Language of document : ECLI:EU:C:2011:338

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

24. Mai 2011(*)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats – Art. 43 EG – Niederlassungsfreiheit – Notare – Staatsangehörigkeitsvoraussetzung – Art. 45 EG – Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt – Richtlinien 89/48/EWG und 2005/36/EG“

In der Rechtssache C‑53/08

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 12. Februar 2008,

Europäische Kommission, vertreten durch G. Braun und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

unterstützt durch

Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch S. Behzadi-Spencer als Bevollmächtigte,

Streithelfer,

gegen

Republik Österreich, vertreten durch E. Riedl, M. Aufner und G. Holley als Bevollmächtigte,

Beklagte,

unterstützt durch

Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek als Bevollmächtigten,

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch M. Lumma und J. Kemper als Bevollmächtigte,

Französische Republik, vertreten durch G. de Bergues und B. Messmer als Bevollmächtigte,

Republik Lettland, vertreten durch L. Ostrovska, K. Drēviņa und J. Barbale als Bevollmächtigte,

Republik Litauen, vertreten durch D. Kriaučiūnas und E. Matulionytė als Bevollmächtigte,

Republik Ungarn, vertreten durch R. Somssich, K. Veres und M. Fehér als Bevollmächtigte,

Republik Polen, vertreten durch M. Dowgielewicz, C. Herma und D. Lutostańska als Bevollmächtigte,

Republik Slowenien, vertreten durch V. Klemenc und Ž. Cilenšek Bončina als Bevollmächtigte,

Slowakische Republik, vertreten durch J. Čorba als Bevollmächtigten,

Streithelferinnen,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues, K. Lenaerts, J.‑C. Bonichot, A. Arabadjiev (Berichterstatter) und J.‑J. Kasel sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta, der Richter E. Juhász, G. Arestis und M. Ilešič, der Richterin C. Toader und des Richters M. Safjan,

Generalanwalt: P. Cruz Villalón,

Kanzler: M.-A. Gaudissart, Referatsleiter,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2010,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 14. September 2010

folgendes

Urteil

1        Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 43 EG und 45 EG sowie aus der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. 1989, L 19, S. 16), in der durch die Richtlinie 2001/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Mai 2001 (ABl. L 206, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 89/48) und/oder aus der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. L 255, S. 22) verstoßen hat, dass sie für den Zugang zum Beruf des Notars eine Staatsangehörigkeitsvoraussetzung aufgestellt und die genannten Richtlinien für diesen Beruf nicht umgesetzt hat.

 Rechtlicher Rahmen

 Unionsrecht

2        Im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/48 hieß es: „Die allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome präjudiziert in keiner Weise die Anwendung von Artikel [45 EG].“

3        Art. 2 der Richtlinie 89/48 lautete:

„Diese Richtlinie gilt für alle Angehörigen eines Mitgliedstaats, die als Selbständige oder abhängig Beschäftigte einen reglementierten Beruf in einem anderen Mitgliedstaat ausüben wollen.

Diese Richtlinie gilt nicht für die Berufe, die Gegenstand einer Einzelrichtlinie sind, mit der in den Mitgliedstaaten eine gegenseitige Anerkennung der Diplome eingeführt wird.“

4        Der Notarberuf ist nicht Gegenstand einer Regelung der in Art. 2 Abs. 2 genannten Art.

5        Die Richtlinie 89/48 sah eine Umsetzungsfrist vor, die nach ihrem Art. 12 am 4. Jänner 1991 ablief.

6        Durch Art. 62 der Richtlinie 2005/36 wurde die Richtlinie 89/48 mit Wirkung vom 20. Oktober 2007 aufgehoben.

7        Im neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 heißt es:

„Die Grundsätze und Garantien für die Niederlassungsfreiheit, die in den verschiedenen derzeit geltenden Anerkennungsregelungen enthalten sind, sollen aufrechterhalten werden, wobei aber die Vorschriften dieser Anerkennungsregeln im Lichte der Erfahrungen verbessert werden sollten. Außerdem sind die einschlägigen Richtlinien mehrfach geändert worden, und es sollte daher durch eine Vereinheitlichung der geltenden Grundsätze eine Neuordnung und Straffung ihrer Bestimmungen vorgenommen werden. Es ist daher erforderlich, folgende Richtlinien aufzuheben …: die [Richtlinie] 89/48/EWG …“

8        Im 14. Erwägungsgrund der Richtlinie heißt es:

„Der durch die [Richtlinie] 89/48/EWG … eingeführte Anerkennungsmechanismus ändert sich nicht. …“

9        Nach dem 41. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 „berührt [sie] nicht die Anwendung des Artikels 39 Absatz 4 [EG] und des Artikels 45 [EG], insbesondere auf Notare“.

 Nationales Recht

 Allgemeine Ausgestaltung des Notarberufs

10      Die Notare üben ihre Tätigkeiten nach der österreichischen Rechtsordnung freiberuflich aus. Die Ausgestaltung des Notarberufs ist in der Notariatsordnung vom 25. Juli 1871 (RGBl. Nr. 75/1871) in der Fassung des BGBl. I Nr. 164/2005 (im Folgenden: NO) geregelt.

11      Nach § 1 Abs. 1 NO werden die Notare „vom Staate bestellt und öffentlich beglaubigt, damit sie … über Rechtserklärungen und Rechtsgeschäfte, sowie über Thatsachen, aus welchen Rechte abgeleitet werden wollen, öffentliche Urkunden aufnehmen und ausfertigen [und] die von den Parteien ihnen anvertrauten Urkunden verwahren“.

12      Nach § 8 NO dürfen die Notare ihre Befugnisse im gesamten Gebiet der Republik Österreich ausüben.

13      Die Zahl der Notare, die Notarstellen und ihr Amtssitz werden, wie sich aus § 9 NO ergibt, durch Verordnung des Bundesministers für Justiz festgelegt.

14      Die Gebühren der Notare werden anhand der Bestimmungen des Bundesgesetzes über den Notariatstarif (Notariatstarifgesetz) vom 8. November 1973 (BGBl. Nr. 576/1973) in geänderter Fassung und des Bundesgesetzes vom 3. März 1971 über die Gebühren der Notare als Beauftragte des Gerichtes (Gerichtskommissionstarifgesetz) (BGBl. Nr. 108/1971) in geänderter Fassung festgelegt.

15      Nach § 6 Abs. 1 Buchst. a NO ist Voraussetzung für die Erlangung einer Notarstelle die österreichische Staatsbürgerschaft.

 Die Notartätigkeiten

16      Die den Notaren im österreichischen Recht übertragenen Tätigkeiten lassen sich in drei Gruppen einteilen.

17      Erstens ist der Notar nach § 1 Abs. 1 NO für die Beurkundung von Akten oder Verträgen zuständig. Dabei kann das Tätigwerden des Notars je nach Art des von ihm zu beurkundenden Akts obligatorisch oder fakultativ sein. Durch sein Tätigwerden stellt der Notar das Vorliegen aller gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für das Zustandekommen des Akts sowie die Rechts- und Geschäftsfähigkeit der Beteiligten fest.

18      Der Notariatsurkunde kommt nach § 292 Abs. 1 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung – ZPO) vom 1. August 1895 (RGBl. Nr. 113/1895) in geänderter Fassung, der zum Dritten Titel („Beweis durch Urkunden“) des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils der ZPO gehört, Beweiskraft zu. Nach dieser Bestimmung begründen öffentliche Urkunden, d. h. Urkunden, die von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises in der vorgeschriebenen Form errichtet sind, vollen Beweis dessen, was darin von der Urkundsperson bezeugt wird. Der Beweis sowohl der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs oder der bezeugten Tatsache als auch der unrichtigen Beurkundung ist nach § 292 Abs. 2 zulässig.

19      In § 272 ZPO ist der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht verankert.

20      Nach § 3 NO ist ein Notariatsakt bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen exekutionsfähig; insbesondere muss sich der Verpflichtete der sofortigen Vollstreckung unterworfen haben.

21      Nach § 1 des Gesetzes vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungsverfahren (Exekutionsordnung) (RGBl. Nr. 79/1896) in geänderter Fassung sind die in § 3 NO bezeichneten Notariatsakte Exekutionstitel im Sinne dieses Gesetzes.

22      Aus den Bestimmungen der Exekutionsordnung in geänderter Fassung ergibt sich, dass der Notar im Rahmen der Zwangsvollstreckung keine Aufgaben wahrnimmt.

23      Zweitens ist der Notar nach § 5 NO befugt, Privaturkunden zu verfassen und Parteien in bestimmten, in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Verfahren zu vertreten.

24      Drittens übt der Notar als „Gerichtskommissär“ im Rahmen bestimmter außerstreitiger Verfahren die in § 1 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 11. November 1970 über die Tätigkeit der Notare als Beauftragte des Gerichtes im Verfahren außer Streitsachen (Gerichtskommissärsgesetz – GKG) (BGBl. Nr. 343/1970) in der Fassung des BGBl. I Nr. 112/2003 aufgeführten Tätigkeiten aus.

25      Zu diesen Tätigkeiten gehören bestimmte Aufgaben im Bereich des Verlassenschaftsrechts zur Regelung von Erbfällen, insbesondere die Todesfallaufnahme, die Errichtung des Verlassenschaftsinventars, die Ermittlung der Erben und die Entgegennahme ihrer Erklärungen in Bezug auf den Erbantritt, die Sicherung der Verlassenschaft und der Erlass der hierfür erforderlichen vorläufigen Maßnahmen.

26      Das Bundesgesetz über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz – AußStrG) (BGBl. I Nr. 111/2003) in geänderter Fassung enthält hierzu eingehende Vorschriften. So ergibt sich aus § 144 Abs. 3 dieses Gesetzes, dass der Notar den Akt unverzüglich dem Gericht vorzulegen hat, wenn es dies verlangt oder eine Entscheidung des Gerichts erforderlich ist.

27      Ferner geht aus den §§ 160 und 161 AußStrG hervor, dass der Notar im Fall einander widersprechender Erbantrittserklärungen, wenn keine Einigung erzielt werden konnte, die Frage dem Gericht vorlegen muss, das nach Prüfung des Vorbringens der Parteien und ihrer Beweisanbote das Erbrecht der Berechtigten feststellt.

28      Nach § 166 Abs. 2 AußStrG entscheidet das Gericht über Streitigkeiten wegen der Zugehörigkeit einer Sache zum Verlassenschaftsvermögen.

29      Gemäß den §§ 177 und 178 AußStrG hat das Gericht den Erben die Verlassenschaft durch Beschluss einzuantworten.

30      Zu weiteren dem Notar durch das GKG übertragenen Aufgaben außerhalb des Bereichs der Verlassenschaft gehören das Schätzen und Feilbieten beweglicher und unbeweglicher Sachen, die Errichtung von Inventaren und die Abwicklung von Vermögensteilungen im gegenseitigen Einvernehmen.

31      Von der Zuständigkeit des Notars ausgenommen sind nach § 1 Abs. 2 GKG insbesondere richterliche Entscheidungen, die Protokollierung gerichtlicher Vergleiche und die Anordnung von Zwangsmaßnahmen im Sinne von § 79 AußStrG.

32      Nach § 7 GKG muss der Notar die in den Randnrn. 24 bis 30 des vorliegenden Urteils beschriebenen Aufgaben innerhalb der ihm vom Gericht gesetzten Fristen besorgen. Überschreitet er diese Fristen, wird ihm der Auftrag entzogen, und ein anderer Notar wird zum Gerichtskommissär bestellt.

33      Wie sich aus § 7a GKG ergibt, wird der Notar bei der Ausübung der oben genannten Aufgaben vom Gericht überwacht. Dabei kann das Gericht u. a. die erforderlichen Erhebungen vornehmen, vom Notar Berichte über seine Tätigkeit einholen und ihm bestimmte Aufträge erteilen. Nach § 7a Abs. 2 sind Einwände gegen Maßnahmen des Notars oder dessen Verhalten dem Gericht zu unterbreiten.

 Vorverfahren

34      Die Kommission wurde mit einer Beschwerde befasst, die die Staatsangehörigkeitsvoraussetzung für den Zugang zum Beruf des Notars in Österreich betraf. Nach Prüfung dieser Beschwerde forderte die Kommission die Republik Österreich mit Schreiben vom 8. November 2000 auf, sich binnen zwei Monaten u. a. zum einen zur Vereinbarkeit der Staatsangehörigkeitsvoraussetzung mit Art. 45 Abs. 1 EG und zum anderen zur unterbliebenen Umsetzung der Richtlinie 89/48 in Bezug auf den Beruf des Notars zu äußern.

35      Mit Schreiben vom 23. Jänner 2001 antwortete die Republik Österreich auf dieses Aufforderungsschreiben.

36      Am 16. Juli 2002 übersandte die Kommission diesem Mitgliedstaat ein ergänzendes Aufforderungsschreiben, in dem sie ihm vorwarf, gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 43 EG und 45 Abs. 1 EG und aus der Richtlinie 89/48 verstoßen zu haben.

37      Die Republik Österreich antwortete auf dieses ergänzende Aufforderungsschreiben mit Schreiben vom 12. September 2002.

38      Da die von der Republik Österreich vorgebrachten Argumente die Kommission nicht überzeugten, richtete sie an diesen Mitgliedstaat am 18. Oktober 2006 eine mit Gründen versehene Stellungnahme, in der sie zu dem Ergebnis kam, dass der Mitgliedstaat gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 43 EG und 45 Abs. 1 EG und aus der Richtlinie 89/48 verstoßen habe. Sie forderte ihn auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um der mit Gründen versehenen Stellungnahme binnen einer Frist von zwei Monaten nach ihrem Erhalt nachzukommen.

39      Mit Schreiben vom 19. Dezember 2006 legte die Republik Österreich dar, aus welchen Gründen sie den von der Kommission vertretenen Standpunkt für unbegründet hielt.

40      Unter diesen Umständen hat die Kommission beschlossen, die vorliegende Klage zu erheben.

 Zur Klage

 Zur ersten Rüge

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

41      Mit ihrer ersten Rüge ersucht die Kommission den Gerichtshof um die Feststellung, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus den Art. 43 EG und 45 Abs. 1 EG verstoßen hat, dass sie den Zugang zum Beruf des Notars ihren eigenen Staatsangehörigen vorbehalten hat.

42      Vorab hebt sie hervor, dass der Zugang zum Beruf des Notars in einigen Mitgliedstaaten nicht an ein Staatsangehörigkeitserfordernis geknüpft sei und dass andere Mitgliedstaaten – wie das Königreich Spanien, die Italienische Republik und die Portugiesische Republik – dieses Erfordernis fallen gelassen hätten.

43      Sie weist erstens darauf hin, dass Art. 43 EG eine der grundlegenden Vorschriften des Unionsrechts darstelle und die Vergünstigung der Inländerbehandlung jedem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats garantieren solle, der sich, sei es auch nur mit einer Sekundärniederlassung, in einem anderen Mitgliedstaat niederlasse, um dort eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, und dass er jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit verbiete.

44      Die Kommission und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland machen geltend, Art. 45 Abs. 1 EG müsse autonom und einheitlich ausgelegt werden (Urteil vom 15. März 1988, Kommission/Griechenland, 147/86, Slg. 1988, 1637, Randnr. 8). Da dieser Artikel für Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien, eine Ausnahme von der Niederlassungsfreiheit vorsehe, sei er zudem eng auszulegen (Urteil vom 21. Juni 1974, Reyners, 2/74, Slg. 1974, 631, Randnr. 43).

45      Die in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehene Ausnahme müsse daher auf Tätigkeiten beschränkt werden, die für sich genommen eine unmittelbare und spezifische Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt umfassten (Urteil Reyners, Randnrn. 44 und 45). Der Begriff der öffentlichen Gewalt setze die Ausübung einer vom allgemeinen Recht abweichenden Entscheidungsbefugnis voraus, die in der Fähigkeit zum Ausdruck komme, unabhängig vom Willen anderer Rechtssubjekte oder sogar gegen deren Willen zu handeln. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs manifestiere sich die öffentliche Gewalt insbesondere in der Ausübung von Zwangsbefugnissen (Urteil vom 29. Oktober 1998, Kommission/Spanien, C‑114/97, Slg. 1998, I‑6717, Randnr. 37).

46      Die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbundenen Tätigkeiten seien von den im Allgemeininteresse ausgeübten Tätigkeiten zu unterscheiden. Verschiedenen Berufsgruppen seien nämlich im Allgemeininteresse besondere Kompetenzen eingeräumt worden, ohne dass ihre Tätigkeiten mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien.

47      Überdies beziehe sich Art. 45 Abs. 1 EG grundsätzlich auf bestimmte Tätigkeiten und nicht auf eine ganze Berufsgruppe, es sei denn, dass die betreffenden Tätigkeiten von den gesamten Tätigkeiten der Berufsgruppe nicht trennbar seien.

48      Zweitens nimmt die Kommission eine Prüfung der verschiedenen von Notaren in der österreichischen Rechtsordnung ausgeübten Tätigkeiten vor.

49      Soweit es zum einen darum geht, Akte und Verträge zu beurkunden, macht sie geltend, der Notar beschränke sich darauf, den Willen der Parteien zu bezeugen, nachdem er sie beraten habe, und diesem Willen Rechtswirkungen zu verleihen. Bei der Ausübung dieser Tätigkeit verfüge der Notar nicht über eine Entscheidungsbefugnis gegenüber den Parteien.

50      Diese den Notaren übertragene Aufgabe stelle zwar hohe Anforderungen an ihre berufliche Kompetenz und ihr Berufsethos, führe aber nicht zu einer unmittelbaren und spezifischen Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt. Der Umstand, dass diese Tätigkeit im österreichischen Recht dem Bereich der vorsorgenden Rechtspflege zugerechnet und den Notaren vom Staat zugewiesen werde, um die Gerichte zu entlasten, bedeute nicht, dass es sich um eine hoheitliche Aufgabe handele.

51      Überdies seien viele weitere Aufgaben, die früher den Staatsaufgaben zugerechnet worden seien, inzwischen Gegenstand von Privatisierungen und Auslagerungen.

52      Was die Besonderheiten der Beweisregelung in Bezug auf Notariatsakte anbelange, komme eine vergleichbare Beweiskraft auch anderen Urkunden zu, die nicht mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien, wie z. B. den von beeideten Feldhütern, Forstbeamten und Jagd- und Fischereiaufsichtsorganen angefertigten Protokollen.

53      Was die Vollstreckbarkeit öffentlicher Urkunden angehe, erfolge die Anbringung der Vollstreckungsklausel vor der eigentlichen Vollstreckung und sei kein Teil von ihr. Die Vollstreckbarkeit verleihe den Notaren daher keine Zwangsbefugnis, denn sie seien keine Vollstreckungsorgane. Im Übrigen entscheide über etwaige Einwände nicht der Notar, sondern das Gericht.

54      Zum anderen könnten die Tätigkeiten des Notars als Gerichtskommissär nicht als Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt angesehen werden, da der Notar im Rahmen dieser Tätigkeiten nicht über eine Entscheidungs- oder Zwangsbefugnis, d. h. über die Befugnis, einer Partei eine Entscheidung gegen ihren Willen aufzuzwingen, verfüge. Die genannten Tätigkeiten hätten jedenfalls Vorbereitungs- und Hilfscharakter für die gerichtlichen Tätigkeiten. Außerdem verfüge der Gerichtskommissär beim Erlass vorsorglicher Maßnahmen zur Sicherung der Verlassenschaft nicht über einen wirklichen Ermessensspielraum.

55      Drittens sind die Kommission und das Vereinigte Königreich der Ansicht, dass die Vorschriften des Unionsrechts, die Bezugnahmen auf die notarielle Tätigkeit enthielten, die Anwendung der Art. 43 EG und 45 Abs. 1 EG auf diese Tätigkeit nicht berührten.

56      Sowohl Art. 1 Abs. 5 Buchst. d der Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr“) (ABl. L 178, S. 1) als auch der 41. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 nähmen von ihrem Anwendungsbereich die Tätigkeiten von Notaren nur insoweit aus, als sie eine unmittelbare und besondere Verbindung zur Ausübung öffentlicher Befugnisse aufwiesen. Es handele sich somit um einen bloßen Vorbehalt, der keine Auswirkungen auf die Auslegung von Art. 45 Abs. 1 EG habe. Was Art. 2 Abs. 2 Buchst. l der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. L 376, S. 36) anbelange, wonach die Tätigkeiten von Notaren vom Anwendungsbereich dieser Richtlinie ausgenommen seien, so bedeute die Tatsache, dass der Richtliniengeber entschieden habe, eine bestimmte Tätigkeit vom Anwendungsbereich der Richtlinie auszuschließen, nicht, dass Art. 45 Abs. 1 EG auf diese Tätigkeit anwendbar sei.

57      Die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) und die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143, S. 15) sähen nämlich lediglich vor, dass die Mitgliedstaaten Urkunden, die in einem anderen Mitgliedstaat aufgenommen worden und vollstreckbar seien, anerkennen und für vollstreckbar erklären müssten.

58      Auch die Verordnung (EG) Nr. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. L 294, S. 1), die Verordnung (EG) Nr. 1435/2003 des Rates vom 22. Juli 2003 über das Statut der Europäischen Genossenschaft (SCE) (ABl. L 207, S. 1) und die Richtlinie 2005/56/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. L 310, S. 1) seien für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits irrelevant, da sie sich darauf beschränkten, den Notaren und anderen vom Staat festgelegten zuständigen Stellen die Aufgabe zu übertragen, die Vornahme bestimmter Rechtshandlungen und Formalitäten vor der Sitzverlegung, der Errichtung und der Verschmelzung von Gesellschaften zu bescheinigen.

59      Die Entschließung des Europäischen Parlaments vom 23. März 2006 zu den Rechtsberufen und dem allgemeinen Interesse an der Funktionsweise der Rechtssysteme (ABl. C 292E, S. 105, im Folgenden: Entschließung von 2006) sei eine rein politische Handlung mit mehrdeutigem Inhalt, denn zum einen habe das Europäische Parlament in Nr. 17 dieser Entschließung ausgeführt, dass Art. 45 EG auf den Beruf des Notars anwendbar sei, und zum anderen habe es in Nr. 2 der Entschließung den in seiner Entschließung vom 18. Jänner 1994 zur Lage und Organisation des Notarstands in den zwölf Mitgliedstaaten der Gemeinschaft (ABl. C 44, S. 36, im Folgenden: Entschließung von 1994) vertretenen Standpunkt bekräftigt, dass das im Recht mehrerer Mitgliedstaaten vorgesehene Staatsangehörigkeitserfordernis für den Zugang zum Notarberuf gestrichen werden sollte.

60      Die Kommission und das Vereinigte Königreich fügen hinzu, in der Rechtssache, in der das Urteil vom 30. September 2003, Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española (C‑405/01, Slg. 2003, I‑10391), ergangen sei, auf das mehrere Mitgliedstaaten in ihren schriftlichen Erklärungen Bezug genommen hätten, sei es um die Wahrnehmung einer breiten Palette von Aufgaben zur Aufrechterhaltung der Sicherheit, von polizeilichen Befugnissen sowie von notariellen und personenstandsrechtlichen Zuständigkeiten durch die Kapitäne und Ersten Offiziere von Handelsschiffen gegangen. Der Gerichtshof habe daher keine Gelegenheit gehabt, die verschiedenen von den Notaren ausgeübten Tätigkeiten im Detail an Art. 45 Abs. 1 EG zu messen. Aus diesem Urteil lasse sich folglich nicht schließen, dass die genannte Vorschrift auf Notare anwendbar sei.

61      Entgegen dem Vorbringen der Republik Österreich werde im Übrigen in der Rechtsprechung des Gerichtshofs zwischen Notaren und Behörden unterschieden, indem anerkannt werde, dass eine öffentliche Urkunde von einer Behörde oder einer anderen hierzu vom Staat ermächtigten Stelle ausgestellt werden könne (Urteil vom 17. Juni 1999, Unibank, C‑260/97, Slg. 1999, I‑3715, Randnrn. 15 und 21).

62      Die Republik Österreich, unterstützt von der Tschechischen Republik, der Bundesrepublik Deutschland, der Französischen Republik, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik, führt aus, die Tätigkeiten der Notare seien mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden und fielen daher unter die Ausnahme in Art. 45 Abs. 1 EG.

63      Die Republik Österreich macht erstens geltend, Art. 45 EG wahre das Recht der Mitgliedstaaten, den Zugang zu Berufen, die dauernd oder gelegentlich mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien, in eigener Souveränität zu regeln. Die Kommission stütze ihre Auslegung des Art. 45 EG auf eine Rechtsprechung des Gerichtshofs, die im vorliegenden Fall nicht einschlägig sei. Dagegen habe der Gerichtshof im Urteil Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española die den Kapitänen spanischer Schiffe übertragenen notariellen Aufgaben als Mitwirkung an der Ausübung öffentlicher Gewalt qualifiziert.

64      Die Republik Österreich, die Bundesrepublik Deutschland, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik sind zudem der Ansicht, dass die Ausübung öffentlicher Gewalt nicht auf die Wahrnehmung von Zwangsbefugnissen oder auf gerichtliche Tätigkeiten beschränkt sein könne. Auch andere Tätigkeiten könnten unter den Begriff der Ausübung öffentlicher Gewalt fallen, insbesondere wenn sie durch die Wahrnehmung besonderer Befugnisse gekennzeichnet seien.

65      Zweitens trägt die Republik Österreich vor, das besondere Statut der Notare im österreichischen Recht belege, insbesondere durch das Verfahren zu ihrer Bestellung sowie die für sie geltenden Regelungen in Bezug auf Unversetzbarkeit, Unvereinbarkeit von Ämtern und Unabhängigkeit, ihre Zugehörigkeit zur öffentlichen Gewalt. Überdies habe der Notarberuf ein einheitliches Berufsbild, und die verschiedenen vom Notar ausgeübten Tätigkeiten könnten nicht von diesem Beruf getrennt werden.

66      Drittens dienten die von den Notaren vorgenommenen Beurkundungen dazu, zivilrechtliche Forderungen endgültig zu klären oder Streitigkeiten auszuschließen und einen Vollstreckungstitel zu schaffen. Notariatsakte könnten nur gerichtlich und mit streng eingeschränkten Klagegründen bekämpft werden.

67      Den Notariatsakten komme auch erhöhte Beweiskraft zu; sie bänden die Gerichte und schränkten die richterliche Beweiswürdigung ein. Sie seien zudem vollstreckbar. Sowohl das Vollstreckungsverfahren als auch das Verfahren zur Schaffung eines Vollstreckungstitels stünden im Kern der staatlichen Ausübung öffentlicher Gewalt. Die Tätigkeit der Notare bei der Errichtung öffentlicher Urkunden sei daher unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden.

68      Viertens führten die Notare bei ihren Tätigkeiten als Gerichtskommissäre gerichtsvertretend behördliche Verfahren in Verlassenschaftssachen durch, in deren Rahmen sie unabhängig vom Willen der Parteien oder sogar gegen deren Willen bestimmte vorläufige Maßnahmen zur Sicherung der Verlassenschaft treffen könnten, etwa die Sperre von Wohn- oder Geschäftsräumen, deren Versiegelung, die Sperre oder Freigabe von Bankkonten, die Verwahrung und Herausgabe von Vermögensgegenständen sowie bestimmte verfahrensleitende Maßnahmen.

69      Wenn der Notar als Gerichtskommissär tätig werde, hafte zudem der Staat für ihn. Überdies werde er für die Anwendung des Strafgesetzbuchs als Beamter behandelt.

70      Fünftens würden Notariatsakte durch die in den Randnrn. 56 bis 58 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsakte der Union gerichtlichen Entscheidungen gleichgestellt. Im Übrigen habe das Parlament in seinen Entschließungen von 1994 und 2006 bestätigt, dass der Beruf des Notars mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sei.

71      Desgleichen ergebe sich aus dem Urteil Unibank, dass die Errichtung öffentlicher Urkunden durch einen Amtsträger wie den Notar unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sei.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Vorbemerkungen

72      Mit ihrer ersten Rüge wirft die Kommission der Republik Österreich vor, Angehörige anderer Mitgliedstaaten dadurch daran zu hindern, sich in ihrem Hoheitsgebiet zur Ausübung des Notarberufs niederzulassen, dass sie den Zugang zu diesem Beruf unter Verstoß gegen Art. 43 EG ihren eigenen Staatsangehörigen vorbehalte.

73      Diese Rüge betrifft somit allein das nach der einschlägigen österreichischen Regelung für den Zugang zu diesem Beruf aufgestellte Staatsangehörigkeitserfordernis unter dem Aspekt von Art. 43 EG.

74      Folglich ist klarzustellen, dass die Rüge weder den Status und die Organisation des Notariats in der österreichischen Rechtsordnung betrifft noch die Voraussetzungen, die neben der Staatsangehörigkeit für den Zugang zum Beruf des Notars in diesem Mitgliedstaat bestehen.

75      Ferner ist hervorzuheben, dass die erste Rüge, wie die Kommission in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, auch nicht die Anwendung der Bestimmungen des EG-Vertrags über den freien Dienstleistungsverkehr betrifft. Ebenso wenig betrifft sie die Anwendung der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer.

–       Zur Begründetheit

76      Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass Art. 43 EG eine der grundlegenden Vorschriften des Unionsrechts darstellt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Reyners, Randnr. 43).

77      Der Begriff der Niederlassung im Sinne dieser Vorschrift ist ein sehr weiter Begriff, der die Möglichkeit für einen Unionsangehörigen impliziert, in stabiler und kontinuierlicher Weise am Wirtschaftsleben eines anderen Mitgliedstaats als seines Herkunftsmitgliedstaats teilzunehmen und daraus Nutzen zu ziehen, wodurch die wirtschaftliche und soziale Verflechtung innerhalb der Europäischen Union im Bereich der selbständigen Tätigkeiten gefördert wird (vgl. u. a. Urteil vom 22. Dezember 2008, Kommission/Österreich, C‑161/07, Slg. 2008, I‑10671, Randnr. 24).

78      Die Niederlassungsfreiheit, die den Angehörigen eines Mitgliedstaats im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats zuerkannt wird, umfasst u. a. das Recht zur Aufnahme und Ausübung selbständiger Erwerbstätigkeiten nach den Rechtsvorschriften, die im Mitgliedstaat der Niederlassung für dessen eigene Angehörigen gelten (vgl. u. a. Urteil vom 28. Jänner 1986, Kommission/Frankreich, 270/83, Slg. 1986, 273, Randnr. 13, und in diesem Sinne Urteil Kommission/Österreich, Randnr. 27). Mit anderen Worten verbietet Art. 43 EG jedem Mitgliedstaat, in seinen Rechtsvorschriften in Bezug auf Personen, die von der Freiheit, sich in diesem Staat niederzulassen, Gebrauch machen, für die Ausübung ihrer Tätigkeit andere als die für seine eigenen Staatsangehörigen festgelegten Bedingungen vorzusehen (Urteil Kommission/Österreich, Randnr. 28).

79      Art. 43 EG soll also die Vergünstigung der Inländerbehandlung jedem Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats garantieren, der sich in einem anderen Mitgliedstaat niederlässt, um dort eine selbständige Erwerbstätigkeit auszuüben, und untersagt jede Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die sich aus den nationalen Rechtsvorschriften als Beschränkung der Niederlassungsfreiheit ergibt (Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 14).

80      Im vorliegenden Fall wird aber durch die streitigen nationalen Rechtsvorschriften der Zugang zum Beruf des Notars den österreichischen Staatsangehörigen vorbehalten; sie schaffen damit eine Ungleichbehandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit, die grundsätzlich nach Art. 43 EG verboten ist.

81      Die Republik Österreich macht jedoch geltend, die notariellen Tätigkeiten seien vom Anwendungsbereich des Art. 43 EG ausgenommen, da sie im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien. Daher ist zunächst die Tragweite des Begriffs der Ausübung öffentlicher Gewalt im Sinne der letztgenannten Vorschrift zu prüfen und dann zu klären, ob die den Notaren nach der österreichischen Rechtsordnung übertragenen Tätigkeiten unter diesen Begriff fallen.

82      Was den Begriff „Ausübung öffentlicher Gewalt“ im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG angeht, ist bei seiner Würdigung nach ständiger Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass den anerkannten Ausnahmen vom Grundsatz der Niederlassungsfreiheit durch die genannte Bestimmung dem Unionsrecht eigene Grenzen gesetzt werden, um zu verhindern, dass der Vertrag durch einseitige Maßnahmen der Mitgliedstaaten seiner praktischen Wirksamkeit in diesem Bereich beraubt wird (vgl. in diesem Sinne Urteile Reyners, Randnr. 50, Kommission/Griechenland, Randnr. 8, und vom 22. Oktober 2009, Kommission/Portugal, C‑438/08, Slg. 2009, I‑10219, Randnr. 35).

83      Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung stellt Art. 45 Abs. 1 EG eine Ausnahme von der Grundregel der Niederlassungsfreiheit dar. Als solche ist er so auszulegen, dass sich seine Tragweite auf das beschränkt, was zur Wahrung der Interessen, deren Schutz diese Bestimmung den Mitgliedstaaten erlaubt, unbedingt erforderlich ist (Urteile Kommission/Griechenland, Randnr. 7, Kommission/Spanien, Randnr. 34, vom 30. März 2006, Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti, C‑451/03, Slg. 2006, I‑2941, Randnr. 45, vom 29. November 2007, Kommission/Österreich, C‑393/05, Slg. 2007, I‑10195, Randnr. 35, und Kommission/Deutschland, C‑404/05, Slg. 2007, I‑10239, Randnrn. 37 und 46, sowie Kommission/Portugal, Randnr. 34).

84      Ferner hat der Gerichtshof wiederholt hervorgehoben, dass die in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehene Ausnahmeregelung auf Tätigkeiten beschränkt werden muss, die als solche unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind (Urteile Reyners, Randnr. 45, vom 13. Juli 1993, Thijssen, C‑42/92, Slg. 1993, I‑4047, Randnr. 8, Kommission/Spanien, Randnr. 35, Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti, Randnr. 46, Kommission/Deutschland, Randnr. 38, und Kommission/Portugal, Randnr. 36).

85      Dabei hat der Gerichtshof ausgeführt, dass von der in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehenen Ausnahmeregelung bestimmte Hilfs- oder Vorbereitungstätigkeiten für die Ausübung öffentlicher Gewalt ausgenommen sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Thijssen, Randnr. 22, Kommission/Spanien, Randnr. 38, Servizi Ausiliari Dottori Commercialisti, Randnr. 47, Kommission/Deutschland, Randnr. 38, und Kommission/Portugal, Randnr. 36) sowie bestimmte Tätigkeiten, deren Ausübung – auch wenn sie Kontakte, die regelmäßig oder organisch in das Verfahren eingebettet sein können, mit Verwaltungsbehörden oder Gerichten oder sogar einen, möglicherweise obligatorischen, Beitrag zur Erfüllung ihrer Aufgaben umfasst – die Beurteilungs- oder Entscheidungsbefugnisse dieser Behörden oder Gerichte unberührt lässt (vgl. in diesem Sinne Urteil Reyners, Randnrn. 51 und 53), oder auch bestimmte Tätigkeiten, die nicht die Ausübung von Entscheidungsbefugnissen (vgl. in diesem Sinne Urteile Thijssen, Randnrn. 21 und 22, vom 29. November 2007, Kommission/Österreich, Randnrn. 36 und 42, Kommission/Deutschland, Randnrn. 38 und 44, sowie Kommission/Portugal, Randnrn. 36 und 41) oder Zwangsbefugnissen (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil Kommission/Spanien, Randnr. 37) oder den Einsatz von Zwangsmitteln (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 30. September 2003, Anker u. a., C‑47/02, Slg. 2003, I‑10447, Randnr. 61, sowie Urteil Kommission/Portugal, Randnr. 44) umfassen.

86      Im Licht der vorstehenden Erwägungen ist zu prüfen, ob die den Notaren in der österreichischen Rechtsordnung übertragenen Tätigkeiten unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

87      Dabei ist die Art der von den Angehörigen dieses Berufs ausgeübten Tätigkeiten zu berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil Thijssen, Randnr. 9).

88      Erstens muss der Notar zur Errichtung öffentlicher Urkunden in der gesetzlichen Form u. a. prüfen, dass alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Errichtung der Urkunde erfüllt sind. Die öffentliche Urkunde besitzt zudem Beweiskraft und ist vollstreckbar.

89      Hierzu ist hervorzuheben, dass nach den österreichischen Rechtsvorschriften Akte oder Verträge, denen sich die Parteien freiwillig unterworfen haben, beurkundet werden. Die Parteien entscheiden nämlich, innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Grenzen, selbst über den Umfang ihrer Rechte und Pflichten und können die Bestimmungen, denen sie sich unterwerfen wollen, frei wählen, wenn sie dem Notar einen Akt oder einen Vertrag zur Beurkundung unterbreiten. Dessen Tätigwerden setzt daher voraus, dass zuvor eine Einigung oder Willensübereinstimmung der Parteien zustande gekommen ist.

90      Außerdem darf der Notar den von ihm zu beurkundenden Vertrag nicht ohne vorherige Einholung der Zustimmung der Parteien einseitig ändern.

91      Die Beurkundungstätigkeit der Notare ist somit als solche nicht im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG mit einer unmittelbaren und spezifischen Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden.

92      Dass bei bestimmten Akten oder Verträgen eine Beurkundung zwingende Voraussetzung ihrer Wirksamkeit ist, kann dieses Ergebnis nicht in Frage stellen. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass die Gültigkeit verschiedener Akte nach den nationalen Rechtsordnungen und unter den vorgesehenen Modalitäten Formerfordernissen oder zwingenden Validierungsverfahren unterliegt.

93      Auch die Pflicht der Notare, vor der Beglaubigung eines Akts oder eines Vertrags zu prüfen, ob alle gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen für das Zustandekommen dieses Akts oder Vertrags erfüllt sind, und, wenn dies nicht der Fall ist, die Beurkundung zu verweigern, ist nicht geeignet, das vorstehende Ergebnis in Frage zu stellen.

94      Zwar verfolgt der Notar, wie die Republik Österreich hervorhebt, bei dieser Prüfung das im Allgemeininteresse liegende Ziel, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten. Die bloße Verfolgung dieses Ziels kann es jedoch nicht rechtfertigen, die dafür erforderlichen Vorrechte Notaren mit der Staatsangehörigkeit des betreffenden Mitgliedstaats vorzubehalten.

95      Dass in Verfolgung eines im Allgemeininteresse liegenden Ziels gehandelt wird, genügt für sich genommen nicht, um eine bestimmte Tätigkeit als unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden einzustufen. Es steht nämlich fest, dass die im Rahmen verschiedener reglementierter Berufe ausgeübten Tätigkeiten nach den nationalen Rechtsordnungen häufig die Pflicht der sie ausübenden Personen einschließen, ein solches Ziel zu verfolgen, ohne dass diese Tätigkeiten deshalb mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind.

96      Dass mit den notariellen Tätigkeiten im Allgemeininteresse liegende Ziele verfolgt werden, die insbesondere dazu dienen, die Rechtmäßigkeit und die Rechtssicherheit von Akten zwischen Privatpersonen zu gewährleisten, stellt allerdings einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses dar, der etwaige Beschränkungen von Art. 43 EG rechtfertigen kann, die sich aus den Besonderheiten der notariellen Tätigkeit ergeben, wie etwa den für die Notare aufgrund der Verfahren zu ihrer Bestellung geltenden Vorgaben, der Beschränkung ihrer Zahl und ihrer örtlichen Zuständigkeit oder auch der Regelung ihrer Bezüge, ihrer Unabhängigkeit, der Unvereinbarkeit von Ämtern und ihrer Unversetzbarkeit, soweit diese Beschränkungen zur Erreichung der genannten Ziele geeignet und erforderlich sind.

97      Es trifft auch zu, dass der Notar die Beurkundung eines Akts oder eines Vertrags, der nicht die gesetzlich vorgeschriebenen Voraussetzungen erfüllt, unabhängig vom Willen der Parteien verweigern muss. Nach einer solchen Weigerung steht es den Parteien jedoch frei, die festgestellte Regelwidrigkeit abzustellen, die Bestimmungen des fraglichen Akts oder Vertrags zu ändern oder auf diesen Akt oder Vertrag zu verzichten.

98      Was die Beweiskraft und die Vollstreckbarkeit von Notariatsakten anbelangt, so verleihen sie diesen Urkunden unbestreitbar bedeutsame Rechtswirkungen. Dass eine bestimmte Tätigkeit die Errichtung von Urkunden umfasst, die mit solchen Wirkungen ausgestattet sind, reicht jedoch nicht aus, um diese Tätigkeit als im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden einzustufen.

99      Insbesondere in Bezug auf die Beweiskraft eines Notariatsakts ist nämlich festzustellen, dass sie Teil der in der fraglichen Rechtsordnung gesetzlich verankerten Beweisregeln ist. So gehört § 292 ZPO, der die Beweiskraft öffentlicher Urkunden regelt, zum Dritten Titel („Beweis durch Urkunden“) des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils der ZPO. Die einer bestimmten Urkunde durch Gesetz verliehene Beweiskraft hat daher keine unmittelbare Auswirkung auf die Frage, ob die mit der Errichtung dieser Urkunde verbundene Tätigkeit als solche unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden ist, wie es die Rechtsprechung verlangt (vgl. in diesem Sinne Urteile Thijssen, Randnr. 8, und Kommission/Spanien, Randnr. 35).

100    Außerdem ist, wie sich insbesondere aus § 292 Abs. 2 ZPO ergibt, der Beweis sowohl der Unrichtigkeit des bezeugten Vorgangs oder der bezeugten Tatsache als auch der unrichtigen Beurkundung zulässig.

101    Daher kann nicht geltend gemacht werden, dass der Notariatsakt aufgrund seiner Beweiskraft das Gericht bei seiner Würdigung uneingeschränkt binde, denn es ist unstreitig, dass das Gericht seine Entscheidung nach freier Überzeugung unter Berücksichtigung aller Tatsachen und Beweise trifft, die während des gerichtlichen Verfahrens zusammengetragen wurden. Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht ist im Übrigen in § 272 ZPO verankert.

102    Zur Vollstreckbarkeit der öffentlichen Urkunde hat die Republik Österreich zutreffend ausgeführt, dass sie die Vollstreckung der in ihr enthaltenen Verpflichtung ermöglicht, ohne dass zuvor ein Gericht tätig werden muss.

103    Die Vollstreckbarkeit der öffentlichen Urkunde verschafft dem Notar aber keine Befugnisse, die mit einer unmittelbaren und spezifischen Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden sind. Denn wie aus § 3 NO hervorgeht, setzt die Vollstreckbarkeit des Notariatsakts u. a. voraus, dass der Schuldner sich darin der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat. Folglich ist der Notariatsakt ohne Einverständnis des Schuldners nicht vollstreckbar. Somit verleiht zwar die Anbringung der Vollstreckungsklausel durch den Notar der öffentlichen Urkunde die Vollstreckbarkeit, doch beruht diese auf dem Willen der Parteien, eine Urkunde zu schaffen oder einen Vertrag zu schließen, nachdem der Notar ihre Vereinbarkeit mit der Rechtsordnung geprüft hat, und ihnen Vollstreckbarkeit zu verleihen.

104    Zweitens ist in Bezug auf die Zuständigkeit des Notars für das Verfassen von Privaturkunden und die Vertretung der Parteien in ganz bestimmten Fällen festzustellen, dass die Rechtsberatung und der Rechtsbeistand durch den Notar, auch wenn sie zwingend vorgeschrieben oder durch Gesetz ausschließlich dem Notar vorbehalten sind, nicht als Teilhabe an der Ausübung öffentlicher Gewalt angesehen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Reyners, Randnr. 52).

105    Was drittens die Tätigkeiten angeht, mit denen der Notar im GKG betraut wird, so hat er hauptsächlich bestimmte Aufgaben im Bereich des Verlassenschaftsrechts, insbesondere die Todesfallaufnahme, die Errichtung des Verlassenschaftsinventars, die Ermittlung der Erben, die Sicherung der Verlassenschaft und den Erlass der hierfür erforderlichen vorläufigen Maßnahmen.

106    Insoweit ist zum einen festzustellen, dass der Notar diese Aufgaben unter der Aufsicht des Gerichts wahrnimmt, das ihn jederzeit auffordern kann, einen Bericht über den Stand der Erfüllung seiner Aufgaben zu erstatten, oder eine dahin gehende Erhebung vornehmen kann, wie sich aus § 7a Abs. 1 GKG ergibt. Nach § 7 GKG kann das Gericht dem Notar die ihm übertragene Aufgabe auch entziehen, wenn er sie nicht innerhalb der ihm gesetzten Fristen besorgt hat. Ferner muss der Notar nach § 144 Abs. 3 AußStrG dem Gericht auf dessen Verlangen unverzüglich den Akt vorlegen.

107    Zum anderen ist der Notar verpflichtet, dem Gericht jeden Einwand in Bezug auf die verschiedenen Aspekte der Verlassenschaftsregelung vorzulegen, wie sich insbesondere aus § 7a Abs. 2 GKG und den §§ 160, 161 und 166 Abs. 2 AußStrG ergibt. Es ist auch Sache des Gerichts, gemäß den §§ 177 und 178 AußStrG den Erben die Verlassenschaft einzuantworten und damit das Verfahren zu beenden.

108    Die Aufgaben, mit denen die Notare im Bereich des Verlassenschaftsrechts betraut sind, werden somit unter der Aufsicht des Gerichts wahrgenommen, dem der Notar etwaige Einwände zuleiten muss und das zudem die Letztentscheidungsbefugnis hat. Diese Aufgaben können folglich als solche nicht als unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden angesehen werden (vgl. in diesem Sinne Urteile Thijssen, Randnr. 21, vom 29. November 2007, Kommission/Österreich, Randnrn. 41 und 42, Kommission/Deutschland, Randnrn. 43 und 44, sowie Kommission/Portugal, Randnrn. 37 und 41).

109    An diesem Ergebnis ändert es nichts, dass der Notar im Rahmen der Erfüllung der ihm im Bereich der Verlassenschaftssachen übertragenen Aufgaben bestimmte vorläufige oder organisatorische Maßnahmen treffen kann. Diese Zuständigkeit hat nämlich akzessorischen Charakter gegenüber der Hauptaufgabe des Notars – der Abwicklung der fraglichen Verlassenschaft –, zu deren Erfüllung die genannten Maßnahmen beitragen sollen. Wie sich aus der vorstehenden Randnummer ergibt, kann diese Aufgabe aber nicht als unmittelbar und spezifisch mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden angesehen werden.

110    Gleiches gilt in Bezug auf die übrigen dem Notar durch das GKG übertragenen Aufgaben wie das Schätzen und Feilbieten beweglicher und unbeweglicher Sachen, die Errichtung von Inventaren und die Abwicklung von Vermögensteilungen im gegenseitigen Einvernehmen, da auch diese Aufgaben nach den §§ 7 und 7a GKG unter richterlicher Aufsicht besorgt werden.

111    Was viertens den speziellen Status der Notare nach österreichischem Recht angeht, genügt der Hinweis, dass nach den Ausführungen in den Randnrn. 84 und 87 des vorliegenden Urteils anhand der Art der fraglichen Tätigkeiten für sich genommen und nicht anhand dieses Status als solchen zu prüfen ist, ob die Tätigkeiten unter die in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehene Ausnahme fallen.

112    Hierzu bedarf es jedoch zweier Erläuterungen. Zum einen steht fest, dass – außer in den Fällen, in denen der Notar durch Gesetz bestimmt wird – jede Partei den Notar frei wählen kann. Es trifft zwar zu, dass das Honorar der Notare gesetzlich festgelegt ist; gleichwohl kann die Qualität der erbrachten Leistungen von Notar zu Notar u. a. aufgrund der beruflichen Fähigkeiten der Betreffenden schwanken. Folglich üben die Notare, wie der Generalanwalt in Nr. 18 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, ihren Beruf in den Grenzen ihrer jeweiligen örtlichen Zuständigkeiten unter Wettbewerbsbedingungen aus, was für die Ausübung öffentlicher Gewalt untypisch ist.

113    Zum anderen kann die Republik Österreich den vorstehenden Erwägungen nicht entgegenhalten, dass für den Notar, wenn er als Gerichtskommissär tätig werde, der Staat hafte. Abgesehen von diesem Sonderfall haftet nämlich allein der Notar für die Handlungen im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit.

114    Fünftens vermag auch das von der Republik Österreich aus einigen Rechtsakten der Union abgeleitete Argument nicht zu überzeugen. Zu den in Randnr. 56 des vorliegenden Urteils genannten Rechtsakten ist festzustellen, dass der Ausschluss der notariellen Tätigkeiten vom Anwendungsbereich eines bestimmten Rechtsakts durch den Gesetzgeber nicht bedeutet, dass diese Tätigkeiten zwangsläufig unter die in Art. 45 Abs. 1 EG vorgesehene Ausnahme fallen. Speziell im Fall der Richtlinie 2005/36 geht schon aus dem Wortlaut ihres 41. Erwägungsgrundes, wonach sie „nicht die Anwendung … des Artikels 45 [EG], insbesondere auf Notare“, berührt, hervor, dass der Unionsgesetzgeber gerade nicht zur Anwendbarkeit von Art. 45 Abs. 1 EG auf den Beruf des Notars Stellung genommen hat.

115    Die in Randnr. 57 des vorliegenden Urteils angeführten Verordnungen betreffen die Anerkennung und Vollstreckung öffentlicher Urkunden, die in einem Mitgliedstaat aufgenommen worden und vollstreckbar sind, und wirken sich folglich nicht auf die Auslegung von Art. 45 Abs. 1 EG aus. Dieses Ergebnis wird auch nicht durch die in Randnr. 58 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsakte der Union in Frage gestellt, denn sie beschränken sich, wie die Kommission zu Recht geltend macht, darauf, den Notaren und anderen vom Staat festgelegten zuständigen Stellen die Aufgabe zu übertragen, die Vornahme bestimmter Rechtshandlungen und Formalitäten vor der Sitzverlegung, der Errichtung und der Verschmelzung von Gesellschaften zu bescheinigen.

116    Die in Randnr. 59 des vorliegenden Urteils erwähnten Entschließungen von 1994 und 2006 besitzen keine Rechtswirkungen, da solche Entschließungen ihrem Wesen nach keine verbindlichen Rechtsakte sind. Überdies heißt es darin zwar, dass der Notarberuf unter Art. 45 EG falle, doch hat das Parlament in der Entschließung von 1994 ausdrücklich seinen Wunsch zum Ausdruck gebracht, dass Maßnahmen getroffen werden, damit das Staatsangehörigkeitserfordernis für den Zugang zum Notarberuf gestrichen wird; dieser Standpunkt wurde in der Entschließung von 2006 nochmals implizit bekräftigt.

117    Sechstens ist zu dem von der Republik Österreich aus dem Urteil Colegio de Oficiales de la Marina Mercante Española abgeleiteten Argument festzustellen, dass es in der Rechtssache, die Gegenstand dieses Urteils war, um die Auslegung von Art. 39 Abs. 4 EG und nicht von Art. 45 Abs. 1 EG ging. Außerdem geht aus Randnr. 42 des Urteils hervor, dass der Gerichtshof bei der Entscheidung, dass die den Kapitänen und Ersten Offizieren von Schiffen übertragenen Aufgaben eine Teilnahme an der Ausübung hoheitlicher Befugnisse darstellen, auf die Gesamtheit ihrer Aufgaben abgestellt hat. Der Gerichtshof hat also nicht allein die den Kapitänen und Ersten Offizieren übertragenen notariellen Befugnisse der Entgegennahme, Aufbewahrung und Weiterleitung von Testamenten gesondert von ihren übrigen Befugnissen, etwa der Zwangsanwendung oder der Verhängung von Sanktionen, geprüft.

118    Zum Urteil Unibank, auf das die Republik Österreich ebenfalls verweist, ist festzustellen, dass die Rechtssache, in der dieses Urteil ergangen ist, nicht die Auslegung von Art. 45 Abs. 1 EG betraf. Außerdem hat der Gerichtshof in Randnr. 15 dieses Urteils entschieden, dass eine Urkunde erst durch die Beteiligung einer Behörde oder einer anderen vom Ursprungsstaat ermächtigten Stelle zu einer öffentlichen Urkunde im Sinne von Art. 50 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) werden kann.

119    Unter diesen Umständen sind die notariellen Tätigkeiten nach ihrer gegenwärtigen Definition in der österreichischen Rechtsordnung nicht im Sinne von Art. 45 Abs. 1 EG mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden.

120    Folglich ist festzustellen, dass das in der österreichischen Regelung aufgestellte Staatsangehörigkeitserfordernis für den Zugang zum Notarberuf eine nach Art. 43 EG verbotene Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt.

121    Nach alledem ist die erste Rüge begründet.

 Zur zweiten Rüge

 Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

122    Die Kommission wirft der Republik Österreich vor, in Bezug auf den Notarberuf die Richtlinie 89/48 für die Zeit bis 20. Oktober 2007 und die Richtlinie 2005/36 für den nachfolgenden Zeitraum nicht umgesetzt zu haben.

123    Die Kommission ist wie das Vereinigte Königreich der Ansicht, dass es sich bei dem Beruf des Notars um einen reglementierten Beruf im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Richtlinie 89/48 handele, so dass er in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie falle. Durch den 41. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 werde dieser Beruf nicht von ihrem Anwendungsbereich ausgenommen, sofern er nicht unter Art. 45 Abs. 1 EG falle, was die Kommission im vorliegenden Fall bestreite. Im Übrigen hätte der Unionsgesetzgeber, wenn er den Beruf des Notars vom Anwendungsbereich der genannten Richtlinie hätte ausnehmen wollen, dies ausdrücklich getan.

124    Die Richtlinien 89/48 und 2005/36 gestatteten es den Mitgliedstaaten, eine Eignungsprüfung oder einen Anpassungslehrgang vorzusehen, die das erforderliche hohe Qualifikationsniveau der Notare gewährleisten könnten. Außerdem würde die Anwendung dieser Richtlinien nicht die Bestellung von Notaren mittels Auswahlverfahren verhindern, sondern nur den Staatsangehörigen der anderen Mitgliedstaaten Zugang zu diesen Auswahlverfahren verschaffen. Ihre Anwendung hätte auch keine Auswirkungen auf das Verfahren zur Bestellung der Notare.

125    Die Republik Österreich, die Republik Ungarn, die Republik Polen, die Republik Slowenien und die Slowakische Republik machen geltend, dass die Notare vom Anwendungsbereich der genannten Richtlinien ausgenommen seien, da ihre Tätigkeit unter die Ausnahme in Art. 45 EG falle.

126    Nach Ansicht der Republik Slowenien sollte der Gerichtshof die zweite Rüge der Kommission von Amts wegen als unzulässig zurückweisen, denn zum einen sei diese Rüge nach Aufhebung der Richtlinie 89/48 gegenstandslos geworden und zum anderen gehe der Gegenstand des Rechtsstreits über den Gegenstand des Vorverfahrens hinaus.

 Würdigung durch den Gerichtshof

–       Zur Zulässigkeit

127    Aus dem rechtlichen Vorbringen der Kommission ergibt sich, dass die vorliegende Rüge die unterbliebene Umsetzung der Richtlinie 89/48 und/oder der Richtlinie 2005/36 in Bezug auf den Beruf des Notars betrifft. Sowohl die Aufforderungsschreiben als auch die mit Gründen versehene Stellungnahme der Kommission betreffen jedoch die erstgenannte Richtlinie. Daher ist die Zulässigkeit der zweiten Rüge von Amts wegen zu prüfen.

128    Nach seiner Rechtsprechung kann der Gerichtshof nämlich von Amts wegen prüfen, ob die gemäß Art. 226 EG für die Erhebung einer Vertragsverletzungsklage geltenden Voraussetzungen erfüllt sind (Urteile vom 31. März 1992, Kommission/Italien, C‑362/90, Slg. 1992, I‑2353, Randnr. 8, und vom 9. September 2004, Kommission/Griechenland, C‑417/02, Slg. 2004, I‑7973, Randnr. 16).

129    Nach ständiger Rechtsprechung ist im Rahmen einer auf Art. 226 EG gestützten Klage das Vorliegen einer Vertragsverletzung anhand des Stands des Unionsrechts am Ende der Frist zu beurteilen, die die Kommission dem betreffenden Mitgliedstaat für ein Handeln gemäß ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzt hat (vgl. u. a. Urteile vom 9. November 1999, Kommission/Italien, C‑365/97, Slg. 1999, I‑7773, Randnr. 32, vom 5. Oktober 2006, Kommission/Belgien, C‑275/04, Slg. 2006, I‑9883, Randnr. 34, und vom 19. März 2009, Kommission/Deutschland, C‑270/07, Slg. 2009, I‑1983, Randnr. 49).

130    Im vorliegenden Fall lief die genannte Frist am 18. Dezember 2006 ab. Zu diesem Zeitpunkt war aber noch die Richtlinie 89/48 in Kraft, die erst mit Wirkung vom 20. Oktober 2007 durch die Richtlinie 2005/36 aufgehoben wurde. Soweit sich die vorliegende Rüge auf die unterbliebene Umsetzung der Richtlinie 89/48 stützt, ist sie daher nicht gegenstandslos (vgl. entsprechend Urteil vom 11. Juni 2009, Kommission/Frankreich, C‑327/08, Randnr. 23).

131    Zur Zulässigkeit der Rüge, soweit sie die unterbliebene Umsetzung der Richtlinie 2005/36 betrifft, ist festzustellen, dass – wie der Gerichtshof bereits entschieden hat – die Kommission, auch wenn die in der Klageschrift gestellten Anträge grundsätzlich nicht über die im verfügenden Teil der mit Gründen versehenen Stellungnahme und im Aufforderungsschreiben gerügten Verstöße hinausgehen dürfen, doch die Feststellung eines Verstoßes gegen diejenigen Verpflichtungen beantragen darf, die sich aus der ursprünglichen Fassung eines später geänderten oder aufgehobenen Unionsrechtsakts ergeben und durch die Bestimmungen eines neuen Unionsrechtsakts aufrechterhalten wurden. Dagegen kann der Streitgegenstand nicht auf Verpflichtungen erstreckt werden, die sich aus neuen Bestimmungen ergeben, die keine Entsprechung in der ursprünglichen Fassung des betreffenden Rechtsakts haben, da dies einen Verstoß gegen Formvorschriften darstellen würde, die für den ordnungsgemäßen Ablauf des Verfahrens zur Feststellung der Vertragsverletzung wesentlich sind (vgl. insoweit Urteile vom 9. November 1999, Kommission/Italien, Randnr. 36, vom 12. Juni 2003, Kommission/Italien, C‑363/00, Slg. 2003, I‑5767, Randnr. 22, und vom 10. September 2009, Kommission/Griechenland, C‑416/07, Slg. 2009, I‑7883, Randnr. 28).

132    Folglich sind die in der Klageschrift der Kommission enthaltenen Anträge auf Feststellung, dass die Republik Österreich gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2005/36 verstoßen hat, grundsätzlich zulässig, sofern diese Verpflichtungen denjenigen aus der Richtlinie 89/48 entsprechen (vgl. entsprechend Urteil vom 10. September 2009, Kommission/Griechenland, Randnr. 29).

133    Wie aus dem neunten Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36 hervorgeht, sollen mit dieser Richtlinie bei gleichzeitiger Verbesserung, Neuordnung und Straffung der existierenden Bestimmungen durch eine Vereinheitlichung der geltenden Grundsätze die Grundsätze und Garantien für die Niederlassungsfreiheit, die in den verschiedenen geltenden Anerkennungsregelungen – wie der durch die Richtlinie 89/48 geschaffenen – enthalten sind, aufrechterhalten werden.

134    Ferner heißt es im 14. Erwägungsgrund der Richtlinie 2005/36, dass sich der u. a. durch die Richtlinie 89/48 eingeführte Anerkennungsmechanismus nicht ändert.

135    Im vorliegenden Fall betrifft der von der Kommission gegen die Republik Österreich erhobene Vorwurf in Bezug auf den Beruf des Notars nicht die unterbliebene Umsetzung einer bestimmten Vorschrift der Richtlinie 2005/36, sondern der gesamten Richtlinie.

136    Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die geltend gemachte Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie 2005/36 in Bezug auf den Beruf des Notars der aus der Richtlinie 89/48 resultierenden Pflicht entspricht, da zum einen die Grundsätze und Garantien, die in der durch die Richtlinie 89/48 geschaffenen Anerkennungsregelung enthalten sind, mit der Richtlinie 2005/36 aufrechterhalten werden und zum anderen der durch die Richtlinie 89/48 eingeführte Anerkennungsmechanismus nach Erlass der Richtlinie 2005/36 unverändert geblieben ist.

137    Folglich ist die vorliegende Rüge zulässig.

–       Zur Begründetheit

138    Die Kommission wirft der Republik Österreich vor, die Richtlinien 89/48 und 2005/36 in Bezug auf den Beruf des Notars nicht umgesetzt zu haben. Folglich ist zu prüfen, ob die Richtlinien für diesen Beruf gelten.

139    Dabei ist ihr normativer Zusammenhang zu berücksichtigen.

140    Hierzu ist festzustellen, dass der Richtliniengeber im zwölften Erwägungsgrund der Richtlinie 89/48 ausdrücklich bestimmt hat, dass die durch sie geschaffene allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome „in keiner Weise die Anwendung von … Artikel [45 EG]“ präjudiziert. In diesem Vorbehalt kommt zum Ausdruck, dass der Richtliniengeber die unter Art. 45 Abs. 1 EG fallenden Tätigkeiten nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie einbeziehen wollte.

141    Zum Zeitpunkt des Erlasses der Richtlinie 89/48 hatte der Gerichtshof aber noch keine Gelegenheit gehabt, sich zu der Frage zu äußern, ob die Tätigkeiten des Notars unter Art. 45 Abs. 1 EG fallen.

142    In den Jahren nach dem Erlass der Richtlinie 89/48 hat das Parlament in seinen – in den Randnrn. 59 und 116 des vorliegenden Urteils erwähnten – Entschließungen von 1994 und 2006 zum einen ausgeführt, dass Art. 45 Abs. 1 EG vollständig auf den Beruf des Notars als solchen anwendbar sei, zum anderen aber die Streichung des Staatsangehörigkeitserfordernisses für den Zugang zu diesem Beruf als wünschenswert bezeichnet.

143    Ferner hat der Unionsgesetzgeber beim Erlass der an die Stelle der Richtlinie 89/48 getretenen Richtlinie 2005/36 in deren 41. Erwägungsgrund klargestellt, dass sie die Anwendung des Art. 45 EG, „insbesondere auf Notare“, nicht berührt. Wie in Randnr. 114 des vorliegenden Urteils ausgeführt, hat der Unionsgesetzgeber mit diesem Vorbehalt aber nicht zur Anwendbarkeit von Art. 45 Abs. 1 EG und damit der Richtlinie 2005/36 auf die Tätigkeiten des Notars Stellung genommen.

144    Dies bestätigt insbesondere die Entstehungsgeschichte der letztgenannten Richtlinie. Das Parlament hatte nämlich in seiner Legislativen Entschließung zu dem Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. 2004, C 97E, S. 230), die in erster Lesung am 11. Februar 2004 festgelegt wurde, vorgeschlagen, im Text der Richtlinie 2005/36 ausdrücklich anzugeben, dass sie nicht für Notare gilt. Zwar wurde dieser Vorschlag weder im geänderten Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (KOM[2004] 317 endg.) noch in dem Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 10/2005 vom 21. Dezember 2004, vom Rat festgelegt gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. 2005, C 58E, S. 1), übernommen, doch bestand der Grund dafür nicht darin, dass die geplante Richtlinie auf den Beruf des Notars Anwendung finden sollte, sondern vor allem darin, dass Art. 45 Abs. 1 EG „für diejenigen Tätigkeiten Ausnahmen von den Grundsätzen der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit vorsieht, die eine unmittelbare und spezifische Beteiligung an der Ausübung öffentlicher Gewalt beinhalten“.

145    Insoweit erscheint es angesichts der besonderen Umstände, die den Rechtsetzungsprozess begleiteten, sowie der daraus nach dem oben wiedergegebenen normativen Zusammenhang resultierenden Ungewissheit nicht möglich, festzustellen, dass bei Ablauf der in der mit Gründen versehenen Stellungnahme gesetzten Frist eine hinreichend klare Verpflichtung für die Mitgliedstaaten bestand, die Richtlinien 89/48 und 2005/36 in Bezug auf den Beruf des Notars umzusetzen.

146    Folglich ist die zweite Rüge zurückzuweisen.

147    Nach alledem ist festzustellen, dass die Republik Österreich dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 43 EG verstoßen hat, dass sie für den Zugang zum Beruf des Notars eine Staatsangehörigkeitsvoraussetzung aufgestellt hat; im Übrigen ist die Klage abzuweisen.

 Kosten

148    Nach Art. 69 § 3 der Verfahrensordnung kann der Gerichtshof die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Da der Klage der Kommission nur teilweise stattgegeben wird, hat jede Partei ihre eigenen Kosten zu tragen.

149    Gemäß Art. 69 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung tragen die Mitgliedstaaten, die dem Rechtsstreit als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Polen, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich tragen daher ihre eigenen Kosten.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1.      Die Republik Österreich hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 43 EG verstoßen, dass sie für den Zugang zum Beruf des Notars eine Staatsangehörigkeitsvoraussetzung aufgestellt hat.

2.      Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3.      Die Europäische Kommission, die Republik Österreich, die Tschechische Republik, die Bundesrepublik Deutschland, die Französische Republik, die Republik Lettland, die Republik Litauen, die Republik Ungarn, die Republik Polen, die Republik Slowenien, die Slowakische Republik und das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland tragen ihre eigenen Kosten.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.