Language of document : ECLI:EU:C:2016:410

URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer)

7. Juni 2016(*)

„Vorlage zur Vorabentscheidung – Verordnung (EU) Nr. 604/2013 – Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist – Art. 18 – Wiederaufnahme eines Asylbewerbers während der Prüfung seines Antrags – Art. 19 – Erlöschen der Zuständigkeit – Verlassen des Hoheitsgebiets der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate – Neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats – Art. 27 – Rechtsmittel – Umfang der gerichtlichen Kontrolle“

In der Rechtssache C‑155/15

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Kammarrätt i Stockholm – Migrationsöverdomstolen (Verwaltungsgerichtshof Stockholm – Gericht für Migrationsfragen, Schweden) mit Entscheidung vom 27. März 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 1. April 2015, in dem Verfahren

George Karim

gegen

Migrationsverket

erlässt

DER GERICHTSHOF (Große Kammer)

unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten A. Tizzano, der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten L. Bay Larsen (Berichterstatter), J. L. da Cruz Vilaça und A. Arabadjiev, der Kammerpräsidentin C. Toader und der Kammerpräsidenten D. Šváby und F. Biltgen sowie der Richter J.‑C. Bonichot, M. Safjan, E. Jarašiūnas, C. G. Fernlund, C. Vajda und S. Rodin,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Dezember 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

–        von Herrn Karim, vertreten durch I. Aydin, advokat, und C. Hjorth, jur. kand.,

–        des Migrationsverk, vertreten durch H. Hedebris und M. Bergdahl als Bevollmächtigte,

–        der schwedischen Regierung, vertreten durch A. Falk, C. Meyer-Seitz, U. Persson, N. Otte Widgren, E. Karlsson und L. Swedenborg als Bevollmächtigte,

–        der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

–        der griechischen Regierung, vertreten durch M. Michelogiannaki als Bevollmächtigte,

–        der französischen Regierung, vertreten durch F. X. Bréchot und D. Colas als Bevollmächtigte,

–        der niederländischen Regierung, vertreten durch K. Bulterman und B. Koopman als Bevollmächtigte,

–        der schweizerischen Regierung, vertreten durch C. Bichet als Bevollmächtigte,

–        der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Condou-Durande, C. Tufvesson und K. Simonsson als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 17. März 2016

folgendes

Urteil

1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 19 und 27 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. 2013, L 180, S. 31).

2        Dieses Ersuchen ergeht in einem Rechtsstreit zwischen Herrn George Karim, der die syrische Staatsangehörigkeit besitzt, und dem Migrationsverk (Amt für Migration, Schweden) (im Folgenden: Amt) wegen dessen Entscheidung, den Antrag von Herrn Karim auf Erteilung einer befristeten Aufenthaltserlaubnis abzulehnen und ihn nach Slowenien zu überstellen.

 Rechtlicher Rahmen

3        Der 19. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 604/2013 lautet:

„Um einen wirksamen Schutz der Rechte der Betroffenen zu gewährleisten, sollten im Einklang insbesondere mit Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union Rechtsgarantien und das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf gegen Überstellungsentscheidungen festgeschrieben werden. Um die Einhaltung des Völkerrechts sicherzustellen, sollte ein wirksamer Rechtsbehelf gegen diese Entscheidungen sowohl die Prüfung der Anwendung dieser Verordnung als auch die Prüfung der Rechts- und Sachlage in dem Mitgliedstaat umfassen, in den der Antragsteller überstellt wird.“

4        Art. 18 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 bestimmt:

„(1)      Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

b)      einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

…“

5        Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 bestimmt:

„Die Pflichten nach Artikel 18 Absatz 1 erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat nachweisen kann, dass der Antragsteller …, um dessen … Aufnahme oder Wiederaufnahme er ersucht wurde, das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, es sei denn, die betreffende Person ist im Besitz eines vom zuständigen Mitgliedstaat ausgestellten gültigen Aufenthaltstitels.

Ein nach der Periode der Abwesenheit im Sinne des Unterabsatzes 1 gestellter Antrag gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.“

6        Art. 27 Abs. 1 und 5 der Verordnung Nr. 604/2013 sieht vor:

„(1)      Der Antragsteller … hat das Recht auf ein wirksames Rechtsmittel gegen eine Überstellungsentscheidung in Form einer auf Sach- und Rechtsfragen gerichteten Überprüfung durch ein Gericht.

(5)      Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die betreffende Person rechtliche Beratung und – wenn nötig – sprachliche Hilfe in Anspruch nehmen kann.“

 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

7        Am 3. März 2014 stellte Herr Karim in Schweden einen Antrag auf internationalen Schutz.

8        Da eine Abfrage in der Eurodac-Datenbank ergab, dass Herr Karim bereits am 14. Mai 2013 in Slowenien internationalen Schutz beantragt hatte, ersuchte das Amt am 20. März 2014 die slowenischen Behörden um Wiederaufnahme von Herrn Karim gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 604/2013.

9        Am 3. April 2014 gaben die slowenischen Behörden dem Wiederaufnahmegesuch statt. Daraufhin teilte ihnen das Amt mit, dass Herr Karim geltend gemacht hatte, er habe nach seinem ersten Asylantrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mehr als drei Monate verlassen, und dass sein Reisepass einen Einreisevermerk des Libanon vom 20. Juli 2013 enthielt. Nach weiterem Schriftwechsel bekräftigten die slowenischen Behörden am 12. Mai 2014 ihr Einverständnis mit der erbetenen Wiederaufnahme.

10      Am 13. Mai 2014 lehnte das Amt den Antrag von Herrn Karim auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis einschließlich seines Antrags auf internationalen Schutz ab, beendete das Verfahren zur Ermittlung seiner Rechtsstellung und ordnete seine Überstellung nach Slowenien an.

11      Herr Karim erhob gegen diese Entscheidung des Amtes Klage beim Förvaltningsrätt i Stockholm (Verwaltungsgericht Stockholm, Schweden). Dieses Gericht wies die Klage mit der Begründung ab, dass ein Asylbewerber, wenn ein Mitgliedstaat seiner Wiederaufnahme zugestimmt habe, seiner Überstellung in diesen Mitgliedstaat nur damit entgegentreten könne, dass er systemische Schwachstellen geltend mache.

12      Herr Karim legte gegen dieses Urteil Berufung zum vorlegenden Gericht ein. Zur Begründung trug er zum einen vor, dass die Republik Slowenien nicht der für die Prüfung seines Asylantrags zuständige Mitgliedstaat sei, da er nach seinem ersten Asylantrag das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mehr als drei Monate verlassen habe. Zum anderen machte er geltend, dass seine Überstellung aus humanitären Gründen nicht erfolgen dürfe und dass das Asylverfahren in Slowenien systemische Schwachstellen aufweise.

13      Vor diesem Hintergrund hat der Kammarrätt i Stockholm – Migrationsöverdomstolen (Verwaltungsgerichtshof Stockholm – Gericht für Migrationsfragen) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.      Bestimmen die wirksame Rechtsmittel betreffenden neuen Vorschriften der Verordnung Nr. 604/2013 (19. Erwägungsgrund und Art. 27 Abs. 1 und 5), dass ein Asylbewerber auch den in Kapitel III dieser Verordnung vorgesehenen Kriterien für seine Überstellung in einen anderen Mitgliedstaat, der seiner Aufnahme zugestimmt hat, entgegentreten kann? Oder kann ein wirksames Rechtsmittel darauf beschränkt werden, dass nur ein Anspruch auf Prüfung besteht, ob in dem Mitgliedstaat, in den der Antragsteller überstellt werden soll, systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber vorliegen (entsprechend dem Urteil vom 10. Dezember 2013, Abdullahi, C‑394/12, EU:C:2013:813)?

2.      Falls der Gerichtshof der Auffassung sein sollte, dass es möglich sein muss, der Anwendung der in Kapitel III der Verordnung Nr. 604/2013 vorgesehenen Kriterien entgegenzutreten, wird außerdem um die Beantwortung folgender Frage gebeten: Bestimmt Art. 19 Abs. 2 dieser Verordnung, dass diese Verordnung nicht angewandt werden darf, wenn der Asylbewerber nachweist, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat?

 Zu den Vorlagefragen

 Zur zweiten Frage

14      Mit seiner zweiten Frage, die zuerst zu prüfen ist, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung, insbesondere ihr Unterabs. 2, auf einen Drittstaatsangehörigen anwendbar ist, der nach seiner Stellung eines ersten Asylantrags in einem Mitgliedstaat den Nachweis erbringt, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat.

15      Insoweit ist zwar zu beachten, dass gemäß Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 die Verpflichtungen aus ihrem Art. 18 Abs. 1 zur Aufnahme und Wiederaufnahme eines Asylbewerbers grundsätzlich erlöschen, wenn der zuständige Mitgliedstaat, der um Wiederaufnahme eines Asylbewerbers ersucht wird, nachweisen kann, dass der Asylbewerber das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat.

16      Jedoch wird durch Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 klargestellt, dass ein nach einer solchen Abwesenheitszeit gestellter Antrag als ein neuer Antrag gilt, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

17      Folglich erlegt in einem Fall, in dem ein Drittstaatsangehöriger nach der Stellung eines ersten Asylantrags in einem Mitgliedstaat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat, Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 dem Mitgliedstaat, bei dem der neue Asylantrag gestellt worden ist, die Verpflichtung auf, auf der Grundlage der Vorschriften der Verordnung das Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats durchzuführen, der für die Prüfung des neuen Asylantrags zuständig ist.

18      Daher ist auf die zweite Frage zu antworten, dass Art. 19 Abs. 2 der Verordnung Nr. 604/2013 dahin auszulegen ist, dass diese Bestimmung, insbesondere ihr Unterabs. 2, auf einen Drittstaatsangehörigen anwendbar ist, der nach der Stellung eines ersten Asylantrags in einem Mitgliedstaat den Nachweis erbringt, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat.

 Zur ersten Frage

19      Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 im Licht ihres 19. Erwägungsgrundes dahin auszulegen ist, dass in einem Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung die fehlerhafte Anwendung der in Kapitel III dieser Verordnung festgelegten Zuständigkeitskriterien geltend machen kann.

20      Es ist zunächst festzustellen, dass ausweislich der Vorlageentscheidung der Kläger des Ausgangsverfahrens im Rahmen seines Rechtsbehelfs gegen die Entscheidung über seine Überstellung keine Verletzung einer der Bestimmungen des Kapitels III der Verordnung Nr. 604/2013 rügt, sondern geltend macht, dass die Zuständigkeit der Republik Slowenien unter Verstoß gegen die besonderen Regelungen des Art. 19 Abs. 2 der Verordnung festgestellt worden sei, die die Situation eines Drittstaatsangehörigen betreffen, der nach der Stellung eines ersten Asylantrags in einem Mitgliedstaat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat.

21      Um dem vorlegenden Gericht eine sachdienliche Antwort zu geben, ist daher zu klären, ob Art. 27 Abs. 1 der Verordnung im Licht ihres 19. Erwägungsgrundes dahin auszulegen ist, dass in einem Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelungen des Art. 19 Abs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

22      Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass sich aus den Rn. 30 bis 61 des Urteils vom 7. Juni 2016, Ghezelbash (C‑63/15), ergibt, dass Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 im Licht ihres 19. Erwägungsgrundes einem Asylbewerber einen wirksamen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über seine Überstellung gewährt, der insbesondere auf die Überprüfung der Anwendung dieser Verordnung abzielen und damit dazu führen kann, dass die Zuständigkeit eines Mitgliedstaats in Frage gestellt wird, auch wenn in diesem Mitgliedstaat keine systemischen Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestehen, die die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union mit sich bringen.

23      Auch wenn im Übrigen die Anwendung der Verordnung Nr. 604/2013 im Wesentlichen auf der Durchführung eines Verfahrens zur Ermittlung des zuständigen Mitgliedstaats beruht, der aufgrund der in Kapitel III der Verordnung festgelegten Kriterien bestimmt wird (Urteil vom 7. Juni 2016, Ghezelbash, C‑63/15, Rn. 41), wird doch durch die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung der Rahmen bestimmt, in dem dieses Verfahren durchzuführen ist, wenn der betreffende Drittstaatsangehörige nach der ersten Stellung eines Asylantrags in einem Mitgliedstaat das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat.

24      Dieser Regelung ist nämlich, wie oben in Rn. 17 ausgeführt, zu entnehmen, dass in einem solchen Fall der Mitgliedstaat, bei dem der neue Asylantrag gestellt worden ist, das Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats durchzuführen hat, der für die Prüfung dieses neuen Antrags zuständig ist.

25      Dieses neue Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung unterscheidet sich von dem ursprünglich durch den Mitgliedstaat, bei dem der erste Asylantrag gestellt worden war, durchgeführten Verfahren und kann zur Bestimmung eines neuen zuständigen Mitgliedstaats aufgrund der in Kapitel III der Verordnung Nr. 604/2013 normierten Kriterien führen.

26      Daher muss das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Überstellungsentscheidung befasste Gericht, um sich zu vergewissern, dass diese Entscheidung nach einer fehlerfreien Durchführung des in der Verordnung vorgesehenen Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats ergangen ist, das Vorbringen eines Asylbewerbers prüfen können, mit dem ein Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend gemacht wird.

27      Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 im Licht ihres 19. Erwägungsgrundes dahin auszulegen ist, dass in einem Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

 Kosten

28      Für die Beteiligten des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

1.      Art. 19 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ist dahin auszulegen, dass diese Bestimmung, insbesondere ihr Unterabs. 2, auf einen Drittstaatsangehörigen anwendbar ist, der nach der Stellung eines ersten Asylantrags in einem Mitgliedstaat den Nachweis erbringt, dass er das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen hat, bevor er einen neuen Asylantrag in einem anderen Mitgliedstaat gestellt hat.

2.      Art. 27 Abs. 1 der Verordnung Nr. 604/2013 ist im Licht des 19. Erwägungsgrundes dieser Verordnung dahin auszulegen, dass in einem Sachverhalt wie dem im Ausgangsverfahren fraglichen ein Asylbewerber im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung über seine Überstellung einen Verstoß gegen die Regelung des Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung geltend machen kann.

Unterschriften


* Verfahrenssprache: Schwedisch.