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Klage, eingereicht am 9. November 2016 – Irland/Kommission

(Rechtssache T-778/16)

Verfahrenssprache: Englisch

Parteien

Kläger: Irland (Prozessbevollmächtigte: E. Creedon, K. Duggan und A. Joyce, P. Baker, QC, S. Kingston, C. Donnelly, B. Doherty und A. Goodman, Barristers, P. Gallagher, D. McDonald und M. Collins, SC)

Beklagte: Europäische Kommission

Anträge

Der Kläger beantragt,

den Beschluss K(2016) 5605 endg. vom 30. August 2016 über die Beihilferegelung SA.38373 (2014/C) Irlands zugunsten von Apple, den die Kommission an Irland gerichtet hat, für nichtig zu erklären;

der Kommission die Kosten Irlands aufzuerlegen.

Klagegründe und wesentliche Argumente

Zur Stützung der Klage macht der Kläger neun Klagegründe geltend.

Erster Klagegrund: Der Kommission seien dadurch, dass sie das irische Recht und den Sachverhalt nicht richtig aufgefasst habe, offensichtliche Beurteilungsfehler unterlaufen.

Im angefochtenen Beschluss werde zu Unrecht festgestellt, dass mit zwei Bescheiden der Irish Revenue Commissioners von 1991 und 2007 auf Steuern „verzichtet“ worden sei, die Irland sonst von den irischen Zweigniederlassungen der Apple Sales International (ASI) und der Apple Operations Europe (AOE) hätte erheben können. Mit den Bescheiden werde nicht vom irischen Recht abgewichen. Die Besteuerung irischer Zweigniederlassungen gebietsfremder Unternehmen sei in Section 25 des Taxes Consolidation Act 1997 allgemein geregelt. Mit den Bescheiden werde lediglich diese Vorschrift angewandt, nach der gemäß dem Territorialprinzip ausschließlich die der Zweigniederlassung zuzurechnenden Gewinne besteuert würden, nicht aber die nicht irischen Gewinne des Unternehmens. Im angefochtenen Beschluss würden außerdem die Tätigkeiten und Verantwortlichkeiten der irischen Zweigniederlassungen von ASI und AOE nicht richtig dargestellt. Diese erledigten Routineaufgaben. Wichtige Entscheidungen würden bei ASI und AOE hingegen stets in den USA getroffen, und die aufgrund dieser Entscheidungen erzielten Gewinne könnten nicht den irischen Zweigniederlassungen von ASI und AOE zugerechnet werden. Die Zuordnung der Lizenzen des geistigen Eigentums von Apple an die irischen Zweigniederlassungen von AOE und ASI, wie sie die Kommission vorgenommen habe, sei nicht mit dem irischen Recht vereinbar, ja stehe sogar in Widerspruch zu den Grundsätzen, die die Kommission anzuwenden vorgebe, etwa der ausdrücklichen Weigerung, die Tätigkeiten von Apple Inc. zu berücksichtigen.

Zweiter Klagegrund: Der Kommission seien bei ihrer beihilferechtlichen Beurteilung offensichtliche Fehler unterlaufen.

Die Feststellung der Kommission, ASI und AOE werde ein „Vorteil“ gewährt, sei unzutreffend. Mit den Bescheiden sei nicht von der „normalen“ Besteuerung abgewichen worden. ASI und AOE hätten nämlich nicht weniger Steuern gezahlt als gemäß Section 25 des Taxes Consolidation Act 1997 geschuldet. Außerdem nehme die Kommission zu Unrecht an, dass die Bescheide selektiv seien. Das Referenzsystem der Kommission lasse die Unterscheidung zwischen gebietsansässigen und -fremden Unternehmen zu Unrecht außer Betracht. Die Kommission versuche, das irische Körperschaftsteuerrecht umzuschreiben: Nach ihrer Auffassung hätten die Revenue Commissioners bei der Erteilung der Bescheide den Fremdvergleichsgrundsatz, wie sie ihn verstehe, anwenden müssen. Dieser Grundsatz sei aber nicht Bestandteil des auf die Zurechnung der Gewinne von Zweigniederlassungen anwendbaren Unions- oder irischen Rechts. Die Auffassung der Kommission sei auch nicht mit der Souveränität der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern vereinbar.

Dritter Klagegrund: Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes durch die Kommission sei widersprüchlich und offensichtlich fehlerhaft.

Selbst wenn der Fremdvergleichsgrundsatz rechtlich relevant wäre (was nach Auffassung Irlands nicht der Fall sei), hätte die Kommission ihn nicht widerspruchsfrei angewandt und die Gesamtsituation des Apple-Konzerns nicht untersucht.

Vierter Klagegrund: Die Hilfserwägungen der Kommission seien unzutreffend.

Die Kommission habe ein von Irland vorgelegtes Sachverständigengutachten zu Unrecht zurückgewiesen, das beweise, dass, selbst wenn man den Fremdvergleichsgrundsatz anwenden würde (womit Irland nicht einverstanden sei), die steuerliche Behandlung von ASI und AOE mit diesem Grundsatz in Einklang stehe.

Fünfter Klagegrund: Die Alternativerwägungen der Kommission seien unzutreffend.

Die Kommission habe zu Unrecht angenommen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz Bestandteil des irischen Rechts sei und dass Section 25 des Taxes Consolidation Act 1997 widersprüchlich angewandt worden sei und ein unzulässiges Ermessen einräume. Diese Vorschrift räume den Revenue Commissioners kein unzulässiges Ermessen ein.

Sechster Klagegrund: Die Kommission habe wesentliche Formvorschriften verletzt.

Die Kommission habe während der Untersuchung ihre Beihilfetheorie nicht erläutert, und der angefochtene Beschluss enthalte tatsächliche Feststellungen, zu denen Irland zu keinem Zeitpunkt habe Stellung nehmen können. Die Kommission habe dadurch, dass sie nicht unparteiisch gehandelt habe und ihrer Sorgfaltspflicht nicht nachgekommen sei, ihre Verpflichtung zu ordnungsgemäßer Verwaltung verletzt.

Siebter Klagegrund: Die Kommission habe gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen.

Die Kommission habe dadurch, dass sie sich auf angebliche Regeln des Unionsrechts berufen habe, die bislang nicht identifiziert worden seien, gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes verstoßen. Diese Regeln seien neu, und ihr Anwendungsbereich und ihre Tragweite seien völlig ungewiss. Die Kommission berufe sich auf OECD-Dokumente von 2010, die aber 1991 oder 2007 (selbst wenn sie verbindlich wären) nicht hätten vorhergesehen werden können.

Achter Klagegrund: Die Kommission sei für den Erlass des angefochtenen Beschlusses nicht zuständig und habe gegen die Art. 4 und 5 EUV und den Grundsatz der Steuerautonomie der Mitgliedstaaten verstoßen.

Die Kommission sei nach den Beihilferegeln nicht befugt, einseitig ihre Auffassung vom räumlichen Geltungsbereich und der Tragweite der Steuerregelung eines Mitgliedstaats durch ihre eigene zu ersetzen. Ziel der Beihilferegeln sei es, gegen staatliche Maßnahmen vorzugehen, mit denen ein selektiver Vorteil gewährt werde. Unterschiede zwischen den Steuersystemen auf globaler Ebene könnten mit den Beihilferegeln naturgemäß nicht beseitigt werden.

Neunter Klagegrund: Die Kommission habe offensichtlich gegen Art. 296 AEUV und Art. 41 Abs. 2 Buchst. c der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen.

Die Kommission habe offensichtlich ihre Pflicht verletzt, ihren Beschluss klar und eindeutig zu begründen. Sie habe gleichzeitig auf völlig verschiedene tatsächliche Szenarien abgestellt, sich hinsichtlich der Rechtsquelle der Regel, gegen die Irland verstoßen haben soll, widersprochen und angenommen, dass Irland in Bezug auf Gewinne, die in anderen Rechtsordnungen steuerpflichtig seien, eine staatliche Beihilfe gewährt habe.

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