Language of document : ECLI:EU:C:2012:74

SCHLUSSANTRÄGE DER GENERALANWÄLTIN

VERICA TRSTENJAK

vom 14. Februar 2012(1)

Rechtssache C‑618/10

Banco Español de Crédito, SA

gegen

Joaquín Calderón Camino

(Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Barcelona [Spanien])





„Verbraucherschutz – Richtlinie 93/13/EWG – Art. 6 Abs. 1 – Verbraucherkreditverträge – Bei Zahlungsverzug anwendbare Zinssätze – Missbräuchliche Klauseln – Nationales Zivilprozessrecht – Mahnverfahren – Befugnis eines nationalen Gerichts, im Rahmen eines nationalen Mahnverfahrens von Amts wegen und a limine über die Nichtverbindlichkeit und die Anpassung einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu entscheiden – Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 – Europäisches Mahnverfahren – Richtlinie 2008/48/EG – Art. 30 – Zeitlicher Anwendungsbereich – Richtlinie 87/102/EWG – Art. 6 und 7 – Sachlicher Anwendungsbereich – Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten“Inhaltsverzeichnis


I – Einleitung

II – Normativer Rahmen

A – Unionsrecht

B – Nationales Recht

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

V – Wesentliche Argumente der Verfahrensbeteiligten

VI – Rechtliche Würdigung

A – Einleitende Bemerkungen

B – Zur ersten Vorlagefrage

1. Zur Rolle des nationalen Richters bei der Unterbindung von missbräuchlichen Klauseln nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs

2. Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Ausgangssituation

a) Der Ansatz des Gerichtshofs im Urteil Pénzügyi

b) Argumente gegen eine Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den Ausgangsfall

i) Gegenüberstellung zur Rechtssache Pénzügyi

– Unterschiedliche prozessuale Situation

– Unterschiedliche Art von Vertragsklausel

– Schlussfolgerung

ii) Folgen einer Übertragung auf das Mahnverfahren

– Grundlegende Veränderung der Funktionsweise des Mahnverfahrens

– Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verfahrensautonomie

3. Schlussfolgerungen

a) Fehlende unionsrechtliche Verpflichtung zur Prüfung von Amts wegen und a limine im Rahmen des Mahnverfahrens

b) Ermächtigung der Mitgliedstaaten zum Erlass von strengeren Vorschriften

C – Zur zweiten Vorlagefrage

D – Zur dritten Vorlagefrage

E – Zur vierten und fünften Vorlagefrage

F – Zur sechsten Vorlagefrage

VII – Ergebnis

I –    Einleitung

1.        Der vorliegenden Rechtssache liegt ein Vorabentscheidungsersuchen der Audiencia Provincial de Barcelona (im Folgenden: vorlegendes Gericht) gemäß Art. 267 AEUV zugrunde, mit dem dieses dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen zur Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG(2), der Richtlinie 2009/22/EG(3), der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006(4), der Richtlinie 2008/48/EG(5) und der Richtlinie 2005/29/EG(6) vorgelegt hat.

2.        Dem Vorabentscheidungsersuchen liegt ein Rechtsstreit zwischen dem Banco Español de Crédito, SA (im Folgenden: Kläger des Ausgangsverfahrens) und Herrn Joaquín Calderón Camino (im Folgenden: Beklagter des Ausgangsverfahrens) um die Rückzahlung eines Darlehens nebst Verzugszinsen zugrunde. Der Kläger des Ausgangsverfahrens, der ursprünglich seine Forderungen im Wege eines nationalen Mahnverfahrens geltend gemacht hatte, wendet sich nunmehr gerichtlich gegen einen Beschluss, durch den die Vertragsklausel über einen Verzugszins von 29 % von Amts wegen und a limine für nichtig erklärt, der Zinssatz auf 19 % herabgesetzt und er aufgefordert wurde, vor der weiteren Behandlung der Klage eine neue Zinsberechnung einzureichen.

3.        Gegenstand des Vorabentscheidungsersuchens ist die Fragestellung, ob nach dem Recht der Union ein nationales Gericht verpflichtet ist, im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit einer zivilrechtlichen Klage von Amts wegen die Missbräuchlichkeit vorformulierter Verzugszinsklauseln in einem Verbraucherkreditvertrag zu prüfen und ihren Inhalt anzupassen. Das vorlegende Gericht stellt zudem eine Reihe von Fragen, die das Vorgehen eines Kreditinstituts im Fall der Nichterfüllung eines Darlehensvertrags unter dem Blickwinkel des anwendbaren Unionsrechts betreffen.

4.        Das Verbraucherschutzrecht in der Europäischen Union erfährt derzeit eine Reihe von legislativen Anpassungen, die vom Bemühen der Kommission um Konsolidierung sowie Modernisierung des erreichten Besitzstandes zeugt. Nicht nur hat die Richtlinie 93/13 durch die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über Rechte der Verbraucher(7), die auf dem Ansatz einer Vollharmonisierung nationaler Verbraucherschutzbestimmungen beruht, einige punktuelle Änderungen erfahren(8). Darüber hinaus hat die Kommission mit ihrem Vorschlag vom 11. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht(9) ein legislatives Vorhaben in die Wege geleitet, das es künftig ermöglichen wird, dieses Regelungswerk als Option auf grenzüberschreitende Kaufverträge anzuwenden, wenn die Vertragsparteien dies ausdrücklich beschließen(10). Wenngleich diese Rechtsakte zeitlich keine Anwendung auf den Ausgangsfall finden, werden sie zweifelsohne die weitere Entwicklung auf dem Gebiet des Verbraucherschutzrechts entscheidend beeinflussen.

II – Normativer Rahmen

A –    Unionsrecht

5.        Nach ihrem Art. 1 Abs. 1 ist Zweck der Richtlinie 93/13 die Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über missbräuchliche Klauseln in Verträgen zwischen Gewerbetreibenden und Verbrauchern.

6.        Art. 3 der Richtlinie sieht vor:

„(1)       Eine Vertragsklausel, die nicht im Einzelnen ausgehandelt wurde, ist als missbräuchlich anzusehen, wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht.

(2)      Eine Vertragsklausel ist immer dann als nicht im einzelnen ausgehandelt zu betrachten, wenn sie im Voraus abgefasst wurde und der Verbraucher deshalb, insbesondere im Rahmen eines vorformulierten Standardvertrags, keinen Einfluss auf ihren Inhalt nehmen konnte.

…“

7.        Der Anhang dieser Richtlinie enthält die Liste der Klauseln, die gemäß Art. 3 Abs. 3 für missbräuchlich erklärt werden können:

„1. Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass

e)      dem Verbraucher, der seinen Verpflichtungen nicht nachkommt, ein unverhältnismäßig hoher Entschädigungsbetrag auferlegt wird;

…“

8.        Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie lautet wie folgt:

„Die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel wird unbeschadet des Artikels 7 unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrags oder eines anderen Vertrages, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt.“

9.        Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sehen vor, dass missbräuchliche Klauseln in Verträgen, die ein Gewerbetreibender mit einem Verbraucher geschlossen hat, für den Verbraucher unverbindlich sind, und legen die Bedingungen hierfür in ihren innerstaatlichen Rechtsvorschriften fest; sie sehen ferner vor, dass der Vertrag für beide Parteien auf derselben Grundlage bindend bleibt, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann.

…“

10.      Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie bestimmt:

„Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.“

B –    Nationales Recht

11.      Im spanischen Recht war der Schutz der Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln ursprünglich durch die Ley General 26/1984 para la Defensa de los Consumidores y Usuarios(11) (Allgemeines Gesetz 26/1984 vom 19. Juli 1984 zum Schutz der Verbraucher und Benutzer; im Folgenden: Gesetz 26/1984) sichergestellt. Dieses Gesetz ist später durch die Ley 7/1998 sobre condiciones generales de la contratación(12) (Gesetz 7/1998 vom 13. April 1998 über Allgemeine Geschäftsbedingungen; im Folgenden: Gesetz 7/1998) geändert worden, die insoweit die Richtlinie 93/13 in nationales Recht umgesetzt hat. Durch das Real Decreto Legislativo 1/2007(13) vom 16. November 2007 (im Folgenden: RDL 1/2007) ist schließlich das Allgemeine Gesetz zum Schutz der Verbraucher und Benutzer in seiner Neufassung angenommen worden.

12.      In Art. 83 des RDL 1/2007 sind die Rechtsfolgen vorgesehen, die sich aus einer Feststellung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel ergeben. Darin heißt es: „[M]issbräuchliche Klauseln sind nichtig und gelten als nicht vereinbart.“ Weiter sieht dieser Artikel vor: „[D]er nichtige Vertragsteil wird nach Maßgabe des Art. 1258 CC und dem Grundsatz von Treu und Glauben angepasst. Der Richter, der die Nichtigkeit der Klauseln feststellt, passt den Vertrag an und kann bei Fortbestehen des Vertrags die Rechte und Pflichten der Parteien sowie die Folgen ihrer Unwirksamkeit mildern, wenn dem Verbraucher und Benutzer ein merklicher Schaden entsteht. Nur wenn die fortgeltenden Klauseln zu einer unausgewogenen Stellung der Parteien führen, der nicht abgeholfen werden kann, kann der Richter den Vertrag für unwirksam erklären.“

13.      Art. 1108 des spanischen Zivilgesetzbuchs sieht vor, dass wenn die Verbindlichkeit in der Zahlung eines Geldbetrags besteht und der Schuldner in Verzug gerät, der Ersatz der Schäden und Nachteile, sofern nichts Gegenteiliges vereinbart ist, in der Zahlung der vereinbarten Zinsen, bei Fehlen einer Vereinbarung in der des gesetzlichen Zinssatzes besteht.

14.      Gemäß Art. 1258 des spanischen Zivilgesetzbuchs werden Verträge durch einfache Einigung geschlossen und verpflichten von da an nicht nur zur Erfüllung des ausdrücklich Vereinbarten, sondern auch zu allen Folgen, die gemäß ihrer Natur Treu und Glauben, der Verkehrssitte und dem Gesetz entsprechen.

III – Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

15.      Am 28. Mai 2007 schlossen die Parteien des Ausgangsverfahrens einen Darlehensvertrag in Höhe von 30 000,00 Euro zum Zweck der Anschaffung eines Fahrzeugs ab. Wie der Vorlageentscheidung im Einzelnen zu entnehmen ist, betrug der effektive Jahreszins 8,890 %, der Darlehenszins 7,950 % und der Verzugszins 29 %. Obwohl die Rückzahlung des Darlehens erst am 5. Juni 2014 fällig war, stellte der Kläger seine Forderungen vorzeitig fällig, da nicht alle der ursprünglich vereinbarten 67 Raten vom Beklagten gezahlt worden waren.

16.      Am 8. Januar 2009 machte der Kläger im Mahnverfahren die Zahlung von 29 381,95 Euro, Vertragszinsen und Kosten geltend. Am 21. Januar 2010 erließ der Juzgado de Primer Instancia n° 2 de Sabadell einen Beschluss, mit dem er die Klausel über den Verzugszins im Darlehensvertrag für nichtig erklärte, den Verzugszins auf 19 % festsetzte und dem Kläger aufgab, für denselben Zeitraum eine neue Zinsberechnung nach Maßgabe des Beschlusses einzureichen. Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Verzugszinsklausel missbräuchlich sei. Aufgrund des zwingenden Charakters der geprüften Vorschriften sei es auch im Rahmen eines Mahnverfahrens zur Feststellung der Nichtigkeit von Amts wegen befugt.

17.      Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger des Ausgangsverfahrens mit seiner Berufung vor dem vorlegenden Gericht, wobei er sich auf die Notwendigkeit effektiven Rechtsschutzes beruft und im Wesentlichen vorträgt, eine Prüfung des vereinbarten Verzugszinssatzes von Amts wegen a limine sei nicht zulässig, sondern könne erst nach einer entsprechenden Einrede des Beklagten erfolgen.

18.      Das vorlegende Gericht hält eine Auslegung des Unionsrechts für erforderlich, um den Rechtsstreit zu entscheiden. Das vorlegende Gericht fragt sich insbesondere, ob ein nationales Gericht angesichts der Vorgaben des Unionsrechts über die Möglichkeit verfügt, im Rahmen eines Mahnverfahrens von Amts wegen a limine die Nichtigkeit einer Klausel über den Verzugszinssatz festzustellen oder ob es vielmehr gehalten ist, es den Parteien zu überlassen, die Nichtigkeit einer solchen Klausel selbst vor Gericht zu rügen, sofern es ausnahmsweise nicht um Vertragsklauseln geht, die offenkundig gegen zwingende Bestimmungen oder sonstige Verbotsnormen verstoßen. Aus diesem Grund hat es das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.         Läuft es dem Gemeinschaftsrecht, insbesondere dem Verbraucherschutzrecht, zuwider, wenn ein nationales Gericht davon absieht, von Amts wegen und a limine in irgendeiner Phase des Verfahrens über die Nichtigkeit und die Anpassung einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen (in diesem Fall in Höhe von 29 %) zu entscheiden? Kann das Gericht, ohne die durch das Gemeinschaftsrecht [gewährleisteten] Rechte der Verbraucher zu beeinträchtigen, die etwaige Prüfung einer solchen Klausel von der Initiative des Schuldners (in Form einer prozessualen Einrede) abhängig machen?

2.         Wie ist Art. 83 des Real Decreto Legislativo Nr. 1/2007 (vorher Art. 8 des Allgemeinen Gesetzes Nr. 26 vom 19. Juli 1984 über den Schutz der Verbraucher und Benutzer [Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios]) im Licht des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG und des Art. 2 der Richtlinie 2009/22/EWG richtlinienkonform auszulegen? Welche Tragweite kommt insoweit Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG zu, soweit er vorsieht, dass missbräuchliche Klauseln „für den Verbraucher unverbindlich sind“?

3.         Darf die richterliche Kontrolle von Amts wegen und a limine ausgeschlossen werden, wenn der Kläger in seiner Klageschrift eindeutige Angaben zum Verzugszinssatz, zum Betrag der Forderung, d. h. der Hauptforderung einschließlich Zinsen, zu den Vertragsstrafen und den Kosten, zum Zinssatz und zum Zeitraum, für den Zinsen verlangt werden (oder dahin, dass der Hauptforderung von Amts wegen der nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats geltende gesetzliche Zinnsatz hinzuzurechnen sei), und zum Streitgegenstand einschließlich einer Beschreibung des die Schuld und die geltend gemachten Zinsen begründenden Sachverhalts macht und dabei präzisiert, ob es sich um den gesetzlichen oder vertraglichen Zins, die Kapitalisierung von Zinsen oder den Zinssatz für ein Darlehen handelt und ob dieser von dem Kläger berechnet wurde und um wie viele Prozentpunkte er über dem Basiszinssatz der Zentralbank liegt, wie es die Gemeinschaftsverordnung über das Europäische Mahnverfahren vorsieht?

4.         Begründen im Fall einer fehlenden Umsetzung Art. 5 [Abs. 1] Buchst. l und m und Art. 6 – soweit darin von der „Art und Weise seiner etwaigen Anpassung“ die Rede ist – sowie Art. 10 [Abs. 2] Buchst. l – soweit darin von „Anpassung“ die Rede ist – der Richtlinie 2008/48/EG eine Verpflichtung des Kreditinstituts, im Vertrag in besonders deutlicher Weise (und nicht innerhalb des Vertragstexts ohne jede Abhebung) als „vorvertragliche Informationen“ klar und an hervorgehobener Stelle den Verzugszins und seine Berechnungsgrundlagen (Finanzierungskosten, Beitreibungskosten …) anzugeben sowie einen Warnhinweis auf die Kostenfolgen zu geben?

5.         Beinhaltet Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG die Verpflichtung zur Mitteilung der vorzeitigen Fälligkeit des Kredits oder des Darlehens, die zum Anfallen von Verzugszinsen führt? Ist der Grundsatz des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung des Art. 7 der Richtlinie 2008/48/EG anwendbar, wenn das Kreditinstitut nicht nur das Gut (das Darlehenskapital) zurückerlangen, sondern auch besonders hohe Verzugszinsen anwenden will?

6.         Kann das Gericht mangels einer Umsetzungsregelung und im Licht des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29/EG von Amts wegen die Missbräuchlichkeit der Praxis prüfen, in den Vertragstext eine Klausel über Verzugszinsen aufzunehmen?

IV – Verfahren vor dem Gerichtshof

19.      Die Vorlageentscheidung mit Datum vom 29. November 2010 ist am 29. Dezember 2010 bei der Kanzlei des Gerichtshofs eingegangen.

20.      Schriftliche Erklärungen haben der Kläger des Ausgangsverfahrens, die Regierungen des Königreichs Spanien und der Bundesrepublik Deutschland sowie die Europäische Kommission innerhalb der in Art. 23 der Satzung des Gerichtshofs genannten Frist eingereicht.

21.      In der mündlichen Verhandlung vom 1. Dezember 2011 sind die Prozessbevollmächtigten des Klägers des Ausgangsverfahrens, der Regierungen des Königreichs Spanien und der Bundesrepublik Deutschland sowie der Kommission erschienen, um Ausführungen zu machen.

V –    Wesentliche Argumente der Verfahrensbeteiligten

22.      Das Vorbringen der Verfahrensbeteiligten soll, soweit relevant, im Rahmen der Untersuchung der einzelnen Rechtsfragen wiedergegeben werden.

VI – Rechtliche Würdigung

A –    Einleitende Bemerkungen

23.      Wenn ein Schuldner die gegen ihn gerichtete Geldforderung nicht begleicht, ist dies nicht immer darauf zurückzuführen, dass er materielle Einwendungen gegen diese Forderung erhebt. Häufig ist der Schuldner schlicht zahlungsunwillig oder zahlungsunfähig. In diesen Fällen kann es aus Sicht des Gläubigers wenig sinnvoll erscheinen, ein gerichtliches Erkenntnisverfahren gegen diesen Schuldner zu betreiben(14). Vielmehr wird er nach einfacheren und kostengünstigeren Möglichkeiten suchen, um einen vollstreckbaren Titel zu erlangen. Zahlreiche Mitgliedstaaten haben dieser Forderung nach einer vereinfachten Art der Rechtsverfolgung Rechnung getragen, indem sie in ihre Zivilprozessordnungen diverse spezielle Verfahren zur Beitreibung von Geldforderungen eingeführt haben(15), deren Ausgestaltung und praktische Bedeutung von einer nationalen Rechtsordnung zur anderen allerdings erheblich abweichen können(16).

24.      Bedingt durch die mittlerweile weitgehende Formalisierung dieser Verfahren wird im Interesse einer Entlastung der Justiz in einigen Rechtsordnungen beispielsweise die Zuständigkeit für diese Verfahren juristisch entsprechend ausgebildeten Justizbeamten – z. B. Rechtspflegern oder Urkundsbeamten – übertragen(17), während in anderen Rechtsordnungen die alleinige Zuständigkeit weiterhin beim Zivilrichter verbleibt(18). Darüber hinaus hat das Bedürfnis nach einer einfacheren und beschleunigten Rechtsdurchsetzung dazu geführt, dass manche Rechtsordnungen Abweichungen von grundlegenden Regeln des Zivilverfahrens in Kauf genommen haben, etwa was die Anhörung der Verfahrensbeteiligten oder den anzulegenden Maßstab für die Substantiierung und den Nachweis (Plausibilitäts- bzw. Schlüssigkeitsprüfung) der geltend gemachten Forderung(19) betrifft.

25.      Zeugnis des Bemühens des Gesetzgebers um eine sachgemäße Lösung des Widerstreits zwischen beschleunigter Rechtsdurchsetzung einerseits und Wahrung verfahrensrechtlicher Garantien andererseits legt auf Unionsebene die Verordnung Nr. 1896/2006 ab, die – parallel zu den nationalen Verfahren – ein Europäisches Mahnverfahren im Zusammenhang mit unbestrittenen Geldforderungen in grenzüberschreitenden Rechtssachen in Zivil- und Handelssachen eingeführt hat. Dieses Europäische Mahnverfahren basiert insofern auf den Erfahrungen der Mitgliedstaaten im Umgang mit solchen vereinfachten Verfahren, als es zahlreiche Lösungen übernommen hat, die sich auf nationaler Ebene bewährt haben. Dazu gehört etwa die Einräumung einer Widerspruchsmöglichkeit, falls der Antragsgegner etwa Einwendungen gegen den Zahlungsbefehl geltend machen möchte, wobei in einem solchen Fall, ähnlich wie in den meisten nationalen Mahnverfahren(20), das Verfahren vor einem Gericht gemäß den Regeln des ordentlichen Zivilprozesses weitergeführt wird(21).

26.      Im Mittelpunkt der vorliegenden Rechtssache steht das spanische Mahnverfahren zur Beitreibung von Geldforderungen (proceso monitorio), das mehrere der oben genannten typischen Merkmale aufweist. Mit seiner ersten Vorlagefrage wirft das vorlegende Gericht zunächst die Frage auf, welche unionsrechtlichen Vorgaben ein nationales Gerichtsverfahren zur Durchsetzung von Geldforderungen im Hinblick auf seine Ausgestaltung erfüllen muss, damit der Verbraucher wirksam vor Forderungen geschützt wird, die auf missbräuchliche Klauseln in Verbraucherkreditverträgen zurückgehen. Im Einzelnen geht es um eine etwaige Verpflichtung des nationalen Gerichts durch das Unionsrecht, auch im Rahmen eines Mahnverfahrens a limine und von Amts wegen über die Unverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen missbräuchlichen Klausel zu entscheiden, ohne die Prüfung der Missbräuchlichkeit von einer prozessualen Handlung des Schuldners abhängig zu machen.

27.      Der sensible Charakter dieser Fragestellung rührt nicht zuletzt daher, dass eine Beurteilung der Missbräuchlichkeit in der Regel eine umfassende Beurteilung der vertraglichen Rechte und Pflichten durch den nationalen Richter voraussetzen wird, was in der Regel nicht im Rahmen eines Mahnverfahrens durchgeführt wird. Falls der Gerichtshof eine solche unionsrechtliche Verpflichtung bejahen sollte, hätte dies letztlich zur Folge, dass der nationale Gesetzgeber gezwungen wäre, umfassende Anpassungen an seinem Zivilprozessrecht vorzunehmen, um die unionsrechtlichen Vorgaben zu erfüllen. Zugleich müsste er aber sicherstellen, dass das nationale Mahnverfahren seine Effizienz nicht einbüßt und als Instrument der einfachen und kostengünstigen Rechtsverfolgung(22) weiterhin bewahrt bleibt. In Anbetracht der Tatsache, dass diese Fragestellung eine besondere Relevanz aufweist und dass die Antwort, die der Gerichtshof darauf geben wird, geeignet ist, weitreichende Auswirkungen für das Zivilprozessrecht in den Mitgliedstaaten zu haben, wird sie einen besonderen Schwerpunkt meiner Untersuchung darstellen.

B –    Zur ersten Vorlagefrage

28.      Zwar ist die Vorlagefrage recht weit gefasst („in irgendeiner Phase des Verfahrens“), was zu der Annahme verleiten könnte, dass es dem vorlegenden Gericht um eine allgemeine Klärung der Befugnisse des nationalen Zivilrichters bei der Unterbindung von missbräuchlichen Klauseln geht. Allerdings würde ein solches Verständnis der Vorlagefrage außer Acht lassen, dass der Gerichtshof sich bereits in seiner Rechtsprechung zu Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ausgiebig zu dieser Thematik geäußert hat. Bei verständiger Würdigung des Vorabentscheidungsersuchens unter Zugrundelegung der besonderen Umstände des Ausgangsverfahrens ist vielmehr davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht wissen möchte, ob die Rechtsprechungsgrundsätze, die der Gerichtshof im Bereich des Verbraucherschutzes entwickelt hat, ebenfalls auf das nationale Mahnverfahren Anwendung finden. Doch bevor auf diese Frage eingegangen wird, erscheint es notwendig, diese Rechtsprechungsgrundsätze kurz in Erinnerung zu rufen.

1.      Zur Rolle des nationalen Richters bei der Unterbindung von missbräuchlichen Klauseln nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs

29.      Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs geht das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem davon aus, dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt, was dazu führt, dass er den vom Gewerbetreibenden vorformulierten Bedingungen zustimmt, ohne auf ihren Inhalt Einfluss nehmen zu können(23). In Anbetracht dieser Unterlegenheit sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 vor, dass missbräuchliche Klauseln für den Verbraucher unverbindlich sind. Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, handelt es sich dabei um eine zwingende Vorschrift, die darauf abzielt, die formale Ausgewogenheit der Rechte und Pflichten der Vertragsparteien durch eine materielle Ausgewogenheit zu ersetzen und so deren Gleichheit wiederherzustellen(24).

30.      Um den von der Richtlinie 93/13 gewollten Schutz zu gewährleisten, hat der Gerichtshof mehrfach erklärt, dass die bestehende Ungleichheit zwischen Verbraucher und Gewerbetreibendem nur durch ein positives Eingreifen von dritter, von den Vertragsparteien unabhängiger Seite ausgeglichen werden kann(25). Im Licht dieser Grundsätze hat der Gerichtshof entschieden, dass das nationale Gericht von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel prüfen muss(26). Die Befugnis der Gerichte, von Amts wegen die Missbräuchlichkeit einer Klausel zu prüfen, ist nach Auffassung des Gerichtshofs „ein geeignetes Mittel, um das in Art. 6 der Richtlinie 93/13 festgelegte Ziel zu erreichen, das darin besteht, zu verhindern, dass der einzelne Verbraucher an eine missbräuchliche Klausel gebunden ist, und um die Verwirklichung des Ziels des Art. 7 der Richtlinie zu fördern, da eine solche Prüfung abschreckend wirken kann und damit dazu beiträgt, dass der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch Gewerbetreibende in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird“(27). Diese Befugnis der Gerichte hat der Gerichtshof zudem als notwendig angesehen, um „den wirksamen Schutz des Verbrauchers insbesondere angesichts der nicht zu unterschätzenden Gefahr zu gewährleisten, dass dieser seine Rechte nicht kennt oder Schwierigkeiten hat, sie auszuüben“(28).

31.      Im Urteil Pannon(29) hat der Gerichtshof die prozessuale Stellung des Verbrauchers gestärkt, indem er auf die Verpflichtung des nationalen Gerichts hingewiesen hat, die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen zu prüfen, „sobald es über die hierzu erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen verfügt“. Zudem hat er klargestellt, dass diese Verpflichtung dem nationalen Gericht auch bei der Prüfung seiner eigenen örtlichen Zuständigkeit obliegt(30). Diese Rechtsprechung hat durch das Urteil vom 9. November 2010, Pénzügyi(31), insofern eine Präzisierung erfahren, als nach Auffassung des Gerichtshofs das nationale Gericht „verpflichtet [ist], von Amts wegen Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen, um festzustellen, ob eine Klausel über einen ausschließlichen Gerichtsstand in einem Vertrag, der Gegenstand des bei ihm anhängigen Rechtsstreits ist und zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossen wurde, in den Anwendungsbereich der Richtlinie 93/13 fällt, und, falls dies zu bejahen ist, von Amts wegen zu beurteilen, ob eine solche Klausel möglicherweise missbräuchlich ist“(32). Was speziell die Prüfung der Anwendbarkeit der Richtlinie 93/13 auf einen konkreten Vertrag anbelangt, hat der Gerichtshof erklärt, dass „das nationale Gericht in allen Fällen, und welches immer die innerstaatlichen Rechtsvorschriften sind, feststellen [muss], ob die streitige Vertragsklausel zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher im Einzelnen ausgehandelt wurde“.

2.      Übertragbarkeit der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Ausgangssituation

a)      Der Ansatz des Gerichtshofs im Urteil Pénzügyi

32.      Von allen hier angeführten Urteilen erscheint mir das Urteil Pénzügyi am aufschlussreichsten, um eine Antwort auf die erste Vorlagefrage zu finden, zumal der Gerichtshof in jener Rechtssache mit einer ähnlichen Fragestellung befasst war. Dem Gerichtshof war die Frage gestellt worden, ob das nationale Gericht, wenn es selbst bemerkt, dass möglicherweise eine missbräuchliche Vertragsklausel vorliegt, von Amts wegen eine Untersuchung vornehmen kann, um die für diese Beurteilung erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen festzustellen, obwohl die Parteien keinen entsprechenden Antrag gestellt haben und das nationale Verfahrensrecht eine solche Überprüfung nur auf Antrag der Parteien zulässt. Diese Frage hat der Gerichtshof, wie aus den oben wiedergegebenen Urteilspassagen ersichtlich, nicht nur bejaht. Vielmehr hat er dem nationalen Gericht eine unionsrechtliche Verpflichtung auferlegt, Untersuchungsmaßnahmen durchzuführen mit dem Zweck, sich die erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen zu beschaffen. Beantwortet wurde dabei eine Frage, die noch im Urteil Pannon offengelassen worden war, nämlich auf welche Weise dies genau zu erfolgen hat. Mangels näherer Hinweise von Seiten des Gerichtshofs konnte deshalb angenommen werden, dass sich dies nach dem Verfahrensrecht jedes einzelnen Mitgliedstaats zu richten hat.

33.      Die in Nr. 31 dieser Schlussanträge wiedergegebenen Urteilspassagen legen nahe, dass der Gerichtshof möglicherweise eine Abweichung vom Beibringungsgrundsatz im Zivilprozess beabsichtigte, um die vom Unionsgesetzgeber angestrebte Effektivität des Verbraucherschutzes in einer bestimmten Fallkonstellation zu gewährleisten. Dieser Ansatz steht mit der bisherigen verbraucherfreundlichen Rechtsprechung des Gerichtshofs in Einklang. Indem dem nationalen Zivilrichter eine umfassende Untersuchungspflicht auferlegt wird, wird ihm nämlich die Möglichkeit gegeben, zum Schutz des Verbrauchers in das Verfahren einzugreifen, obwohl sein nationales Recht ihm ein solches Vorgehen in der Regel nicht gestatten würde. Die Befugnis zum Eingreifen wäre dann unmittelbar aus dem Unionsrecht abzuleiten, so dass entgegenstehende nationale Verfahrensvorschriften infolge des Vorrangs des Unionsrechts hinsichtlich ihrer Anwendung verdrängt werden müssten.

b)      Argumente gegen eine Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf den Ausgangsfall

34.      So begrüßenswert dieser Ansatz aus der Sicht des Verbraucherschutzes erscheinen mag, erscheint mir eine uneingeschränkte Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung auf ein Verfahren wie das Mahnverfahren dogmatisch nicht ohne Weiteres möglich. Meines Erachtens gilt es, die besonderen Umstände zu berücksichtigen, die die Rechtssache Pénzügyi kennzeichneten und der Entscheidung des Gerichtshofs zugrunde lagen. Darüber hinaus müssen die Folgen bedacht werden, die sich aus einer Übertragung dieser Rechtsprechung auf das Mahnverfahren ergeben würden.

i)      Gegenüberstellung zur Rechtssache Pénzügyi

–       Unterschiedliche prozessuale Situation

35.      Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die prozessuale Situation, in der sich der Verbraucher in jener Rechtssache befand, eine andere war als im Ausgangsfall, so dass es sich meines Erachtens verbietet, Parallelen zwischen beiden Rechtssachen zu ziehen. Wie den im Urteil Pénzügyi enthaltenen Ausführungen zur Prozessgeschichte(33) zu entnehmen ist, war gegen den Verbraucher wegen der ausstehenden Zahlung eines Darlehens der Erlass eines Mahnbescheids beantragt worden. Der beantragte Mahnbescheid war im Rahmen eines sogenannten „nichtstreitigen“ Verfahrens erlassen worden, das nach ungarischem Recht keine mündliche Verhandlung oder Anhörung der gegnerischen Partei erfordert. Beim Erlass des Mahnbescheids hatte das vorlegende Gericht weder seine örtliche Zuständigkeit noch die Gerichtsstandsklausel des Darlehensvertrags in Frage gestellt.

36.      Allerdings geht aus dem Urteil ebenfalls hervor, dass der Verbraucher gegen den Mahnbescheid Einspruch erhoben hatte, was zur Folge hatte, dass das Mahnverfahren in ein streitiges Verfahren übergeleitet wurde, welches sodann nach den allgemeinen Regeln der nationalen Zivilprozessordnung ablief(34). Daher ist davon auszugehen, dass das Erkenntnisverfahren eröffnet worden war. Im Ausgangsfall hingegen ist das Mahnverfahren betrieben worden, ohne dass der Verbraucher sich dagegen rechtlich zur Wehr gesetzt hätte. Stattdessen hat das nationale Gericht von sich aus eingegriffen, indem es die als missbräuchlich angesehene Vertragsklausel für nichtig erklärt hat. Vor diesem Hintergrund muss davon ausgegangen werden, dass der vom Gerichtshof in der Rechtssache Pénzügyi entwickelte Ansatz eigentlich auf das Erkenntnisverfahren im Zivilprozess und nicht auf das Mahnverfahren zugeschnitten ist.

–       Unterschiedliche Art von Vertragsklausel

37.      Des Weiteren ist auf den Umstand aufmerksam zu machen, dass es in der Rechtssache Pénzügyi um eine gänzlich andere Art von Vertragsklausel als im Ausgangsfall ging. Dieser Aspekt ist von besonderer Bedeutung und bedarf einer ausführlichen Erörterung. Dabei wird auf die unterschiedlichen Arten von Klauseln, mit denen der nationale Richter in der Regel konfrontiert ist, einzugehen sein.

38.      Gegenstand des Ausgangsverfahrens in der Rechtssache Pénzügyi war eine Gerichtsstandsklausel, die in den Darlehensvertrag zwischen dem Gewerbetreibenden und dem Verbraucher aufgenommen worden war. Diese Klausel wies die Besonderheit auf, dass sie die ausschließliche örtliche Zuständigkeit einem Gericht zuwies, das weder das Gericht war, in dessen Bezirk der Verbraucher seinen Wohnsitz hatte, noch dasjenige, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seinen hatte, sondern eines, das sowohl geografisch als verkehrstechnisch in der Nähe des Sitzes des Gewerbetreibenden lag(35). Insoweit wies diese Gerichtsstandsklausel, wie der Gerichtshof im Urteil Pénzügyi auch zutreffend festgestellt hat, Ähnlichkeit mit jener Klausel auf, die bereits Gegenstand der Rechtssache Océano Grupo Editorial und Salvat Editores gewesen war. Der Gerichtshof erinnerte daran, dass er in Randnr. 24 jenes Urteils entschieden hatte, dass eine Klausel, die die ausschließliche Zuständigkeit dem Gericht zuweist, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seine Niederlassung hat, als missbräuchlich im Sinne des Art. 3 der Richtlinie anzusehen ist, da sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht(36).

39.      Der Gerichtshof hat hierin eine erhebliche Benachteiligung des Verbrauchers gesehen, weil eine solche Klausel diesen dazu zwingt, die ausschließliche Zuständigkeit eines Gerichts anzuerkennen, das von seinem Wohnsitz möglicherweise weit entfernt ist, und ihm damit die Wahrnehmung seiner Rechte aufgrund der durch das Erscheinen entstehenden Aufwendungen gerade bei einem geringen Streitwert erschweren könnte. Nach Ansicht des Gerichtshofs gehörte eine solche Klausel deshalb zu der im Anhang der Richtlinie unter Nr. 1 Buchst. q genannten Gruppe von Klauseln, die darauf abzielen oder zur Folge haben, dass dem Verbraucher die Möglichkeit genommen oder erschwert wird, Rechtsbehelfe bei Gericht einzulegen(37). Der Gerichtshof hat zudem in einer solchen Klausel eine unangemessene Begünstigung des Gewerbetreibenden gesehen, da diese es ihm ermöglicht, sämtliche Rechtsstreitigkeiten, die seine Erwerbstätigkeit betreffen, bei einem einzigen Gericht zu bündeln, das nicht dasjenige ist, in dessen Bezirk der Verbraucher wohnt, was sowohl das Erscheinen des Gewerbetreibenden organisatorisch erleichtert als auch die damit verbundenen Kosten verringert(38).

40.      Anders als in den Rechtssachen Pénzügyi und Océano Grupo Editorial und Salvat Editores ist Gegenstand der vorliegenden Rechtssache jedoch keine Gerichtsstandsvereinbarung, sondern eine Vertragsklausel über den Verzugszins. Diese Differenzierung ist deshalb wichtig, weil die Herangehensweise des nationalen Richters im Rahmen eines Zivilverfahrens eine andere sein wird, je nachdem, welche Art von Klausel im jeweiligen Fall gegeben ist.

41.      Wie ich in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Pénzügyi dargelegt habe(39), müssen Gerichtsstandsvereinbarungen grundsätzlich von solchen Klauseln unterschieden werden, die materielle Vertragspflichten festlegen. Letztere zeichnen sich dadurch aus, dass sie oft detaillierte, für die Vertragsparteien bindende Regelungen enthalten, deren Unvereinbarkeit mit den Geboten von Treu und Glauben nicht zuletzt aufgrund ihrer Komplexität nicht immer auf den ersten Blick erkannt werden kann. Vielmehr bedarf es für eine solche Feststellung nicht selten einer eingehenden Beurteilung seitens des nationalen Gerichts anhand aller Umstände des Einzelfalls. Darauf weist auch die Kommission hin(40). Die Richtlinie 93/13 selbst setzt implizit voraus, dass das nationale Gericht eine solche eingehende Beurteilung vornehmen wird, denn zum einen kann gemäß der in Art. 3 enthaltenen Definition nur auf die Missbräuchlichkeit einer Klausel geschlossen werden, „wenn sie entgegen dem Gebot von Treu und Glauben zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht“, was erst im Wege einer sorgfältigen Untersuchung festzustellen sein wird. Zum anderen legt Art. 4 der Richtlinie 93/13 fest, dass die Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel „unter Berücksichtigung der Art der Güter oder Dienstleistungen, die Gegenstand des Vertrags sind, aller den Vertragsabschluss begleitenden Umstände sowie aller anderen Klauseln desselben Vertrags oder eines anderen Vertrags, von dem die Klausel abhängt, zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses beurteilt [wird]“. Die Berücksichtigung dieser Umstände erfordert also eine Untersuchung der betreffenden Klausel, die weit über eine bloße Plausibilitätsprüfung hinausgeht.

42.      Auch der eingangs erwähnte Vorschlag einer Verordnung für ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht(41) trägt dem Umstand Rechnung, dass bestimmte Klauseln oft eine sorgfältige Prüfung benötigen, um auf ihre Missbräuchlichkeit schließen zu können. Er enthält u. a. Regelungen über „unfaire Bestimmungen“ in Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher, die weitgehend denen der Richtlinie 93/13 entsprechen(42). Wichtig zu erwähnen in diesem Zusammenhang ist, dass der Verordnungsvorschlag auch Regelungen über Zinsen im Fall eines im Verzug befindlichen Verbrauchers enthält(43). Von besonderem Interesse ist dabei eine Regelung(44), wonach bei Festlegung eines höheren Zinssatzes als nach den Bestimmungen des Verordnungsvorschlags vorgesehen, die Nichtverbindlichkeit einer solchen Vertragsklausel anzuordnen ist, sofern eine solche Klausel als „unfair“ im Sinne der einschlägigen Regelungen beurteilt werden sollte. Die Beurteilung selbst erfolgt nach ähnlich strengen Kriterien wie nach der Richtlinie 93/13(45). Ob diese Regelung in dieser Form jemals in Kraft treten wird, hängt gewiss vom weiteren Verlauf des Rechtsetzungsverfahrens ab. Sie würde in Vertragsgestaltungen wie denen des Ausgangsfalls – sofern die Vertragsparteien einer Anwendung des Gemeinsamen Europäischen Kaufrechts zustimmen – für den nationalen Richter, der die eventuelle Missbräuchlichkeit einer Verzugszinsklausel beurteilen muss, jedenfalls eine hilfreiche Entscheidungsgrundlage darstellen.

43.      Sofern die fragliche Klausel nicht ausnahmsweise gesetzlich typisiert sein sollte, etwa indem sie in einer Liste der Klauseln, die auf jeden Fall für missbräuchlich zu erklären sind, angeführt wird, wird das nationale Gericht nicht umhin können, den missbräuchlichen Charakter einer Klausel positiv beurteilen zu müssen. Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang allerdings darauf, dass sogar eine Typisierung wie in den Klauseltatbeständen des Anhangs der Richtlinie 93/13 geschehen daran nichts zu ändern vermag. Der Anhang, auf den Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie verweist, enthält nämlich lediglich eine als Hinweis dienende und nicht erschöpfende Liste von Klauseln(46), die für missbräuchlich erklärt werden können(47). Eine in der Liste aufgeführte Klausel ist nicht zwangsläufig als missbräuchlich anzusehen, und umgekehrt kann eine nicht darin aufgeführte Klausel gleichwohl für missbräuchlich erklärt werden(48). Daher kann aus dem bloßen Umstand, dass eine Klausel in der Liste aufgeführt wird, nicht zwingend abgeleitet werden, dass sie auch missbräuchlich ist. Trotz des Hinweischarakters, der einem solchen Umstand gemäß der Rechtsprechung zukommt, bedarf es einer selbständigen und detaillierten Beurteilung der betreffenden Vertragsklausel im Hinblick auf ihren eventuellen missbräuchlichen Charakter.

44.      Die Lage gestaltet sich indes anders, wenn das nationale Gericht mit einer Gerichtsstandsklausel wie der in der Rechtssache Pénzügyi konfrontiert ist. Wie ich in Nr. 112 meiner Schlussanträge in der Rechtssache Pénzügyi erklärt habe, könnte eine Vertragsklausel, die unter Umständen deshalb als missbräuchlich einzuordnen wäre, weil sie Rechtsstreitigkeiten aus dem Vertrag dem Gericht zuweist, in dessen Bezirk der Gewerbetreibende seine Niederlassung hat, vom nationalen Richter bereits im Rahmen einer amtswegigen Prüfung der eigenen Zuständigkeit untersucht werden, ohne dass dieser auf ein ausführliches Vorbringen der Parteien angewiesen wäre. Die Auferlegung einer umfassenden Untersuchungspflicht war nicht zwingend notwendig, um das mit der Richtlinie 93/13 angestrebte Ziel der Kontrolle von missbräuchlichen Klauseln zu erreichen. Diese Annahme war auch durch die prozessuale Lage, die im Ausgangsverfahren bestand, bestätigt worden. Wie ich in meinen Schlussanträgen dargelegt habe, ging aus der Akte hervor, dass das vorlegende Gericht vor Anberaumung der mündlichen Verhandlung bemerkt hatte, dass der Wohnsitz des Beklagten nicht in seinem Gerichtsbezirk lag, sondern dass die Klägerin ihren Antrag auf Erlass des Mahnbescheids unter Berufung auf die allgemeinen Vertragsbedingungen beim Gericht in der Nähe ihres Sitzes eingereicht hatte, wobei dem vorlegenden Gericht Zweifel hinsichtlich der fraglichen Vertragsbestimmung gekommen waren. Damit hatte das vorlegende Gericht letztlich den Verdacht auf eine missbräuchliche Gerichtsstandsklausel angedeutet.

45.      In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen bin ich der Auffassung, dass eine Einordnung der fraglichen Klausel als missbräuchlich durch das vorlegende Gericht in der Rechtssache Pénzügyi sich als naheliegend erwies, und zwar aus folgenden Gründen: Zum einen war dieses Gericht mit einer Vertragsklausel befasst, deren missbräuchlicher Charakter angesichts der vom Gerichtshof im Urteil Océano Grupo selbst vorgenommenen Beurteilung außer Frage stand. Man kann daher zu Recht behaupten, dass es sich dabei um eine durch das Unionsrecht hinreichend typisierte Klausel handelte. Zum anderen konnte sich das vorlegende Gericht im Rahmen der Prüfung seiner örtlichen Zuständigkeit und damit auf relativ einfache Weise die „erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen“ beschaffen, um seiner Pflicht zur amtswegigen Prüfung der Missbräuchlichkeit der Vertragsklausel nachzukommen. Mit anderen Worten, das vorlegende Gericht war nicht auf eine umfassende Beurteilung der Missbräuchlichkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls angewiesen.

46.      Es ist notwendig, sich diese Umstände zu vergegenwärtigen, um das Urteil Pénzügyi in den richtigen Kontext einordnen zu können. Meines Erachtens folgt daraus, dass die Verpflichtung des nationalen Richters zur Durchführung von Untersuchungsmaßnahmen von Amts wegen, wie vom Gerichtshof in Randnr. 56 jenes Urteils vorgesehen, nur vor dem Hintergrund verstanden werden kann, dass der nationale Zivilrichter in der Regel seine Zuständigkeit von Amts wegen prüfen und dabei die Missbräuchlichkeit einer Klausel wie die in den Rechtssachen Océano Grupo und Pénzügyi auf relativ einfache Weise feststellen können wird. Dies wird bei einer materiellen Klausel, aus den Gründen, die ich bereits genannt habe, nicht ohne Weiteres möglich sein, erst recht nicht, wenn die Feststellung der Missbräuchlichkeit eine sorgfältige Prüfung voraussetzt. Das Urteil Pénzügyi bietet daher nur im Kontext der besonderen Umstände des Ausgangsfalls in jener Rechtssache eine angemessene Lösung, um dem Verbraucherschutz Geltung zu verschaffen.

–       Schlussfolgerung

47.      Ich komme somit zu der Schlussfolgerung, dass eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung Pénzügyi auf eine Fallkonstellation wie die der vorliegenden Rechtssache nicht in Frage kommt, soweit damit die Verpflichtung des nationalen Gerichts verbunden ist, im Rahmen eines Mahnverfahrens von Amts wegen und a limine über die Nichtigkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu entscheiden.

ii)     Folgen einer Übertragung auf das Mahnverfahren

–       Grundlegende Veränderung der Funktionsweise des Mahnverfahrens

48.      Sollte der Gerichtshof die gegenteilige Auffassung vertreten und, anders als hier vertreten, in den oben genannten Umständen keine Hindernisse für eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung Pénzügyi auf den Ausgangsfall erkennen, so sollten dennoch die Folgen bedacht werden, die sich ergeben würden, wenn der vom Gerichtshof entwickelte Ansatz auf das Mahnverfahren übertragen würde.

49.      Alle Verfahrensbeteiligten stimmen, meines Erachtens zutreffend, darin überein, dass die Auferlegung einer Pflicht zur umfassenden Untersuchung im Rahmen eines nationalen Mahnverfahrens sowie zur Entscheidung a limine über die Nichtigkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu einer grundlegenden, nicht erstrebenswerten Veränderung in der Funktionsweise dieses Verfahrens führen würde. Die geäußerten Bedenken stehen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, sowohl die Verfahrensgarantien der Verfahrensbeteiligten zu wahren als auch langfristig die Effizienz der nationalen Mahnverfahren zu erhalten.

50.      Um die Tragweite einer solchen unionsrechtlichen Verpflichtung des nationalen Gerichts nachzuvollziehen, ist es notwendig, sich die Bedeutung des Mahnverfahrens wie auch die Herausforderungen zu vergegenwärtigen, die sich im Zusammenhang mit dessen verfahrensrechtlicher Ausgestaltung stellen, um Effizienz und Rechtsstaatlichkeit in ein angemessenes Verhältnis zu bringen. Wie bereits in meinen einleitenden Bemerkungen dargelegt(49), ist das Mahnverfahren ungeachtet seiner näheren Ausgestaltung in den einzelnen mitgliedstaatlichen Rechtsordnungen dazu gedacht, eine einfache, schnelle und effiziente Durchsetzung von unbestrittenen Geldforderungen zu gewährleisten(50). Die Beschränkung auf unbestrittene Geldforderungen gestattet es, das Mahnverfahren als Massenverfahren auszugestalten. Wie die deutsche Regierung zutreffend erklärt(51), spielt gerade der zeitliche Vorteil des Verfahrens eine wesentliche Rolle, um die von Zahlungsverzug ausgehende Gefahr für kleine und mittlere Unternehmen zu vermeiden oder zu verringern. Dadurch können auch Verfahrenskosten vermieden werden.

51.      Solche Verfahren zeichnen sich dadurch aus, dass ein Titel zugunsten des Antragstellers aufgrund eines mittels Formular oder Schriftsatz eingereichten Antrags ohne mündliche Verhandlung ergeht. In der Verfahrensphase bis zum Erlass des Mahnbescheids wird der Antragsgegner also nicht am Verfahren beteiligt. Das Gericht überprüft neben dem Vorliegen seiner Zuständigkeit bestimmte Antragserfordernisse, insbesondere ob der geltend gemachte Anspruch ausreichend genau bezeichnet wurde. Eine inhaltliche Prüfung des behaupteten Anspruchs findet dagegen in der Regel nicht statt. Zurückgewiesen werden kann der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids nur, wenn die behauptete Forderung offensichtlich unbegründet ist(52). Die inhaltliche Prüfung der geltend gemachten Forderung ist dem Verfahrensabschnitt des streitigen Verfahrens vorbehalten, der durch einen Rechtsbehelf des Antragsgegners gegen den Mahnbescheid eingeleitet werden kann. In dem anschließenden streitigen Verfahren prüft ein Gericht dann immer auch von Amts wegen, ob die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch vorliegen. Ist für das Bestehen oder Nichtbestehen eines Anspruchs eine Vertragsklausel maßgeblich, prüft das nationale Gericht dann auch die Frage ihrer eventuellen Missbräuchlichkeit.

52.      Eine Verpflichtung des nationalen Gerichts zur amtswegigen Untersuchung und Nichtanwendung der eventuell missbräuchlichen Klauseln wäre insofern als rechtlich bedenklich zu bewerten, als das Mahnverfahren kein kontradiktorisches Verfahren ist, so dass, falls das nationale Gericht von Amts wegen die Vertragsklausel für missbräuchlich erklären und den Antrag auf Erlass eines Mahnbescheids zurückweisen sollte, dem Gewerbetreibenden keine Gelegenheit gegeben würde, zum Vorwurf der Verwendung missbräuchlicher Klauseln im Geschäftsverkehr Stellung zu nehmen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör, das als Ausfluss rechtsstaatlichen Handelns gilt und zu den in der Rechtsprechung anerkannten allgemeinen Rechtsgrundsätzen des Unionsrechts zählt(53), wäre nicht hinreichend gewahrt.

53.      Eine derartige Verpflichtung des nationalen Gerichts würde darüber hinaus an gewisse Grenzen stoßen, die mit den Förmlichkeiten des Mahnverfahrens zusammenhängen. Wenngleich der missbräuchliche Charakter einer Vertragsklausel sich in einigen Fällen aufdrängen wird, z. B. wenn die betreffende Klauselart gesetzlich typisiert ist, wird dies dennoch nicht immer der Fall sein. Wie bereits dargelegt, kann die Beurteilung der Missbräuchlichkeit einer Klausel anhand der rechtlichen Vorgaben in Art. 3 und 4 der Richtlinie 93/13 durchaus komplex sein(54). Zudem könnten Zweifel hinsichtlich der Frage aufkommen, ob die betreffende Klausel gemäß Art. 3 Abs. 1 im Einzelnen ausgehandelt wurde. Wie die Kommission zutreffend erklärt(55), kann nicht ausgeschlossen werden, dass das nationale Gericht mit der heiklen Aufgabe konfrontiert sein wird, sich endgültig zum missbräuchlichen Charakter einer Klausel äußern zu müssen, obwohl es in dieser Hinsicht Zweifel hat oder nicht über alle Sachverhaltsinformationen verfügt. Der Kommission ist darin zuzustimmen, dass es in rechtlicher Hinsicht bedenklich wäre, wenn die einzigen Optionen des zuständigen Richters wären, trotz verbleibender Zweifel entweder den Antrag – zum Nachteil des Gläubigers – zurückzuweisen oder ihm – zum Nachteil des Schuldners – stattzugeben.

54.      Sollte das Mahnverfahren entgegen seiner ursprünglichen Konzeption dahin gehend angepasst werden müssen, dass es die Möglichkeit einer mündlichen Stellungnahme vorsehen soll, z. B. durch die Einräumung einer mündlichen Verhandlung, damit Zweifel ausgeräumt werden oder den Verfahrensbeteiligten vor einer Entscheidung rechtliches Gehör gewährt wird, so wäre zu befürchten, dass es gerade einen seiner wesentlichen Effizienzvorteile einbüßen würde, wenn es zu einem bloßen Abbild des streitigen Verfahrens umgewandelt würde.

55.      Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass in einigen Mitgliedstaaten die Zuständigkeit in Mahnverfahren nicht Berufsrichtern, sondern, im Interesse einer Entlastung des Gerichtswesens, Justizbeamten übertragen worden ist(56). In Anbetracht des komplexen Charakters der Prüfung einer Vertragsklausel auf ihre Missbräuchlichkeit und der Folgen einer Feststellung der Nichtverbindlichkeit einer Klausel für die Vertragspartner sollte diese Aufgabe jedoch einem Richter vorbehalten werden. Sollte der Gerichtshof deshalb der Auffassung sein, dass aus Art. 6 der Richtlinie 93/13 eine unionsrechtliche Pflicht des nationalen Gerichts zur umfassenden Untersuchung sowie zur Entscheidung a limine über die Nichtigkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel auch im Rahmen des Mahnverfahrens abgeleitet werden kann, würde dies eine organisatorische Anpassung der nationalen Gerichtsordnungen erfordern. Es müssten ausreichende Vorkehrungen getroffen werden, damit ausschließlich Richter mit Anträgen auf Erlass von Mahnbescheiden in Verbraucherrechtssachen befasst werden. Die Ausgliederung dieser Rechtssachen aus dem normalen Mahnverfahren würde allerdings dazu führen, dass das Verfahren unter Umständen komplexer gestaltet würde, womit der Entlastungseffekt für die nationalen Gerichte teilweise verloren ginge.

56.      Somit komme ich zu der Schlussfolgerung, dass die Auferlegung einer Pflicht zur umfassenden Untersuchung im Rahmen des Mahnverfahrens sowie zur Entscheidung a limine über die Nichtigkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu einer grundlegenden Veränderung in der Funktionsweise dieses Verfahrens führen würde, die einen wesentlichen Effizienzvorteil des Mahnverfahrens beseitigen würde, nämlich die schnelle Durchsetzung von unbestrittenen Geldforderungen.

–       Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verfahrensautonomie

Das Zivilverfahrensrecht im Gefüge von Unionsrecht und nationalem Recht

57.      Darüber hinaus ist fraglich, wie eine solche mit weitreichenden Folgen für das nationale Mahnverfahren verbundene Auslegung mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten überhaupt in Einklang gebracht werden könnte.

58.      Nach ständiger Rechtsprechung ist es nämlich mangels einer einschlägigen Unionsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten soll, zu bestimmen(57). Diese mitgliedstaatliche Kompetenz ist letztlich auf den Umstand zurückzuführen, dass das Verfahrensrecht der Mitgliedstaaten grundsätzlich keiner Harmonisierung unterliegt. Es besteht auf diesem Gebiet auch keine allgemeine Rechtsetzungsbefugnis der Union. Letzteres gilt insbesondere auch für das Zivilverfahrensrecht, um das es in der vorliegenden Rechtssache geht, obgleich das Unionsrecht zunehmend an Einfluss gewonnen hat(58). Der Einfluss des Unionsrechts auf das nationale Zivilverfahrensrecht äußert sich mittlerweile durch zivilprozessuale Regelungen in einzelnen Sekundärrechtsakten(59), durch unionsrechtliche Grundsätze und nicht zuletzt durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs.

59.      Eine wichtige Einschränkung dieser mitgliedstaatlichen Verfahrensautonomie ergibt sich vor allem aus den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, etwa im Zusammenhang mit der Durchsetzung von subjektiven Rechten, die die Unionsrechtsordnung einräumt. So hat der Gerichtshof einerseits den Mitgliedstaaten gerade im Hinblick auf ihre verbliebene Kompetenz auf diesem Gebiet zwar ein weites Ermessen bei der Ausgestaltung von Verfahren zugestanden, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, andererseits hat er aber unmissverständlich auf die unionsrechtlichen Schranken dieser mitgliedstaatlichen Kompetenz hingewiesen, indem er klargestellt hat, dass die betreffenden Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein dürfen als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Grundsatz der Effektivität)(60).

60.      Diese Rechtsprechungsgrundsätze finden auch auf das System Anwendung, das die Richtlinie 93/13 zum Schutz des Verbrauchers vor missbräuchlichen Klauseln im Geschäftsverkehr eingeführt hat. So hat der Gerichtshof zuletzt im Urteil Asturcom Telecomunicaciones auf die Bedeutung hingewiesen, die dem Grundsatz der Verfahrensautonomie im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle von Vertragsklauseln zukommt. Gegenstand jener Rechtssache war die Frage, ob die Richtlinie 93/13 dahin ausgelegt werden konnte, dass ein nationales Gericht, bei dem ein Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch anhängig ist, verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit der in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher geschlossenen Vertrag enthaltenen Schiedsklausel von Amts wegen zu prüfen und diesen Schiedsspruch aufzuheben(61). Der Gerichtshof hat diese Frage unter Verweis auf seine Rechtsprechung beantwortet, wonach „das Unionsrecht einem nationalen Gericht nicht gebietet, von der Anwendung innerstaatlicher Verfahrensvorschriften, aufgrund deren eine Entscheidung Rechtskraft erlangt, abzusehen, selbst wenn dadurch ein Verstoß dieser Entscheidung gegen Gemeinschaftsrecht abgestellt werden könnte“(62). Nach der Feststellung, dass unionsrechtliche Vorschriften im Bereich der Rechtskraft fehlen, hat der Gerichtshof darauf hingewiesen, dass „es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten [war], die Modalitäten der Umsetzung des Grundsatzes der Rechtskraft festzulegen“, wobei er daran erinnert hat, dass „diese Modalitäten nicht ungünstiger sein [dürfen] als die, die bei ähnlichen internen Sachverhalten gelten, und nicht so ausgestaltet sein [dürfen], dass sie die Ausübung der Rechte, die die Gemeinschaftsrechtsordnung einräumt, praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren“(63).

61.      Aus diesem Urteil kann gefolgert werden, dass das nationale Zivilverfahrensrecht nach Auffassung des Gerichtshofs allein den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität – sofern es keine spezifischeren unionsrechtlichen Vorgaben gibt – unterliegt(64). Ein Verstoß gegen das Unionsrecht kann somit erst dann angenommen werden, wenn es diesen Grundsätzen nicht entspricht. Ob es einer Änderung der nationalen Mahnverfahren im Sinne der ersten Vorlagefrage bedarf, um dem Verbraucherschutz Geltung zu verschaffen, kann daher erst dann beantwortet werden, wenn dieses in seinen wesentlichen Grundzügen bereits beschriebene nationale Verfahren nicht den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität entspricht. Dies ist im Folgenden zu untersuchen.

Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz

62.      Der Grundsatz der Äquivalenz verlangt, dass eine nationale Regelung in gleicher Weise für Klagen zu gelten hat, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben(65). Übertragen auf den spezifischen Kontext des hier relevanten Aspekts des Verbraucherschutzes bedeutet dies, dass danach gefragt werden muss, ob der vom Unionsgesetzgeber mit der Richtlinie 93/13 angestrebte Schutz des Verbrauchers vor missbräuchlichen Klauseln im Geschäftsverkehr auf nationaler Ebene verfahrensrechtlich in gleichem Maße gewährleistet wird wie der Schutz des Verbrauchers vor Eingriffen in nach innerstaatlichem Recht geschützte gleichartige Rechtspositionen. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Äquivalenz wäre demnach erst bei einer vergleichsweise ungünstigeren verfahrensmäßigen Ausgestaltung der Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten für die sich aus der Richtlinie 93/13 ergebenden Ansprüche zu bejahen.

63.      Der Gerichtshof hat in seiner Rechtsprechung eine Reihe von allgemeinen Kriterien entwickelt, anhand deren die Äquivalenz des nationalen Rechtsschutzes gerade im Bereich der Wahrung unionsrechtlich verbriefter Rechtspositionen beurteilt werden kann. Die Beurteilung selbst besteht im Wesentlichen darin, dass die einschlägigen Verfahrensmodalitäten einander wertend gegenübergestellt werden. Der Gerichtshof vertritt dabei den Standpunkt, dass sowohl der Gegenstand, der Rechtsgrund als auch die wesentlichen Merkmale der vermeintlich vergleichbaren Klagen, die das innerstaatliche Recht betreffen, als relevante Kriterien für die Beurteilung der Gleichartigkeit der betreffenden Klagen herangezogen werden müssen(66). Des Weiteren hat der Gerichtshof erklärt, dass für die Feststellung, ob eine nationale Verfahrensvorschrift weniger günstig ist, deren Stellung im gesamten Verfahren, der Ablauf des genannten Verfahrens und die Besonderheiten dieser Vorschriften berücksichtigt werden müssen(67).

64.      Obwohl der Gerichtshof diese Aufgabe grundsätzlich den nationalen Gerichten zugewiesen hat, um sich deren unmittelbarer Kenntnis des nationalen Verfahrensrechts zu bedienen(68), hat er es sich nicht nehmen lassen, Ausführungen zur Auslegung des Unionsrechts zu machen(69) und gelegentlich sogar auch eigene Feststellungen zur Wahrung der Äquivalenz im konkreten Fall zu treffen(70), sofern er über ausreichende sachdienliche Auskünfte verfügte. Damit bezweckt der Gerichtshof jedoch nichts anderes, als den nationalen Gerichten nützliche Hinweise zu erteilen, die ihnen bei der eigenen Beurteilung helfen sollen(71). Vor diesem Hintergrund erscheint es angebracht, einige grundsätzliche Ausführungen zu bestimmten Merkmalen des Ausgangsverfahrens zu machen.

65.      Was den konkreten Ausgangsfall anbelangt, sind meines Erachtens den Ausführungen des vorlegenden Gerichts jedenfalls keine Anhaltspunkte zu entnehmen, die darauf schließen ließen, dass das spanische Zivilverfahrensrecht im Rahmen von nationalen Mahnverfahren die Missbrauchskontrolle von Klauseln in Verbraucherkreditverträgen gemäß den Vorgaben der Richtlinie 93/13 ungünstiger ausgestalten würde als die Kontrolle der Vereinbarkeit dieser Verbraucherkreditverträge mit den Vorgaben des nationalen Rechts. Mithin deutet nichts auf eine Verletzung des Äquivalenzgrundsatzes im Kontext des vorliegend in Rede stehenden nationalen Mahnverfahrens hin.

66.      Für die Zwecke des vorliegenden Vorabentscheidungsverfahrens muss somit davon ausgegangen werden, dass der Grundsatz der Äquivalenz gewahrt ist.

Kein Verstoß gegen den Grundsatz der Effektivität

67.      Schließlich ist zu prüfen, ob das nationale Mahnverfahren in seinen wesentlichen Grundzügen im Einklang mit dem Grundsatz der Effektivität steht. Letzterer verlangt, dass die Anwendung des Unionsrechts nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. In diesem Zusammenhang ist auf das vom Unionsgesetzgeber in Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 festgelegte Ziel hinzuweisen, „dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird“. Dieses Ziel stellt rechtlich betrachtet einen Maßstab dar, an dem das nationale Mahnverfahren gemessen werden muss.

68.      Eine Verpflichtung des nationalen Gerichts zur umfassenden Untersuchung sowie zur Entscheidung a limine über die Nichtigkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen missbräuchlichen Klausel würde darauf hinauslaufen, den Verbraucher zu schützen, noch bevor eine rechtskräftige Entscheidung über eine Geldforderung ergeht. Das nationale Mahnverfahren würde somit um einen Mechanismus des vorbeugenden Rechtsschutzes ergänzt werden. Es fragt sich jedoch, ob ein solcher Mechanismus zwingend erforderlich ist, um den Schutz des Verbrauchers vor der Verwendung von missbräuchlichen Klauseln im Geschäftsverkehr effektiv zu gewährleisten. Wie bereits erwähnt, ist das Mahnverfahren in den Mitgliedstaaten in der Regel so ausgestaltet, dass die Prüfung, ob eine Vertragsklausel missbräuchlich ist, auf ein durch Rechtsbehelf einzuleitendes Streitverfahren verlagert ist(72). Im Rahmen dieses Streitverfahrens erhält der nationale Richter Gelegenheit, seine unionsrechtliche Pflicht zur Prüfung der Missbräuchlichkeit wahrzunehmen. Mit anderen Worten, auch nach diesem Modell wird dem Verbraucher Rechtsschutz gewährt. Allerdings wird dieser davon abhängig gemacht, dass der Verbraucher im Rahmen des Mahnverfahrens seinen Willen kundtut, sich rechtlich zur Wehr zu setzen.

69.      Dass die Effektivität des Unionsrechts deshalb beeinträchtigt wird, weil der Rechtsschutz von einer Willensäußerung des Verbrauchers abhängig gemacht wird, wage ich zu bezweifeln. Denn gerade die Rechtsprechung zeigt, dass es der Gerichtshof als mit den Vorgaben aus den Art. 6 und 7 der Richtlinie 93/13 für vereinbar erachtet hat, wenn ein positives Eingreifen des nationalen Richters, um dem Ungleichgewicht zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden abzuhelfen, von der Zustimmung des Verbrauchers abhängig gemacht wird.

70.      Erinnert sei zunächst an das Urteil Pannon GSM, in dem der Gerichtshof auf die Verpflichtung des nationalen Gerichts hingewiesen hat, Klauseln unangewendet zu lassen, sofern es der Auffassung sein sollte, dass sie missbräuchlich sind, allerdings unter der Voraussetzung, dass „der Verbraucher dem nicht widerspricht“(73). In seiner Begründung hat der Gerichtshof ausgeführt, dass die Verpflichtung zur amtswegigen Prüfung notwendig ist, um die praktische Wirksamkeit des mit den Bestimmungen der Richtlinie angestrebten Schutzes zu gewährleisten. Zugleich hat er aber klargestellt, dass „das nationale Gericht die fragliche Klausel nicht unangewendet lassen muss, wenn der Verbraucher nach einem Hinweis dieses Gerichts die Missbräuchlichkeit und Unverbindlichkeit nicht geltend machen möchte“.

71.      Erinnert sei ferner an das Urteil in der Rechtssache Martín Martín(74), in der der Gerichtshof mit der Frage befasst war, ob ein nationales Gericht von Amts wegen einen Verstoß gegen Art. 4 der Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20. Dezember 1985 betreffend den Verbraucherschutz im Fall von außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen(75) aufgreifen und die Nichtigkeit eines Vertrags, der in den Anwendungsbereich dieser Richtlinie fällt, aus dem Grund feststellen darf, dass der Verbraucher nicht über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, obwohl er die Nichtigkeit vor den zuständigen nationalen Gerichten zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht hat(76). Der Gerichtshof hat in jenem Urteil darauf hingewiesen, dass „das Gemeinschaftsrecht von den nationalen Gerichten grundsätzlich nicht verlangt, von Amts wegen die Frage eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht aufzugreifen, wenn sie für die Prüfung dieser Frage die Grenzen des Rechtsstreits zwischen den Parteien überschreiten und sich auf andere Tatsachen und Umstände stützen müssten, als sie die Prozesspartei, die ein Interesse an der Anwendung der betreffenden Gemeinschaftsvorschriften hat, ihrem Begehren zugrunde gelegt hat“(77). Des Weiteren hat der Gerichtshof erklärt, dass „diese Beschränkung der Befugnisse des nationalen Gerichts durch den Grundsatz gerechtfertigt ist, dass die Initiative in einem Prozess den Parteien zusteht und das Gericht folglich nur in Ausnahmefällen von Amts wegen tätig werden darf, wenn sein Einschreiten im Interesse der öffentlichen Ordnung erforderlich ist“(78). Der Gerichtshof hat ein positives Eingreifen des nationalen Gerichts in einer Fallkonstellation wie der des Ausgangsverfahrens schließlich doch als gerechtfertigt gesehen, und zwar mit der Begründung, dass Art. 4 der Richtlinie 85/577 die öffentliche Ordnung betrifft. Wie der Gerichtshof unter Verweis auf meine Schlussanträge in jener Rechtssache(79) festgestellt hat, „[nimmt] die Belehrungspflicht nach Art. 4 der Richtlinie [85/577] im allgemeinen System der Richtlinie eine zentrale Stellung als wesentliche Garantie für die tatsächliche Ausübung des Widerrufsrechts und daher für die praktische Wirksamkeit des vom Gemeinschaftsgesetzgeber angestrebten Verbraucherschutzes [ein]“(80). In diesem Zusammenhang ist es notwendig, darauf hinzuweisen, dass der Gerichtshof die Möglichkeit, den strittigen Vertrag für nichtig zu erklären, zu den „geeigneten Maßnahmen“ zum Schutz des Verbrauchers im Sinne von Art. 4 Unterabs. 3 der Richtlinie im Fall einer Verletzung der Belehrungspflicht gezählt hat. Allerdings darf dabei nicht unerwähnt bleiben, dass der Gerichtshof unter Verweis auf die oben genannte Stelle im Urteil Pannon GSM(81) auch klargestellt hat, dass das „nationale Gericht berücksichtigen [kann], dass die Nichtigerklärung des fraglichen Vertrags unter bestimmten Umständen nicht dem Willen des Verbrauchers entspricht“(82).

72.      Schließlich ist noch an das Urteil in der Rechtssache Asturcom Telecomunicaciones zu erinnern, in der dem Gerichtshof die Frage gestellt worden ist, ob ein nationales Gericht, bei dem ein Antrag auf Zwangsvollstreckung aus einem in Abwesenheit des Verbrauchers ergangenen rechtskräftigen Schiedsspruch anhängig ist, verpflichtet ist, die Missbräuchlichkeit der in einem zwischen einem Gewerbetreibenden und diesem Verbraucher geschlossenen Vertrag enthaltenen Schiedsklausel von Amts wegen zu prüfen und diesen Schiedsspruch aufzuheben(83). Bemerkenswert war die Differenzierung, die der Gerichtshof gegenüber dem Urteil Mostaza Claro vorgenommen hat, indem er darauf hingewiesen hat, dass anders als in dem Sachverhalt, welcher der anderen Rechtssache zugrunde lag, „der Verbraucher im Laufe der verschiedenen Verfahren im Zusammenhang mit seinem Rechtsstreit gegen den Gewerbetreibenden völlig untätig geblieben war und insbesondere keinen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs mit dem Ziel gestellt hatte, die Missbräuchlichkeit der Schiedsklausel anzufechten, mit der Folge, dass der Schiedsspruch in Rechtskraft erwachsen konnte“(84). Anders als von mir vorgeschlagen(85), entschied der Gerichtshof, dem nationalen Gericht keine derartige Verpflichtung aufzuerlegen. Vielmehr überließ er die Klärung der vorgelegten Frage den nationalen Rechtsordnungen, wobei er sich darauf beschränkte, zu prüfen, ob das einschlägige spanische Verfahrensrecht im Einklang mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität stand. Eine Verpflichtung des nationalen Gerichts zur amtswegigen Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Schiedsklausel im Rahmen der Zwangsvollstreckung sah der Gerichtshof nur insoweit, als eine solche Prüfung nach den Bestimmungen des nationalen Verfahrensrechts im Rahmen vergleichbarer Anträge nationaler Art überhaupt möglich war(86).

73.      Die angeführte Rechtsprechung beweist, dass der Gerichtshof bestrebt ist, das Unionsrecht in einer Weise auszulegen, die den individuellen Interessen des Verbrauchers angemessen Rechnung trägt, indem diesem die Möglichkeit gegeben wird, selbständig zu entscheiden, ob er den Schutz des Verbraucherschutzrechts im Rahmen eines Zivilverfahrens, das maßgeblich durch den Grundsatz der Parteiherrschaft geprägt ist, in Anspruch nehmen will(87). Dieses Verständnis der prozessualen Stellung des Verbrauchers steht im Einklang mit dem ebenfalls in der Rechtsprechung entwickelten Leitbild eines Verbrauchers(88), der „normal informiert und angemessen aufmerksam und kritisch ist“. Der im Urteil Pannon GSM verfolgte Ansatz weist die Besonderheit auf, dass er den Verbraucher vor einem aufgedrängten Schutz bewahrt, und entspricht dem Gedanken des Verbraucherschutzes durch Information. Der Gerichtshof berücksichtigt nämlich, dass dem Verbraucher im Einzelfall daran gelegen sein kann, an der fraglichen Klausel festzuhalten, etwa im Fall einer Gerichtsvereinbarung, wenn der Verbraucher am in der Klausel vorgesehenen Ort prozessieren will(89). Umgekehrt scheint der Gerichtshof dazu zu tendieren, einen Verzicht des Verbrauchers auf die Wahrung seiner Rechte ebenfalls zu berücksichtigen, wie das Urteil Asturcom Telecomunicaciones zeigt. Danach scheint die unionsrechtliche Verpflichtung der nationalen Gerichte, den Verbraucher vor missbräuchlichen Klauseln durch ein positives Eingreifen zu schützen, nur so weit zu gehen, wie es das nationale Verfahrensrecht gestattet.

74.      Nach alledem komme ich zu dem Ergebnis, dass die praktische Wirksamkeit des mit der Richtlinie 93/13 eingeführten Systems nicht beeinträchtigt wird, wenn das nationale Gericht nicht dazu verpflichtet wird, a limine und von Amts wegen über die Unverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen missbräuchlichen Klausel zu entscheiden. Insofern kann der hierzu einhelligen Auffassung aller Verfahrensbeteiligten zugestimmt werden, wonach es, um den Schutz des Verbrauchers vor Forderungen sicherzustellen, die auf missbräuchlichen Vertragsklauseln beruhen, ausreichend erscheint, wenn dem Verbraucher, gegen den der Erlass eines Mahnbescheids beantragt worden ist, wie in der Regel im Rahmen eines nationalen Mahnverfahrens vorgesehen, Gelegenheit gegeben wird, sich dadurch rechtlich zur Wehr zu setzen, dass er Widerspruch einlegt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Effektivität ist darin nicht zu erkennen.

75.      Diese Überlegungen betreffen gewiss nur den Schutz des Verbrauchers. Es darf jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ausdrücklich die Einführung angemessener und wirksamer Mittel auch „im Interesse der … gewerbetreibenden Wettbewerber“ fordert. Mit anderen Worten, es müssen Verfahren geschaffen werden, die den Interessen beider Vertragspartner gleichermaßen Rechnung tragen. Dazu ist festzustellen, dass durch eine Verlagerung der Missbrauchskontrolle auf ein durch Rechtsbehelf einzuleitendes Streitverfahren zugleich vermieden wird, dass ein nationales Gericht die Nichtverbindlichkeit einer bestimmten Vertragsklausel feststellt, ohne dass dem Gewerbetreibenden zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben wird. Damit wird der Effektivität des Rechtsschutzes des Gewerbetreibenden, wie von der Kommission zu Recht vorgebracht(90), in angemessener Weise Genüge getan.

Zwischenergebnis

76.      Es ist somit festzustellen, dass die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität es nicht gebieten, dem nationalen Gericht die Verpflichtung aufzuerlegen, a limine und von Amts wegen über die Unverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen missbräuchlichen Klausel zu entscheiden. Ich sehe daher keine Notwendigkeit, die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten einzuschränken, um dem Verbraucherschutz Geltung zu verschaffen.

3.      Schlussfolgerungen

a)      Fehlende unionsrechtliche Verpflichtung zur Prüfung von Amts wegen und a limine im Rahmen des Mahnverfahrens

77.      Ich gelange damit zu der Schlussfolgerung, dass eine Übertragbarkeit der Rechtsprechung Pénzügyi auf den Ausgangsfall nicht in Betracht kommt. Dagegen spricht zum einen die Verschiedenheit der Umstände, die beiden Rechtssachen zugrunde liegen, vor allem die prozessuale Situation(91) – Mahnverfahren im Gegensatz zum Streitverfahren – sowie die Art von Vertragsklausel(92) – inhaltliche Klausel im Gegensatz zu einer Gerichtsstandsvereinbarung –, mit der das nationale Gericht befasst ist. Als weiteres Argument gegen eine Übertragung dieser Rechtsprechung auf den Ausgangsfall lässt sich anführen, dass eine Verpflichtung a limine und von Amts wegen über die Unverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen missbräuchlichen Klausel zu entscheiden, zu einer grundlegenden Veränderung der Funktionsweise des Mahnverfahrens führen würde(93), welche die Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten einschränken würde, ohne dass dies zwingend erforderlich wäre, um die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 93/13 sicherzustellen(94). Vor diesem Hintergrund muss eine dahin gehende unionsrechtliche Verpflichtung des nationalen Gerichts verneint werden.

78.      In Anbetracht der Tatsache, dass das Unionsrecht ein solches Vorgehen des nationalen Gerichts nicht gebietet, widerspricht es dem Unionsrecht auch nicht, wenn das nationale Gericht davon absieht, von Amts wegen und a limine über die Nichtverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu entscheiden.

b)      Ermächtigung der Mitgliedstaaten zum Erlass von strengeren Vorschriften

79.      Indes ist in Erinnerung zu rufen, dass die Richtlinie 93/13, wie ihrem zwölften Erwägungsgrund deutlich zu entnehmen ist, nur eine teilweise und minimale Harmonisierung der nationalen Rechtsvorschriften in Bezug auf missbräuchliche Klauseln vornimmt(95). Wesentlicher normativer Ausdruck des dieser Richtlinie zugrunde liegenden Mindestharmonisierungsansatzes ist die Ermächtigung in Art. 8, die ausdrücklich das Recht der Mitgliedstaaten vorsieht, auf dem durch diese Richtlinie geregelten Gebiet mit dem Vertrag vereinbare strengere Bestimmungen zu erlassen, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher zu gewährleisten. Wie ich bereits in meinen Schlussanträgen in der Rechtssache Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid erklärt habe, räumt dieser Mindestharmonisierungsansatz den Mitgliedstaaten ein erhebliches Gestaltungsermessen ein(96), das nur durch die allgemeinen Grenzen des Unionsrechts, vor allem das Primärrecht, eingeschränkt wird(97). Demzufolge steht es den Mitgliedstaaten grundsätzlich frei, in ihren nationalen Zivilverfahrensordnungen eine Verpflichtung ihrer Gerichte zur Prüfung der Missbräuchlichkeit einer Vertragsklausel von Amts wegen und a limine im Rahmen des Mahnverfahrens vorzusehen.

C –    Zur zweiten Vorlagefrage

80.      Die zweite Vorlagefrage bedarf einer Umformulierung, um dem nationalen Richter eine nützliche Antwort geben zu können. Denn soweit sie ihrem Wortlaut nach darauf abzielt, vom Gerichtshof eine richtlinienkonforme Auslegung von Art. 83 des RDL 1/2007 im Licht des Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 und des Art. 2 der Richtlinie 2009/22 zu erhalten, müsste sie wegen Fehlens eines zulässigen Auslegungsgegenstands(98) für unzulässig erklärt werden.

81.      In dieser Hinsicht ist daran zu erinnern, dass es nicht Sache des Gerichtshofs ist, im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 AEUV die Vereinbarkeit nationalen Rechts mit dem Unionsrecht zu beurteilen oder nationales Recht auszulegen. Der Gerichtshof ist jedoch befugt, dem vorlegenden Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts zu geben, die es diesem ermöglichen, für die Entscheidung der bei ihm anhängigen Rechtssache über die Frage der Vereinbarkeit zu befinden(99). Zu diesem Zweck hat er aus den gesamten vom nationalen Gericht gemachten Angaben, insbesondere der Begründung der Vorlageentscheidung, diejenigen unionsrechtlichen Elemente herauszuarbeiten, die unter Berücksichtigung des Streitgegenstands einer Auslegung bedürfen(100).

82.      Die zweite Vorlagefrage muss unter Berücksichtigung sowohl der im Vorlagebeschluss erörterten Problematik des Ausgangsfalls als auch der ersten Vorlagefrage („die Nichtigkeit und die Anpassung einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel“) dahin gehend verstanden werden, dass das vorlegende Gericht im Wesentlichen um Auslegung von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 ersucht. Es möchte nämlich wissen, ob es in Anbetracht der in dieser Richtlinienbestimmung vorgesehenen Rechtsfolge der Nichtverbindlichkeit missbräuchlicher Vertragsklauseln für den Verbraucher befugt ist, eine Vertragsklausel, deren missbräuchlicher Charakter feststeht, durch eine andere zu ersetzen, die nicht als missbräuchlich einzustufen ist.

83.      Die Antwort auf diese Frage ergibt sich meines Erachtens sowohl aus dem Wortlaut als auch aus dem Regelungszweck von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13.

84.      Zunächst ist festzustellen, dass die Richtlinie 93/13 weder eine „Ersetzung“ von missbräuchlichen Klauseln noch eine entsprechende richterliche Befugnis dazu ausdrücklich vorsieht. Stattdessen beschränkt sich Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie darauf, die Rechtsfolge der „Unverbindlichkeit“ solcher Klauseln für den Verbraucher vorzuschreiben(101). Entsprechendes ergibt sich auch aus dem 21. Erwägungsgrund. Diese Vorgabe ist, soweit sie reicht, für die Mitgliedstaaten zwingend, so dass keine Abweichungen gestattet sind. Seinem Zweck nach muss Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie auch im Rahmen der Umsetzung zu der zwingenden und vertraglich nicht abdingbaren Rechtsfolge der Unverbindlichkeit führen.

85.      Des Weiteren ist festzustellen, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie vorschreibt, dass der Vertrag nach Feststellung der Nichtverbindlichkeit einer missbräuchlichen Klausel für beide Parteien „auf derselben Grundlage bindend bleiben muss“, wenn er ohne die missbräuchlichen Klauseln bestehen kann. Der 21. Erwägungsgrund besagt insoweit, dass „die verbleibenden Klauseln weiterhin gelten müssen und der Vertrag im Übrigen auf der Grundlage dieser Klauseln für beide Teile verbindlich sein muss“. Die Regelung in Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie ist somit dahin zu verstehen, dass der Vertrag nach Beseitigung der missbräuchlichen Klauseln in unveränderter Form mit den verbleibenden Klauseln fortbestehen muss, sofern dies rechtlich möglich ist, was bereits begrifflich jegliche Ersetzung von Klauseln bzw. Anpassung des Vertrags ausschließt.

86.      Betrachtet man ferner den Regelungszweck von Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie genauer, so lassen sich weitere Argumente gegen eine auf die Anpassung einer Klausel gerichtete Befugnis des nationalen Richters finden. Wie bereits dargelegt, zielt die Feststellung der Nichtverbindlichkeit von missbräuchlichen Klauseln seitens des nationalen Richters darauf ab, zu verhindern, dass der Verbraucher an solche Klauseln gebunden bleibt. Gedient wird dadurch aber zugleich einem weiteren, langfristigen Ziel der Richtlinie 93/13, und zwar dem, der Verwendung missbräuchlicher Klauseln im Geschäftsverkehr ein Ende zu setzen, wie aus Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie hervorgeht. Zu diesem Zweck bedient sich die Richtlinie 93/13, wie der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung ausdrücklich erkannt hat, des Abschreckungseffekts, der von einer richterlichen Prüfung der Missbräuchlichkeit auf Gewerbetreibende ausgeht(102).

87.      Um festzustellen, ob eine Anpassung des Vertrags im Wege einer Ersetzung der betreffenden missbräuchlichen Klausel durch eine andere, wie im Ausgangsverfahren vorgenommen, im Widerspruch zu den Vorgaben der Richtlinie 93/13 steht, muss daher untersucht werden, ob diese Anpassung geeignet ist, den Abschreckungseffekt, den eine Prüfung der Missbräuchlichkeit entfaltet, nachhaltig zu beeinträchtigen. Dies würde nämlich bedeuten, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie nicht mehr sichergestellt wäre, was dem unionsrechtlichen Verbot, die Ziele einer Richtlinie durch mitgliedstaatliche Umsetzungsakte zu vereiteln, zuwiderlaufen würde.

88.      Eine solche Anpassung des Vertrags führt dazu, dass die Risiken eines Gewerbetreibenden aus der Verwendung von missbräuchlichen Klauseln im Geschäftsverkehr erheblich gemindert werden. Während der Gewerbetreibende eventuell zu befürchten hat, infolge der Feststellung der Nichtverbindlichkeit einer Klausel weiterhin an einen für ihn unter Umständen ungünstigeren Vertrag gebunden zu bleiben, führt eine Anpassung im obengenannten Sinne letztlich dazu, dass die Vertragsbedingungen dem gesetzeskonformen und damit einem für den Gewerbetreibenden annehmbaren Zustand angeglichen werden(103). Aber auch in Fallkonstellationen, in denen die Missbräuchlichkeit einer oder mehrerer Klauseln zu einer Gesamtunwirksamkeit des Vertrags führen würde, kann sich der Gewerbetreibende darauf verlassen, dass der Vertrag dennoch seine Wirksamkeit bewahren wird, was unter Umständen nicht im Interesse des Verbrauchers sein kann. Die Aussicht auf eine Heilung der Unwirksamkeitsgründe eines Vertrags sowie die Überschaubarkeit der Risiken für den Gewerbetreibenden könnten den umgekehrten Effekt als vom Richtliniengeber gewollt haben. Sie könnten diesem vielmehr einen Ansporn dazu geben, einfach „sein Glück zu versuchen“ und so viele missbräuchliche Klauseln wie möglich in den Vertrag aufzunehmen, in der Hoffnung, dass ein Großteil davon vom nationalen Gericht übersehen werde. Wie die Kommission(104) zutreffend anmerkt, könnte sich der Gewerbetreibende durch eine solche Rechtslage letztlich herausgefordert fühlen, zumal er bei einem Versuch, seine Klauseln gegenüber dem Verbraucher durchzusetzen, nichts zu verlieren hätte. Diese Beispiele zeigen, dass die Möglichkeit einer nachträglichen Anpassung des Vertrags durch den Richter die Abschreckungswirkung, die von Art. 6 der Richtlinie ausgeht, nicht nur entschärfen, sondern sogar den umgekehrten Effekt bewirken würde. Vereitelt würden damit die Ziele der Richtlinie 93/13.

89.      In Anbetracht dieses Befunds muss die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 93/13 als beeinträchtigt angesehen werden. Dementsprechend muss die Vorlagefrage auch dahin gehend beantwortet werden, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie einer nationalen Regelung wie der des Art. 83 des RDL 1/2007, die es dem nationalen Gericht ermöglicht, eine missbräuchliche Vertragsklausel durch eine andere zu ersetzen, die nicht als solche einzustufen ist, entgegensteht(105). Dem nationalen Gericht obliegt es, diese nationale Regelung richtlinienkonform auszulegen und anzuwenden. Bei der Anwendung des innerstaatlichen Rechts muss das nationale Gericht das innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks dieser Richtlinie auslegen, um das in ihr festgelegte Ergebnis zu erreichen und so Art. 288 Abs. 3 EG nachzukommen(106).

D –    Zur dritten Vorlagefrage

90.      Des Weiteren möchte das vorlegende Gericht wissen, ob eine richterliche Kontrolle von Amts wegen und a limine ausgeschlossen werden darf, wenn eindeutige Angaben über bestimmte Aspekte des Darlehensvertrags, wie beim Europäischen Mahnverfahren vorgesehen, gemacht werden. Damit meint das vorlegende Gericht die Regelung in Art. 7 der Verordnung Nr. 1896/2006 über das Europäische Mahnverfahren, wonach der Antrag auf Erlass eines Europäischen Zahlungsbefehls eine Reihe von Informationen beinhalten muss, die in Abs. 2 im Einzelnen aufgezählt sind. Diesbezüglich wirft das vorlegende Gericht die Hypothese auf, dass die Aufstellung bestimmter inhaltlicher Anforderungen unter Umständen das Fehlen einer Kontrollmöglichkeit a limine ausgleichen könnte(107). Der Grund für diese Ausführungen scheint der zu sein, dass nach Auskunft des vorlegenden Gerichts derartige Angaben im spanischen Recht eben nicht verlangt werden.

91.      Es bleibt letztlich aber unklar, worauf die Vorlagefrage eigentlich hinausläuft. Die Frage könnte einerseits, wie von der spanischen Regierung und der Kommission vorgeschlagen(108), insofern als hypothetisch und damit entsprechend der Rechtsprechung des Gerichtshofs letztlich doch als unzulässig erachtet werden, als es auf eine Auslegung der Verordnung Nr. 1896/2006 abzielt, zumal es im Ausgangsfall ausschließlich um ein nationales Mahnverfahren geht, das ausschließlich den Bestimmungen des spanischen Zivilverfahrensrechts unterliegt. Es ist in diesem Zusammenhang in Erinnerung zu rufen, dass, sofern die von den nationalen Gerichten vorgelegten Fragen die Auslegung einer Bestimmung des Unionsrechts betreffen, der Gerichtshof grundsätzlich gehalten ist, darüber zu befinden(109), es sei denn, er soll offensichtlich in Wirklichkeit dazu veranlasst werden, über einen konstruierten Rechtsstreit zu entscheiden oder Gutachten zu allgemeinen oder hypothetischen Fragen abzugeben, die begehrte Auslegung des Unionsrechts steht in keinem Zusammenhang mit der Realität oder dem Gegenstand des Rechtsstreits oder der Gerichtshof verfügt nicht über die tatsächlichen oder rechtlichen Angaben, die für eine zweckdienliche Beantwortung der ihm vorgelegten Fragen erforderlich sind(110).

92.      Der sich auf den ersten Blick aufdrängende hypothetische Charakter der Vorlagefrage entfällt allerdings dann, wenn Letztere unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen des vorlegenden Gerichts dahin gehend verstanden wird, dass damit um Auskunft darüber ersucht wird, welche Vorgaben sich aus der Verordnung Nr. 1896/2006 hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen an einen Antrag auf Erlass eines nationalen Mahnbescheids ableiten lassen. Dem Vorlagebeschluss ist nämlich zu entnehmen, dass das vorlegende Gericht eine „analoge Anwendung“ der Verordnung Nr. 1896/2006 in Erwägung zieht. Eine analoge Anwendung der in Art. 7 der Verordnung Nr. 1896/2006 enthaltenen Regelung würde letztlich aber auf eine Harmonisierung des nationalen Zivilverfahrensrechts hinauslaufen, was der Unionsgesetzgeber nicht angestrebt hat. Wie nämlich dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung zu entnehmen ist, sollte das „durch diese Verordnung geschaffene Verfahren … eine zusätzliche und fakultative Alternative für den Antragsteller darstellen, dem es nach wie vor freisteht, sich für die im nationalen Recht vorgesehenen Verfahren zu entscheiden“. Das vom Unionsgesetzgeber entwickelte Konzept eines Europäischen Mahnverfahrens als zusätzliches und fakultatives Verfahren zum Zweck der grenzüberschreitenden Beitreibung von unbestrittenen Geldforderungen belegt, dass das nationale und das europäische Verfahren dazu gedacht waren, parallel zueinander zu bestehen(111). Das Verhältnis der Verordnung zum nationalen Recht wird ferner in Satz 2 klargestellt, aus dem ausdrücklich hervorgeht, dass „durch diese Verordnung die nach nationalem Recht vorgesehenen Mechanismen zur Beitreibung unbestrittener Forderungen weder ersetzt noch harmonisiert werden [sollen]“. Demzufolge lassen sich der Verordnung Nr. 1896/2006 keine verbindlichen Vorgaben(112) darüber entnehmen, wie ein Antrag auf Erlass eines nationalen Mahnbescheids inhaltlich ausgestaltet werden soll.

93.      Dessen ungeachtet ergibt sich die Antwort auf die dritte Vorlagefrage bereits aus meinen Ausführungen zur ersten und zweiten Vorlagefrage. Danach sind die Mitgliedstaaten unionsrechtlich nicht verpflichtet, in ihren nationalen Rechtsordnungen eine Prüfung von Amts wegen und a limine der Missbräuchlichkeit von Vertragsklauseln im Rahmen von Mahnverfahren vorzusehen. Sie dürfen dies allerdings kraft der Ermächtigungsgrundlage in Art. 8 der Richtlinie 93/13 im Interesse des Verbraucherschutzes anordnen.

E –    Zur vierten und fünften Vorlagefrage

94.      Auch hinsichtlich der Notwendigkeit einer Beantwortung der vierten Vorlagefrage bestehen Zweifel. Denn insoweit, als sie auf eine Auslegung der Richtlinie 2008/48 abzielt, muss auf den Umstand aufmerksam gemacht werden, dass diese Richtlinie auf den Ausgangssachverhalt zeitlich nicht anwendbar ist. Sie ist nämlich am 23. April 2008 erlassen worden und am 11. Juni 2008 in Kraft getreten, wobei die Frist für ihre Umsetzung in nationales Recht am 12. Mai 2010 abgelaufen ist. Der streitgegenständliche Darlehensvertrag ist aber bereits am 28. Mai 2007, d. h. zeitlich noch vor Inkrafttreten der Richtlinie 2008/48, abgeschlossen worden.

95.      Zwar sieht die Richtlinie 2008/48 Übergangsmaßnahmen vor, allerdings muss Art. 30 der Richtlinie berücksichtigt werden, wonach die Richtlinie ausdrücklich nicht für die am Tag des Inkrafttretens der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen bereits laufenden Kreditverträge gilt. Allein von dieser Regelung ausgenommen werden die Art. 11, 12, 13 und 17 sowie Art. 18 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, deren Anwendung die Mitgliedstaaten „auch auf am Tag des Inkrafttretens der innerstaatlichen Umsetzungsmaßnahmen auf bereits laufende unbefristete Kreditverträge sicherstellen müssen“. Nicht dazu gehören jedoch Art. 5 Abs. 1 Buchst. l und m und Art. 6 sowie Art. 10 Abs. 2 Buchst. l, die dem Kreditgeber gewisse vorvertragliche Informationspflichten gegenüber dem Kreditnehmer auferlegen und gerade Gegenstand der Vorlagefrage sind. Der Versuch, dem nationalen Gericht dennoch eine nützliche Antwort zu geben, indem nicht auf die Richtlinie 2008/48, sondern auf die insoweit zeitlich anwendbare Vorgängerrichtlinie 87/102 abgestellt wird, begegnet auch unüberbrückbaren Schwierigkeiten, da Letztere keine Vorschriften enthielt, die den genannten Richtlinienbestimmungen entsprechen. Eine Auslegung der Richtlinie 87/102 vermag somit keine Antwort auf die Fragen des vorlegenden Gerichts zu liefern.

96.      In Anbetracht der Tatsache, dass die vierte Vorlagefrage keinen Bezug zum Ausgangsrechtsstreit aufweist, erübrigt sich eine Beantwortung derselben. Das vorlegende Gericht sollte dennoch auf die fehlende zeitliche Anwendbarkeit der Richtlinie 2008/48 hingewiesen werden.

97.      Was die fünfte Vorlagefrage anbelangt, erscheint es zunächst erforderlich, auf den Fehler hinzuweisen, der dem vorlegenden Gericht bei der Formulierung dieser Frage offensichtlich unterlaufen ist. Da die angeführten Bestimmungen keinen Zusammenhang zum wiedergegebenen Regelungsgegenstand aufweisen, ist, wie auch die Kommission zutreffend feststellt(113), davon auszugehen, dass das vorlegende Gericht sich eher auf Art. 6 Abs. 2 und Art. 7 der Richtlinie 87/102 bezieht. Der Anspruch auf Information sowie der Grundsatz des Verbots der ungerechtfertigten Bereicherung sind nämlich in der Richtlinie 87/102 und nicht in der vom vorlegenden Gericht genannten Richtlinie 2008/48 verankert.

98.      Die Richtigkeit dieser Vermutung unterstellt, muss anschließend untersucht werden, ob die Vorlagefrage in Anbetracht der konkreten Problematik des Ausgangsrechtsstreits auch als entscheidungserheblich erachtet werden kann.

99.      Dazu ist festzustellen, dass nichts im Vorlagebeschluss darauf hinweist, dass sich im Ausgangsrechtsstreit ein Problem im Zusammenhang mit der in Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 87/102 geregelten Pflicht des Kreditgebers, „den Verbraucher während der Laufzeit des Vertrags über jede Änderung des Jahreszinses und der in Rechnung gestellten Kosten im Augenblick ihres Eintretens zu unterrichten“, stellen würde. Davon abgesehen betrifft diese Pflicht laut Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 87/102 lediglich Verträge zwischen einem Verbraucher und einem Kredit- oder Finanzinstitut über die Gewährung eines Kredits in Form eines Überziehungskredits auf einem laufenden Konto. Da der streitgegenständliche Darlehensvertrag nach den verfügbaren Sachverhaltsinformationen nicht unter diese Kategorie von Kreditverträgen zu fallen scheint, bedarf es auch keiner Auslegung von Art. 6 Abs. 2 der Richtlinie 87/102, um den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden.

100. Ebenso wenig erscheint eine Auslegung von Art. 7 der Richtlinie 87/102 geboten, um den Ausgangsrechtsstreit zu entscheiden. Diese Richtlinienbestimmung verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, „für den Fall des Kredits zum Erwerb einer Ware die Bedingungen fest[zulegen], unter denen die Ware zurückgenommen werden kann, insbesondere für Fälle, in denen der Verbraucher seine Einwilligung nicht erteilt hat“. Ferner sieht sie vor, dass die Mitgliedstaaten „dafür Sorge tragen, dass in den Fällen, in denen der Kreditgeber die Ware wieder an sich nimmt, die Abrechnung zwischen den Parteien in der Weise erfolgt, dass die Rücknahme nicht zu einer unberechtigten Bereicherung führt“. Indes weist nichts im Vorlagebeschluss darauf hin, dass sich im Ausgangsfall ein Problem im Zusammenhang mit der Rückgabe einer Ware an den Gläubiger stellen würde. Möglicherweise bezieht sich das vorlegende Gericht aber auf eine denkbare Fallkonstellation, in der der Gewerbetreibende angesichts der Missachtung der Vertragspflichten seitens des Verbrauchers die Rückzahlung des Darlehens verlangen könnte, wobei sich in diesem Fall die Frage stellen würde, ob er ebenfalls Anspruch auf die als missbräuchlich anzusehenden Verzugszinsen hätte. Letzteres könnte nämlich sonst als eine ungerechtfertigte Bereicherung angesehen werden. Es fehlen jedoch Anhaltspunkte im Vorlagebeschluss dafür, dass das Vorlageersuchen auf die Klärung dieser Frage abzielt.

101. Nach alledem komme ich zu dem Ergebnis, dass sich eine Beantwortung der vierten und der fünften Vorlagefrage erübrigt.

F –    Zur sechsten Vorlagefrage

102. Mit seiner sechsten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2005/29 dahin auszulegen ist, dass ein nationales Gericht von Amts wegen den unlauteren Charakter einer Handelspraktik beurteilen kann, die darin besteht, in den Vertragstext eine Klausel über Verzugszinsen aufzunehmen.

103. Diese Richtlinienbestimmung, die das vorlegende Gericht in seiner Vorlagefrage nennt, schreibt ein allgemeines Ziel vor, das die Mitgliedstaaten im Wege eines gesetzgeberischen Handelns erreichen müssen. Es geht darum, im Interesse der Verbraucher sicherzustellen, dass „geeignete und wirksame Mittel zur Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken vorhanden sind, um die Einhaltung dieser Richtlinie durchzusetzen“. Diese Mittel umfassen Rechtsvorschriften, die es gestatten, gegen solche unlauteren Geschäftspraktiken gerichtlich vorzugehen und/oder ein Verfahren bei einer Verwaltungsbehörde einzuleiten, die für die Entscheidung über Beschwerden oder für die Einleitung eines geeigneten gerichtlichen Verfahrens zuständig ist. Es ist also festzuhalten, dass die Richtlinie 2005/29 zum Zweck der Bekämpfung von unlauteren Geschäftspraktiken die Einrichtung sowohl eines Gerichts- als auch eines Verwaltungsverfahrens auf nationaler Ebene ermöglicht.

104. Für die Zwecke des Vorabentscheidungsverfahrens ist jedoch allein die erste Variante von Relevanz, da die aufgeworfenen Rechtsfragen sich auf das nationale Mahnverfahren vor einem nationalen Gericht beziehen. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2005/29 umfangreiche Befugnisse für die Gerichte der Mitgliedstaaten vorsieht, die in ihren wesentlichen Grundzügen beschrieben sind. Diese Befugnisse umfassen u. a. den Erlass von gerichtlichen Verboten von unlauteren Geschäftspraktiken, die Gewährung von einstweiligem Rechtsschutz sowie die Anordnung von Maßnahmen, um die Folgewirkung dieser Art von Geschäftspraktiken zu beseitigen.

105. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Richtlinienbestimmung müssen die entsprechenden Befugnisse aber erst von den Mitgliedstaaten im Zuge der Umsetzung der Richtlinie eingeräumt werden, wobei sie bestimmte unionsrechtliche Mindestvorgaben einhalten müssen(114). Bei der Umsetzung steht ihnen zudem ein weiter Ausgestaltungsspielraum zu(115). Die Richtlinie 2005/29 sieht zwar eine vollständige Harmonisierung der materiellen Regeln über unlautere Geschäftspraktiken von Unternehmen gegenüber Verbrauchern vor(116), jedoch nicht der verfahrensrechtlichen Instrumente, um diese Art von Geschäftspraktiken zu bekämpfen. Was wiederum die Frage einer unmittelbaren Anwendbarkeit der Richtlinie 2005/29 angeht, auf die das vorlegende Gericht durch den Hinweis auf die offenbar unterbliebene Umsetzung der Richtlinie 2005/29 in Spanien wohl anspielt, folgt meines Erachtens aus den vorstehenden Feststellungen, dass dies weder ausdrücklich vorgesehen ist, noch eine solche Möglichkeit nach dem Regelungszweck der Richtlinie 2005/29 beabsichtigt worden zu sein scheint. Als Argument gegen eine undifferenzierte unmittelbare Anwendbarkeit der Bestimmungen der Richtlinie 2005/29 seitens der nationalen Gerichte lässt sich nämlich anführen, dass aus Art. 11 Abs. 1 gerade hervorgeht, dass die Verfahren, welche die Mitgliedstaaten schaffen müssen, doch erst die Durchsetzung der Richtlinie sicherstellen werden. Die Schaffung von geeigneten Mitteln zur Bekämpfung von unlauteren Geschäftspraktiken erweist sich somit als eine unerlässliche Bedingung für eine Durchsetzung der Richtlinienziele auf nationaler Ebene(117).

106. Ungeachtet dieses Auslegungsergebnisses ist hinsichtlich der Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefrage festzustellen, dass nichts im Vorlagebeschluss darauf hinweist, dass das erstinstanzliche Gericht die Aufnahme der von ihm als missbräuchlich erachteten Vertragsklausel über die Verzugszinsen zugleich als eine unlautere Geschäftspraktik im Sinne der Richtlinie 2005/29 eingestuft hätte. Das vorlegende Gericht, das die Frage der Anwendbarkeit der Richtlinie 2005/29 auf den Ausgangsfall als Erstes aufgeworfen hat, spricht lediglich von einer „möglichen unlauteren Geschäftspraktik“(118), ohne jedoch Anhaltspunkte für eine dahin gehende Vermutung zu liefern. Es kann anhand des Gesamtzusammenhangs lediglich unterstellt werden, dass die Unlauterkeit der Geschäftspraktik nach Auffassung des vorlegenden Gerichts in der Festlegung eines zu hohen Verzugszinssatzes besteht. Die spärlichen Ausführungen im Vorlagebeschluss gestatten es aber nicht, mit Gewissheit festzustellen, ob das vorlegende Gericht eine Subsumtion des Sachverhalts unter die Bestimmungen der Richtlinie überhaupt vorgenommen hat. Daraus folgt, dass das Ersuchen um Auslegung der Richtlinie 2005/29 keinen Bezug zum Ausgangsrechtsstreit aufweist. Vor diesem Hintergrund muss, wie auch von den Verfahrensbeteiligten vertreten, von einem rein hypothetischen Charakter der Vorlagefrage ausgegangen werden. Dementsprechend ist die sechste Vorlagefrage auch für unzulässig zu erklären.

VII – Ergebnis

107. In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die von der Audiencia Provincial de Barcelona gestellten Vorlagefragen wie folgt zu antworten:

1.         Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen ist in dem Sinne auszulegen, dass sie ein nationales Gericht nicht dazu verpflichtet, im Rahmen eines nationalen Mahnverfahrens von Amts wegen und a limine über die Nichtverbindlichkeit einer in einem Verbraucherkreditvertrag enthaltenen Klausel über Verzugszinsen zu entscheiden, sofern die Beurteilung der eventuellen Missbräuchlichkeit dieser Klausel nach Maßgabe des nationalen Verfahrensrechts auf ein durch Rechtsbehelf des Schuldners einzuleitendes Streitverfahren verlagert werden kann, im Rahmen dessen das nationale Gericht die Möglichkeit erhält, sich die erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen zu beschaffen, um eine solche Beurteilung vorzunehmen.

2.         Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 steht einer nationalen Regelung entgegen, die das nationale Gericht zu einer Anpassung eines Verbrauchervertrags dahin gehend ermächtigt, eine missbräuchliche Vertragsklausel durch eine andere zu ersetzen, die nicht als missbräuchlich einzustufen ist.

3.         Die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens finden auf ein nationales Mahnverfahren keine Anwendung.


1 – Originalsprache: Deutsch.


      


2 – Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).


3 – Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110, S. 30).


4 – Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. L 399, S. 1).


5 – Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133, S. 66).


6 – Richtlinie 2005/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005 über unlautere Geschäftspraktiken im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und Verbrauchern und zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG des Rates, der Richtlinien 97/7/EG, 98/27/EG und 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 149, S. 22).


7 – Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur Abänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates sowie zur Aufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 304, S. 64). Gemäß Art. 28 Abs. 1 müssen die Mitgliedstaaten die Richtlinie bis zum 13. Dezember 2013 in ihr nationales Recht umsetzen.


8 – Art. 32 der Richtlinie 2011/83, der als Art. 8a in die Richtlinie 93/13 eingefügt wird, legt den Mitgliedstaaten die Verpflichtung auf, die Kommission über die Annahme spezifischer innerstaatlicher Vorschriften in bestimmten Bereichen zu informieren, und zwar im Hinblick auf die Ausweitung des Umfangs der Inhaltskontrolle nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 93/13 sowie die Einführung von nationalen Listen mit Vertragsklauseln, die als missbräuchlich gelten.


9 – Vorschlag der Kommission vom 11. Oktober 2011 für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Gemeinsames Europäisches Kaufrecht (KOM[2011] 635 endg.).


10 – Die Bemühungen der Kommission um die Schaffung eines europäischen Vertragsrechtsinstruments sind in den letzten Jahren intensiviert worden. Die im Jahr 2003 vorgelegte Kommissionsmitteilung „Ein kohärentes europäisches Vertragsrecht – ein Aktionsplan“ schlug die Erarbeitung eines „Gemeinsamen Referenzrahmens“ als Opt-in-Instrument vor, der gemeinsame Regeln und eine gemeinsame Terminologie des europäischen Vertragsrechts enthalten sollte. In der Folgezeit hat die „Study Group on a European Civil Code“ als internationales Forschernetzwerk einen akademischen Entwurf eines Gemeinsamen Referenzrahmens (Common Frame of Reference – CFR) ausgearbeitet, wobei auf die im Rahmen der sogenannten Lando-Kommission erarbeiteten „Principles of European Contract Law“ (PECL) zurückgegriffen wurde. Auf der Grundlage dieser Vorarbeiten hat die Europäische Kommission im April 2010 eine Expertengruppe zum Gemeinsamen Referenzrahmen des europäischen Vertragsrechts eingesetzt, die am 3. Mai 2011 eine Machbarkeitsstudie vorgelegt hat. Vgl. zu den Bemühungen um die Schaffung eines Europäischen Kodex der Rechte der Verbraucher Lando, O., „On a European Contract Law for Consumers and Businesses – Future Perspectives“, Towards a European Contract Law (hrsg. von Reiner Schulze/Jules Stuyck), München 2011, S. 203 f., und Mazeaud, D., „Unfairness and Non-negotiated Term“, a. a. O., S. 123, Hesselink, M., „The Consumer Rights Directive and the CFR: two worlds apart?“, European review of contract law, Band 5 (2009), Nr. 3, S. 290; Zimmermann, R., „The present state of European private law“, The American journal of comparative law, Band 57 (2009), Nr. 2, S. 479.


11 – BOE Nr. 176 vom 24. Juli 1984.


12 – BOE Nr. 89 vom 14. April 1998.


13 – BOE Nr. 287 vom 30. November 2007.


14 – Vgl. Gruber, U., Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht – Kommentar (hrsg. von Thomas Rauscher), München 2010, S. 274, Randnr. 1.


15 – Alle Mitgliedstaaten versuchen, das Problem der Beitreibung einer Masse unbestrittener Forderungen auf dem Rechtsweg aus ihrer eigenen Perspektive im Rahmen ihrer Rechtstraditionen und Verfahren zu lösen. Die einzelstaatlichen Lösungswege weichen sowohl in technischer Hinsicht als auch in Bezug auf den Erfolg stark voneinander ab. In manchen Mitgliedstaaten sind die wichtigsten verfahrensrechtlichen Instrumente im Umgang mit Forderungen, die nicht Gegenstand eines Rechtsstreits sind, Versäumnisurteile, im Rahmen des ordentlichen Zivilprozesses vorgesehene besondere summarische Verfahren oder sogar einstweilige Verfügungen, die ihrer Wirkung nach so gut wie definitiv sind, da sich in der Praxis kaum ein Hauptverfahren anschließt. In einigen Mitgliedstaaten hat sich allerdings das Mahnverfahren als besonders wirkungsvoll erwiesen, um die rasche und kostengünstige Beitreibung von Forderungen zu erwirken, von denen anzunehmen ist, dass sie unbestritten bleiben. Ursprünglich war ein solches Verfahren im Zivilprozessrecht von elf Mitgliedstaaten (Österreich, Belgien, Finnland, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, Luxemburg, Portugal, Spanien, Schweden) vorgesehen. Die französische injonction de payer und das deutsche Mahnverfahren sind die bekanntesten Beispiele. Im Jahr 1999 wurde ein ähnliches Verfahren auch in Spanien (proceso monitorio) eingeführt (vgl. Grünbuch der Kommission vom 12. Dezember 2002 über ein Europäisches Mahnverfahren und über Maßnahmen zur einfacheren und schnelleren Beilegung von Streitigkeiten mit geringerem Streitwert, KOM[2002] 746 endg.). Diese Entwicklung zeigt, dass dieser Verfahrenstyp in der Europäischen Union zunehmend geschätzt wird.


16 – Vgl. Hess, B., Europäisches Zivilprozessrecht, Heidelberg 2010, S. 556, § 10, Randnr. 40.


17 – Vgl. beispielsweise zur Zuständigkeitsregelung in Deutschland Prütting, H./Gehrlein, M., ZPO – Kommentar, 2. Aufl., Köln 2010, S. 1455, § 689, Randnr. 2; Zeiss, W./Schreiber, K., Zivilprozessrecht, 10. Aufl., S. 305, in Österreich Rechberger, W./Simotta, D.-A., Grundriss des österreichischen Zivilprozessrechts, Wien 2003, S. 302, Randnr. 515/3, und in Spanien Alonso Crespo, E., „Algunos medios preventivos o alternativos del proceso civil atribuidos al secretario judicial“, Estudios jurídicos, 2004, S. 6687, und Rodríguez Tirado, A. M., Las funciones procesales del Secretario judicial, Barcelona 2001, die sich jeweils mit der Stellung des deutschen und österreichischen Rechtspflegers sowie des spanischen secretario judicial innerhalb der Justizverwaltung befassen.


18 – Vgl. beispielsweise zur Zuständigkeitsregelung in Frankreich Guinchard, S., Droit et pratique de la procédure civile, Paris 2004, S. 629, und in Italien De Stefano, A., Procedura Civile, Mailand 2010, S. 662, Randnr. 5144.


19 – Wie Sujecki, B., „Das Europäische Mahnverfahren“, Neue Juristische Wochenschrift, 2007, S. 1625, am Beispiel des auslegungsbedürftigen Wortlauts von Art. 8 der Verordnung Nr. 1896/2006 erklärt, soll ein eingeschränkter Prüfungsumfang dahin gehend, dass zwar keine Schlüssigkeitsprüfung erforderlich ist, gleichwohl aber offensichtlich unbegründete Forderungen zurückgewiesen werden sollen, eine Prüfung durch einen unterhalb der Richterschaft liegenden Gerichtsbeamten gestatten. Mit einem solchen Prüfungsumfang werde darüber hinaus auch eine vollautomatisierte Prüfung der Mahnanträge ermöglicht, womit das Mahnverfahren den gewünschten Rationalisierungs- und Entlastungseffekt entfalte.


20 – Vgl. zur Regelung in Frankreich Guinchard, S., a. a. O. (Fn. 18), S. 631, in Deutschland Zeiss, W./Schreiber, K., a. a. O. (Fn. 17), S. 306, Randnr. 779, in Österreich Rechberger, W./Simotta, D.-A., a. a. O. (Fn. 17), S. 304, Randnr. 515/7, und in Italien De Stefano, A., a. a. O. (Fn. 18), S. 671, Randnr. 5210.


21 – Vgl. Gruber, U., a. a. O. (Fn. 14), S. 275, Randnr. 3, der darauf hinweist, dass das Verfahren nach der Verordnung Nr. 1896/2006 auf derselben Grundvorstellung wie die nationalen Mahnverfahren beruhe. Der Gläubiger solle in einem einfachen, raschen und kostengünstigen Verfahren zu einem vollstreckbaren Titel gelangen. Nur dann, wenn sich der Schuldner zur Wehr setze, werde das Verfahren in ein ordentliches Zivilverfahren übergeleitet.


22 – Vgl. Alonso Crespo, E., a. a. O. (Fn. 17), S. 6687; Rechberger, W./Simotta, D.-A., a. a. O. (Fn. 17), S. 301, Randnr. 515/2, die auf Vorteile einer kostensparenden Erlangung eines Vollstreckungstitels mit Hilfe des Mahnverfahrens hinweisen.


23 – Vgl. Urteile vom 27. Juni 2000, Océano Grupo Editorial und Salvat Editores (C‑240/98 bis C‑244/98, Slg. 2000, I‑4941, Randnr. 25), und vom 26. Oktober 2006, Mostaza Claro (C‑168/05, Slg. 2006, I‑10421, Randnr. 25).


24 – Vgl. Urteile Mostaza Claro (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 36) und vom 4. Juni 2009, Pannon GSM (C‑243/08, Slg. 2009, I‑4713, Randnr. 25). Für eine Kritik dieser Rechtsprechung siehe Hesselink, M., „Unfair Terms in Contracts Between Businesses“, Towards a European Contract Law, a. a. O. (Fn. 10), S. 132 f.


25 – Vgl. Urteile Océano Grupo Editorial und Salvat Editores (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 27) und Mostaza Claro (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 26) sowie vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones (C‑40/08, Slg. 2009, I‑9579, Randnr. 31).


26 – Urteil Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 32). Siehe zur gerichtlichen Inhaltskontrolle von allgemeinen Geschäftsbedingungen im Licht von Treu und Glauben Basedow, J., „Der Europäische Gerichtshof und das Privatrecht“, Archiv für die civilistische Praxis, Band 210 (2010), S. 172 f.


27 – Urteile vom 21. November 2002, Cofidis (C‑473/00, Slg. 2002, I‑10875, Randnr. 32), und Mostaza Claro (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 27).


28 – Urteile Cofidis (oben in Fn. 27 angeführt, Randnr. 33) und Mostaza Claro (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 28).


29 – Urteil Pannon GSM (oben in Fn. 24 angeführt).


30 – Ebd., Randnr. 35.


31 – Urteil vom 9. November 2010, Pénzügyi (C‑137/08, Slg. 2010, I‑10847).


32 – Ebd., Randnr. 56.


33 – Ebd., Randnrn. 14 f.


34 – Ebd., Randnr. 18.


35 – Ebd., Randnr. 52.


36 – Ebd., Randnr. 53.


37 – Ebd., Randnr. 54.


38 – Ebd., Randnr. 55.


39 – Siehe meine Schlussanträge vom 6. Juli 2010, Pénzügyi (Urteil oben in Fn. 31 angeführt, Nr. 113).


40 – Vgl. Randnr. 65 des Schriftsatzes der Kommission.


41 – Siehe Nr. 4 der vorliegenden Schlussanträge.


42 – Siehe Kapitel 8 (Art. 79 bis 86 – „Unfaire Vertragsbestimmungen“) des Verordnungsvorschlags.


43 – Siehe Teil VI, Kapitel 16, Abschnitt 2 (Art. 166 bis 171 – „Verzugszinsen: Allgemeine Bestimmungen“) des Verordnungsvorschlags.


44 – Art. 167 Nr. 3 des Verordnungsvorschlags lautet wie folgt: „Eine Vertragsklausel, die einen höheren Zinssatz vorsieht als in Artikel 166 angegeben oder eine frühere Entstehung als in Absatz 2 dieses Artikels genannt, ist nicht verbindlich, soweit eine solche Klausel unfair im Sinne von Artikel 83 wäre“.


45 – Art. 83 Abs. 2 des Verordnungsvorschlags legt die Kriterien (Transparenz der Klausel, Wesen des Vertragsgegenstands, Umstände des Vertragsschlusses, die übrigen Bestimmungen des Vertrags und die Bestimmungen sonstiger Verträge, von denen der Vertrag abhängt) fest, anhand deren die „Unfairness“ einer Vertragsbestimmung zu beurteilen ist. Diese Bestimmung ist Art. 4 der Richtlinie 93/13 nachempfunden.


46 – Wie sich aus dem 17. Erwägungsgrund ergibt, kann die Liste im Anhang für die Zwecke dieser Richtlinie nur Beispiele geben. Infolge dieses Minimalcharakters kann sie von den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, insbesondere hinsichtlich des Geltungsbereichs dieser Klauseln, ergänzt oder restriktiver formuliert werden.


47 – Vgl. Urteile Pannon GSM (oben in Fn. 24 angeführt, Randnr. 38) und vom 1. April 2004, Freiburger Kommunalbauten (C‑237/02, Slg. 2004, I‑3403, Randnr. 20).


48 – Vgl. Urteile vom 7. Mai 2002, Kommission/Schweden (C‑478/99, Slg. 2002, I‑4147, Randnr. 20), und Freiburger Kommunalbauten (oben in Fn. 47 angeführt, Randnr. 20).


49 – Siehe Nrn. 23 f. der vorliegenden Schlussanträge.


50 – In diesem Sinne auch De Stefano, A., a. a. O. (Fn. 18), S. 655, Randnr. 5100, zum Mahnverfahren (konkret zum italienischen procedimento di ingiunzione), das ohne Streitverfahren sowie eine eingehende Prüfung der geltend gemachten Geldforderung auskommt, und dadurch dem Gläubiger ermöglicht, schnell und kostengünstig einen vollstreckbaren Titel zu erlangen, um die Zwangsvollstreckung zu beantragen.


51 – Siehe Randnr. 22 des Schriftsatzes der deutschen Regierung.


52 – Vgl. beispielsweise zum Mahnverfahren in Frankreich Guinchard, S., a. a. O. (Fn. 18), S. 629, und in Deutschland Zeiss, W./Schreiber, K., a. a. O. (Fn. 17), S. 305. In den Rechtsordnungen dieser Mitgliedstaaten kann das nationale Gericht den Antrag auf Erlass des Mahnbescheids zurückweisen, wenn sich aus den eingereichten Unterlagen ergibt, dass die Forderung offensichtlich nicht bestehen kann.


53 – Vgl. Urteile vom 4. Juli 1963, Alves (32/62, Slg. 1963, 109), vom 26. Juni 1980, National Panasonic (136/79, Slg. 1980, 2033, Randnr. 21), und vom 14. Mai 1998, Windpark Groothusen (C‑48/96 P, Slg. 1998, I‑2873, Randnr. 47).


54 – Siehe Nr. 41 der vorliegenden Schlussanträge.


55 – Vgl. Randnr. 65 des Schriftsatzes der Kommission.


56 – Siehe Nr. 24 der vorliegenden Schlussanträge.


57 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe (33/76, Slg. 1976, 1989, Randnr. 5) und Comet (45/76, Slg. 1976, 2043, Randnr. 13), vom 20. September 2001, Courage und Crehan (C‑453/99, Slg. 2001, I‑6297, Randnr. 29), vom 11. September 2003, Safalero (C‑13/01, Slg. 2003, I‑8679, Randnr. 49), vom 13. März 2007, Unibet (C‑432/05, Slg. 2007, I‑2271, Randnr. 39), und vom 8. Juli 2010, Bulicke (C‑246/09, Slg. 2010, I‑7003, Randnr. 25).


58 – Vgl. Lupoi, M. A., „The Harmonization of Civil Procedural Law within the EU“ (hrsg. von Justin Orlando Frosini/Michele Angelo Lupoi/Michele Marchesiello), A European Space of Justice, Ravenna 2006, S. 209, nach dessen Ansicht die Europäische Union das Integrationssystem ist, in dem das Zivilverfahrensrecht am weitesten harmonisiert worden sei. Der Autor räumt allerdings ein, dass die Harmonisierung sich bisher auf die Übernahme einzelner einheitlicher Instrumente beschränkt habe, so dass den Mitgliedstaaten allein die Verpflichtung oblegen habe, ihre nationalen Zivilverfahrensordnungen so anzupassen, dass die einheitlichen Instrumente ordnungsgemäß funktionieren konnten. Die harmonisierenden Folgen wirkten sich somit letztlich nur auf „indirekte“ Weise aus. Nach Auffassung des Autors sei es nicht möglich, die Zukunft der Harmonisierung auf dem Gebiet des Zivilverfahrensrechts vorauszusehen. Ähnlich auch Wagner, G., in Kommentar zur Zivilprozessordnung (hrsg. von Stein/Jonas), 22. Aufl., Band 10, Tübingen 2011, S. 46, Randnr. 88, der trotz des stürmischen Wachstums von europäischen Rechtsakten in diesem Bereich den Kern des Zivilverfahrensrechts – die Verfahrensregeln für interne Streitigkeiten – bisher unangetastet sieht. Nach Auffassung des Autors liegt die Vereinheitlichung der Europäischen Zivilprozessrechte bei realistischer Betrachtung noch in weiter Ferne.


59 – Gemäß Art. 81 Abs. 2 Buchst. f AEUV hat die Union die Kompetenz, zivilprozessuale Regelungen zu erlassen, soweit der Binnenmarkt beeinträchtigt ist. Umfassende Regelungen enthalten die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 12, S. 1), die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174, S. 1), die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten (ABl. L 324, S. 79), die Richtlinie 2003/8/EG des Rates vom 27. Januar 2003 zur Verbesserung des Zugangs zum Recht bei Streitsachen mit grenzüberschreitendem Bezug durch Festlegung gemeinsamer Mindestvorschriften für die Prozesskostenhilfe in derartigen Streitsachen (ABl. L 26, S. 41) sowie die Entscheidung des Rates 2001/470/EG vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (ABl. L 174, S. 25). Vgl. Rörig, U., „Einfluss des Rechts der Europäischen Gemeinschaft auf das nationale Zivilprozessrecht“, Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht, 2004, S. 18 f. Darüber hinaus sind auf Unionsebene viele Instrumente geschaffen worden, um die Beilegung grenzüberschreitender Rechtsstreitigkeiten und die grenzüberschreitende Vollstreckung zu erleichtern, z. B. die Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen (ABl. L 199, S. 1), die Verordnung Nr. 1896/2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und die Verordnung (EG) Nr. 805/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 zur Einführung eines europäischen Vollstreckungstitels für unbestrittene Forderungen (ABl. L 143, S. 15).


60 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. Dezember 1995, van Schijndel und van Veen (C‑430/93 und C‑431/93, Slg. 1995, I‑4705, Randnr. 17), vom 15. September 1998, Ansaldo Energia u. a. (C‑279/96 bis C‑281/96, Slg. 1998, I‑5025, Randnrn. 16 und 27), vom 1. Dezember 1998, Levez (C‑326/96, Slg. 1998, I‑7835, Randnr. 18), vom 16. Mai 2000, Preston u. a. (C‑78/98, Slg. 2000, I‑3201, Randnr. 31), vom 6. Dezember 2001, Clean Car Autoservice (C‑472/99, Slg. 2001, I‑9687, Randnr. 28), vom 9. Dezember 2003, Kommission/Italien (C‑129/00, Slg. 2003, I‑14637, Randnr. 25), vom 19. September 2006, i-21 Germany und Arcor (C‑392/04 und C‑422/04, Slg. 2006, I‑8559, Randnr. 57), Mostaza Claro (oben in Fn. 23 angeführt, Randnr. 24), vom 7. Juni 2007, van der Weerd u. a. (C‑222/05 bis C‑225/05, Slg. 2007, I‑4233, Randnr. 28), vom 3. September 2009, Fallimento Olimpiclub (C‑2/08, Slg. 2009, I‑7501, Randnr. 24), Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 38) und vom 8. September 2011, Rosado Santana (C‑177/10, Slg. 2011, I‑7907, Randnr. 89).


61 – Urteil Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 28).


62 – Ebd., Randnr. 37.


63 – Ebd., Randnr. 38.


64 – Vgl. Wagner, G., a. a. O. (Fn. 58), S. 39, Randnr. 68, der darauf hinweist, dass soweit das Europäische Zivilprozessrecht eine Materie regelt, es auch Vorrang vor dem nationalen Recht hat. Soweit dies nicht der Fall ist, genießen die Mitgliedstaaten Verfahrensautonomie. Allerdings haben die Mitgliedstaaten dabei das Äquivalenz- und das Effektivitätsprinzip zu wahren.


65 – Vgl. in diesem Sinne Urteile vom 26. Januar 2010, Transportes Urbanos y Servicios Generales (C‑118/08, Slg. 2010, I‑635, Randnr. 33), vom 15. September 1998, Edis (C‑231/96, Slg. 1998, I‑4951, Randnr. 36), Levez (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 41), Preston u. a. (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 55) und i-21 Germany und Arcor (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 62).


66 – Vgl. Urteile Rosado Santana (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 90), Bulicke (oben in Fn. 57 angeführt, Randnr. 28), Levez (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 43), Preston u. a. (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 56) und vom 29. Oktober 2009, Pontin (C‑63/08, Slg. 2009, I‑10467, Randnr. 45).


67 – Vgl. Urteile Rosado Santana (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 90) und Bulicke (oben in Fn. 57 angeführt, Randnr. 29).


68 – Vgl. Urteil Rosado Santana (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 91).


69 – Vgl. Urteile Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 50) und Levez (oben in Fn. 60 angeführt, I‑7835, Randnr. 40).


70 – Vgl. Urteile Rosado Santana (oben in Fn. 60 angeführt, Randnr. 91) und vom 10. Juli 1997, Palmisani (C‑261/95, Slg. 1997, I‑4025, Randnr. 33).


71 – In diesem Sinne Girerd, P., „Les principes d’équivalence et d’effectivité – encadrement ou désencadrement de l’autonomie procédurale des États membres?“, Revue trimestrielle de droit européen, 2002, S. 75 f.


72 – Siehe Nr. 24 der vorliegenden Schlussanträge.


73 – Urteil Pannon GSM (oben in Fn. 24 angeführt, Randnr. 35).


74 – Urteil vom 17. Dezember 2009, Martín Martín (C‑227/08, Slg. 2009, I‑11939).


75 – ABl. L 372, S. 31.


76 – Urteil Martín Martín (oben in Fn. 74 angeführt, Randnr. 18).


77 – Ebd., Randnr. 19.


78 – Ebd., Randnr. 20.


79 – Siehe Nrn. 55 und 56 meiner Schlussanträge vom 7. Mai 2009 in der Rechtssache Martín Martín (Urteil oben in Fn. 74 angeführt).


80 – Urteil Martín Martín (oben in Fn. 74 angeführt, Randnr. 27).


81 – Siehe Nr. 70 der vorliegenden Schlussanträge.


82 – Urteil Martín Martín (oben in Fn. 74 angeführt, Randnr. 35).


83 – Urteil Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnr. 28).


84 – Ebd., Randnr. 33.


85 – Vgl. Nr. 82 meiner Schlussanträge vom 14. Mai 2009 in der Rechtssache Asturcom Telecomunicaciones (Urteil oben in Fn. 25 angeführt).


86 – Urteil Asturcom Telecomunicaciones (oben in Fn. 25 angeführt, Randnrn. 53 bis 55 und 59). Den Auskünften der spanischen Regierung konnte der Gerichtshof entnehmen, dass nach spanischem Recht das zur Vollstreckung eines rechtskräftigen Schiedsspruchs angerufene Gericht dafür zuständig war, die Frage, ob eine Schiedsklausel in einem Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Gewerbetreibenden wegen Verstoßes gegen zwingende nationale Vorschriften nichtig ist, von Amts wegen zu beurteilen. Eine solche Zuständigkeit war auch in mehreren kürzlich ergangenen Urteilen der Audiencia Provincial de Madrid und der Audiencia Nacional angenommen worden. Der Gerichtshof hat jedoch dem vorlegenden Gericht die Aufgabe übertragen, zu prüfen, ob sich dies auch in dem bei ihm anhängigen Rechtsstreit so verhielt.


87 – Darauf weist auch Tinzo, V., „Il potere del giudice di rilevazione della nullità di protezione“, Diritto del commercio internazionale, 2011, S. 584, hin. Nach dem Verständnis des Autors wird der nationale Richter, bevor er die fragliche missbräuchliche Klausel für nichtverbindlich erklärt, den Verbraucher fragen müssen, ob er sie dennoch erhalten will. Ausschlaggebend sei somit letztlich allein der Wille des Verbrauchers. Nach Ansicht des Autors entspringt die vom Gerichtshof entwickelte Lösung einer Lehre, die versuche, das von der Richtlinie 93/13 angestrebte Ziel des Verbraucherschutzes mit dem Prinzip des Fortbestands der Vertragsverhältnisse in Einklang zu bringen. Ähnlich auch Milanesi, S., „Le pronunce Pannon ed Eva Martín Martín sulla rilevabilità d’ufficio delle nullità di protezione“, Giurisprudenza commerciale, 2010, Band II, S. 805, der zudem den Ansatz des Gerichtshofs begrüßt, da dieser das Prinzip der relativen Nichtigkeit („nullità di protezione“, „protective nullity“) beachte. Nach Ansicht des Autors gewährleistet dieser Ansatz auch das Gleichgewicht der Kräfte im kontradiktorischen Verfahren.


88 – Vgl. zum Verbraucherleitbild in der Rechtsprechung des Gerichtshofs die Urteile vom 16. Januar 1992, X (C‑373/90, Slg. 1992, I‑131, Randnrn. 15 und 16), vom 16. Juli 1998, Gut Springenheide und Tusky (C‑210/96, Slg. 1998, I‑4657, Randnr. 31), vom 4. Mai 1999, Windsurfing Chiemsee (C‑108/97 und C‑109/97, Slg. 1999, I‑2779, Randnr. 29), vom 13. Januar 2000, Estée Lauder (C‑220/98, Slg. 2000, I‑117, Randnr. 27), vom 21. Juni 2001, Kommission/Irland (C‑30/99, Slg. 2001, I‑4619, Randnr. 32), vom 24. Oktober 2002, Linhart und Biffl (C‑99/01, Slg. 2002, I‑9375, Randnr. 31), vom 8. April 2003, Pippig Augenoptik (C‑44/01, Slg. 2003, I‑3095, Randnr. 55), vom 12. Februar 2004, Koninklijke KPN Nederland (C‑363/99, Slg. 2004, I‑1619, Randnr. 77) und Henkel (C‑218/01, Slg. 2004, I‑1725, Randnr. 50), vom 9. März 2006, Matratzen Concord (C‑421/04, Slg. 2006, I‑2303, Randnr. 24), und vom 19. September 2006, Lidl Belgium (C‑356/04, Slg. 2006, I‑8501, Randnr. 78).


89 – In diesem Sinne Heinig, J., „Die AGB-Kontrolle von Gerichtsstandsklauseln – zum Urteil Pannon des EuGH“, Europäische Zeitschrift zum Wirtschaftsrecht, 24/2009, S. 885. Auch Josipovič, T., „Verbraucherschutz in der Republik Kroatien“, Konsumentenschutz in Zentral- und Osteuropa (hrsg. von Rudolf Welser), Wien 2010, S. 72, weist auf diese Besonderheit dieses Ansatzes in der Rechtsprechung des Gerichtshofs hin. Nach der Einschätzung der Autorin sei diese Rechtsprechung in Kroatien als Beitrittsstaat allerdings noch nicht umgesetzt, da das nationale Recht nur die Nichtigkeit einer missbräuchlichen Klausel vorsehe. Es sei daher nicht möglich, sie weiter in Kraft zu belassen, wenn der Verbraucher dies wünsche.


90 – Vgl. Randnr. 68 des Schriftsatzes der Kommission.


91 – Siehe Nrn. 35 f. der vorliegenden Schlussanträge.


92 – Siehe Nrn. 37 f. der vorliegenden Schlussanträge.


93 – Siehe Nrn. 48 f. der vorliegenden Schlussanträge.


94 – Siehe Nrn. 69 f. der vorliegenden Schlussanträge.


95 – Vgl. Urteil vom 3. Juni 2010, Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (C‑484/08, Slg. 2010, I‑4785, Randnrn. 28 und 29).


96 – Siehe meine Schlussanträge vom 29. Oktober 2009 in der Rechtssache Caja de Ahorros y Monte de Piedad de Madrid (Urteil oben in Fn. 95 angeführt, Nr. 86).


97 – Die Mitgliedstaaten müssen bei der Ausübung der Ermächtigung in Art. 8 der Richtlinie die allgemeinen Grenzen des Unionsrechts beachten. Darunter ist das Primärrecht, einschließlich der Grundfreiheiten, sowie das sonstige Sekundärrecht zu verstehen (vgl. Kapnopoulou, E., Das Recht der missbräuchlichen Klausel in der Europäischen Union, Tübingen 1997, S. 163).


98 – Vgl. Neisser, H./Verschraegen, B., Die Europäische Union – Anspruch und Wirklichkeit, Wien 2001, S. 297, Randnr. 14.103; Koenig, C./Pechstein, M./Sander, C., EU-/EG-Prozessrecht, 2. Aufl., Tübingen 2002, S. 401, Randnr. 767; Leanerts, K./Arts, D./Maselis, I., Procedural Law of the European Union, 2. Aufl., London 2006, S. 174 f.


99 – Vgl. Urteile vom 2. Dezember 1964, Dingemans (24/64, Slg. 1964, 1259), vom 1. Dezember 1965, Dekker (33/65, Slg. 1965, 1111), vom 22. März 1972, Merluzzi (80/71, Slg. 1972, 175), vom 15. Dezember 1993, Hünermund u. a. (C‑292/92, Slg. 1993, I‑6787, Randnr. 8), vom 23. März 2006, Enirisorse (C‑237/04, Slg. 2006, I‑2843, Randnr. 24), vom 31. Januar 2008, Centro Europa 7 (C‑380/05, Slg. 2008, Randnrn. 49 und 50), und vom 16. Dezember 2008, Michaniki (C‑213/07, Slg. 2008, I‑9999, Randnr. 51).


100 – Vgl. Urteile vom 18. November 1999, Teckal (C‑107/98, Slg. 1999, I‑8121, Randnr. 34), vom 22. Juni 2000, Marca Mode (C‑425/98, Slg. 2000, I‑4861, Randnr. 21), und vom 10. Mai 2001, Agorà und Excelsior (C‑223/99 und C‑260/99, Slg. 2001, I‑3605, Randnr. 24).


101 – Vgl. Kapnopoulou, E., a. a. O. (Fn. 97), S. 151, die ebenfalls darauf hinweist, dass Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 grundsätzlich keine „Ersetzung“ der unverbindlichen Klauseln vorsieht. Vielmehr müsse der Vertrag weiter so behandelt werden, als seien die missbräuchlichen Belastungen des Verbrauchers nicht geschrieben.


102 – Siehe Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge.


103 – In diesem Zusammenhang müssen die Ausführungen von Generalanwalt Tizzano in Nr. 80 seiner Schlussanträge vom 22. September 2005, Ynos (C‑302/04, Urteil vom 10. Januar 2006, Slg. 2006, I‑371), berücksichtigt werden. Wie er dort zutreffend festgestellt hat, „zielt die Richtlinie 93/13 eher darauf ab, die Vertragsposition des Verbrauchers zu verbessern, indem verhindert wird, dass dieser an eine missbräuchliche Klausel gebunden ist, als auf den Schutz der Vertragsautonomie der Parteien, und zwar namentlich nicht der des Gewerbetreibenden, der demgegenüber alles Interesse daran haben könnte, sich der Pflichten aus einem Vertrag zu entledigen, der sich für ihn nach ausgeglichener Gestaltung weniger vorteilhaft darstellen würde“. So betrachtet würde eine Anpassung des Vertrags letztlich allein den Interessen des Gewerbetreibenden dienen, was nach Auffassung des Generalanwalts jedoch nicht das Ziel der Richtlinie 93/13 darstellt.


104 – Vgl. Randnr. 55 des Schriftsatzes der Kommission.


105 – Vgl. Pfeiffer, T., in: Das Recht der Europäischen Union – Kommentar (hrsg. von E. Grabitz/M. Hilf), Band IV, A5, Art. 6, Randnr. 7, S. 2, der eine „geltungserhaltende Reduktion“, also eine Aufrechterhaltung der missbräuchlichen Klausel mit dem gerade noch zulässigen Inhalt mit der Richtlinie 93/13 für im Regelfall unvereinbar hält.


106 – Vgl. Urteil vom 9. März 2004, Pfeiffer (C‑397/01 bis C‑403/0, Slg. 2004, I‑8835, Randnr. 113).


107 – Siehe Punkt 4.2 des Vorlagebeschlusses.


108 – Vgl. Randnr. 72 des Schriftsatzes der Kommission und Randnr. 41 des Schriftsatzes der spanischen Regierung.


109 – Vgl. u. a. Urteile vom 13. März 2001, PreussenElektra (C‑379/98, Slg. 2001, I‑2099, Randnr. 38), vom 22. Mai 2003, Korhonen u. a. (C‑18/01, Slg. 2003, I‑5321, Randnr. 19), vom 5. Februar 2004, Schneider (C‑380/01, Slg. 2004, I‑1389, Randnr. 21), vom 19. April 2007, Asemfo (C‑295/05, Slg. 2007, I‑2999, Randnr. 30), und vom 23. April 2009, VTB-VAB (C‑261/07 und C‑299/07, Slg. 2009, I‑2949, Randnr. 32).


110 – Vgl. u. a. Urteile vom 16. Dezember 1981, Foglia/Novello (244/80, Slg. 1981, 3045, Randnr. 18), vom 15. Juni 1995, Zabala Erasun u. a. (C‑422/93 bis C‑424/93, Slg. 1995, I‑1567, Randnr. 29), vom 15. Dezember 1995, Bosman (C‑415/93, Slg. 1995, I‑4921, Randnr. 61), vom 12. März 1998, Djabali (C‑314/96, Slg. 1998, I‑1149, Randnr. 19), PreussenElektra (oben in Fn. 109 angeführt, Randnr. 39), Schneider (oben in Fn. 109 angeführt, Randnr. 22), vom 1. April 2008, Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon (C‑212/06, Slg. 2008, I‑1683, Randnr. 29), und VTB-VAB (oben in Fn. 109 angeführt, Randnr. 33).


111 – Wie aus Art. 1 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1896/2006 hervorgeht, stellt sie es dem Antragsteller frei, „eine Forderung im Wege eines anderen Verfahrens nach dem Recht eines Mitgliedstaats oder nach Gemeinschaftsrecht durchzusetzen“. Daraus schließt Gruber, U., a. a. O. (Fn. 14), S. 279, Randnr. 21, dass die Verordnung die bestehenden nationalen Erkenntnis- und Mahnverfahren nicht verdrängt. Der Gläubiger könne daher alternativ zum Verfahren nach der Verordnung wie bisher auf die vorhandenen nationalen Mahnverfahren zurückgreifen. Soweit das nationale Mahnverfahren zu einem Titel führe, könne sich der Gläubiger diesen Titel nach der Verordnung Nr. 805/2004 als europäischen Vollstreckungstitel bestätigen lassen und in den anderen Mitgliedstaaten die Vollstreckung betreiben, ohne dass es dort einer vorherigen Vollstreckbarerklärung bedürfe.


112 – Verbindliche Vorgaben lassen sich der Verordnung Nr. 1896/2006 sicherlich nicht entnehmen. Allerdings kann nicht übersehen werden, dass das Europäische Mahnverfahren nach dem Willen des Unionsgesetzgebers wegen seiner Effizienz Vorbildcharakter haben sollte (vgl. Hess, B., a. a. O. [Fn. 16], S. 139, § 4, Randnr. 23).


113 – Vgl. Randnr. 77 des Schriftsatzes der Kommission.


114 – Vgl. Stuyck, J., „Enforcement of consumer rights and legal redress for consumers in the EU: An institutional model“, New frontiers of consumer protection (hrsg. von Fabrizio Cafaggi/Hans-W. Micklitz), Oxford 2009, S. 72 f., der einerseits auf die Kompetenz der Mitgliedstaaten bei der freien Ausgestaltung der Rechtsdurchsetzungsmöglichkeiten auf nationaler Ebene, andererseits auf den Umstand aufmerksam macht, dass die Richtlinie 2005/29 bestimmte unionsrechtliche Mindeststandards setzt, welche die Mitgliedstaaten zwingend einhalten müssen.


115 – Vgl. Stolze, C., Harmonisierung des Lauterkeitsrechts in der EU – Unter besonderer Berücksichtigung der Sanktionssysteme, Hamburg 2010, S. 158, nach dessen Ansicht der elastische Wortlaut der Richtlinie 2005/29 den Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Rechtsdurchsetzungsregelungen im Sinne der Art. 11 f. weite Gestaltungsmöglichkeiten lässt.


116 – Vgl. Urteil vom 9. November 2010, Mediaprint Zeitungs- und Zeitschriftenverlag (C‑540/08, Slg. 2010, I‑10909, Randnr. 27).


117 – In diesem Sinne Abbamonte, G., „The Unfair Commercial Practices Directive and its General Prohibition“, The Regulation of Unfair Commercial Practices under EC Directive 2005/29, Oxford 2007, S. 30, der darauf hinweist, dass die Richtlinie 2005/29 zwar das materielle Recht der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet des Lauterkeitsrechts vollständig harmonisiert, jedoch nicht die Mechanismen, um die unlauteren Geschäftspraktiken zu bekämpfen. Daraus folgt, dass die Mitgliedstaaten ihre Systeme der Rechtsdurchsetzung organisieren, die natürlichen Personen und Verbände bezeichnen, die nach der Richtlinie Rechtsschutz verlangen können, sowie auch die Sanktionen für Verletzungen der Richtlinie festlegen müssen. Der Autor betont, dass effektive Rechtsdurchsetzung unerlässlich ist, damit die Richtlinie ihr volles Potenzial entfaltet.


118 – Siehe Überschrift 7 („La posible práctica desleal de la entidad bancaria“) im Vorlagebeschluss.