 1 sowie des entsprechenden Absatzes des Art. 2 der streitigen Entscheidung dazu führen würde, den Wesensgehalt dieser Entscheidung zu verändern.

120    Zu Art. 3 Abs. 2 und 3 der streitigen Entscheidung genügt der Hinweis, dass in diesen Bestimmungen die Durchführung der anderen Bestimmungen dieser Entscheidung genauer geregelt ist. Soweit also Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der Entscheidung für nichtig erklärt werden, ist Art. 3 Abs. 2 und 3 gegenstandslos.

121    Diesem Ergebnis steht nicht die Behauptung der Kommission entgegen, eine Veränderung des Wesensgehalts eines Unionsrechtsakts liege nur bei dessen Umwandlung in einen Rechtsakt vor, den sein Urheber nicht habe erlassen wollen oder nicht erlassen hätte. Hierzu genügt der Hinweis, dass die Frage, ob eine teilweise Nichtigerklärung den Wesensgehalt des Unionsrechtsakts verändern würde, ein objektives, nicht aber ein subjektives Kriterium darstellt, das vom politischen Willen des Organs abhängig wäre, das den streitigen Rechtsakt erlassen hat (vgl. Urteile vom 30. September 2003, Deutschland/Kommission, C‑239/01, Slg. 2003, I‑10333, Randnr. 37, sowie Frankreich/Parlament und Rat, Randnr. 14).

122    Nach alledem hat das Gericht in seinem Urteil rechtsfehlerfrei entschieden, dass sich Art. 1 Abs. 1 und 2, Art. 2 Abs. 1 und 2 sowie Art. 3 Abs. 1 der streitigen Entscheidung nicht von den übrigen Bestimmungen dieser Entscheidung trennen lassen, und die Entscheidung infolgedessen insgesamt für nichtig erklärt. Der vierte Rechtsmittelgrund ist daher unbegründet.

123    Da keiner der von der Kommission angeführten Rechtsmittelgründe durchgreift, ist das Rechtsmittel zurückzuweisen.

 Kosten

124    Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß Art. 118 der Verfahrensordnung auf das Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem Antrag der Republik Estland die Kosten aufzuerlegen.

125    Nach Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark und die Republik Lettland, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2.      Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

3.      Die Tschechische Republik, das Königreich Dänemark und die Republik Lettland tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Estnisch.