Language of document : ECLI:EU:C:2015:231

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)

16. April 2015(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Umwelt – Richtlinie 2011/92/EU – Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten – Errichtung eines Einkaufszentrums – Bindungswirkung einer Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen – Keine Beteiligung der Öffentlichkeit“

In der Rechtssache C‑570/13

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 16. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 6. November 2013, in dem Verfahren

Karoline Gruber

gegen

Unabhängiger Verwaltungssenat für Kärnten,

EMA Beratungs- und Handels GmbH,

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter C. Vajda, A. Rosas, E. Juhász (Berichterstatter) und D. Šváby,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Frau Gruber, vertreten durch Rechtsanwalt W. List,

–        der EMA Beratungs- und Handels GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt B. Peck,

–        der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wilms und L. Pignataro-Nolin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 13. November 2014

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. 2012, L 26, S. 1).

2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Frau Gruber auf der einen Seite und dem Unabhängigen Verwaltungssenat für Kärnten (im Folgenden: UVK), der EMA Beratungs- und Handels GmbH (im Folgenden: EMA) und dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend auf der anderen Seite über einen Bescheid, mit dem die Errichtung und der Betrieb eines Einkaufszentrums („Fachmarktzentrum“) auf einem Nachbargrundstück einer Liegenschaft von Frau Gruber genehmigt wurden.

 Rechtlicher Rahmen

 Völkerrecht

3        Das Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (im Folgenden: Aarhus-Übereinkommen) wurde durch den Beschluss 2005/370/EG des Rates vom 17. Februar 2005 (ABl. L 124, S. 1) im Namen der Europäischen Gemeinschaft genehmigt.

4        Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens bestimmt:

„(2)      Jede Vertragspartei stellt im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit,

a)      die ein ausreichendes Interesse haben

oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsprozessrecht einer Vertragspartei dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht und/oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die Artikel 6 und – sofern dies nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehen ist und unbeschadet des Absatzes 3 – sonstige einschlägige Bestimmungen dieses Übereinkommens gelten.

Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmt sich nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit im Rahmen dieses Übereinkommens einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder nichtstaatlichen Organisation, welche die in Artikel 2 Nummer 5 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne des Buchstaben a. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne des Buchstaben b verletzt werden können.

Absatz 2 schließt die Möglichkeit eines vorangehenden Überprüfungsverfahrens vor einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis der Ausschöpfung verwaltungsbehördlicher Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.“

 Unionsrecht

5        Der fünfte Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85/337/EWG und 96/61/EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten (ABl. L 156, S. 17) lautet:

„Die Gemeinschaft hat am 25. Juni 1998 das UN/ECE-Übereinkommen über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (‚Aarhus-Übereinkommen‘) unterzeichnet. Damit die Gemeinschaft dieses Übereinkommen ratifizieren kann, sollte das Gemeinschaftsrecht ordnungsgemäß an dieses Übereinkommen angeglichen werden.“

6        Art. 1 Abs. 2 Buchst. d und e der Richtlinie 2011/92 enthält folgende Definitionen:

„Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen:

d)      ‚Öffentlichkeit‘: eine oder mehrere natürliche oder juristische Personen und, in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Rechtsvorschriften oder der innerstaatlichen Praxis, deren Vereinigungen, Organisationen oder Gruppen;

e)      ‚betroffene Öffentlichkeit‘: die von umweltbezogenen Entscheidungsverfahren gemäß Artikel 2 Absatz 2 betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran. Im Sinne dieser Begriffsbestimmung haben Nichtregierungsorganisationen, die sich für den Umweltschutz einsetzen und alle nach innerstaatlichem Recht geltenden Voraussetzungen erfüllen, ein Interesse;

…“

7        Art. 2 dieser Richtlinie sieht vor:

„(1)      Die Mitgliedstaaten treffen die erforderlichen Maßnahmen, damit vor Erteilung der Genehmigung die Projekte, bei denen unter anderem aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, einer Genehmigungspflicht unterworfen und einer Prüfung in Bezug auf ihre Auswirkungen unterzogen werden. Diese Projekte sind in Artikel 4 definiert.

(2)      Die Umweltverträglichkeitsprüfung kann in den Mitgliedstaaten im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte durchgeführt werden oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer Verfahren oder der Verfahren, die einzuführen sind, um den Zielen dieser Richtlinie zu entsprechen.

(3)      Die Mitgliedstaaten können ein einheitliches Verfahren für die Erfüllung der Anforderungen dieser Richtlinie und der Richtlinie 2008/1/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung [ABl. L 24, S. 8] vorsehen.

…“

8        Art. 4 der genannten Richtlinie lautet:

„(1)      Projekte des Anhangs I werden vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4 einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen.

(2)      Bei Projekten des Anhangs II bestimmen die Mitgliedstaaten vorbehaltlich des Artikels 2 Absatz 4, ob das Projekt einer Prüfung gemäß den Artikeln 5 bis 10 unterzogen werden muss. Die Mitgliedstaaten treffen diese Entscheidung anhand

a)      einer Einzelfalluntersuchung

oder

b)      der von den Mitgliedstaaten festgelegten Schwellenwerte bzw. Kriterien.

Die Mitgliedstaaten können entscheiden, beide unter den Buchstaben a und b genannten Verfahren anzuwenden.

(3)      Bei der Einzelfalluntersuchung oder der Festlegung von Schwellenwerten bzw. Kriterien im Sinne des Absatzes 2 sind die relevanten Auswahlkriterien des Anhangs III zu berücksichtigen.

(4)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 2 getroffenen Entscheidungen der zuständigen Behörden der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.“

9        Art. 11 der Richtlinie 2011/92 bestimmt:

„(1)      Die Mitgliedstaaten stellen im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die

a)      ein ausreichendes Interesse haben oder alternativ

b)      eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert,

Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor einem Gericht oder einer anderen auf gesetzlicher Grundlage geschaffenen unabhängigen und unparteiischen Stelle haben, um die materiellrechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen dieser Richtlinie über die Öffentlichkeitsbeteiligung gelten.

(2)      Die Mitgliedstaaten legen fest, in welchem Verfahrensstadium die Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen angefochten werden können.

(3)      Was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt, bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren. Zu diesem Zweck gilt das Interesse jeder Nichtregierungsorganisation, welche die in Artikel 1 Absatz 2 genannten Voraussetzungen erfüllt, als ausreichend im Sinne von Absatz 1 Buchstabe a dieses Artikels. Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels verletzt werden können.

(4)      Dieser Artikel schließt die Möglichkeit eines vorausgehenden Überprüfungsverfahrens bei einer Verwaltungsbehörde nicht aus und lässt das Erfordernis einer Ausschöpfung der verwaltungsbehördlichen Überprüfungsverfahren vor der Einleitung gerichtlicher Überprüfungsverfahren unberührt, sofern ein derartiges Erfordernis nach innerstaatlichem Recht besteht.

Die betreffenden Verfahren werden fair, gerecht, zügig und nicht übermäßig teuer durchgeführt.

(5)      Um die Effektivität dieses Artikels zu fördern, stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Öffentlichkeit praktische Informationen über den Zugang zu verwaltungsbehördlichen und gerichtlichen Überprüfungsverfahren zugänglich gemacht werden.“

 Österreichisches Recht

10      § 3 Abs. 7 des österreichischen Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes in der auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (BGBl. I Nr. 87/2009, im Folgenden: UVP‑G 2000) bestimmt:

„Die Behörde hat auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin, einer mitwirkenden Behörde oder des Umweltanwaltes festzustellen, ob für ein Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Bundesgesetz durchzuführen ist … Die Entscheidung ist in erster und zweiter Instanz jeweils innerhalb von sechs Wochen mit Bescheid zu treffen. Parteistellung haben der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde. … Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen einschließlich der wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. Die Standortgemeinde kann gegen die Entscheidung Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erheben. …“

11      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass das UVP‑G 2000 nach Eintritt der für die bei ihm anhängigen Rechtssache relevanten Ereignisse durch ein Gesetz (BGBl. I Nr. 77/2012) dahin geändert worden sei, dass in § 3 ein Abs. 7a eingefügt worden sei, um ein Beschwerderecht für anerkannte Umweltorganisationen bei negativen Feststellungsbescheiden auf dem Gebiet der Umweltverträglichkeitsprüfung zu schaffen.

12      § 74 Abs. 2 der Gewerbeordnung von 1994 sieht vor:

„(2)      Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1.      das Leben oder die Gesundheit … der Nachbarn … oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; …

2.      die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen …“.

13      Nach § 75 Abs. 2 der Gewerbeordnung sind Nachbarn alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

14      Nach § 77 Abs. 1 der Gewerbeordnung ist „[d]ie Betriebsanlage … zu genehmigen, wenn … zu erwarten ist, dass … die nach den Umständen des Einzelfalles voraussehbaren Gefährdungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 1 vermieden und Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 2 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden“.

15      Nach § 356 Abs. 1 der Gewerbeordnung hat die Behörde, wenn eine mündliche Verhandlung anberaumt wird, den Nachbarn Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung bekannt zu geben.

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

16      Am 21. Februar 2012 wurde EMA vom UVK gemäß der Gewerbeordnung die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb eines Einkaufszentrums mit einer Nutzfläche von 11 437,58 m² in Klagenfurt am Wörthersee (Österreich) auf einem Nachbargrundstück einer Liegenschaft von Frau Gruber erteilt.

17      Frau Gruber focht diese Entscheidung beim vorlegenden Gericht mit einer Beschwerde an und begründete dies u. a. damit, dass vor der Erteilung der Genehmigung eine Umweltverträglichkeitsprüfung (im Folgenden auch: UVP) nach dem UVP‑G 2000 hätte durchgeführt werden müssen.

18      Zur Stützung ihrer Beschwerde rügte sie die Rechtswidrigkeit des UVP‑Feststellungsbescheids der Kärntner Landesregierung vom 21. Juli 2010, in dem diese die Auffassung vertreten hatte, für das fragliche Projekt müsse nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden.

19      Frau Gruber hält diesen UVP‑Feststellungsbescheid nach ihren am 8. März 2011 erhobenen Einwendungen wegen Ungenauigkeit der Messdaten und Werte, die der Feststellung des Fehlens einer von dem Einkaufszentrum ausgehenden Gesundheitsgefährdung zugrunde gelegt worden seien, für anfechtbar. Außerdem habe sie – die als Nachbarin kein Beschwerderecht gegen diese Art von Bescheiden habe – das vorlegende Gericht darauf hingewiesen, dass ihr erst nach dem Erlass des Bescheids eine Kopie desselben übergeben worden sei.

20      Der UVK macht geltend, der UVP‑Feststellungsbescheid sei mangels fristgerechter Anfechtung durch die hierzu berechtigten Personen rechtskräftig geworden. Angesichts der Bindungswirkung dieser Entscheidung müsse er sich an diese halten und könne deren Inhalt im Verfahren zum Erlass des Genehmigungsbescheids nicht beurteilen.

21      Das vorlegende Gericht führt aus, dass zwar die Gewerbeordnung den Nachbarn das Recht verleihe, im Verfahren zur Genehmigung der Errichtung und des Betriebs einer gewerblichen Betriebsanlage Einwendungen zu erheben oder gegen die endgültige Entscheidung über die Errichtung und den Betrieb Beschwerde zu erheben, wenn durch die Einrichtung ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihr Eigentum gefährdet werde. Die Nachbarn hätten aber nicht die Möglichkeit, unmittelbar gegen die vorherige Entscheidung einer Regierung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, vorzugehen.

22      Das vorlegende Gericht weist darauf hin, dass nach § 3 Abs. 7 UVP‑G 2000 nur der Projektwerber/die Projektwerberin, die mitwirkenden Behörden, der Umweltanwalt und die Standortgemeinde Parteistellung und somit die Möglichkeit hätten, sich an dem Verfahren zu beteiligen, das dem Erlass des UVP‑Feststellungsbescheids vorausgehe, und Beschwerde gegen diesen Bescheid zu erheben.

23      Obwohl die von dem Projekt betroffenen Nachbarn – wie Frau Gruber – in dem Verfahren, das mit einem UVP-Feststellungsbescheid abgeschlossen werde, keine Parteistellung hätten, seien sie, wie auch die nationalen Behörden und Gerichte, an eine solche rechtskräftig gewordene Entscheidung gebunden.

24      Das vorlegende Gericht fragt sich, ob die Bindungswirkung, die UVP‑Feststellungsbescheide in nachfolgenden Verfahren entfalten, mit dem Unionsrecht vereinbar ist.

25      Unter diesen Umständen hat der Verwaltungsgerichtshof beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

1.      Steht das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92, insbesondere deren Art. 11, einer nationalen Rechtslage entgegen, nach der ein Bescheid, mit dem festgestellt wird, dass bei einem bestimmten Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung auch für Nachbarn, denen im vorangegangenen Feststellungsverfahren keine Parteistellung zukam, entfaltet, und diesen in nachfolgenden Genehmigungsverfahren entgegengehalten werden kann, auch wenn diese die Möglichkeit haben, ihre Einwendungen gegen das Vorhaben in diesen Genehmigungsverfahren zu erheben (d. h. im Ausgangsverfahren dahin gehend, dass durch die Auswirkungen des Vorhabens ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihr Eigentum gefährdet werden oder sie durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise unzumutbar belästigt werden)?

      Bei Bejahung der Frage 1:

2.       Verlangt es das Unionsrecht, insbesondere die Richtlinie 2011/92 im Wege ihrer unmittelbaren Anwendung, die in der Frage 1 dargestellte Bindungswirkung zu verneinen?

 Zu den Vorlagefragen

26      Zunächst ist festzustellen, dass Frau Gruber gegen einen Bescheid des UVK vom 21. Februar 2012 Beschwerde erhoben hat. Zu diesem Zeitpunkt war die Richtlinie 2011/92 bereits in Kraft. Folglich ist sie auf die vorliegende Rechtssache anwendbar.

27      Frau Gruber rügt im Rahmen dieser Beschwerde jedoch im Kern den UVP-Feststellungsbescheid der Kärntner Landesregierung vom 21. Juli 2010. Für die Beurteilung der Rechtsstellung, die Frau Gruber zu diesem Zeitpunkt hatte, könnten daher auch die Bestimmungen der Richtlinie 85/337/EWG des Rates vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 175, S. 40) in der durch die Richtlinie 2003/35 geänderten Fassung berücksichtigt werden.

28      Jedenfalls sind die Bestimmungen der Richtlinien 85/337 und 2011/92, die im vorliegenden Fall einschlägig sind oder sein könnten, im Wesentlichen identisch. Die in den Rn. 6 bis 9 des vorliegenden Urteils zitierten Art. 1, 2, 4 und 11 der Richtlinie 2011/92 entsprechen den Art. 1, 2, 4 und 10a der Richtlinie 85/337.

29      Mit seinen beiden Vorlagefragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 11 der Richtlinie 2011/92 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, wonach eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wird, dass für ein bestimmtes Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung für Nachbarn wie Frau Gruber hat, die vom Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung ausgeschlossen waren.

30      Nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 stellen die Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer innerstaatlichen Rechtsvorschriften sicher, dass Mitglieder der „betroffenen Öffentlichkeit“, die entweder ein ausreichendes Interesse haben oder eine Rechtsverletzung geltend machen, sofern das Verwaltungsverfahrensrecht bzw. Verwaltungsprozessrecht eines Mitgliedstaats dies als Voraussetzung erfordert, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren haben, um die materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen anzufechten, für die die Bestimmungen der Richtlinie 2011/92 gelten.

31      Nach der Definition in Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2011/92 gehört zur „betroffenen Öffentlichkeit“ die von Entscheidungsverfahren in Bezug auf Umweltverträglichkeitsprüfungen betroffene oder wahrscheinlich betroffene Öffentlichkeit oder die Öffentlichkeit mit einem Interesse daran.

32      Daraus folgt, dass nicht alle unter den Begriff der „betroffenen Öffentlichkeit“ fallenden natürlichen und juristischen Personen oder Organisationen ein Recht auf Einlegung eines Rechtsbehelfs im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2011/92 haben müssen, sondern nur diejenigen, die entweder ein ausreichendes Interesse haben oder gegebenenfalls eine Rechtsverletzung geltend machen.

33      Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 nennt in Bezug auf die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Rechtsbehelfe von Mitgliedern der „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie zwei Fälle. Die Zulässigkeit eines Rechtsbehelfs kann von einem „ausreichenden Interesse“ oder davon abhängen, dass der Rechtsbehelfsführer eine „Rechtsverletzung“ geltend macht, je nachdem, welche dieser Voraussetzungen in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist (vgl. in diesem Sinne Urteil Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 38).

34      Um die Richtlinie 85/337 gemäß dem fünften Erwägungsgrund der Richtlinie 2003/35 „ordnungsgemäß“ an das Aarhus-Übereinkommen anzugleichen, übernimmt Art. 10a Abs. 1 der Richtlinie 85/337, dem Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 entspricht, fast wortgleich Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 des Aarhus-Übereinkommens und ist daher im Licht der Ziele dieses Übereinkommens auszulegen (vgl. in diesem Sinne Urteil Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 41).

35      Nach den Angaben im Leitfaden zur Anwendung des Aarhus-Übereinkommens, den der Gerichtshof zur Auslegung von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 heranziehen kann (vgl. in diesem Sinne Urteil Solvay u. a., C‑182/10, EU:C:2012:82, Rn. 28), stellen die beiden in Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 1 dieses Übereinkommens genannten Möglichkeiten der Zulässigkeit von Rechtsbehelfen zwei angesichts der Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der Parteien des Übereinkommens gleichwertige Mittel dar, die auf das gleiche Ergebnis abzielen.

36      Nach Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2011/92 bestimmen die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 des Aarhus-Übereinkommens sieht insoweit vor, dass sich „nach den Erfordernissen innerstaatlichen Rechts und im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit … einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren“, bestimmt, was als ausreichendes Interesse und als Rechtsverletzung gilt. Die Umsetzung dieser Zulässigkeitsvoraussetzung erfolgt unter Beachtung dieses Ziels durch das nationale Recht.

37      Ferner ist darauf hinzuweisen, dass, wenn es mangels unionsrechtlicher Vorschriften in diesem Bereich Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten ist, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und die Verfahrensmodalitäten der Rechtsbehelfe zu regeln, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, diese Modalitäten nicht weniger günstig ausgestaltet sein dürfen als die entsprechender innerstaatlicher Rechtsbehelfe (Äquivalenzgrundsatz) und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren dürfen (Effektivitätsgrundsatz) (Urteil Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 43).

38      Somit verfügen die Mitgliedstaaten über einen weiten Wertungsspielraum bei der Bestimmung dessen, was ein „ausreichendes Interesse“ oder eine „Rechtsverletzung“ darstellt (vgl. in diesem Sinne Urteile Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 55, und Gemeinde Altrip u. a., C‑72/12, EU:C:2013:712, Rn. 50).

39      Aus dem Wortlaut des Art. 11 Abs. 3 der Richtlinie 2011/92 sowie des Art. 9 Abs. 2 Unterabs. 2 des Aarhus-Übereinkommens ergibt sich jedoch, dass dieser Wertungsspielraum seine Grenzen in der Beachtung des Ziels findet, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu Gerichten zu gewähren.

40      Daher steht es dem nationalen Gesetzgeber zwar u. a. frei, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, Handlung oder Unterlassung im Sinne von Art. 11 der Richtlinie 2011/92 geltend machen kann, auf subjektiv-öffentliche Rechte zu beschränken, d. h. auf individuelle Rechte, die nach dem nationalen Recht als subjektiv-öffentliche Rechte qualifiziert werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Nordrhein-Westfalen, C‑115/09, EU:C:2011:289, Rn. 36 und 45), doch die Bestimmungen dieses Artikels über die Rechtsbehelfsmöglichkeiten der Mitglieder der Öffentlichkeit, die von unter diese Richtlinie fallenden Entscheidungen, Handlungen oder Unterlassungen betroffen ist, dürfen nicht restriktiv ausgelegt werden.

41      Im vorliegenden Fall geht aus dem Vorabentscheidungsersuchen hervor, dass Frau Gruber eine „Nachbarin“ im Sinne von § 75 Abs. 2 der Gewerbeordnung ist, wobei unter den Begriff „Nachbar“ alle Personen fallen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten.

42      Angesichts des Wortlauts dieser Bestimmung ist ersichtlich, dass die Personen, die unter den Begriff „Nachbar“ fallen, zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 2011/92 gehören können. Diese „Nachbarn“ sind jedoch nur zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Genehmigung zur Errichtung oder zum Betrieb einer Anlage berechtigt. Da sie im Verfahren zur Feststellung der Erforderlichkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht Partei sind, können sie den UVP-Feststellungsbescheid auch nicht im Rahmen einer etwaigen Beschwerde gegen den Genehmigungsbescheid anfechten. Indem das UVP-G 2000 das Beschwerderecht gegen die Entscheidungen, mit denen festgestellt wird, ob die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung für ein Projekt erforderlich ist, auf die Projektwerber/Projektwerberinnen, die mitwirkenden Behörden, den Umweltanwalt und die Standortgemeinde beschränkt, nimmt es einer Vielzahl von Privatpersonen, insbesondere auch den „Nachbarn“, die möglicherweise die Voraussetzungen des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 erfüllen, dieses Recht.

43      Dieser nahezu vollständige Ausschluss beschränkt die Tragweite des Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92 und ist daher nicht mit der Richtlinie vereinbar.

44      Folglich darf eine auf der Grundlage einer solchen nationalen Regelung getroffene Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, einen zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne der Richtlinie 2011/92 gehörenden Einzelnen, der die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf ein „ausreichendes Interesse“ oder gegebenenfalls eine „Rechtsverletzung“ erfüllt, nicht daran hindern, diese Entscheidung im Rahmen eines gegen sie oder gegen einen späteren Genehmigungsbescheid eingelegten Rechtsbehelfs anzufechten.

45      Die Feststellung, dass die im Ausgangsverfahren fragliche nationale Regelung mit der Richtlinie 2011/92 unvereinbar ist, beschränkt nicht das Recht des Mitgliedstaats, zu bestimmen, was in seiner nationalen Rechtsordnung als „ausreichendes Interesse“ oder „Rechtsverletzung“ gilt, und zwar auch hinsichtlich der zur „betroffenen Öffentlichkeit“ gehörenden Privatpersonen einschließlich der Nachbarn, für die grundsätzlich eine Rechtsbehelfsmöglichkeit gegeben sein muss.

46      Damit ein von einem Einzelnen eingelegter Rechtsbehelf zulässig ist, müssen die mit der Richtlinie 2011/92 vereinbaren Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das „ausreichende Interesse“ oder die „Rechtsverletzung“ erfüllt und vom nationalen Gericht festgestellt worden sein. In einem solchen Fall muss auch die fehlende Bindungswirkung der Verwaltungsentscheidung über die Erforderlichkeit der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung festgestellt werden.

47      Trotz des Wertungsspielraums, über den ein Mitgliedstaat gemäß Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2011/92 verfügt, wonach die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der bestehenden Verfahren zur Genehmigung der Projekte oder, falls solche nicht bestehen, im Rahmen anderer den Zielen dieser Richtlinie entsprechender Verfahren durchgeführt werden kann, kann ein Verfahren wie das u. a. durch die §§74 Abs. 2 und 77 Abs. 1 der Gewerbeordnung geregelte nicht den Erfordernissen der Unionsregelung über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen.

48      Die Bestimmungen der Gewerbeordnung sehen offenkundig zugunsten der Nachbarn die Möglichkeit vor, im Verfahren zur Genehmigung der Errichtung einer gewerblichen Betriebsanlage Einwendungen zu erheben, wenn durch die Verwirklichung der Anlage ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihr Eigentum gefährdet würde oder sie belästigt würden.

49      Ein solches Verfahren dient jedoch in erster Linie dem Schutz des privaten Interesses des Einzelnen und verfolgt keine spezifischen Umweltziele im Interesse der Gesellschaft.

50      Zwar kann die Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines anderen Verwaltungsverfahrens durchgeführt werden, doch müssen, wie die Generalanwältin in den Nrn. 57 und 58 ihrer Schlussanträge ausgeführt hat, in diesem Verfahren alle Anforderungen der Art. 5 bis 10 der Richtlinie 2011/92 erfüllt werden, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat. Jedenfalls müssen die Mitglieder der „betroffenen Öffentlichkeit“, die die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das „ausreichende Interesse“ oder gegebenenfalls die „Rechtsverletzung“ erfüllen, die Möglichkeit haben, einen Rechtsbehelf gegen die Entscheidung einzulegen, keine Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen eines solchen Verfahrens durchzuführen.

51      Nach alledem sind die Vorlagefragen dahin zu beantworten, dass Art. 11 der Richtlinie 2011/92 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen – wonach eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wird, dass für ein Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung für Nachbarn hat, die vom Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung ausgeschlossen sind – entgegensteht, sofern diese Nachbarn, die zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie gehören, die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das „ausreichende Interesse“ oder die „Rechtsverletzung“ erfüllen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in der bei ihm anhängigen Rechtssache erfüllt ist. Ist dies der Fall, muss das vorlegende Gericht feststellen, dass eine Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, gegenüber diesen Nachbarn keine Bindungswirkung hat.

 Kosten

52      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Fünfte Kammer) für Recht erkannt:

Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen – wonach eine Verwaltungsentscheidung, mit der festgestellt wird, dass für ein Projekt keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, Bindungswirkung für Nachbarn hat, die vom Recht auf Erhebung einer Beschwerde gegen diese Entscheidung ausgeschlossen sind – entgegensteht, sofern diese Nachbarn, die zur „betroffenen Öffentlichkeit“ im Sinne von Art. 1 Abs. 2 dieser Richtlinie gehören, die Kriterien des nationalen Rechts in Bezug auf das „ausreichende Interesse“ oder die „Rechtsverletzung“ erfüllen. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu prüfen, ob diese Voraussetzung in der bei ihm anhängigen Rechtssache erfüllt ist. Ist dies der Fall, muss das vorlegende Gericht feststellen, dass eine Verwaltungsentscheidung, keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, gegenüber diesen Nachbarn keine Bindungswirkung hat.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Deutsch.